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§ 61f Abs. 2, Abs. 1 EEG 2017 nF, § 61 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 2 EEG 2014; ‚Leitfaden zur Eigenversorgung‘ der Bundesnetzagentur [Juli 2016]
Hat der Letztverbraucher eine Stromerzeugungsanlage bereits vor dem 1.09.2011 als Eigenerzeugungsanlage betrieben und verbraucht er den so erzeugten Strom selbst, handelt es sich um eine (ältere) Bestandsanlage mit der Folge, dass der mit ihr eigenerzeugte Strom nicht umlagepflichtig ist.
Dies gilt unabhängig davon, ob die mit dem erzeugten Strom versorgten Verbrauchsstandorte schon vor dem gesetzlichen Stichtag aus der Eigenerzeugungsanlage versorgt wurden. Wortlaut, Historie, Systematik sowie Sinn und Zweck der Befreiungsregelungen geben keinen Anhalt für eine verbrauchsstandortbezogene Einschränkung. Für die Annahme, dass der Bestandsschutz auf das seinerzeitige Eigenversorgungskonzept beschränkt ist und die nachträgliche Erschließung eines zusätzlichen Verbrauchsstandorts daher vom Bestandsschutz nicht gedeckt sei, ist kein Raum.
Für die Gesetzesauslegung ist der ‚Leitfaden zur Eigenversorgung‘ der Bundesnetzagentur aus Juli 2016 nicht verbindlich, denn er stellt weder eine Festlegung dar, noch hat er den Charakter einer Verwaltungsvorschrift. Es handelt sich vielmehr um eine zusammenfassende Verlautbarung der Regulierungsbehörde, mit der sie ihre Haltung zu bestimmten Themenkomplexen und den davon betroffenen Rechtsfragen bekannt macht.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.08.2022 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (10 O 376/20) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage im Rahmen des bundesweiten Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2014/2017) auf Mitteilung/Abrechnung ihrer umlagepflichtigen Stromumsätze, Testierung dieser Abrechnung und Zahlung der danach geschuldeten EEG-Umlage, bezogen auf die vier Kalenderjahre 2016 bis 2019, in Anspruch.
4Die Klägerin ist Übertragungsnetzbetreiberin und in ihrer Regelzone mit der Abwicklung des Wälzungs- und Ausgleichsmechanismus nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz betraut. Die Beklagte ist ein Wirtschaftsunternehmen, das sich insbesondere der Erzeugung, der Bearbeitung, der Weiterverarbeitung und dem Vertrieb von Eisen und Stahl sowie von sonstigen Metallen widmet. In der Regelzone der Klägerin unterhält sie eine Mehrzahl von Betriebsstandorten, an denen sie jeweils als Letztverbraucher Strom verbraucht. An einem Teil dieser Verbrauchsstandorte betreibt die Beklagte zugleich auch eigene Stromerzeugungsanlagen, sogenannte „Kuppelgaskraftwerke“. Die Stromerzeugung erfolgt hier dadurch, dass zur CO2-Reduzierung das in der Kokerei anfallende Koksgas und das im Hochofen anfallende Hochofengas den Stromerzeugungsanlagen zugeführt und dort verbrannt werden. Die Inbetriebnahme der Kuppelgaskraftwerke erfolgte vor dem 01.09.2011. Der Verbrauch des so erzeugten Stroms erfolgt durch die Beklagte standortübergreifend und auch an solchen Standorten, die sie erstmals nach dem 01.08.2014 mit eigenerzeugtem Strom aus den Kuppelgaskraftwerken versorgt hat.
5Zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Verpflichtungen nach dem EEG bediente sich die Beklagte der S. GmbH (S.). Diese gab im Zuge ihrer eigenen Mitwirkung am EEG-Belastungsausgleich an, dass in den von ihr mitgeteilten/abgerechneten Gesamtstrommengen jeweils auch umlagepflichtige Stromumsätze der Beklagten mit eingerechnet worden seien und dass sie, die S., die auf diese inkludierten Strommengen entfallende EEG-Umlage insoweit im Wege einer Zahlung auf fremde Schuld im Sinne von § 267 BGB mit erfülle. Die von der S. für die Jahre 2016 bis 2019 abgegebenen Meldungen der umlagepflichtigen Strommengen gemäß §§ 74, 74a EEG 2017 (Anl. K 3 bis K 6) enthielten jeweils den Hinweis, dass gemäß eines Prüfungsvermerks der S. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Gesellschaft (d.h. die Beklagte) in dem betreffenden Kalenderjahr Stromverbräuche in nicht unbedeutender Höhe in Verbrauchseinrichtungen an anderen Standorten, die vor dem 01.08.2014 nicht aus den als Eigenerzeuger betriebenen bestandsgeschützten Stromerzeugungsanlagen versorgt worden seien, nicht in die Aufstellung nach § 74a Abs. 2 EEG 2017 einbezogen habe und dass diese Vorgehensweise nicht im Einklang mit dem Leitfaden zur Eigenversorgung der Bundesnetzagentur, Juli 2016 (abrufbar unter: www.bundesnetzagentur.de/eigenversorgung), Seite 104, stehe.
6Die Klägerin hält die Vorgehensweise der Beklagten für rechtswidrig. Sie hat geltend gemacht, die Befreiung von (älteren) Bestandsanlagen von der EEG-Umlagepflicht gemäß §§ 61c, 61d EEG 2017 aF/§§ 61e, 61f EEG 2017 nF beschränke sich entsprechend der Auslegung der Bundesnetzagentur in ihrem Leitfaden zur Eigenversorgung auf den Selbstverbrauch an Standorten, die bereits vor dem jeweiligen Stichtag 01.08.2014 bzw. 01.09.2011 mit eigenerzeugtem Strom versorgt worden seien. Geschützt sei nur ein bereits umgesetztes Eigenerzeugungskonzept, nicht jedoch eine nach dem jeweiligen Stichtag getroffene unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die bislang mit den Erzeugungsmengen aus ihren Kraftwerken bedienten stromverbrauchenden Prozesse nunmehr an andere Betriebsstandorte zu verlagern bzw. statt einer Fortsetzung der herkömmlichen Versorgungsaufgabe zukünftig sonstige elektrische Anlagen an anderen Verbrauchsstätten aus ihren Kraftwerken zu versorgen. Die Beklagte sei daher auf der ersten Stufe verpflichtet, ihr – der Klägerin – eine Mitteilung/Abrechnung mit der Angabe derjenigen umlagepflichtigen Strommengen vorzulegen, die sie in den Kalenderjahren 2016 bis 2019 jeweils in ihrer Regelzone verbraucht und weder von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert bekommen noch im Rahmen einer gesetzmäßigen Eigenversorgung umgesetzt habe, einschließlich der von ihr verbrauchten Strommengen an Standorten, die vor dem 01.08.2014 nicht aus einer von ihr als Eigenerzeuger betriebenen Stromerzeugungsanlage versorgt worden seien. Die Angaben seien von einem Wirtschaftsprüfer zu testieren und die Beklagte habe auf der zweiten Stufe für die sich aus den Auskünften ergebenden Strommengen die jeweils gesetzliche EEG-Umlage an sie, die Klägerin, zu zahlen.
7Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei bereits unzulässig, soweit die Klägerin auf der ersten Stufe die Vorlage von Testaten begehre. Außerdem seien die Klageanträge zu unbestimmt, soweit darin auf die „gesetzmäßige Eigenversorgung“ abgestellt werde. Jedenfalls habe sie, die Beklagte, durch die S. sämtliche umlagepflichtigen Stromverbräuche gem. § 74a EEG 2017 angegeben. Der Gesetzgeber habe für die (älteren) Bestandsanlagen die nach dem EEG 2009 bzw. EEG 2012 bestehende Rechtslage fortgeschrieben. Danach seien die hier in Rede stehenden Stromverbräuche unabhängig von dem jeweiligen Standort EEG-umlagenfrei gewesen.
8Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
9Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zwar zulässig, insbesondere seien die Klageanträge hinreichend bestimmt. Sie sei aber insgesamt unbegründet. Hinsichtlich der in Rede stehenden Strommengen bestünden weder eine Mitteilungspflicht nach §§ 74, 74a EEG 2017, noch eine Testierpflicht nach § 75 EEG 2017 oder eine Leistungspflicht nach §§ 60 Abs. 1, 61 Abs. 1 EEG 2017. Vielmehr seien diese Strommengen gem. § 61f Abs. 1 EEG 2017 EEG-umlagefrei, und zwar unabhängig davon, ob die Verbrauchsstandorte schon vor den gesetzlichen Stichtagen des 01.09.2011 bzw. des 01.08.2014 mit dem EEG-umlagefreien Eigenstrom aus den bestandsgeschützten Stromerzeugungsanlagen versorgt worden seien. Sowohl der Wortlaut und die Gesetzessystematik, als auch der Sinn und Zweck der Bestandsschutzregelungen sprächen gegen die von der Klägerin und der Bundesnetzagentur vertretene Auslegungsweise. Auch die Gesetzesbegründung gebe eine Einschränkung auf bereits vor dem Stichtag versorgte Standorte nicht her. Eine solche scheide schließlich auch aus verfassungsrechtlichen Gründen aus. Etwaige Besonderheiten des Falles würden keine abweichende Auslegung gebieten. Es spiele keine Rolle, dass sich die Investitionsentscheidungen der Beklagten auf längst vergangene Zeiträume bezögen. Ebenso sei unerheblich, ob die Bedarfsdeckung in den neuen Verbrauchsstandorten bei Eintritt des gesetzlichen Stichtages bereits absehbar gewesen sei. Entscheidend sei vielmehr, dass der Eigenversorger davon ausgegangen sei, den Verbrauchsstandort auch in Zukunft frei bestimmen zu können.
10Da mangels EEG-Umlagepflicht der im Streit stehenden Strommengen auch keine Leistungsansprüche der Klägerin in Betracht kämen, sei die Klage nicht nur auf der ersten Stufe, sondern insgesamt abzuweisen.
11Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiterverfolgt. Sie macht geltend, zu Unrecht unterstelle das Landgericht, dass das seitens der Bundesnetzagentur und ihrerseits vertretene Normverständnis der §§ 61e, 61f EEG 2017 nF letztlich einem Verbot von Standortverlagerungen gleichkäme, was mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit gemäß Art. 12, 14 GG nicht vereinbar sei. In dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis sei grundsätzlich auch im Fall einer Selbstversorgung jede letztverbrauchte Kilowattstunde Strom mit der vollen EEG-Umlage belastet, während nur ausnahmsweise ein Entfallen oder eine Verringerung der EEG-Umlage in Betracht komme. Da Eigenversorgung definitionsgemäß Standortidentität von Eigenerzeugung und Selbstverbrauch erfordere, sei die Privilegierungsschädlichkeit einer nachträglichen Verlagerung des Verbrauchsstandorts, wie sie hier in Bezug auf § 61f EEG 2017 nF in Streit stehe, jedenfalls in dem parallelen Kontext der §§ 61a bis 61d EEG 2017 nF unzweifelhaft gegeben. Bereits der Gesetzgeber des EEG 2014 habe in den einschlägigen Passagen der amtlichen Gesetzesbegründung die Verhältnismäßigkeit einer EEG-Umlage-Belastung für (auch angestammte) Selbstversorger – und damit die Vereinbarkeit der betreffenden gesetzlichen Regelungen mit dem Grundrechtsschutz – ebenso ausführlich wie zutreffend begründet. Einen unverhältnismäßigen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 12, 14 GG stelle die Anforderung einer Standorttreue – sei es im Kontext der §§ 61a bis 61d EEG 2017 nF, sei es im Kontext des § 61f EEG 2017 nF – umso weniger dar, als einem angestammten Selbstversorger wie der Beklagten weiterhin die Wahl bleibe, in freier unternehmerischer Entscheidung und unter Abwägung der jeweiligen wirtschaftlichen Vor- und Nachteile eine nachträgliche Verlagerung seiner Verbrauchsstandorte entweder – unter Inkaufnahme der regulären EEG-Umlage – vorzunehmen oder aber davon abzusehen. Das Landgericht offenbare grundlegende Verständnislücken von den Hintergründen der streitentscheidenden Gesetzesbestimmungen, indem es die begriffliche Differenzierung zwischen einer bloßen „Eigenerzeugung“ im Sinne von §§ 61e, 61f EEG 2017 nF einerseits und einer definitionsgemäßen „Eigenversorgung“ im Sinne von §§ 3 Nr. 19, 61a bis 61d EEG 2017 nF andererseits, wie sie von der Bundesnetzagentur in ihrem Leitfaden zur Eigenversorgung zu Recht vorgenommen werde, für überflüssig halte. Tatsächlich beschreibe der Rechtsbegriff des Bestandsschutzes lediglich diejenige Grenze, die der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dem Staat bei hoheitlichen Eingriffen in eine durch Art. 12 oder Art. 14 GG geschützte Rechtsposition setze. Auch der Bundesgerichtshof habe unlängst in konkretem Bezug auf die wiederholten EEG-Novellen eigens hervorgehoben, dass nur ein solches Vertrauen in die Fortgeltung einer spezifischen Gesetzesfassung schutzwürdig sei, welches bereits aktiv betätigt worden sei und entsprechende Vertrauensinvestitionen des Rechtsunterworfenen ausgelöst habe.
12Das Landgericht verkenne schon im Tatsächlichen, dass mit einer nachträglichen Einbeziehung neuer Verbrauchsstandorte in das jeweilige Eigenerzeugungskonzept zugleich dasjenige alternative Versorgungsszenario verhindert werde, wonach der Strombedarf an diesen neuen Verbrauchsstandorten stattdessen
13• entweder durch mit der EEG-Umlage belastete Stromlieferungen eines externen Anbieters (§ 60 Abs. 1 Satz 1 EEG 2017)
14• oder durch eine mit der EEG-Umlage belastete Selbstversorgung aus einer neu errichteten Selbstversorgungsanlage (§ 61 Abs. 1 EEG 2017)
15gedeckt werden würde. Die vom Landgericht befürwortete Ausdehnung des vermeintlichen „Bestands“-Schutzes auf neu etablierte Verbrauchsstandorte sei dazu geeignet,
16• das dortige bislang, das heißt auch noch nach Verstreichen des gesetzlichen Stichtags zum 01.09.2011/01.08.2014 anfallende EEG-Umlage-Aufkommen nunmehr nachträglich zu verkürzen beziehungsweise
17• den dort nach Verstreichen des gesetzlichen Stichtags zum 01.09.2011/01.08.2014 erstmals auftretenden Letztverbrauch von vornherein aus dem EEG-Finanzierungssystem nach dem EEG 2017 herauszulösen.
18Dies sei mit den (wahren) Zielen, die der Gesetzgeber durch die Erstreckung der EEG-Umlage-Pflicht auf die Selbstversorgungskonstellationen erklärtermaßen verfolgt habe, schlechterdings nicht zu vereinbaren, denn keineswegs stelle die beabsichtigte Eindämmung einer unsolidarischen „Flucht in die Eigenversorgung“ einen teleologischen Selbstzweck dar, vielmehr sei dem Gesetzgeber insoweit erstens darum zu tun, eine möglichst breite Umlagebasis für die EEG-Finanzierungskosten zu schaffen, um solchermaßen die Vielzahl kleinerer Haushalts-/Gewerbe-Verbraucher, für die sich eigene Kraftwerksanlagen weniger rentieren als für industrielle Großverbraucher, nicht zu diskriminieren. Dies halte der Gesetzgeber für umso bedeutsamer, als erst hierdurch die Akzeptanz des EEG-Förder-Systems in der breiten Bevölkerung aufrechterhalten werden könne. Zweitens bezwecke der Gesetzgeber einen Schutz des Wettbewerbs auf dem Absatzmarkt für Strom, der durch den Kostenvorteil der EEG-Umlage-privilegierten Eigenerzeugung jedoch verfälscht und zulasten der konkurrierenden externen Anbieter beeinträchtigt werde. Den freien und unverfälschten Wettbewerb gefährde die Eigenerzeugungs-Privilegierung drittens auch insofern, als dem Eigenerzeuger in seinem Geschäftsfeld die Ersparnis der EEG-Umlage einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffe, die nicht von derselben gesetzlichen Privilegierung profitieren könnten. Demgegenüber trete das gegenläufige wirtschaftliche Interesse, die bereits bestehenden Eigenerzeugungs-Anlagen weiterhin zu nutzen, zwar nicht gänzlich zurück, es beschränke sich aber erklärtermaßen auf dasjenige erforderliche Maß, das durch den unabdingbaren verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz vorgegeben werde. Zum einen sei es ein Trugschluss, dass ein Weiterbetrieb bestehender Eigenerzeugungs-Anlagen ausschließlich dann in Betracht käme, wenn neu hinzukommende Verbrauchsstandorte ihrerseits in den „Bestands“-Schutz nach § 61f EEG 2017 nF mit einbezogen würden. Zum anderen werde dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz bereits dadurch in ausreichendem Maße Rechnung getragen, dass nur und gerade dasjenige Vertrauen geschützt werde, welches vor dem Stichtag der einschlägigen Gesetzesverschärfung zum 01.09.2011/01.08.2014 bereits aktiv betätigt worden sei, und dass daher nur und gerade diejenige Eigenerzeugungs- und Selbstverbrauchs-Praxis umlagebefreit bleibe, die gegenständlich und örtlich bereits vor dem besagten Stichtag verwirklicht gewesen sei.
19Zu Unrecht unterstelle das Landgericht, dass der Gesetzgeber des EEG 2017 auf die hier streitgegenständlichen Passagen aus dem Leitfaden zur Eigenversorgung der Bundesnetzagentur keinen konkreten Bezug genommen hätte. Im Kontext des neuen Privilegierungs-Tatbestandes gemäß § 61h EEG 2017 nF habe der Gesetzgeber sich durch die wörtliche Übernahme in seine Gesetzesbegründung eben diejenigen Aussagen zu Eigen gemacht, welche die Bundesnetzagentur gerade auf die klassischen Privilegierungstatbestände für (ältere) Bestandsanlagen im Sinne von §§ 61e, 61f n. F. EEG 2017 gemünzt gehabt habe, und zwar ohne jeglichen Hinweis, dass diese Aussagen in ihrem originären Kontext verfehlt gewesen wären. Der Gesetzgeber des EEG 2017 habe den veröffentlichten Leitfaden zur Eigenversorgung der Bundesnetzagentur vom Juli 2016 bereits vorgefunden, also insbesondere unter Einschluss derjenigen Passagen, wonach der Privilegierungstatbestand für (ältere) Bestandsanlagen jedenfalls dort seine normzweckgemäße Grenze finde, wo nach Verstreichen des gesetzlichen Vertrauensschutz-Stichtages noch nachträglich gänzlich neue Verbrauchsstandorte erstmals in das Eigenerzeugungskonzept einbezogen würden. Dabei habe der Gesetzgeber in Ansehung von § 75 Satz 3 Nr. 3 i.V.m. § 85 EEG 2014 davon ausgehen dürfen und müssen, dass die zwischenzeitliche Praxis de facto bereits durch eben diesen aufsichtsbehördlichen Rechtsstandpunkt geprägt worden sei, und vor diesem Hintergrund in der amtlichen Gesetzesbegründung Folgendes formuliert: „Zudem wurde die Novellierung zum Anlass genommen, die durch die BNetzA in ihrem zwischenzeitlich veröffentlichten Leitfaden zur Eigenversorgung herausgearbeitete Praxis durch entsprechende Klarstellungen im Gesetzeswortlaut weitestgehend zu spiegeln. Das bisherige Begriffsverständnis der Eigenerzeugung, Eigenversorgung und des sonstigen Letztverbrauchs wurde dabei nicht angetastet.“ (BT-Drs. 18/10209, 111). Damit habe er die Sichtweise der Bundesnetzagentur gerade als zutreffend und maßgeblich bestätigt.
20Das maßgebliche Definitionsmerkmal einer „älteren Bestandsanlage“ nach § 61f EEG 2017 nF bestehe in einer spezifischen Betriebs-/Nutzungsweise der Anlage in bestandschutzrelevanter Zeit („unter Einhaltung der Anforderungen des Absatzes 1“), wobei es sich hierbei wortlautkonform um eine „soweit“-ige, das heißt um eine gegebenenfalls auch nur anteilige Nutzungsweise handeln könne. Der maßgebliche Betrachtungszeitraum für diese (möglicherweise anteilige) Qualifizierung als ältere Bestandsanlage sei dabei derjenige vor dem Stichtag der Gesetzesänderung zum 01.09.2011. Bereits in diesem Altzeitraum müsse die Stromerzeugungsanlage in einer spezifischen Weise – und zwar konkret „unter Einhaltung der Anforderungen des Absatzes 1 [Nummer 2]“ – betrieben worden sein, um daraufhin nur und gerade in-„soweit“ als ältere Bestandsanlage gelten zu können. Bezogen allein auf den Jetzt-Zeitpunkt der aktuellen EEG-Umlage-Erhebung wäre das Tatbestandsmerkmal gemäß § 61f Abs. 1 Nr. 2 EEG 2017 nF („soweit der Letztverbraucher den Strom selbst verbraucht“) überflüssig, denn die nicht-selbstverbrauchten und vielmehr personenübergreifend gelieferten Strommengen seien aktuell gemäß § 60 EEG 2017 ohnehin bereits mit der (vollen) EEG-Umlage belastet, ohne dass hieran §§ 61 Abs. 2 Satz 1, 61f EEG 2017 nF – mit ihrer ausschließlichen Inbezugnahme von § 61 Abs. 1 EEG 2017 – etwas zu ändern vermöchten. Deswegen könne sich hierin seine Bedeutung auch nicht sinnvollerweise erschöpfen. Allein schon in Gestalt desjenigen Stroms, den jede beliebige Stromerzeugungsanlage aus der Zeit vor dem 01.09.2011 während des laufenden Betriebs in ihren eigenen elektrischen Bauteilen unvermeidbar verbrauche (sogenannter Kraftwerkseigenverbrauch), habe seit jeher ein anteiliger Selbstverbrauch des eigenerzeugten Stroms schon notwendigerweise und in ausnahmslos allen Konstellationen vorgelegen. In gewissem Umfang komme also jedwedes Kraftwerk aus der Zeit vor dem 01.09.2011 als ältere Bestandsanlage in Betracht. Wenn auch bei nachträglichem Beginn einer Selbstversorgung an bislang nicht-selbstversorgten Verbrauchsstandorten die EEG-Umlage-Befreiung nach § 61f EEG 2017 nF eingreifen würde, könnte ausnahmslos jeder Kraftwerksbetreiber aus der Zeit vor dem 01.09.2011 unter Berufung auf den angestammten Kraftwerkseigenverbrauch noch nachträglich von einer bislang praktizierten EEG-Umlage-pflichtigen Fremdvermarktung stattdessen zu einer – bezüglich der Netto-Stromerzeugung erstmals aufgenommenen – EEG-Umlage-befreiten Selbstversorgung wechseln. Dies hätte mit dem vom Gesetzgeber intendierten reinen „Bestand“-Schutz jedoch nichts mehr zu tun.
21Klammere man die inkonsistenten Argumentationsansätze des Landgerichts jeweils gedanklich aus, eröffne sich ein unverstellter Blick auf die Streitsache wie folgt: Der Wortlaut des § 61f EEG 2017 nF erlaube (unter anderem) eine dahingehende Lesart, dass die EEG-Umlage-Befreiung nur in-„soweit“ eingreife, als die betreffende Stromerzeugungsanlage auch bereits vor dem Stichtag zum 01.09.2011 „unter Einhaltung der Anforderungen des Absatzes 1 [Nummer 2]“ betrieben worden sei und mithin nur in-„soweit“, als es sich um den seinerzeit bereits praktizierten nämlichen (gegenständlichen und örtlichen) Selbstverbrauch handele. Dass daneben auch Sinn und Zweck, die gesetzessystematischen Zusammenhänge sowie die Gesetzesbegründungen maßgebliche Auslegungsgesichtspunkte zur Ermittlung des zutreffenden Normverständnisses lieferten, erkenne im Grundsatz auch das Landgericht an, es blende diesbezüglich allerdings gleich mehrere entscheidungserhebliche Aspekte ungerechtfertigterweise aus: So seien nach den anerkannten rechtsmethodischen Grundsätzen Ausnahmebestimmungen als solche eng auszulegen, und im Zweifel sei vorrangig der gesetzliche Regeltatbestand zur Anwendung zu bringen. Der Gesetzgeber des EEG 2017 habe jedoch unmissverständlich deutlich gemacht, dass der Anfall der (vollen) EEG-Umlage den gesetzlichen Regelfall darstelle (§§ 60 Abs. 1 Satz 1, 61 Abs. 1 EEG 2017), dass hingegen eine Privilegierung für die Fälle einer Selbstversorgung schon nur ausnahmsweise eingreifen solle (§ 61 Abs. 2 EEG 2017) und dass hierbei eine Privilegierung trotz standortübergreifender Verwendung des Eigenstroms (d. h. ohne Einhaltung der Voraussetzungen einer definitionsgemäßen Eigenversorgung, § 3 Nr. 19 EEG 2017) schließlich nur höchst ausnahmsweise in Betracht kommen könne. Aus teleologischer Sicht beruhe eben dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten einer im Zweifel – und zwar auch in den Fällen einer Selbstversorgung – eingreifenden EEG-Umlage-Belastung auf stichhaltigen, vom Gesetzgeber in den jüngeren Gesetzesbegründungen des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes ausführlich dargelegten Gründen, nämlich dem Erreichen einer möglichst breiten – dadurch diskriminierungsfreien und die Akzeptanz der Energiewende gewährleistenden – finanziellen Umlagebasis, dem Schutz des Wettbewerbs auf dem Stromanbietermarkt sowie der Förderung gleicher Marktchancen sowohl für selbstversorgende als auch für strombeziehende Wirtschaftsunternehmen. Unverständlicherweise habe sich das Landgericht mit diesen übergeordneten und am Gemeinwohl ausgerichteten Normzwecken, die dem gegenläufigen Partikularinteresse des jeweiligen Eigenerzeugers entgegenstünden und ihm unter Wertungsgesichtspunkten eine notwendige Grenze setzten, in der angegriffenen Entscheidung an keiner Stelle auseinandergesetzt, sondern sich einseitig auf den Aspekt der unternehmerischen Betätigungsfreiheit kapriziert und insoweit unterstellt, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz aus Gründen des Bestandsschutzes zukünftige Standortwechsel eines Wirtschaftsbetriebes unter keinen Umständen ausschließen oder durch höhere EEG-Umlage-Kosten auch nur erschweren dürfe.
22Die Klägerin beantragt,
23unter Abänderung des am 31.08.2022 verkündeten Urteils des Landgerichts Duisburg (10 O 376/20)
241. die Beklagte zu verurteilen, jeweils
25a) ihr, der Klägerin, eine Mitteilung/Abrechnung mit der Angabe derjenigen umlagepflichtigen Strommengen in Kilowattstunden (kWh) vorzulegen, welche sie – die Beklagte – in den einzelnen Kalenderjahren 2016, 2017, 2018 und 2019 jeweils in der Regelzone der Klägerin verbraucht und weder von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert bekommen noch im Rahmen einer gesetzmäßigen Eigenversorgung umgesetzt hat, – und zwar einschließlich der durch sie an solchen Standorten in der Regelzone der Klägerin, die vor dem 01.08.2014 nicht aus einer von ihr als Eigenerzeuger betriebenen Stromerzeugungsanlage versorgt worden sind, verbrauchten und nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen gelieferten Strommengen – soweit diese Strommengen jeweils nicht bereits in den von der S. für das Kalenderjahr 2016 abgerechneten …. kWh aus dem Prüfungsvermerk der O. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 20.06.2017, für das Kalenderjahr 2017 abgerechneten … kWh aus dem Prüfungsvermerk der O. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 08.06.2018, für das Kalenderjahr 2018 abgerechneten … kWh aus dem Prüfungsvermerk der O. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 06.06.2019 und für das Kalenderjahr 2019 abgerechneten … kWh aus dem Prüfungsvermerk der O. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 28.06.2020 enthalten sind, und
26b) ihr, der Klägerin, eine Prüfbescheinigung eines Wirtschaftsprüfers, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eines genossenschaftlichen Prüfverbands, eines vereidigten Buchprüfers oder einer Buchprüfungsgesellschaft vorzulegen, in welcher die Angaben gemäß dem vorstehenden Antrag zu 1) a) testiert werden, sowie
272. den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung sowohl über die Klageanträge zu 2) a) bis 2) d) gemäß den Schriftsätzen vom 23.12.2020 und 06.05.2021, als auch über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.
28Die Beklagte beantragt,
29die Berufung zurückzuweisen.
30Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend, die Klägerin missachte die Unterscheidung zwischen bestandsgeschützten Altanlagen (Bestandsanlagen) und Neuanlagen, die erstmalig nach Inkrafttreten des EEG 2014 zur Eigenversorgung genutzt worden seien, wenn sie vielfach aus Zitaten der Gesetzesbegründungen für Neuanlagen Schlussfolgerungen für bestandsgeschützte Altanlagen abzuleiten versuche. Für Neuanlagen (ab dem 01.08.2014) gelte eine versorgungsbezogene Definition, während für Bestandsanlagen die anlagenbezogene Bewertung fortgelte. In den Bestandsschutzregelungen der §§ 61e und 61f EEG 2017 nF, die die früheren Regelungen der § 61 Abs. 3 und Abs. 4 EEG 2014 und §§ 61c, 61d EEG 2017 aF grundsätzlich fortschrieben, werde der Begriff der „Bestandsanlagen“ als Begriffspaar immer mit dem anlagebezogenen Begriff der „Eigenerzeugung“ – und nicht mit dem versorgungsbezogenen Begriff der „Eigenversorgung“ verwendet. Da die streitgegenständlichen Bestandsanlagen alle bereits vor dem 01.09.2011 durch sie als Eigenerzeugerin betrieben worden seien, stehe außer Frage, dass der Prüfmaßstab einer „Eigenversorgung“, der gemäß der Gesetzesbegründung zum EEG 2014 erst für Neuanlagen ab dem 01.08.2014 gegolten habe, hier keine Bedeutung haben könne. Prüfungsmaßstab seien zwingend die Regelungen einer bestandsgeschützten Eigenerzeugung, im EEG 2017 für ältere Bestandsanlagen in § 61f EEG 2017 nF geregelt. Zutreffend habe das Landgericht Duisburg begründet, dass es keine Gründe gebe, die geeignet seien, die Regelung des § 61f EEG 2017 nF über den Gesetzeswortlaut hinaus einzuschränken.
31Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
32II.
33Die zulässige Berufung hat, wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung eingehend erörtert, in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen, weil der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen. Für die in Rede stehenden Strommengen, die von der Beklagten in ihren Kuppelgaskraftwerken erzeugt und von ihr selbst verbraucht worden sind, ist eine EEG-Umlage (§ 61 Abs. 1 EEG 2014/EEG 2017) gemäß § 61d EEG 2017 aF/§ 61f EEG 2017 nF bzw. § 61 Abs. 3 i.V.m Abs. 4 EEG 2014 nicht zu zahlen, weil insoweit der Vertrauensschutz für ältere Bestandsanlagen eingreift, unabhängig davon, ob der Standort, an dem der Eigenverbrauch stattfindet, schon vor dem gesetzlichen Stichtag mit von der Beklagten erzeugtem Strom aus diesen Stromerzeugungsanlagen versorgt worden ist. Wenn – wie hier - bereits der Leistungsantrag dem Grunde nach nicht besteht, ist das Gericht nicht gehalten, vorab durch Teilurteil über den Auskunftsanspruch zu entscheiden (vgl. BGH, Versäumnisurt. v. 28.11.2001 - VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, 1044; MüKoZPO/Becker-Eberhard, 6. Aufl. 2020, § 254 Rn. 20).
34Die Zulässigkeit der Klage und insbesondere die hinreichende Bestimmtheit der Klageanträge hat das Landgericht zutreffend bejaht. Dies wird in der Berufungsinstanz nicht angegriffen. Auch dass die Klägerin bereits auf der ersten Klagestufe die Vorlage einer Prüfbescheinigung gem. § 75 S. 2 EEG 2017 verlangt, begegnet entgegen der erstinstanzlichen Rüge der Beklagten keinen Bedenken, denn der Anspruch hängt im Falle der Auskunfts- und Abrechnungspflicht – anders etwa als bei der Rechenschaftslegung nach § 259 BGB – nicht davon ab, dass Grund zu der Annahme besteht, die Abrechnung sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgt.
35Die Klage ist indessen unbegründet, weil schon die Voraussetzungen des auf zweiter Stufe geltend gemachten Leistungsanspruchs nicht vorliegen.
361. Gemäß § 74a Abs. 2 EEG 2017 mussten Letztverbraucher und Eigenversorger, die Strom verbrauchen, der ihnen nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert worden ist, und die der Pflicht zur Zahlung der vollen oder anteiligen EEG-Umlage nach § 61 EEG 2017 unterliegen, dem Netzbetreiber, der zur Erhebung der EEG-Umlage nach § 61i EEG 2017 aF/ § 61j EEG 2017 nF berechtigt ist, alle Angaben zur Verfügung stellen, die für die Endabrechnung der EEG-Umlage für das vorangegangene Kalenderjahr erforderlich sind. Dies umfasste insbesondere die Angabe der umlagepflichtigen Strommengen.
37„Letztverbraucher“ ist dabei jede natürliche oder juristische Person, die Strom verbraucht (§ 3 Nr. 33 EEG 2017 / § 5 Nr. 24 EEG 2014), als „Eigenversorgung“ ist der Verbrauch von Strom definiert, den eine natürliche oder juristische Person im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der Stromerzeugungsanlage selbst verbraucht, wenn der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wird und diese Person die Stromerzeugungsanlage selbst betreibt (§ 3 Nr. 19 EEG 2017 / § 5 Nr. 12 EEG 2014). Die Mitteilungspflicht nach § 74a Abs. 2 EEG 2017 trifft nur die Eigenversorger und Letztverbraucher, die der Pflicht zur Zahlung der vollen oder anteiligen EEG-Umlage unterliegen. In den Fällen einer vollständigen EEG-Umlage-Befreiung bzw. einer Reduzierung der EEG-Umlage auf Null greift § 74a Abs. 2 EEG 2017 dagegen nicht (BR-Drs. 619/16, 135; BeckOK EEG/Wolff, 11. Ed. 1.3.2019, § 74a EEG 2017 Rn. 31, 33; Altrock, EnWZ 2021, 305, 308).
38Soweit das Landgericht angenommen hat, auch für die Ansprüche, die sich auf das Kalenderjahr 2016 beziehen, sei das EEG 2017 maßgeblich, bestehen dagegen allerdings Bedenken. Richtig ist zwar, dass die Mitteilungspflicht erst zum 28.02. bzw. 31.05. des jeweiligen Folgejahres zu erfüllen ist. Zur Ermittlung von Ob und Umfang der Zahlungspflicht ist jedoch auf die Rechtslage im Zeitpunkt des Verbrauchs der elektrischen Energie abzustellen, weil der Gesetzgeber in sämtlichen im hier streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassungen für die EEG-Umlagepflicht an den „verbrauchten“ Strom anknüpft (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.11.2021 – I-27 U 13/20, EnWZ 2022, 28, 29 Rn. 56 zur Frage des „gelieferten“ Stroms in § 60 Abs. 1 S. 1 EEG 2014 / EEG 2017). Inhaltlich ergibt sich hierdurch – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – keine abweichende Beurteilung, weil der Anspruch auf Zahlung der EEG-Umlage für das Kalenderjahr 2016 (§ 61 Abs. 1 S. 1 EEG 2014) gemäß § 61 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 EEG 2014 entfallen ist bzw. sich der Anspruch für die Kalenderjahre 2017 bis 2019 (§ 61 Abs. 1 EEG 2017) gemäß § 61d Abs. 1 und 2 EEG 2017 aF / § 61f Abs. 1 und 2 EEG 2017 nF auf null Prozent der EEG-Umlage verringert hat.
392. Nach § 61 Abs. 1 S. 1 bis 3 EEG 2014 konnten Übertragungsnetzbetreiber von Letztverbrauchern für die Eigenversorgung sowie für den sonstigen Verbrauch von Strom, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert wird, bestimmte Anteile der EEG-Umlage nach § 60 Abs. 1 EEG 2014 verlangen. Der Anspruch entfiel u.a. gemäß § 61 Abs. 3 und 4 EEG 2014 für Bestandsanlagen, wenn (1.) der Letztverbraucher die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger betrieb, (2.) soweit der Letztverbraucher den Strom selbst verbrauchte und (3.) sofern der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wurde, es sei denn, der Strom wurde im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht. Eine Bestandsanlage war nach der – hier allein in Betracht kommenden – Legaldefinition des § 61 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EEG 2014 jede Stromerzeugungsanlage, die der Letztverbraucher vor dem 1. August 2014 als Eigenerzeuger unter Einhaltung der Anforderungen des Satzes 1 betrieben hat. Sofern die Bestandsanlage bereits vor dem 1. September 2011 in Betrieb genommen worden war, war es gemäß § 61 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2014 grundsätzlich unschädlich, wenn das Netz der allgemeinen Versorgung genutzt wurde, noch war ein räumlicher Zusammenhang zwischen Erzeugung und Verbrauch erforderlich. § 61 Abs. 4 Nr. 2 EEG 2014 enthielt Einschränkungen im Falle der Erneuerung, Erweiterung oder Ersetzung bzw. Modernisierung von Bestandsanlagen (vgl. BeckOK EEG/Böhme/Schreiner, 5. Ed. 1.4.2016, § 61 EEG 2014 Rn. 33).
40Unter der Geltung des EEG 2017 waren Netzbetreiber berechtigt und verpflichtet, die EEG-Umlage von Letztverbrauchern zu verlangen für (1.) die Eigenversorgung und (2.) sonstigen Verbrauch von Strom, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert wird (§ 61 Abs. 1 EEG 2017). Gemäß § 61 Abs. 2 EEG 2017 entfiel oder verringerte sich der Anspruch nach Absatz 1 unter den Voraussetzungen der §§ 61a bis 61e, 61k EEG 2017 aF / §§ 61a bis 61g, 61l EEG 2017 nF (ab 01.01.2018). Die Verringerung der EEG-Umlage bei Bestandsanlagen, die der Letztverbraucher vor dem 1. August 2014 als Eigenerzeuger betrieben hatte und die nicht nach dem 31. Dezember 2017 erneuert, erweitert oder ersetzt worden sind, war in § 61c EEG 2017 aF / § 61e EEG 2017 nF geregelt. Demgegenüber regelte § 61d EEG 2017 aF / § 61f EEG 2017 nF die Verringerung der EEG-Umlage bei älteren Bestandsanlagen. Da § 61c und § 61e einerseits und § 61d und § 61f andererseits inhaltlich – bis auf geringfügige redaktionelle Änderungen – übereinstimmen, wird nachfolgend jeweils nur auf die ab dem 01.01.2018 geltende Fassung Bezug genommen, die Ausführungen betreffen in gleicher Weise jedoch die im Zeitraum 01.01. bis 31.12.2017 geltenden Vorschriften. Nach § 61f Abs. 1 EEG 2017 nF verringerte sich der Anspruch nach § 61 Abs. 1 EEG 2017 bei älteren Bestandsanlagen unbeschadet des § 61e EEG 2017 nF auch dann auf null Prozent der EEG-Umlage, (1.) wenn der Letztverbraucher die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger betreibt und (2.) soweit der Letztverbraucher den Strom selbst verbraucht. Ältere Bestandsanlagen waren in § 61f Abs. 2 EEG 2017 nF legal definiert als Stromerzeugungsanlagen, die (1.) der Letztverbraucher vor dem 1. September 2011 als Eigenerzeuger unter Einhaltung der Anforderungen des Absatzes 1 betrieben hat und (2.) nicht nach dem 31. Juli 2014 erneuert, erweitert oder ersetzt worden sind. § 61f Abs. 3 EEG 2017 nF erweiterte den Begriff der älteren Bestandsanlagen zusätzlich um solche Anlagen, die nach dem 31.07.2014, aber vor dem 01.01.2018 unter den damaligen Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 EEG 2014 erneuert, erweitert oder ersetzt worden sind, wobei § 61f Abs. 4 EEG 2017 nF – entsprechend der bisherigen Regelung des § 61 Abs. 4 Nr. 2 lit. a und b EEG 2014 – weitere Voraussetzungen für die Privilegierung gemäß Abs. 1 enthielt.
413. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 61f Abs. 1 und Abs. 2 EEG 2017 nF für eine Verringerung des Anspruch aus § 61 Abs. 1 EEG 2017 auf null Prozent der EEG-Umlage im Streitfall erfüllt sind. Dass die Beklagte die in Rede stehenden Stromerzeugungsanlagen als Eigenerzeuger betreibt und den so erzeugten Strom an ihren verschiedenen Standorten selbst verbraucht hat, ist unstreitig. Ebenso unstreitig ist, dass sie die Anlagen bereits vor dem 01.09.2011 als Eigenerzeuger betrieben und den eigenerzeugten Strom selbst verbraucht hat. Dass die Stromerzeugungsanlage nach dem 31.07.2014 erneuert, erweitert oder ersetzt worden wäre, ist nicht vorgetragen.
42Damit handelt es sich, wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, um eine ältere Bestandsanlage i.S. des § 61f Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 EEG 2017 nF. Ebenfalls erfüllt sind die Voraussetzungen des § 61 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 2 u. S. 1 Nr. 1 und 2 EEG 2014, der inhaltlich keine weitergehenden Anforderungen an die nach § 61 Abs. 4 EEG 2014 privilegierte Bestandsanlage enthielt, als § 61f Abs. 2 EEG 2017 nF. Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Regelungen enthalten keinen Anhalt für eine verbrauchsstandortbezogene Einschränkung des Bestandsschutzes. Die – unverbindliche – Einschätzung im Leitfaden zur Eigenversorgung der Bundesnetzagentur aus Juli 2016 lässt dies außer Betracht. Die darin vorgenommene Verknüpfung der bestandsgeschützten EEG-umlagefreien Eigenerzeugung mit einem Eigenerzeugungskonzept, in dem auch die Verbrauchsstandorte immer schon vorhanden gewesen sein müssen, findet im Gesetz keine Grundlage.
433.1. Der Wortlaut des § 61f Abs. 1 und 2 EEG 2017 nF äußert sich nicht zu der Frage, inwiefern der Bestandsschutz auch bei Standortwechsel oder der Erschließung neuer Verbrauchseinrichtungen der betreffenden Eigenerzeugungsanlage fortbesteht. In § 61f Abs. 1 und 2 EEG 2017 nF – für § 61 Abs. 4 EEG 2014 gilt nichts anderes – werden weder die „Verbrauchseinrichtung“ noch deren „Standort“ erwähnt. Der sachliche Anknüpfungspunkt des Wortlauts für den Eigenverbrauchstatbestand liegt allein in dem Verbrauch eigenerzeugten Stroms durch den Eigenerzeuger. Auf den Standort des Eigenverbrauchs kommt es hierbei nicht an. Insbesondere fehlt es an der Beschränkung auf den Standort der Stromerzeugungsanlage oder auf den Standort der zu einem bestimmten Stichtag bestehenden Stromverbrauchseinrichtungen (vgl. Scholtka/Meyer/Klewar, REE 2019, 1, 2; Weiss/Schweizer, EnWZ 2018, 19, 23 f.; s.a. zum EEG 2014: Kachel/Charles, REE 2014, 197, 201). Anders als der Begriff der „Eigenversorgung“, der einen versorgungs- und damit verbrauchsbezogenen Bezugspunkt aufweist, hat der Begriff der „Eigenerzeugung“ einen erzeugungsanlagenbezogenen Bezugspunkt. Alle gesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit Eigenerzeugung beziehen sich im Kernpunkt immer anlagenseitig auf die Bestandsanlagen und die Stromerzeugung in diesen Bestandsanlagen (Weiss/Schweizer, a.a.O., S. 22 f.). Für die Eigenerzeugung spielt die historische Verbrauchskonstellation schon sprachlich keine Rolle, so dass jene nicht Bestandteil des Begriffs ist oder gar den Bestandsschutz prägt (Salje, EEG 2021, 9. Aufl. 2022, § 61f Rn. 5). Soweit in den §§ 61 ff. EEG 2017 dem „Standort“ eine Bedeutung zugemessen wird, ist dies in aller Regel bezogen auf den Standort der Stromerzeugungsanlage, wie etwa in § 61f Abs. 3 EEG 2017 nF, wo im Fall bestimmter Änderungen der Stromerzeugungsanlage explizit ein gleichbleibender Standort gefordert wird. Umgekehrt wird durch die erst aufgrund einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie v. 14.12.2016 (BT-Drs. 18/10668) eingefügte (Neu- und Ausnahme-)Regelung des § 61h EEG 2017 nF (§ 61f EEG 2017 aF) zum Bestandschutz bei Rechtsnachfolge ausdrücklich das Erfordernis des gleichen Standorts statuiert, und zwar für die Stromerzeugungsanlage und die Stromverbrauchseinrichtungen.
44Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Legaldefinition der (älteren) Bestandsanlage in § 61f Abs. 2 Nr. 1 EEG 2017 nF (§ 61 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 S. 2 Nr. 1 EEG 2014) auf den Betrieb als Eigenerzeuger „unter Einhaltung der Anforderungen des Absatzes 1“ (EEG 2014: „unter Einhaltung der Anforderungen des Satzes 1“) und damit auch auf das Merkmal „soweit der Letztverbraucher den Strom selbst verbraucht“ abstellt. Diese Verklammerung schließt zwar eine Auslegung nicht aus, die den Bestandsschutz nur auf den Umfang der Eigenstrommengen bezieht, die vor den jeweiligen Stichtagen bereits als Eigenstrom verbraucht wurden. Eine solche Auslegung ist allerdings weder mit der Ausgestaltung der Norm vereinbar, noch praxistauglich. Denn zum einen stellt die gesamte Bestandsschutzregelung auf eine anlagenbezogene Betrachtungsweise zumindest insoweit ab, als dass sie die installierte Leistung in den Blick nimmt und Konsequenzen nur für den Fall einer Erhöhung derselben regelt. Zum anderen liegt es in der Natur jedweden Stromverbrauchs, dass dieser schwankt (vgl. BeckOK EEG/Böhme/Schreiner, a.a.O., § 61 EEG 2014 Rn. 22). Auch die Bundesnetzagentur geht in ihrem Leitfaden davon aus, dass die Befreiung der in einer Bestandsanlage eigenerzeugten Strommengen nicht limitiert ist durch den quantitativen Umfang, in dem die Stromerzeugungsanlage „in dem vor dem Stichtag gelebten Nutzungskonzept zur Eigenerzeugung“ genutzt wurde, dass sich aus der Formulierung „soweit der Letztverbraucher den Strom selbst verbraucht“ keine Beschränkung auf historische Eigenerzeugungsmengen ergibt (Leitfaden S. 69 f.). Sie weist zutreffend darauf hin, dass der Gesetzgeber den Bestandsschutz an das Vorliegen einer weitgehend unveränderten Bestandsanlage geknüpft und für die Stromerzeugungsanlage, die als „Bestandsanlage“ den Kernbestand des bestandsgeschützten Nutzungskonzepts ausmacht, geregelt hat, dass sie nicht beliebig, sondern nur im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen nach den besonderen Voraussetzungen des § 61 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 EEG 2014 verändert werden kann, ohne dass ihr Bestandsschutz entfällt. Der Bestandsschutz für „bestehende Eigenerzeugungskonzepte“ bedeute nicht, dass die ursprüngliche Bestandsnutzung identisch erhalten bleiben müsse, um weiterhin in den Genuss der Umlagebefreiung zu kommen. Eine Änderung des Umfangs der Eigenerzeugungsanteile durch ausgetauschte oder zusätzliche, selbstgenutzte Verbrauchseinrichtungen stelle das bestandsgeschützte Nutzungskonzept nicht in Frage, solange dieses bereits die Deckung verbrauchsseitiger Strombedarfe des Eigenerzeugers an demselben Standort umfasst habe (Leitfaden S. 70 f., 104). Die letztgenannte Einschränkung, die in der Konsultationsfassung des Leitfadens (dort S. 58, 79, vgl. Anl. B 4) noch nicht enthalten war, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz und wird auch nicht näher begründet. Für die Gesetzesauslegung ist der Leitfaden, der weder eine Festlegung darstellt, noch den Charakter einer Verwaltungsvorschrift hat (Leitfaden S. 3), nicht verbindlich. Es handelt sich vielmehr um eine zusammenfassende Verlautbarung der Regulierungsbehörde, mit der sie ihre Haltung zu bestimmten Themenkomplexen und den davon betroffenen Rechtsfragen bekannt macht (vgl. Theobald/Kühling/Boos, EnergieR, 118. EL November 2022, § 29 EnWG Rn. 27 ff.; Abdelghany, EnWZ 2019, 297, 304).
45Entgegen der Auffassung der Klägerin ist bei dieser Sichtweise das Tatbestandsmerkmal des § 61f Abs. 1 Nr. 2 EEG 2017 nF („soweit der Letztverbraucher den Strom selbst verbraucht“) auch nicht überflüssig. Es handelt sich vielmehr um eine Klarstellung, denn wenn die Befreiung älterer Bestandanlagen von der EEG-Umlage allein von dem Betrieb der Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger abhinge, würde der Bestandsschutz auch für Strommengen gelten, die nicht (jetzt nicht mehr) selbst verbraucht, sondern an Dritte geliefert werden, was ersichtlich nicht gewollt war. Dies kommt in § 61f Abs. 1 Nr. 2 EEG 2017 nF zum Ausdruck.
463.2. Für eine alleinige Anknüpfung an die Stromerzeugungsanlage spricht zudem die Gesetzeshistorie, die ebenfalls keinen Anhaltspunkt für eine Einschränkung des Bestandsschutzes bei älteren Bestandsanlagen auf den Verbrauch eigenerzeugten Stroms an Standorten enthält, die bereits vor dem Stichtag mit eigenerzeugtem Strom versorgt wurden. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 61d EEG 2017 aF (§ 61f EEG 2017 nF), damit werde die bislang in § 61 Abs. 4 EEG 2014 enthaltene Regelung zu Bestandsanlagen, die bereits vor dem 01.09.2011 in Betrieb genommen worden seien, in einen eigenen Paragraphen überführt. Inhaltliche Änderungen seien hiermit nicht verbunden. Zugleich sei ein neues Tatbestandsmerkmal für das Vorliegen einer älteren Bestandsanlage aufgenommen worden, wonach Stromerzeugungsanlagen, die nach dem 31.12.2017 erneuert, erweitert oder ersetzt worden seien, nicht mehr die Privilegierung nach § 61d EEG 2017 (aF) in Anspruch nehmen könnten, sondern allenfalls der Bestimmung des § 61e unterfielen, soweit dessen Voraussetzungen im Übrigen vorlägen (BT-Drs. 18/10209, 112). In der Begründung zu § 61e EEG 2017 aF (Verringerung der EEG-Umlage bei Ersetzung von Bestandsanlagen) ist zudem ausgeführt, im Hinblick auf die Begriffe der Erneuerung und Ersetzung, nicht aber im Hinblick auf die Erweiterung, die nach dem 31.12.2017 zu einem Verlust des Bestandsschutzes führen könne, könne insoweit die von der Bundesnetzagentur in dem Leitfaden zur Eigenversorgung zu § 61 Absatz 3 Satz 2 Nummer 3 EEG 2014 herausgearbeitete Auslegung herangezogen werden. Erfolge die Erweiterung ohne einen Austausch oder eine wesentliche Erneuerung der Stromerzeugungsanlage, führe die Erweiterung der Anlage nicht zu einem Verlust des Bestandsschutzes der insoweit nicht erweiterten Stromerzeugungsanlage. § 61e finde in diesem Fall mangels Ersetzung oder Erneuerung der Bestandsanlage keine Anwendung. Es verbleibe bei der Anwendung des § 61c oder des § 61d, soweit deren Voraussetzungen vorlägen (BT-Drs. 18/10209, 113 f.). Und in einer Äußerung der Bundesregierung vom 16.11.2016 zur Stellungnahme des Bundesrates (BT-Drs. 18/10352, 2) heißt es ausdrücklich:
47„Bei der EEG-Umlage genießen Bestandsanlagen weiterhin Bestandsschutz und müssen daher keine EEG-Umlage für eigenerzeugten Strom zahlen. Eine anteilige Umlagepflicht entsteht erst dann, wenn es nicht mehr um den Schutz des ursprünglichen Bestandes, sondern um den Schutz von Anlagen handelt, die aufgrund Ersetzung, Erweiterung oder wesentlicher Erneuerung keinen Bestand mehr darstellen. Daher entsteht eine Umlagepflicht in Höhe von 20 Prozent erst dann, wenn der Generator der Stromerzeugungsanlage ausgetauscht wird; und dies gilt auch erst nach vollständiger handelsrechtlicher Abschreibung bzw. Auslaufen der Förderung der ursprünglichen Bestandsanlage. Zu diesem Zweck wird der neue Begriff der „Stromerzeugungsanlage“ in das EEG 2017 eingeführt, um einen klaren Ansatzpunkt zu schaffen, an den das neue Regime der modernisierten Bestandsanlagen anknüpft. Für bestehende Eigenversorgungen sind mit dem Gesetzentwurf keine inhaltlichen Änderungen mit Blick auf die geschuldete EEG-Umlage verbunden, solange die Stromerzeugungsanlage selbst nicht erweitert, ausgetauscht oder erneuert wird.“
48Dies bestätigt zum einen, dass es für den Bestandsschutz (nur) auf die Stromerzeugungsanlage ankommt, und nicht auf die Verbrauchseinrichtungen. Zum anderen war mit den Regelungen bezüglich der Bestandsanlagen keine Änderung gegenüber der Rechtslage nach dem EEG 2014 beabsichtigt, die wiederum für Bestandanlagen die frühere Rechtslage fortschrieb.
49Bis 2012 bestand für die Eigenversorgung keine EEG-Umlagepflicht. Seit dem EEG 2000 war der Anwendungsbereich des EEG-Umlagemechanismus ursprünglich begrenzt auf Stromliefermengen, die von einem Lieferanten an einen Letztverbraucher geliefert wurden. Eigenerzeugungs-/Eigenverbrauchsmengen aus Eigenerzeugungsanlagen als Teil der Stromverbrauchsmengen waren nicht ausnahmsweise vom Regelfall freigestellt, sondern unterfielen schon nicht dem gesetzlichen Anwendungsbereich (vgl. Weiss/Schweizer, a.a.O., S. 22). Ab dem 01.01.2012 wurden Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher mit Elektrizitätsversorgungsunternehmen – nur dann – gleichgestellt, wenn sie Strom verbrauchten, der nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen geliefert wird (§ 37 Abs. 3 S. 1 EEG 2012). Der Anspruch auf die EEG-Umlage entfiel, wenn die/der Letztverbraucher/in die Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger betrieb und den erzeugten Strom selbst verbrauchte, sofern der Strom nicht durch ein Netz durchgeleitet wurde oder im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht wurde. Eine Übergangsregelung enthielt § 66 Abs. 15 EEG 2012, indem für Eigenversorgungssachverhalte, die bereits vor dem 01.09.2011 bestanden, hinsichtlich der EEG-Umlage die Fortgeltung der zum 31.12.2011 bestehenden Rechtslage angeordnet wurde.
50Seit dem Inkrafttreten des EEG 2014 (01.08.2014) fallen im Regelfall alle Stromverbrauchsmengen in den gesetzlichen EEG-Umlagemechanismus, es sei denn, es liegt eine Bestandsschutz-Ausnahme vor. Die Überführung/Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses für Eigenerzeugungs-/Eigenverbrauchsmengen aus Eigenerzeugungsanlagen von einer Nichterfassung zur Regelerfassung mit Ausnahmen hat auch Bedeutung für die Auslegung von Sachverhalten und von einschlägigen Rechtsnormen. Vom Eigenerzeuger vor dem 01.08.2014 umgesetzte Eigenerzeugungen sind nicht als gesetzliche Ausnahme eng auszulegen, da sie gar nicht in den gesetzlichen Anwendungsbereich fielen, sondern sie sind bestandsgeschützt auszulegen (Weiss/Schweizer, a.a.O.). Dies lässt sich auch den Gesetzesmaterialien entnehmen. Zu der Urfassung des EEG 2014 führte die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung u.a. aus (BT-Drs. 18/1891, 105 f.):
51„Das Gesetz bezieht die Eigenversorgung mit Strom durch neue Stromerzeugungsanlagen stärker als bislang in die Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien ein. … Die mit dem vorliegenden Gesetz geregelte stärkere Beteiligung der Eigenversorgung an der Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien verfolgt den Zweck, die Ausbaukosten unter energiewirtschaftlichen Gesichtspunkten angemessen auf die Akteure zu verteilen, die am Energieversorgungssystem beteiligt sind. … Damit dienen die Regelungen zur Eigenversorgung dem übergeordneten Ziel des EEG, die nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die wiederum Gegenstand des Verfassungsauftrags zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nach Artikel 20a GG ist. Die zur Erreichung dieses Gemeinwohlbelangs einhergehenden Belastungen greifen nicht unverhältnismäßig in die Grundrechte der betroffenen Unternehmen und Bürger ein. Bestehende Eigenversorgungskonzepte werden nicht belastet. Damit beschränkt sich der Eingriff darauf, die wirtschaftliche Attraktivität eines künftigen Wechsels von der reinen Fremdbelieferung durch Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Eigenversorgung zu schmälern.“
52Ferner zu § 58 E-EEG 2014 (BT-Drs. 18/1891, 153 f.):
53„Nach § 58 EEG 2014 werden ausschließlich Neuanlagen belastet, auch Ersatzinvestitionen für Bestandsanlagen bleiben freigestellt. …
54“Absatz 2 regelt, für welche Konstellationen die Belastung der Eigenversorgung entfällt.
55Nach Satz 1 Nummer 1 und 2 entfällt die Pflicht zur Zahlung der EEG-Umlage für Betreiber bestehender Stromerzeugungsanlagen, die auch bisher befreit waren. Dies betrifft nach Nummer 1 [entspr. inhaltlich § 61 Abs. 4 EEG 2014] Bestandsanlagen, die vor dem 1. September 2011 betrieben und zur Eigenversorgung genutzt wurden. Für sie sah § 66 Absatz 15 EEG 2012 eine Übergangsvorschrift vor, die hier unverändert fortgeschrieben wird.“
56Danach galten für Bestandsanlagen nach § 61 Abs. 3 und 4 EEG 2014 inhaltlich die Regelungen des EEG 2012 bzw. EEG 2009 weiter (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vom 26.06.2014, BT-Drs. 18/1891, 200). § 66 Abs. 15 EEG 2012 bestimmte, dass für den Strom § 37 Abs. 6 in seiner am 31.12.2011 geltenden Fassung [EEG 2009] anstelle von § 37 Abs. 3 [EEG 2012] gilt, soweit Letztverbraucherinnen und Letztverbraucher bereits vor dem 01.09.2011 ihren Strom nicht von einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen und nicht von einem Dritten bezogen haben und die Stromerzeugungsanlage schon vor dem 01.09.2011 in Betrieb genommen wurde. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass es bisher auch möglich war, dass ein erheblicher räumlicher Abstand zwischen der Eigenerzeugungsanlage und dem Verbraucher bestand. Für diese bestehenden Konstellationen sollte eine Bestandsschutzregelung geschaffen werden (BT-Drs. 17/6363, 42 f.). Danach bestand für diesen Stromverbrauch keine EEG-Umlagepflicht, da das EEG 2009 die Umlage tatbestandlich allein an die Lieferung von Strom anknüpfte (sogen. Eigenstromprivileg bei fehlendem Liefertatbestand, vgl. BeckOK EEG/Böhme/Schreiner, a.a.O., § 61 EEG 2014 Rn. 1). Weder die Übergangsvorschrift des § 66 Abs. 15 EEG 2012, noch die daran anknüpfende Regelung in § 61 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 EEG 2014 sahen eine standortbezogene Beschränkung des Bestandsschutzes für ältere Bestandsanlagen i.S.v. § 61f EEG 2017 nF vor. Hieran wollte der Gesetzgeber ersichtlich nichts ändern (vgl. auch Rechtsgutachten Di Fabio, Anl. B 35 S. 21 f.).
57Nichts anderes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin daraus, dass es in der Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung vom 07.11.2016 heißt, die Regelungen (zur Eigenversorgung) basierten des Weiteren auf dem Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Eigenversorgung (BT-Drs. 18/10209, 4) bzw. die Novellierung sei zum Anlass genommen worden, die durch die Bundesnetzagentur in ihrem zwischenzeitlich veröffentlichten Leitfaden zur Eigenversorgung herausgearbeitete Praxis durch entsprechende Klarstellungen im Gesetzeswortlaut weitestgehend zu spiegeln (BT-Drs. 18/10209, 111). Dass sich damit der Gesetzgeber die Sichtweise der Bundesnetzagentur zur Standortbeschränkung für ältere Bestandsanlagen zu eigen machen wollte, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist ausdrücklich ausgeführt:
58„Die Eigenerzeugung bildet dabei die Altfälle ab, bei denen anders als bei der in den Begriffsbestimmungen legaldefinierten Eigenversorgung geringere bis keine Anforderungen an den räumlichen Zusammenhang zwischen Stromerzeugungsanlage und Verbrauchsstelle gestellt werden.“ (BT-Drs. 18/10209, 111).
593.3. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Systematik der gesetzlichen Regelung nicht gegen die Möglichkeit eines Standortwechsels bzw. eine Erschließung neuer Verbrauchsstellen spricht. Zum einen knüpft der Gesetzgeber Folgen für den Bestandsschutz nur an die Erweiterung, Erneuerung oder Ersetzung der Bestandsanlage (§§ 61e Abs. 2 Nr. 1c) und Nr. 2, 61f Abs. 2 Nr. 2 sowie Abs. 3 und 4, 61g EEG 2017 nF). Zum anderen hat er (nur) hinsichtlich des Bestandsschutzes bei Rechtsnachfolge in § 61h EEG 2017 nF ausdrücklich geregelt, dass die Stromerzeugungsanlage und die Stromverbrauchseinrichtungen an demselben Standort betrieben werden müssen, an dem sie von dem ursprünglichen Letztverbraucher betrieben wurden, und dass das Eigenerzeugungskonzept, in dem die Stromerzeugungsanlage von dem ursprünglichen Letztverbraucher betrieben wurde, unverändert fortbestehen muss.
603.3.1. Bei den Regelungen des Bestandsschutzes handelt es sich um ein abgestuftes Konzept. Ältere Bestandsanlagen sind hinsichtlich der Verbrauchsstellen von jeglichen Standortanforderungen – wie etwa einem seit dem EEG 2012/2014 erforderlichen räumlichen Zusammenhang zwischen Stromerzeugungsanlage und Verbrauch – freigestellt. Es wird unterschieden zwischen eigenerzeugtem Strom aus älteren Bestandsanlagen, die zur bestandsgeschützten Eigenerzeugung genutzt werden, und eigenerzeugtem Strom aus Stromerzeugungsanlagen, die erstmals ab dem 01.08.2014 – dem Inkrafttreten des EEG 2014 – zur Eigenversorgung genutzt wurden. Ersterer ist ohne weitere Voraussetzungen EEG-umlagefrei; der Bestandsschutz bezieht sich auf die Anlage und erfasst damit die gesamte bei Volllast der Anlage erzeugte Strommenge, sofern sie selbst verbraucht wird.
61Gemäß § 61f Abs. 3 EEG 2017 nF sind ältere Bestandsanlagen auch Stromerzeugungsanlagen, die nach dem 31.07.2014, aber vor dem 01.01.2018 eine Stromerzeugungsanlage, die der Letztverbraucher vor dem 01.09.2011 als Eigenerzeuger unter Einhaltung der Anforderungen des Absatzes 1 betrieben hat, an demselben Standort erneuert, erweitert oder ersetzt haben, es sei denn, die installierte Leistung ist durch die Erneuerung, Erweiterung oder Ersetzung um mehr als 30 Prozent erhöht worden. Diese sind nach Absatz 4 nur unter einschränkenden Voraussetzungen privilegiert, nämlich wenn der Strom nicht durch ein Netz geleitet oder im räumlichen Zusammenhang zur Erzeugungsanlage verbraucht wird, oder wenn die gesamte Stromerzeugungsanlage schon vor dem 01.01.2011 im Eigentum des Letztverbrauchers stand, der die Verringerung nach § 61f Abs. 1 EEG 2017 nF in Anspruch nimmt, und auf dem Betriebsgrundstück des Letztverbrauchers errichtet wurde. Entsprechende Regelungen enthielt bereits § 61 EEG 2014 in Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 und Absatz 4 Nr. 2. Bei einer Erneuerung oder Ersetzung von (älteren) Bestandsanlagen oder solchen Stromerzeugungsanlagen, die eine ehemalige (ältere) Bestandsanlage ersetzt haben, nach dem 31.12.2017 ergibt sich gemäß § 61g EEG 2017 nF unter den dort genannten Voraussetzungen eine zukünftige Beteiligung der Bestandsanlagen mit 20 % der EEG-Umlage als Regelfall. Die Reduzierung auf 0 % der EEG-Umlage bleibt gemäß § 61g Abs. 3 EEG 2017 nF erhalten, solange die erneuerte oder ersetzte Stromerzeugungsanlage noch der handelsrechtlichen Abschreibung oder der Förderung nach dem EEG unterlegen hätte. Im Falle der Umstellung von Kohle auf einen CO2-ärmeren Brennstoff wird die vollständige Umlagebefreiung noch für den Zeitraum der handelsrechtlichen Abschreibung der mit einem CO2-ärmeren Brennstoff betriebenen neuen Stromerzeugungsanlage gewährt (BT-Drs. 18/10209, 115). Allen Regelungen ist gemeinsam, dass sie an Veränderungen der Stromerzeugungsanlage anknüpfen, und nicht an eine Veränderung des Verbrauchsstandorts.
623.3.2. Die Regelung bezüglich der Rechtsnachfolge (§ 61f EEG 2017 aF / § 61h EEG 2017 nF) war in dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-Drs. 18/10209) nicht enthalten. Sie geht auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vom 14.12.2016 zurück und adressiert Fälle, in denen die für eine bestandsgeschützte Eigenerzeugung grundsätzlich einzuhaltende Personenidentität zwischen dem Betreiber zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme zur Eigenerzeugung und dem aktuellen Betreiber nicht mehr gegeben ist. Unter teilweise wörtlicher Übernahme der Ausführungen im Leitfaden der Bundesnetzagentur, die den Tatbestand der Eigenversorgung bei Rechtsnachfolge gar nicht betreffen und nicht betreffen können, weil es bei Abfassung des Leitfadens einen solchen Gesetzestatbestand noch nicht gab, wird das – erweiterte – Bestandsschutzprivileg an ein bereits vor dem Erbfall bzw. der Rechtsnachfolge existierendes und tatsächlich gelebtes Nutzungskonzept der Eigenerzeugung geknüpft (vgl. BT-Drs. 18/10668, 143 f.).
63Hieraus kann entgegen der Auffassung der Klägerin, die sie in der mündlichen Verhandlung noch einmal vertieft hat, nicht geschlossen werden, dass diese Voraussetzung auch für die Definition der „älteren Bestandsanlage“ in § 61f Abs. 2 EEG 2017 nF maßgeblich sein soll. Die Regelung hat kein Vorbild im EEG 2014. Es handelt sich um eine reine Sonderregelung für den Fall des Fehlens der Personenidentität zwischen dem seinerzeitigen ursprünglichen Betreiber und dem jetzigen Betreiber der Eigenerzeugungsanlage und Letztverbraucher. Das nach §§ 61e ff. [EEG 2017 nF] bestandsgeschützte Eigenerzeugungsrecht ist ein personengebundenes, höchstpersönliches Recht. Grundsätzlich lässt ein Wechsel in der Person des Eigenerzeugers den Bestandsschutz entfallen. § 61h [EEG 2017 nF] kodifiziert die Ausnahmen von diesem Prinzip (vgl. BerlKommEnR/Trottmann, 5. Aufl. 2022, § 61h EEG 2021 Rn. 1; Richter/Schellberg, EnWZ 2017, 347, 348). Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass der Bestandsschutzcharakter einer Stromerzeugungsanlage handelbar oder nachträglich über die Grenzen des geschützten bestandsgeschützten Eigenerzeugungskonzepts hinaus erweitert wird, was mit dem eigentlichen Bestandsschutzgedanken nicht mehr zu vereinbaren wäre (vgl. BT-Drs. 18/10668, 144; Baumann/Gabler/Günther, EEG, 1. Aufl. 2019, § 61h Rn. 2).
64Für die Auslegung des § 61f Abs. 2 EEG 2017 nF lässt sich daraus unmittelbar schon deshalb nichts herleiten, weil nicht auf den für den Bestandsschutz nach dieser Vorschrift maßgeblichen Stichtag, sondern auf den Zeitpunkt der Rechtsnachfolge abgestellt wird. Damit erfordert auch § 61h EEG 2017 nF nicht, dass der ursprüngliche Letztverbraucher die Stromverbrauchseinrichtungen bereits vor dem 01.09.2011 an demselben Standort betrieben hat. Nach der Gesetzesbegründung handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung auf die §§ 61c bis 61e [EEG 2017 aF = §§ 61e bis 61g EEG 2017 nF], womit klargestellt sei, dass die Voraussetzungen dieser Normen im Übrigen vorliegen müssten (BT-Drs. 18/10668, 144). Geregelt werden soll eine die Eigenerzeugung erweiternde Ausnahme für ursprünglich zwei, später drei näher beschriebene Fallkonstellationen (Erbfolge, sonstige Rechtsnachfolge in bestehende Eigenerzeugungs- oder Eigenversorgungskonstellationen, Rechtsnachfolge in sogen. Scheibenmodelle, vgl. Baumann/Gabler/Günther, a.a.O. Rn. 8 ff.), die sodann dadurch wieder beschränkt wird, dass der Modus der Eigenerzeugung im Gegensatz zu den „Rechtsgrundvorschriften“, auf die verwiesen wird, eingeschränkt wird. Bei der Voraussetzung der Standortidentität und des unveränderten Eigenerzeugungskonzepts handelt es sich danach nicht um eine allgemeine Forderung an den Bestandsschutz, sondern nur an den Sondertatbestand des (erweiterten) Bestandsschutzes bei Rechtsnachfolge. Wie sich aus dem Zusammenhang und der Anordnung der Gesetzesbegründung zu § 61f [EEG 2017 aF] ergibt, war mit der Zitierung des Passus aus dem Leitfaden der Bundesnetzagentur offenkundig auch nicht beabsichtigt, eine grundsätzlich neue restriktive Rechtsauffassung zur Kategorie der Eigenversorgung zu kreieren und zu platzieren. Dafür wäre die Gesetzesbegründung zu § 61f [EEG 2017 aF] auch der falsche Ort gewesen (vgl. Rechtsgutachten Di Fabio, Anl. B 35, S. 46 f.). Soweit die Klägerin meint, dem Gesetzgeber sei bewusst gewesen, dass die Praxis zu den älteren Vorschriften der §§ 61 c und 61 d EEG 2017 aF von der Stellungnahme der Bundesnetzagentur geprägt gewesen sei, und er habe durch deren Übernahme für eine Ausnahmeregelung seinen Willen zum Ausdruck gebracht, dass die älteren Vorschriften in dieser Weise verstanden werden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Abgesehen davon, inwieweit eine derartige „rückwirkende“ Gesetzesbegründung anzuerkennen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers. Da diesem die Problematik der Standortverlagerung bekannt war, hätte es vielmehr nahe gelegen, die Regelung der §§ 61c und 61d [EEG 2017 aF = §§ 61e und 61f EEG 2017 nF] entsprechend klarzustellen. Stattdessen wurden die Vorschriften gegenüber dem Gesetzesentwurf unverändert gelassen (BT-Drs. 18/10668, 75 ff.). Auch die Novelle 2021 hat der Gesetzgeber nicht zum Anlass genommen, die Einschränkungen nach § 61h EEG 2017 nF auf andere Befreiungstatbestände auszudehnen.
65Dem lässt sich schließlich auch nicht entgegen halten, die Beschränkung auf historische Verbrauchsstandorte sei aufgrund der „soweit“-Voraussetzung ohnehin bereits in der Definition der (älteren) Bestandsanlage angelegt. In diesem Fall hätte es wegen der Verweisung auf die §§ 61e und 61f EEG 2017 nF einer ausdrücklichen Regelung im Falle der Rechtsnachfolge nicht bedurft. Dass eine allgemeine Vorschrift zur Beibehaltung des Standortes sich im Gesetzestext nicht wiederfindet, muss danach als bewusste gesetzgeberische Entscheidung angesehen werden (vgl. Scholtka/Meyer/Klewar, a.a.O., S. 3).
663.4. Auch der Normzweck gebietet nicht eine Auslegung der Bestandsschutzregelungen für ältere Bestandsanlagen im Sinne einer Beschränkung auf ein historisches Eigenerzeugungskonzept und historische Verbrauchsstandorte. Ziel des Gesetzgebers des EEG 2014 war es, durch die zukünftige Einbeziehung von privat oder gewerblich genutzten Neuanlagen zur Eigenstromerzeugung in die Umlagenfinanzierung der „Flucht in den Eigenverbrauch“ (nicht: Eigenversorgung) zu begegnen und auf diese Weise die Finanzierungsbasis des EEG zu sichern, indem eine Erosion des umlagepflichtigen Letztverbrauchs verhindert wird (BT-Drs. 18/1304, 95, 106). Auch hierbei kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass nur Neuanlagen mit der EEG-Umlage belastet werden sollen, nicht hingegen bestehende Eigenstromerzeugungsanlagen. Vielmehr wurde darauf hingewiesen, dass bei Bestandsanlagen durch eine Belastung der Eigenversorgung kein sinnvoller Steuerungseffekt erreicht werden könne. Die Anlagen seien bereits errichtet, und es sei volks- wie betriebswirtschaftlich sinnvoll, sie weiter zu nutzen (BT-Drs. 18/1304, 154).
67Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, wegen des von jeder Stromerzeugungsanlage während des laufenden Betriebs in ihren eigenen elektrischen Bauteilen unvermeidbar verbrauchten Stroms komme in gewissem Umfang jedes Kraftwerk aus der Zeit vor dem 01.09.2011 als ältere Bestandsanlage in Betracht und könne auch bei nachträglichem Beginn einer Selbstversorgung an bislang nicht selbstversorgten Verbrauchsstandorten die EEG-Umlage-Befreiung nach § 61f EEG 2017 nF in Anspruch nehmen, indem es von einer bislang praktizierten EEG-umlagepflichtigen Fremdvermarktung zu einer – bezüglich der Netto-Stromerzeugung erstmals aufgenommenen – EEG-umlagebefreiten Selbstversorgung wechsele. Ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 61 Abs. 2 EEG 2014 handelt es sich u.a. bei der Regelung des Kraftwerkseigenverbrauchs um Ausnahmen von der Zahlungspflicht für Eigenversorger, die nicht im Zusammenhang mit dem Bestandsschutz stehen (BT-Drs. 18/1891, 208). Dies lässt darauf schließen, dass allein der Kraftwerkseigenverbrauch für einen Betrieb der Stromerzeugungsanlage als Eigenerzeuger i.S. der Definition der (älteren) Bestandsanlage nicht als ausreichend angesehen wurde.
68Soweit die Klägerin darauf hinweist, bereits der Gesetzgeber des EEG 2014 habe die drohenden Wettbewerbsverzerrungen auf dem Nachfragemarkt für Strom als Begründung herangezogen, um die Einbeziehung auch der Selbstversorger in das EEG-Umlage-System verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, rechtfertigt dies keine einengende Auslegung der Bestandsschutzvorschriften. Der Gesetzgeber hat das Problem gesehen und gleichwohl aus den bereits dargestellten Erwägungen nur Neuanlagen der EEG-Umlagepflicht unterworfen, nicht zuletzt auch mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen des produzierenden Gewerbes im europäischen oder internationalen Wettbewerb (BT-Drs. 18/1304, 88, 107).
693.5. Das Landgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass eine Einschränkung des Bestandsschutzes auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt. Seit Inkrafttreten des EEG 2000 bis zur EEG-Novelle 2012 waren die Eigenerzeugung und der Eigenverbrauch von Strom nicht von den Regelungen zur EEG-Umlage tatbestandsmäßig erfasst und a priori nicht umlagepflichtig. Der eigenerzeugende Letztverbraucher konnte für den Verbrauch des eigenerzeugten Stroms die Verbrauchseinrichtungen und Verbrauchsstandorte frei bestimmen und wechseln (vgl. Weiss/Schweizer, a.a.O. S. 23, 26). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz erfasst mit der Eigenerzeugung nicht nur die Stromerzeugungsanlagen, sondern auch die Standortbestimmung der Verbrauchsanlagen. Jede staatliche Beschränkung des von der Stromversorgung im Verbund abgedeckten Verbrauchs wäre deshalb ein Eingriff in den Erzeugungsbestandsschutz, weil er – und darauf kommt es eigentumsgrundrechtlich an – von den Nutzungsmöglichkeiten her entwertet würde (vgl. Rechtsgutachten Di Fabio, Anl. B 35 S. 33 ff.). Soweit die Klägerin dagegen geltend macht, die Beklagte habe die Wahl, in freier unternehmerischer Entscheidung und unter Abwägung der jeweiligen wirtschaftlichen Vor- und Nachteile eine nachträgliche Verlagerung ihrer Verbrauchsstandorte entweder vorzunehmen oder davon abzusehen, verkennt sie den geschützten Kernbestand der Unternehmensfreiheit, zu dem insbesondere auch die Organisations- und Investitionsfreiheit gehören. Die Bestandsschutzregeln stellen auf die Funktion der Eigenerzeugungsanlage zur Deckung des eigenen Strombedarfs ab. Geschützt ist damit auch die umfassende Dispositionsbefugnis des Grundrechtsinhabers. Dass ein Erzeugungskonzept den wechselnden Verbrauchsbedürfnissen im Unternehmen genügen soll, ist selbstverständlich. Es geht bei der Variation des Verbrauchs lediglich um eine normale unternehmerische Entwicklung im Verlauf eines sich stetig wandelnden Produktionsbedarfs. Veränderungen auf der Verbrauchsseite lassen den Bestandsschutz folglich unberührt (Rechtsgutachten Di Fabio, Anl. B 35 S. 36, 38; s.a. Scholtka/Meyer/Klewar, a.a.O., S. 7; Weiss/Schweizer, a.a.O., S. 26; Kachel/Charles, a.a.O.).
70Der Hinweis der Klägerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.12.2021 (XIII ZR 1/21, BeckRS 2021, 53845 Rn. 40) rechtfertigt keine andere Beurteilung. Geschützt ist das Vertrauen in die getätigte Investition bezüglich der Eigenerzeugungsanlage und der fortbestehenden uneingeschränkten Verbrauchsmöglichkeit des eigenerzeugten Stroms an jedem Unternehmensstandort, nicht lediglich eine bestimmte historische Verbrauchskonstellation. Auch das Argument, der Letztverbraucher als Eigenerzeuger wäre nicht gehindert, immer neue Verbrauchsstandorte zu erschließen und den dortigen Verbrauch der EEG-Umlagepflicht zu entziehen, verfängt nicht. Eine Grenze findet die Ausweitung des Eigenverbrauchs auf weitere Standorte in der installierten Kapazität der Stromerzeugungsanlage, denn eine Erweiterung der Anlage kann – wie bereits ausgeführt – zu einem Verlust des Bestandsschutzes führen.
714. Den Umstand, dass die Investitionsentscheidungen der Beklagten sich auf längst vergangene Zeiträume beziehen, hat das Landgericht zu Recht als unerheblich angesehen. Dies wird mit der Berufung auch nicht angegriffen.
72III.
73Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
74Die Beschwer der Klägerin liegt über 20.000 €.
75Die Revisionszulassung ist nicht veranlasst, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Insbesondere liegt eine klärungsbedürftige Rechtsfrage nicht vor, da es sich bei der EEG-Umlagebefreiung um auslaufendes Recht handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 24.05.2022 – XI ZR 390/21, BKR 2022, 804, 805 Rn. 8 f.; v. 03.07.2018 – VIII ZR 227/16, RdE 2018, 529 ff. Rn. 9). Mit Blick auf das Entfallen der EEG-Umlage zum 01.01.2023 hat die Klägerin nicht dargelegt, dass eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungsweisend sein kann, weil etwa noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden ist. Allein die – soweit ersichtlich einzige – entgegenstehende Entscheidung des Landgerichts Dortmund (EnWZ 2021, 417) rechtfertigt auch nicht eine Divergenzzulassung. Eine – von der Auffassung des Senats abweichende – Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zur Frage der Standortbezogenheit des Bestandsschutzes bei älteren Bestandsanlagen in dem Berufungsverfahren I-2 U 76/21 liegt noch nicht vor.
76Streitwert: …. €.