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Die Festlegungskompetenz in § 118 Abs. 46 EnWG setzt im Ausgangspunkt eine gasmangel- bzw. gasbezugsbedingte Produktionsreduktion voraus, an der es im Streitfall fehlt.
Das gesetzgeberische Leitmotiv der Regelung in § 118 Abs. 46 EnWG besteht im Erhalt der im Jahr 2021 zu Gunsten stromintensiver Unternehmen in Gestalt individueller Netzentgeltvereinbarungen nach § 19 Abs. 2 Satz 2 bis 4 StromNEV bestehenden Netznutzungsprivilegien für das Jahr 2022 und nicht im Setzen von regulatorischen Anreizen zum Gaseinsparen.
Die Beschwerde gegen die Festlegung der Bundesnetzagentur vom 24.11.2022 (BK4-22-086) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Bundesnetzagentur trägt die Beschwerdeführerin.
Der Beschwerdewert beträgt … Euro.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
2A.
3Die Beschwerdeführerin produziert an der X-Y-Straße 1 in 00000 Z-Stadt Reifen. Sie ist an das Netz der allgemeinen Versorgung der Stadtwerke Z GmbH in der Mittelspannungsebene angeschlossen und bezieht hierüber Elektrizität für ihren eigenen Verbrauch. Des Weiteren bezieht sie für ihre Reifenproduktion von der Stadtwerke Z GmbH Dampf, der unter Verwendung von Gas in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrer Produktionsstätte erzeugt wird. Dabei wird der gasbasiert erzeugte Dampf zunächst von der mit der Beschwerdeführerin gesellschaftsrechtlich verbundenen Goodyear Germany GmbH abgenommen, die den Dampf alsdann an die Beschwerdeführerin abgibt. Die Goodyear Germany GmbH ist Eigentümerin des Produktionsstandorts Z und hat der Beschwerdeführerin die für den Produktionsprozess erforderlichen Betriebsmittel vermietet bzw. verpachtet.
4Am 26.03.2019 schloss die Beschwerdeführerin unter ihrer damaligen Firma „ABCD GmbH & Co. KG“ mit der Stadtwerke Z GmbH eine „Vereinbarung individueller Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 StromNEV“ mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2023. Die Vereinbarung wurde mit Bescheid vom 25.06.2019 von der Landesregulierungsbehörde des Freistaats Sachsen beim Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – bestandskräftig – genehmigt.
5Im Jahr 2021 erfüllte die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen der Vereinbarung über ein individuelles Netzentgelt. Ihr Stromverbrauch betrug im Kalenderjahr 2021 … kWh (rund … GWh). Die Benutzungsstundenzahl belief sich auf 7.137 Stunden. Ob die Voraussetzungen im Kalenderjahr 2022 erfüllt wurden, ist offen. Nach dem ursprünglichen Beschwerdevorbringen wurden die Voraussetzungen nicht erfüllt, weil insbesondere die Benutzungsstundenzahl im Kalenderjahr 2022 nur noch bei 6.931 Stunden gelegen habe.
6Der Bezug von gasbasiert erzeugtem Dampf reduzierte sich bei der Beschwerdeführerin im Kalenderjahr 2022 auf … MWh gegenüber … MWh im Kalenderjahr 2021. Damit ging laut Behauptung der Beschwerdeführerin eine Reduktion des Gasverbrauchs bei der Stadtwerke Z GmbH von … MWh auf … MWh einher. Die Beschwerdeführerin führte die folgenden Einsparmaßnahmen mit Auswirkung auf die Dampfverbrauchsreduzierung aus:
7Maßnahme |
Einsparung (MWh) |
Zeitraum der Umsetzung |
Optimierung der Abschaltung unbenötigter Pressen |
… |
03/2022 bis 06/2022 |
Einbau von Heizungsregelung für den Bereich Apex, Extruderhalle und JLB-Halle |
… |
08/2022 bis 10/2022 |
Einbau neuer Kondensationsableiter an Heizpressen |
… |
bis einschl. 11/2021 |
Trotz dieser Einsparmaßnahmen konnte die Beschwerdeführerin ihre Produktionstonnage im Jahr 2022 gegenüber dem Jahr 2021 von … t auf … t erhöhen. Für das Jahr 2023 rechnet die Beschwerdeführerin mit einer weiteren Dampfverbrauchsreduktion von ca. 14,5 %.
9Am 23.06.2022 wurde die Alarmstufe nach dem „Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ ausgerufen.
10Am 24.11.2022 erließ die Beschlusskammer 4 der Bundesnetzagentur nach vorausgegangener Konsultation gemäß § 118 Abs. 46, § 29 Abs. 1 EnWG die mit der Beschwerde angegriffene Festlegung BK4-22-086, die am 07.12.2022 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur bekannt gemacht wurde.
11Danach wird für Unternehmen, die im Zusammenhang mit erheblich reduzierten Gesamtimportmengen nach Deutschland ihre Produktion aufgrund einer Verminderung ihres Gasbezugs reduzieren, ein Anspruch auf Weitergeltung der Vereinbarung individueller Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 S. 2 bis 4 StromNEV aus dem Kalenderjahr 2021 für das Kalenderjahr 2022 unter den Voraussetzungen des § 118 Abs. 46 Nr. 1 bis 3 EnWG festgelegt (Tenorziffer 1). Bei der Ermittlung des physikalischen Pfads nach dem Beschluss BK4-13-739 vom 11.12.2013 ist hiernach hinsichtlich der sachgerechten Ermittlung individueller Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV abweichend von Ziffer 1 auf das Kalenderjahr 2022 abzustellen (Tenorziffer 2). Ferner wird der gemäß Tenorziffer 1 begünstigte Letztverbraucher verpflichtet, seinen verminderten Bezug von Gas gegenüber dem Netzbetreiber nachzuweisen, indem er a) eine nachvollziehbare Aufstellung der getroffenen Maßnahmen in seiner Produktion erstellt, welche dazu geeignet sind, eine signifikante Bezugsreduktion von Gas zu bewirken, b) eine Prognoserechnung der zu erwartenden Verbrauchsreduktion von Gas bis zum Ende des Kalenderjahrs erstellt, welche auf den getroffenen Maßnahmen basiert, und c) nach Beginn der angezeigten Einsparmaßnahmen eine Gegenüberstellung des derzeitigen Gasverbrauchs zu den Verbrauchswerten des Vorjahrs erstellt (Tenorziffer 3). In der Begründung der Festlegung heißt es auszugsweise:
12„C) Anwendungsbereich
13Die vorliegende Festlegung regelt unter bestimmten Voraussetzungen eine Weitergeltung individueller Netzentgelte aus dem Kalenderjahr 2021. Voraussetzung ist, dass die Unternehmen, die eine eigene Gasreduzierung und damit einhergehende eigene Produktionsreduzierung unter den Voraussetzungen der Tenorziffer 3 nachweisen, bereits im Kalenderjahr 2021 eine rechtmäßige Vereinbarung über individuelle Netzentgelte nach § 19 Abs. 2 Satz 2 - 4 StromNEV [sic!]. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Weitergeltung der individuellen Netzentgeltvereinbarungen des Jahres 2021 für das Jahr 2022 erfolgen.
14(…)
151.2. Unmittelbarer Gasbezug
16In verschiedenen Stellungahmen wurde vorgebracht, dass auch der mittelbare Gasbezug aufgrund von verbundenen Industriestandorten, etwa durch Prozesswärme berücksichtigt werden müsse. Dem steht der Wortlaut des § 118 Abs. 46 EnWG entgegen, der einen eigenen unmittelbaren Gasbezug des adressierten Unternehmens verlangt. Die Norm setzt explizit voraus, dass für Unternehmen, die im Zusammenhang mit erheblich reduzierten Gesamtimportmengen nach Deutschland ihre Produktion aufgrund einer Verminderung ihres Gasbezuges reduzieren, ein Anspruch auf Weitergeltung festgesetzt werden kann.
17Auch kommt vorliegend entgegen den Ausführungen mancher Stellungnahmen keine analoge Anwendung der Festlegungsermächtigung auf mittelbar betroffene Unternehmen in Betracht. Zum einen liegt keine planwidrige Regelungslücke vor. Hiergegen spricht bereits die Intention der Regelung, gezielt den Unternehmen eine Weitergeltung ihrer Vereinbarung zu ermöglichen, die im direkten Wege selber Gas einsparen. Nicht erfasst sind somit solche Unternehmen, bei denen die Produktionsrückgänge auf Schwierigkeiten beim Bezug ihrer Vorprodukte zurückzuführen sind, etwa, weil sie mit aus Gas erzeugter Prozesswärme versorgt werden. Gegen eine analoge Anwendung spricht weiterhin die Gefahr, dass die Regelungsvoraussetzungen anderenfalls so weit ausgedehnt werden würden, dass ein Gasbezug des Unternehmens nicht mehr als notwendige Voraussetzung angesehen werden könnte. Die Anwendungsgrenze bei mittelbar von Gasreduzierungen betroffenen Unternehmen ließe sich nicht klar ziehen, da im Ergebnis praktisch alle Unternehmen geltend machen könnten durch die prekäre Gasimportsituation zumindest mittelbar dazu gezwungen zu sein, ihre Produktion zu reduzieren. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sehr viele Vorprodukte unter Verwendung von Gas erzeugt werden, beispielsweise auch der immer noch zumindest teilweise durch Gaskraftwerke erzeugte Produktionsstrom. Die Regelung stellt jedoch aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung im Unterschied zu der pandemiebedingten Sonderregelung des § 32 Abs. 10 StromNEV gerade keine allgemeine Ausgleichsregelung für alle unter die Regelung des § 19 Abs. 2 S. 2 StromNEV fallenden Unternehmen dar. Vielmehr sollen explizit nur die Unternehmen geschützt werden, die selbst unmittelbare Maßnahmen zur Gasreduzierung treffen können.
18Entgegen der Stellungnahmen reicht es folglich nicht aus, wenn ein Unternehmen eine Produktionsreduzierung vornimmt, die nicht auf die Reduktion des eigenen Gasverbrauchs zurückzuführen ist. Eine mittelbare Produktionsreduzierung aufgrund des erhöhten Strompreises ist demnach ebenso wenig von der Ermächtigungsgrundlage und daher von der vorliegenden Festlegung umfasst, wie wenn ein Unternehmen über ein anderes gasbeziehendes Unternehmen beispielsweise Prozessdampf bezieht. Eine Reduktion der Produktion aufgrund der geringen Beziehung von Vorprodukten, die mittels Verwendung von Gas durch dritte Unternehmen hergestellt werden, ist mangels unmittelbaren eigenen Gasbezuges erst Recht nicht erfasst.
19Weiterhin setzt der Wortlaut der Ermächtigungsgrundlage voraus, dass das adressierte Unternehmen die Gaseinsparungen im Produktionsprozess vornimmt und nicht beispielsweise beim Heizen außerhalb der Produktion.“
20Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde vom 23.01.2023 gegen die vorgenannte Festlegung, soweit mit dieser eine Einschränkung auf Fälle des unmit-telbaren Gasbezugs vorgenommen wird.
21Sie ist der Auffassung, die Bundesnetzagentur habe die Ermächtigungsgrundlage in § 118 Abs. 46 Satz 1 EnWG zu Unrecht auf Fälle eines unmittelbaren Gasbezugs verengt. Der Wortlaut schließe eine Erstreckung der Festlegungskompetenz auf Unternehmen mit einem lediglich mittelbaren Gasbezug nicht aus, zumal es Mitte 2022 das alles überragende Ziel des Gesetzgebers gewesen sei, eine Gasmangellage zu verhindern und den Gasverbrauch auch in der Industrie so weit wie möglich zu reduzieren, weshalb er dahingehende Anreize gesetzt habe. Jedenfalls sei vor diesem Hintergrund zwingend eine analoge Anwendung des § 118 Abs. 46 EnWG auf Fälle des mittelbaren Gasbezugs bzw. mittelbarer Gasbezugsreduzierungen geboten. Bei ihr sei genau die in den Gesetzesmaterialen beschriebene atypische Situation eingetreten, die den Gesetzgeber zum Erlass des § 118 Abs. 46 EnWG veranlasst habe, nämlich eine Senkung des Gasverbrauchs bei gleichbleibend hoher Spitzenlast.
22Der Sorge der Bundesnetzagentur vor einer uferlosen Anwendung des § 118 Abs. 46 EnWG lasse sich mit einem Plausibilisierungserfordernis begegnen. Dieses führe zu ihrer Einbeziehung in den Kreis der Normadressaten, da bei ihr die Reduzierung des Gasverbrauchs eindeutig aus der Reduzierung der Dampfabnahme abgeleitet werden könne. Gas und Dampf seien bei ihr austauschbare Medien, die den Produktionsprozess ermöglichten. An anderen Produktionsstandorten produziere sie den benötigten Dampf auch selbst. Soweit sie diesen – wie in Z-Stadt – von Dritten beziehe, befinde sich der Lieferant/Produzent in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrer Produktionsstätte.
23Da sie aufgrund der Regelungswirkung der Festlegung unmittelbar in ihren Rechten berührt werde, sei sie auch gemäß § 75 Abs. 2 EnWG beschwerdebefugt. Neben ihren wirtschaftlichen Interessen werde das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG beeinträchtigt. Sie werde als mittelbarer Gasbezieher, der lediglich eine Reduktion von Dampf oder anderer erdgasbasiert hergestellter Medien bzw. eine Reduktion des Gasbezugs bei Vorlieferanten solcher Medien nachweisen könne, in nicht gerechtfertigter Weise ungleich behandelt.
24Ursprünglich hatte die Beschwerdeführerin behauptet, die von ihr initiierten Einsparmaßnahmen und „Produktionskürzungen im letzten Quartal 2022“ hätten zur Unterschreitung der Benutzungsstundenzahl von 7.000 Stunden und zur aufgezeigten Reduzierung des (mittelbaren) Gasbezugs geführt. Im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.10.2023 hat sie sodann vorgetragen, ursächlich für das Absinken der Benutzungsstundenzahl auf 6.931 Stunden im Lastgang des Jahres 2022 sei ein vorrübergehender Ausfall der Messeinrichtung am 08.10.2022 um 06:30 Uhr und – entgegen der im Senatstermin geäußerten Vermutung der Bundesnetzagentur – kein Ausfall einer Erzeugungsanlage oder das Entfallen einer Einspeisemöglichkeit. Sie kläre derzeit mit ihren Wirtschaftsprüfern und dem Anschlussnetzbetreiber, wie mit diesem Umstand umzugehen sei, insbesondere ob eine Betriebsstundenzahl von 7.000 erreicht werden könne.
25Ungeachtet dessen habe sie nach wie vor ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung des Gerichts. Die von ihr durchgeführten Maßnahmen stünden einer Anwendung des § 118 Abs. 46 EnWG nicht entgegen, da auch effizienzsteigernde Maßnahmen – so wie bei ihr – zu einer Bezugsreduktion von Gas führen könnten. Gleiches gelte angesichts des alles überragenden Ziel des Gesetzgebers, regulatorische Anreize zur Gaseinsparung zu schaffen, für den Umstand, dass ein Teil der effizienzsteigernden Maßnahmen von ihr bereits im Jahr 2021 durchgeführt worden sei. Überdies habe es bereits im Jahr 2021 erhebliche Preisanstiege im Gasbereich gegeben und die daraufhin in Deutschland durchgeführten Effizienzsteigerungsmaßnahmen hätten erheblich dazu beigetragen, die Gasmangellage im Jahr 2022 zu entspannen. Auch die erfolgte Steigerung der Produktionstonnage schließe die Anwendung des § 118 Abs. 46 EnWG angesichts des gesetzgeberischen Ziels, den Gasverbrauch zu reduzieren, nicht aus.
26Die Beschwerdeführerin beantragt,
27die Bundesnetzagentur zu verpflichten, von der Festlegungskompetenz nach § 118 Abs. 46 EnWG auch bezüglich der Fälle des mittelbaren Gasbezugs Gebrauch zu machen und die Festlegung auch bezüglich der Fälle des mittelbaren Gasbezugs vorzunehmen und dabei die Anforderungen an den Nachweis der Gasreduzierungen so auszugestalten, dass ein solcher Nachweis auch in den Fällen des mittelbaren Gasbezugs möglich ist.
28Die Bundesnetzagentur beantragt,
29die Beschwerde zurückzuweisen.
30Sie verteidigt die angefochtene Festlegung unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Gründe. Die Beschwerde sei zumindest unbegründet.
31Die Entscheidung der Beschlusskammer, § 118 Abs. 46 EnWG bzw. eine hierauf gestützte Festlegung nicht auf Fälle zu erstrecken, in denen der stromintensive Letztverbraucher keine Reduktion seines eigenen Gasverbrauchs vorgenommen habe, sondern lediglich mittelbar von der Reduktion des Gasverbrauchs eines Dritten profitiere, sei nicht zu beanstanden. Dies folge bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Festlegungsbefugnis, namentlich der Verwendung des Possessivpronomens „ihres“, und werde auch von der Gesetzessystematik und dem Charakter des § 118 Abs. 46 EnWG als Ausnahmeregelung zu einer bereits bestehenden Ausnahme (§ 19 Abs. 2 Satz 2 bis 4 StromNEV) gestützt. Dies erfordere, die Festlegungsbefugnis restriktiv auszulegen.
32Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin spreche auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/2664, S. 10), namentlich die dort wiederholt verwendete Formulierung der „erheblich reduzierten Gasimportmengen“, aber auch der Verweis auf die pandemiebedingte (Übergangs-)Regelung in § 32 Abs. 10 Satz 1 StromNEV für dieses Ergebnis. Ein Vergleich der beiden Regelungen zeige, dass der Gesetzgeber § 118 Abs. 46 EnWG bewusst restriktiver ausgestaltet habe als die Regelung in § 32 Abs. 10 Satz 1 StromNEV. Dies sei auch unter dem Gesichtspunkt, eine aktive Reduktion des Gasverbrauchs anzureizen, sachgerecht. Denn in Fällen des mittelbaren Gasbezugs entscheide nicht das stromintensive Unternehmen über die Einsparung des Gasbezugs, sondern das vorgelagerte Drittunternehmen, das von der Fortgeltung der Vereinbarung über das individuelle Netzentgelt jedoch überhaupt nicht profitiere und aus wirtschaftlichen Gründen bestrebt sein werde, nicht abgenommenes Gas anderweitig zu vermarkten. Auch subjektiv habe die Beschwerdeführerin entgegen der Intention des § 118 Abs. 46 EnWG nicht zur Bezugsreduktion von Gas angereizt werden können, weil sie nicht über den fremden Gas-, sondern nur über den eigenen Wasserdampfbezug zu befinden habe. Bei Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf Fälle des mittelbaren Gasbezugs drohe der vom Gesetzgeber erhoffte Anreizeffekt zur proaktiven Reduktion des Gasbezugs bzw. zur Gaseinsparung leerzulaufen.
33Im Übrigen sei die reduzierte Abnahme von gasbasiert erzeugtem Prozessdampf nach dem Beschwerdevorbringen auf effizienzsteigernde Maßnahmen im Produktionsablauf zurückzuführen, die überdies zu keiner atypischen Produktionsreduktion, sondern zu einer Produktionssteigerung geführt hätten. Ein solches Szenario habe der Gesetzgeber mit der streitgegenständlichen Festlegungskompetenz nicht adressieren wollen. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin im Kalenderjahr 2022 im Vergleich zum Kalenderjahr 2021 sogar mehr Strom verbraucht habe. Mit Blick darauf sei insoweit in der Gesamtschau unter Berücksichtigung der gesteigerten Produktion eine Kausalität zu dem reduzierten Bezug von Prozessdampf nicht ersichtlich.
34In Anbetracht des eindeutigen Gesetzeswortlauts komme auch eine analoge Anwendung des § 118 Abs. 46 EnWG auf Fälle der Reduktion von mittelbarem Gasbezug nicht Betracht. Es fehle bereits an einer Regelungslücke. Eine Vergleichbarkeit der Interessenlage bestehe ebenfalls nicht. Einer Analogie stehe auch der „doppelte Ausnahmecharakter“ des § 118 Abs. 46 EnWG entgegen. Die vorgenommene Differenzierung zwischen unmittelbaren und mittelbaren Gasbezugsreduktionen stelle auch keine Diskriminierung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG dar.
35Unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin mangels eigenen unmittelbaren Gasbezugs schon nicht in den Kreis der gemäß Tenorziffer 1 der Festlegung begünstigten bzw. privilegierten stromintensiven Letztverbraucher falle, genüge das Beschwerdevorbringen auch nicht den (Nachweis-)Anforderungen der Tenorziffer 3 a) der Festlegung.
36Sofern sich mit Blick auf das Beschwerdevorbringen im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.10.2023 herausstellen sollte, dass die Voraussetzungen für ein individuelles Netzentgelt im Jahr 2022 doch erreicht worden seien, fehle es der Beschwerdeführerin bereits an einer materiellen Beschwer, da dann die bestehende Vereinbarung über individuelle Netzentgelte vom 26.03.2019 für das Jahr 2022 zur Anwendung käme.
37Wegen des weiteren Vorbringens der Verfahrensbeteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang BK4-22-086 sowie das Protokoll der Senatssitzung vom 13.09.2023 Bezug genommen.
38B.
39Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
40I. Bei der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde handelt es sich um eine Verpflichtungsbeschwerde in Form einer (Neu-)Bescheidungsbeschwerde (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 15. 03. 2017 – VI-3 Kart 107/15 [V], juris Rn. 42; Beschl. v. 05.07.2023 – VI-3 Kart 29/22 [V], RdE 2023, 333, juris Rn. 72 m.w.N.). Diese dürfte gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 78 Abs. 1, Abs. 3, § 83 Abs. 4 EnWG zulässig sein, sofern die zwischen der Beschwerdeführerin unter ihrer damaligen Firma „ABCD GmbH & Co. KG“ und der Stadtwerke Z GmbH geschlossene und genehmigte Vereinbarung individueller Netzentgelte gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 StromNEV vom 26.03.2019 mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2023 – entsprechend dem Beschwerdevorbringen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 13.09.2023 – tatsächlich nicht auf das Jahr 2022 anwendbar sein sollte. Die Beschwerdeführerin dürfte insbesondere beschwerdebefugt sein.
411. Für die Beschwerdebefugnis bei der Verpflichtungsbeschwerde knüpft das Gesetz anders als bei der Anfechtungsbeschwerde nicht an die formale Stellung als Verfahrensbeteiligter an, sondern Voraussetzung ist gemäß § 75 Abs. 3 EnWG, dass „der Antragsteller einen Rechtsanspruch geltend macht“. Dementsprechend ist eine Beschwerdebefugnis in Entsprechung zu § 42 Abs. 2 VwGO nur zu bejahen, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten verletzt ist (BeckOK EnWG/van Rossum, 8. Ed. 01.09.2023, § 75 Rn. 34; BerlKommEnR/Johanns/Roesen, 4. Aufl., § 75 EnWG Rn. 29 m.w.N.). Ausreichend, aber auch erforderlich ist es insoweit, dass ein substantiierter Vortrag des Beschwerdeführers das Bestehen eines Rechts auf die begehrte Entscheidung als möglich erscheinen lässt. Die Beschwerdebefugnis fehlt nur dann, wenn ein Recht auf die begehrte Entscheidung offensichtlich nach keiner Betrachtungsweise bestehen kann (BGH, Beschl. v. 24.05.2011 – EnVR 27/10, IR 2011, 228, juris Rn. 15 m.w.N.; Beschl. v. 15.05.2012 – EnVR 46/10, EnWZ 2012, 39, juris Rn. 16; Senat, Beschl. v. 05.07.2023 – VI-3 Kart 29/22 [V], RdE 2023, 333, juris Rn. 75).
42Nach diesen Maßgaben erscheint es im Streitfall auf Basis des Beschwerdevorbringens nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführerin ein Anspruch auf die begehrte Entscheidung – den (Neu-)Erlass einer auf § 118 Abs. 46 EnWG gestützten Festlegung, die für einen Anspruch auf Weitergeltung individueller Netzentgeltvereinbarungen für das Kalenderjahr 2022 auch eine dem stromintensiven Letztverbraucher zurechenbare Verminderung des Gasbezugs bei einem Dritten (sog. mittelbare Gasbezugsverminderung) genügen lässt – zustehen kann. Ob der geltend gemachte Rechtsanspruch tatsächlich besteht, ist allein eine Frage der Begründetheit der Beschwerde (BeckOK EnWG/van Rossum, a.a.O., § 75 Rn. 34). Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ihr durch die (unberechtigte) Nichteinbeziehung in den Anwendungsbereich der Festlegung und damit die Nichtweitergeltung ihres individuellen Netzentgelts für das Jahr 2022 ein wirtschaftlicher Nachteil infolge von Minderlösen aus verringerten Netzentgelten nach § 19 Abs. 2 Satz 2 bis 4 StromNEV in Höhe von … Euro entstanden sei, so dass sie hiernach durch die streitgegenständliche Festlegung auch in ihren wirtschaftlichen Interessen erheblich unmittelbar und individuell betroffen wäre.
432. Zwar setzt eine (zulässige) Verpflichtungsbeschwerde nach dem Wortlaut des § 75 Abs. 3 EnWG an sich voraus, dass zuvor ein entsprechender Antrag erfolglos gestellt oder der Antrag ohne zureichenden Grund in angemessener Frist nicht beschieden wurde (§ 75 Abs. 3 Satz 2 EnWG; vgl. Senat, Beschl. v. 17.02.2010 – VI-3 Kart 4/09 [V], ZNER 2010, 398, juris Rn. 26 f.; Bourwieg/Hellermann/Hermes/Laubenstein/Bourazeri, EnWG, 4. Aufl., § 75 Rn. 18). Dies führt im Streitfall indes nicht zur Unzulässigkeit der Verpflichtungsbeschwerde.
44Vorliegend fehlt es zwar an einer vorherigen Antragstellung; jedenfalls ist dem Beschwerdevorbringen hierzu nichts zu entnehmen. Dennoch dürfte hier allein die Verpflichtungsbeschwerde die „richtige“ und statthafte Beschwerdeart sein. Zum einen bedarf es für den Erlass einer Festlegung nach § 118 Abs. 46 EnWG keines formellen Antrags bzw. besteht kein formelles Antragsrecht. Zum anderen ist das Begehren der Beschwerdeführerin nicht allein auf die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung gerichtet, sondern darauf, dass Fälle des „mittelbaren Gasbezugs“ bzw. der „mittelbaren Gasbezugsreduktion“ in den Anwendungsbereich der Festlegung einbezogen werden. Dem Rechtsschutzbegehren der Beschwerdeführerin kann somit allein mit der Verpflichtungsbeschwerde Genüge getan werden (vgl. dazu auch BeckOK EnWG/van Rossum, a.a.O., § 75 Rn. 36, § 83 Rn. 30.1 m.w.N. zur Festlegung der Erlösobergrenzen; ferner Senat, Beschl. v. 22.03.2018 – VI-3 Kart 148/16 [V], ZNER 2018, 237, juris Rn. 53 f. zur Eigenkapitalzinssatzfestlegung).
453. Der Umstand, dass der Erlass einer Festlegung nach § 118 Abs. 46 EnWG im Ermessen der Bundesnetzagentur steht („Die Regulierungsbehörde kann […]“), dürfte der Beschwerdebefugnis gleichfalls nicht entgegenstehen, da der Antrag der Beschwerdeführerin als Bescheidungsantrag zu verstehen ist und sie überdies darlegt, weshalb die Bundesnetzagentur verpflichtet ist, von der Ermächtigungsgrundlage des § 118 Abs. 46 EnWG auch hinsichtlich der Fälle des mittelbaren Gasbezugs Gebrauch zu machen (Ermessensreduzierung auf Null; vgl. dazu Theobald/Kühling/Boos, Energierecht, 121. EL Juni 2023, § 75 EnWG Rn. 56; BeckOK EnWG/van Rossum, a.a.O., § 75 Rn. 37).
46II. Die Verpflichtungsbeschwerde wäre dagegen bereits unzulässig, sofern die durch die Beschwerdeführerin ausweislich ihres Vorbringens im nachgelassenen Schriftsatz vom 25.10.2023 (dort S. 1 f.) veranlasste Nachprüfung durch ihre Wirtschaftsprüfer und den Anschlussnetzbetreiber erweisen sollte, dass die Voraussetzungen für ein individuelles Netzentgelt im Jahr 2022 auf Basis der Vereinbarung vom 26.03.2019 – entgegen ihrem bisherigen Beschwerdevorbringen – doch vorgelegen haben. In diesem Falle fehlte es an einer materiellen Beschwer bzw. an einer materiellen Betroffenheit der Beschwerdeführerin (vgl. dazu Bourwieg/Hellermann/Hermes/Laubenstein/Bourazeri, a.a.O., § 75 EnWG Rn. 18; Kment/Huber, EnWG, 2. Aufl., § 75 Rn. 14; – jeweils m.w.N.), da diese dann – losgelöst von der Festlegungskompetenz in § 118 Abs. 46 EnWG und deren Anwendung und Ausgestaltung durch die Bundesnetzagentur – bereits aus der bis zum 31.12.2023 geltenden Vereinbarung vom 26.03.2019 (Anlage 1) einen Anspruch auf ein individuelles Netzentgelt für das Jahr 2022 hätte.
47III. Die Verpflichtungsbeschwerde hat darüber hinaus aber auch in der Sache keinen Erfolg. Denn die Beschwerdeführerin fällt bereits nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Festlegungskompetenz des § 118 Abs. 46 Satz 1 EnWG, da es bei ihr zu keiner gasbezugsbedingten Produktionsreduktion gekommen ist.
481. § 118 Abs. 46 EnWG ist mit Art. 1 Nr. 8 des „Gesetzes zur Bereithaltung von Ersatz-kraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften“ vom 08.07.2022 (BGBl I 2022 Nr. 24, S. 1054, 1059) in das Energiewirtschaftsgesetz eingefügt worden. Die Regelung war im ursprünglichen Gesetzentwurf nicht enthalten (vgl. BT-Drs. 20/2356, S. 11 f.), sondern ist erst im Rahmen der Gesetzesberatungen auf Empfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie in das Gesetz eingefügt worden (vgl. BT-Drs. 20/2594, S. 8 f.; BT-Drs. 20/2664, S. 10). Die (Übergangs-)Vorschrift – sie gilt nur für das Jahr 2022 – stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf die im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine erheblich reduzierten Gasimporte nach Deutschland und deren Auswirkungen auf die Energiekosten dar (vgl. Bourwieg/Hellermann/Hermes/Hellermann, a.a.O., § 118 Rn. 44). Sie beinhaltet eine Festlegungskompetenz für individuelle Netzentgelte, die es der Bundesnetzagentur ermöglicht, die im Jahr 2021 bestehenden Netzentgeltprivilegien für stromintensive Letztverbraucher trotz Gasmangellage für das Jahr 2022 zu erhalten (BeckOK EnWG/Pfeiffer, a.a.O., § 118 Rn. 140). Im Ergebnis handelt es sich um eine Vorschrift zum Schutz industrieller Stromverbraucher (so mit Recht BeckOK EnWG/Pfeiffer, a.a.O., § 118 Rn. 138).
492. Mit der Festlegungsbefugnis in § 118 Abs. 46 EnWG wird der Bundesnetzagentur die Möglichkeit eingeräumt, Vereinbarungen individueller Netzentgelte für das Jahr 2022 Bestandsschutz zu verleihen, auch wenn die Voraussetzungen für deren Vereinbarung wegen des veränderten Stromverbrauchs des Unternehmens nicht mehr vorliegen, um diesen den finanziellen Vorteil individueller Netzentgelte zu erhalten (Bourwieg/Hellermann/Hermes/Hellermann, a.a.O., § 118 Rn. 45). Dies setzt nach dem Wortlaut des Satz 1 im Ausgangspunkt voraus, dass ein Unternehmen – aufgrund einer Verminderung seines Gasbezugs – seine Produktion reduziert (vgl. auch Lange, EnWZ 2023, 99 (99/100)). Erforderlich ist also eine Reduktion der Produktion aufgrund eines verminderten Gasbezugs (gasmangel- bzw. gasbezugsbedingter Produktionsrückgang).
50Dieses Erfordernis spiegelt sich auch in den Gesetzesmaterialien, namentlich dem Bericht des Ausschusses für Klimaschutz und Energie vom 06.07.2022 (BT-Drs. 20/2664, S. 10; ferner BT-Drs. 20/2594, S. 8 f.), wider. Dort heißt es auszugsweise:
51„Würde unterjährig im Zusammenhang mit erheblich reduzierten Gesamtimportmengen nach Deutschland die Produktion atypisch reduziert werden, sänke bei einem Betroffenen unterjährig auch der Jahresverbrauch an Elektrizität, ohne dass dies noch Einfluss auf eine im Kalenderjahr bereits erreichte Spitzenlast haben kann. Dadurch würden rechnerisch atypisch auch die Jahresbenutzungsstunden sinken, ohne dass sich nachhaltig die grundsätzliche Struktur des Strombezugs geändert hat. Die Bemessung der Höhe der Netzentgelte nach den Grundsätzen einer Berechnung aufgrund des physikalischen Pfades bleibt unberührt. Die Neuregelung adressiert also vorsorglich die Situation, dass mit einem reduzierten Gasbezug im Zusammenhang mit erheblich reduzierten Gesamtimportmengen nach Deutschland unter Umständen auch ein verringerter Stromverbrauch einhergehen könnte. Daher soll auch für diesen Sachverhalt eine Übergangsregelung für das Kalenderjahr 2022 aufgenommen werden.“ [Hervorhebungen nicht im Original]
52Der Gesetzgeber hat mit der Festlegungskompetenz für individuelle Netzentgelte mithin vor dem Hintergrund der (seinerzeit) angespannten Gasversorgung in Deutschland die Situation adressiert, dass mit einem reduzierten Gasbezug im Zusammenhang mit erheblich reduzierten Gasimportmengen nach Deutschland u.U. ein verringerter Stromverbrauch einhergehen kann, mit wiederum möglichen Folgewirkungen auf die vereinbarten individuellen Netzentgelte gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 bis 4 StromNEV (Lange, EnWZ 2023, 99 (99/101)). Hintergrund ist der Umstand, dass viele Industriebetriebe in Reaktion auf die Gasmangellage im Jahr 2022 ihre Produktion reduziert haben, um ihre Energiekosten zu senken, und damit auch ihr Strombezugsverhalten verändert haben, was wiederum dazu führt, dass diese Unternehmen gegebenenfalls die abnahmebezogenen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Netzentgeltprivilegierung in § 19 Abs. 2 Satz 2 bis 4 StromNEV nicht mehr erfüllen. Dem hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 118 Abs. 46 EnWG gegengesteuert (BeckOK EnWG/Pfeiffer, a.a.O., § 118 Rn. 138). Es soll erreicht werden, dass Unternehmen, die ihre Produktion reduziert haben, nicht zusätzlich noch dadurch belastet werden, dass sie infolge einer damit verbundenen Anpassung ihres Netznutzungsverhaltens auch noch ihren Anspruch auf günstigere Netzentgelte verlieren (zutreffend Bourwieg/Hellermann/Hermes/Hellermann, a.a.O., § 118 Rn. 45; vgl. auch BeckOK EnWG/Pfeiffer, a.a.O., § 118 Rn. 140).
533. Vor diesem Hintergrund fällt die Beschwerdeführerin von vornherein nicht in den Kreis der geschützten Normadressaten des § 118 Abs. 46 Satz 1 EnWG, ohne dass es insoweit auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten streitige Frage ankommt, ob und inwieweit von der Festlegungskompetenz auch mittelbare Verminderungen des Gasbezugs erfasst werden.
54a) Bei der Beschwerdeführerin ist es nicht nur zu keiner Produktionsreduktion gekommen, sondern ihr ist es sogar gelungen, ihre Produktion im Jahr 2022 gegenüber dem Jahr 2021 zu steigern. Ihre Produktionstonnage ist – unstreitig – von … t im Jahr 2021 auf … t im Jahr 2022 gestiegen, was einem Zuwachs von 0,63 % entspricht.
55b) Dabei hat die Beschwerdeführerin zudem – wie sie selbst vorgetragen hat – sogar mehr Strom verbraucht, nämlich rund … GWh gegenüber rund … GWh im Jahr 2021, was einem Mehrverbrauch von rund 1,3 % entspricht. Damit ist auch die weitere nach den Gesetzesmaterialien intendierte Vorgabe des § 118 Abs. 46 EnWG, wonach mit einem reduzierten Gasbezug/-import aufgrund einer Verringerung der Produktion auch ein verringerter Stromverbrauch und damit eine Nichterreichung der Benutzungsstundenzahl des Jahres 2021 einhergehen könne, nicht gegeben.
56c) Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die von der Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen in der Produktion vorgenommenen (Anpassungs-)Maßnahmen mit dem größten Einspareffekt beim Dampfverbrauch (nämlich … MWh durch den Einbau neuer Kondensatableiter) bereits bis einschließlich November des Jahres 2021 und damit vor dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24.02.2022 und des Ausrufens der Alarmstufe nach dem „Notfallplan Gas der Bundesrepublik Deutschland“ am 23.06.2022 realisiert wurden (vgl. auch § 118 Abs. 46 Satz 1 Nr. 3 EnWG). Die Ausrufung der Alarmstufe erfolgte im Hinblick darauf, dass Russland die Gaslieferungen nach Europa und Deutschland erheblich gedrosselt hatte und daran anknüpfend die Gaspreise drastisch gestiegen waren. Die Frühwarnstufe als erste Stufe des „Notfallplans Gas“ war am 30.03.2022 ausgerufen worden. Damit liegt auch der nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung geforderte (Kausal-)Zusammenhang „mit erheblich reduzierten Gasmengen nach Deutschland“ insoweit nicht vor. Dieser Teil der Einsparmaßnahmen ist mithin nicht durch das Bestehen einer Gasmangellage veranlasst worden.
57Eine andere Bewertung folgt – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin – auch nicht aus den Ausführungen der Beschlusskammer auf S. 15 der angefochtenen Entscheidung (unter II. E) 1.1). Dort heißt es auszugsweise:
58„Nach Sinn und Zweck der Regelung erscheint es jedoch sachgerecht, nicht nur die Entwicklung der Gasverbräuche nach Ausrufung der Notfallstufe in den Blick zu nehmen, da die Unternehmen auch schon in der Zeit davor aufgrund des Ausbruchs des Russland-Ukraine-Kriegs von extrem hohen Preisanstiegen betroffen waren.“
59Denn die den Dampf- und behauptetermaßen auch den Gasverbrauch bei der Stadtwerke Z GmbH reduzierenden Maßnahmen der Beschwerdeführerin in ihrem Produktionsprozess erfolgten überwiegend schon im Jahr 2021 und damit vor Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs.
604. Eine analoge Anwendung der Festlegungskompetenz aus § 118 Abs. 46 Satz 1 EnWG kommt insofern gleichfalls nicht in Betracht.
61a) Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts der Norm und der Gesetzesmaterialien fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.
62b) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Beschwerdeführerin angeführten „alles überragenden Ziel des Gesetzgebers, regulatorische Anreize zur Gaseinsparung zu schaffen“. Denn das gesetzgeberische Leitmotiv für die Schaffung der Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 46 EnWG besteht – wie ausgeführt (s.o. B. III. 2.) – im Erhalt der im Jahr 2021 bestehenden Netznutzungsprivilegien für das Jahr 2022 trotz Gasmangellage und dadurch bedingter Produktionsreduzierungen. Auch stromintensive Letztverbraucher, die ohne aktive Einsparmaßnahmen, etwa allein aufgrund gestiegener Preise, ihren Gasbezug reduzieren und bei denen es infolgedessen zu einem Produktionsrückgang und einem veränderten Stromverbrauch kommt, fallen daher in den Kreis der Normadressaten des § 118 Abs. 46 EnWG. Andererseits stehen derartige, in Reaktion auf die Gasmangellage seitens der Unternehmen ergriffene Einsparmaßnahmen der Anwendung des § 118 Abs. 46 EnWG auch nicht entgegen.
635. Auch das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG erfordert insoweit keine andere Bewertung. Denn Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Allerdings bedürfen diese stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (BVerfG, Urt. v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, juris Rn. 121 m.w.N.). Dass diese Maßgaben im Streitfall verletzt sind, ist weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
64C.
65I. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 2 EnWG. Da die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde keinen Erfolg hat, sind ihr die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur aufzuerlegen.
66II. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren ist bereits im Senatstermin vom 13.09.2023 nach Maßgabe der § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO im Einvernehmen mit den Verfahrensbeteiligten auf … Euro festgesetzt worden.
67D.
68Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die streitentscheidenden Rechtsfragen weder grundsätzliche Bedeutung haben und überdies nicht zweifelhaft sind (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG).
69Rechtsmittelbelehrung:
70Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbe-schwerde gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf einzulegen. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen. Die elektronische Form wird durch die Einreichung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und auf einem zugelassenen elektronischen Übermittlungsweg gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechts-verkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERRV) oder von ihr selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und Übermittlungswegen sowie zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der ERRV in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim Oberlandesgericht Düsseldorf oder beim Bundesgerichtshof einzureichenden Schriftsatz binnen einem Monat zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§ 87 Abs. 4 Satz 1, § 80 Satz 2 EnWG).