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Die Berufung des Klägers gegen das am 09.10.2020 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kleve wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger begehrt Schadensersatz von der Beklagten wegen des Erwerbs eines gebrauchten Kraftfahrzeugs mit dem Dieselmotor EA189. Er begehrt Zahlung in Höhe von 20.040,89 EUR abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.925,59 EUR.
4II.
5Auf den Hinweisbeschluss vom 18.01.2021 wird Bezug genommen. Die Schriftsätze des Klägers vom 27.01.2021 und 03.02.2021 führen nicht zu einer ihm günstigeren Beurteilung der Erfolgsaussicht.
6Der Kläger tritt dem Hinweis des Senats, wonach sein Vortrag zur Bezifferung des Anspruchs gemäß § 852 BGB präkludiert ist, nicht entgegen.
7Im Übrigen hält der Senat auch unter Berücksichtigung der nunmehr vom Kläger vorgetragenen Argumente an seiner rechtlichen Würdigung fest, wonach bei dem Erwerb eines Gebrauchtwagens kein Anspruch gegen die Beklagte als Herstellerin des Fahrzeugs gemäß § 852 BGB besteht.
8§ 852 BGB gewährt dem Geschädigten, wenn der Ersatzpflichtige infolge der Tatbegehung zu seinen Lasten bereichert ist, einen nach Eintritt der Verjährung seiner deliktischen Ansprüche greifenden (Rest-) Schadensersatzanspruch, der einer längeren Verjährungsfrist unterliegt. Dieser Anspruch ist seinem Umfang nach auf das durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten Erlangte begrenzt (Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage, § 852 Rn. 2). § 852 S. 1 BGB ist eine Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht. Daher muss sich die Vermögensverschiebung bei § 852 BGB nicht – wie bei der Eingriffskondiktion – unmittelbar zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten vollziehen (BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, juris-Rn. 61; BGHZ 71, 86; BGH, Urt. v. 12.07.1995 – I ZR 176/93, NJW 1995, 2788 [2790]; Wagner, a. a. O., § 852 BGB, Rn. 7]. Hieraus folgt aber entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass unter den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 823 ff. BGB ohne weiteres und immer ein Anspruch aus § 852 S. 1 BGB bestünde. Vielmehr ist stets noch zu prüfen, ob mit der Vermögensminderung des Geschädigten eine Vermögensmehrung auf Seiten des Schädigers korrespondiert (Eichelberger, in: BeckOGK-BGB, § 852 Rn. 19) Maßgeblich ist hierfür eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, so dass der bei dem Schädiger abzuschöpfende Zufluss auch durch einen oder mehrere Dritte vermittelt sein kann (BGH, Urt. v. 14.02.1978 – X ZR 19/76, juris-Rn. 63, BGHZ 71, 86).
9Nach diesem Maßstab ist die Beklagte durch den Abschluss des Kaufvertrags über den Gebrauchtwagen zwischen dem Kläger und einem Dritten nicht bereichert. Anders als bei einem Neuwagenkauf, bei dem die Beklagte bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auch dann einen Vermögensvorteil erlangen mag, wenn der Geschädigte den Kaufvertrag nicht mit ihr selbst, sondern mit einem ihrer Händler geschlossen hat (nur diesen Fall erörtert Augenhofer, VuR 2019, 83), partizipiert die Beklagte weder unmittelbar noch mittelbar an einem etwaigen Gewinn aus einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen, sei es, dass der Gebrauchtwagen von einer Privatperson oder einem Händler an den Geschädigten verkauft wurde. Wenn sie an diesem Geschäft aber nichts verdient, liegt auch keine Bereicherung vor, zu dessen Herausgabe sie nach § 852 S. 1 BGB verpflichtet sein könnte (Martinek, jM 2021, 9 [14 f.]).
10Entgegen der Ansicht des Klägers widerspricht ein solches Normverständnis nicht dem Willen des Gesetzgebers. Durch § 852 BGB wird verhindert, dass dem Schädiger nach Eintritt der Verjährung der Genuss der Früchte seiner unerlaubten Handlung verbleibt (BGH, Urt. v. 26.03.2019 – X ZR 109/16, Rn. 23, GRUR 2019, 496). Diesem Zweck wird die Ansicht des Klägers nicht gerecht, weil sie im Ergebnis zu einer über die Abschöpfung hinausgehenden Vermögenseinbuße führen würde.
11Die Sichtweise des Klägers, der eine Verknüpfung zwischen dem Vermögensschaden des Klägers und dem Vermögenszufluss der Beklagten damit begründen will, dass der Schaden des Ersterwerbers in der Kette der weiteren Erwerber weitergereicht werde, ist bloße Fiktion. Sie widerspricht der Lebenswirklichkeit, denn der Gebrauchtwagenverkauf liegt außerhalb der Wertschöpfungskette der Beklagten als Herstellerin. Sie verdient daran nicht (Martinek, jM 2021, 9 [14 f.]). Zudem hätte ein solches Normverständnis eine uferlose Haftung der Beklagten zur Folge, denn bei einer Kette von Veräußerungen müsste sie entgegen § 852 S. 1 BGB, der schon seinem Wortlaut nach auf die Herausgabe nur des tatsächlich erlangten Vorteils gerichtet ist, diesen Vorteil entweder mehrfach herausgeben oder dieser Vorteil müsste zwischen den verschiedenen Erwerbern „verteilt“ werden. Beides ist nicht von dem Zweck der Norm gedeckt.
12Das von dem Kläger angeführte Urteil des LG Magdeburg, Urt. v. 25.06.2020 – 10 O 1856/19 (BeckRS 2020, 14167) führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Ausführungen des LG Mageburg sind nicht tragende Erwägungen und berücksichtigen zudem nicht die Besonderheit des Gebrauchtwagenkaufs.
13Über Ansprüche wegen des Softwareupdates ist in entsprechender Anwendung von § 524 Abs. 4 ZPO nicht zu entscheiden. Auf den Hinweisbeschluss des Senats wird Bezug genommen. Hierzu hat der Kläger nicht mehr Stellung genommen, sondern lediglich eine weitere Klage in den Raum gestellt.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 S. 2 ZPO.
15Berufungsstreitwert: bis 16.000 EUR (der Kläger hat auch nach dem Hinweis des Senats an dem Antrag in Höhe von 20.040,89 EUR abzüglich Nutzungsentschädigung ausdrücklich festgehalten).