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I.
Es soll das schriftliche Gutachten eines noch zu benennenden Sachverständigen zu folgenden Fragen eingeholt werden:
A.
Die im europäischen Patent 2 220 689
(Prioritätstag: 14. November 2007 - Tag der Erstanmeldung in Deutschland)
unter Schutz gestellte Lehre zum technischen Handeln:
1. Welche berufliche Ausbildung und welche anschließenden beruflichen Erfahrungen haben am Prioritätstag üblicherweise diejenigen Personen gehabt, die sich mit der Entwicklung verbesserter Solarzellen beschäftigt haben?
2. Welche technische Lehre enthält der durch die Beschreibung und die Zeichnungen erläuterte Patentanspruch 1 des Klagepatents in seiner Fassung, die das Klagepatent durch die Einspruchsentscheidung des Europäischen Patentamtes vom 29. September 2022 erhalten hat?
Anmerkung:
2Der maßgebliche (geltende) Patentanspruch 1 lautet wie folgt:
3„Solarzelle aufweisend: ein Siliziumsubstrat; eine erste Dielektrikumschicht, die Aluminiumoxid aufweist, an einer Oberfläche der lichtabgewandten Rückseite des Siliziumsubstrates; eine zweite Dielektrikumschicht an einer Oberfläche der ersten Dielektrikumschicht, wobei sich die Materialien der ersten und der zweiten Dielektrikumschicht unterscheiden und wobei in die zweite Dielektrikumschicht Wasserstoff eingelagert ist, wobei die erste Dielektrikumschicht eine Dicke von weniger als 50 nm aufweist, wobei die zweite Dielektrikumschicht eine Dicke von mehr als 50 nm aufweist.“
41.
5Zum besseren Verständnis empfiehlt es sich, die im Patentanspruch 1 gegebene technische Lehre in einzelne Merkmale zu gliedern. Falls der Sachverständige keine Bedenken hat, kann er die nachfolgende Merkmalsanalyse übernehmen (der Figur 1 des Klagepatents beigefügt ist).
61. Solarzelle, aufweisend
71.1. ein Siliziumsubstrat (1),
81.2. eine erste Dielektrikumschicht (3) an einer Oberfläche der lichtabgewandten Rückseite des Siliziumsubstrats
9und
101.3. eine zweite Dielektrikumschicht (5) an einer Oberfläche der ersten Dielektrikumschicht (3).
112. Die Materialien der ersten Dielektrikumschicht (3) und der zweiten Dielektrikumschicht (5) unterscheiden sich.
3. Die erste Dielektrikumschicht (3) weist auf
133.1. Aluminiumoxid
14und
153.2. eine Dicke von weniger als 50 nm.
164. Die zweite Dielelektrikumschicht (5) weist eine Dicke von mehr als 50 nm auf.
174.1. In die zweite Dielektrikumschicht (5) ist Wasserstoff eingelagert.
182.
19Für das Verständnis der Merkmale eines Patentanspruchs ist nicht von einer rein philologischen Betrachtung auszugehen. Vielmehr kommt es darauf an, welchen technischen Sinngehalt der Durchschnittsfachmann (siehe 1.) den Merkmalen des Patentanspruchs bei Berücksichtigung
20a) des Inhalts der die Erfindung erläuternden Patentbeschreibung und der Patentzeichnungen (der der teilwiderrufenen Fassung des Klagepatents entsprechende Beschreibungstext ergibt sich aus Anlage K 50),
21b) des in der Patentschrift gewürdigten Standes der Technik sowie
22c) seines allgemeinen (den allgegenwärtigen Hintergrund seiner Betätigung auf dem Technikgebiet bildenden) Fachwissens am Prioritätstag
23entnommen hat.
24Patentanspruch 1 darf dabei nicht auf die konkret beschriebenen und in den Figuren gezeichneten Ausführungsbeispiele beschränkt werden, die den im Patentanspruch 1 mit allgemeinen Merkmalen umschriebenen Erfindungsgedanken eben nur exemplarisch – und nicht abschließend - erläutern. Ebenso wenig darf für das Verständnis der im Patentanspruch verwendeten Begriffe unbesehen auf den allgemeinen technischen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden, der auf dem betreffenden Fachgebiet im Prioritätszeitpunkt geherrscht hat. Das Klagepatent bildet vielmehr sein eigenes Lexikon für das Verständnis der in seinen Patentansprüchen verwendeten Begriffe. Die Merkmale eines Patentanspruchs sind dementsprechend
25nach Maßgabe des Sprachgebrauchs der Klagepatentschrift (der sich mit dem allgemeinen Begriffsverständnis decken kann, aber nicht decken muss) zu verstehen und
so zu interpretieren, wie es die ihnen im Rahmen der Aufgabenlösung zugedachte technische Funktion verlangt.
Soweit sich die Klagepatentschrift in der Beschreibung zu exemplarischen Herstellungsverfahren verhält, obwohl Verfahren zur Herstellung einer Solarzelle nach dem Ausgang des Einspruchsverfahrens überhaupt nicht mehr Gegenstand des Patentschutzes sind, geben die betreffenden Erläuterungen dennoch Aufschluss darüber, wie patentgemäße Solarzellen gefertigt werden können. Die in der Patentschrift verbliebenen Ausführungsbeispiele zu möglichen Herstellungs-verfahren erlauben daher grundsätzlich den Schluss, dass eine Solarzelle, die unter Beachtung eines in der Patentbeschreibung erwähnten Herstellungsver-fahrens zustande gekommen ist, den Anforderungen des Klagepatents an eine erfindungsgemäße Solarzelle genügt. Allerdings ist zu beachten, dass die in der Patentbeschreibung erwähnten Fertigungsprozeduren – soweit für den Senat ersichtlich – bloße Beispiele repräsentieren, weswegen aus ihnen nicht der Umkehrschluss gezogen werden darf, dass als patentgemäß nur solche Solarzellen anzusehen sind, deren Konstitution so ist, wie sie sich als Folge eines in der Patentschrift beschriebenen Herstellungsbeispiels einstellt.
303.
31Aus der eigenen, notwendigerweise technisch laienhaften Befassung mit dem Klagepatent ist der Senat zu folgenden Erkenntnissen gekommen, die der Sachverständige daraufhin überprüfen mag, ob er ihnen zustimmen kann oder inwieweit von ihnen aus welchen (näher darzulegenden Gründen) abzuweichen ist:
32a) Um zu verhindern, dass die an die Oberfläche der Solarzelle diffundierenden Ladungsträgerpaare an der Solarzellenoberfläche rekombinieren, weist die Solarzelle erfindungsgemäß eine sich aus zwei Teilschichten zusammensetzende dielektrische Passivierschicht auf, die aus einer dünnen, aluminiumoxidhaltigen Schicht sowie einer dickeren, wasserstoffhaltigen Schicht zusammengesetzt ist. Den Schlüssel zur Herbeiführung der angestrebten guten Passivierung der Oberfläche sieht das Klagepatent demgemäß in der Kombination zweier, aus unterschiedlichen Materialien bestehender Dielektrikumschichten, die sich ergänzen. Beide Schichten tragen auf unterschiedliche Weise zur Passivierung der Oberfläche der Solarzelle bei.
33Die erste, aluminiumoxidhaltige Dielektrikumschicht wirkt über ein elektrisches Feld passivierend. Hierbei werden die Ladungsträger von der Halbleiteroberfläche ferngehalten, indem dort ein geeignetes Potential angelegt wird. Dadurch stehen der jeweils anderen Ladungsträgerart nicht genügend Rekombinationspartner zur Verfügung.
Allein den passivierenden Eigenschaften der Aluminiumoxidschicht vertraut das Klagepatent jedoch nicht, sondern stellt der ersten Dielektrikumschicht eine weitere, wasserstoffhaltige Schicht zur Seite. Ein Teil dieses Wasserstoffs kann durch die dünne Aluminiumoxidschicht der ersten Dielektrikumschicht diffundieren und an der Grenzfläche zum Silizium unabgesättigte Siliziumbindungen („Dangling bonds“) passivieren (Abs. [0015] a.E.; Abs. [0029]).
b) Den geschilderten kombinierten Wirkmechanismus hat der Fachmann vor Augen, wenn er sich der Beantwortung der Frage zuwendet, welche Anforderungen an die räumliche Anordnung der einzelnen patentgemäßen Schichten zu stellen sind. Erfindungsgemäß soll sich die erste Dielektrikumschicht an einer Oberfläche des Siliziumsubstrats befinden (Merkmal 1.2.). Da die zweite Dielektrikumschicht wiederum an einer Oberfläche der ersten Dielektrikumschicht angeordnet sein soll (Merkmal 1.3.), gibt Patentanspruch 1 die folgende konkrete Schichtfolge vor: Von innen nach außen finden sich nacheinander das Siliziumsubstrat, die erste, aluminiumoxidhaltige Dielektrikumschicht und schließlich die zweite, wasserstoffhaltige Dielektrikumschicht.
38Ein solcher Aufbau korrespondiert mit der den einzelnen Schichten zugedachten Funktion. Nur wenn sich die aluminiumoxidhaltige Schicht zwischen dem Siliziumsubstrat und der wasserstoffhaltigen Schicht befindet, kann sich einerseits eine Si/Al2O3-Grenzfläche bilden und zugleich ein Teil des in der zweiten Dielektrikumschicht befindlichen Wasserstoffs durch die Al2O3-Schicht diffundieren und an der Grenzfläche zum Silizium unabgesättigte Siliziumbindungen passivieren (vgl. Abs. [0015]).
39c) Der Anspruchswortlaut als solcher zwingt nicht zu der Annahme, dass die besagten Schichten im unmittelbaren Kontakt miteinander stehen müssen und keinerlei Zwischenschichten vorhanden sein dürfen.
40Im Abs. [0015] findet sich zwar der Hinweis auf eine Si/Al2O3-Grenzfläche, gleichzeitig nimmt die Klagepatentschrift aber auf eine erste Dielektrikumschicht Bezug, die „beim ALD-Prozess … entsteht“, was wiederum an Bemerkungen im Abs. [0009] der Klagepatentschrift anschließt.
41Der Fachmann, der sich mit dem Hinweis auf das ALD-Verfahren und der Frage nach der Ausgestaltung einer Si/Al2O3-Grenzschicht konfrontiert sieht, richtet seinen Blick infolgedessen auf die technischen Eigenschaften einer mittels eines ALD-Prozesses mit Al2O3 beschichteten Siliziumoberfläche. Er weiß, dass das Verfahren der sequenziellen Gasphasenabscheidung (ALD) beim Aufbringen einer Al2O3-Schicht herkömmlicherweise zum Einsatz kommt, dass sein Nachteil jedoch darin liegt, dass innerhalb eines Abscheidungszyklus jeweils nur eine einzelne Moleküllage des abzuscheidenden Materials auf der Oberfläche angelagert werden kann, so dass sich Aluminiumoxidschichten beträchtlicher Dicke nur mit hohem zeitlichen Aufwand herstellen lassen (Abs. [0008]). Vor diesem Hintergrund ist die in Merkmal 3.2. zu findende Forderung nach einer Dicke der ersten Dielektrikumschicht von weniger als 50 nm zu lesen: Je dünner die aluminiumoxidhaltige Schicht ausgebildet ist, desto schneller kann sie abgeschieden werden. Aufgrund ihrer durch die sequenzielle Gasphasenabscheidung erreichbaren hohen Qualität besitzt sie gleichwohl sehr gute oberflächenpassivierende Eigenschaften (Abs. [0031]), welche für die Erfindung des Klagepatents günstig sind.
423. Im Hinblick auf den Streit der Parteien soll der Sachverständige insbesondere zu folgenden Fragen Stellung nehmen:
43a) Verlangt die in Merkmal 1.2. aufgestellte Forderung nach einer Anordnung der ersten Dielektrikumschicht auf der Oberfläche des Silizium-substrats, dass beide Schichten - das Siliziumsubstrat und die erste Di-elektrikumschicht - im unmittelbaren Kontakt miteinander stehen, oder lässt es das Klagepatent zu, dass sich zwischen dem Substrat und der ersten aluminiumoxidhaltigen Dielektrikumschicht weitere Zwischenschichten insbesondere aus Siliziumoxid befinden?
44b) Sind - unter Berücksichtigung des in der Klagepatentschrift beschriebenen Lösungs- und Wirkkonzepts – jegliche Zwischenschichten oder ggf. nur Zwischenschichten ganz bestimmter Ausgestaltung und Konstitution (z.B. Grenzflächenoxid als Folge der Anwendung des ALD-Verfahrens) unschädlich, während anders konstituierte Zwischen-schichten (z.B. thermisch aufgewachsene Siliziumoxidschichten) dazu führen, dass sich die vom Klagepatent beabsichtigten Wirkmechanismen nicht mehr in einem für die praktischen Zwecke relevanten Umfang einstellen und deshalb aus fachmännischer Sicht zu unterbleiben haben?
45Wenn dem so ist: Was sind die entscheidenden Differenzierungskrite-rien?
46In diesem Zusammenhang mag der Sachverständige zu folgenden möglichen Überlegungen Stellung nehmen:
47(1) Geht das Klagepatent davon aus, dass es im Rahmen eines – ausweislich des Abs. [0015] für die Zwecke und die Ausführung der Erfindung zugelassenen – ALD-Verfahrens zur Bildung einer Siliziumdioxid-Zwischenschicht kommen kann und darf?
48Ergibt sich dies insbesondere aus folgender Überlegung?
49Die Bildung einer Siliziumdioxid-Zwischenschicht stellt den Ausgangspunkt der Überlegungen von R. e. a. in der in Abs. [0043] der Klagepatentbeschreibung erwähnten Veröffentlichung dar. Die Autoren versuchen, über eine ALD ohne den Einsatz der sonst üblichen Sauerstoffquellen scharfe Silizium-Metalloxid-Grenzflächen ohne Siliziumoxid-Zwischenschicht zu erzeugen (vgl. Anlage K 21a, S. 1, Sp. 2 und 3 sowie S. 3, Sp. 1). Diesen auf eine Vermeidung einer Siliziumdioxid-Zwischenschicht ausgerichteten Ansatz einer „thermischen ALD“ beschreibt das Klagepatent jedoch lediglich als eine Alternative, woraus der Fachmann den Schluss ziehen muss, dass es dem Klagepatent gerade nicht um die Vermeidung einer solchen Siliziumdioxid-Zwischenschicht geht.
50Dass dem so ist, verdeutlicht dem Fachmann der in Abs. [0009] erwähnte Aufsatz von H. e. a. Zwar findet dort eine Siliziumdioxid-Zwischenschicht keine ausdrückliche Erwähnung. Allerdings verweist die Schrift auf zwei Vorveröffentlichungen, in denen die Entstehung einer solchen Zwischenschicht beschrieben wird. Zum einen geht ein Aufsatz von A. e. a. (vgl. Anlagen K 20/K 20a) von der Entstehung eines Übergangsbereichs mit Siliziumdioxid aus, spricht jedoch gleichwohl von einer „Al2O3/Si“-Grenzfläche (vgl. Anlage K 20, S. 3440 letzter Abs. bis S. 3442 oben, Ziff. 2), zum anderen wird in einem Aufsatz von H. aus dem Jahr 2006 (vgl. Anlage K 19a) über eine Oxidschicht zwischen dem Siliziumsubstrat und dem Al2O3 mit einer Dicke von rund 1,5 nm berichtet, die als Resultat des Abscheideprozesses beobachtet wurde (vgl. Anlage K 19a, S. 2, S. 2 sowie Fig. 3). Auch wenn es sich weder bei „H. 2006“ noch bei A. um unmittelbar in der Klagepatentbeschreibung gewürdigten Stand der Technik handelt, knüpft der in Abs. [0009] genannte Aufsatz „H. 2007“ an das dort offenbarte Fachwissen an, weshalb der Fachmann die besagten Schriften im Rahmen seiner Überlegungen berücksichtigen wird.
51Der bei der Auslegung des Klagepatents zu berücksichtigende Stand der Technik führt den Fachmann daher zu der Erkenntnis, dass das in der Patentbeschreibung als Möglichkeit zur Aufbringung der Al2O3-Schicht beschriebene ALD-Verfahren - zumindest - zur Ausbildung einer Siliziumdioxid-Zwischenschicht führen kann.
52Konkrete Hinweise darauf, dass es eine solche Schicht für die Zwecke der Erfindung zu vermeiden oder zumindest vor Fertigstellung des Produktes wieder zu beseitigen gilt, sucht der Fachmann vergebens.
53Soweit Abs. [0020] die Reinigung der Substratoberfläche vor dem Abscheiden der ersten Dielektrikumschicht zur Vermeidung von Verschmutzungen thematisiert, handelt es sich lediglich um eine Option („kann die Oberfläche gründlich gereinigt werden“), ohne dass sich daraus auf die zwingende Notwendigkeit eines unmittelbaren Kontakts zwischen erster und zweiter Schicht schließen ließe.
Unerheblich ist genauso der in Abs. [0039] zu findende Hinweis auf die Aufbringung der aluminiumoxidhaltigen Verbindung in einer evakuierten Beschichtungskammer. Zwar fehlt es bei einem solchen Vorgehen an dem für eine Oxidation erforderlichen Sauerstoff. Den Einsatz einer Evakuierungskammer erwähnt das Klagepatent jedoch allein im Zusammenhang mit der Erläuterung des bevorzugten Ausführungsbeispiels, das grundsätzlich keine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs erlaubt.
Ist dem zuzustimmen, so dass die Klagepatentbeschreibung den Fachmann nach allem zu dem Schluss führt, dass jedenfalls eine Siliziumdioxid-Zwischenschicht, wie sie im Rahmen des ALD-Verfahrens entstehen kann, unschädlich ist und nicht aus dem Schutzbereich herausführt? Kann es deswegen für die Anordnung der ersten Dielektrikumschicht auf der Oberfläche des Siliziumsubstrats weder eines direkten Kontaktes beider Schichten noch eines Aufliegens beider Schichten aufeinander bedürfen?
58(2) Abgesehen von einer Zwischenschicht, die als Folge eines nach der Klagepatentschrift zugelassenen Herstellungsverfahrens (ALD) entstehen kann, wird der Durchschnittsfachmann bei der gebotenen funktionsorientierten Betrachtung grundsätzlich keinen Grund haben, eine solche Zwischenschicht (ggf. bestimmter Konstitution) als schädlich zu betrachten, die den oben geschilderten synergistischen Wirkmechanismus der Erfindung nicht schädlich beeinträchtigt. Es wären daher solche Zwischenschichten zugelassen, die weder die passivierende Wirkung der ersten aluminiumoxidhaltigen Dielektrikumschicht über ein elektrisches Feld ausschalten, noch verhindern, dass ein genügender Teil des Wasserstoffs in der zweiten Dielektrikumschicht durch die dünne Aluminiumoxidschicht der ersten Dielektrikumschicht diffundieren und an der Grenzfläche zum Silizium unabgesättigte Siliziumbindungen passivieren kann.
59(3) Was unterscheidet eine patentgemäß zugelassene von einer patentgemäß unzulässigen Siliziumoxid-Zwischenschicht?
60c) Wie versteht der Durchschnittsfachmann des Prioritätstages die Anweisung des Klagepatents, dass die erste Dielektrikumschicht „Aluminiumoxid“ „aufweisen“ soll?
61Was zeichnet das verlangte „Aluminiumoxid“ aus und warum kommt es darauf an, dass in der ersten Dielektrikumschicht eine Aluminiumoxid – und keine andere chemische, auch Aluminium-, Verbindung – enthalten ist?
62In welcher Menge muss das Aluminiumoxid vorhanden sein, damit sich der ihm patentgemäß zugedachte technische Erfolg in einem für die praktischen Zwecke relevanten Umfang einstellen kann?
63Anmerkung:
64Der Begriff „aufweisen“ belehrt den Fachmann üblicherweise darüber, dass die fragliche Komponente nur enthalten sein muss, was anderweitige Inhaltsstoffe nicht ausschließt. Funktionsorientiert ist sich der Fachmann aber darüber im Klaren, dass nicht schon geringste Mengen des geforderten Stoffes genügen, wenn sich der dem Inhaltsstoff zugedachte technische Effekt nur ab einer bestimmten Mindestmenge in irgendwie praktisch relevanter Weise einstellen kann. Ist dem so, muss der betreffende Stoff zumindest in einer Menge vorhanden sein, dass sich die patentgemäße Wirkung dank seiner Anwesenheit in einem für die praktischen Zwecke spürbaren Maße einstellen kann.
65B.
66Der mutmaßliche Verletzungstatbestand:
67Verwirklichen die Solarzellen der Produktreihe „E.“ (angegriffene Ausführungsformen), deren nähere Einzelheiten sich aus den Anlagen K7, K10 ergeben, die technische Lehre von Patentanspruch 1 des Klagepatents, d.h. sämtliche Merkmale 1. bis 4.1 der obigen Merkmalsanalyse?
68Sollte der Sachverständige, um eindeutige Erkenntnisse zu gewinnen, die wechselseitigen privatgutachterlichen Stellungnahmen nicht für ausreichend und stattdessen eine eigene Untersuchung von Mustern der angegriffenen Ausführungsformen für erforderlich halten, so kann das Gericht solche bei der Klägerin anfordern.
69III.
70Die unparteiliche Stellung des Sachverständigen erfordert es, dass er jede einseitige Kontaktaufnahme mit den Parteien und ihren Vertretern unbedingt unterlässt. Sollte der Sachverständige weitere Informationen, Unterlagen oder Untersuchungsmuster benötigen, so sind diese über das Gericht anzufordern.
71Im Rahmen seiner Ausführungen soll der Sachverständige das gesamte Vorbringen der Parteien berücksichtigen und in angemessener Weise darauf eingehen.
72IV.
73Das Sachverständigengutachten wird nur eingeholt, wenn die Klägerin bei der Zahlstelle des Oberlandesgerichts Düsseldorf einen Auslagenvorschuss einzahlt, dessen Höhe festgesetzt wird, sobald sich der Sachverständige zu den voraussichtlichen Kosten der Begutachtung erklärt hat.
74V.
75Die Parteien erhalten Gelegenheit, dem Senat binnen 4 Wochen nach Zugang dieses Beschlusses geeignete Sachverständige zu benennen. Sie sollten nicht nur über fundierte Kenntnisse auf dem von der Erfindung des Klagepatents betroffenen technischen Fachgebiet verfügen, sondern tunlichst auch Erfahrungen in der Auslegung von Patenten besitzen.
76Prof. Dr. T. K. Dr. F. Dr. S.Vorsitzender Richter Richterin Richteram OLG am OLG am LG