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Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufungen nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die zulässigen Berufungen haben nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat regt aus Kostengründen (Gebührenermäßigung gem. Nr. 1213 KV GKG) die Rücknahme der Berufungen an.
Es besteht Gelegenheit, binnen vier Wochen Stellung zu nehmen.
I.
2Die Parteien schlossen am 01.11.1994 unter der Versicherungsnummer 001 einen Vertrag über eine private Kranken- und Krankentagegeldversicherung.
3Die Beklagte nahm im Laufe der Vertragsbeziehung Beitragsanpassungen vor. Der Kläger zahlte die entsprechenden Beiträge.
4Mit E-Mail vom 05.03.2021 bat der Kläger die Beklagte um Zusendung der jährlichen Nachträge zum Versicherungsschein, der jeweils zugehörigen Änderungsgründe, der entsprechenden Informationsblätter/Beiblätter sowie von Abschriften aller Erklärungen, die er in Bezug auf das Versicherungsverhältnis seit dem 01.01.2009 abgegeben hat. Die Beklagte übersandte die Nachträge zum Versicherungsschein ab dem 01.01.2018. Im Übrigen verwies sie unter Angabe von Zugangsdaten auf ihr Online-Kundencenter zum Abruf weiterer Nachträge. Hinsichtlich der sonstigen Unterlagen forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte erfolglos auf, diese herauszugeben.
5Mit seiner am 07.06.2021 beim Landgericht eingegangenen und der Beklagten am 24.08.2021 zugestellten Klage hat er sein Begehren im Wege der Stufenklage, die er für zulässig hält, weiterverfolgt und geltend gemacht, die Beitragsanpassungen seien unwirksam gewesen. Ihm lägen die Versicherungsunterlagen nicht vollständig bzw. nicht geordnet nach Jahren vor. Er habe die Mitteilungsschreiben zu den Beitragsanpassungen der Beklagtenseite nicht aufbewahrt. Er habe die Unterlagen zwar zunächst aufgehoben, jedoch aufgrund Unverständlichkeit zwischenzeitlich entsorgt. Zudem seien ihm die Versicherungsunterlagen bereits im Laufe verschiedener Umzüge in den vergangenen Jahren abhandengekommen.
6Die Beklagte ist den Rechtsauffassungen des Klägers entgegengetreten und hat die Einrede der Verjährung erhoben. Ein Auskunftsanspruch bestehe nicht. Das Nichtvorliegen der mit dem Auskunftsanspruch zu 4 geforderten Unterlagen hat sie mit Nichtwissen bestritten.
7Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal hat bei Säumnis des Klägers im Termin durch Teil-Endurteil vom 09.03.2022 wegen Unzulässigkeit der Stufenklage den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der nach Auskunftserteilung zu benennenden Erhöhungen (Antrag zu 2) und den unbezifferten Zahlungsantrag (Antrag zu 3) als unzulässig abgewiesen. Den Auskunftsantrag (Antrag zu 1) und den Antrag auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Antrag zu 4) hat das Landgericht durch Teil-Versäumisurteil abgewiesen.
8Der Kläger hat gegen das Teil-Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und sein Auskunftsbegehren sowie den Antrag auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten weiterverfolgt. Mit am 22.02.2023 verkündetem Schlussurteil hat der Einzelrichter der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal das Teil-Versäumnisurteil vom 09.03.2022 aufrechterhalten.
9Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Anspruch auf Auskunftserteilung betreffend die Beitragsanpassungen in den Jahren 2010 bis 2017 bestehe weder aus §§ 666, 675 Abs. 1 BGB, noch aus Art. 15 DS-GVO, noch aus § 3 Abs. 3 VVG, noch aus § 810 BGB, noch aus § 242 BGB.
10Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
11Gegen das Teil-Endurteil vom 09.03.2022 und das Schlussurteil vom 22.02.2023 hat der Kläger jeweils fristgerecht Berufung eingelegt und diese unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens fristgerecht begründet. Er rügt zudem die Verletzung rechtlichen Gehörs.
12Mit Beschluss vom 05.07.2023 hat der Senat die Verfahren I-13 U 102/22 und I-13 U 44/23 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
13Der Kläger beantragt, unter Abänderung der Urteile vom 09.03.2022 und 22.02.2023
141. das Teil-Versäumnisurteil vom 10.03.2022 aufzuheben,
2. die Beklagtenseite zu verurteilen, der Klägerseite Auskunft über die Beitragsanpassungen unter Ausweisung der einzelnen Erhöhungen zu erteilen, die die Beklagtenseite in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Versicherungsnummer 001
a) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2010
19b) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2011
20c) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2012
21d) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2013
22e) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2014
23f) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2015
24g) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2016
25h) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2017
26vorgenommen hat und hierzu die Informationen aus dem jeweiligen Nachtrag zum Versicherungsschein zur Verfügung zu stellen;
273. die Beklagtenseite verurteilen, der Klägerseite für alle weiteren Beitragserhöhungen im versicherten Zeitraum bis 17.05.2023 außer für die Beitragserhöhungen aus den Jahren 2018 bis 2021 gem. § 259 BGB Auskunft über die Höhe der Prämieneinnahmen in den weiteren Krankenversicherungstarifen zu dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zur Versicherungsnummer 001 zu erteilen, mit Ausnahme der Prämieneinnahmen aus Pflegepflichtversicherungstarifen; dies durch
- die Mitteilung der im jeweiligen Jahr aktiven Tarife und
30- der für diese Tarife im jeweiligen Jahr vorgenommenen Beitragserhöhungen
31unter Angabe des Datums der Beitragserhöhung;
324. festzustellen, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) der Höhe nach noch genauer zu benennenden, einseitigen Erhöhungen
a) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2010
35b) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2011
36c) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2012
37d) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2013
38e) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2014
39f) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2015
40g) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2016
41h) in den Tarifen A. (B.), KHA (B.), TA42 (B.), A. (C.), KHA (C.) zum 01.01.2017,
42die die Beklagtenseite gegenüber der Klägerseite im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Krankenversicherungsverhältnisses zur Versicherungsnummer 001 vorgenommen hat, unwirksam sind;
435. die Beklagtenseite zu verurteilen, an die Klägerseite einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Klageantrag zu 1) noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
6. die Beklagtenseite zu verurteilen, die Klägerseite von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Auslagen in Höhe von 171,96 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
48die Berufung zurückzuweisen.
49Sie verteidigt die Entscheidung des Landgerichts.
50II.
51Die Berufungen des Klägers gegen das Teil-Versäumnis und Endurteil vom 09.03.2022 und das Schlussurteil vom 22.02.203 haben keinen Erfolg. Die überwiegend unzulässige Klage des Klägers ist im Übrigen unbegründet. Soweit der Kläger mit dem Berufungsantrag zu 3 eine Erweiterung des ursprünglich auf die Jahre 2010 bis 2017 gerichteten Auskunftsanspruchs beabsichtigt, ist die Klage auch insoweit nicht begründet.
521.
53Im Ergebnis zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass das Rechtsschutzbegehren des Klägers als Stufenklage im Sinne des § 254 ZPO unzulässig ist.
54a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Die Besonderheit der Stufenklage liegt in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrags entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Unvermögen des Klägers zur bestimmten Angabe der von ihm auf der letzten Stufe seiner Klage beanspruchten Leistung oder Feststellung (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.1998, V ZR 180/97, ZIP 1999, 447) muss gerade auf den Umständen beruhen, über die er auf der ersten Stufe Auskunft begehrt, bzw. muss das Auskunftsbegehren gerade der Vorbereitung der auf der letzten Stufe noch nachzuholenden bestimmten Angabe dienen. Im Rahmen der Stufenklage ist die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel, um die (noch) fehlende Bestimmtheit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigentümliche Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft überhaupt nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht in Zusammenhang stehende Informationen über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (BGH, Urteile vom 29.03.2011, VI ZR 117/10 – juris, Rn. 8, und vom 18.04.2002, VII ZR 260/01, NJW 2002, 2952, 2953).
55b) So liegt der Fall hier nicht. Der vom Kläger gestellte Auskunftsantrag (Antrag zu 2 und 3) dient entgegen der Auffassung der Berufung nicht der Bestimmung des Feststellungsantrags und nicht der Bezifferung des Leistungsantrags. Der Auskunftsanspruch umfasst vielmehr die für den Klagegrund maßgeblichen Erkenntnisse, ob die Beklagte die Beiträge in den in den Anträgen genannten Zeitraumen überhaupt angepasst hat, die von der Beklagten gegebenen Begründungen der Beitragsanpassungen den gesetzlichen Anforderungen genügen und die erhöhten Prämienanteile rechtsgrundlos gezahlt worden sind. Für ein solches Begehren ist die Privilegierung des § 254 ZPO nicht geschaffen.
56c) Die als solche unzulässige Stufenklage ist, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, in eine – zulässige – Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO umzudeuten.
572.
58Die Klage ist nur teilweise zulässig. Unzulässig sind die Klageanträge zu 4) und zu 5), weil sie nicht im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sind.
59Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs enthalten. Damit wird der Streitgegenstand abgegrenzt und zugleich die Grundlage für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Daran gemessen ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 21.03.2018, VIII ZR 68/17, BGHZ 218, 139, und vom 02.12. 2015, IV ZR 28/15, NJW 2016, 708 Rn. 8).
60Diesen Anforderungen genügen die Klageanträge zu 4) und zu 5) nicht. Im Klageantrag zu 4) benennt der Kläger zwar Tarife, ohne jedoch, wie sich aus der Formulierung „nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Antrag zu 1) [gemeint: Antrag zu 2]“ ergibt, schon jetzt Kenntnis darüber zu haben, ob in allen von ihm aufgezählten Tarifen überhaupt und in welchem Umfang Erhöhungen erfolgt sind. Dementsprechend fehlt es auch an der konkreten Bezifferung der Erhöhungen in den Krankenversicherungstarifen, dessen Rechtswidrigkeit der Kläger festgestellt wissen will. Im Antrag zu 5) sind die geforderten Leistungen nicht beziffert.
613.
62Zu Recht hat das Landgericht zudem einen Anspruch auf Auskunft über die Beitragsanpassungen in den Jahren 2010 und 2017 (Klageantrag zu 2) nicht feststellen können. Auch hinsichtlich Beitragsanpassungen in dem nunmehr mit dem Antrag zu 3 umfassten Zeitraum besteht ein Auskunftsanspruch nicht. Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die begehrte Auskunft und Zurverfügungstellung der geforderten Unterlagen mit Informationen über die Beitragserhöhungen, Anschreiben und Beiblätter. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob mit der von der Beklagten eröffneten Möglichkeit, über dem Kläger mit Email vom 06.04.2021 (Anlage BLD 3, Bl. 92 LGA) mitgeteilte Zugangsdaten die geforderten Unterlagen im persönlichen Bereich des Online-Kundencenters abzurufen, eine Erfüllung etwaiger Ansprüche eingetreten ist.
63a) Vertragliche Ansprüche bestehen nicht.
64aa) Der Kläger kann die Informationen nicht aus § 3 Abs. 3 und 4 VVG beanspruchen.
65Dieser Auskunftsanspruch bezieht sich nur auf abhanden gekommene oder vernichtete Versicherungsscheine, zu denen neben der ursprünglichen Police auch Nachträge zählen (BGH, Urteil vom 10.03.2004, IV ZR 75/03, VersR 2004, 893), sowie auf die eigenen Erklärungen des Versicherungsnehmers, die er in Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Darum geht es dem Kläger nicht. Weder sind der Versicherungsschein oder dessen Nachträge abhandengekommen oder vernichtet, noch begehrt der Kläger Abschriften von Erklärungen, die er selbst mit Bezug auf den Vertrag abgegeben hat. Wenngleich über den Wortlaut hinaus nach heute allgemeiner Meinung der Anspruch auch dann angenommen wird, wenn der Versicherungsnehmer den Besitz freiwillig verloren hat (Armbrüster in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, 3. Auflage 2022, § 3 Rn. 45; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 7. Auflage 2022, § 3 Rn. 5; Filhuth in BeckOK, VVG, 17. Edition, Stand: 01.11.2022, § 3 Rn. 18), fehlt es an einem Abhandenkommen. Der Vortrag des Klägers zum behaupteten Verlust der Unterlagen ist allgemein gehalten und zudem in sich widersprüchlich. Sein vom Landgericht zu Recht als substanzlos und widersprüchlich bewerteter (Seite 5 des Urteils vom 22.02.2023) Vortrag ging dahin, ihm lägen die Versicherungsunterlagen nicht vollständig bzw. nicht geordnet nach Jahren vor, er habe die Mitteilungsschreiben zu den Beitragsanpassungen der Beklagtenseite nicht aufbewahrt, die die Unterlagen zwar zunächst aufgehoben, jedoch aufgrund Unverständlichkeit zwischenzeitlich entsorgt, zudem seien ihm die Versicherungsunterlagen bereits im Laufe verschiedener Umzüge in den vergangenen Jahren abhandengekommen. Darauf, dass dieser Vortrag nicht ausreicht, ist der Kläger bereits in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2022 (Bl. 341 ff. LGA) hingewiesen worden, ohne im nachgelassenen Schriftsatz vom 16.02.2022 seinen Vortrag zu konkretisieren und die Widersprüche aufzulösen. Auch mit der Berufung hat der Kläger seinen unzureichenden Vortrag lediglich wiederholt.
66bb) Ein Auskunftsanspruch aus dem Versicherungsvertrag in Verbindung mit §§ 241 Abs. 2, 242 BGB besteht im Streitfall ebenfalls nicht.
67(1) Die Vorschrift des § 241 Abs. 2 BGB stellt klar, dass das Schuldverhältnis die Parteien zusätzlich zu Leistungspflichten auch zur Rücksichtnahme auf die Rechtssphäre des jeweils anderen Teils verpflichten kann. Es gebietet, sich bei der Erfüllung der vertraglichen Pflichten so zu verhalten, dass die Vermögensinteressen des anderen Teils nicht verletzt werden (BGH, Urteil vom 13.01.2004, XI ZR 479/02 – juris, Rn. 32; Bachmann in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, § 241 Rn. 47 ff.), und den anderen Teil über erkennbar entscheidungserhebliche Umstände zu informieren (Bachmann in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, § 241 Rn. 120 ff.). Dies gilt ungeachtet der bereits gesetzlich normierten Auskunfts- und Beratungspflichten (§§ 3, 6 VVG) auch in dem durch das Gebot der Rücksichtnahme in besonderem Maße geprägten Versicherungsvertrag. Schließlich leitet sich aus § 242 BGB ein allgemeiner Auskunftsanspruch ab, der jedoch auch im Rahmen einer zwischen den Parteien bestehenden Sonderverbindung voraussetzt, dass der Anspruchsberechtigte, der zur Durchsetzung seiner Rechte auf die Auskunft angewiesen ist, in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGH, Beschluss vom 02.07.2014, XII ZB 201/13, NJW 2014, 2571 Rn. 13; OLG Hamm, Beschluss vom 15.11.2021, I-20 U 269/21 –, juris, Rn. 15). Das Auskunftsrecht beschränkt sich nicht zwar nicht auf den Fall, dass dem Anspruchsteller das Vertragsexemplar ohne sein Verschulden abhandengekommen ist (BGH, Urteile vom 28.04.1992, XI ZR 193/91 –, juris, und vom 14.04.1988, III ZR 28/87, NJW-RR 1988, 1072). Nicht entschuldbar ist die die Unkenntnis jedoch dann, wenn durch den Auskunftsanspruch die allgemeinen Beweisgrundsätze unterlaufen werden sollen oder wenn der Anspruchsteller gegenüber der mit der Auskunft begehrten Kenntnis zuvor selbst die Augen verschlossen und von einer sich aufdrängenden Möglichkeit zur Information keinen Gebrauch gemacht hat (BGH, Urteile vom 28.11.1989, VI ZR 63/89 – juris, Rn. 8 f., und vom 22.12.1958, V ZR 154/57, WM 1959, 206, 208).
68(2) Nach diesen Grundsätzen ist ein Auskunftsanspruch zu verneinen. Der Kläger hat, wie bereits ausgeführt, schon nicht im Ansatz hinreichend dargetan, dass ihm die mit der Auskunftsklage begehrten Informationen selbst nicht zur Verfügung stehen und er auf die Auskunft der Beklagten angewiesen ist. Aus den ihm während der Laufzeit des Vertrages übersandten Unterlagen kann er unschwer selbst ersehen, welche Prämienanpassungen vorgenommen worden sind. Nachvollziehbare Gründe dafür, dass und warum ihm dies nicht mehr möglich sein sollte, sind nicht vorgetragen. Ist hiernach schon nicht dargetan, dass der Kläger zur Durchsetzung seiner Rechte überhaupt auf die Auskünfte der Beklagten angewiesen ist, steht dem Auskunftsverlangen außerdem entgegen, dass für dieses kein anderer plausibler Grund ersichtlich ist als der, dass der Kläger mit seiner Klage die allgemeinen Beweisgrundsätze im Zivilprozess, wonach er als Anspruchsteller die Rechtswidrigkeit der Beitragsanpassungen und die Rechtsgrundlosigkeit seiner Zahlungen darlegen und beweisen muss, unterlaufen oder aus Bequemlichkeit oder Nachlässigkeit von dem ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung keinen Gebrauch machen will. Das gilt umso mehr, als die Beklagte ihm unstreitig Zugang zu den von ihm verlangten Unterlagen über das Online-Kundencenter ermöglicht hat. Gründe, warum er gegebenenfalls nicht in der Lage war, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, teilt der Kläger nicht mit.
69b) Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ergibt sich nicht aus Art. 15 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (im Folgenden: DS-GVO).
70Nach dieser Vorschrift hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden, und bejahendenfalls das Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten sowie auf die in der Vorschrift bezeichneten Informationen. Nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DS-GVO stellt der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung.
71aa) Der zeitliche (Art. 99 Abs. 2 DS-GVO) und räumliche (Art. 3 Abs. 1 DS-GVO) Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung ist eröffnet. Die Datenschutz-Grundverordnung ist auch sachlich anwendbar (Art. 2 Abs. 1 DS-GVO). Die bei der Beklagten vorhandenen Versicherungsunterlagen enthalten personenbezogene Daten des Klägers im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Dass diese Daten von der Beklagten als Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DS-GVO in einer den sachlichen Anwendungsbereich der Datenschutz-Grundverordnung eröffnenden Weise verarbeitet werden, steht zwischen den Parteien außer Streit.
72bb) Vorliegend ist jedoch bereits zweifelhaft, ob der Anspruch aus Art. 15 Abs.3 DS-GVO tatsächlich die Herausgabe sämtlicher vom Kläger geforderter Unterlagen umfasst.
73Zwar hat der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einer Entscheidung vom 15.06.2021 auch Schreiben einer Versicherung an den Versicherungsnehmer ausdrücklich dem Auskunftsanspruch unterstellt, soweit sie personenbezogene Daten enthalten. Gleiches gelte für Zweitschriften und Nachträge zum Versicherungsschein, soweit die darin enthaltenen personenbezogenen Daten bei der Beklagten verarbeitet werden. Dementsprechend sei auch nicht ersichtlich, warum bei der Beklagten verarbeitete Daten über Prämienzahlungen des Klägers nicht grundsätzlich Gegenstand des Auskunftsanspruchs sein sollten (BGH, 15.06.2021, VI ZR 576/19 Rn. 25 m.w.N.).
74Inhalt und Reichweite des Rechts auf Datenkopie sind in Rechtsprechung und Literatur jedoch hoch umstritten und werden teilweise auch restriktiver verstanden (vgl. nur BeckOK DatenschutzR/Schmidt-Wudy, 42. Ed. 1.11.2022, DS-GVO Art. 15 Rn. 85). Entsprechend hat auch der EuGH in seiner Entscheidung vom 04.05.2023 im Rahmen der Rechtssache C‑487/21 zwar betont, dass der Anspruch eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, umfasst. Eine Kopie von ganzen Dokumenten, die diese Daten enthalten, hat er jedoch an die Voraussetzung geknüpft, dass „die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die [DSGVO] verliehenen Rechte zu ermöglichen, wobei insoweit die Rechte und Freiheiten anderer zu berücksichtigen sind“, vgl. Rn. 45. Wenn die Unterlagen dem antragsstellenden Versicherungsnehmer aber – wie hier – schon einmal zur Verfügung gestellt wurden und er in keiner Weise plausibel machen kann, dass ihm diese nicht mehr vorliegen, dürfte eine erneute vollständige Übersendung für das Bewusstsein der Verarbeitung und die geschützte Prüfung auf Rechtmäßigkeit gerade nicht unerlässlich sein. Das Ziel des Rechts aus Auskunft, der betroffenen Person die Ausübung anderer Datenschutzrechte zu ermöglichen, darunter die ihr durch die Art. 16, 17 und 18 DSGVO eingeräumten Rechte auf Berichtigung, Löschung („Recht auf Vergessenwerden“) und Einschränkung der Verarbeitung (zu dieser Zielsetzung, vgl. auch EuGH Urteil v. 04.05.2023, C-487/21,), kann jedenfalls bei noch vorhandenen Unterlagen auch ohne eine erneute kostenlose und vollständige Zusendung erreicht werden. Daraus folgt, dass der Anspruch allenfalls auf eine originalgetreue und verständliche Reproduktion der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, beschränkt wäre und gerade nicht die hier geforderten vollständigen Dokumente umfasst.
75cc) Selbst wenn die vom Kläger geforderten Unterlagen bzw. Auskünfte von Art. 15 Abs. 1 und Abs.3 DS-GVO umfasst wären, steht dem Anspruch jedenfalls Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. b DS-GVO entgegen, weil die Inanspruchnahme des Rechts auf Auskunft im Streitfall missbräuchlich ist; das gilt umso mehr, als der Kläger auf einfachem Weg über das Online-Kundencenter der Beklagten die Unterlagen selbst abrufen kann.
76Nach dieser Vorschrift kann der Verantwortliche bei offenkundig unbegründeten oder — insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung — exzessiven Anträgen einer betroffenen Person entweder ein angemessenes Entgelt verlangen, bei dem die Verwaltungskosten für die Unterrichtung oder die Mitteilung oder die Durchführung der beantragten Maßnahme berücksichtigt werden (lit. a) oder sich weigern, aufgrund des Auftrags tätig zu werden (lit. b). Art. 12 Abs. 5 DSGVO führt nach seinem Wortlaut zwar lediglich die häufige Wiederholung als Beispiel für einen „exzessiven“ Antrag auf. Die Verwendung des Worts „insbesondere“ macht aber deutlich, dass die Vorschrift auch andere rechtsmissbräuchliche Anträge erfassen will (OLG Hamm, Beschluss vom 15.11.2021, 20 U 269/21). Aus dem auch im Unionsrecht geltenden Verbot des Rechtsmissbrauchs (EuGH, Urteile vom 09.03.1999, C-212/97 – juris, Rn. 24; vom 21.02.2006, C-255/02 – juris, Rn. 68, und vom 22.11.2017, C-251/16 – juris, Rn. 27) folgt, dass ein Mitgliedstaat die Anwendung von Vorschriften des Unionsrechts verweigern muss, wenn diese nicht geltend gemacht werden, um die Ziele der Vorschriften zu verwirklichen, sondern um in den Genuss eines im Unionsrecht vorgesehenen Vorteils zu gelangen, obwohl die entsprechenden Voraussetzungen lediglich formal erfüllt sind. Dieser allgemeine Grundsatz ist zwingend. Die Anwendung der Unionsvorschriften kann nicht so weit reichen, dass Vorgänge geschützt werden, die zu dem Zweck durchgeführt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Unionsrecht vorgesehenen Vorteilen zu gelangen (EuGH, Urteil vom 26.02.2019, C-115/16, C-118/16, C-119/16 und C-229/16 – juris, Rn. 96).
77Dabei bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob der Antrag bereits deshalb als „exzessiv“ einzuordnen ist, weil der Kläger keinen unter den Schutzzweck des Art. 15 Abs. 1 DSGVO fallenden, sondern – ausschließlich oder ganz überwiegend – andere als datenschutzrechtliche Belange verfolgt (so OLG Hamm, Beschluss vom 15.11.2021, I-20 U 269/21 – juris, Rn. 9 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 14.03.2022, 8 U 2907/21 – juris, Rn. 43 f.; OLG Dresden, Beschluss vom 09.08.2022, 6 U 799/22 – juris, Rn. 29; im Ergebnis auch OLG München, Beschluss vom 24.11.2021, 14 U 6205/21 – juris, Rn. 56, r+s 2022, 94; Lembke NJW 2020, 1841, 1845; König CR 2019, 295 Rn. 19 ff; gegen eine solche Beschränkung: Generalanwalt beim EuGH (D.) Schlussantrag vom 20.04.2023 –C-307/22 Rn. 17 ff.; BGH, Vorlagebeschluss vom 29.03.2022, VI ZR 1352/20 – juris, Rn. 18; OLG Köln, Urteil vom 13.05.2022, 20 U 198/21 – juris Rn. 80ff.; OLG Celle, Urteil vom 15.12.2022, 8 U 165/22 –, juris, Rn. 130; offen gelassen von BGH, Urteil vom 15.06.2021, VI ZR 576/19, juris Rn. 33 und in den Schlussanträge des Generalanwalts E. vom 15.12.2022, C-487/21 – Fußnote 31). Auf diese Frage, die der Bundesgerichtshof (EuGH-Vorlage vom 29.03.2022, VI ZR 1352/20, juris Rn. 12 ff.) und das Oberlandesgericht Koblenz (EuGH-Vorlage vom 19.10.2022, 10 U 603/22 Rn. 25ff.) bereits dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt haben, kommt es hier nicht an. Vielmehr kommen vorliegend neben der datenschutzfremden Nutzung des Anspruchs weitere objektive und subjektive Umstände hinzu, die insgesamt kein schützenswertes Interesse an der Geltendmachung erkennen lassen und die Einordnung als rechtsmissbräuchlich und damit als exzessiv tragen.
78Dabei bildet der Umstand, dass das Auskunftsverlangen des Klägers nicht durch einen Schutzzweck von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO motiviert ist, gleichwohl jedenfalls ein erstes Indiz für einen Missbrauch. Zwar führt der BGH in seiner Vorlageentscheidung aus, dass Art.15 DS-GVO nach seinem Wortlaut nicht auf die Gründe abstellt, die der Betroffene mit seinem Auskunftsbegehren verfolgt (BGH, EuGH-Vorlage vom 29.03.2022, VI ZR 1352/20 –, Rn. 18, juris). Wie das OLG Koblenz zutreffend herausstellt folgt draus jedoch keinesfalls zwingend, dass die Zwecke, denen der Anspruch nach Art. 15 DS-GVO gemäß Erwägungsgrund 63 zur DS-GVO dienen soll, für die Bestimmung der Tragweite des Anspruchs völlig außer Betracht bleiben müssen (OLG Koblenz, Beschluss vom 19.10.2022, 10 U 603/22 Rn. 24).
79Rechtsmissbräuchlich ist der Antrag jedenfalls deshalb, weil die Voraussetzungen des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs allenfalls formal erfüllt sind. Der Kläger will von der Beklagten Informationen beschaffen, die ihm bereits in verständlicher Form vollständig vorliegen. Es ist auch kein Ausnahmefall ersichtlich, in dem die erneute Informationsbeschaffung erforderlich ist, um die gänzliche Verständlichkeit der personenbezogenen Daten zu gewährleisten und die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung insgesamt zu überprüfen. An der Erteilung einer solchen Auskunft ist ein vernünftiges Interesse nicht erkennbar. Vielmehr konnte der Kläger seine behauptete Unkenntnis über die klageweise geltend gemachten Informationen, wie bereits dargelegt, nicht ansatzweise plausibel erklären.
80Damit bleibt als naheliegender und einzig erkennbarer Grund für die Geltendmachung des Anspruchs, den Kläger von jeglicher Mühe, die Unterlagen selbst herauszusuchen, zu entlasten und sich so aus Bequemlichkeit und unter Umgehung zivilprozessualer Grundsätze seiner Beibringungspflicht zu entledigen. Dadurch wird der Anspruch jedoch völlig zweckentfremdet und damit exzessiv genutzt, um dem Kläger einen weder im Europarecht noch im nationalen Prozessrecht vorgesehen Vorteil bei der Durchführung seiner zivilrechtlichen Klagen gegen Prämienerhöhungen zu verschaffen.
81In diesem Zusammenhang darf schließlich auch nicht übersehen werden, dass die Nutzung des Auskunftsanspruchs völlig losgelöst von datenschutzrechtlichen Zielen und unabhängig vom (noch) tatsächlichen Vorhandensein der Unterlagen nicht unerhebliche Auswirkungen auf zivilprozessuale Wertungen hätte. So wäre gerade bei Massenverfahren Geschäftsmodellen Tür und Tor geöffnet, die den Auskunftsanspruch als eine Art „Serviceleistung zu Lasten des Beklagten“ (hier zu Lasten der Versicherer) gleichsam pauschal geltend machen, um so den zivilprozessual im Rahmen des Beibringungsgrundsatz der Klägerseite zugewiesenen Aufwand, die anspruchsbegründenden Unterlagen zusammenzustellen, auf die Beklagte zu verlagern. Entsprechend wird in der Literatur bereits länger darauf hingewiesen, dass eine (zu) großzügige Auslegung des Auskunftsanspruch - jedenfalls faktisch - Widersprüche mit den Grundprinzipien des nationalen Prozessrechts schaffen und dadurch eine im angelsächsischen Rechtskreis beheimatete und der ZPO fremde „Pre-Trail-Discovery“ entstehen kann (vgl. nur Schwartmann/Klein /Burkhardt, in Heidelberger Kommentar Anhang Art. 15 / § 34 BDSG mw.N). Jedenfalls dürften so weitreichende Vorgaben weder vom Zweck des Art 15 DS-GVO gedeckt noch europarechtlich oder vom nationalen Gesetzgeber gewollt sein (vergl. hierzu auch OLG Koblenz, Beschluss vom 19.10.2022, 10 U 603/22 Rn. 31). Diesen Bedenken lediglich (formal korrekt) entgegenzuhalten, vorliegend gehe es nicht um die Frage der Substantiierung und Darlegungslast im Zivilprozess, sondern um das Bestehen eines materiell-rechtlichen Auskunftsanspruchs (so OLG Köln 13.05.2022, I-20 U 295/21, Rn. 66) wird der Problematik nach Ansicht des Senats nicht vollständig gerecht. Denn hierdurch ist gerade noch nichts darüber gesagt, ob der materielle Anspruch es auch vor dem Hintergrund des Art 12 Abs.5 DS-GVO zulässt, den im Rahmen des Beibringungsgrundsatzes der Klägerseite zugewiesenen Aufwand, die anspruchsbegründenden Tatsachen herauszusuchen, systematisch auf die Beklagte zu verlagern.
82dd) Eine Aussetzung des Verfahrens analog § 148 ZPO bis zur Entscheidung der beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Rechtssachen C-487/21 betreffend die Auslegung von Art. 15 Abs. 3 DS-GVO sowie C-307/22 und C-672/22 jeweils betreffend die Reichweite des Schutzbereichs von Art. 15 Abs. 1 DS-GVO ist nicht angezeigt. Die in jenen Rechtssachen gestellten Vorlagefragen sind nicht entscheidungserheblich, weil der Senat Auskunftsansprüche wegen des individuellen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers verneint. Dass die missbräuchliche Berufung auf Unionsrecht nicht gestattet ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des EuGH und ist von diesem bereits geklärt (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 26.02. 2019 Rs. C-115/16). Ob ein Auskunftsrecht des Klägers nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO wegen der datenschutzrechtsfremden Motive des Klägers ausscheidet, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
83c) Schließlich kann der Kläger sein Begehren nicht mit Erfolg auf § 810 BGB stützen. Diese Vorschrift vermittelt ein Einsichtsrecht in Urkunden, das der Kläger nicht verlangt, gewährt indes keinen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft oder auf Übersendung von Unterlagen.
84d) Soweit der Kläger mit der Berufung die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil das Landgericht ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass zum Auskunftsanspruch weiterer Tatsachenvortrag erforderlich sei, ist diese Rüge – unabhängig vom mehrfachen Hinweis der Beklagten auf fehlende Substanz und Widersprüchlichkeit des Vortrags – angesichts des in der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2022 (Bl. 341 ff. LGA) erteilten Hinweises nicht nachvollziehbar. Das umso mehr, als der Kläger auch mit der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs zum Nichtvorliegen der geforderten Unterlagen nicht weiter vorträgt.
85III.
86Aus den vorgenannten Gründen besitzen die Berufungen offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Entscheidung der Rechtssache dient nicht der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine mündliche Verhandlung ist auch sonst nicht geboten. Die tatrichterliche Würdigung der Frage, ob die formellen Voraussetzungen einer Prämienanpassung vorliegen, besitzt keine grundsätzliche Bedeutung, solange von der gefestigten Rechtsprechung, die zu dieser Frage mittlerweile existiert, nicht abgewichen wird.
87IV.
88Der Senat beabsichtigt, den Streitwert, wie vom Kläger erstinstanzlich angegeben, für das Berufungsverfahren auf bis 16.000 € festzusetzen.
89…Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht |
…Richter am Oberlandesgericht |
…Richterin am Oberlandesgericht |