Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass eine Zurückweisung ihrer Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO in Betracht kommt.
Sie erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweis bis zum
05.01.2024
Stellung zu nehmen.
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin ist Erwerberin einer von der Beklagten errichteten Eigentumswohnung. Wegen verzögerter Fertigstellung schlossen die Parteien unter dem 19./20.12.2019 einen Nachtrag zum Bauträgervertrag. Die Beklagte verpflichtete sich zur Abgeltung aller Ansprüche wegen der verspäteten Fertigstellung „den nachgewiesenen Schaden für die Zeit vom 01.08.2018 bis 31.12.2019“ zu ersetzen. Die genaue Höhe des Schadens sollte „von den Parteien anhand der Darlehensunterlagen des Käufers ermittelt“ werden. Hierzu hielten die Parteien fest, dass als Schaden entgangene Mieteinnahmen in Höhe von 21.220,00 EUR zu erstatten seien und sich die weitere Schadenshöhe danach bestimme, welche nachgewiesenen (Bereitstellungs- oder Finanzierungs-) Zinsen der Käufer tatsächlich zahlen musste und welche Zinsen er bei ordnungsgemäßer Erfüllung durch den Verkäufer hätte zahlen müssen. Die Parteien vereinbarten zudem, dass „mit der Einigung“ auf den endgültig feststehenden Schadensbetrag und der daraufhin erfolgten Zahlung alle weitergehenden Ansprüche des Käufers erledigt sein sollten.
4In einer an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gerichteten E-Mail vom 15.01.2020 berechnete die Beklagte überschlägig einen Zinsschaden in Höhe von 4.950,00 EUR. Sie bat um Einreichung der Zahlungsnachweise, damit eine entsprechende Gutschrift erstellt werden könne. Die Klägerin reagierte auf diese E-Mail nicht mehr. Sie bat am 30.12.2022 um Erklärung eines Verjährungsverzichts. Die Beklagte kam dieser Bitte nicht nach.
5Die Klägerin hat mit ihrer am 30.12.2022 eingereichten Klage Zahlung in Höhe von 4.950,00 EUR nebst Zinsen und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr sämtliche weiteren, aus der verspäteten Fertigstellung resultierenden Schäden zu ersetzen habe.
6Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage dem Tenor nach als derzeit unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, dass der Feststellungsantrag unzulässig und die Zahlungsklage derzeit unbegründet sei. Die Parteien hätten konkludent vereinbart, dass die Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs durch einen Nachweis über die tatsächlich von der Klägerin geleisteten Zinszahlungen bedingt sei. Da die Klägerin einen solchen Nachweis nicht vorgelegt habe, sei ihr Zahlungsanspruch nicht fällig. Deshalb sei auch der Feststellungsantrag unzulässig. Verjährung drohe mangels Eintritts der Fälligkeit nicht. Zudem bleibe unklar, warum die Klägerin nach drei Jahren ihre Forderung nicht vollständig beziffern könne.
7Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt die Zurückweisung ihres in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags auf Schriftsatzfrist. Sie hält keinen Vortrag dazu, was sie im Falle der Gewährung der Schriftsatzfrist vorgetragen hätte. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe den Anspruch nicht hinreichend bestritten und verhalte sich treuwidrig, weil sie selbst von einem Schaden in Höhe von 4.950,00 EUR ausgegangen sei. Der Feststellungsantrag sei erforderlich, um die Verjährung zu hemmen.
8II.
9Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
101.Ob das Landgericht der Klägerin eine Schriftsatzfrist hätte gewähren müssen, kann dahinstehen. Die Klägerin legt nicht dar, was sie im Falle der Gewährung einer Schriftsatzfrist vorgetragen hätte. Die Entscheidungserheblichkeit des (vermeintlichen) Verfahrensfehlers wird nicht dargelegt und sie ist auch nicht ersichtlich (vgl. BGH, Beschl. v. 12.02.2020 – XII ZB 445/19, NJW-RR 2020, 573).
112.Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Feststellungsklage mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig ist.
12Der Klägerin droht keine Verjährung, weil die Forderung der Klägerin bisher nicht fällig ist und so die Verjährungsfrist von 3 Jahren bisher nicht zu laufen begonnen hat. Der Senat teilt die rechtliche Würdigung des Landgerichts, dass der von der Klägerin vorzulegende Nachweis Voraussetzung der Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs ist. Der Nachtrag zum Bauvertrag ist in diesem Sinne auszulegen. Die Parteien haben in dem Nachtrag vorgesehen, dass nach Vorlage des Nachweises eine Einigung der Parteien zur Höhe des Schadens erfolgen solle. Dieser Schaden sollte noch ermittelt werden. Danach sollte die Beklagte unabhängig von einem Nachweis nicht zur Zahlung verpflichtet sein; das Bestehen des Schadensersatzanspruchs an sich war und ist dagegen unstreitig. Diese Umstände sprechen für eine (konkludente) Abrede zur Fälligkeit. Anders als in Fällen eines Anspruchs auf Rechnung (hierzu MüKo BGB/Krüger BGB § 271 Rn. 19) kommt es im vorliegenden Fall nicht in Betracht, die Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht zu verweisen. Die Beklagte kann mangels Einsicht in die Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und der den Erwerb der Eigentumswohnung finanzierenden Bank nicht abstrakt angeben, welche Unterlagen zum Nachweis vorzulegen sind. Die Ausübung eines hinreichend bestimmten Zurückbehaltungsrechts wäre ihr nicht möglich.
13Zudem droht der Klägerin aus einem weiteren Grund keine Verjährung. Gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB gilt für rechtskräftig festgestellte Ansprüche eine Verjährungsfrist von 30 Jahren, die gemäß § 201 BGB mit der Rechtskraft der Entscheidung beginnt. Diese Verjährungsfrist findet im vorliegenden Fall Anwendung. Nach der Rechtsprechung des BGH erstreckt sich die Rechtskraft eines die Klage als zurzeit unbegründet abweisenden Urteils auch darauf, dass im Übrigen die Voraussetzungen des Anspruchs erfüllt sind, wenn und soweit diese in den Entscheidungsgründen bejaht bzw. positiv festgestellt worden sind (BGH, Urt. v. 09.12.2022 – V ZR 72/21, NJW-RR 2023, 632; BGH, Urt. v. 09.06.2022 – III ZR 24/21, NJW 2022, 2754). So liegt der Fall hier. Das Landgericht hat unter Ziffer II.1 der Entscheidungsgründe festgestellt, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch wegen der streitgegenständlichen Zinszahlungen dem Grunde nach zusteht. Unter Ziffer II.2 der Entscheidungsgründe hat es sodann festgestellt, dass dieser Schadensersatzanspruch noch nicht fällig ist.
143.Es ist nicht treuwidrig, wenn die Beklagte die Zahlung davon abhängig macht, dass der Schaden durch Unterlagen belegt wird. Die Beklagte beruft sich auf die von dem Landgericht festgestellte vertragliche Abrede. Sie hat ein anerkennenswertes Interesse, vor einer Zahlung zu prüfen, ob der Klägerin tatsächlich ein Schaden entstanden ist.
15Die Ansicht der Klägerin, es liege kein „qualifiziertes Bestreiten“ der Beklagten deshalb vor, weil sie nicht vorab mitteile, welche Unterlagen zum Nachweis geeignet und ausreichend seien, überzeugt nicht. Die Klägerin hat bisher keinen einzigen Beleg vorgelegt. Welche Aussagekraft und Qualität die von ihr noch vorzulegenden Nachweise haben werden, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Es ist daher verständlich, wenn sich die Beklagte nicht vorab festlegen möchte, welche Unterlagen sie als ausreichend erachten wird. Unmögliches wird damit von der Klägerin nicht verlangt und es steht auch nicht im Belieben der Beklagten, immer wieder neue Nachweise zu fordern. Werden objektiv ausreichende Nachweise vorgelegt, wird die Forderung fällig.
16Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO sind gegeben.