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Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat regt aus Kostengründen (Gebührenermäßigung gem. Nr. 1213 KV GKG) die Rücknahme der Berufung an.
Es besteht Gelegenheit, binnen vier Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe:
2I.
3Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine private Krankenversicherung (Vers.-Nr. 001). Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von der Beklagten vorgenommener Prämienanpassungen und die hieraus resultierenden Ansprüche. Gegenstand der Klage sind die Präminenanpassungen zum 01.01.2018 und zum 01.01.2021, jeweils in dem Tarif EXP1 und im hierauf erhobenen gesetzlichen Zuschlag (§ 149 VAG) für die Betragsentlastung im Alter GZN10. Allen Prämienanpassungen lagen als Auslöser Veränderungen in der Berechnungsgröße Versicherungsleistungen zugrunde, wobei die Abweichung der tatsächlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen bei der Prämienanpassung 2021 über 5 % und unter 10 % lag. Bezüglich der Prämienanpassung 2018 hat der Kläger bestritten, dass die Veränderung 10 % überschritten hat, ohne dass Vortrag zu deren konkreter Höhe erfolgt wäre.
4Der Kläger wurde über die Prämienanpassungen wie folgt informiert:
5Mit Schreiben vom 22.11.2017 – zugleich Nachtrag zum Versicherungsschein – kündigte die Beklagte dem Kläger eine Beitragsänderung zum 01.01.2018 wie folgt an:
6„Sehr geehrter Herr A.,
7heute möchten wir Sie über die Änderung Ihres Beitrags informieren.
8Leistungen und Beiträge müssen sich stets die Waage halten. Um das sicher zu stellen, sind alle Versicherer gesetzlich dazu verpflichtet, einmal im Jahr die kalkulierten mit den tatsächlich ausgezahlten Leistungen zu vergleichen. Dieser Vergleich hat ergeben, dass die Beiträge verschiedener Tarife angepasst werden müssen.
9Weitere Informationen zur Beitragsanpassung finden Sie im beiliegenden Merkblatt.
10Neue gesetzliche Regelungen machen Änderungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen und den Tarifbedingungen der Krankentagegeldversicherung erforderlich, über die wir Sie mit der beiliegenden Übersicht informieren.
11Die folgende Aufstellung informiert Sie darüber, wie sich die Beitragsänderungen auf Ihren Vertrag auswirken. Für Kranken- und Pflegepflichtversicherte bei der B. gilt: Wenn Sie heute ausschließlich Informationen zu Ihrer Krankenversicherung erhalten, dann bleibt der Beitrag Ihrer Pflegepflichtversicherung bei der B. unverändert.“ (Bl. 67 LGA)
12In dem Schreiben sind der Tarif EXP1 und der gesetzliche Zuschlag von 10 % als „geändert“ gekennzeichnet.
13In dem beigefügten Merkblatt „Wichtige Hinweise zu Ihrer Krankenversicherung“ führt die Beklagte u.a. aus:
14„Was sind die rechtlichen Grundlagen für eine Beitragsanpassung? |
Die rechtlichen Grundlagen für die Beitragsänderungen ergeben sich u. a. aus § 203 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 155 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und § 8b Abs. 1.1 der Musterbedingungen 2009 des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (MB/KK09 bzw. MB/KT09). |
Weshalb müssen die Beiträge angepasst werden? |
Um für ein ständiges Gleichgewicht zwischen Beiträgen und Leistungen zu sorgen, ist im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) vorgeschrieben, jährlich die tatsächlich erforderlichen mit den kalkulierten Leistungen zu vergleichen. Weichen die Werte in einem bestimmten, gesetzlich festgelegten Umfang voneinander ab, müssen die Beiträge nachkalkuliert werden. Dabei sind wir verpflichtet, neben den Leistungsausgaben auch alle anderen Rechnungsgrundlagen, wie zum Beispiel den Rechnungszins und die Lebenserwartung, zu aktualisieren. Übrigens: Ohne die Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders ist eine Beitragsanpassung nicht möglich. |
Wieso kommt es in manchen Tarifen zu stärkeren Beitragssprüngen? |
Weichen die Werte der Leistungsentwicklung nicht in dem gesetzlich festgelegten Umfang voneinander ab, dürfen die Beiträge nicht angepasst werden. Dann bleiben auch die anderen Rechnungsgrundlagen unverändert, obwohl zum Beispiel der Rechnungszins gesunken ist. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt die Beiträge angepasst werden müssen (siehe oben), sind diese erforderlichen Änderungen (z. B. schrittweise Senkungen des Rechnungszinses) auf einmal nachzuholen. |
Welchen Einfluss hat die Entwicklung an den Kapitalmärkten? |
Bei der Kalkulation wird für den Sparanteil des Beitrags (Alterungsrückstellung) ein bestimmter Zinssatz zu Grunde gelegt, der so genannte Rechnungszins. Die Zinsen an den Kapitalmärkten sind in den vergangenen Jahren stark gesunken. Die Zinsdifferenz muss durch einen höheren Sparanteil im Beitrag ausgeglichen werden. (…)“ (Bl. 71 LGA) |
Mit Schreiben aus November 2020 kündigte die Beklagte dem Kläger eine Beitragsänderung zum 01.01.2021 wie folgt an:
16„Sehr geehrter Herr A.,
17in den vergangenen Monaten hat uns die Pandemie unterschiedlich gefordert. Eines ist in dieser Zeit besonders deutlich geworden: Die Gesundheit steht an erster Stelle.
18Mit der B. haben Sie einen sicheren Partner für Ihre Gesundheit gewählt. Denn wir garantieren Ihnen die vereinbarten Leistungen ein Leben lang.
19Um das Leistungsversprechen halten zu können, sind alle Versicherer gesetzlich dazu verpflichtet, einmal im Jahr die kalkulierten mit den tatsächlich ausgezahlten Leistungen und die Veränderung der Lebenserwartung zu vergleichen. Dieser Vergleich hat ergeben, dass sich die Leistungsausgaben verändert haben. Aus diesem Grund müssen wir die Beiträge verschiedener Tarife anpassen.
20Sie können sich weiterhin auf Ihre hochwertige Gesundheitsversorgung verlassen. Hierfür zahlen Sie ab dem 01.01.2021: 679,54 EUR Beitrag im Monat (+ 68,54 EUR)
21Ein unabhängiger Treuhänder hat - wie vom Gesetzgeber festgelegt - die Änderungen geprüft und ihnen zugestimmt. Wie sich Ihr Beitrag zusammensetzt, können Sie der folgenden Tabelle entnehmen…“ (Bl. 75 LGA).
22In der Tabelle ist der Tarif ESP1 als geändert markiert. Dem Schreiben liegt folgender Text bei:
23„Detaillierte Gründe und Informationen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2021
24Was sind die rechtlichen Grundlagen für eine Beitragsanpassung?
25Die rechtlichen Grundlagen für die Beitragsänderungen ergeben sich u. a. aus § 203 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 155 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und § 8b der Musterbedingungen 2009 des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (MB/KK09 bzw. MB/KT09).
26Weshalb müssen die Beiträge angepasst werden?
27Bei der Kalkulation des Beitrags berücksichtigen wir sämtliche Rechnungsgrundlagen, die in § 2 Krankenversicherungsaufsichtsverordnung (KVAV) genannt sind. Das sind sinngemäß zum Beispiel Kosten für Heilbehandlungen, die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen in Deutschland und die Verzinsung der Kapitalanlagen.
28Diese Rechnungsgrundlagen ändern sich im Laufe der Jahre, zum Beispiel durch den medizinischen Fortschritt, die steigende Lebenserwartung und das anhaltend niedrige Zinsniveau. Die Leistungen, die Sie mit uns vertraglich vereinbart haben, sind aber dauerhaft garantiert.
29Um dieses Leistungsversprechen erfüllen zu können, vergleichen wir jährlich für jeden Tarif die tatsächlichen Leistungsausgaben mit den kalkulierten Leistungen. Ergibt sich aus diesem Vergleich je nach Tarif eine Abweichung von über fünf bzw. zehn Prozent, müssen wir alle Beiträge eines Tarifs überprüfen. Verändert sich die tatsächliche Lebenserwartung von der eingerechneten um mehr als fünf Prozent, müssen die Beiträge ebenfalls überprüft werden. Ist die Abweichung nicht nur vorübergehend, passen wir die Beiträge an. Die genannten Prozentwerte sind lediglich Indikator dafür, dass die Beiträge insgesamt genauer zu überprüfen sind. Sie geben aber nicht vor, in welchem Umfang angepasst werden muss. Ist eine Anpassung erforderlich, müssen wir auch alle anderen Rechnungsgrundlagen aktualisieren.
30Welche maßgeblichen Rechnungsgrundlagen gibt es?
31Medizinischer Fortschritt und steigende Lebenserwartung
32Durch den fortlaufenden medizinischen Fortschritt sind die Kosten im Gesundheitswesen in den letzten Jahren im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten überproportional gestiegen. Allein die Veränderung der Versicherungsleistungen gibt keinen Aufschluss darüber, in welchem Umfang die Beiträge geändert werden müssen. Erst wenn alle Rechnungsgrundlagen überprüft und neu kalkuliert sind, steht fest, wie sich der Beitrag ändert. Das erklärt, weshalb es auch bei sinkenden Leistungsausgaben im Ergebnis zu einer Beitragserhöhung kommen kann. Erfreulicherweise steigt die Lebenserwartung weiter an - nicht zuletzt auf Grund des hohen Standards medizinischer Versorgung. Dies bedeutet aber auch, dass immer mehr und länger Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen werden.
33Längere Vertragslaufzeiten
34Um die gestiegene Lebenserwartung angemessen zu berücksichtigen, werden jährlich vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) die Sterbewahrscheinlichkeiten und die restliche Lebenserwartung ermittelt und bei Bedarf aktualisiert. Im Rahmen der Beitragsanpassung zum 01.01.2021 findet die PKV-Sterbetafel PKV-2021 Berücksichtigung. Im Durchschnitt bestehen Verträge in der privaten Krankenversicherung heute länger als früher. Somit nehmen die Versicherten entsprechend länger medizinische Leistungen in Anspruch. Es wird mehr Geld zum Aufbau der Alterungsrückstellung benötigt, was auch einen Teil der Beitragsanpassung erklärt.
35Sinkender Rechnungszins
36Der Rechnungszins ist der Zinssatz, mit dem die Alterungsrückstellung (mindestens) verzinst wird. Die Alterungsrückstellung ist das finanzielle "Polster", das vor Beitragserhöhungen allein auf Grund des Älterwerdens schützt. Sie wird am Kapitalmarkt angelegt und je höher die erwirtschaftete Rendite ist, umso mehr kann der Alterungsrückstellung zugeführt werden. Sinken die Zinsen, sinken folglich die Renditen und der "Topf" Alterungsrückstellung muss anders - in diesem Fall mit höheren Beiträgen - aufgefüllt werden.
37Wie kommt es, dass die Beiträge in manchen Tarifen stärker steigen?
38Weichen die prozentualen Werte der Leistungsentwicklung nicht in dem oben beschriebenen Umfang voneinander ab, dürfen die Beiträge nicht angepasst werden. Dann bleiben auch die anderen Rechnungsgrundlagen unverändert, obwohl zum Beispiel der Rechnungszins gesunken ist. Wenn dann die Beiträge zu einem späteren Zeitpunkt angepasst werden müssen, sind auch diese erforderlichen Änderungen (zum Beispiel schrittweise Senkungen des Rechnungszinses) auf einmal aufzuholen.
39Wer überprüft die Beitragsanpassung?
40Der von der B. unabhängige Treuhänder prüft, ob die rechtlichen Vorgaben für die Beitragsanpassung eingehalten werden. Er achtet unter anderem darauf, dass die Beiträge nicht zu hoch, aber auch nicht zu niedrig bemessen sind.
41Was geschieht im Hinblick auf den zeitlich befristeten Beitragsnachlass (Bonus)?
42Um Beitragserhöhungen zu begrenzen, erhalten Sie gegebenenfalls einen aus den Unternehmensüberschüssen finanzierten Bonus. In Ihren Unterlagen wird er als "zeitlich befristeter Bonus" ausgewiesen. Dieser Bonus hat eine Laufzeit von einem Jahr und bleibt damit zunächst bis zum 31.12.2021 erhalten.
43Ändern Sie Ihren Versicherungsschutz, kann sich das auf die Höhe des Bonus auswirken. Zur Ermittlung des für die Beitragsrückerstattung maßgeblichen Monatsbeitrags wird der Bonus abgezogen.
44Kann ich meinen Vertrag ändern?
45Bei einem Tarifwechsel ist Einiges zu beachten. Bitte sprechen Sie uns an. Den Wortlaut der entsprechenden Gesetzesregelung - § 204 VVG - finden Sie in der Beilage "Wichtig zu wissen".
46Wie kommt es zu der Beitragsanpassung in meinen Tarifen?
47In Ihrem Vertrag sind Tarife von der Beitragsanpassung zum 01.01.2021 betroffen. Maßgeblicher Grund dafür ist die Änderung der Leistungsausgaben, die nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht nur vorübergehend ist.
48In der folgenden Tabelle finden Sie die durchschnittliche Veränderung der Leistungsausgaben Ihrer Versichertengemeinschaft. Wie bereits beschrieben, gibt dieser Wert keinen Aufschluss über die tatsächliche Höhe Ihrer Beitragsänderung, da noch weitere Rechnungsgrundlagen berücksichtigt werden mussten. Aufgeführt sind nur die Tarife, die in Ihrem Vertrag von der Beitragsanpassung betroffen sind. Gibt es keinen Eintrag, hat sich die Rechnungsgrundlage nicht geändert oder sie hat keine Auswirkungen auf die Änderung Ihres Beitrags. Der Rechnungszins kann je nach Tarif variieren.
49Tarif |
Durchschnittliche Veränderung der Versicherungsleistungen |
Verlängerung der Lebenserwartung (PKV-Sterbetafel) von … auf … |
Rechnungszins von … auf … |
Zeitpunkt der letzten Beitragsanpassung |
A., geb. am 00.00.1988 |
||||
EXP1 |
+5,54 % |
2018 2021 |
2,75 % 2,40 % |
01.01.2018 |
Wir hoffen, Ihnen mit diesen Informationen die Hintergründe zur Beitragsanpassung näher gebracht zu haben. Ergeben sich noch Fragen, melden Sie sich gerne.“ (Bl. 78 f. LGA)
51Mit seiner Klage vom 26.04.2021 hat der Kläger zunächst nur die formelle Unwirksamkeit der Prämienanpassung vom 01.01.2018 behauptet, da die Mitteilungen nicht den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügt habe. Er hat später auch die Prämienanpassung vom 01.01.2021 angefochten und die Rüge auf die materielle Unwirksamkeit beider Prämienanpassungen erstreckt. Diese soll zum einen daraus folgen, dass die an § 8b MB/KK angelehnte Regelung in § 8b der AVB, die eine Prämienanpassung auch bei einem Abweichen der tatsächlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen von unter 10 % erlaube, unwirksam sei. Zum anderen hat der Kläger erstmalig mit Schriftsatz vom 04.03.2022 die materielle Unwirksamkeit auch damit begründet, dem Treuhänder hätten bei der Überprüfung gem. § 155 Abs. 2 VVG falsche Unterlagen vorgelegen oder es hätten Unterlagen gefehlt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 04.03.2022, dort Seiten 2 ff. (Bl. 314 ff. LGA) Bezug genommen.
52Das Landgericht hat dem Kläger im Verhandlungstermin vom 06.04.2022 folgende Hinweise erteilt:
53„Das Vorbringen des Klägers erfolgt unter Bezugnahme auf ein Verfahren vor dem OLG Stuttgart, das aber offenbar andere Prämienerhöhungen in anderen Tarifen und wohl auch eines anderen Krankenversicherers betraf.
54Dem Kläger ist tatsächlich gar nicht bekannt, welche Unterlagen dem Treuhänder tatsächlich vorgelegt worden sind. Danach erfolgte das Vorbringen des Klägers diesbezüglich ins Blaue hinein und ist unbeachtlich.
55Auskunft hinsichtlich der dem Treuhänder vorgelegten Unterlagen und deren Inhalts hat der Kläger zu keiner Zeit begehrt. Da der Treuhänder die ihm vorgelegten Unterlagen zur Durchführung der Prüfung tatsächlich für ausreichend gehalten hat, wäre es aus Sicht des Gerichts Sache des Klägers gewesen darzulegen, welche Unterlagen bzw. Informationen der Treuhänder über die erlangten hinaus zu einer ordnungsgemäßen Prüfung benötigt hätte.“ (Bl. 391 LGA)
56Hierauf hat der Kläger u.a. erwidert, es sei zwar zutreffend, dass die von ihm zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart gegen einen anderen Versicherer ergangen sei. Allerdings gebe es nur 16 Treuhänder in Deutschland. Demnach sei es nicht ausgeschlossen, dass der gleiche Treuhänder den Beitragserhöhungen im vorliegenden Fall zugestimmt habe, ohne dass ihm vollständige Unterlagen vorgelegen hätten. Dies sei jedenfalls nicht auszuschließen und eine Behauptung ohne Kenntnis folglich nicht unzulässig. Die weiteren Angaben und Unterlagen verwahre die Beklagte unter Geheimhaltung, sodass diese in keinem Fall außergerichtlich eingesehen werden könnten.
57Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
58Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Mitteilungsschreiben der Beklagten hielten den formalen Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG stand.
59Die Prämienanpassungen seien auch nicht materiell unwirksam. Die Absenkung des Schwellenwertes in § 8b Abs. 2 AVB sei selbst dann wirksam, wenn die in den AVB geregelte Erweiterung des Rechts zur Beitragsanpassung bei einer nur vorübergehenden Veränderung der Versicherungsleistungen unwirksam sei. Es handele sich um voneinander unabhängige Regelungen.
60Schließlich sei das Bestreiten eines ordnungsgemäßen Treuhänderverfahrens unbeachtlich, da dem Kläger offenkundig nicht bekannt sei, welche Unterlagen dem Treuhänder tatsächlich vorgelegt worden seien. Dies hätte der Kläger zunächst im Wege der Auskunft klären müssen, um dann substantiiert vorzutragen. Dies habe er jedoch nicht getan und auf das Vorbringen der Beklagten, die Unterlagen könnten nach Abgabe einer Geheimhaltungserklärung vorgelegt werden, eine solche nicht abgegeben. Mangels substantiierten Vortrages bestehe daher keine Veranlassung, die Vollständigkeit der dem Treuhänder vorgelten Unterlagen weiter zu überprüfen.
61Hinsichtlich der Feststellungen des Landgerichts im Einzelnen wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf die Feststellungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
62Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Anträge im Wege der Abweisung weiter. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus erster Instanz. Zur Unwirksamkeit der Klausel aus §8b Abs. 2 AVB beruft sich der Kläger auf ein Urteil des OLG Köln vom 22.09.2020 (9 U 237/19). Zur materiellen Unwirksamkeit wegen dem Treuhänder unzureichend vorgelegter Unterlagen verweist er vertiefend auf die Darlegungs- und Beweislast der Beklagten und seine Unkenntnis der Vorgänge und geheimen Unterlagen, die es erforderlich mache und erlaube, diesbezüglich Prozessbehauptungen aufzustellen. Weil die Unterlagen geheimhaltungsbedürftig seien, erschließe sich nicht, wie der Kläger an die Unterlagen gelangen solle. Wenigstens hätte die Herausgabe der Unterlagen angeordnet werden müssen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Vorbringen auf den Seiten 13 ff. der Berufungsschrift vom 17.05.2022 (Bl. 17 ff. OLGA) Bezug genommen.
63Der Kläger beantragt sinngemäß,
64das Urteil des Landgericht Wuppertal vom 11.05.2022 (3 O 79/21) abzuändern und wie folgt zu erkennen:
651. Es wird festgestellt, dass die Prämienerhöhungen in den Tarifen EXP1 und GZN10 zum 01.01.2018 und im Tarif EXP1 zum 01.01.2021 unwirksam waren und die Klägerseite nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet ist.
662. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.801,07 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
673. Festzustellen, dass die Beklagte
68a) ihm zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die sie aus dem Prämienanteil gezogen hat, den er
69aa) auf die unter 1. aufgeführten Beitragserhöhungen gezahlt hat,
70bb) auf die Erhöhungen im Tarif „EXP1“: zum 01.01.2018 um 60,50 € und zum 01.01.2021 um 68,54 € im Tarif „GZN10“: zum 01.01.2018 um 6,05 € gezahlt hat,
71b) die nach 3. a) herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen hat.
72Die Beklagte beantragt,
73die Berufung zurückzuweisen.
74Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz.
75II.
76Im Ergebnis überwiegend zutreffend ist das Landgericht stillschweigend von der Zulässigkeit der Feststellungsanträge ausgegangen.
771.
78Der Kläger kann die Feststellung der Unwirksamkeit von Beitragsanpassungen beantragen. Die Zulässigkeit der Feststellungsanträge folgt im Sinne einer Zwischenfeststellungsklage daraus, dass sie vorgreifliche Rechtsfragen zu den Zahlungsanträgen betreffen (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2020, IV ZR 294/19, Rz. 20 = NJW 2021, 378, 379 a.E.). Bei Zwischenfeststellungsklagen macht die Vorgreiflichkeit das Feststellungsinteresse entbehrlich (BGH a.a.O.).
79Lediglich soweit der Antrag darüber hinaus die Feststellung umfasst, der Kläger sei nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrages verpflichtet, ist der Antrag nicht ausschließbar auch in die Zukunft gerichtet und besitzt daher keinen der Rechtskraft gem. § 322 ZPO fähigen Inhalt.
802.
81Auch der Antrag auf Feststellung der Pflicht zur Nutzungsherausgabe ist zulässig (vgl. BGH, Urteile vom 19.12.2018, IV ZR 255/17, BGHZ 220, 297-323, Rz. 17, und vom 16.12.2020, IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56-75, Rz. 19 f.). Für die Zulässigkeit der Klage maßgeblich ist insoweit allein, ob nach dem Vorbringen des Klägers solche Ansprüche, die ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung begründen, möglich sind. Hiergegen ist auch von Seiten der Beklagten nichts eingewandt worden.
82III.
83Die Zulässige Berufung ist unbegründet. Die Prämienanpassungen sind formell wie materiell rechtmäßig, sodass Ansprüche des Klägers insgesamt ausscheiden.
84A.
85Alle Prämienanpassungen sind formell wirksam. Dies hat der Senat für vergleichbare Prämienanpassungen zum 01.01.2018 bereits durch Urteil vom 12.07.2022 (I-13 U 133/21), im Verfahren I-13 U 266/22 durch Zurückweisungsbeschluss vom 09.01.2023 und im Verfahren I-13 U 168/21 durch Hinweisbeschluss vom 10.01. und Zurückweisungsbeschluss vom 14.02.2023 entschieden.
861.
87Die formelle Wirksamkeit der Prämienanpassungen richtet sich nach § 203 Abs. 2, Abs. 5 VVG, soweit die Neufestsetzung der Prämie der Krankenversicherung auf einer Veränderung der Prämienkalkulation mit den Rechnungsgrundlagen Versicherungsleistungen und Sterbewahrscheinlichkeit beruht, wobei für die Anpassungen der Kläger gegenüber eine Änderung ausschließlich der Rechnungsgrundlage Versicherungsleistungen in Rede steht.
88Nach § 203 Abs. 5 VVG wird bei einer Prämienanpassung nach § 203 Abs. 2 VVG die für die Wirksamkeit der Neufestsetzung angeordnete Frist erst durch die Mitteilung einer den Anforderungen des § 203 Abs. 5 VVG genügenden Begründung in Gang gesetzt. Bei der Krankenversicherung des Klägers handelt es sich um eine sog. substitutive Krankenversicherung, bei der das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherungsunternehmens in Übereinstimmung mit § 146 Abs. 1 Nr. 3 VAG ausgeschlossen ist.
892.
90Die an den erforderlichen Inhalt der Begründung gem. §§ 203 Abs. 2, Abs. 5 VVG gestellten Anforderungen sind nicht hoch. Dem Versicherungsnehmer müssen nicht alle Gründe der Beitragserhöhung genannt werden, sondern nur die für die Prämienanpassung entscheidenden Umstände (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56 Rz. 29). In diesem Sinne entscheidend ist nur, ob eine Veränderung der erforderlichen gegenüber den kalkulierten Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeiten die in § 155 Abs. 3 und 4 VAG oder in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen geregelten Schwellenwerte überschreitet oder nicht (BGH, Urteil vom 17. November 2021, IV ZR 113/20 – juris, Rz. 27). Dagegen ist die Höhe der Veränderung dieser Rechnungsgrundlagen nicht entscheidend. Die Überprüfung wird ausgelöst, sobald der Schwellenwert überschritten wird (BGH, Urteile vom 21. Juli 2021, IV ZR 191/20 – juris, Rz. 26, und vom 16. Dezember 2020, IV ZR 294/19 – juris, Rz. 29).
91Die Norm zielt in erster Linie darauf ab, dem Versicherungsnehmer einen gewissen Zeitraum zu belassen, um sich auf eine ihm mitgeteilte Vertragsänderung einzustellen und darüber klar zu werden, ob er innerhalb der zeitgleich ausgestalteten Frist des § 205 Abs. 4 VVG sein Kündigungsrecht ausübt oder die Prämienänderung zum Anlass nimmt, von seinem Tarifwechselrecht nach § 204 VVG Gebrauch zu machen. Daneben soll die Mitteilung der maßgeblichen Gründe dem Versicherungsnehmer zeigen, was der Anlass für die konkrete Prämienanpassung war. Die Mitteilung erfüllt so den Zweck, dem Versicherungsnehmer zu verdeutlichen, dass weder sein individuelles Verhalten noch eine freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war, sondern dass eine bestimmte Veränderung der Umstände dies aufgrund gesetzlicher Regelungen veranlasst hat. Das wird durch die Angabe der Rechnungsgrundlage, die die Prämienanpassung ausgelöst hat, erreicht.
92Zudem muss der Versicherungsnehmer erkennen können, dass eine Veränderung der Rechnungsgrundlage über dem geltenden Schwellenwert die konkrete Beitragserhöhung ausgelöst hat (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, IV ZR 294/19 – juris, Rz. 29). Die Mitteilungspflicht hat hingegen nicht den Zweck, dem Versicherungsnehmer eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 16. Dezember 2020, IV ZR 314/19 – juris, Rz. 29 ff., und IV ZR 294/19 – juris, Rz. 34 ff.).
933.
94Ob die Mitteilung einer Prämienanpassung den gesetzlichen Anforderungen genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden (BGH, Urteil vom 14. April 2021 – IV ZR 36/20 –, Rz. 23, juris). Soweit den Feststellungen des Landgerichts tatrichterliches Ermessen zugrunde liegt, ist der Senat an diese Feststellungen gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen. Entsprechende Zweifel an den Feststellungen des Landgerichts zur formellen Wirksamkeit der Prämienanpassungen hat die Berufung des Klägers nicht begründet.
95Das Landgericht hat jeweils dahin entschieden, den Mitteilungen der Beklagten sei im Zusammenspiel von Anschreiben mit Nachtrag zum Versicherungsschein und Informationsblättern mit der erforderlichen Klarheit zu entnehmen, dass die Überprüfung der Versicherungsleistungen höhere Kosten als kalkuliert ergeben habe, was sich konkret auf die im Nachtrag genannten Tarife bezogen habe. Dies überzeugt und lässt Fehler nicht erkennen. Die Mitteilungen sind auch im Übrigen formell nicht zu beanstanden:
96Prämienanpassung 2018
97Die Prämienanpassung zum 01.01.2018 ist formell wirksam. Der Kläger kann dem Anschreiben vom 22.11.2017 entnehmen, dass die Erhöhung Folge eines Vergleichs der kalkulierten mit den ausgezahlten Leistungen ist. Mit dem Begriff der „Leistungen“ ist für den verständigen Versicherungsnehmer erkennbar die Rechnungsgröße „Versicherungsleistungen“ aus § 203 Abs. 2 VVG gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, IV ZR 314/19 – juris, Rz. 37; OLG Hamm, Urteil vom 30. Juni 2021, 20 U 155/20, VersR 2021, 1352). Hierfür spricht auch, dass im Merkblatt „Wichtige Hinweise zu Ihrer Krankenversicherung“ unter der Überschrift „Weshalb müssen die Beiträge angepasst werden?“ der Begriff der Leistung synonym mit „Leistungsausgaben“ verwendet wird, was wiederum mit Versicherungsleistungen gleichzusetzen ist. Dem Merkblatt können zugleich die möglichen Rechtsgrundlagen für eine Prämienanpassung entnommen werden (§§ 203 Abs. 2 VVG, 155 VAG bzw. § 8b Abs. 1 MB/KK09 bzw. MB/KT 09), woraus ersichtlich ist, dass die Prämienanpassung nicht auf dem individuellen Verhalten oder einer freien Entscheidung des Versicherers beruht. Das Erfordernis eines Schwellenwertes wird ebenfalls im Merkblatt erläutert. Unter der Überschrift „Wieso kommt es in manchen Tarifen zu stärkeren Beitragssprüngen?“ erfährt der interessierte Versicherungsnehmer, dass nicht jede Abweichung zu einer Anpassung führt, sondern nur eine solche in einem „festgelegten Umfang“.
98Entgegen dem Vorbringen der Berufung handelt es sich nicht um eine nur allgemeine Information zum Verfahren der Prämienanpassung ohne konkreten Bezug zum Tarif. Der Bezug zum Tarif wird dadurch hergestellt, dass das Anschreiben auf den Versicherungsschein und das Merkblatt verweist. Unschädlich ist, dass die im Merkblatt enthaltene Information für sich genommen allgemein gefasst ist und für verschiedene Tarife Verwendung finden kann – vorausgesetzt, der auslösende Faktor ist jeweils die dort genannte Rechnungsgröße Versicherungsleistungen.
99Unschädlich ist ferner, dass das Schreiben den Begriff des „Schwellenwertes“ nicht enthält und diesen auch nicht beziffert. Den Hinweis auf einen „bestimmten, gesetzlich festgelegten Umfang“ kann ein verständiger Versicherungsnehmer nicht anders verstehen, als dass nicht jede Änderung der Berechnungsgrundlage zu einer Prämienanpassung führt, eine solche vielmehr das Überschreiten einer normierten Erheblichkeitsschwelle voraussetzt. Dies genügt den vorstehend dargelegten Wirksamkeitsvoraussetzungen.
100Prämienanpassung 2021
101Die Prämienanpassung zum 01.01.2021 ist ebenfalls formell wirksam. Der Kläger kann dem Anschreiben aus November 2020 entnehmen, dass die Erhöhung Folge eines Vergleichs der kalkulierten mit den ausgezahlten Leistungen ist. Mit dem Begriff der „Leistungen“ ist für den verständigen Versicherungsnehmer erkennbarer die Rechnungsgröße „Versicherungsleistungen“ aus § 203 Abs. 2 VVG gemeint (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2020, IV ZR 314/19 – juris, Rz. 37; OLG Hamm, Urteil vom 30. Juni 2021, 20 U 155/20, VersR 2021, 1352). Im Anschreiben wird als zweite Rechnungsgröße die “Veränderung der Lebenserwartung“ genannt, womit für den verständigen Versicherungsnehmer verständlich die Rechnungsgrundlage Sterbewahrscheinlichkeit umschrieben ist. Aus dem Umstand, dass als Ergebnis des Vergleichs lediglich eine Veränderung der Leistungsausgaben mitgeteilt wird, folgt im Umkehrschluss, dass keine relevante Änderung der Sterbewahrscheinlichkeit festgestellt wurde, die Prämienanpassung folglich ausschließlich auf geänderten Leistungsausgaben beruht. Entsprechend heißt es in den beigefügten detaillierten Gründen zu der Beitragsanpassung des Klägers ganz konkret:
102„In Ihrem Vertrag sind Tarife von der Beitragsanpassung zum 01.01.2021 betroffen. Maßgeblicher Grund dafür ist die Änderung der Leistungsausgaben, die nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht nur vorübergehend ist.“
103Die detaillierten Informationen geben auch Aufschluss über die Bedeutung und Höhe der Schwellenwerte. Dies genügt den vorstehend dargelegten Wirksamkeitsvoraussetzungen.
104B.
105Soweit der Kläger die materielle Unwirksamkeit von Prämienanpassungen rügt, kann diese aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt werden.
1061.
107Die den Prämienanpassungen zugrunde liegende Regelung in den AVB bzw. in § 8b Abs. 1 MB/KK 2009, die eine Prämienanpassung auch bei einer Veränderung der Rechnungsgrundlage unterhalb von 10 % zulässt, ist wirksam. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision gegen das vom Kläger zitierte Urteil des OLG Köln mit Urteil vom 22.06.2022 – IV ZR 253/20 – entschieden, dass § 8b Abs. 1 MB/KK 2009 in Verbindung mit den Tarifbedingungen des Versicherers für derartige Prämienerhöhungen eine wirksame Prämienanpassungsklausel darstellt. Zwar sei die in den Versicherungsvertrag einbezogene Klausel des § 8b Abs. 2 Ziff. 1 MB/KK 2009 gemäß § 208 VVG unwirksam, weil sie zum Nachteil des Versicherungsnehmers von § 203 VVG abweiche. Die Unwirksamkeit von § 8b Abs. 2 Ziff. 1 MB/KK 2009 habe aber nicht zur Folge, dass auch § 8b Abs. 1 Ziff. 1 MB/KK 2009 unwirksam sei. Die Klausel enthalte dieselben Voraussetzungen wie § 203 Abs. 2 VVG und erlaube eine Prämienanpassung nur bei einer Veränderung der Rechnungsgrundlagen, die nicht nur als vorübergehend anzusehen sei. Mit der Regelung des § 8b Abs. 1 Ziff. 1 MB/KK 2009 mache der Versicherer allein von der ihm in § 155 Abs. 3 S. 2 VAG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, den Schwellenwert für die Prüfung einer Beitragsanpassung von 10 % auf 5 % abzusenken. Der Bestand der Regelung in § 8b Abs. 1 Ziff. 1 MB/KK werde auch durch die Streichung von § 8b Abs. 2 MB/KK nicht beeinträchtigt, da der Sinn der verbleibenden Regelung weiterhin aus sich heraus verständlich sei.
108Der Senat hat sich dieser Rechtsaufassung angeschlossen, so dass der Kläger mit seiner Rüge, das vertragliche Anpassungsrecht sei wegen einer Unwirksamkeit des § 8b Abs. 1 MB/KK 2009 keine ausreichende Grundlage für die Prämienerhöhungen, nicht durchdringt.
1092.
110Das Landgericht musste auch nicht den behaupteten Verstößen im Überprüfungsverfahren nachgehen, da für solche keine ausreichenden Anhaltspunkte vorliegen.
111Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Rechtsschutz gegen Prämienerhöhungen im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes voraussetzt, dass auch die Einschaltung des Treuhänders überprüft werden kann (BVerfG, Beschl. v. 28.12.1999, 1 BvR 2203/98). Dies setzt jedoch voraus, dass insoweit Fehler durch den Kläger schlüssig vorgebracht werden. Hieran allerdings fehlt es vorliegend.
112Auffällig ist bereits, dass der Kläger Mängel bei der Einschaltung des Treuhänders erstmalig rund ein Jahr nach Klageerhebung behauptet hat. Anlass für seinen Vortrag waren keine rechnerischen Ungereimtheiten wie weit über den Kostensteigerungen liegende Prämienerhöhungen (so im vom BVerfG a.a.O. entschiedenen Verfahren), sondern Auslöser war erkennbar die Veröffentlichung der Entscheidung OLG Stuttgart, Beweisbeschluss v. 15.07.2021, 7 U 237/18, welcher der Kläger sein Vorbringen zu den Anforderungen des Prüfungsverfahrens entnommen hat.
113Der Kläger trägt zu beiden im Streit stehenden Beitragsanpassungen völlig identisch und gleichermaßen pauschal vor. Das - unveränderte - Bestehen von Anforderungen als solches bietet keinen Anhalt für die Annahme, diese könnten nicht erfüllt sein. Greifbare Anhaltpunkte oder auch nur Vortrag zur Plausibilität bleibt der Kläger schuldig.
114Der Kläger hat als Versuch einer Plausibilisierung ausgeführt, es gebe nur 16 Treuhänder in Deutschland; folglich sei es nicht ausgeschlossen, dass im vorliegenden Verfahren der gleiche Treuhänder den Beitragserhöhungen zugestimmt habe, wie in dem Verfahren OLG Stuttgart 7 U 237/18. Diese Ausführungen ergeben insofern keinen Sinn, als zu dem Verfahren OLG Stuttgart 7 U 237/18 soweit ersichtlich ausschließlich ein Beweisbeschluss veröffentlicht wurde, der eine Überprüfung einer Beitragserhöhung nach aktuariellen Grundsätzen vorsah. Veröffentlichte Ergebnisse dieser Überprüfung sind dem Senat nicht bekannt und nicht Gegenstand des klägerischen Vortrages.
115Weiter trägt der Kläger vor, das Gericht könne – ohne sachverständige Hilfe – aus eigener Sachkunde die Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen überprüfen. Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch, dass der Kläger dies bei Sichtung der Unterlagen ebenfalls könnte. Er ist somit auf Prozessbehauptungen „ins Blaue hinein“ nicht angewiesen, sofern er – bei erforderlicher Geheimhaltung – Einsicht in die Unterlagen nimmt. Dass die Beklagte ihm dies verweigert hätte, trägt er nicht vor, obschon das Urteil darauf abstellt und feststellt, dass die Beklagte die Vorlage der Unterlagen nach Abgabe einer Geheimhaltungserklärung angeboten hat.
116IV.
117Aus den vorgenannten Gründen besitzt die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Entscheidung der Rechtssache dient nicht der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine mündliche Verhandlung ist auch sonst nicht geboten.
118Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis 9.000 € festzusetzen.
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