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Die Berufung des Klägers gegen das am 14.12.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Dieses Urteil und das landgerichtliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
I.
2Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung von in einem Internetforum getätigten Äußerungen in Anspruch.
3Beide Parteien sind Mitglieder des Vereins A. e.V.. Der Kläger ist Inhaber des Unternehmens „B. e.K.“ in C.-Stadt, das einen Handel mit Nutzfahrzeugoldtimern betreibt und eine auf die Restauration und Reparatur von Nutzfahrzeugoldtimern spezialisierte Werkstatt unterhält. Der Beklagte ist Moderator in dem Internetforum www…..de.
4Der Kläger erwarb um den Jahreswechsel 2018/2019 einen dreiachsigen LKW der Marke MAN, Baureihe F-90, Typbezeichnung 22.332 FNL/BL, Baujahr 1987, der jedenfalls ursprünglich mit einem Langchassis für Wechselbehälter mit einer nachlaufenden Hinterachse (Fahrgestelltyp F 05) ausgestattet war. Dieses Fahrzeug trug die am Rahmen eingeschlagene Fahrzeugnummer WMAF0000000. Am 20./22.02.2018 erwarb der Kläger zudem einen dreiachsigen LKW der Marke MAN, Baureihe F-90, Typbezeichnung 22.4222 FVLS, Baujahr 1991, der eine dreiachsige Sattelzugmaschine mit einer vorlaufenden Hinterachse darstellte. Der Kläger nahm unter Verwendung des Führerhauses, des Fahrzeugrahmens und der hinteren Antriebsachse des zweitgenannten Fahrzeugs Umbauten vor. Am 01.03.2018 erstellte der Zeuge D. als Gutachter des E. GmbH & Co. KG ein Gutachten über das umgebaute Fahrzeug, demzufolge es sich um einen MAN des Fahrzeugtyps 22.422 FVLS mit der Fahrzeugnummer WMAF0000000 des erstgenannten Fahrzeugs handele, das alle Voraussetzungen für eine Einstufung als Oldtimer angesichts der Erstzulassung am 00.00.0000 und des Originalzustands bzw. der zulässigen Umrüstung aller maßgeblichen Teile erfülle. Zuvor war, nach Vortrag des Klägers durch den Zeugen D., die am Rahmen des umgebauten Fahrzeugs noch befindliche Fahrzeugnummer des zweitgenannten Fahrzeugs mit Kreuzen überschlagen und daneben die Fahrzeugnummer des erstgenannten Fahrzeugs neu eingeschlagen worden. Der Zeuge D. erstellte zudem für das umgebaute Fahrzeug am 01.03.2018 ein Gutachten zur Erlangung einer Einzelbetriebserlaubnis, das sich auf ein am 00.00.0000 erstzugelassenes Fahrzeug des Typs 22.422. FVLS mit der Fahrzeugnummer WMAF0000000 bezog.
5Auf dem Forum www……... de postete der Beklagte zu dem Chat-Thema „H-Kennzeichen für LKW – vor dem Aus???“ am 00.00.0000 um 00.11 Uhr (Beitrag I) einen längeren Beitrag (Bl. 444 / 445 GA), in dem er unter anderem ausführte:
6(1) „Umkloppen von Fahrgestellnummern, nur um ein paar Jahre früher an ein H-Kennzeichen zu kommen -geht´s noch?? Was treibt eine selbsternannte Elite dazu? Einfach nur, weil man es kann? Und einen Prüfer zur bzw. in der Hand hat?“
7….
8(2) „Erst kürzlich bin ich auf einen F 90-MAN gestoßen. Auch einer Lichtgestalt gehörend, „ewiges“ Mitglied im A.-Vorstand. Ein MAN mit Oberhausener Kennzeichen, der eine wundersame Wandlung vom Langchassis mit Nachlaufachse zur Sattelzugmaschine mit Vorlaufachse geschafft hat -und klar, mit H-Kennzeichen!!!“
9In den folgenden Tagen beteiligten sich andere Forumsteilnehmer an dem Chat mit insgesamt 10 Beiträgen. Am 04.07.2018 um 23.05 Uhr (Beitrag II) schaltete sich der Beklagte wieder mit einem längeren Beitrag in die Diskussion ein (Bl. 449/450 GA), der u.a. folgende Aussage enthielt:
10(3) „Das Kernproblem ist, dass man mit dem H-Kennzeichen auch gewerblich fahren darf. Im Nutzfahrzeugbereich kann man damit also auf Kosten der Allgemeinheit erhebliche Beträge „sparen“. Die Möglichkeit, z.B. mit gefälschten H-LKW in Umweltzonen einfahren zu können, scheint sich für manchen jedoch erheblich zu lohnen, sonst hätte man sich den ganzen Aufwand und das Risiko der Fälschungen sicher erspart!“
11Nachdem sich hierzu der Forumsteilnehmer „F.“ um 24.27 Uhr geäußert hatte, postete der Beklagte schließlich am 00.00.0000 um 0.03 Uhr (Beitrag III) noch einen weiteren Beitrag (Bl. 451 / 452 GA), der u.a. folgende Erklärungen enthielt:
12(4) „Die Beweggründe, einen LKW so zu fälschen, dass er verfrüht die H-Zulassung bekommt, sind mir auch etwas rätselhaft. Allerdings erwähnte ich ja die „Umweltzonen“ -und grad das Ruhrgebiet ist praktisch eine einzige große „Zone“. Vielleicht antwortet ja einer der Angesprochenen und erklärt uns, warum man diesen illegalen Aufwand betreibt.
13Ob man auch „Vorteile“ bei der Maut erreichen will?? Wenn man seinen vermeintlichen Oldtimer bei TollCollect abmeldet, ist der zunächst ja mal mautfrei.
14Für das Sonntagsfahrverbot hingegen gibt es keinen Unterschied -sobald der getürkte Oldtimer gewerblich fährt, ist er vom SFV betroffen
15…..
16Nochmal zur Klarheit... es werden neuere LKW i.d.R. mit anderen, mindestens 30 Jahre alten Papieren ausgestattet und die FIN „angepasst“, also SK zu NG, Scania 143 zu 142 etc.
17Beim C.-MAN dürfte man ähnlich vorgegangen sein.
18Es geht hier ja keineswegs um „kleine Mogeleien“. Das Hauptproblem ist, dass von ein paar Leuten unser H-Kennzeichen massiv gefährdet wird, ausgerechnet eben von solchen, die das finanziell keineswegs nötig hätten. Und ausgerechnet von solchen, die als „Lichtgestalten“ der Szene gelten.“
19Am 00.00.0000 um 15.07 Uhr schaltete sich der Beklagte erneut in die Chat-Diskussion mit einem Beitrag (Beitrag IV) ein, der u.a. folgende Aussagen enthielt:
20(5) „Aber die gewerbliche Nutzung des H-Kennzeichen bringt eben erhebliche Probleme mit sich - dann, wenn echter Missbrauch betrieben wird. Nicht etwa, um HISTORISCH unterwegs zu sein, sondern um den GEWINN zu mehren.
21…
22(6) Aber hier geht es nicht um „Umbauten“ - sondern um das Fälschen ganzer LKW-Identitäten! Wenn z.B. bei einem 25 Jahre alten SK 1735 die Fahrgestellnummer am Rahmen herausgeflext wird, und eine andere mit irgendwelchen Schlagzahlen reingekloppt wird... eine andere, zu der ein Kumpane den passenden alten NG-Brief zur Verfügung stellt... dann ist das kein „Umbau am NG“, sondern das Fälschen eines SK.
23Natürlich muss dazu auch ein Prüfer (DEKRA, TÜV) seinen Beitrag leisten! Wir haben es also mit einem größeren Personenkreis zu tun... und damit bekommt die Sache eine neue Dimension, sie wird „bandenmäßig!“. Was „gesiebte Luft“ für die Beteiligten bedeuten kann.“
24Mehrfach, zuletzt aufgrund eines Gutachten des Zeugen D. vom 02.04.2019 (Bl. 108 GA), wurde die Zulassungsbescheinigung des umgebauten Fahrzeugs (Bl. 109 GA) berichtigt, die u.a. nunmehr den umgebauten Lkw als einen des Fahrzeugtyps 22.323 FNL/BL ausgibt.
25Das Landgericht hat aufgrund der Beweisbeschlüsse vom 26.09.2018 und vom 21.05.2019 ein Gutachten des Sachverständigen G. vom 05.09.2019 eingeholt, demzufolge weder der Motor noch das Getriebe des Fahrzeugs von dem erstgenannten Fahrzeug in seinem Auslieferungszustand herrührten. Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 15.11.2019 hat das Landgericht das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen G. vom 18.02.2020 eingeholt und ihn dazu in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2020 angehört.
26Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Unterlassung der vorstehend wörtlich zitierten Erklärungen des Beklagten begehrte, als unbegründet abgewiesen. Die streitgegenständlichen Äußerungen des Beklagten seien noch von der Meinungsfreiheit abgedeckt, da sich die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen G. anschließe, nach der das umgebaute Fahrzeug nicht die Voraussetzung für die Zuteilung eines H-Kennzeichens erfüllt habe, da nicht das ursprüngliche Fahrzeug, der Lkw für Wechselbehälter, sondern das Spenderfahrzeug, die Sattelzugmaschine, umgebaut worden seien. Daher sei die als Tatsachenbehauptung anzusehende Erklärung des Beklagten, das Fahrzeug des Klägers habe zu Unrecht eine Oldtimerkennzeichnung erhalten, als zutreffend anzusehen. Die übrigen Erklärungen des Klägers seien Meinungsäußerungen.
27Gegen diese rechtliche Würdigung richtet sich der Kläger mit dem Rechtsmittel der Berufung. Die streitgegenständlichen Äußerungen seien für ihn, einem europaweit bekannten Unternehmen für den Handel und die Restaurierung von Nutzfahrzeug-Oldtimern, sehr geschäftsschädlich, da das Internetforum www……...de das europaweit größte Internetforum für die Nutzfahrzeug-Oldtimer-Szene sei. Die Äußerung (1) sei als Tatsachenbehauptung einzustufen, da der Beklagte damit behaupte, er, der Kläger, habe unrechtmäßig eine Fahrgestellnummer „umgekloppt“, nur um ein paar Jahre früher das H-Kennzeichen zu erlangen. Zugleich werde die Tatsachenbehauptung aufgestellt, er habe einen TÜV-Gutachter in der Hand gehabt. All dies entbehre jeglicher Grundlage. Wie sich aus dem Ergänzungsgutachten vom 18.02.2020 ergebe, habe er eine Vielzahl von Umbaumaßnahmen durchgeführt. Des Weiteren habe nicht er, sondern der Sachverständige D. die Fahrgestellnummer eingeschlagen. Zu beachten sei weiter, dass der Zeuge D. als Tüv-Gutachter die Erteilung eines H-Kennzeichens befürwortet habe. Die Äußerung (2) sei zwar eine Meinungsäußerung, die jedoch im Zusammenhang mit der als unwahre Tatsachenbehauptung zu wertenden Erklärung (1) stehe und deshalb gleichfalls zu untersagen sei. Dabei zu beachten sei, dass nicht festgestellt worden sei, dass das Gutachten des Zeugen D. ermessensfehlerhaft sei. Das habe der Privatgutachter H.in seinem Prüfbericht vom 15.03.2021 verneint. Das von dem Landgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen G. sei schon deshalb unbrauchbar, weil es die Kernfrage, ob nur die Fahrzeug-Identnummer verändert worden sei, gar nicht beantwortet habe. Des Weiteren unterstelle der Beklagte mit der Äußerung (3) ins Blaue hinein die vorsätzliche Begehung von Straftaten. Das gelte im gleichen Maße für die Äußerung (4). Er werde mit dieser Äußerung vor den Forumsmitgliedern an den Pranger gestellt. Auch mit der Äußerung (5) unterstelle der Beklagte ihm ohne Grund, er habe rechtswidrig und schuldhaft Straftaten begangen. Schließlich nehme die Äußerung (6) auf die Äußerung (1) Bezug und stelle ihn als Schwerstkriminellen an den Pranger. All dies seien unbelegte Tatsachen.
28Der Kläger beantragt,
29den Beklagten bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, es zu verbieten, in Bezug auf ihn nachfolgende Behauptungen zu machen, zu veröffentlichen und /oder verbreiten zu lassen:
30(*)
31(*)
32(*)
33(*)
34(*)
35(*)
36Der Beklagte beantragt,
37die Berufung zurückzuweisen.
38Er verteidigt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags die rechtliche Würdigung des Landgerichts als zutreffend.
39II.
40Die zulässige Berufung ist unbegründet.
41Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO durch das Landgericht noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
42Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger die Unterlassung der in Rede stehenden Äußerungen nicht gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG wegen einer rechtswidrigen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes verlangen kann.
43a) Zwar greifen die streitgegenständlichen Äußerungen (1) – (4) in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers ein, denn sie beeinträchtigt ihn in seinem sozialen Geltungsanspruch.
44Zu den Schutzgütern des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zählt die soziale Anerkennung des Einzelnen. Es umfasst den Schutz des Einzelnen vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auszuwirken (BGH, Urteil vom 27. Mai 2014 – VI ZR 153/13 –, Rz. 13). Zwar gebietet es das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht, dem Betroffenen einen Abwehranspruch zuzubilligen, soweit es um Äußerungen geht, die sich nicht in nennenswerter Weise auf dessen Persönlichkeitsbild auswirken können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Träger des Persönlichkeitsrechts keinen Anspruch darauf hat, von anderen nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sieht oder gesehen werden möchte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 23. Oktober 2007 – 1 BvR 150/06 –, Rz. 20). Das Persönlichkeitsrecht ist jedoch berührt bei solchen Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 – 1 BvR 1696/98 –, Rz. 25).
45Ob das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers betroffen ist, erfordert ebenso wie die im Anschluss vorzunehmende Abwägung zur Rechtswidrigkeit, zunächst eine Beurteilung und Bewertung der in Rede stehenden Äußerung. Maßgeblich für die Ermittlung des Aussagegehalts ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat. Ausgehend vom Wortlaut - der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann - und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind. Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden. Fernliegende Bedeutungen sind auszuschließen (BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16, Rz. 20).
46Gemessen daran sind die in Rede stehende Äußerungen (1) bis (4) des Beklagten geeignet, den Kläger in ein negatives Licht zu rücken und sich abträglich auf sein Ansehen auszuwirken. Der von dem Beklagten gegenüber dem Kläger, der in der Oldtimerszene beruflich tätig und nach dem unbestrittenen Klägervorbringen auch allgemein bekannt ist, in dem Forum geäußerte Vorwurf eines unlauteren Verhaltens in Form des Erschleichens eines H-Kennzeichen und dessen Missbrauch durch gewerbliche Nutzung sind geeignet, sich auf dessen Ansehen ungünstig auszuwirken.
47Unbeachtlich ist insoweit, dass der Kläger in den Beiträgen (I) – (III), die die streitgegenständlichen Äußerungen (1) bis (4) enthalten, nicht namentlich genannt wird, sondern vielmehr jeweils die Rede ist von einer „Lichtgestalt“, „ewiges Mitglied im A.-Vorstand“ und „MAN mit C.- Kennzeichen“ in Beitrag (I), von „F-90 Langchassis mit Nachlaufachse eine Sattelzugmaschine mit Vorlaufachse, garniert mit C.- H-Kennzeichen“ (Beitrag II) und „Beim C.- MAN dürfte man ähnlich vorgegangenen sein“ (Beitrag III). Denn bei der Ermittlung des maßgeblichen Aussagegehalts sind auch die Begleitumstände zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind (BGH, Urteil vom 16.01.2018 – VI ZR 498/16 –, Rz. 17). Gemessen daran haben die vorgenannten Hinweise für den durchschnittlichen Leser der Beiträge ausgereicht, um auf den Kläger zu verweisen. Es ist unstreitig, dass die Leser des Forums www……..de Anhänger von Oldtimer-Nutzfahrzeugen sind und in der Szene der Kläger aufgrund seiner hervorgehobenen Stellung im A. als ehemaliges Vorstands- und aktuelles Beiratsmitglied und wegen seines bedeutenden Restaurations- und Handelsbetriebs allgemein bekannt ist. Gemessen daran reicht es, wenn der Beklagte wie beschrieben auf eine „Lichtgestalt“ oder ein „ewiges Mitglied im A.-Vorstand“ oder auf die Herkunft des fraglichen Lkw aus „C.“ verweist, um den Lesern zu verstehen zu geben, dass er damit den Kläger meint.
48b) Anders verhält es sich mit dem Beitrag (IV). Dort ist vor den streitgegenständlichen Erklärungen (5) und (6) kein subtiler Hinweis auf den Kläger zu finden. Soweit in der Erklärung (5) die abstrakte Kritik an der gewerblichen Nutzung des H-Kennzeichens“ erhoben wird, reicht dies nicht aus, um eine Betroffenheit des Klägers zu begründen, da individuelle Bezüge zum Kläger in dem konkreten Kontext des Beitrags (IV) fehlen und der inhaltliche Zusammenhang mit dem Beitrag (III), in dem der Bezug auf den Kläger durch den „C.- MAN“ hergestellt wird, durch die dazwischen tretenden Beiträge anderer Forumsmitglieder zu weit gelockert ist. Ebenfalls reicht der in der Erklärung (6) zunächst abstrakt erhobene Vorwurf des „Fälschen ganzer Lkw-Identitäten“ nicht aus, um einen Bezug dieser Erklärung zum Kläger herzustellen, weil in dieser Erklärung ein Vorfall geschildert wird, bei dem an einem 25 Jahre alten SK 1735 die Fahrgestellnummer „herausgeflext“ worden sei, um andere Schlagzahlen „reinzukloppen“ und der Kläger in der mündlichen Verhandlung versichert hat, nicht ein solches Fahrzeug gehabt zu haben. Der durchschnittliche Leser wird jedoch diese Passage wegen der genaue Angaben des Alters und des Typs des Fahrzeugs auf ein weiteres, real existierendes Fahrzeug beziehen und nicht, wie der Kläger meint, als eine Allegorie für den von ihm vorgenommenen Umbau eines F 90 –MAN. Vielmehr erkennt der durchschnittliche Leser aufgrund der konkretisierenden Angaben, die keinen Bezug zum Kläger erkennen lassen, dass der Beklagte damit einen weiteren ihm bekannten Fall eines Umbaus kritisieren will, der jedoch den Kläger gerade nicht betrifft. Schließlich kann die Betroffenheit des Klägers durch die Äußerungen (5) und (6) auch nicht mit der im weiteren Verlauf des Beitrags (IV) erfolgten Erwähnung von „Lichtgestalten“ begründet werden, weil diese im Zusammenhang mit der weiteren Kritik des Beklagten steht, dass „H-Kennzeichen“ in unzulässiger Weise als Wechselkennzeichen genutzt werden. Dieser Vorwurf wird jedoch in keinem der Beiträge (I), (II), (III) oder (IV) gegen den Kläger gerichtet und der Kläger sieht sich von den diesbezüglichen Vorwürfen des Beklagten auch nicht als Betroffener an.
49c) Da das Persönlichkeitsrecht ein Rahmenrecht ist, dessen Reichweite nicht absolut feststeht, kann erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind, bestimmt werden, ob der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht rechtswidrig gewesen ist (BGH, Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15 –, Rz. 30). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16 –, Rz. 23). Demnach ist das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Interesse des Klägers an seiner sozialen Anerkennung mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Meinungsfreiheit des Beklagten abzuwägen. Diese Abwägung fällt vorliegend zu Gunsten des Beklagten aus.
50aa) Für die Abwägung ist von Bedeutung, dass die Äußerungen (1) bis (4) Meinungsäußerungen darstellen, bei der sich wertende und tatsächliche Elemente vermengen. Während Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit geprägt werden und der Überprüfung mit Mitteln des Beweises zugänglich sind, handelt es sich bei einer Meinung um eine Äußerung, die durch Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt ist (BVerfG, Beschluss vom 04.08.2016 – 1 BvR 2619/13, Rz. 13).
51Indem der Beklagte in der Äußerung (2) ausführt, dass er erst kürzlich auf einen F 90-MAN „gestoßen“ sei, bringt er zum Ausdruck, dass er sich auf einen real existierenden Lkw (a) bezieht. Demnach sind auch die Umstände, die er im Nachfolgenden diesem Lkw zuschreibt, aus Sicht des durchschnittlichen Lesers als Tatsachenbehauptungen zu verstehen, nämlich, dass dieser Lkw ein C.- H-Kennzeichen erteilt bekommen hat (b) und vom Langchassis mit Nachlaufachse zu einer Sattelzugmaschine mit Vorlaufachse umgebaut wurde (despektierlich mit „wundersamer Wandlung“ umschrieben) (c). Fraglich ist allerdings, ob aus Sicht des durchschnittlichen Lesers auch die Erklärung (1) auf dieses Fahrzeug bezogen werden kann, weil im Beitrag (I) in dem der Erklärung (1) vorangestellten Text keiner der oben genannten subtilen Hinweise auf den Kläger enthalten ist und auch ein für den durchschnittlichen Leser erkennbarer Bezug zu dem erst viele Absätze später erwähnten F 90-MAN fehlt. Gleichwohl wird zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass die Leser, aufgrund der Bekanntheit des Vorfalls, die Erklärung (1) auch ohne einen solchen Bezug auch auf den F 90-MAN beziehen. Bei dieser für den Kläger günstigen Auslegung ist die Erklärung (1) als eine Tatsachenbehauptung dahin zu verstehen, dass bei dem besagten F 90 –MAN in den Rahmen eines jüngeren Fahrzeugs die Fahrgestellnummer eines älteren Fahrzeugs („nur um ein paar Jahre früher“) eingeschlagen wurde („umkloppen“) (d).
52Keine Tatsachenbehauptungen, auch nicht über eine innere Tatsache des Klägers, werden hingegen durch die Erklärungen (3) und (4) aufgestellt. Aus dem Kontext, in dem diese Erklärungen stehen, wird deutlich, dass der Kläger lediglich Überlegungen anstellt, welche Motive dem von ihm kritisierten Verhalten zu Grunde liegen könnten, ohne die Behauptung aufzustellen, dass dies tatsächlich der Fall ist. So heißt es unmittelbar im Anschluss an die Erklärung (3): „Diejenigen, die damit zu tun haben oder hatten, können uns das ja gern erklären. Stellungnahmen sind hier ohne weiteres möglich, und auch erwünscht“. Dass der Beklagte letztlich nur nach Erklärungen für das für ihn unverständliche Verhalten sucht, ohne damit gegenüber dem Leser den Eindruck zu vermitteln, das sei – insbesondere beim Kläger – so, wird unmittelbar aus dem Wortlaut der Erklärung (4) deutlich: „Die Beweggründe, einen LKW so zu fälschen, dass er verfrüht die H-Zulassung bekommt, sind mir auch etwas rätselhaft. Allerdings erwähnte ich ja die „Umweltzonen“ -und grad das Ruhrgebiet ist praktisch eine einzige große „Zone“. Vielleicht antwortet ja einer der Angesprochenen und erklärt uns, warum man diesen illegalen Aufwand betreibt“ Auch hier erfolgt der direkte Aufruf an die von der Kritik Betroffenen sich zu äußeren. Der nachfolgende Abschnitt: „Ob man auch „Vorteile“ bei der Maut erreichen will?? Wenn man seinen vermeintlichen Oldtimer bei TollCollect abmeldet, ist der zunächst ja mal mautfrei.“ Zeigt durch die Setzung der beiden Fragezeichen für den durchschnittlichen Leser ebenfalls sehr deutlich, dass sich der Beklagte nicht über feststehende Tatsachen äußeren will, sondern lediglich nach Erklärung für das ihn unverständliche Verhalten sucht. Ein Themenschwenk wird dann allerdings mit dem vorvorletzten und vorletzten Absatz der Erklärung (4) vollzogen, da dort nochmal auf den eigentlichen Vorwurf, dem seiner Meinung nach unredlichen Erwerb eines H-Kennzeichens, Bezug genommen wird:
53„Nochmal zur Klarheit... es werden neuere LKW i.d.R. mit anderen, mindestens 30 Jahre alten Papieren ausgestattet und die FIN „angepasst“, also SK zu NG, Scania 143 zu 142 etc.
54Beim C.- MAN dürfte man ähnlich vorgegangen sein.“
55Während der vorvorletzte Absatz keine konkreten Bezug zum Kläger herstellt, weil der Kläger weder einen SK zu NG noch einen Scania 143 zu 142 umgebaut hat, wie er dem Senat in dem Verfahren I-16 U 94/21 auf Nachfrage erklärt hat, wird der durchschnittliche Leser mit dem vorletzten Absatz an die Erklärung (2) und die darin enthaltenen Tatsachenbehauptungen (s.o.) erinnert. Der letzte Absatz der Erklärung (4) enthält dann darauf bezogene Bewertungen des Beklagten. Soweit der Beklagte darin äußert, bei dem Umbau des F 90 –MAN handele es sich nicht um eine „kleine Mogelei“, gibt er damit kund, dass er diesen Vorgang für eindeutig rechtswidrig hält. Offenbleibt dabei allerdings, entgegen der Interpretation des Klägers, ob der Beklagte dieses Verhalten auch für strafwürdig hält. Letztlich kann dies aber auch dahinstehen. Es gehört zu den Garantien der Meinungsfreiheit, dass der Kritiker prinzipiell auch seine strafrechtliche Bewertung von Vorgängen als persönliche Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen kann, selbst wenn diese objektiver Beurteilung nicht stand hält (BGH, Urteil vom 22.06.1982 – VI ZR 255/80, Rz. 13). Als Tatsachenmitteilung sind solche Angaben nur zu qualifizieren, wenn und soweit die Beurteilung im Gesamtzusammenhang ihrer Verwendung nicht als Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten tatsächlichen Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (BGH, Urteil vom 19.01.2016 – VI ZR 302/15, Rz. 20). Letzteres ist zwar nach der Auslegung des Senats hier nicht der Fall. Sollte man dies anders sehen, gelangte man aber zu keinem anderen Ergebnis, weil dann der durchschnittliche Leser die „die Mogelei“ wiederum nur als eine Bezugnahme auf die vorgenannten Tatsachenbehauptungen (a) bis (d) verstehen würde. Schließlich kritisiert er mit dem letzten Satz der Erklärung (4), dass durch dieses von ihm kritisierte Verhalten das H-Kennzeichen „massiv gefährdet“ werde. Damit äußert er die Befürchtung, dass sich der Gesetzgeber wegen der von ihm kritisierten Missbrauchsfälle dazu entschließen könnte, die mit dem H-Kennzeichen verknüpften Privilegien zu beseitigen. Auch diese Äußerung stellt aufgrund ihres bewertenden Charakters eine Meinungsäußerung dar.
56bb) Die Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien fällt vorliegend zu Gunsten des Beklagten aus.
57(1.) Ohne ausdrücklich zwischen "Werturteil" und "Tatsachenbehauptung" zu unterscheiden, gewährleistet Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern: Jeder soll frei sagen können, was er denkt, auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angibt oder angeben kann. Es ist der Sinn von Meinungsäußerungen, geistige Wirkungen auf die Umwelt ausgehen zu lassen, meinungsbildend und überzeugend zu wirken. Deshalb stehen Meinungsäußerungen grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Qualität und Richtigkeit - also unabhängig davon, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, emotional oder rational ist - unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG.
58(2.) Der Senat verkennt nicht, dass das Recht der Meinungsfreiheit nicht schrankenlos gewährleistet ist. In den Fällen von Beleidigung und Schmähung tritt ausnahmsweise die Meinungsfreiheit hinter dem Ehrschutz zurück, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedarf (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.05.2020 – 1 BvR 2397/19, Rz. 15).
59Eine Einordnung der Äußerungen als unabhängig von einer Abwägung strafbare Formalbeleidigung scheidet ersichtlich aus.
60Auch eine Schmähung liegt nicht vor. Der Begriff der Schmähkritik ist wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts eng auszulegen ((BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2397/19 –, Rz. 20). Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung (BGH, Urteil vom 29. Januar 2002 – VI ZR 20/01 –, Rz. 27). Eine Äußerung nimmt diesen Charakter erst dann an, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern - jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik - die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, also die persönliche Kränkung das sachliche Anliegen völlig in den Hintergrund drängt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14 –, Rz. 18). Vorliegend kann der Erklärung des Beklagten ein Sachbezug nicht abgesprochen werden. Hintergrund der Äußerung ist die sachliche Auseinandersetzung bezüglich des Umbaus des klägerischen Fahrzeugs. Dass diese Auseinandersetzung von dem Beklagten erkennbar nur äußerlich zum Anlass genommen wurde, um über den Kläger herzuziehen oder ihn niederzumachen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 – 1 BvR 2397/19 –, Rz. 19), kann nicht unterstellt werden. So mag es sein, dass die ehedem kollegial miteinander verbundenen Parteien aufgrund eines nicht streitgegenständlichen Vorfalls ernsthaft zerstritten sind. Maßgeblich ist jedoch weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat (BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 – VI ZR 498/16, Rz. 20). Für ein solches Publikum enthalten die Äußerungen zwar eine Kritik am Kläger, diese hat aber eine sachliche Grundlage, nämlich das der Kläger nach Auffassung des Beklagten „eine nicht kleine Mogelei“ begangen hat, um für das umgebaute Fahrzeug ein paar Jahre früher das H-Kennzeichen zu bekommen.
61(3.) Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen fällt der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht, da wahre Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie ehrenrührig sind, in der Regel hingenommen werden müssen, während das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurücktritt, wenn die Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern enthält (BGH, Urteil vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16 –, Rz. 27; BVerfG, Beschluss vom 28.06.2016 – 1 BvR 3388/14, Rz. 19; BVerfG, Beschluss vom 25.1.2005 – 1 BvR 1696/98 –, Rz. 42) oder die mit ihr verbundene und ihr zugrunde liegende Tatsachenbehauptung erwiesen unwahr ist (BGH, Urteil vom 04.04.2017 – VI ZR 123/16, Rz. 27).
62Die vom Beklagten aufgestellten Tatsachenbehauptungen sind wahr. Es ist unstreitig und nachweislich wahr, dass dem Kläger im Sinne der Tatsachenbehauptung (a) im Zeitpunkt der Äußerung ein F 90-MAN gehörte, der im Sinne der Tatsachenbehauptung (b) im Zeitpunkt der Äußerung ein C.-H-Kennzeichen hatte. Ferner ist unstreitig, dass dieser LKW vor der Erlangung des H-Kennzeichens durch den Kläger im Sinne der Tatsachenbehauptung (c) von einem Langchassis mit Nachlaufachse zu einer Sattelzugmaschine mit Vorlaufachse umgebaut wurde. Schließlich ist unstreitig und auch gerichtsgutachterlich bewiesen, dass die vorgenannten Umstände, d. h. der Umbau vom Langchassis zur Sattelzugmaschine und die Erlangung des H-Kennzeichens, im Sinne der Tatsachenbehauptungen (d) erreicht wurde, indem auf dem Rahmen der für die Zulassung als Oldtimerfahrzeug um ein paar Jahr zu jungen, da noch keine 30 Jahre alten Sattelzugmaschine die Fahrzeugidentifikationsnummer des älteren, schon mehr als 30 Jahre alten Lkw eingeschlagen worden ist, der bis zu seinem Umbau mit einem Langchassis für Wechselbehälter ausgestattet war.
63(4.) Als Abwägungskriterium auf Seiten des Persönlichkeitsschutzes ist des Weiteren die abgestufte Schutzwürdigkeit bestimmter Sphären, in denen sich die Persönlichkeit verwirklicht, zu berücksichtigen. Wahre Äußerungen über die Sozialsphäre des Betroffenen sind in der Regel hinzunehmen, da Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre nur im Falle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht mit negativen Sanktionen verknüpft werden, so etwa dann, wenn eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen sind (BGH, Urteil vom 27. September 2016 – VI ZR 250/13, Rz. 21; BVerfG, Beschluss vom 18.02.2010 – 1 BvR 2477/08, Rz. 25). Im Streitfall berührt die beanstandete Äußerung die Sozialsphäre des Klägers. Sie betrifft seinen sozialen Geltungsanspruch, also einen Bereich, in dem sich das Persönlichkeitsrecht von vornherein im Kontakt mit der Umwelt vollzieht. Der Kläger wird durch die streitgegenständlichen Äußerungen des Beklagten weder an den Pranger gestellte noch stigmatisiert. Daneben ist zu berücksichtigen, dass der Kläger als Gründungs-, Beirats- und Ehrenmitglied des A. in dem Verein eine herausgehobene Stellung innehat. Vor diesem Hintergrund muss er auch bereit sein, sich der öffentlichen Kritik zu stellen, insbesondere dann, wenn sie in einem Chat erfolgt, in welchem Themen des H-Kennzeichens Gegenstand des Austauschs sind. Soweit der Beklagte diese tatsächlichen Vorgänge despektierlich beschreibt („wundersame Wandlung“ und „umkloppen“), handelt es sich lediglich um wertende Elemente, mit denen der Kläger seine Missbilligung dieser Vorgänge ausdrückt.
64(5.) Auf Seiten der Meinungsfreiheit ist als Abwägungskriterium abschließend maßgeblich zu berücksichtigen, dass die Freiheit der Meinungsäußerung eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft und eine der wichtigsten Voraussetzungen für ihren Fortschritt und für die Entfaltung einer jeden Person ist. Das Interesse des Beklagten, Missbrauch mit dem H-Kennzeichen zu kritisieren, um dieses Privileg des Oldtimerverkehrs zu schützen, ist selbst dann nachvollziehbar, wenn seine laienhafte Wertung der „nicht kleinen Mogelei“ als rechtlich nicht vertretbar anzusehen wäre. Hiervon ist allerdings nicht auszugehen. Denn gemäß Nr. 3.2.2.1 der Richtlinie zu § 23 StVZO ist bei dem Rahmen des Fahrzeugs – anders als zum Beispiel gemäß Nr. 3.2.11. dieser Richtlinie für die Außenhaut des Fahrzeugs – die Möglichkeit der zeitgenössischen Änderung der Aufbauart nicht vorgesehen. Entgegen der Meinung des Klägers erlaubt Nr. 3.4 der Richtlinie für Nutzfahrzeuge davon keine Ausnahme. Nr. 3.4 ist nur als eine ergänzende Bestimmung zu Nr. 3.2.11 zu lesen, nicht jedoch als eine Derogation von Nr. 3.2.2.1. Letztlich kann jedoch die Frage, ob die Zuteilung des H-Kennzeichens zu Unrecht erfolgte, entgegen der rechtlichen Würdigung des Landgerichts dahinstehen. Es wurde bereits ausgeführt, dass es zu den Garantien der Meinungsfreiheit auch gehört, dass der Kritiker eine rechtliche Bewertung von Vorgängen als persönliche Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen kann, selbst wenn diese objektiver Beurteilung nicht stand hält (BGH, Urteil vom 19.01.2016 – VI ZR 302/15, Rz. 20). Gemessen daran ist es für die Entscheidung ohne Belang, ob das umgebaute Fahrzeug des Klägers zu Recht das H-Kennzeichen erlangt hat oder nicht. Der Beklagte durfte vielmehr die Meinung vertreten, dass der Umbau eines alten, unproblematisch als Oldtimer einzustufenden Langchassis-Lkw mit Hilfe einer unproblematisch nicht als Oldtimer einzustufenden Sattelzugmaschine in eine Sattelzugmaschine nicht das H-Kennzeichen verdient.
65III.
66Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
67Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.
68Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen. Das Urteil hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
69Der Streitwert wird gemäß §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 2 und 3, 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren auf € 24.000,- festgesetzt.