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§§ 875, 889, 1090 BGB; § 145 Abs. 2 InsO
Auch der Schuldner selbst kann Rechtsnachfolger im anfechtbaren Erwerb werden. Sonderrechtsnachfolge im Sinne des § 145 Abs. 2 InsO setzt nicht die Vollübertragung des anfechtbar Erlangten voraus, sondern kann schon vorliegen, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befugnis abgezweigt wird.
Hat der Schuldner seinen Miteigentumsanteil an einem Grundstück an den anderen Miteigentümer anfechtbar übertragen und räumt dieser ihm sodann ein Mitbenutzungsrecht am gesamten Grundbesitz ein (§ 1090), so ist der Schuldner hinsichtlich des Mitbenutzungsrechts als Rechtsnachfolger anzusehen, weil erst die Übertragung seines Miteigentumsanteils die Belastung des gesamten Grundstücks ermöglicht hat.
Das zugunsten des Schuldners anfechtbar begründete Mitbenutzungsrecht erlischt wegen § 889 BGB nicht schon bei Rückübereignung des Miteigentumsanteils an diesen. Vielmehr bedarf es seiner rechtsgeschäftlichen Aufhebung gemäß § 875 BGB.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) gegen den ihr Prozesskostenhilfegesuch zurückweisenden Beschluss der 10. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Düsseldorf vom 17.02.2021 (Az. 10 O 195/18) in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 22.03.2021 wird zurückgewiesen.
I.
2Die Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. (im Folgenden: Schuldnerin und Beklagte zu 2), das aufgrund eines am 21.10.2016 bei Gericht eingegangenen Eigenantrags durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf (Az. 514 IK 190/16) am 30.11.2016 eröffnet wurde (Anlage K 1).
3Die Beklagte zu 2) betrieb vom 01.03.2004 bis 01.09.2012 eine Gaststätte unter der Adresse H-straße 52 in N.
4Mit notariellem Vertrag vom 19.03.2012 übertrug sie ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück H-straße 50 in N. auf den Beklagten zu 1), ihren Ehemann, dem der weitere Miteigentumsanteil gehörte und der dort gemeinsam mit ihr wohnte. Als Zweck der Übertragung war eine „ehebedingte Zuwendung“ angegeben. Zugleich wurde der Beklagten zu 2) ein lebenslanges, nicht übertragbares unentgeltliches Mitbenutzungsrecht eingeräumt. Die mit dinglicher Wirkung übernommene Grundschuld über 100.000 DM valutierte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch i.H. von 21.496,97 € (Anlage K 5). Als Verkehrswert des Grundbesitzanteils gaben die Vertragsparteien 175.000 € an; für den Jahreswert der Dienstbarkeit 7.000 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde Bezug genommen (Anlage K 3). Die Eigentumsumschreibung und Eintragung des Mitbenutzungsrechts im Grundbuch erfolgten am 22.03.2012 (Anlage K 15).
5Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses waren Forderungen des Finanzamts N. i.H. von 5.386,87 € (Anlage K 9), der C. i.H. von 1.813,56 € (Anlage K 10), der IHK Mittlerer Niederrhein i.H. von 158,88 € (Anlage K 11) sowie der S. KG i.H. von 327,25 € (Anlage K 14) gegen die Beklagte zu 2) zur Zahlung fällig, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen wurden.
6Nachdem der Kläger zunächst den Beklagten zu 1) auf Rückübertragung des Miteigentumsanteils an die Beklagte zu 2) gemäß §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO verklagt hat, hat er mit Schriftsatz vom 05.03.2020 die Klage auf die Beklagte zu 2) erweitert und begehrt, dass diese erklärt, dass sie das zu ihren Gunsten auf dem Hausgrundstück eingetragene Mitbenutzungsrecht aufgibt und dessen Löschung im Grundbuch bewilligt (§ 875 BGB, § 19 GBO).
7Der Kläger meint, die Beklagte zu 2) sei gemäß §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO (i.V.m. § 145 Abs. 2 InsO) zur Rückgewähr verpflichtet. Sie sei bei Abschluss des notariellen Vertrages aufgrund einer Zahlungseinstellung zahlungsunfähig gewesen und habe mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Die Übertragung des Miteigentumsanteils an den Beklagten zu 1) sei inkongruent, da die Einräumung des Mitbenutzungsrechts keine gleichwertige, der Zwangsvollstreckung unterliegende Gegenleistung darstelle, denn es sei als höchstpersönliches Recht nicht pfändbar (§ 1092 BGB i.V.m. §§ 852, 857 ZPO). Ausnahmsweise bestehe nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch gegen den Schuldner selbst, wenn für diesen - wie hier - an einem umfangreichen Vermögensrecht ein Teilrecht anfechtbar begründet werde.
8Die Beklagte zu 2) hält die Klage für unbegründet und beantragt für ihre Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe. Sie meint, das Mitbenutzungsrecht würde sich im Falle der Begründetheit der Klage gegen den Beklagten zu 1) (Rückübertragung des Miteigentumsanteils an sie) erledigen und der Kläger könne dann die Berichtigung des Grundbuchs herbeiführen. Sie behauptet, das Hausgrundstück habe zur Zeit des Vertragsschlusses allenfalls einen Wert von 250.000 € gehabt.
9Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Prozesskostenhilfeantrag mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverteidigung verspreche keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zum einen sei die Beklagte zu 2) dem Vortrag zu ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Zahlungseinstellung nicht substantiiert entgegengetreten. Zum anderen bestünden bei einer durch das Gericht vorzunehmenden Gesamtwürdigung der bekannten Umstände und Indizien starke Anhaltspunkte für eine Kenntnis des Beklagten zu 1) von ihrer Gläubigerbenachteiligungsabsicht, die im Wesentlichen auf der Inkongruenz der Leistung und der Stellung des Beklagten zu 1) als nahestehender Person beruhten. Ein Grund für die Übertragung des Grundeigentums sei in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt worden. Angesichts des engen persönlichen Verhältnisses seien daher wirtschaftliche Gründe naheliegend. Dem Löschungsanspruch stehe auch nicht entgegen, dass das Mitbenutzungsrecht durch eine Rückübereignung des Miteigentumsanteils an sie erlöschen würde. Denn wenn der (Mit-)eigentümer eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit für sich selbst als Berechtigten stellen könne (§ 1090 BGB, Eigentümerdienstbarkeit), erlösche diese auch nicht bei Wiedererlangung des (Mit-)eigentums.
10Gegen den ihr am 18.02.2021 zugestellten Beschluss wendet sich die Beklagte zu 2) mit der am 18.03.2021 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Sie rügt, dass das Landgericht nicht lediglich summarisch geprüft, sondern die Hauptsache vorweggenommen habe. Es habe noch keine Beweisaufnahme stattgefunden. Dennoch habe das Landgericht bei einer Gesamtwürdigung der bekannten Umstände und Indizien starke Anhaltspunkte für die Kenntnis des Beklagten zu 1) von ihrem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gesehen, die im Wesentlichen auf der Inkongruenz der Leistung und der Stellung des Beklagten zu 1) als nahestehender Person beruhten. Dies reiche für die Ablehnung eines Prozesskostenhilfegesuchs nicht aus. Schwierige Rechts-, Abwägungs- und Auslegungsfragen gehörten ins Hauptsacheverfahren und nicht in das PKH- Bewilligungsverfahren.
11Mit Beschluss vom 22.03.2021 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat als Beschwerdegericht mit der Begründung zur Entscheidung vorgelegt, dass die Einwände gegen den angefochtenen Beschluss nicht durchgriffen.
12II.
13Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
14Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass die Rechtsverteidigung der Beklagten zu 2) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
151. Dem Kläger fehlt nicht schon das Rechtsschutzbedürfnis an der gegen die Beklagte zu 2) erhobenen Klage. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, würde nicht schon die vom Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1) geltend gemachte Rückübereignung des Miteigentumsanteils an die Beklagte zu 2) zum Erlöschen des zu ihren Gunsten bestehenden Mitbenutzungsrechts führen. Gemäß § 889 BGB erlischt ein Recht an einem fremden Grundstück nicht dadurch, dass der Eigentümer des Grundstücks das Recht oder der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Demnach bestünde auch nach Rückgewähr des Miteigentumsanteils an die Beklagte zu 2) deren Mitbenutzungsrecht - zum Teil als Eigentümerdienstbarkeit - am Gesamtgrundstück (s.u. 2.2.1.) fort (vgl. BeckOK BGB/Reischl, 57. Ed. 1.2.2021, § 1090 Rn. 6; Staudinger/Reymann, BGB, Neubearb. 2017, Std. 30.05.2019, § 1090 Rn. 4, 48). Zu dessen Erlöschen bedarf es vielmehr einer rechtsgeschäftlichen Aufhebung durch die Beklagte zu 2) gemäß § 875 BGB (vgl. Staudinger/Reymann, a.a.O., § 1090 Rn. 47).
162. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2) der begehrte Anspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 i.V.m. § 145 Abs. 2 InsO auf Erklärung der Aufgabe des Mitbenutzungsrechts (§ 875 BGB) und auf Bewilligung der Löschung im Grundbuch (§ 19 GBO) zu. Ihr Vorbringen ist unerheblich.
172.1. Auf den Sachverhalt sind die Vorschriften der Insolvenzordnung in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung anwendbar, weil das Insolvenzverfahren vor diesem Zeitpunkt eröffnet wurde (vgl. Art. 103j Abs. 1 EGInsO).
182.2. Gemäß § 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO kann die Anfechtbarkeit gegen einen (Einzel-) Rechtsnachfolger dann geltend gemacht werden, wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen.
192.2.1. Die Beklagte zu 2) ist entsprechend § 145 Abs. 2 InsO passivlegitimiert. Rechtsnachfolger nach § 145 Abs. 2 InsO muss nicht ein Dritter sein. Vielmehr kann auch der Schuldner selbst Rechtsnachfolger im anfechtbaren Erwerb werden. Sonderrechtsnachfolge im Sinne der Vorschrift setzt nicht die Vollübertragung des anfechtbar Erlangten voraus, sondern kann schon vorliegen, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befugnis abgezweigt wird (vgl. BFH, Urt. v. 30.03.2010 – VII R 22/09, Rn. 21; BGH, Teilurt. v. 03.05.2007 – IX ZR 16/06, Rn. 33, juris zu § 15 Abs. 2 AnfG; BGH, Urt. v. 13.07.1995 – IX ZR 81/94, Rn. 12 f.; v. 05.02.1987 – IX ZR 161/85, Rn. 19, juris zu § 11 Abs. 2 AnfG a.F.; MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, 4. Aufl. 2019, § 145 Rn. 23; HambKomm-Rogge/Leptien, InsO, 8. Aufl. 2021, § 145 Rn. 12; HK Kayser/Thole, InsO, 10. Aufl. 2020, § 145 Rn. 5, 7-9; Uhlenbruck/Hirte/Borries, 15. Aufl. 2019, InsO § 145 Rn. 18, 20).
20Das trifft für die Beklagte zu 2) zu, soweit sie sich von dem Beklagten zu 1) und Erwerber des Miteigentumsanteils in § 3 des notariellen Vertrages ein Mitbenutzungsrecht an dem streitgegenständlichen Grundbesitz H-straße 50 in N. hat (zurück)übertragen lassen. Zwar besteht hier die Besonderheit, dass das der Beklagten zu 2) eingeräumte Mitbenutzungsrecht sich nicht nur auf den von ihr zuvor übertragenen Miteigentumsanteil bezog, sondern auf den gesamten Grundbesitz. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Einräumung eines umfassenden Mitbenutzungsrechts an einem ideellen Miteigentumsanteil an einem Grundstück nicht möglich wäre. Das als beschränkte persönliche Dienstbarkeit i.S. des § 1090 BGB anzusehende Mitbenutzungsrecht berührt das Eigentum als Ganzes. Daher können ideelle Miteigentumsbruchteile nicht mit einer Grunddienstbarkeit belastet werden (BGH, Urt. v. 29.11.1961 – V ZR 181/60, Rn. 8 m.w.N.; vgl. MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, § 1090 Rn. 41; BeckOK BGB/Reischl, a.a.O., § 1018 Rn. 11, § 1090 Rn. 2; Palandt/Herrler, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1090 Rn. 2; § 1018 Rn. 2). Hier hat erst die (anfechtbare, s.u.) Übertragung des Miteigentumsanteils durch die Beklagte zu 2) an den Beklagten zu 1) diesen in die Lage versetzt, ihr das Mitbenutzungsrecht am gesamten Grundbesitz einzuräumen. Auch diese „Befugnis“ stammte damit aus dem Vermögen der Beklagten zu 2), wurde zunächst auf den Beklagten zu 1) übertragen und kam ihr im Gegenzug wieder zugute. Sie muss sich daher hinsichtlich des Mitbenutzungsrechts insgesamt entsprechend § 145 Abs. 2 InsO als Rechtsnachfolgerin behandeln lassen.
212.2.2. Der Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundbesitz H-str. 50 in N. durch den Beklagten zu 1) war anfechtbar gemäß §§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO (zum Erfordernis der Anfechtbarkeit gegenüber dem Rechtsvorgänger s. nur MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., § 145 Rn. 5, 27).
22Gemäß § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
232.2.2.1. Die Übertragung des Miteigentumsanteils durch die Beklagte zu 2) und Schuldnerin an den Beklagten zu 1) erfolgte mit Eintragung in das Grundbuch (§ 140 InsO) am 22.03.2012 innerhalb des Zehnjahreszeitraums und hat aufgrund des Vermögensabflusses zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung geführt (§ 129 Abs. 1 InsO). Eine wertausschöpfende Belastung, die eine Gläubigerbenachteiligung ausschließen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 09.06.2016 – IX ZR 153/15, Rn. 19 ff., juris m.w.N.), ist auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten zu 2), dass der Grundbesitz im Zeitpunkt der Übertragung einen Wert von allenfalls 250.000 € hatte, angesichts der gleichzeitig valutierenden Belastung i.H. von nur 21.496,97 € nicht ersichtlich.
242.2.2.2. Ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze (§ 286 ZPO) hat das Landgericht angenommen, dass die Übertragung des Miteigentumsanteils durch die Schuldnerin mit einem von dem Beklagten zu 1) erkannten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz erfolgte (§ 133 Abs. 1 InsO). Für die zur Prüfung der subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung erforderliche Gesamtwürdigung aller Umstände (s. nur BGH, Urt. v. 06.07.2017 – IX ZR 178/16, Rn. 12, juris m.w.N.) bedurfte es entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) vorliegend keiner Beweisaufnahme, sondern es genügte bereits die Bewertung des unstreitigen Vortrags. Diese ist auch im Prozesskostenhilfeverfahren geboten und stellt keine Vorwegnahme der Hauptsache dar (vgl. Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 118 ZPO, Rn. 23).
25Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Beklagten zu 2) manifestierte sich vorliegend aufgrund ihrer bei Vertragsschluss vorliegenden Zahlungsunfähigkeit, da sie ihre Zahlungen eingestellt hatte (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (st. Rspr., BGH, Urt. v. 30.04. 2020 – IX ZR 162/16, Rn. 52, juris). Unstreitig bestanden bei Vertragsschluss Forderungen anderer Gläubiger von insgesamt mehr als 7.000 €, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr ausgeglichen wurden. Dieser Umstand gestattet für sich genommen den Rückschluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.2017 – IX ZR 178/16, Rn. 10, juris m.w.N.).
26Anders als vom Landgericht angenommen, liegt als weiteres Indiz zwar kein Fall der Inkongruenz des Deckungsgeschäfts bei bestehenden Zweifeln an der Liquidität des Schuldners vor (vgl. MüKoInsO/Kayser/Freudenberg, a.a.O., § 133 Rn. 29; § 131 Rn. 14). Die Übertragung des Miteigentumsanteils stellte kein inkongruentes Deckungsgeschäft dar, weil der Beklagte zu 1) hierdurch nur das erlangt hat, was ihm aufgrund des notariellen Vertrages vom 19.03.2012 zustand (vgl. BGH, Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 50/12, Rn. 13, juris zu § 3 Abs. 1 AnfG).
27Jedoch ergibt sich bei der gebotenen Betrachtung des gesamten rechtsgeschäftlichen Vorgangs, der sich aus dem schuldrechtlichen Verpflichtungs- und dinglichen Erfüllungsgeschäft zusammensetzt, eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung zugunsten eines nahen Angehörigen der Schuldnerin (zum Indiz der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung vgl. MüKoInsO/Kayser/Freudenberg, a.a.O., § 133 Rn. 32 m.w.N.; zur indiziellen Bedeutung des Näheverhältnisses BGH, Urt. v. 16.04.2015 - IX ZR 68/14, Rn. 20, juris zu § 3 Abs. 1 AnfG). Die Aufgabe ihres Miteigentumsanteils an dem Hausgrundstück zugunsten ihres Ehemannes wurde nicht durch eine gleichwertige Gegenleistung ausgeglichen. Die Einräumung des unentgeltlichen Mitbenutzungsrechts auf Lebenszeit durch den Beklagten zu 1) zugunsten der Beklagten zu 2) und Schuldnerin verschaffte den Gläubigern keinen Ausgleich an haftendem Vermögen. Denn die Überlassung des Mitbenutzungsrechts an Dritte wurde nicht gestattet, so dass die Zwangsvollstreckung in das Mitbenutzungsrecht gemäß § 857 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.04.2015 – IX ZR 68/14, Rn. 17; v. 10.07.2014 – IX ZR 50/12, Rn. 8, 15 juris, jeweils zu § 1 AnfG und einem Wohnungsrecht). Dies lässt darauf schließen, dass die Schuldnerin, die sich einer Vielzahl von fälligen Forderungen ausgesetzt sah, die verschlechterte Zugriffsmöglichkeit der Gläubiger bei Abschluss des Vertrages erkannt und zumindest billigend in Kauf genommen hat. Zudem zeigt die von den Vertragsparteien gewählte Gestaltung, dass die Beklagte zu 2) ihren Grundbesitz nicht endgültig aufgeben, sondern nur rechtlich den Vermögenswert verschieben wollte, ohne die Vorteile der weiteren Immobiliennutzung zu verlieren. Indem die Beklagte zu 2) im Ergebnis nur die „dingliche Hülle“ ihres Miteigentumsanteils auf ihren Ehemann übertrug, während ihr sein „innerer Wert“, dessen uneingeschränkte Nutzung, verblieb, wurde der gemeinsame Wohnsitz insgesamt vor dem Zugriff ihrer Gläubiger geschützt. Ohne die angefochtene Übertragung hätten diese den – mit dem übertragenen Anteil verbundenen – Aufhebungsanspruch (§§ 749 Abs. 1, 753 Abs. 1 BGB, §§ 180 ff. ZVG) der Beklagten zu 2) zusammen mit dem künftigen Anspruch auf eine den Anteilen entsprechende Teilung und Auskehrung des Versteigerungserlöses gemäß §§ 857, 829, 835 ZPO pfänden, sich zur Einziehung überweisen und die (Teilungs-) Versteigerung des ganzen Grundstücks gemäß §§ 180 ff. ZVG betreiben lassen können. Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Schuldner in erster Linie sich selbst oder ihm nahestehende Personen begünstigen will (vgl. BGH, Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 50/12, Rn. 15, juris zu § 3 Abs. 1 AnfG).
28Nach der Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ist auch von der Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Beklagten zu 1) auszugehen. Selbst wenn er, wie beide Beklagten behaupten, keine Kenntnis von der Zahlungseinstellung der Schuldnerin gehabt hätte und die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht griffe, so waren ihm jedenfalls die Umstände des Vertragsschlusses vollständig bekannt. Der einzig ersichtliche, allein auf die Interessen der Eheleute gerichtete Zweck des Übertragungsvertrages, das Hausgrundstück als gemeinsamen Wohnsitz zu erhalten und dem Zugriff der Gläubiger der Beklagten zu 2) dauerhaft zu entziehen, bildet ein Indiz dafür, dass ihm der Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin bekannt war (vgl. zu einer unüblichen Vertragsgestaltung als Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und dessen Kenntnis BGH, Versäumnisurt. v. 18.12.2008 – IX ZR 79/07, Rn. 19, juris). Da sie in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hausgrundstück unternehmerisch tätig war, musste er auch mit gegenwärtigen oder zukünftigen Gläubigern rechnen (vgl. BGH, Urt. v. 21.01.2016 – IX ZR 84/13, Rn. 18, juris).
292.2.3. Durch die Einräumung des Mitbenutzungsrechts bestand der infolge der Übertragung des Miteigentumsanteils entstandene gläubigerbenachteiligende Zustand fort (zu diesem Erfordernis MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., § 145 Rn. 27; Kayser/Thole, a.a.O., § 145 Rn. 9; vgl. BGH, Urt. v. 10.01.2002 – IX ZR 61/99, Rn. 35, juris).
302.2.4. Die o.g. subjektiven Voraussetzungen des § 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO liegen bei der Schuldnerin unzweifelhaft vor.
312.3. Der Kläger kann von der Beklagten zu 2) gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO die von ihm begehrte Aufgabeerklärung bzgl. des Mitbenutzungsrechts sowie die entsprechende Löschungsbewilligung verlangen. Der Nachfolger unterliegt selbstständig der Rückgewährpflicht aus § 143 InsO mit allen Modifikationen. Allerdings haftet der Einzelrechtsnachfolger immer nur soweit, wie sein eigener Erwerb reicht, also in demjenigen Umfange, wie er den anfechtbar weggegebenen Gegenstand erlangt hat (MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., § 145 Rn. 35). Wurde ein zur Insolvenzmasse gehörender Gegenstand in anfechtbarer Weise zugunsten einer anderen Person belastet, kann nach § 143 Abs. 1 Satz 1 die Rückübertragung oder Beseitigung des dinglichen Rechts gefordert werden (MüKoInsO/Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., § 143 Rn. 53, 64). Ein anfechtbar bestelltes Wohnrecht oder ein Nießbrauch ist durch Aufgabeerklärung (§ 875 BGB) und Löschungsbewilligung (§ 19 GBO) zurückzugewähren (MüKoInsO/Kirchhof/ Piekenbrock, a.a.O., § 143 Rn. 65; HambKomm-Rogge/Leptien, a.a.O., § 143 Rn. 37; vgl. Uhlenbruck/Borries/Hirte, a.a.O., § 143 Rn. 210).
32III.
33Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).