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Die Berufung des Klägers gegen das am 23. April 2021 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Einzelrichterin) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt die Beklagte auf Grundlage verschiedener Versicherungsverträge auf Leistung in Anspruch.
41.Der Kläger ist niedergelassener Zahnarzt mit Praxissitz im Ortskern von X., B.-Str. ....
5Er unterhält bei der Beklagten für das von ihm bewohnte Einfamilienhaus am C.-Str. ... in X. eine Hausratversicherung, Versicherungsschein-Nr. …..003, sowie für den Betrieb seiner Zahnarztpraxis eine Gewerbehaftpflichtversicherung, Versicherungsschein-Nr. .....793, und eine Geschäftsinhaltsversicherung, Versicherungsschein-Nr. …..154.
6a)In der Hausratversicherung ist der Hausrat in einem ständig bewohnten Einfamilienhaus, dem Wohnhaus des Klägers, zum Neuwert unter anderem gegen die versicherte Gefahr des Einbruchdiebstahls versichert. Dem Hausratversicherungsvertrag liegen die Versicherungsbedingungen für die A. Hausratversicherung (…..) zugrunde.
7Die Versicherungsbedingungen sehen unter anderem folgende Regelungen vor:
8„1. Welche Sachen sind versichert?
9Versichert ist Ihr gesamter Hausrat, dazu gehören:
101.1 Alle in ihrem Haushalt privat genutzten Sachen einschließlich Wertsachen (z.B. Schmuck oder Bargeld). (…)
11(…)
124. Wo ist der Hausrat versichert und wo ist er nicht versichert?
134.1 Versichert ist Ihr Hausrat in der im Versicherungsschein genannten, privat genutzten Wohnungen einschließlich deren Balkone und Terrassen (Versicherungsort).
14(…)
154.5 Ihr Hausrat ist außerhalb Ihrer Wohnung weltweit bis zu 6 Monaten versichert. (…)
165. Welche Schäden sind versichert, welche nicht?
17Wir ersetzen Ihren Hausrat, wenn er durch die folgenden Gefahren zerstört oder beschädigt wird oder infolgedessen abhanden kommt (Versicherungsfall).
18(…)
195.4 Einbruchdiebstahl - was verstehen wir darunter?
20Unter Einbruchdiebstahl verstehen wir, wenn Ihr Hausrat abhanden kommt, nachdem jemand in einem Gebäude
21- in einen Raum einbricht, einsteigt oder mit unberechtigt nachgemachten Schlüsseln oder mit Hilfe von Werkzeugen eindringt;
22- in einem Raum ein Behältnis aufbricht oder mit unberechtigt nachgemachten Schlüsseln oder mit Hilfe von Werkzeugen öffnet;
23- sich in einen Raum eingeschlichen oder dort verborgen gehalten hat und anschließend aus diesem verschlossenen Raum ausgebrochen ist.
24Weiterhin gilt als Einbruchdiebstahl, wenn jemand in einen Raum eines Gebäudes mit richtigen Schlüsseln eindringt. Dabei hat der Täter sich diese richtigen Schlüssel vorher durch Einbruchdiebstahl, Raub oder Diebstahl beschafft. Beim Diebstahl ist Voraussetzung, dass weder Sie noch jemand, der die Schlüssel in Gewahrsam hatte, dies fahrlässig ermöglicht haben. (…).
25(…)
265.8 Diebstahl Plus - was ist hier versichert?
27Wir ersetzen Ihren Hausrat bis 1.500 Euro je Versicherungsfall auch bei folgenden Schäden:
28(…)
29- Diebstahl aus verschlossenen Kraftfahrzeugen innerhalb Deutschlands. Nicht versichert sind dabei Wertsachen.
30(…).“
31Auf den weiteren Inhalt der Versicherungsbedingungen und des am 10. Oktober 2016 ausgefertigten Versicherungsscheins, Versicherungsschein-Nr. …..54.9, wird Bezug genommen.
32b)In der Gewerbehaftpflichtversicherung ist die gesetzliche Haftpflicht aus dem Betrieb einer Praxis für Zahnheilkunde versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Bedingungen H 2012, MED 2012 und PV 2012 zugrunde.
33Auf den Inhalt des am 10. Juni 2014 ausgefertigten Versicherungsscheins zur Gewerbehaftpflichtversicherung, Versicherungsschein-Nr. .....793, wird Bezug genommen.
34c)In der Geschäftsinhaltsversicherung ist der Praxissitz des Klägers, B.-Str. ... in X., als Versicherungsort bezeichnet. Zu den versicherten Gefahren gehört der Einbruchdiebstahl.
35Auf den Inhalt des am 30. Juni 2014 ausgefertigten Versicherungsscheins zur Geschäftsinhaltsversicherung wird Bezug genommen.
362.In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2017 wurde das vor seinem Wohnhaus geparkte Fahrzeug des Klägers, ein BMW ....., FIN ………., entwendet.
37Wie es zu diesem Diebstahl kam sowie ob und gegebenenfalls wie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Fahrzeugdiebstahl weitere Gegenstände, insbesondere Schlüssel aus dem Wohnhaus des Klägers entwendet wurden, ist streitig.
38Die nach Verständigung der Polizei vor Ort erschienenen Kriminalpolizeibeamten stellten im Zuge der Spurensicherung Spuren an der Hauseingangstür fest. Die Haustür war nicht aufgebrochen.
39Noch am 11. Mai 2017 meldete der Kläger der örtlichen Vertretung der Beklagten in X. telefonisch einen Einbruchsdiebstahl.
40Das entwendete Fahrzeug wurde zwei Tage nach seiner Entwendung in der Nähe der Justizvollzugsanstalt in Y. mit erheblichem Motorschaden und nicht mehr fahrbereit aufgefunden. Der Originalfahrzeugschlüssel lag in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs.
41Der Fahrzeugschaden soll vom Fahrzeugversicherer des Klägers, der D. Versicherung, reguliert worden sein, was die Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf ein Abrechnungsschreiben der D. Allgemeine Versicherung AG vom 12. Juli 2017.
42Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Dezember 2018 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zum 31. Januar 2019 zur Zahlung von € 6.172,99 zuzüglich Anwaltskosten in Höhe von € 650,34 auf.
43Die Beklagte lehnte die Schadensregulierung ab.
443.Der Kläger hat, von der Beklagten mit Nichtwissen bestritten, behauptet, in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2017 sei in sein Einfamilienhaus eingebrochen worden. Die Täter hätten es mittels einer Funkwellenverlängerung geschafft, den vor der Hauseingangstür auf seinem umzäunten Privatgrundstück ‑ wie immer ‑ verschlossen abgestellten, in seinem Eigentum stehenden BMW ..... zu öffnen. Eine Funkwellenverlänge-rung - Keyscanner ‑ habe eine Funkverbindung zwischen dem neben der Hauseingangstür hängenden Fahrzeugschlüssel und seinem Fahrzeug hergestellt, sodass die Täter die Fahrzeugtür hätten öffnen können. Mittels des sich im Fahrzeug befindlichen Türöffners für das Garagentor hätten die Täter das Garagentor geöffnet, seien so in die direkt an das Wohnhaus angebaute Garage und durch. Das Garagentor sei an diesem Abend ‑ wie immer ‑ abgeschlossen gewesen; er, der Kläger, lasse es nie offen. Die Polizei habe ihn darauf hingewiesen, dass sein Fahrzeug ganz offensichtlich mit einer Funkwellenverlängerung geöffnet und anschließend gestohlen worden sei. Mittels einer Funkwellenverlängerung sei das Öffnen der Tür eines mit einem Keyless-Go-System ausgestatteten Fahrzeugs und dessen Diebstahl möglich, aber eben nur einmal.
45Der Kläger hat ferner behauptet, im Haus hätten die Täter alle neben der Haustür aufgehängten Schlüssel - darunter den Schlüssel zu seinem Privathaus, die Schlüssel zu seiner Zahnarztpraxis inklusive Parkplatzschiebetor, den Fahrzeugschlüssel zu seinem BMW ebenso wie den Fahrzeugschlüssel zum Opel ..... seiner Ehefrau, den Schlüssel zu dem in seinem Miteigentum (Bl. 89) stehenden Flugzeug, einer Cessna 172, ….., die Schlüssel von den Gebäuden des Flugplatzes Z. sowie ein IPad, das im Hausflur auf einem Schränkchen gelegen habe, entwendet. Es habe sich um drei einzeln am Schlüsselbrett neben der Haustür befindliche Schlüsselbunde gehandelt: einer mit dem Fahrzeugschlüssel des Opel ..... nebst Begleitschlüsseln für das Wohnhaus, einer für sein Flugzeug nebst Begleitschlüsseln und dem Generalschlüssel für den Flugplatz und schließlich ein weiterer Schlüssel für das elektrische Schiebetor der Praxis, dieser befestigt an einer Kordel. Das IPad habe ein Nachbarskind am Folgetag unter einer Hecke wiedergefunden. Aufgrund des Diebstahls hätten alle Schlösser bzw. Schließanlagen im Wohnhaus, in der Zahnarztpraxis sowie am Flughafen Z. vorläufig gesichert und anschließend ausgewechselt werden müssen. Auch die mittels eines mechanischen Schlüssels zu bedienenden Schlösser des Opel ..... seiner Ehefrau und die Schlösser des Flugzeugs hätten gewechselt werden müssen. Der Schaden betrage € 6.172,99; insoweit wird auf die Kostenaufstellung in der Klageschrift, dort auf Seite 6, nebst Rechnungskopien und auf die diesbezüglichen Ausführungen im Schriftsatz vom 28. Januar 2020, dort auf den Seiten 9 bis 11, genommen. Um sein Haus, seine Praxis, den Opel ....., sein Flugzeug und die in den Hallen des Flugplatzes abgestellten Flugzeuge zu sichern, habe er die Schließanlagen dieser Gebäude erst vorläufig und schließlich durch Austausch der Schließanlagen endgültig sichern müssen. Er sei dem Betreiber des Flugplatzes Z., dem Fliegerclub E. e.V. gegenüber wegen des Diebstahls des Generalschlüssels schadenersatzpflichtig; er sei mit Schreiben vom 14. August 2017 zum Ersatz des Schadens aufgefordert worden. und habe die Schließanlage für den Flugplatz bezahlt.
46Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der durch den Diebstahl der Praxisschlüssel und der Schlüssel für den Flugplatz entstandene Schaden sei über seine Gewerbehaftpflichtversicherung abgesichert.
47Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
48die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 6.172,99 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2019 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 650,34 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2019 zu zahlen.
49Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,
50die Klage abzuweisen.
514.Die Beklagte hat behauptet, es kämen hier weitere nicht versicherte Begehensweisen in Betracht bis dazu, dass das Garagentor offen gewesen sei, zumal der Kläger es auch so vorgefunden habe. Der streitgegenständliche BMW habe ein hohes Sicherheitsniveau, aufgrund dessen ein vom Kläger behauptetes „Auslesen“ technisch nicht möglich sei.
52Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe mindestens einfach fahrlässig gehandelt, indem er den Garagentoröffner in dem offen auf einem Parkplatz stehenden Wagen zurückgelassen habe, denn schließlich bestehe von der streitgegenständlichen Garage durch die ständig unverschlossene Verbindungstür freier Zutritt in die eigentlichen Wohnräume. Auf die Schlüsselklausel in den Versicherungsbedingungen zur Hausratversicherung sei die Regelung unter Nr. 11.3 S. 2 der Hausratversicherungsbedingungen nicht anwendbar; die Schlüsselklausel sei Tatbestandsvoraussetzung der objektiven Risikobeschreibung eines Versicherungsfalles. Die Regelung unter Nr. 9.5 der Hausratversicherungsbedingungen betreffe nur den Einbau eines endgültigen Schließzylinders.
535.Mit der Terminsverfügung vom 22. November 2019 hatte das Landgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass er der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast für das äußere Bild eines von der Beklagten bestrittenen versicherten Diebstahls allein mit der Bezugnahme auf einen nach Einschätzung der Kripo möglichen Hergang nicht genüge. Könne nicht geklärt werden, wie die Täter in das Fahrzeug und bzw. oder das Gebäude gelangt seien, habe der Versicherungsnehmer im Wege des sogenannten Negativbeweises sämtliche nicht versicherten Begehensweisen auszuschließen. Der Vortrag des Klägers reiche für einen solchen Negativnachweis nicht aus.
54Am 15. Juni 2020 hat das Landgericht den Kläger darauf hingewiesen, dass Versicherungsschein und -bedingungen bis zu diesem Zeitpunkt vollständig nur zur Hausratversicherung vorlägen, nicht aber zur Gewerbehaftpflicht- und zur Geschäftsinhaltsversicherung.
55Das Landgericht hat die Akte der Staatsanwaltschaft Hagen, Az. 400 Js 437/17, beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Es hat Beweis erhoben nach Maßgabe des am 17. September 2020 verkündeten Beweisbeschlusses durch Vernehmung von Zeugen und hat den Kläger persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22. März 2021 Bezug genommen.
56Mit am 23. April 2021 verkündetem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte aus keinem der verfahrensgegenständlichen Versicherungsverträge einen Entschädigungsanspruch wegen des Vorfalls vom 10./11. Mai 2017. Bezüglich des Hausratversicherungsvertrages sei dem Kläger der Nachweis des äußeren Bildes eines bedingungsgemäßen Einbruchdiebstahls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gelungen. Einbruchspuren habe die Polizei nicht feststellen können. Zwar habe sich an der Hauseingangstür eine „minimale Einkerbung verm. von Türfallendraht o.ä.“ gefunden. Die Polizei habe dies jedoch nicht als erfolgreich für eine (gewaltsame) Zutrittsverschaffung in das Gebäude angesehen. Nach der Erfahrung der Kammer hätte es für eine erfolgreiche Überwindung mittels eines Tür-/Schließfallendrahts weitergehender Spuren an der Hauseingangstür, insbesondere an der Schließvorrichtung selbst und nicht nur an dem hölzernen Rahmen bedurft. Auch der Kläger mache nicht geltend, dass der Zutritt auf diese Weise erfolgt sei. Für ein Einsteigen durch den Gebrauch eines nicht bestimmungsgemäßen Zugangs durch eine ungewöhnliche Art der Fortbewegung, für den Gebrauch falscher Schlüssel oder eines richtigen Schlüssels, der seinerseits durch Diebstahl erlangt worden sei, sei nichts dargetan oder sonst ersichtlich. Der Kläger trage ausschließlich vor, der Täter habe sich mit Hilfe einer Funkwellenverlängerung Zugang zu seinem Fahrzeug verschafft und den dort befindlichen Garagenöffner genutzt, um sich Zugang zur Garage zu verschaffen. Dort sei es dem Täter möglich gewesen, durch die unverschlossene Zwischentür den Flur des Hauses zu betreten, wo er, der Kläger, den Schlüsselbund aufbewahrt habe. Für eine solche technisch-manipulative Zugangsverschaffung fehle es aber an konkreten Anknüpfungstatsachen. Durch die Beweisaufnahme hätten sich keine belastbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein technisch-manipulativer Eingriff in Form einer Funkwellenverlängerung vorgenommen worden sei. Ein technisch-manipulativer Eingriff komme vom Ansatz her ohnehin nur in Betracht, wenn der Verschluss des Fahrzeugs, der Hauseingangstür und des Garagentors im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorfalls feststünden. Dies sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der Fall. Die Zeugin F. habe nicht mit Sicherheit ausschließen können, dass das Fahrzeug und die beiden Zugänge nicht doch unverschlossen geblieben sein könnten. Auch der Kläger habe bei seiner Anhörung bestätigt, einen unverschlossen gebliebenen Zustand nicht mit letzter Sicherheit ausschließen zu können. Jedenfalls habe der Kläger nicht den Negativbeweis erbracht, dass nicht versicherte Begehungsweisen ausschieden oder weniger wahrscheinlich seien. Vielmehr sei nach Ansicht des Gerichts eine nicht versicherte Begehungsweise (versehentliches Offenlassen des Garagentores oder eine Fehlfunktion) mindestens ebenso wahrscheinlich wie eine versicherte Begehensweise. Eine Entschädigung aus der Hausratversicherung komme auch nicht aus den weiteren Versicherungsbausteinen („Leistungspakete“) in Betracht. Voraussetzung auch hierfür sei das Vorliegen einer versicherten Begehensweise, an der es hier fehle. Im Leistungspaket „Diebstahl Plus“ sei zwar auch ein einfacher Diebstahl aus verschlossenen Kraftfahrzeugen versichert. Den Wert der diversen Kleinteile, die aus dem Fahrzeug des Klägers entwendet worden sein sollten, habe der Kläger auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 22. November 2019 nicht näher anzugeben vermocht. Die Sonnenbrille sei wieder aufgefunden worden. Der entwendete Taster für das Garagentor sei einem Schlüssel gleichzustellen, aber Schlüsselkosten seien in dem Baustein nicht mitversichert. Die übrigen Schlüssel zum Haus und zu den Autos seien nur bei einem qualifizierten Diebstahl gedeckt. Auch der Geschäftsinhaltsversicherungsvertrag umfasse nur durch Einbruchdiebstahl entstandene Schäden und beziehe sich auf die Zahnarztpraxis des Klägers, in die unstreitig nicht eingebrochen worden sei. Schließlich komme auch ein Anspruch aus dem Gewerbehaftpflichtversicherungsvertrag in Bezug auf die Schließanlagen des Flugplatzes und der Praxis sowie in Bezug auf den Schlüssel für das Flugzeug jeweils einschließlich vorangehender Sofortmaßnahmen zur Sicherung nicht in Betracht. Die Schlüssel zur Praxis und für das Flugzeug seien nicht fremd im Sinne von Nr. 12 der nur auszugsweise vorgelegten Versicherungsbedingungen. Der Verlust von Vereinsschlüsseln sei nach Ansicht des Gerichts nicht mitversichert.
576.Gegen das ihm am Tag der Verkündung zugestellte Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23. April 2021 hat der Kläger mit am 3. Mai 2021 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 27. April 2021 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit am 27. Dezember 2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz gleichen Datums begründet.
58Der Kläger wendet ein, das landgerichtliche Urteil beruhe auf reinen Spekulationen und Fehldeutungen. So unterstelle das Landgericht, dass die Tür des Pkw oder das Garagentor offen gewesen sei, wofür es keine Anhaltspunkte gebe. Die Zeugin F. habe doch ausgesagt, dass die Türen üblicherweise immer verschlossen gewesen seien. Die Richterin habe das sogenannte Keyless-Go-System und die Möglichkeit, ein mit diesem System ausgestattetes Fahrzeug mit einer Funkwellenverlängerung zu öffnen und zu stehlen, überhaupt nicht verstanden. Das Keyless-Go-System sei bezüglich eines Diebstahls das unsicherste System, das es überhaupt gebe. Man müsse sich zwar fragen, warum die Täter nach dem Öffnen und Starten des Fahrzeugs mittels Funkwellenverlängerung noch in das Haus eingedrungen seien. Die Antwort sei aber einfach: die Täter hätten gewusst, dass sie nur mit dem Fahrzeugschlüssel den Motor des Fahrzeugs wieder starten konnten. Dass der Fahrzeugschlüssel zwei Tage später im wieder aufgefundenen Fahrzeug vorgefunden worden sei, beweise, dass die Täter in seinem Wohnhaus gewesen seien, denn in der Tatnacht habe sich der Schlüssel an der Schlüsselleiste neben der Haustür in seinem Wohnhaus befunden. Ein solcher Einbruch hinterlasse keine Spuren, sei aber dennoch ein Einbruch, weil die Täter unberechtigt mittels eines Werkzeugs in das Haus gelangt seien. Der Nachweis eines Einbruchs könne nicht daran geknüpft werden, dass Einbruchsspuren vorhanden seien. Denn der moderne Dieb nutze moderne Technik und hinterlasse keine Spuren. Ein Einbruch liege immer dann vor, wenn ein Täter unberechtigt in ein Haus eindringe. Hier seien die Täter eingedrungen, weil sie in das Fahrzeug eingebrochen seien, dort den Garagenöffner gestohlen und mit diesem das Garagentor geöffnet hätten und anschließend in das Haus eingedrungen seien. Diese Art des Einbruchs entspreche der in Nr. 5.4 der Versicherungsbedingungen der Hausratversicherung genannten Definition eines Einbruchdiebstahls, denn die Täter seien mit einem Werkzeug, nämlich der Funkwellenverlängerung in sein Fahrzeug eingebrochen. Falsch sei auch die Auffassung des Landgerichts, es gebe aus der Geschäftsinhaltsversicherung für das Sichern und Auswechseln der Schlösser der Praxis keine Entschädigung, da nicht in die Zahnarztpraxis eingebrochen worden sei. Es komme nicht darauf an, wo die Schlüssel gestohlen worden seien; entscheidend sei allein, dass es sich um die Schlüssel der Praxis handele. Der Gewerbehaftpflichtversicherungsvertrag unterscheide nicht zwischen der Zahnarztpraxis und dem privaten Bereich.
59Der Kläger beantragt,
60das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 23. April 2021, Az. 9 O 110/19, „aufzuheben“ und die Beklagte zu verurteilen, € 6.172,99 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2019 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von € 650,34 nebst 5% Zinsen ab dem 01.02.2019 an ihn zu zahlen.
61Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
62die Berufung zurückzuweisen.
63Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung und Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und trägt vor, die Berufung erschöpfe sich in einem Angriff auf die Beweiswürdigung, ohne schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufzuzeigen, die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen begründeten. Es habe keine genügenden Einbruchspuren gegeben. Dass die minimale Einkerbung an der Ausgangstür nicht geeignet sei, eine verschlossene Tür aufzubrechen, sei unstreitig. Die Funkwellentheorie sei ebenfalls nicht belegt. Auch nach der Berufungsbegründung bleibe es weiterhin dabei, dass der Kläger einen konkreten Versicherungsfall nicht substantiiert darlegen könne. An einer versicherten Begehensweise für den Deckungsbaustein „Hausrat Spezial“ fehle es. Auch sei das Flugzeug ersichtlich keine versicherte Sache gemäß Nr. 3.1 der AVB. Gleiches gelte für eine Schließanlage der Praxis und ein Schiebetor. Hier fehle es an der Tatbestandsvoraussetzung eines Einbruchsdiebstahls. Schließanlagen des Flugplatzes und der Praxis seien auch nicht über die Gewerbehaftpflichtversicherung gedeckt
64Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
65Der Senat hat die Akte StA Hagen 408 Js 437/17 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht und den Kläger ergänzend persönlich angehört.
66II.
67Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Landgerichts ist mitnichten ein „Fehlurteil“, das Landgericht hat sich den Sachverhalt auch nicht „so hingebogen, dass ihm die Entscheidung dann leichter geworden wäre“, wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gemeint hat. Das Urteil ist vielmehr in Gänze zutreffend.
68Der Kläger hat aus keiner der bei der Beklagten genommenen streitgegenständlichen Versicherungen (Hausratversicherung, Gewerbehaftpflichtversicherung und Geschäftsinhaltversicherung) einen Anspruch auf Leistung bezüglich der Entwendung von Schlüsseln aus seinem Wohnhaus in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2017.
691.
70Ein Anspruch des Klägers auf der Grundlage des zwischen den Parteien zustande gekommenen Hausratversicherungsvertrages scheitert ‑ wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat ‑ daran, dass nicht feststeht, dass in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2017 ein Versicherungsfall im Sinne der dem Hausratversicherungsvertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen eingetreten ist.
71a)Die Beklagte ersetzt gemäß Nr. 5.4 der Hausratversicherungsbedin-gungen den Hausrat des Klägers, der durch Einbruchdiebstahl zerstört, beschädigt oder infolgedessen abhanden kommt, nicht aber durch einfachen Diebstahl.
72aa)Der Kläger geht selber nicht davon aus, dass in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2017 jemand im Sinne von Nr. 5.4 1. Spiegelstrich der Hausratversicherungsbedingungen in seinem Wohnhaus in einen Raum eingebrochen, eingestiegen oder mit unberechtigt nachgemachten Schlüsseln eingedrungen ist.
73Unstreitig fehlt es an erfolgreichen Einbruchsspuren.
74Die an der Hauseingangstür von der Polizei festgestellte Spur ‑ eine „minimale Einkerbung verm. von Türfallendraht o.ä.“ hat unstreitig nicht zur Öffnung geführt; der Kläger trägt selber vor, dass der Täter lediglich versucht hat, die Haustür aufzubrechen, es aber eben nicht geschafft hat.
75bb)Nach dem Vortrag des Klägers soll der Täter mittels Funkwellenverlängerung - Keyscanner – eine Funkverbindung zwischen dem neben der Haustür hängenden Fahrzeugschlüssel und seinem, des Klägers vor der Hauseingangstür auf seinem umzäunten Privatgrundstück ‑ wie immer ‑ verschlossen abgestellten BMW des Typs …, ….. hergestellt haben, sodass er die Fahrzeugtür und sodann mittels des sich im Fahrzeug befindlichen Toröffners das wie immer geschlossene Garagentor habe öffnen, so in die direkt an das Wohnhaus angebaute Garage und durch diese über die nicht abgeschlossene Tür in sein Wohnhaus gelangen können.
76Verlängert der Täter durch die Verwendung von Verstärkern das Funksignal des Fahrzeugschlüssels (sogenanntes Keyless-Go-System) und öffnet auf diese Weise das (verschlossene) Fahrzeug des Geschädigten, dringt er zwar im Sinne von § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB in einen umschlossenen Raum ein, indem er den Schließmechanismus ähnlich wie mit einem Schlüssel mittels des Verstärkers ordnungswidrig zur Öffnung in Bewegung setzt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2022, Az. 4 StR 52/22, zitiert nach juris, unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2017, Az. 3 StR 349/17, zitiert nach juris).
77Ob diese strafrechtliche Würdigung auch für Nr. 5.4 S. 2 und 3 der Hausratversicherungsbedingungen maßgeblich ist, was nicht fern liegt, kann letztlich offen bleiben. Denn jedenfalls ist ‑ wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - eine solche technisch-manipulative Zugangsverschaffung nicht von vernünftigen Zweifeln frei i.S.d. § 286 ZPO bewiesen.
78Die Tatsache, dass der Originalfahrzeugschlüssel in der Nähe des am Abend des 11. Mai 2017 in Y. georteten Fahrzeugs gefunden wurde , belegt nur, dass das Fahrzeug unter Verwendung des Originalfahrzeugschlüssels entwendet worden, nicht aber, wie der Täter in den Besitz des Originalfahrzeugschlüssels gelangt ist.
79Insbesondere ist weder nach der Beweisaufnahme durch das Landgericht noch aufgrund der ergänzenden Anhörung des Klägers durch den Senat bewiesen, dass zunächst der BMW mittels Funkverlängerung geöffnet, aus ihm der Garagentoröffner genommen, mit diesem die Garage geöffnet und der Täter auf diese Weise in das Wohnhaus und an die Schlüssel gelangt ist.
80Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass das Garagentor unverschlossen war, der Täter durch die unverschlossene Garage in das Haus gelangt ist, dort die Schlüssel an sich genommen und dann mit diesen den vor dem Haus geparkten BMW entwendet hat.
81Dann hat der Täter die Schlüssel aber nicht durch einen Einbruch (mittels Werkzeug) erlangt, sondern durch einfachen Diebstahl, der nicht versichert ist.
82Ein solcher Geschehensablauf liegt auch keineswegs so außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit, dass er bei lebensnaher Betrachtung auszuschließen wäre. Auch wenn der Kläger oder seine Ehefrau das Garagentor „grundsätzlich immer“ verschlossen haben, wie sie angegeben haben, steht damit nicht frei von vernünftigen Zweifeln fest, dass dies auch in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai 2027 so war. Keiner von beiden konnte angeben, dass oder gar wann er oder sie das Garagentor zuletzt vor dem Ereignis verschlossen gesehen hätten. Der Senat meint keineswegs, dass ein Hausbesitzer verpflichtet wäre, abends noch einmal um sein Haus zu gehen, um zu kontrollieren, ob das Garagentor auch verschlossen ist, wie der Kläger mit seinem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 27.10.2022 meint. Abwegig ist eine solche Kontrolle, ggf. vom Inneren der Garage aus, aber nicht, erst recht nicht, wenn aus der Garage eine unverschlossene Tür in die Wohnräume führt.
83Der Senat hat entgegen der Darstellung des Klägers nach seiner Zwischenberatung in der Verhandlung auch keineswegs gesagt, er sei nicht zu einhundert Prozent überzeugt, dass eine nichtversicherte Begehungsweise ausgeschlossen sei. Der Senat hat vielmehr mitgeteilt, dass er eine solche „nicht von vernünftigen Zweifeln frei“ ausschließen könne – eben dies ist aber der Beweismaßstab des § 286 ZPO.
84Mit seiner Sicht wendet sich der Senat auch gerade nicht gegen die vom Kläger in seinem Schriftsatz vom 27.10.2022 herangezogene Entscheidung BGH IV ZR 171/13, die dem Senat nicht nur seit ihrer Verkündung bekannt ist, sondern die er auch ständig angewandt hat und anwendet. Der BGH hat darin allein die Frage der „Stimmigkeit“ der in dem von ihm entschiedenen Fall gerade vorliegenden Einbruchsspuren behandelt. Und die gibt es hier eben nicht.
852.Soweit der Kläger mit der Berufung weiterhin der Auffassung ist, durch die Gewerbehaftpflichtversicherung seien die Sofortmaßnahmen zur Sicherung des Flugplatzes sowie der Austausch der Schließanlage am Flugplatz und der Austausch des Schließzylinders am Flugzeug zu ersetzen, hat der Kläger einen entsprechenden Anspruch nicht dargelegt.
86Auch insoweit ist ein zur Leistung führender Versicherungsfall nicht ersichtlich.
87Der Kläger hat trotz des am 15. Juni 2020 erteilten ausdrücklichen Hinweises des Landgerichts die dem Gewerbehaftpflichtversiche-rungsvertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedin-gungen ‑ Anlagen H 2012, MED 2012 und PV 2012 – nicht vollständig vorgelegt, sondern nur die „Risikobeschreibungen und Besonderen Bedingungen für private Haftpflichtversicherungen“ und selbst diese nur auszugsweise, nämlich Seiten 27 und 50 der am 10. Juni 2014 ausgefertigten Unterlagen zur Gewerbehaftpflicht-versicherung, eingereicht. Auf dieser Grundlage ist die Feststellung des Versicherungsfalles in der Gewerbehaftpflichtversicherung nicht möglich, denn aus diesen ergibt sich ein solcher Anspruch nicht.
88Wie sich aus dem Versicherungsschein ergibt, ist in der zwischen den Parteien bestehenden Gewerbehaftpflichtversicherung „die gesetzliche Haftpflicht aus dem Betrieb einer Praxis für Zahnheilkunde“ versichert.
89Auch wenn sich aus Nr. 3.5 der Bedingungen für die Privathaftpflichtversicherung ergibt, dass der Verlust von Vereinsschlüsseln versichert ist, die der Versicherungsnehmer als Mitglied des Vereins erhalten hat, und der Kläger zudem behauptet, auf die Inanspruchnahme durch den Fliegerclub E. e.V. die Schießanlage für den Flugplatz ersetzt zu haben, betrifft das gerade nicht eine gesetzliche Haftpflicht des Klägers aus dem Betrieb seiner Zahnarztpraxis.
903.Auch einen Anspruch aus der mit der Beklagten ebenfalls zustande gekommenen Geschäftsinhaltsversicherung hat der Kläger nicht.
91Obwohl das Landgericht ihn bereits am 15. Juni 2020 darauf hingewiesen hatte, dass die Versicherungsbedingungen zur Geschäftsinhaltsversicherung bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgelegt worden seien, hat der Kläger nur den Versicherungsschein, nicht aber die zugehörigen maßgeblichen Versicherungsbedingungen eingereicht. Wie der Versicherungsfall in der streitgegenständlichen Geschäftsinhaltsversicherung genau definiert ist, entzieht sich der Kenntnis des Senats und wird vom Kläger auch nicht dargelegt.
92Bereits der Name der Versicherung ( „Geschäftsinhaltsversicherung“) nebst der Bezeichnung des Versicherungsortes („B.-Str. ... in X.“) und des versicherten Geschäfts („Betrieb einer Zahnarztpraxis“) im Versicherungsschein zeigen aber, dass der Inhalt der an der B.-Str. ... in X. vom Kläger betriebenen Zahnarztpraxis gegen versicherungsvertraglich konkret versicherte Gefahren, darunter ausweislich des Versicherungsscheins auch die Gefahr eines Einbruchdiebstahls, geschützt werden soll.
93An dem Versicherungsort, auf den sich die Geschäftsinhaltsversicherung bezieht, hat sich die Gefahr eines Einbruchdiebstahls jedoch unstreitig nicht verwirklicht. Dass es, wie der Kläger mit der Berufungsbegründung vortragen lässt, nicht darauf ankomme, wo die Schlüssel gestohlen worden seien, trifft nach den eingereichten Unterlagen gerade nicht zu.
94III.
95Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 6.172,99 €.
96Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit aus §§ 704, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
97Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO für eine Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof liegen nicht vor.