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I.
Die Berufung des Klägers gegen das am 16.07.2021 verkündete Urteil der 14e. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
G r ü n d e
2A.
3Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf seinen Beschluss vom 17. November 2022, in dem er u.a. Folgendes ausgeführt hat:
4„I.
5Der Kläger begehrt - soweit in der Berufungsinstanz noch von Relevanz - vom Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen angeblicher anwaltlicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung einschließlich der Vermögensauseinandersetzung und des Zugewinnausgleichs.
6Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge der Parteien wird auf das angefochtene Urteil gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen. Das Landgericht hat die Klage im hier noch interessierenden Umfang abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 675 BGB zu. Ob der Beklagte den Kläger hinreichend über die Vor- und Nachteile einer möglichen Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs bereits im Scheidungsverbundverfahren beraten und ihn über alle betreffenden Risiken aufgeklärt habe, könne dahinstehen. Denn ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheitere jedenfalls daran, dass der Ursachenzusammenhang zwischen der vermeintlichen anwaltlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden nicht festgestellt werden könne. Dass eine Teilungsversteigerung vermieden worden und es stattdessen zu einem freihändigen Verkauf der Immobilie gekommen wäre, wenn der Beklagte dem Kläger zur Geltendmachung der Zugewinnausgleichsansprüche im Scheidungsverbundverfahren geraten hätte, sei nicht erkennbar. Hierbei handele es sich gerade nicht um einen Lebenssachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich sei. Zumindest nach Abschluss des Scheidungsverfahrens wäre die Ehefrau des Klägers auch nicht mehr nach § 1365 BGB gehindert gewesen, eine Teilungsversteigerung einzuleiten. Der Kläger habe nicht unter Beweis gestellt, dass für beide Eheleute der freihändige Verkauf nach Abschluss des Scheidungsverfahrens die einzige sinnvolle Lösung gewesen wäre, der beide zugestimmt hätten, weil seine Ehefrau den zu seinen Gunsten in Höhe von dann EUR 24.000,- titulierten Zugewinnausgleichsanspruch nicht hätte zahlen können und er nicht die Möglichkeiten gehabt hätte, seiner geschiedenen Frau den Miteigentumsanteil abzukaufen. Auch die Umstände des Einzelfalles legten dies nicht nahe, zumal der freihändige Verkauf des Hauses von den Eheleuten über mehrere Jahre hinweg versucht worden sei und bei einem Verkauf eines im Miteigentum sich trennender Eheleute stehenden Hauses neben finanziellen Erwägungen auch andere Umstände oder Meinungsverschiedenheiten eine Rolle spielen könnten.
7Soweit der Kläger gegenüber dem Beklagten die festgesetzten Kosten in den Verfahren AG Langenfeld (9 F 281/14, Drittwiderspruchsklage gegen die Teilungsversteigerung) sowie die nach Änderung der wirtschaftlichen Situation des Klägers zurückgeforderte Anwaltsvergütung aus der Verfahrenskostenhilfe und Gerichtskosten in der Sache AG Langenfeld (9 F 140/12, Klage der Klägerin auf Nutzungsentschädigung) mit der Begründung geltend mache, die Verfahren wären vermieden worden, wenn der Zugewinn im Scheidungsverbundverfahren geltend gemacht worden wäre, habe die Klage aus vorgenannten Gründen ebenso wenig Erfolg.
8Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung: Entgegen der Annahme des Landgerichts wäre die Alternative der Fortsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums am Haus nach der Scheidung aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse und der tiefen Zerrüttung der Eheleute undenkbar gewesen. Außerdem hätte die Zwangsversteigerung bei Verwirklichung dieser Alternative zum selben Schaden durch den Verlust des Eigentums und der Nutzungen geführt. Soweit das Landgericht den Klägervortrag zum Anspruch auf Ersatz der durch die fehlerhafte Mandatsbearbeitung des Beklagten entstandenen Kosten in der Teilungsversteigerung und in den von ihm geführten weiteren Gerichtsverfahren als unzureichend bewertet habe, stelle dies eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Die im Termin vom 01.06.2021 erteilten richterlichen Hinweise seien - gerade auch unter Berücksichtigung des Beschlusses der zuvor zuständigen Einzelrichterin vom 11.12.2019 und des unter deren Vorsitz durchgeführten Termins vom 29.10.2019 - überraschend gewesen. Zudem sei zu beachten, dass der Zeuge A. den Klägervortrag, wonach eine Zwangsversteigerung unbedingt habe verhindert werden sollen, ebenso bestätigt habe wie die Mutter des Klägers.
9Entgegen der Ansicht des Landgerichts seien hier die Grundsätze des Anscheinsbeweises anwendbar. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass der Beklagte verfehlt erfolglose außergerichtliche Verhandlungen über die Rückabwicklung einer ehebedingten Zuwendung geführt habe. Die stattdessen gebotene Durchführung eines Zugewinnausgleichsverfahrens hätte zu einem Ausgleichsanspruch des Klägers geführt, zu dessen Erfüllung seine frühere Ehefrau aufgrund ihrer bekannten wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage gewesen wäre. Somit wäre dieser insoweit nur die Möglichkeit geblieben, ihren Miteigentumsanteil am Haus einzusetzen. Da auch der Kläger nicht zur entgeltlichen Übernahme des Anteils der früheren Ehefrau in der Lage gewesen sei, wäre die einzig sinnvolle Möglichkeit seinerzeit ein freihändiger Verkauf der Immobilie gewesen. Selbst wenn die frühere Ehefrau des Klägers an einer Beantragung der Teilungsversteigerung auch schon vor rechtskräftiger Scheidung nicht durch § 1365 BGB gehindert gewesen wäre, hätte der Beklagte bei rechtzeitiger Durchsetzung des Zugewinnausgleichs bis zur Entscheidung über letzteren die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung betreiben können.
10Es treffe zwar zu, dass der Beklagte bereits in erster Instanz behauptet habe, dass ein freihändiger Verkauf über Jahre vom Kläger zusammen mit dessen früherer Ehefrau versucht worden sei. Auch habe er diese Behauptung des Beklagten erstinstanzlich nicht ausdrücklich bestritten, wohl aber konkludent durch seinen Vortrag, wonach er (der Kläger) sich intensiv darum bemüht habe, das Haus nicht zu verlieren und den Miteigentumsanteil seiner früheren Ehefrau zu erwerben. Zudem habe der Beklagte sich mit der vorerwähnten Behauptung in Widerspruch zu dessen Vorbringen im Schriftsatz vom 09.09.2019 (S. 5) gesetzt, wonach der Kläger das Haus nicht habe verlieren wollen. Überdies sei das betreffende Vorbringen des Beklagten unsubstantiiert und auch nicht so zu verstehen gewesen, dass die gemeinsamen Verkaufsbemühungen schon vor der Scheidung erfolgt seien. Wegen der an Eides statt erfolgten Versicherung des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers – des Herrn Rechtsanwalts M. B. – betreffend die Hintergründe des unterbliebenen Bestreitens der vorerwähnten Behauptung des Beklagten wird auf S. 3 des Schriftsatzes vom 13.12.2021 (GA 406) Bezug genommen.
11In Bezug auf die Abweisung seiner auf Ersatz der durch die seiner Ansicht nach fehlerhafte Mandatsbearbeitung des Beklagten entstandenen Kosten in der Teilungsversteigerung und in weiteren von diesem für den Kläger geführten Gerichtsverfahren gerichteten Klageanträge habe das Landgericht Folgendes verkannt: Dem Beklagten hätte bewusst sein müssen, dass die frühere Ehefrau des Klägers als Miteigentümerin des Hauses berechtigt gewesen sei, die Teilungsversteigerung zu betreiben und sich insoweit insbesondere keine Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten ergeben hätten. Ebenso hätten dem Beklagten die mangelnden Erfolgsaussichten der weiteren von ihm betriebenen gerichtlichen Verfahren bewusst sein müssen.
12Der Kläger beantragt sinngemäß,
131.
14unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere EUR 77.352,55 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 247 BGB aus EUR 140.510,02 seit dem 1.8.2017, aus EUR 98.405,79 seit dem 26.9.2017 und aus EUR 75.468,29 seit dem 6.12.2017 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten iHv EUR 2.085,95 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen;
152.
16ihm für die Durchführung des Berufungsverfahrens mit vorgenanntem Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Berufung und den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
19Er bittet um Überprüfung, ob die vom Kläger eingereichte Berufungsbegründung eine Unterschrift des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers aufweist und verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
21II.
22Mit Blick auf die vom Beklagten geschürten Zweifel dahingehend, ob die Berufungsbegründungsschrift den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO genügt, ist zunächst festzuhalten, dass diese eine ordnungsgemäße Unterschrift des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers aufweist.
23Gem. § 130 Nr. 6 ZPO soll ein vorbereitender Schriftsatz die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, enthalten; bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) soll die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie erfolgen. Als Unterschrift ist nach der Rechtsprechung des BGH (BeckRS 2016, 112136 Rn 7 mwN) ein aus Buchstaben einer üblichen Schrift bestehendes Gebilde zu fordern, das nicht lesbar zu sein braucht. Erforderlich, aber auch genügend ist das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Dabei ist in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen (BGH NJW-RR 2021, 314 Rn 10 mwN).
24Gemäß diesen Kriterien enthält die per Telefax eingereichte Berufungsbegründung des Klägers eine ordnungsgemäße Unterschrift seines früheren Prozessbevollmächtigten (siehe GA 382 unten). Insbesondere deckt sich der entsprechende Namenszug weitgehend mit früheren Unterschriften des Rechtsanwalts M. B. (vgl. etwa GA 8, GA 296).
25III.
26Die zulässige Berufung des Klägers hat allerdings nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falles auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO). Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf.
271.
28Das Landgericht ist frei von Rechtsfehlern davon ausgegangen, dass dem Erfolg des auf Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebener Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen des Klägers gegen dessen frühere Ehefrau im Scheidungsverbundverfahren (§§ 137ff FamFG) gerichteten Klagebegehrens ein tatrichterlich nicht feststellbarer Kausalzusammenhang zwischen der - zugunsten des Klägers hier unterstellten - anwaltlichen Pflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden entgegen steht. Auch der Senat vermag aus nachstehend erläuterten Gründen die insoweit notwendige haftungsausfüllende Kausalität nicht zu erkennen. Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, dass selbst dann, wenn der Kläger sich gemäß den Grundsätzen des beratungsgerechten Verhaltens für eine Durchsetzung von Zugewinnausgleichsansprüchen im Scheidungsverbundverfahren entschlossen hätte, nicht feststünde, dass es statt der Teilungsversteigerung zu einem freihändigen Verkauf der Immobilie mit einem besseren finanziellen Ergebnis gekommen wäre.
29a)
30Wegen der für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen anwaltlicher Pflichtverletzung und Schaden geltenden rechtlichen Kriterien einschließlich der maßgeblichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (insbesondere bezüglich der beschränkten Anwendbarkeit des sog. Anscheinsbeweises) wird zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden und ausführlichen Erläuterungen des Landgerichts (LGU, S. 15 unter aa., GA 341) Bezug genommen. Nachstehend wird auf die zweitinstanzlichen Einwände des Klägers eingegangen, welche allesamt nicht durchgreifen.
31b)
32Die Berufung rügt insoweit vergeblich, dass das Landgericht die haftungsausfüllende Kausalität in Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises hätte bejahen müssen:
33Vielmehr hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs („BGH“) in Fällen der Rechtsberaterhaftung für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zwar grundsätzlich zugunsten des Mandanten Beweiserleichterungen unter dem Gesichtspunkt des Anscheinsbeweises in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 30.09.1993 - IX ZR 73/93; BGH, Urteil vom 05.02.2009 - IX ZR 6/06; BGH, Beschluss vom 15.5.2014 – IX ZR 267/12; BGH, Urteil vom 6.12.2018 – IX ZR 176/16). Vorausgesetzt ist insoweit jedoch ein Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich ist. Dies ist anzunehmen, wenn bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus allein eine ganz bestimmte Entscheidung nahe gelegen hätte. Die betreffende Beweiserleichterung zugunsten des Mandanten gilt also keineswegs generell. Sie setzt vielmehr einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten seines Mandanten typischerweise gegeben ist, beruht also auf Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH, Urteil vom 30.09.1993 - IX ZR 73/93).
34So verhält es sich im Streitfall – im Einklang mit dem Landgericht – indessen keineswegs. An einer möglichen typisierenden Betrachtungsweise fehlt es hier jedenfalls deshalb, weil nach den rechts- und verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Eheleute über Jahre vergeblich versucht hatten, das in ihrem Miteigentum stehende Haus freihändig zu verkaufen.
35Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, es habe vor der Scheidung keine vergeblichen einvernehmlichen Versuche eines freihändigen Verkaufs durch die Eheleute gegeben, kann dieser streitige tatsächliche Umstand bei der Entscheidung über die Berufung nicht mehr berücksichtigt werden.
36aa)
37Wie der Kläger in Abkehr von seinem mit der Berufungsbegründung erfolgten Monitum (vgl. S. 3, 8. Abs., GA 381) inzwischen eingeräumt hat, hat er den vorbeschriebenen, vom Beklagten schon vor dem Landgericht vorgebrachten tatsächlichen Umstand erstinstanzlich jedenfalls nicht explizit bestritten (s. nunmehr Berufungsreplik, S. 1, 1. Abs. bis 3. Abs., GA 404).
38Soweit er indessen (sinngemäß) geltend macht, sein betreffendes Bestreiten sei infolge seines übrigen erstinstanzlichen Vorbringens gleichwohl nicht neu iSv §§ 529ff ZPO, und das zugehörige Vorbringen des Beklagten sei ohnehin widersprüchlich, unsubstantiiert und wahrheitswidrig erfolgt, kann all dies schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger es versäumt hat, die entsprechende vom Landgericht getroffene Feststellung (LGU, S. 17, 1. Abs., GA 343) eines über Jahre erfolgten vergeblichen Versuchs der Eheleute, das Haus freihändig zu verkaufen, mit einem Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes des LGU (§ 320 ZPO) anzugreifen: Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (BGH NJW-RR 2007, 1434 Rn 11; BGH BeckRS 2020, 31448 Rn 21). Wird die Berichtigung im ersten Rechtszug getroffener Feststellungen nicht beantragt, sind sie für das Berufungsverfahren bindend zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
39Ebenso wenig dringt deshalb die Berufung mit dem Argument durch, wonach das betreffende Beklagtenvorbringen erster Instanz (Schriftsatz vom 09.09.2019, S. 5 oben, GA 53) gar nicht so zu verstehen gewesen sei, dass die freihändigen Verkaufsbemühungen der Eheleute schon vor der Scheidung stattgefunden hätten: Denn zumindest hat das Landgericht die betreffenden Ausführungen des Beklagten im konträren Sinne festgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne dass der Kläger dies mit einem erforderlichen Berichtigungsantrag angegriffen hat.
40bb)
41Zudem ist es dem Kläger nicht gelungen, Gründe für eine Zulassung des - demnach erstmals als in der Berufungsinstanz erfolgt anzusehenden - Bestreitens glaubhaft zu machen.
42(1)
43Dies gilt zunächst mit Blick auf § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Hiernach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen, wenn sie in erster Instanz infolge eines Verfahrensmangels nicht geltend gemacht wurden. Darunter fallen u.a. die Fälle, in denen ein nach § 139 ZPO gebotener Hinweis unterblieben ist, der zu entsprechendem Vortrag in erster Instanz Anlass gegeben hätte (BGHZ 158, 295 (302) = NJW 2004, 2152; BGH NJW-RR 2005, 213; BGH NJW 2005, 2624).
44Soweit der Kläger geltend macht, die zu Protokoll vom 01.06.2021 erteilten richterlichen Hinweise (GA 304, 5. und 6. Abs.) seien aus diversen Gründen überraschend erfolgt, ist das kein Gesichtspunkt, der seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten davon entbinden konnte, auf diese konkreten und verständlichen Hinweise (notfalls unter Beantragung eines Schriftsatznachlasses) zu reagieren und insbesondere den vom Landgericht zu Recht vermissten Beweisantritt vorzunehmen. Ganz im Gegenteil hätte die vermeintlich überraschende Natur dieser Hinweise dem früheren Klägervertreter gleichsam erst recht Veranlassung geben müssen, auf selbige zu reagieren. Dass entgegen der Berufung zugunsten des Klägers nicht die Grundsätze des Anscheinsbeweises streiten, ist oben bereits im Einzelnen erläutert worden.
45Ohne Erfolg rügt der Kläger in diesem Kontext, dass u.a. nach Aussage des Zeugen A. (GA 304 unten ff) eine Zwangsersteigerung unbedingt habe verhindert werden sollen, und dass die Mutter des Klägers (die Zeugin C., vgl. zu deren Aussage vor dem ersuchten Richter des AG Euskirchen: GA 198) für den Fall des freihändigen Verkaufs bereit gewesen sei, entschädigungslos auf ihr Wohnrecht zu verzichten. All das vermag nichts daran zu ändern, dass der Beklagte erstinstanzlich unwidersprochen dargetan hat, dass der über Jahre unternommene Versuch eines freihändigen Verkaufs fruchtlos verlaufen war.
46(2)
47Ebenso wenig ist der Zulassungsgrund des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO erfüllt:
48Hiernach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen, wenn ihre Geltendmachung in erster Instanz nicht aus Nachlässigkeit der Partei unterblieben ist. Ausgeschlossen ist demnach die Berücksichtigung solcher tatsächlicher Umstände, die in erster Instanz nicht vorgebracht wurden, obwohl sie und ihre Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits der Partei vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (BGHZ 158, 295 (303) = NJW 2004, 2152). Nachlässig handelt eine Partei, wenn sie die tatsächlichen Umstände nicht vorbringt, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt sind oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätten bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie im ersten Rechtszug imstande ist (BGH, a.a.O.; BGH NJW 2006, 152). Für eine Nachlässigkeit reicht auch einfache Fahrlässigkeit aus (BGHZ 159, 245 = NJW 2004, 2025; BGHZ 159, 245 = NJW 2004, 2825). Grundsätzlich müssen der Partei die Umstände bekannt sein (BGH NJW 2003, 200). Es besteht keine Verpflichtung, unbekannte tatsächliche Umstände zu ermitteln (BGH NJW-RR 2009, 329; BGH NJW-RR Jahr 2014, 85). Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (MünchKomm ZPO/Rimmelspacher, 6. A., 2020, § 531 Rn 29 mwN).
49Gemäß diesen rechtlichen Bewertungsmaßstäben hätte der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers das in Rede stehende Bestreiten bereits in erster Instanz vorbringen müssen. Die an Eides statt versicherten Ausführungen von Rechtsanwalt B. in der Berufungsreplik (GA 406), mit denen er das unterbliebene Bestreiten begründet, belegen dessen mindestens einfach fahrlässiges Agieren (§ 276 Abs. 2 BGB): Dies gilt schon mit Blick darauf, dass er den einschlägigen Vortrag des Beklagten eigenem Bekunden nach übersehen hat. Soweit er alsdann anführt, er habe dieses Vorbringen für unerheblich halten dürfen, hätte er seine betreffende Rechtsauffassung spätestens nach den zu Protokoll vom 01.06.2021 erteilten richterlichen Hinweisen überdenken müssen. Das Argument der vermeintlich mit den Hinweisen verbundenen Überraschung ist aus den oben bereits erläuterten Gründen nicht valide. Schließlich hätten – wie ausgeführt – die angeblich unzutreffenden Feststellungen des Landgerichts mit einem Berichtigungsantrag gem. § 320 ZPO angegriffen werden müssen.
502.
51Ebenso wenig dringt die Berufung durch, soweit der Kläger sich gegen die Abweisung seiner weitergehenden Schadensersatzklage wendet.
52Zutreffend hat das Landgericht hierzu angemerkt, dass auch insoweit aus den unter 1. referierten Gründen der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen vermeintlicher Pflichtverletzung und den geltend gemachten Schäden fehle.
53Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz offenbar erstmals geltend machen möchte, dass der Beklagte mangels Erfolgsaussichten von der Durchführung sämtlicher betroffener gerichtlichen Verfahren hätte Abstand nehmen müssen, ist dieser streitige Pflichtverletzungsvorwurf neu und in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen. Zulassungsgründe iSv § 531 Abs. 2 ZPO sind nicht dargetan und erst recht nicht glaubhaft gemacht worden. Jedenfalls hat der Kläger auch insoweit von der Stellung eines Berichtigungsantrages gem. § 320 ZPO abgesehen, obwohl das Landgericht in den Urteilsgründen explizit (LGU, S. 17 unten, GA 343) festgestellt hat, dass in Bezug auf die betroffenen gerichtlichen Verfahren sonstige Pflichtverletzungen nicht aufgezeigt worden seien.
543.
55Da dem Kläger in der Hauptsache keine Schadensersatzansprüche zustehen, erweist sich die Berufung zugleich insoweit als unbegründet, als die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Entrichtung von Verzugszinsen und zur Erstattung vorgerichtlicher Kosten gerichtet und abgewiesen worden ist.“
56B.
57Die Stellungnahme des Klägers vom 20.12.2022 zum vorgenannten Hinweisbeschluss veranlasst nicht zu einer abweichenden Entscheidung.
58I.
59Der Kläger rügt vergeblich (Ziffer I. der Stellungnahme, GA 450f), dass an der Feststellung des Landgerichts, wonach die Parteien jahrelang erfolglos versuchten, die gemeinsame Immobilie zu verkaufen, erhebliche Zweifel mit der Folge bestünden, dass keine Bindung des Senats iSv § 529 Abs. 1 ZPO bestehe.
60Die betreffenden Überlegungen des Klägers verfangen schon deshalb nicht, weil der Kläger - wie der Senat im Hinweisbeschluss vom 17.11.2022 im Detail erläutert hat (s. oben) - die vorgenannte tatrichterliche Feststellung des Landgerichts nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gem. § 320 ZPO angefochten hat. Auf dieses Argument des Senats ist der Kläger in seiner Stellungnahme nicht eingegangen, so dass sich weitergehende Ausführungen des Senats erübrigen.
61Abgesehen davon erläutert der Kläger nicht, weshalb das Landgericht ihn explizit darauf hätte hinweisen müssen, dass der Beklagte unwidersprochen vergebliche jahrelange freihändige Verkaufsbemühungen der Eheleute dargetan hatte. Dass der erstinstanzliche Klägervertreter dies übersehen haben mag, war für das Landgericht nicht erkennbar. Wie im Hinweisbeschluss des Senats ausgeführt, hat der erstinstanzliche Klägervertreter jedenfalls weder auf die Hinweise des Landgerichts zu Protokoll vom 21.06.2021 reagiert noch (s. oben) später einen Tatbestandsberichtigungsantrag gestellt. Dem erstinstanzlichen Klägervertreter musste indessen aufgrund des erteilten Hinweises des Landgerichts zweifelsohne klar sein, dass ergänzende Darlegungen und Beweisantritte zur Behauptung eines möglichen freihändigen Verkaufs vonnöten waren.
62II.
63Ebenso wenig rechtfertigt die Rüge des Klägers (Ziffer II. der Stellungnahme, GA 451f), wonach es sich bei seinem betreffenden Berufungsvorbringen entgegen der Annahme des Senats nicht um neues Vorbringen iSv §§ 529ff ZPO handele, eine vom Hinweisbeschluss des Senats abweichende Entscheidung.
64Soweit der Kläger meint, allein aus der Auflistung von Kosten für diverse Gerichtsverfahren in der Klagebegründung und der Bemerkung, diese seien Folge „der Pflichtverletzung“ des Beklagten, hätte sich ergeben, dass nach erstinstanzlichem Vorbringen des Klägers der Beklagte mangels Erfolgsaussichten von der Durchführung dieser sämtlichen Gerichtsverfahren hätte absehen müssen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Am Ende der Stellungnahme vom 20.12.2022 rekurriert der Kläger sogar selbst wieder auf eine nicht erfolgte Herbeiführung des vermögensrechtlichen Ausgleichs der Eheleute im Scheidungsverbund; insoweit fehlt es aber aus den vom Landgericht angeführten und vom Senat bestätigten Gründen bereits an einer Haftung dem Grunde nach.
65Der letztgenannte Pflichtverletzungsvorwurf deckt sich überdies nicht mit dem Vorwurf einer dahingehenden Pflichtverletzung, dass die betreffenden einzelnen Gerichtsverfahren von vornherein keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätten. Jedenfalls bleibt der betreffenden Rüge der Erfolg versagt, weil - wie im Hinweisbeschluss des Senats näher ausgeführt ist - der Kläger die explizite Feststellung des Landgerichts, wonach er (der Kläger) keine weiteren Pflichtverletzungen hinsichtlich der Durchführung der betreffenden gerichtlichen Verfahren geltend gemacht habe, wiederum nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag gem. § 320 ZPO angegriffen hat.
66C.
67Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Die Stellungnahme der Klägerin hat keine Gründe aufzuzeigen vermocht, die eine Zulassung der Revision begründen.
68Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10 S. 2, 711 ZPO.
69Am 17.11.2022 erging nachfolgender Hinweisbeschluss:
70I.
71Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
72II.
73Der Antrag des Klägers vom 20.09.2021 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens wird zurückgewiesen.
74III.
75Der auf den 22. November 2022 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
76IV.
77Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 77.372,- festgesetzt.
78Gründe:
79I.
80Der Kläger begehrt - soweit in der Berufungsinstanz noch von Relevanz - vom Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen angeblicher anwaltlicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit einer Ehescheidung einschließlich der Vermögensauseinandersetzung und des Zugewinnausgleichs.
81Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge der Parteien wird auf das angefochtene Urteil gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen. Das Landgericht hat die Klage im hier noch interessierenden Umfang abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 280 Abs. 1, 675 BGB zu. Ob der Beklagte den Kläger hinreichend über die Vor- und Nachteile einer möglichen Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs bereits im Scheidungsverbundverfahren beraten und ihn über alle betreffenden Risiken aufgeklärt habe, könne dahinstehen. Denn ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheitere jedenfalls daran, dass der Ursachenzusammenhang zwischen der vermeintlichen anwaltlichen Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden nicht festgestellt werden könne. Dass eine Teilungsversteigerung vermieden worden und es stattdessen zu einem freihändigen Verkauf der Immobilie gekommen wäre, wenn der Beklagte dem Kläger zur Geltendmachung der Zugewinnausgleichsansprüche im Scheidungsverbundverfahren geraten hätte, sei nicht erkennbar. Hierbei handele es sich gerade nicht um einen Lebenssachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich sei. Zumindest nach Abschluss des Scheidungsverfahrens wäre die Ehefrau des Klägers auch nicht mehr nach § 1365 BGB gehindert gewesen, eine Teilungsversteigerung einzuleiten. Der Kläger habe nicht unter Beweis gestellt, dass für beide Eheleute der freihändige Verkauf nach Abschluss des Scheidungsverfahrens die einzige sinnvolle Lösung gewesen wäre, der beide zugestimmt hätten, weil seine Ehefrau den zu seinen Gunsten in Höhe von dann EUR 24.000,- titulierten Zugewinnausgleichsanspruch nicht hätte zahlen können und er nicht die Möglichkeiten gehabt hätte, seiner geschiedenen Frau den Miteigentumsanteil abzukaufen. Auch die Umstände des Einzelfalles legten dies nicht nahe, zumal der freihändige Verkauf des Hauses von den Eheleuten über mehrere Jahre hinweg versucht worden sei und bei einem Verkauf eines im Miteigentum sich trennender Eheleute stehenden Hauses neben finanziellen Erwägungen auch andere Umstände oder Meinungsverschiedenheiten eine Rolle spielen könnten.
82Soweit der Kläger gegenüber dem Beklagten die festgesetzten Kosten in den Verfahren AG Langenfeld (9 F 281/14, Drittwiderspruchsklage gegen die Teilungsversteigerung) sowie die nach Änderung der wirtschaftlichen Situation des Klägers zurückgeforderte Anwaltsvergütung aus der Verfahrenskostenhilfe und Gerichtskosten in der Sache AG Langenfeld (9 F 140/12, Klage der Klägerin auf Nutzungsentschädigung) mit der Begründung geltend mache, die Verfahren wären vermieden worden, wenn der Zugewinn im Scheidungsverbundverfahren geltend gemacht worden wäre, habe die Klage aus vorgenannten Gründen ebenso wenig Erfolg.
83Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sowie begründeten Berufung: Entgegen der Annahme des Landgerichts wäre die Alternative der Fortsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums am Haus nach der Scheidung aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse und der tiefen Zerrüttung der Eheleute undenkbar gewesen. Außerdem hätte die Zwangsversteigerung bei Verwirklichung dieser Alternative zum selben Schaden durch den Verlust des Eigentums und der Nutzungen geführt. Soweit das Landgericht den Klägervortrag zum Anspruch auf Ersatz der durch die fehlerhafte Mandatsbearbeitung des Beklagten entstandenen Kosten in der Teilungsversteigerung und in den von ihm geführten weiteren Gerichtsverfahren als unzureichend bewertet habe, stelle dies eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. Die im Termin vom 01.06.2021 erteilten richterlichen Hinweise seien - gerade auch unter Berücksichtigung des Beschlusses der zuvor zuständigen Einzelrichterin vom 11.12.2019 und des unter deren Vorsitz durchgeführten Termins vom 29.10.2019 - überraschend gewesen. Zudem sei zu beachten, dass der Zeuge A. den Klägervortrag, wonach eine Zwangsversteigerung unbedingt habe verhindert werden sollen, ebenso bestätigt habe wie die Mutter des Klägers.
84Entgegen der Ansicht des Landgerichts seien hier die Grundsätze des Anscheinsbeweises anwendbar. Das Landgericht habe außer Acht gelassen, dass der Beklagte verfehlt erfolglose außergerichtliche Verhandlungen über die Rückabwicklung einer ehebedingten Zuwendung geführt habe. Die stattdessen gebotene Durchführung eines Zugewinnausgleichsverfahrens hätte zu einem Ausgleichsanspruch des Klägers geführt, zu dessen Erfüllung seine frühere Ehefrau aufgrund ihrer bekannten wirtschaftlichen Situation nicht in der Lage gewesen wäre. Somit wäre dieser insoweit nur die Möglichkeit geblieben, ihren Miteigentumsanteil am Haus einzusetzen. Da auch der Kläger nicht zur entgeltlichen Übernahme des Anteils der früheren Ehefrau in der Lage gewesen sei, wäre die einzig sinnvolle Möglichkeit seinerzeit ein freihändiger Verkauf der Immobilie gewesen. Selbst wenn die frühere Ehefrau des Klägers an einer Beantragung der Teilungsversteigerung auch schon vor rechtskräftiger Scheidung nicht durch § 1365 BGB gehindert gewesen wäre, hätte der Beklagte bei rechtzeitiger Durchsetzung des Zugewinnausgleichs bis zur Entscheidung über letzteren die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung betreiben können.
85Es treffe zwar zu, dass der Beklagte bereits in erster Instanz behauptet habe, dass ein freihändiger Verkauf über Jahre vom Kläger zusammen mit dessen früherer Ehefrau versucht worden sei. Auch habe er diese Behauptung des Beklagten erstinstanzlich nicht ausdrücklich bestritten, wohl aber konkludent durch seinen Vortrag, wonach er (der Kläger) sich intensiv darum bemüht habe, das Haus nicht zu verlieren und den Miteigentumsanteil seiner früheren Ehefrau zu erwerben. Zudem habe der Beklagte sich mit der vorerwähnten Behauptung in Widerspruch zu dessen Vorbringen im Schriftsatz vom 09.09.2019 (S. 5) gesetzt, wonach der Kläger das Haus nicht habe verlieren wollen. Überdies sei das betreffende Vorbringen des Beklagten unsubstantiiert und auch nicht so zu verstehen gewesen, dass die gemeinsamen Verkaufsbemühungen schon vor der Scheidung erfolgt seien. Wegen der an Eides statt erfolgten Versicherung des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers – des Herrn Rechtsanwalts M. B. – betreffend die Hintergründe des unterbliebenen Bestreitens der vorerwähnten Behauptung des Beklagten wird auf S. 3 des Schriftsatzes vom 13.12.2021 (GA 406) Bezug genommen.
86In Bezug auf die Abweisung seiner auf Ersatz der durch die seiner Ansicht nach fehlerhafte Mandatsbearbeitung des Beklagten entstandenen Kosten in der Teilungsversteigerung und in weiteren von diesem für den Kläger geführten Gerichtsverfahren gerichteten Klageanträge habe das Landgericht Folgendes verkannt: Dem Beklagten hätte bewusst sein müssen, dass die frühere Ehefrau des Klägers als Miteigentümerin des Hauses berechtigt gewesen sei, die Teilungsversteigerung zu betreiben und sich insoweit insbesondere keine Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten ergeben hätten. Ebenso hätten dem Beklagten die mangelnden Erfolgsaussichten der weiteren von ihm betriebenen gerichtlichen Verfahren bewusst sein müssen.
87Der Kläger beantragt sinngemäß,
881.
89unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an ihn über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus weitere EUR 77.352,55 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 247 BGB aus EUR 140.510,02 seit dem 1.8.2017, aus EUR 98.405,79 seit dem 26.9.2017 und aus EUR 75.468,29 seit dem 6.12.2017 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten iHv EUR 2.085,95 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz nach § 247 BGB seit Klagezustellung zu zahlen;
902.
91ihm für die Durchführung des Berufungsverfahrens mit vorgenanntem Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
92Der Beklagte beantragt,
93die Berufung und den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen.
94Er bittet um Überprüfung, ob die vom Kläger eingereichte Berufungsbegründung eine Unterschrift des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers aufweist und verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation.
95Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.
96II.
97Mit Blick auf die vom Beklagten geschürten Zweifel dahingehend, ob die Berufungsbegründungsschrift den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO genügt, ist zunächst festzuhalten, dass diese eine ordnungsgemäße Unterschrift des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers aufweist.
98Gem. § 130 Nr. 6 ZPO soll ein vorbereitender Schriftsatz die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, enthalten; bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) soll die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie erfolgen. Als Unterschrift ist nach der Rechtsprechung des BGH (BeckRS 2016, 112136 Rn 7 mwN) ein aus Buchstaben einer üblichen Schrift bestehendes Gebilde zu fordern, das nicht lesbar zu sein braucht. Erforderlich, aber auch genügend ist das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Dabei ist in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen (BGH NJW-RR 2021, 314 Rn 10 mwN).
99Gemäß diesen Kriterien enthält die per Telefax eingereichte Berufungsbegründung des Klägers eine ordnungsgemäße Unterschrift seines früheren Prozessbevollmächtigten (siehe GA 382 unten). Insbesondere deckt sich der entsprechende Namenszug weitgehend mit früheren Unterschriften des Rechtsanwalts M. B. (vgl. etwa GA 8, GA 296).
100III.
101Die zulässige Berufung des Klägers hat allerdings nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falles auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO). Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf.
1021.
103Das Landgericht ist frei von Rechtsfehlern davon ausgegangen, dass dem Erfolg des auf Zahlung von Schadensersatz wegen unterbliebener Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen des Klägers gegen dessen frühere Ehefrau im Scheidungsverbundverfahren (§§ 137ff FamFG) gerichteten Klagebegehrens ein tatrichterlich nicht feststellbarer Kausalzusammenhang zwischen der - zugunsten des Klägers hier unterstellten - anwaltlichen Pflichtverletzung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden entgegen steht. Auch der Senat vermag aus nachstehend erläuterten Gründen die insoweit notwendige haftungsausfüllende Kausalität nicht zu erkennen. Mit Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht angenommen, dass selbst dann, wenn der Kläger sich gemäß den Grundsätzen des beratungsgerechten Verhaltens für eine Durchsetzung von Zugewinnausgleichsansprüchen im Scheidungsverbundverfahren entschlossen hätte, nicht feststünde, dass es statt der Teilungsversteigerung zu einem freihändigen Verkauf der Immobilie mit einem besseren finanziellen Ergebnis gekommen wäre.
104a)
105Wegen der für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen anwaltlicher Pflichtverletzung und Schaden geltenden rechtlichen Kriterien einschließlich der maßgeblichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast (insbesondere bezüglich der beschränkten Anwendbarkeit des sog. Anscheinsbeweises) wird zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden und ausführlichen Erläuterungen des Landgerichts (LGU, S. 15 unter aa., GA 341) Bezug genommen. Nachstehend wird auf die zweitinstanzlichen Einwände des Klägers eingegangen, welche allesamt nicht durchgreifen.
106b)
107Die Berufung rügt insoweit vergeblich, dass das Landgericht die haftungsausfüllende Kausalität in Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises hätte bejahen müssen:
108Vielmehr hat das Landgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs („BGH“) in Fällen der Rechtsberaterhaftung für den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden zwar grundsätzlich zugunsten des Mandanten Beweiserleichterungen unter dem Gesichtspunkt des Anscheinsbeweises in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 30.09.1993 - IX ZR 73/93; BGH, Urteil vom 05.02.2009 - IX ZR 6/06; BGH, Beschluss vom 15.5.2014 – IX ZR 267/12; BGH, Urteil vom 6.12.2018 – IX ZR 176/16). Vorausgesetzt ist insoweit jedoch ein Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung aufgrund objektiv deutlich für eine bestimmte Reaktion sprechender Umstände einer typisierenden Betrachtungsweise zugänglich ist. Dies ist anzunehmen, wenn bei zutreffender rechtlicher Beratung vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters aus allein eine ganz bestimmte Entscheidung nahe gelegen hätte. Die betreffende Beweiserleichterung zugunsten des Mandanten gilt also keineswegs generell. Sie setzt vielmehr einen Tatbestand voraus, bei dem der Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des Beraters und einem bestimmten Verhalten seines Mandanten typischerweise gegeben ist, beruht also auf Umständen, die nach der Lebenserfahrung eine bestimmte tatsächliche Vermutung rechtfertigen (BGH, Urteil vom 30.09.1993 - IX ZR 73/93).
109So verhält es sich im Streitfall – im Einklang mit dem Landgericht – indessen keineswegs. An einer möglichen typisierenden Betrachtungsweise fehlt es hier jedenfalls deshalb, weil nach den rechts- und verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts die Eheleute über Jahre vergeblich versucht hatten, das in ihrem Miteigentum stehende Haus freihändig zu verkaufen.
110Soweit der Kläger mit der Berufung geltend macht, es habe vor der Scheidung keine vergeblichen einvernehmlichen Versuche eines freihändigen Verkaufs durch die Eheleute gegeben, kann dieser streitige tatsächliche Umstand bei der Entscheidung über die Berufung nicht mehr berücksichtigt werden.
111aa)
112Wie der Kläger in Abkehr von seinem mit der Berufungsbegründung erfolgten Monitum (vgl. S. 3, 8. Abs., GA 381) inzwischen eingeräumt hat, hat er den vorbeschriebenen, vom Beklagten schon vor dem Landgericht vorgebrachten tatsächlichen Umstand erstinstanzlich jedenfalls nicht explizit bestritten (s. nunmehr Berufungsreplik, S. 1, 1. Abs. bis 3. Abs., GA 404).
113Soweit er indessen (sinngemäß) geltend macht, sein betreffendes Bestreiten sei infolge seines übrigen erstinstanzlichen Vorbringens gleichwohl nicht neu iSv §§ 529ff ZPO, und das zugehörige Vorbringen des Beklagten sei ohnehin widersprüchlich, unsubstantiiert und wahrheitswidrig erfolgt, kann all dies schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der Kläger es versäumt hat, die entsprechende vom Landgericht getroffene Feststellung (LGU, S. 17, 1. Abs., GA 343) eines über Jahre erfolgten vergeblichen Versuchs der Eheleute, das Haus freihändig zu verkaufen, mit einem Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes des LGU (§ 320 ZPO) anzugreifen: Eine etwaige Unrichtigkeit tatbestandlicher Feststellungen kann nur im Berichtigungsverfahren nach § 320 ZPO behoben werden (BGH NJW-RR 2007, 1434 Rn 11; BGH BeckRS 2020, 31448 Rn 21). Wird die Berichtigung im ersten Rechtszug getroffener Feststellungen nicht beantragt, sind sie für das Berufungsverfahren bindend zugrunde zu legen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
114Ebenso wenig dringt deshalb die Berufung mit dem Argument durch, wonach das betreffende Beklagtenvorbringen erster Instanz (Schriftsatz vom 09.09.2019, S. 5 oben, GA 53) gar nicht so zu verstehen gewesen sei, dass die freihändigen Verkaufsbemühungen der Eheleute schon vor der Scheidung stattgefunden hätten: Denn zumindest hat das Landgericht die betreffenden Ausführungen des Beklagten im konträren Sinne festgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne dass der Kläger dies mit einem erforderlichen Berichtigungsantrag angegriffen hat.
115bb)
116Zudem ist es dem Kläger nicht gelungen, Gründe für eine Zulassung des - demnach erstmals als in der Berufungsinstanz erfolgt anzusehenden - Bestreitens glaubhaft zu machen.
117(1)
118Dies gilt zunächst mit Blick auf § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Hiernach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen, wenn sie in erster Instanz infolge eines Verfahrensmangels nicht geltend gemacht wurden. Darunter fallen u.a. die Fälle, in denen ein nach § 139 ZPO gebotener Hinweis unterblieben ist, der zu entsprechendem Vortrag in erster Instanz Anlass gegeben hätte (BGHZ 158, 295 (302) = NJW 2004, 2152; BGH NJW-RR 2005, 213; BGH NJW 2005, 2624).
119Soweit der Kläger geltend macht, die zu Protokoll vom 01.06.2021 erteilten richterlichen Hinweise (GA 304, 5. und 6. Abs.) seien aus diversen Gründen überraschend erfolgt, ist das kein Gesichtspunkt, der seinen vormaligen Prozessbevollmächtigten davon entbinden konnte, auf diese konkreten und verständlichen Hinweise (notfalls unter Beantragung eines Schriftsatznachlasses) zu reagieren und insbesondere den vom Landgericht zu Recht vermissten Beweisantritt vorzunehmen. Ganz im Gegenteil hätte die vermeintlich überraschende Natur dieser Hinweise dem früheren Klägervertreter gleichsam erst recht Veranlassung geben müssen, auf selbige zu reagieren. Dass entgegen der Berufung zugunsten des Klägers nicht die Grundsätze des Anscheinsbeweises streiten, ist oben bereits im Einzelnen erläutert worden.
120Ohne Erfolg rügt der Kläger in diesem Kontext, dass u.a. nach Aussage des Zeugen A. (GA 304 unten ff) eine Zwangsersteigerung unbedingt habe verhindert werden sollen, und dass die Mutter des Klägers (die Zeugin C., vgl. zu deren Aussage vor dem ersuchten Richter des AG Euskirchen: GA 198) für den Fall des freihändigen Verkaufs bereit gewesen sei, entschädigungslos auf ihr Wohnrecht zu verzichten. All das vermag nichts daran zu ändern, dass der Beklagte erstinstanzlich unwidersprochen dargetan hat, dass der über Jahre unternommene Versuch eines freihändigen Verkaufs fruchtlos verlaufen war.
121(2)
122Ebenso wenig ist der Zulassungsgrund des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO erfüllt:
123Hiernach sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel zuzulassen, wenn ihre Geltendmachung in erster Instanz nicht aus Nachlässigkeit der Partei unterblieben ist. Ausgeschlossen ist demnach die Berücksichtigung solcher tatsächlicher Umstände, die in erster Instanz nicht vorgebracht wurden, obwohl sie und ihre Bedeutung für den Ausgang des Rechtsstreits der Partei vor Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem erstinstanzlichen Gericht bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (BGHZ 158, 295 (303) = NJW 2004, 2152). Nachlässig handelt eine Partei, wenn sie die tatsächlichen Umstände nicht vorbringt, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt sind oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätten bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie im ersten Rechtszug imstande ist (BGH, a.a.O.; BGH NJW 2006, 152). Für eine Nachlässigkeit reicht auch einfache Fahrlässigkeit aus (BGHZ 159, 245 = NJW 2004, 2025; BGHZ 159, 245 = NJW 2004, 2825). Grundsätzlich müssen der Partei die Umstände bekannt sein (BGH NJW 2003, 200). Es besteht keine Verpflichtung, unbekannte tatsächliche Umstände zu ermitteln (BGH NJW-RR 2009, 329; BGH NJW-RR Jahr 2014, 85). Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist der Partei nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (MünchKomm ZPO/Rimmelspacher, 6. A., 2020, § 531 Rn 29 mwN).
124Gemäß diesen rechtlichen Bewertungsmaßstäben hätte der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers das in Rede stehende Bestreiten bereits in erster Instanz vorbringen müssen. Die an Eides statt versicherten Ausführungen von Rechtsanwalt B. in der Berufungsreplik (GA 406), mit denen er das unterbliebene Bestreiten begründet, belegen dessen mindestens einfach fahrlässiges Agieren (§ 276 Abs. 2 BGB): Dies gilt schon mit Blick darauf, dass er den einschlägigen Vortrag des Beklagten eigenem Bekunden nach übersehen hat. Soweit er alsdann anführt, er habe dieses Vorbringen für unerheblich halten dürfen, hätte er seine betreffende Rechtsauffassung spätestens nach den zu Protokoll vom 01.06.2021 erteilten richterlichen Hinweisen überdenken müssen. Das Argument der vermeintlich mit den Hinweisen verbundenen Überraschung ist aus den oben bereits erläuterten Gründen nicht valide. Schließlich hätten – wie ausgeführt – die angeblich unzutreffenden Feststellungen des Landgerichts mit einem Berichtigungsantrag gem. § 320 ZPO angegriffen werden müssen.
1252.
126Ebenso wenig dringt die Berufung durch, soweit der Kläger sich gegen die Abweisung seiner weitergehenden Schadensersatzklage wendet.
127Zutreffend hat das Landgericht hierzu angemerkt, dass auch insoweit aus den unter 1. referierten Gründen der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen vermeintlicher Pflichtverletzung und den geltend gemachten Schäden fehle.
128Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz offenbar erstmals geltend machen möchte, dass der Beklagte mangels Erfolgsaussichten von der Durchführung sämtlicher betroffener gerichtlichen Verfahren hätte Abstand nehmen müssen, ist dieser streitige Pflichtverletzungsvorwurf neu und in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen. Zulassungsgründe iSv § 531 Abs. 2 ZPO sind nicht dargetan und erst recht nicht glaubhaft gemacht worden. Jedenfalls hat der Kläger auch insoweit von der Stellung eines Berichtigungsantrages gem. § 320 ZPO abgesehen, obwohl das Landgericht in den Urteilsgründen explizit (LGU, S. 17 unten, GA 343) festgestellt hat, dass in Bezug auf die betroffenen gerichtlichen Verfahren sonstige Pflichtverletzungen nicht aufgezeigt worden seien.
1293.
130Da dem Kläger in der Hauptsache keine Schadensersatzansprüche zustehen, erweist sich die Berufung zugleich insoweit als unbegründet, als die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Entrichtung von Verzugszinsen und zur Erstattung vorgerichtlicher Kosten gerichtet und abgewiesen worden ist.
131IV.
132Da die Berufung - wie ausgeführt – sogar offensichtlich unbegründet ist, mangelt es erst recht an hinreichenden Erfolgsaussichten iSv §§ 114 Abs. 1 S. 1 Hs. 2, 119 Abs. 1 ZPO, so dass auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Berufungsverfahrens keinen Erfolg hat.
133Davon abgesehen hat der Kläger auch nicht die insoweit ferner erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen (§ 114 Abs. 1 S. 1. Hs. 1 ZPO) glaubhaft gemacht. Daran mangelt es schon deshalb, weil er dem Senat entgegen der entsprechenden Aufforderung mit Verfügung vom 21.12.2021 (GA 407) keine Abschrift seines aktuellen Rentenbescheides vorgelegt hat.
134V.
135Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2009 – 6 W 88/09; Senat, Beschluss vom 6. März 2013 – I-24 U 204/12, Rz. 19 mwN; KG, Beschluss vom 21. April 2016 - 6 U 141/15, Rz. 18; siehe auch Zöller/Heßler, ZPO, 33. Auflage, § 522 Rn. 45 mwN).