Datum:
17.12.2021
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Senat für Familiensachen
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 UF 36/21
ECLI:
ECLI:DE:OLGD:2021:1217.3UF36.21.00
Vorinstanz:
Amtsgericht Kleve, 19 F 170/20
Tenor:
Der Antragsgegner wird unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags der Antragstellerin verpflichtet, an die Antragstellerin
Trennungsunterhalt
für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 28.02.2021 in Höhe rückständiger insgesamt 19.336 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 8.022 € seit dem 22.09.2020, aus 1.351 € seit dem 03.07.2020, aus 1.412 € seit dem 03.08.2020, aus 1.498 € seit dem 03.09.2020, aus 1.455 € seit dem 03.10.2020, aus jeweils 1.412 € seit dem 03.11.2020 und dem 03.12.2020 sowie aus jeweils 1.387 € seit dem 03.01.2021 und dem 03.02.2021
und ab dem 01.03.2021 monatlich im Voraus bis zum Dritten eines jeden Monats in Höhe von 1.314 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Unterhaltsbetrag,
Kindesunterhalt für J… L…., geboren am 15.06….,
für die Zeit vom 01.07.2020 bis zum 28.02.2021 in Höhe rückständiger insgesamt 1.398 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 190 € seit dem 03.08.2020, aus 194 € seit dem 03.09.2020, aus 191 € seit dem 03.10.2020, aus jeweils 190 € seit dem 03.11.2020 und dem 03.12.2020 sowie aus jeweils 221,50 € seit dem 03.01.2021 und dem 03.02.2021
und ab dem 01.03.2021 monatlich im Voraus bis zum Dritten eines jeden Monats in Höhe von 144 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe gemäß § 1612a BGB abzüglich anrechenbaren hälftigen Kindergeldes gemäß § 1612b BGB (aktueller Zahlbetrag: 540,50 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Unterhaltsbetrag
sowie Kindesunterhalt für M… L…, geboren am 21.02….,
für die Zeit vom 01.07.2020 bis zum 28.02.2021 in Höhe rückständiger insgesamt 1.168 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 160 € seit dem 03.08.2020, aus 156 € seit dem 03.09.2020, aus 159 € seit dem 03.10.2020, aus jeweils 160 € seit dem 03.11.2020 und dem 03.12.2020 sowie aus jeweils 186,50 € seit dem 03.01.2021 und dem 03.02.2021
und ab dem 01.03.2021 monatlich im Voraus bis zum Dritten eines jeden Monats in Höhe von in Höhe von 144 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe gemäß § 1612a BGB abzüglich anrechenbaren hälftigen Kindergeldes gemäß § 1612b BGB (aktueller Zahlbetrag: 456,50 €)
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz werden dem Antragsgegner zu 86 % und der Antragstellerin zu 14 % auferlegt. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsgegner 82 % und die Antragstellerin 18 %.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
1G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten haben am 28.09.2009 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind die beiden Töchter J…, geboren am 15.06…, und M…, geboren am 21.02…., hervorgegangen. Im Februar 2019 zog die Antragstellerin mit den Kindern aus dem ehelichen Einfamilienhaus aus. Seither leben die Beteiligten getrennt. Die eheliche Immobilie bewohnt nunmehr allein der Antragsgegner. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 25.02.2020 rechtshängig. Der Antragsgegner ist als Account Manager bei der D… S… AG & Co. KG aA in K… erwerbstätig und erzielt zudem Einkünfte aus Vermietung. Die Antragstellerin ist im Umfang von 20 Wochenstunden bei der P…GmbH in K…angestellt. Mit privatschriftlichem Vertrag vom 09.01.2019 einigten sich die Beteiligten auf monatliche Unterhaltszahlungen des Antragsgegners an die Antragstellerin für diese selbst in Höhe von 950 €, für J… in Höhe von 450 € und für M…in Höhe von 400 €. Darüber hinaus verpflichtete sich der Antragsgegner mit diesem Vertrag, die Antragstellerin in Höhe von jeweils 20 % an seinem Urlaubsgeld, an den Prämien im März und im August und am Weihnachtsgeld zu beteiligen. Die Zahlungen leistete der Antragsgegner zunächst. Nachdem er im Dezember 2019 nur Teilzahlungen erbracht hatte, machte die Antragstellerin ihm gegenüber mit vorgerichtlichem Anwaltsschreiben vom 16.12.2019 Trennungsunterhaltsansprüche geltend und forderte ihn zur Auskunft auf. Der Antragsgegner hat folgende Unterhaltszahlungen geleistet: in der Zeit von Januar bis Juli 2020 insgesamt monatlich 1.000 €, im August 2020 insgesamt 589 €, im September 2020 insgesamt 389 €, im Oktober 2020 insgesamt 489 € und in der Zeit von November 2020 bis Februar 2021 insgesamt monatlich 589 €. Nach Erlass der angefochtenen Entscheidung, ab März 2021, hat er Unterhaltszahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet.
4Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Trennungsunterhalt für Dezember 2019 in Höhe von 2.066 €, für Januar 2020 in Höhe von 1.564 € und für die Zeit ab Februar 2020 in Höhe monatlicher 1.687 € sowie auf Kindesunterhalt für beide Töchter für die Zeit ab dem 01.07.2020 in Höhe von jeweils 144 % des Mindestunterhalts abzüglich des anrechenbaren hälftigen Kindergeldes in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen, dem Antragsgegner sei für die Nutzung der ehelichen Immobilie ab Februar 2020 ein objektiver Wohnwert von 1.397 € zuzurechnen. Die früher in Höhe monatlicher 826 € bediente Rate auf den bei der Sparkasse K…. aufgenommenen Immobilienkredit zahle der Antragsgegner lediglich noch in Höhe von 128,53 €.
5Der Antragsgegner ist dem insgesamt entgegengetreten und hat geltend gemacht, sein Jahresbruttoeinkommen sei um die Jahresprämien, die sich 2019 auf brutto 11.376,35 € und 9.283,51 € belaufen hätten, zu kürzen. Hiervon sei nämlich regelmäßig ein Nettobetrag von 7.000 € auf die bestehenden Hauslasten gezahlt worden, so dass diese Mittel nicht für den Lebensbedarf zur Verfügung gestanden hätten. Ein Wohnwert für die Nutzung der ehelichen Immobilie sei ihm allenfalls in Höhe von 800 € zuzurechnen. Denn für sich und die Kinder würde er keine so große Wohnung anmieten. Ein höherer Mietertrag sei auch wegen des niedrigen Zinsniveaus nicht zu erzielen. Sein Einkommen sei um steuerlich anerkannte Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer von p.a. 1.250 € zu mindern. Da er die Kinder annähernd im Rahmen eines Wechselmodells betreue, sei seine Barunterhaltsverpflichtung diesen gegenüber auf den Mindestunterhalt zu reduzieren. Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt stehe der Antragstellerin nicht zu. Sie sei spätestens nach Ablauf des Trennungsjahrs zu vollschichtigem Erwerb verpflichtet. Zudem müsse sie sich ein Versorgungsentgelt von monatlich 350 € anrechnen lassen, da sie mit dem Zeugen K…. T….. zusammenlebe. Jedenfalls seien Trennungsunterhaltsansprüche verwirkt. Die Antragstellerin verunglimpfe ihn, den Antragsgegner, nämlich und habe Strafanzeigen gegen ihn erstattet. Ein Strafverfahren hätte Auswirkungen auf sein Arbeitsverhältnis. Auch beschimpfe sie ihn gegenüber Dritten und behaupte unwahre Tatsachen über ihn. Damit verletze sie die eheliche Solidarität.
6Das Amtsgericht hat den Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss vom 22.02.2021 verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt für Januar 2020 in Höhe von 1.564 € und für die Zeit ab Februar 2020 in Höhe monatlicher 1.687 € sowie Kindesunterhalt für beide Kinder für die Zeit ab Juli 2020 in Höhe von jeweils 144 % des Mindestunterhalts abzüglich des anrechenbaren hälftigen Kindergeldes zu zahlen (derzeitige Zahlbeträge: für Josefine monatlich 540,50 €, für Marlene monatlich 456,50 €). Auf Seiten des Antragsgegners hat das Amtsgericht ein Erwerbseinkommen einschließlich des Vorteils aus der Nutzung des Firmen-PKW und unter Einschluss der Jahresprämien und der Corona-Beihilfe abzüglich Vermögensbildung (Altersvorsorge) von monatlich netto 6.288,42 € zugrunde gelegt. Der Vorteil aus der Überlassung des Firmen-PKW sei nach den Ansätzen der Entgeltabrechnungen mit 1 % des Bruttolistenpreises = 753 € zu bewerten. Daneben seien keine berufsbedingten Aufwendungen abzusetzen. Die Jahresprämien seien nicht in Abzug zu bringen, weil diese die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hätten und eine Vermögensbildung in entsprechender Höhe nur für die Zeit bis März 2018, nicht aber für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nachgewiesen sei. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer seien nicht abzusetzen. Hierbei handele es sich um eine lediglich steuerrechtlich beachtliche Position. Unterhaltsrechtlich relevante Abzugsposten seien insoweit nicht konkret dargelegt. Neben Mieteinkünften von monatlich 1.225 € sei dem Antragsgegner ein Wohnvorteil zuzurechnen für Januar 2020 in Höhe von 350 € und nach Ablauf des Trennungsjahres und Rechtshängigkeit der Scheidung ab Februar 2020 in Höhe des objektiven Mietwerts, der auf 1.200 € zu schätzen sei. Die früher in Höhe monatlicher 826 € bediente Rate auf den bei der Sparkasse K… aufgenommenen Immobilienkredit sei lediglich noch in Höhe von 128,53 € zu berücksichtigen. Im Hinblick auf den vom Antragsgegner wahrgenommenen Umgang mit seinen beiden Töchtern sei für die Bemessung des Kindesunterhalts eine Herabgruppierung um eine Einkommensgruppe vorzunehmen. Für eine weitere Reduzierung der Kindesunterhaltspflicht sei mangels Schätzgrundlage für eine mögliche finanzielle Belastung kein Raum. Der Antragstellerin sei bis zum Ablauf des Trennungsjahres das von dieser tatsächlich erwirtschaftete Erwerbseinkommen von monatlich netto 963,98 € anzurechnen und für die Zeit ab Februar 2020 ein Einkommen aus fiktiver Beschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden in Höhe von monatlich netto 1.670 €. Abzuziehen sei die Rate auf ein PKW-Darlehen von monatlich 150 €. Daneben sei kein Berufsaufwand abzusetzen. Die Zahlungen auf die private Rentenversicherung bei der C… seien für Januar 2020 anteilig in Höhe von 71,50 € abzuziehen und für die Zeit ab Februar 2020 in voller Höhe von monatlich 106,15 €. Ein Versorgungsentgelt sei ihr nicht anzurechnen. Hierfür sei angesichts ihrer Erwerbstätigkeit und des Zusammenlebens mit beiden Töchtern kein Raum. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt sei schließlich auch nicht verwirkt. Aus den zwischen den Beteiligten geführten Verfahren sei bekannt, dass der Antragsgegner die Antragstellerin und ihren Lebensgefährten, den Zeugen K… T…l, mit massiv beleidigenden und belästigenden Nachrichten überziehe, weshalb es ihr freistehe, Strafanzeige zu erstatten. Die eheliche Solidarität gebiete es nicht, sich beleidigen zu lassen, um nicht Unterhaltsansprüche zu verlieren.
7Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen das über den Mindestunterhalt für beide Töchter hinausgehende Unterhaltsbegehren. Er vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, die Antragstellerin sei angesichts der von dieser zugrunde gelegten Einkommenshöhe gehalten gewesen, ihren Bedarf konkret zu beziffern. Zumindest seien die Sonderprämien nicht zu berücksichtigen, da diese ausschließlich zur Vermögensbildung verwandt worden seien. Der auf den Dienstwagen entfallende Bruttogehaltsbestandteil sei in Abzug zu bringen und insoweit allenfalls ein Betrag von monatlich 170 € zu aktivieren, weil ihm ein Fahrzeug aufgezwungen werde, das nicht seinem persönlichen Verständnis entspreche, er sich vielmehr einen Kleinwagen leasen würde. Daneben sei auch die Höchstberufsaufwandspauschale von 150 € abzusetzen, weil er berufsbedingt gute Kleidung einkaufen und diese regelmäßig fachmännisch reinigen lassen müsse. Die Corona-Beihilfe sei wegen ihres einmaligen Charakters nicht berücksichtigungsfähig. Soweit die Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer von p.a. 1.250 € – zu Unrecht – nicht abgezogen worden seien, müsse jedenfalls eine fiktive höhere Steuernachzahlung in Ansatz gebracht werden. Die Rate auf den bei der Sparkasse K… aufgenommenen Immobilienkredit habe er ab Januar 2020 in Höhe monatlicher 826 € bedient. Seit dem 15.03.2021 zahle er auch wieder auf die im Rahmen zusätzlicher Altersvorsorge zu berücksichtigende Riester-Rentenversicherung, und zwar monatlich 170 €. Die vom Amtsgericht vorgenommene Reduzierung der Kindesunterhaltsverpflichtung durch Herabgruppierung um eine Einkommensgruppe werde der aktuellen, quasi einem Wechselmodell entsprechenden Betreuungssituation nicht gerecht. Zahlungen der Antragstellerin auf eine private Rentenversicherung bei der C… seien mangels Zahlungsnachweises nicht anzuerkennen. Im Rahmen des Verwirkungseinwands sei auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin seit April 2019 mit dem Zeugen T… zusammenlebe und mit diesem als Paar auftrete.
8Der Antragsgegner beantragt,
9den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kleve vom 22.02.2021 aufzuheben, soweit der Antragsgegner zu weitergehenden Unterhaltszahlungen verpflichtet worden ist als Kindesunterhalt für die Kinder J… und M… L… in Höhe von jeweils 100 % des Mindestunterhalts ab dem 01.07.2020.
10Die Antragstellerin beantragt,
11die Beschwerde zurückzuweisen.
12Sie verteidigt die Entscheidung des Amtsgerichts.
13Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E… und K…T….
14II.
Das Rechtsmittel ist teilweise begründet.
Die Ansprüche der Antragstellerin auf Trennungsunterhalt aus § 1361 Abs. 1 BGB und auf Kindesunterhalt für J… und M… aus §§ 1601, 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB stellen sich wie folgt dar (alle Beträge monatlich in €):
15
|
1
2020
|
2-7
2020
|
8
2020
|
9
2020
|
10
2020
|
11-12
2020
|
1-2
2021
|
ab 3
2021
|
Einkommen des
Antragsgegners
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Nettoerwerbseink.
|
6.234,42
|
6.234,42
|
6.234,42
|
6.234,42
|
6.234,42
|
6.234,42
|
6.234,42
|
6.234,42
|
Steuernachzahlung
|
-50,62
|
-50,62
|
-50,62
|
-50,62
|
-50,62
|
-50,62
|
-50,62
|
-50,62
|
Versicherungen
|
-129,81
|
-129,81
|
-129,81
|
-129,81
|
-129,81
|
-129,81
|
-129,81
|
-129,81
|
Sondertilgung
|
-583,33
|
-583,33
|
-583,33
|
-583,33
|
-583,33
|
-583,33
|
-583,33
|
-583,33
|
Riesterrente
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
-170,00
|
Berufsaufwand
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
=
|
5.320,66
|
5.320,66
|
5.320,66
|
5.320,66
|
5.320,66
|
5.320,66
|
5.320,66
|
5.150,66
|
Vermietung
|
1.225,00
|
1.225,00
|
1.225,00
|
1.225,00
|
1.225,00
|
1.225,00
|
1.225,00
|
1.225,00
|
Wohnvorteil
|
350,00
|
1.200,00
|
1.200,00
|
1.200,00
|
1.200,00
|
1.200,00
|
1.200,00
|
1.200,00
|
./. Hauslasten
|
2.173,33
|
2.173,33
|
2.173,33
|
2.173,33
|
2.173,33
|
2.173,33
|
2.173,33
|
2.173,33
|
=
|
4.722,33
|
5.572,33
|
5.572,33
|
5.572,33
|
5.572,33
|
5.572,33
|
5.572,33
|
5.402,33
|
Anreizsiebtel
|
540,48
|
632,01
|
632,01
|
659,29
|
645,65
|
632,01
|
624,10
|
600,02
|
=
|
4.181,85
|
4.940,32
|
4.940,32
|
4.913,04
|
4.926,68
|
4.940,32
|
4.948,23
|
4.802,31
|
Kindesunterhalt
|
|
|
|
|
|
|
|
|
J…
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Tabellenbedarf
|
611,00
|
611,00
|
611,00
|
611,00
|
611,00
|
611,00
|
650,00
|
650,00
|
Kindergeld
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-109,50
|
-109,50
|
Corona-Kinderbonus
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
-100,00
|
-50,00
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
=
|
509,00
|
509,00
|
509,00
|
409,00
|
459,00
|
509,00
|
540,50
|
540,50
|
M…
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Tabellenbedarf
|
532,00
|
532,00
|
532,00
|
532,00
|
532,00
|
532,00
|
566,00
|
566,00
|
Kindergeld
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-102,00
|
-109,50
|
-109,50
|
Corona-Kinderbonus
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
-100,00
|
-50,00
|
0,00
|
0,00
|
0,00
|
=
|
430,00
|
430,00
|
430,00
|
330,00
|
380,00
|
430,00
|
456,50
|
456,50
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Eink. Ag nach KU
|
3.243,00
|
4.001,00
|
4.001,00
|
4.174,00
|
4.088,00
|
4.001,00
|
3.951,00
|
3.805,00
|
Einkommen der
Antragstellerin
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Nettoerwerbseink.
|
963,98
|
1.670,00
|
1.670,00
|
1.670,00
|
1.670,00
|
1.670,00
|
1.670,00
|
1.670,00
|
PKW-Darlehen
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
-150,00
|
B…
|
-32,27
|
-32,27
|
-32,27
|
-32,27
|
-32,27
|
-32,27
|
-32,27
|
-32,27
|
Unfallversicherung
|
-25,01
|
-25,01
|
-25,01
|
-25,01
|
-25,01
|
-25,01
|
-25,01
|
-25,01
|
Rentenversicherung
|
-71,90
|
-88,40
|
-88,40
|
-88,40
|
-88,40
|
-88,40
|
-88,40
|
-88,40
|
=
|
684,80
|
1.374,32
|
1.374,32
|
1.374,32
|
1.374,32
|
1.374,32
|
1.374,32
|
1.374,32
|
Anreizsiebtel
|
-97,83
|
-196,33
|
-196,33
|
-196,33
|
-196,33
|
-196,33
|
-196,33
|
-196,33
|
=
|
587,00
|
1.178,00
|
1.178,00
|
1.178,00
|
1.178,00
|
1.178,00
|
1.178,00
|
1.178,00
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
TU-Anspruch
|
1.328,00
|
1.412,00
|
1.412,00
|
1.498,00
|
1.455,00
|
1.412,00
|
1.387,00
|
1.314,00
|
KU J…
|
509,00
|
509,00
|
509,00
|
409,00
|
459,00
|
509,00
|
540,50
|
540,50
|
KU M…
|
430,00
|
430,00
|
430,00
|
330,00
|
380,00
|
430,00
|
456,50
|
456,50
|
Zahlung insg. mon.
|
1.000,00
|
1.000,00
|
589,00
|
389,00
|
489,00
|
589,00
|
589,00
|
--
|
RS TU mon.
|
1.267,00
|
1.351,00
|
1.412,00
|
1.498,00
|
1.455,00
|
1.412,00
|
1.387,00
|
--
|
RS TU insg.
|
19.336,00
|
RS KU J… mon.
|
0,00
|
0,00
|
190,00
|
194,00
|
191,00
|
190,00
|
221,50
|
---
|
RS KU J… insg.
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1.398,00
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RS KU M… mon.
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RS KU M… insg.
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1.168,00
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Dies beruht auf Folgendem:
1. Bemessung des Trennungsunterhalts:
Es ist nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht den Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin nach der Quotenmethode bestimmt und keine konkrete Bedarfsbemessung als erforderlich erachtet hat. Denn selbst wenn die Beteiligten über ein die Grenze des Verbrauchs für Konsumzwecke übersteigendes Einkommen verfügen sollten, was hier angesichts eines Gesamteinkommens von unter 11.000 € der Antragsgegner zu beweisen hätte, ist der Unterhaltsbedarf jedenfalls in Höhe der Quote aus dem Doppelten des höchsten Einkommensbetrags der Düsseldorfer Tabelle und somit bei Erwerbseinkommen in Höhe von 4.714 € schlüssig dargelegt, selbst wenn nichts zur konkreten Einkommensverwendung vorgetragen wird (BGH, FamRZ 2020, 21, Rn. 29). Da die Antragstellerin keinen höheren Quotenbedarf als 4.714 € geltend macht, bedarf es daher keiner konkreten Bedarfsbemessung. Soweit einzelne Einkommensbestandteile nicht zu Konsumzwecken verbraucht worden sind, ist keine konkrete Bedarfsbemessung erforderlich, sondern sind die betreffenden Einkommensbestandteile vor der Quotenberechnung vom Einkommen abzuziehen (Wendl/Dose/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, § 4 Rn. 790), was noch zu erörtern sein wird.
2. Einkommen des Antragsgegners:
a)
Das Erwerbseinkommen des Antragsgegners ist auch für den künftigen Unterhaltsanspruch nicht nach einem Dreijahreszeitraum zu ermitteln, wie der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 12.07.2021 geltend gemacht hat, sondern es ist das aktuellste belegte Jahreseinkommen gemäß Entgeltabrechnung 12/2020 fortzuschreiben, weil der Antragsgegner keine typischerweise schwankenden Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, sondern Entgelt aus nichtselbständiger Arbeit.
Nach der somit maßgeblichen Entgeltabrechnung 12/2020 beträgt das Erwerbseinkommen des Antragsgegners nach Steuern und Sozialabgaben p.a. 74.137,04 € zuzüglich Corona-Beihilfe von 1.000 € und abzüglich Vermögensbildung (Altersvorsorge Ratensparen) von 324 € = 74.813,04 € = monatsdurchschnittlich 6.234,42 €.
b)
Das Einkommen ist nicht um die dem Antragsgegner auf der Grundlage der Einkommensteuerbescheide vom 27.10.2021 für 2019 und vom 03.11.2021 für 2018 zugeflossenen Steuererstattungen von 24.733 € und 30.471 € zu erhöhen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass diese Zuflüsse dem Antragsgegner nicht dauerhaft zur Verfügung stehen. Ihre Zurechnung würde die Einkommensermittlung verzerren und eine Unterhaltspflicht aus Einnahmen begründen, die dem Antragsgegner absehbar nicht verbleiben werden.
Entscheidend ist, dass die Steuererstattungen auf Investitionsrücklagen beruhen, wie der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 18.11.2021 ausgeführt hat. Sie beziehen sich, wie der Antragsgegner im Senatstermin vom 19.11.2021 dargelegt hat, auf Investitionen, die der Antragsgegner im Rahmen zweier Unternehmungen noch zu tätigen haben wird. Bleiben die Investitionen aus, ist demensprechend Einkommensteuer nachzuzahlen.
Danach handelt es sich um steuerliche Rückstellungen für künftige abschreibungsfähige Investitionen, die sich als vorgezogene Abschreibungen und damit wirtschaftlich als befristete Kreditierungen der Steuerschuld darstellen und der Verbesserung der betrieblichen Liquidität und Eigenkapitalausstattung dienen. Dieser steuerrechtliche Zweck würde weitgehend durchkreuzt, wenn die hierdurch erhöhte Liquidität des Unternehmens automatisch eine erhöhte Unterhaltsschuld des Unternehmers zur Folge hätte, da die zusätzlich zur Verfügung stehenden liquiden Mittel gerade nicht in den privaten Konsum fließen sollen. Diese steuerrechtliche Besonderheit rechtfertigt eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass für die Unterhaltsberechnung Steuern nur in dem Zeitraum zu berücksichtigen sind, in dem sie tatsächlich entrichtet wurden. Dies ist nämlich dann nicht gerechtfertigt, wenn offensichtlich ist, dass sich die Verschiebungen zwischen dem Entstehen der Steuerschuld und ihrer Begleichung innerhalb des Referenzzeitraums für die Einkommensermittlung nicht weitgehend ausgleichen. Vielmehr ist in einer solchen Konstellation diejenige Steuerbelastung – fiktiv – zu berücksichtigen, die den Unterhaltsverpflichteten ohne die steuerlichen Abschreibungen getroffen hätte (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1177; Engels, Steuerrecht für die familienrechtliche Praxis, 2. Auflage, Rn. 704).
Nach diesem Maßstab sind die Steuererstattungen nicht einkommenserhöhend in Ansatz zu bringen. Es ist vielmehr auf die den Antragsgegner ohne die in den Einkommensteuerbescheiden vom 27.10.2021 und vom 03.11.2021 abgesetzten Investitionsrücklagen treffende Steuerlast abzustellen. Es wird nämlich absehbar zu einem den Erstattungen korrespondierenden Mittelabfluss kommen, sei es im Fall des Ausbleibens der Investitionen in Gestalt einer entsprechenden Einkommensteuernachzahlung, sei es im Fall der Vornahme der Investitionen in Gestalt einer entsprechenden Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens um die Investitionsbeträge. Dieser Mittelabfluss kann aber nicht mehr im Referenzzeitraum für die Bemessung des verfahrensgegenständlichen Trennungsunterhalts berücksichtigt werden. Würde man die Steuererstattungen im Rahmen des Trennungsunterhalts in Ansatz bringen, käme es somit zu einer Verzerrung der Einkommenszurechnung um die exorbitant hohen und kumulierten Steuererstattungen für 2018 und 2019. Dem wird angemessen dadurch begegnet, dass die Erstattungsbeträge außer Ansatz bleiben.
c)
Positive Einkünfte des Antragsgegners aus Gewerbebetrieb sind nicht festzustellen.
d)
In dem Erwerbseinkommen des Antragsgegners enthalten ist der Privatnutzungsvorteil für den Firmen-PKW mit einem Bruttobetrag von 316,58 €. Die insoweit in der Entgeltabrechnung vorgenommenen Abzüge von monatlich 436,42 und 316,58 € sind für die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens außer Betracht zu lassen, weil der sich insgesamt errechnende Sachbezug von 753 € einem Anteil von einem Prozent des Bruttolistenpreises entspricht und damit den Privatnutzungsvorteil angemessen erfasst, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat. Im Hinblick auf den zu versteuernden Bruttovergütungsbestandteil von 316,58 € ist auch die den Antragsgegner treffende Steuerlast aus dem Sachbezug berücksichtigt. Dass dieser Vorteil übersetzt wäre und es sich um eine aufgedrängte Nutzung handelte, lässt sich nicht feststellen. Angesichts der sehr hohen Vergütung des Antragsgegners ist der zur Verfügung gestellte PKW Mercedes Benz E 350 als angemessenes Fahrzeug anzusehen.
e)
Die Corona-Beihilfe hat das Amtsgericht zu Recht auch für die Zeit nach 2020 berücksichtigt. Denn insbesondere im Hinblick auf die Fortwirkung der Pandemie ist im Rahmen der Einkommensprognose nicht auszugehen, dass dieser Vergütungsbestandteil innerhalb des verfahrensgegenständlichen Zeitraums bis zur Rechtskraft der Scheidung entfallen und sich das unterhaltsrelevante Einkommen des Antragsgegners reduzieren wird.
f)
Von dem Einkommen sind folgende Positionen abzuziehen:
aa)
Die Positionen Steuernachzahlung (50,62 €) und Versicherungsprämien (129,81 €) sind unstreitig.
bb)
Ab 3/2021 ist unter dem Gesichtspunkt zulässiger zusätzlicher privater Altersvorsorge auch die mit der Beschwerde geltend gemachte und nicht bestrittene Zahlung auf eine Riester-Rentenversicherung von monatlich 170 € abzusetzen.
cc)
Das Erwerbseinkommen ist ferner um die Höchstberufsaufwandspauschale von 150 € zu kürzen. Die Nutzung des Firmen-PKW steht dem nicht entgegen, weil sich der berufliche Aufwand nicht auf Fahrtaufwendungen beschränkt, sondern sich auch – insbesondere bei einer Tätigkeit mit Kundenkontakten – auf die Beschaffung und Reinigung angemessener Kleidung erstreckt, wie der Antragsgegner zu Recht geltend macht.
dd)
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, die der Antragsgegner in Höhe von p.a. 1.250 € reklamiert, sind unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen, weil der Antragsgegner keine konkreten Abzugsbeträge dargelegt hat, die sein verfügbares Einkommen tatsächlich minderten. Dies führt aber andererseits nicht zum Abzug einer fiktiv erhöhten Steuerlast. Denn die von der steuerlichen Betrachtung abweichende unterhaltsrechtliche Prüfung von Einkommensminderungen ändert nichts an der tatsächlich zu gewärtigenden Besteuerung des Einkommens des Antragsgegners unter Nutzung vorteilhafter steuerlicher Gestaltungen und führt auch nicht zu einer Doppelbelastung aus einer Unterlassung des Abzugs bei Zurechnung eines korrespondierenden Steuervorteils, weil schon keine konkreten Belastungen ersichtlich sind, die unterhaltsrechtlich unberücksichtigt blieben.
ee)
Das Einkommen des Antragsgegners ist aber um die bis 2018 vorgenommene Sondertilgung auf die Immobilienkredite von p.a. 7.000 € = monatsdurchschnittlich netto 583,33 € zu mindern. Dieser Abzug ist aufgrund der Besonderheiten dieses Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der Kürzung des ehelichen Bedarfs nach § 1578 Abs. 1 BGB um nicht in den Konsum geflossene, sondern gesparte besondere Einkünfte geboten.
Anknüpfungspunkt dieser Korrektur der streng am eheprägenden Einkommen ausgerichteten Quotenbedarfsbemessung ist der Umstand, dass der Sondertilgung eindeutig abgrenzbare Einkommensbestandteile zugrunde liegen, die von den Beteiligten während ihres Zusammenlebens nicht zu Konsumzwecken verbraucht, sondern gespart worden sind. Es handelt sich mithin unstreitig um zusätzliche Sparleistungen. Dies lässt es angemessen erscheinen, die Beträge vor der Quotenberechnung vom Einkommen abzuziehen (vgl. Wendl/Dose/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, § 4 Rn. 790).
Entscheidend ist, dass die Beteiligten während ihres Zusammenlebens in den Jahren 2010 bis 2017 aus Prämienzahlungen des Arbeitgebers ausnahmslos eine jährliche Sondertilgung auf die Hauskredite vorgenommen haben, wie sich aus den vom Antragsgegner vorgelegten Bankbescheinigungen ergibt. Damit steht fest, dass diese Mittel den Beteiligten nicht für den Konsum zur Verfügung gestanden und insoweit nicht den ehelichen Lebensbedarf geprägt haben, sondern von vornherein für die Vermögensbildung abgezweigt worden sind.
Vor diesem Hintergrund spielt es keine Rolle, dass die Tilgungen nach der 2019 erfolgten Trennung nicht mehr geleistet worden sind. Für die Bedarfsbemessung nach § 1578 Abs. 1 BGB kommt nämlich auf die Bedarfsgestaltung während des Zusammenlebens an und auf die Würdigung, welche Geldmittel von den Eheleuten konsumiert worden und welche gespart worden sind. Da nach der Trennung nicht mehr gemeinsam gewirtschaftet wird, kann aus dem Konsumverhalten nach Beendigung der Lebensgemeinschaft nicht mehr auf eine bestimmte bedarfsprägende Mittelverwendung geschlossen werden.
Die damit verbundene Bedarfsbeschränkung ist angesichts der Höhe des verfügbaren Einkommens der Beteiligten und der Anspruchshöhe angemessen und geboten. Es besteht mit Blick auf die gehobenen Einkünfte der Beteiligten kein Anlass, die Antragstellerin an zusätzlichen Geldmitteln zu beteiligen, die ihr bereits während des ehelichen Zusammenlebens nicht zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden haben.
Demgegenüber sind die vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 12.07.2021 geltend gemachten weiteren bis zur Trennung erbrachten Tilgungsleistungen nicht bedarfskürzend zu berücksichtigen. Insoweit lässt sich nicht hinreichend feststellen, dass bestimmte Einkommensbestandteile von vornherein nicht für den Konsum zur Verfügung gestanden und damit den ehelichen Bedarf nicht geprägt haben und ihr Abzug vor der Quotenbedarfsbemessung im Einzelfall angemessen und geboten wäre. Allein der Umstand, dass für bestimmte – vergangene – Zeiträume Tilgungen geleistet worden sind, reicht für die Annahme einer solchen Ausnahme vom Grundsatz der Quotenberechnung unter Einbeziehung der gesamten Einkünfte nicht aus. Es geht hierbei nämlich nicht um die Verwendung gesonderter Einkommenszuflüsse, die sich eindeutig von dem übrigen Einkommen abgrenzen lassen und insoweit eine Herausrechnung aus dem ehelichen Bedarf rechtfertigen, sondern schlicht um bestimmte Darlehensrückzahlungen, die in der Vergangenheit aus dem den Beteiligten zur Verfügung stehenden Einkommen geleistet worden sind. Vor diesem Hintergrund ist es insoweit nicht angemessen und geboten, den ehelichen Bedarf aufgrund der früheren Einkommensverwendung um Tilgungen zu reduzieren, die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht mehr gezahlt worden sind.
g)
Des Weiteren erlöst der Antragsgegner unstreitig Mieteinkünfte in Höhe monatlicher 1.225 €.
h)
Zudem ist dem Antragsgegner für Januar 2020 ein angemessener Wohnvorteil von unstreitig 350 € zuzurechnen und für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Scheidung, die im Februar 2020 eingetreten ist, ein Wohnvorteil in Höhe des objektiven Mietwerts, den das Amtsgericht auf 1.200 € geschätzt hat. Diese methodisch stringent auf den einschlägigen Mietspiegel gestützte Schätzung ist nicht zu beanstanden. Der Einwand des Antragsgegners, er würde für sich (und die Kinder) eine kleinere Wohnung anmieten, ist für die Schätzung des nach der erzielbaren Marktmiete zu bestimmenden objektiven Mietwerts unerheblich. Es kann auch nicht unterstellt werden, dass Hausvermietungen in diesem Preissegment allein aufgrund des Niedrigzinsumfeldes nicht möglich wären.
i)
Die den Wohnwert mindernden Hauslasten belaufen sich auf insgesamt monatlich 2.173,33 €. Neben den unstreitigen Belastungen von 528,76 € (Darlehen …), 268,57 € (Darlehen A….), 140 € (Darlehen D…. Bank), 260 € (Darlehen B..) und 150 € (Darlehen Sparkasse K…) ist das weitere Darlehen bei der Sparkasse K… nicht lediglich in der vom Amtsgericht berücksichtigten Höhe von 128,53 € abzusetzen, sondern in Höhe von monatlich 826 €. Denn der Antragsgegner hat mit der Beschwerde durch Vorlage von Kontoauszügen belegt, dieses ab Januar 2020 wieder in Höhe monatlicher 826 € bedient zu haben.
3. Kindesunterhalt:
Der Kindesunterhalt bemisst sich wie folgt:
a)
Einschlägig ist auf der Grundlage des dargestellten, den Tabellenhöchstbetrag übersteigenden Einkommens des Antragsgegners unter Herabstufung um eine Einkommensgruppe wegen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber drei Berechtigten und um eine weitere Einkommensgruppe wegen des Aufwands im Rahmen des vom Antragsgegner wahrgenommenen erweiterten Umgangs mit beiden Töchtern im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum die 8. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle (144 % des Mindestunterhalts), wobei die Einkommenskürzung um die jährliche Sondertilgung von 7.000 € nach den oben dargestellten Grundsätzen nur für die Bemessung des Ehegattenunterhaltsanspruchs gerechtfertigt ist, nicht aber gegenüber den Kindern, was auch für Januar 2020 zur Einstufung in die 8. Einkommensgruppe führt.
b)
Die Wahrnehmung des Umgangs durch den Antragsgegner rechtfertigt keine weitere Herabstufung. Wird ein annäherndes Wechselmodell praktiziert, wie die Beteiligten es tun – ein streng paritätisches Wechselmodell wird vom Antragsgegner erstrebt, aber von der Antragstellerin abgelehnt –, dann können dadurch entstehende Mehraufwendungen des barunterhaltspflichtigen Elternteils durch Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle Berücksichtigung finden. Dies setzt voraus, dass die Kosten in einer eine Schätzung ermöglichenden Weise dargelegt werden (Wendl/Dose/Klinkhammer Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, § 2 Rn. 449). Konkrete Mehraufwendungen hat der Antragsgegner indes auch mit der Beschwerde nicht dargetan, weshalb sich die Rechtfertigung einer weitergehenden Herabgruppierung nicht feststellen lässt.
c)
Neben dem hälftigen Kindergeld ist gemäß § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB auch der im September 2020 je Kind in Höhe von insgesamt 200 € und im Oktober 2020 je Kind in Höhe von insgesamt 100 € gewährte Corona-Kinderbonus hälftig anzurechnen (vgl. Viefhues, FuR 2020, 610; Schürmann, FamRB 2020, 253). Dass der Antragsgegner dessen Berücksichtigung geltend macht, ergibt sich aus den Erläuterungen der Antragstellerin zur Höhe der vom Antragsgegner geleisteten Unterhaltszahlungen im Schriftsatz vom 12.02.2021.
4. Anrechenbare Einkünfte der Antragstellerin:
a)
Für Januar 2020 – vor Ablauf des Trennungsjahrs – ist der Antragstellerin unstreitig ein Nettoerwerbseinkommen von monatlich 963,89 € anzurechnen. Für die nachfolgende Zeit hat das Amtsgericht zutreffend auf der Grundlage einer fiktiven Beschäftigung im Umfang von 30 Wochenstunden ein Erwerbseinkommen von monatlich netto 1.670 € angerechnet. Eine weitergehende Erwerbsobliegenheit besteht angesichts der Kindesbetreuung nicht, was ständiger Senatsrechtsprechung entspricht. In Anbetracht des Zeitaufwands für die Fahrten zur Arbeitsstelle, die die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19.11.2020 im Einzelnen dargelegt hat, und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sich die Kinder in einem Alter befinden, in dem sie nach Schulschluss bzw. Kita-Ende persönlicher Betreuung bedürfen, ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, vollschichtig zu arbeiten. Der Verweis des Antragsgegners auf die von ihm übernommenen Betreuungsanteile (vgl. Schriftsatz vom 12.07.2021) gibt schon deshalb keinen Anlass zu einer anderen Würdigung, weil die Beschäftigungsverhältnisse der Beteiligten unterschiedliche Rahmenbedingungen hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Betreuung der Kinder aufweisen, zumal die Betreuungsanteile der Antragstellerin überwiegen.
b)
Das Erwerbseinkommen ist um die unstreitigen Abzugspositionen PKW-Darlehen (150 €), Barmenia (32,27 €) und Unfallversicherung (25,01 €) zu bereinigen.
c)
Mit Blick auf die volle Berücksichtigung des PKW-Darlehens ist der Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen nicht gerechtfertigt.
d)
Ebenso abzusetzen sind Zahlungen auf eine private Rentenversicherung bei der C…. Diese Zahlung ist für Januar 2020 in Höhe von 71,90 € zugestanden, aber auch im Übrigen zu berücksichtigen, und zwar in Höhe von 4 % des vom Amtsgericht zutreffend zugrunde gelegten fiktiven Einkommens von 30 Wochenstunden = monatlich (17 € x 130 h =) 2.210 €, mithin in Höhe monatlicher 88,40 €. Dass der Antragsgegner diese Position nunmehr bestreitet, gibt keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Denn der Antragsgegner hatte den Abzug bislang dem Grunde nach anerkannt. Und auch in der mit der Beschwerde vorgelegten Berechnung findet sich diese Abzugsposition. Da die Verpflichtung als solche mit dem Versicherungsschein vom 04.06.2019 belegt ist, erscheint insoweit eine Abweichung von den Feststellungen des Amtsgerichts nicht gerechtfertigt.
e)
Die Anrechnung eines Versorgungsentgelts wegen Versorgungsleistungen für den Zeugen Kevin Tennagel hat das Amtsgericht zutreffend abgelehnt, weil für solche Leistungen angesichts der zugrunde gelegten Erwerbstätigkeit der Antragstellerin und der Kinderbetreuung von vornherein kein Raum ist.
5.
Dem Anspruch auf Trennungsunterhalt steht nicht der Einwand der Verwirkung gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 BGB entgegen.
a)
Die seitens der Antragstellerin gegen den Antragsgegner erstatteten Strafanzeigen und die vorgetragenen Verunglimpfungen begründen keinen Verwirkungstatbestand, insbesondere kein schwerwiegendes vorsätzliches Vergehen iS des § 1579 Nr. 3 BGB und kein offensichtlich schwerwiegendes Fehlverhalten iS des § 1579 Nr. 7 BGB. Dass sich die Antragstellerin gegen die Nachstellungen des Antragsgegners auch mit strafrechtlichen Mitteln zur Wehr setzt, unterliegt als Wahrnehmung berechtigter Interessen nicht dem Verdikt des verwirkungsbegründenden Fehlverhaltens. Dass sich die Antragstellerin gegenüber Dritten negativ über den Antragsgegner äußert und ihm gegenüber Vorwürfe erhebt, ist angesichts der offensichtlichen Konflikthaftigkeit des Verhältnisses der Beteiligten ebenfalls nicht als verwirkungsrelevanter Verstoß gegen die eheliche Solidarität oder gar gegen Straftatbestände zu werten.
b)
Auch der Verwirkungstatbestand der verfestigten Lebensgemeinschaft iS des § 1579 Nr. 2 BGB lässt sich nicht feststellen.
aa)
Eine verfestigte Lebensgemeinschaft iS des § 1579 Nr. 2 BGB kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen werden, wenn objektive Umstände wie ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit oder die Dauer der Verbindung den Schluss nahelegen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte sich endgültig aus der ehelichen Solidarität herauslöst. Dabei geht es nicht um die Sanktionierung eines vorwerfbaren Fehlverhaltens des Unterhaltsberechtigten, sondern um die angemessene Erfassung objektiver Gegebenheiten bzw. Veränderungen in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lassen (vgl. BGH, FamRZ 2011, 1854, Rn. 20). Eine Verfestigung der außerehelichen Beziehung kommt nach einer Dauer von zwei bis drei Jahren in Betracht. Maßgeblich ist, ob es sich um ein Verhältnis handelt, das in seiner persönlichen und wirtschaftlichen Ausprägung einem eheähnlichen Verhältnis gleichkommt. Dies kann der Fall sein, wenn der gemeinsame Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung einer gemeinsamen Lebensgrundlage in Angriff genommen worden ist (vgl. BGH, FamRZ 2002, 810, 811 f.).
bb)
Danach ist derzeit noch nicht von einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Antragstellerin mit dem Zeugen K… T…. auszugehen.
Zwar wird eine Lebensgemeinschaft der beiden auf der Grundlage der Erklärungen der Antragstellerin im Senatstermin vom 19.11.2021 für die Zeit ab Juli 2019 anzunehmen sein. Die Antragstellerin hat bekundet, dass sie und der Zeuge K… T… im Juli 2019 ein Paar geworden seien. Zudem ist den Angaben der Antragstellerin und des Zeugen zu entnehmen, dass dieser in der Woche fünf- bis sechsmal bei der Antragstellerin übernachtet. Hinzu kommt, dass er über einen Schlüssel zum Haus der Antragstellerin verfügt. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass sie im Herbst 2019 und im Sommer 2020 gemeinsame Reisen unternommen haben.
Dagegen hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass die Antragstellerin und der Zeuge K… T… ein gemeinsames Bauprojekt in Angriff genommen hätten. Die Vernehmung der Zeugen E… und K… T… sowie die Anhörung der Antragstellerin haben keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Vorhaben zu Tage gefördert. Aus diesem Aspekt kann also keine Verfestigung der Beziehung abgeleitet werden.
In zeitlicher Hinsicht kann hier nach den konkreten Einzelfallumständen eine Verfestigung frühestens nach Ablauf der vom BGH genannten Höchstrahmendauer von drei Jahren, mithin nicht vor Juli 2022, angenommen werden. Die Beziehung der Antragstellerin und des Zeugen K… T… ist nämlich dadurch in besonderer Weise geprägt, dass sie erheblichen Anfeindungen seitens des Antragsgegners ausgesetzt ist.
So hat die Antragstellerin im Senatstermin vom 19.11.2021 glaubhaft bekundet, dass der Antragsgegner gedroht habe, er werde „vorbeikommen“, als sie sich mit dem Zeugen getroffen habe. Die Beziehung sei durch das übergriffige Verhalten des Antragsgegners von Anfang an sehr belastet gewesen. Sie habe aufgrund dessen die Sorge, dass ihrem Freund alles über den Kopf wachse und er aufgebe. Dies wird bestätigt durch die Bekundung des Zeugen K… T…, seine Entscheidung bezüglich einer Beziehung mit der Antragstellerin habe länger gedauert, weil er den „Stress“ der Antragstellerin mit dem Antragsgegner mitbekommen habe. Objektiv bestätigt finden sich die Bekundungen im Inhalt der Buchungstexte der vom Antragsgegner getätigten Unterhaltsüberweisungen, die von Verachtung gegenüber der Antragstellerin und ihrem Partner geprägt sind. Es finden sich folgende Formulierungen (vgl. Anlagen zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 06.09.2021): „Ihr zwei sollt dran ersticken“ (Überweisung vom 06.09.2021), „Abartig und krank. Irgendwann …“ (Überweisungsträger vom 06.08.2021), „Nicht vergessen: Unmoralisch, aber vor allem eine Straftat“ (Überweisungsträger vom 07.06.2021) und „Er wird es irgendwann bereuen“ (Überweisungsträger vom 06.05.2021).
Diese massiven, das hinnehmbare Maß provokanter Äußerungen in Trennungskonflikten deutlich übersteigenden Anfeindungen haben die Bereitschaft der Antragstellerin und des Zeugen, eine feste Beziehung einzugehen, auf eine harte Probe gestellt und beide zu einer zunächst distanzierten Beziehungsaufnahme bewogen. Angesichts dieser Belastungen für die Beziehung kann hier von einer hinreichenden Verfestigung, die eine dauerhafte Verbindung erwarten lässt, nicht vor Ablauf von drei Jahren ausgegangen werden.
6.
Die vom Antragsgegner geleisteten Zahlungen von monatlich 1.000 € in der Zeit von Januar bis Juli 2020, von 589 € im August 2020 sowie in der Zeit von November 2020 bis Februar 2021, von 389 € im September 2020 und von 489 € im Oktober 2020 sind vorrangig auf den Kindesunterhalt und sodann auf den Trennungsunterhalt anzurechnen. Unter den beiden Kindern sind die Zahlungen im Verhältnis der jeweiligen Kindesunterhaltszahlbeträge aufzuteilen. Danach verbleiben die in der Tabelle ausgewiesenen Rückstandsbeträge. Die ab März 2021 geleisteten Unterhaltszahlungen können keine Berücksichtigung finden, weil sie unter Vorbehalt zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet worden sind, weshalb ihnen keine Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB zukommt.
16d)
17Die Unterhaltsansprüche sind, soweit sie sich als begründet erweisen, antragsgemäß zu verzinsen (§§ 286 Abs. 1, 288, 291 BGB).
18III.
19Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 243 FamFG. Den Ausschlag für die Billigkeitsabwägung gibt das Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten (§ 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG).
20Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 116 Abs. 3 Sätze 2 und 3 FamFG.
21Die Wertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 40 Abs. 1, 51 FamGKG.
22Es besteht kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.