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Die Berufung des Klägers gegen das am 10. Oktober 2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der Kosten des Streithelfers, trägt der Kläger.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet-
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen unterlassener Beratung im Zusammenhang mit der Beendigung einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung in Anspruch.
4Die Beklagte ist Versicherungsmaklerin und vermittelte dem Kläger bei dem Streithelfer eine fondsgebundene Lebensversicherung mit zusätzlicher Absicherung bei Berufsunfähigkeit für die Versicherungsdauer vom 1. Dezember 2008 bis 1. Dezember 2039. Hiernach erhielt der Kläger im Falle von Berufsunfähigkeit eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von € 2.000,00 bei einer dynamischen Beitrags- und Rentenanpassung. Rentenbeginn sollte der 1. Dezember 2039 sein. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch die Absicherung bei eingetretener Berufsunfähigkeit enden. Die ursprüngliche Höhe der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung betrug zu diesem Zeitpunkt € 2.000,00 monatlich. Die Einstufung erfolgte in die Berufsgruppe 1 als Jurist sowie unter Berücksichtigung der Standardregelung (50%). Hinsichtlich der Dynamik war vereinbart, dass Todesfallsumme und Berufsunfähigkeitsrente jährlich um 2,5 % und erstmals zum 1. Dezember 2014 erhöht werden. Die Erhöhung sollte auch im Leistungsfall fortgelten. Unter Zugrundelegung dieser Dynamik wäre zum Zeitpunkt des behaupteten Eintritts der Berufsunfähigkeit am 24. Juni 2019 durch die planmäßige Erhöhung am 1. Dezember 2018 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von € 2.262,81 versichert gewesen, durch Erhöhung am 1. Dezember 2019 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von € 2.319,38 und durch Erhöhung am 1. Dezember 2020 eine Berufsunfähigkeitsrente von € 2.377,36. Wegen des Verlaufs der Beiträge für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wird auf Anlage OK 1 (Bl. 10 Anlagen KV d.LGA.) verwiesen.
5Dem Versicherungsvertrag lagen die Bedingungen des Streithelfers für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Verbindung mit einer fondsgebundenen Rentenversicherung (Tarif 001) zugrunde (Anlage OK 1, Bl. 41 ff. Anlagen KV d.LGA., im Folgenden AVB). Ferner waren die Allgemeinen Bedingungen des Streithelfers für die fondsgebundene Rentenversicherung (Anlage OK 1, Bl. 24 ff. Anlagen KV d.LGA., im Folgenden: AVB Rente) Bestandteil des Versicherungsvertrags. Dort hieß es in § 10 zu den Möglichkeiten und Folgen der Beitragsfreistellung (Anlage OK 1, Bl. 28 Anlagen KV d.LGA):
6„(5) Anstelle einer Kündigung nach Absatz 1 können Sie unter Beachtung der dort genannten Termine und Fristen verlangen, zum nächstfolgenden Beitragsfälligkeitstermin ganz oder teilweise von der Beitragszahlungspflicht befreit zu werden. In diesem Fall führen wir die Versicherung als beitragsfreie Versicherung weiter. Eine Stornogebühr wird hierbei nicht erhoben. Die vereinbarte Todesfallsumme und der ggf. vereinbarte Berufsunfähigkeitsschutz bleiben in unveränderter Höhe bestehen, sofern sie nicht auf Ihren Wunsch ebenfalls geändert werden. Während der Zeit der Beitragsfreistellung werden dem Fondsguthaben weiterhin monatlich Risiko- und Kostenbeiträge entnommen.
7Die Beitragsfreistellung Ihrer Versicherung ist mit Nachteilen verbunden, da in der Anfangsphase Ihrer Versicherung aus den Beiträgen auch Abschluss- und Vertriebskosten (siehe § 11) finanziert werden.
8Bei Beantragung einer Beitragsfreistellung wird mittels eines Previews (siehe Ziffer V der Tarifbestimmungen für die fondsgebundene Rentenversicherung) die Finanzierbarkeit der Risiko- und Kostenbeiträge aus dem Fondsguthaben bis zum vereinbarten Rentenbeginn geprüft. Ergibt das Preview, dass die vereinbarten Leistungen nicht über diesen Zeitraum finanzierbar sind, ist eine Beitragsfreistellung in vollem Umfang nicht möglich. Wir werden Sie entsprechend informieren und einen alternativen Vorschlag anbieten.
9Sie können die Beitragsfreistellung oder Beitragsreduzierung jederzeit beenden und die Beitragszahlung zum nächstfolgenden Beitragsfälligkeitstermin bei unveränderter Beitragszahlungsweise und Beitragshöhe wieder aufnehmen. […] Der während der Beitragsfreistellung vereinbarte Versicherungsschutz bleibt nach Wiederaufnahme der Beitragszahlung unverändert.“
10Zum Verhältnis der Zusatzversicherung zur Hauptversicherung regelte § 10 der AVB. Dort hieß es in Absatz 3 für den Fall des Erlöschens der Zusatzversicherung (Anlage OK 1, Bl. 45 Anlagen KV d.LGA.):
11„Hat sich bei einer Vertragsänderung aus Anlass eines Previews gemäß Ziffer V der Tarifbestimmungen für die fondsgebundene Rentenversicherung der Berufsunfähigkeitsschutz reduziert oder ist er weggefallen und soll nur der Berufsunfähigkeitsschutz wiederhergestellt werden, können Sie innerhalb von sechs Monaten den Berufsunfähigkeitsschutz des Versicherten durch den Abschluss einer selbständigen Berufsunfähigkeitsversicherung bis zur ursprünglichen Höhe ohne erneute Risikoprüfung wieder aufstocken. Für den Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung gelten folgende Voraussetzungen: […] es liegt keine Berufsunfähigkeit des Versicherten vor.“
12Aufgrund finanzieller Engpässe wandte sich der Kläger im Mai 2016 an den für die Beklagte handelnden Zeugen A. Nach einem Gespräch, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, bat der Kläger auf einem von der Beklagten vorgefertigten und auf den 23. Mai 2016 datierten Schreiben (Anlage OK 4) den Streithelfer um Beitragsfreistellung des Versicherungsvertrags zum 1. Juli 2016. Der Streithelfer „bestätigte den Antrag“, wies darauf hin, dass eine „Beitragsfreistellung […] nicht im vollen Umfang möglich“ sei, die Beitragsfreistellung „jederzeit“ beendet und „die Beitragszahlung zum nächstfolgenden Beitragsfälligkeitstermin bei unveränderter Beitragszahlungsweise und Beitragshöhe“ wieder aufgenommen werden könne sowie „der Versicherungsschutz […] nach Wiederaufnahme der Beitragszahlung unverändert gemäß beiliegendem Nachtrag“ bleibe (Schreiben vom 8. Juni 2016, Anlage OK 5). Im Nachtrag, dem eine umfangreiche Beispielrechnung beigefügt war, hieß es am Ende der zweiten Seite des Nachtrags zum Versicherungsschein (Bl. 71 f. Anlagen KV d.LGA.) unter der fettgedruckten Überschrift „Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“:
13„Die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist erloschen“
14Der Kläger zahlte ab dem 1. Juli 2016 die Versicherungsbeiträge nicht mehr. Am 25. Januar 2017 wandte er sich erneut an die Beklagte mit dem Wunsch, die beitragsfrei gestellte Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung kurzfristig wiederaufleben und ihm Informationen zukommen zu lassen, welche Schritte er einleiten müsse und wie hoch der Versicherungsbeitrag sein werde. Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf am 26. Januar 2017 (Anlage OK 7) mit, dass der Versicherungsvertrag nur ohne die Zusatzversicherung in Kraft gesetzt wird und die Berufsunfähigkeitsversicherung neu abgeschlossen werden muss. Hierauf erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung seiner Erklärung vom 23. Mai 2016 und bat um deren Weitleitung an den Streithelfer. Dieser Bitte kam die Beklagte nicht nach.
15Der Kläger hat unter Bezugnahme auf ein im Auftrag des Versorgungswerks der Rechtsanwälte erstelltes neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. med. B. vom 16. Februar 2021 behauptet, er leide seit 2015 an Depressionen und sei jedenfalls seit dem 1. Juli 2019 nicht in der Lage, seinen Beruf als Jurist auszuüben. Er sei seit dem 24. Juni 2019 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt, sei drei Mal im C.-Klinikum D.-Stadt wegen schwerer depressiver Episoden bzw. wegen einer rezidivierenden depressiven Störung in der Zeit vom 31. Juli bis 30. September 2015, vom 12. November 2015 bis 8. März 2016 und vom 21. April bis 24. Mai 2016 stationär behandelt worden und habe vom 21. Januar 2020 bis 17. März 2020 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme wegen einer bipolaren affektiven Störung teilgenommen. Aufgrund finanzieller Engpässe nach der Trennung von seiner Ehefrau habe er nach Einsparmöglichkeiten gesucht und unter Schilderung dieser Umstände, insbesondere unter der Angabe seiner Erkrankung, den Zeugen A. um Rat gefragt. Dieser habe eine Beitragsfreistellung vorgeschlagen, welcher der Kläger zugestimmt habe. Dabei habe er, der Kläger, nicht gewusst, dass dies zu einer Beendigung der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung führen würde. Hätte er dies erkannt, hätte er die Erklärung nicht abgegeben, da es sich bei der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung um den Hauptgrund für die Versicherung gehandelt habe.
16Der Kläger hat beantragt,
17die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Schadensersatz in Höhe von € 41.523,97 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Februar 2021 zu zahlen;
18die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2021, jeweils zum ersten eines jeden Monats Schadensersatz in Höhe der zum Eintrittszeitpunkt der behaupteten Berufsunfähigkeit am 24. Juni 2019 versicherten monatlichen Berufsunfähigkeitsrente der ehemaligen Berufsunfähigkeitsversicherung bei dem Streitverkündeten (Versicherungsnummer 000000) in Höhe von € 2.377,36 bis längstens 1. Dezember 2039 zu zahlen und diesen künftig jeweils durch die bedingungsgemäße Dynamikerhöhung der ehemaligen Berufsunfähigkeitsversicherung jährlich jeweils am 1. Dezember um 2,5 Prozentpunkte zu erhöhen.
19Die Beklagte und der Streithelfer haben jeweils beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Sie behaupten, der Kläger sei an den Zeugen A. bereits mit dem konkreten Wunsch einer Beitragsfreistellung herangetreten, den der Zeuge nach dem Willen des Klägers ohne weitere Beratung umzusetzen hatte. Der Kläger hätte wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten die Beitragsfreistellung auch dann begehrt, wenn er den Wegfall der Zusatzversicherung gekannt hätte. Dem Kläger sei aus dem behaupteten Fehlverhalten des Zeugen auch kein Schaden entstanden, weil er die Voraussetzungen für den Erhalt von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht dargetan habe. Er habe weder zur Diagnose, noch zu seiner beruflichen Tätigkeit vor Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit, noch dazu vorgetragen, zu welchen Tätigkeiten er noch in der Lage sei. Sein Anspruch sei jedenfalls überhöht. Da der Kläger bei Fortsetzung der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht in der Lage gewesen wäre, die planmäßigen Beitragserhöhungen zu zahlen, hätte er vom Streithelfer auch nicht Rentenleistungen in der begehrten Höhe verlangen können. Den Kläger treffe schließlich ein anspruchsminderndes Mitverschulden, weil er die Police nicht gelesen und sich nicht um anderweitigen Versicherungsschutz gegen Berufsunfähigkeit bemüht habe. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
22Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung des Klägers und Vernehmung des Zeugen A. mit dem am 10. Oktober 2022 verkündeten Urteil abgewiesen. Der Kläger könne aus § 63 VVG keinen Schadensersatzanspruch herleiten, weil der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen habe, dass die Beklagte eine Beratungspflicht traf. Das in sich schlüssige und plausible Vorbringen des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Anhörung stehe in Widerspruch zu der ebenfalls glaubhaften Darstellung des Zeugen A. Es stehe deshalb nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger den Zeugen über seine Erkrankung informiert und den Zeugen konkret nach bestehenden Möglichkeiten zur Kosteneinsparung gefragt habe. Der Zeuge A. habe vor diesem Hintergrund nicht den Schluss ziehen müssen, dass der Kläger noch nicht ausreichend beraten worden war. Einen Beratungsbedarf habe der Zeuge auch deshalb verneinen dürfen, weil die Beitragsfreistellung die einzige Möglichkeit gewesen sei, eine Weiterzahlung der Versicherungsprämien bei gleichzeitigem Erhalt der Wiederauflebensmöglichkeit der Versicherung zu verhindern. Ein Anspruch folge auch nicht aus § 280 BGB wegen der versäumten Weiterleitung der Anfechtungserklärung des Klägers an den Streithelfer. Dieses Versäumnis habe zu keinem Schaden geführt, weil dem Kläger ein Anfechtungsgrund nicht zur Seite gestanden habe.
23Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
24Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Es sei für die Beratungspflicht unerheblich, ob der Zeuge A. von der psychischen Erkrankung des Klägers wusste. Er sei auch ohne Kenntnis zur umfänglichen Aufklärung über die nachteiligen Folgen einer Beitragsfreistellung verpflichtet gewesen.
25Die Beklagte und der Streithelfer tragen unter Wiederholung ihres Vorbringens in erster Instanz auf Zurückweisung der Berufung an.
26Der Senat hat den Kläger am 11. Oktober 2023 auf Unvollständigkeiten im Vortrag hingewiesen und ihm aufgegeben zu seiner beruflichen Tätigkeit vor Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit sowie dazu vorzutragen, ob und bejahendenfalls aus welchen Gründen der Berufsunfähigkeitsversicherungsschutz nicht erlangt werden kann.
27II.
28Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zurecht abgewiesen.
29Der Kläger hat einen Schadensersatz wegen der Verletzung von Aufklärungspflichten aus §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB nicht dargetan. Die Beklagte hat weder durch die unterlassene Aufklärung über mögliche negative Folgen einer Beitragsfreistellung (unten 1.) noch durch versäumte Weiterleitung der Anfechtungserklärung des Klägers an die Beklagte (unten 2.) einen Schaden verursacht. Dem Berufungsvorbringen lässt sich auch nach Hinweis nicht entnehmen, dass dem Kläger durch die Falschinformation der Beklagten, der Berufsunfähigkeitsschutz beim Streithelfer sei erloschen, ein Schaden entstanden ist (unten 3.).
301. Die Berufung rügt allerdings zurecht, dass ein Schadensersatzanspruch des Klägers mit der Begründung des Landgerichts nicht abgelehnt werden durfte. Die Beklagte war verpflichtet, den Kläger auf die Möglichkeit des Verlusts des Versicherungsschutzes gegen Berufsunfähigkeit hinzuweisen.
31a. Es bedarf keiner Entscheidung, ob Grundlage des begehrten Anspruchs § 63 S. 1 VVG ist oder dieser aus den allgemeinen Vorschriften (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB) folgt. Jedenfalls kann der Versicherungsnehmer, hier der Kläger, Ersatz des ihm entstandenen Schadens auch dann verlangen, wenn der Versicherungsmakler eine nicht in den §§ 60, 61 VVG geregelte Pflicht aus dem Maklervertrag mit dem Versicherungsnehmer verletzt hat.
32b. Die Parteien haben nach den insoweit nicht angegriffenen und damit gemäß § 529 Abs. 1 ZPO für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts einen Vertrag geschlossen, in dem sich die Beklagte zur Erbringung von Versicherungsmaklerleistungen verpflichtet hat.
33c. Die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten verletzt, indem sie den Kläger nicht über die Folgen einer Beitragsfreistellung aufgeklärt hat.
34aa. Die Beratung des Klägers zählte zum vertraglichen Pflichtenprogramm der Beklagten.
35Die Pflichten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmaklers gehen weit (BGH, Urteil vom 26. März 2014, IV ZR 422/12 – juris, Rn. 25). Er ist Interessen- und Abschlussvertreter des Versicherungsnehmers. Wegen seiner umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich des Versicherungsverhältnisses des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderischer Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden. Als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers hat er dessen Interessen wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 26. März 2014, IV ZR 422/12 – juris, Rn. 25). Dies gilt nicht nur bei Vertragsschluss, sondern auch bei der Abwicklung des Versicherungsvertrags, etwa bei der Regulierung des Versicherungsschadens (BGH, Urteil vom 30. November 2017, I ZR 143/16 – juris, Rn. 13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2018, I-4 U 47/17). Erst recht treffen den Versicherungsmakler Beratungspflichten bei einer vom Versicherungsnehmer gewünschten Änderung des Versicherungsvertrags. Da eine Vertragsänderung dem Neuabschluss eines Versicherungsvertrags nahekommt, treffen den Versicherungsmakler den in § 61 VVG geregelten vergleichbare Pflichten. Je mehr die in Aussicht genommene Änderung wesentliche Vertragsinhalte betrifft, wie etwa das versicherte Risiko, die Vertragsdauer oder die Gesamtversicherungssumme, desto umfassender muss der Versicherungsmakler den Versicherungsnehmer über die mit der beabsichtigten Änderung verbundenen Nachteile aufklären und Alternativen aufzeigen.
36Die Beklagte war Versicherungsmaklerin des Klägers. Sie hat dem Kläger den Versicherungsvertrag mit dem Streithelfer im Jahr 2008 vermittelt und sodann damit geworben, für ihre Mandanten die „lebensbegleitende Betreuung von Versicherungen“, das heißt „die kontinuierliche Überprüfung und Anpassung des gemeinsam erarbeiteten Konzeptes“ zu übernehmen, mit dem Ziel, ausgehend von einer „Analyse der beruflichen und wirtschaftlichen Situation sowie bereits getroffener Entscheidungen des Mandanten“ „die finanzielle Sicherheit und Leistungsfähigkeit unserer Mandanten langfristig zu stärken“ (Anlage OK 2, Bl. 56 Anlagen KV d.LGA.). Damit hat sie sich verpflichtet, den Kläger nicht nur bei Abschluss des Versicherungsvertrags zu beraten, sondern den Versicherungsvertrag kontinuierlich zu betreuen und den Versicherungsschutz insbesondere bei veränderten Lebenslagen – wie einer veränderten finanziellen Leistungsfähigkeit – zu überprüfen und dabei zu beraten.
37bb. Der Kläger hat auf die Beratung der Beklagten nicht verzichtet. Die Beklagte hat nicht nachgewiesen, dass es dem Kläger ausschließlich um die Ausführung eines konkreten Auftrags ging und er eine Beratung ausdrücklich nicht gewünscht hat.
38Der Versicherungsmakler kann sich zwar vom Vorwurf der Verletzung einer Aufklärungs- und Beratungspflicht entlasten, wenn der Versicherungsnehmer auf eine weitergehende Beratung verzichtet und ausdrücklich die Beschaffung eines unzureichenden Versicherungsschutzes gewünscht hat (BGH, Urteil vom 10. März 2016, I ZR 147/14 – juris, Rn. 30). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
39(1) Das Landgericht hat, wenn auch unter Verkennung der Beweislast, festgestellt, dass der Kläger in seiner informatorischen Anhörung widerspruchsfrei und plausibel erläutert habe, dass er sich aus Gründen der Kostenersparnis an den Zeugen A. gewandt und diesen um Rat gebeten habe. Den ihr obliegenden Gegenbeweis hat die Beklagte nicht erbracht. Die Angaben des Zeugen A. tragen den behaupteten Beratungsverzicht nicht. Der Zeuge hat vielmehr und insoweit in Übereinstimmung mit dem Kläger bekundet, dass ihm der Kläger von seinen finanziellen Schwierigkeiten berichtet und aus diesem Grund eine Beitragsfreistellung gewünscht habe. Dies hätte dem Zeugen Anlass geben müssen, den Kläger über die verschiedenen Einsparmöglichkeiten und deren Folgen aufzuklären. Eine solche Aufklärung war nach dem eigenen Bekunden des Zeugen in solchen Situationen geschuldet („Wenn ein Kunde sagt, dass er finanzielle Einschränkungen hat, dann wird über die verschiedenen Möglichkeiten gesprochen. Unter anderem die Kündigung und die Beitragsfreistellung.“, Bl. 318 d.LGA.). Dass der Kläger „wisse, was er tue“ und deshalb keiner Beratung bedürfe, hat der Zeuge allein aus Angaben seiner Versicherungsakte selbst geschlussfolgert, ohne den Kläger hierzu zu befragen. Ausdrücklich auf Beratung verzichtet hat der Kläger auch nach dem Bekunden des Zeugen nicht. Gegen einen Beratungsverzicht spricht nicht zuletzt, dass der Kläger, hätte er lediglich einen bestimmten Auftrag erteilen wollen, dies telefonisch oder gegenüber dem Streithelfer unmittelbar hätte erledigen können. Dass der Kläger demgegenüber einen Rückruf eines Beraters gewünscht hat, legt einen Beratungsbedarf nahe.
40(2) Die Beklagte kann sich auch nicht auf die von der Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu sogenannten „execution only“-Aufträgen im Bankvertragsrecht berufen. Ein stillschweigend geschlossener Beratungsvertrag kommt demnach dann nicht in Betracht, wenn eine Bank bereits bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung erklärt, sich nur an gut informierte und erfahrene Anleger zu wenden und zur Aufklärung nur durch Übersendung von Informationsbroschüren, nicht aber durch individuelle Hinweise bereit zu sein. Ein Anleger, der der Bank in Kenntnis dessen ohne ein Aufklärungsbegehren eine gezielte Order erteilt, erklärt damit konkludent, dass er weitere Informationen durch die Bank nicht benötige, also nicht aufklärungsbedürftig sei (BGH, Urteil vom 19. März 2013, XI ZR 431/11 – juris). Ungeachtet der Frage, dass die für das Bankgeschäft entwickelten Grundsätze nicht unbesehen auf das von gegenseitigem Vertrauen geprägte Verhältnis zwischen Versicherungsmakler und Versicherungsnehmer anwendbar sind, liegen schon die Voraussetzungen dieser Rechtsprechung im Streitfall nicht vor. Weder hat die Beklagte bei Aufnahme der Geschäftsbeziehung mit dem Kläger erklärt, sich nur an besonders erfahrene Versicherungsnehmer zu wenden und auf individuelle Hinweise zu verzichten, noch hat der Kläger konkludent erklärt, Aufklärung durch die Beklagte nicht zu benötigen.
41d. Dem Kläger ist aufgrund des Beratungsversäumnisses jedoch kein Schaden entstanden. Die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ist nicht erloschen. Der Kläger und der Streithelfer haben sich übereinstimmend darauf geeinigt, dass der Versicherungsschutz bei Wiederaufnahme der Beitragszahlung unverändert fortbesteht.
42aa. Ein darauf gerichtetes Angebot (§ 145 BGB) hat der Kläger mit Schreiben vom 23. Mai 2016 (Anlage OK 4) unterbreitet. Dieser Antrag beinhaltete das Erlöschen des Zusatzversicherungsschutzes nicht.
43Schon nach dem Wortlaut des Schreibens war lediglich von Beitragsfreistellung die Rede. Dass damit etwaige Rechtsfolgen für die Zusatzversicherung verbunden waren, lässt sich dem Antrag nicht entnehmen. Der Streithelfer durfte das Angebot des Klägers in Zusammenschau mit den dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden Bedingungen gemäß §§ 133, 157 BGB auch nur so verstehen, dass eine Wiederaufnahme der Beitragszahlungen bei unverändertem Zusatzversicherungsschutz gewollt war. Nach § 10 Abs. 5 AVB Rente (Anlage OK 1, Bl. 24 ff. Anlagen KV d.LGA.) führt die Beitragsfreistellung grundsätzlich zur beitragsfreien Fortführung der Versicherung mit der Möglichkeit, die Beitragszahlung zum nächstfolgenden Beitragsfälligkeitstermin bei unveränderter Beitragszahlungsweise und Beitragshöhe sowie mit „unverändertem Versicherungsschutz“ wiederaufzunehmen. Lediglich für den Ausnahmefall, dass bei Antragstellung mittels eines Previews festgestellt wird, dass eine Beitragsfreistellung nicht in vollem Umfang möglich ist, hat sich der Streithelfer vorbehalten, den Kläger entsprechend zu informieren und einen alternativen Vorschlag anzubieten (§ 10 Abs. 5 UAbs. 3 AVB Rente).
44bb. Den Antrag des Klägers hat der Streithelfer mit Schreiben vom 8. Juni 2016 angenommen. Sein Wille, von der ihm in § 10 Abs. 5 UAbs. 3 AVB Rente eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen und dem Kläger unter Verweis auf das durchgeführte „Preview“ ein Alternativangebot zu unterbreiten, wonach die Beitragsfreistellung zum Erlöschen des Berufsunfähigkeitsschutzes führt, ist nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen.
45(1) Ob die Annahme eines Vertragsangebots Änderungen enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Änderung muss für den anderen Teil klar und unzweideutig zum Ausdruck kommen. Das gilt vor allem für beigefügte Formulare und sonstige Anlagen (BGH, Urteil vom 18. November 1982, VII ZR 223/80 – juris, Rn. 11). Erklärt der Vertragspartner seinen vom Angebot abweichenden Vertragswillen nicht hinreichend deutlich, kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande (BGH, Urteile vom 14. Mai 2014, VII ZR 334/12 – juris, Rn. 17, und vom 11. Mai 2009, VII ZR 11/08, BGHZ 181, 47 Rn. 35; BAG, Urteil vom 9. März 2021, 9 AZR 312/20, BAGE 174, 224 ff.).
46(2) So liegt der Fall hier. Das Anschreiben und der Nachtrag sind – wie der Senat im Prozesskostenhilfeverfahren mit Beschluss vom 23. Februar 2022 (I-13 W 15/21) ausgeführt hat – im Hinblick auf die Zusatzversicherung irreführend und widersprüchlich und bringen den Willen des Streithelfers, die Beitragsfreistellung nur bei Erlöschen der Zusatzversicherung zu gewähren, nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Der Streithelfer hat in seinem an den Kläger gerichteten Anschreiben den Antrag des Klägers „bestätigt“ und angekündigt, das Lastschriftverfahren ab dem gewünschten Beginn der Beitragsfreistellung einzustellen. Ein Hinweis auf das Erlöschen des Berufsunfähigkeitsschutzes findet sich nicht. Schon diese Formulierungen durften beim Kläger den Eindruck hervorrufen, die Beitragsfreistellung werde ohne den vollständigen Verlust von Versicherungsschutz gewährt. Dieser Eindruck wurde dadurch verstärkt, dass nach dem Anschreiben die Beitragsfreistellung jederzeit beendet und die Beitragszahlung zum nächstfolgenden Beitragsfälligkeitstermin bei „unveränderter Beitragszahlungsweise und Beitragshöhe“ wiederaufgenommen werden könne. Ohne einen gesonderten Hinweis durfte der Kläger auch dieser Information entnehmen, dass im Einklang mit der Lebenserfahrung bei gleichbleibender Beitragshöhe auch der Versicherungsumfang im Wesentlichen gleichbleibt und die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht erlischt.
47Zwar hat der Streithelfer darauf hingewiesen, dass eine Beitragsfreistellung nicht in vollem Umfang möglich sei und wegen der näheren Einzelheiten hierzu und zum Umfang des Versicherungsschutzes auf einen Nachtrag zum Anschreiben verwiesen. Aus diesem Hinweis geht jedoch nicht hervor, dass die Zusatzversicherung erlischt. Vielmehr legt er nahe, dass eine Beitragsfreistellung nur in Teilen („nicht in vollem Umfang“) in Betracht kommt. Ohne besonderen und ausdrücklichen Hinweis auf den Verlust der Zusatzversicherung war der Kläger nicht gehalten, den Nachtrag daraufhin zu überprüfen.
48Hinreichend deutlich kommt das in Aussicht gestellte Erlöschen der Zusatzversicherung auch nicht dadurch zum Ausdruck, dass der Streithelfer am Ende seines Anschreibens darauf aufmerksam macht, der Versicherungsschutz bleibe nach Wiederaufnahme der Beitragszahlung unverändert „gemäß beiliegendem Nachtrag“. Auf den ersten Blick vermittelt das Anschreiben damit erneut den Eindruck eines unveränderten Versicherungsschutzes bei Wiederaufleben der Beitragspflicht. Dieser Eindruck wird durch den Nachtrag nicht zerstreut, weil auch dieser unübersichtlich und verwirrend ist. Er ist überfrachtet mit einer Beispielrechnung ohne jeden Bezug zu der vereinbarten Beitragsfreistellung, die dem Kläger offenbar die mögliche Wertentwicklung der Rentenversicherungsleistung bei beitragsfreier Fortführung vor Augen führen soll und damit von dem gravierenden Verlust der Zusatzversicherung ablenkt. Das vom Streithelfer vorgeschlagene Erlöschen der Zusatzversicherung findet sich erst am Ende des Nachtrags an wenig prominenter Stelle und ohne besondere Hervorhebung. Dass die Überschrift „Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung“ fettgedruckt ist, reicht in der Gesamtschau nicht.
49cc. Selbst wenn in dem Schreiben des Streithelfers vom 8. Juni 2016 eine Ablehnung des klägerischen Antrags auf Beitragsfreistellung, verbunden mit einem abändernden Antrag im Sinne von § 150 Abs. 2 BGB zu erblicken wäre, hätte der Kläger dieses Angebot nicht angenommen. Der Kläger hat dem veränderten Antrag, den er als solchen gar nicht zur Kenntnis genommen hat, weder ausdrücklich zugestimmt, noch ist sonst ein Verhalten des Klägers innerhalb der Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB ersichtlich, das der Streithelfer als konkludente Zustimmung des Klägers werten durfte. Der Streithelfer durfte schließlich auch das Schweigen des Klägers auf das veränderte Angebot nicht als Zustimmung verstehen. Durch Schweigen kann der neue Antrag nur angenommen werden, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet war, seine etwaige Ablehnung zu erklären, etwa bei nur unwesentlichen Änderungen (OLG Hamm, Urteil vom 21. Mai 1996, 29 U 166/95, NJW-RR 1996, 1454; OLG Jena, Urteil vom 18. Januar 2006, 2 U 547/05 – juris, Rn. 24). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil der Wegfall der Zusatzversicherung eine wesentliche Änderung des Versicherungsvertrags bedeutet.
502. Die Feststellung des Landgerichts, dass dem Kläger wegen der versäumten Weiterleitung des Anfechtungsschreibens vom 29. Januar 2017 an den Streithelfer kein Schaden entstanden ist, greift die Berufung nicht an. Die Anfechtung seiner Angebotserklärung vom 23. Mai 2016 war dem Kläger nicht möglich, weil sich der Kläger nicht über die Rechtsfolgen seines Antrags geirrt hat. Das vermeintliche Erlöschen der Zusatzversicherung beruht nicht auf seinem Antrag, sondern auf dem vom Streithelfer gewünschten Änderungsvertrag. Da der Kläger das Angebot auf den Abschluss des Änderungsvertrags nicht angenommen hat, konnte er eine dahin gerichtete Willenserklärung auch nicht anfechten.
513. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein Schaden entstanden ist, weil ihn die Beklagte mit E-Mail vom 26. Januar 2017 dahingehend falsch informiert hat, dass der Versicherungsvertrag, dessen Beitragspflicht ausgesetzt war, nur ohne den Bestandteil der Berufsunfähigkeitsversicherung wieder in Kraft gesetzt werden könne und die Berufsunfähigkeitsversicherung neu abgeschlossen werden müsse (Anlage OK 7, Bl. 75 Anlagen KV d.LGA.).
52a. Die Beklagte hat allerdings auch insoweit ihre vertraglichen Pflichten verletzt.
53Der Versicherungsmakler haftet auf der Grundlage seines Vertrages für Pflichtverletzungen auch nach Vertragsabschluss, soweit ihm bei der Überprüfung des Versicherungsschutzes oder der sonstigen Verwaltung des Versicherungsvertrages Fehler unterlaufen sind (BGH, Urteil vom 30. November 2017, I ZR 143/16 – juris, Rn. 13 ff.; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 7. Auflage 2022, § 63 Rn. 3).
54So liegt der Fall hier. Die Beklagte war zu zutreffender Beratung und Informationserteilung verpflichtet, nachdem der Kläger sich mit E-Mail vom 25. Januar 2017 mit der Bitte um Auskunft an sie gewandt hatte, welche Schritte zu unternehmen seien, um die beitragsfrei gestellte Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung wieder aufleben zu lassen. Bei der Überprüfung des Versicherungsschutzes sind der Beklagten Fehler unterlaufen. Die von ihr gegebene Information war unzutreffend, weil die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nach dem oben Gesagten weiter fortbestand.
55b. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten; sie handelte fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) und hat die Vermutung schuldhaften Handelns (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht widerlegt. Auch die gegen die Kausalität der Pflichtverletzung für den behaupteten Schaden vorgebrachten Einwendungen der Beklagten sind nicht durchschlagend.
56c. Dem Berufungsvorbringen lässt sich jedoch auch nach Hinweis nicht entnehmen, dass dem Kläger aus der Falschberatung der Beklagten ein Schaden entstanden ist. Dies wäre – worauf der Senat am 11. Oktober 2023 hingewiesen hat (Bl. 223 ff. d.OLGA.) – nur dann der Fall, wenn der Kläger berufsunfähig ist und der Streithelfer dem Kläger aufgrund des Beratungsfehlers der Beklagten nicht zur Auszahlung der vertraglich versprochenen Versicherungsleistungen verpflichtet wäre. Hierzu hat der Kläger nichts vorgetragen. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich schon nicht entnehmen, dass Versicherungsschutz aus der beim Streithelfer gehaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht erreichbar ist. Der Kläger hat nach Hinweis lediglich behauptet, dass der Streitverkündete im Januar 2017 die Aktivierung des Berufsunfähigkeitsschutzes von einer Gesundheitsprüfung abhängig gemacht habe, die er, der Kläger, zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestanden hätte. Dieser Vortrag ist unbeachtlich, weil der Streitverkündete im Falle der Berufsunfähigkeit des Klägers zur Erbringung der versprochenen Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ohne erneute Gesundheitsprüfung verpflichtet war. Ob ein Schaden auch deshalb zu verneinen ist, weil der Kläger nicht dargetan hat, welche prägenden Tätigkeiten er in seinem zuletzt ausgeübten Beruf verrichtete, welchen zeitlichen Anteil an der Gesamttätigkeit sie einnahmen und ob und gegebenenfalls welche der übrigen, der Kerntätigkeit untergeordneten Tätigkeiten er noch ausführen kann, bedarf keiner Entscheidung.
57III.
58Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 101, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
59Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren beträgt bis € 155.000,00.
60Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
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