Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von den geäußerten Bedenken gegen die unter dem 18. Januar 2019 beantragten Eintragungen Abstand zu nehmen.
G r ü n d e :
2I.
3Der Beteiligte zu 2. ist der Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks, die Beteiligten zu 1. sind je hälftige Miteigentümer der beiden Wohnungserbbaurechte. Letztere sind gleichförmig belastet, nämlich in Abteilung II jeweils mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (lfd. Nr. 1), einer Grunddienstbarkeit (lfd. Nr. 2) sowie der Erbbauzinsreallast unter lfd. Nr. 3 und einem Vorkaufsrecht unter lfd. Nr. 4, je für den jeweiligen Grundstückseigentümer; in Abteilung III sind die Rechte jeweils lastenfrei. Die beiden Wohnungen sind benachbart und wurden bereits durch den errichtenden Bauträger baulich zu einer Wohnung zusammengelegt. Sie wurden durch die Beteiligten zu 1. gemeinsam erworben. Die beiden Einheiten mit den Nummern 2 und 3 sollen auch künftig als eine Einheit genutzt und deshalb zu einer Sondereigentumseinheit vereinigt werden.
4Am 30. November 2018 ließen die Beteiligten zu 1. sowie der Beteiligte zu 2., dieser vollmachtlos vertreten, dabei die Beteiligten zu 1. als Eigentümer und der Beteiligte zu 2. als Fabrikfonds bezeichnet, vor dem vertretenden Notar zu UR-Nr. 1168/2018 H unter anderem folgende Erklärungen beurkunden:
5„§ 2 Vereinigung von Wohnungseigentum, Inhaltsänderung vonErbbauzinsreallasten und Vorkaufsrechten
6(1) Die Eigentümer vereinigen hiermit die beiden vorbezeichneten Wohnungserbbaurechte …. gemäß § 890 Abs. 1 BGB zu einem Wohnungserbbaurecht mit der Nummer „2/3“. Sie sind sich über diese Rechtsänderung einig. [ später ergänzt durch Änderungsurkunde: Die neu gebildete Sondereigentumseinheit Nr. 2/3 ist in dem …. Lageplan rot umrandet und mit den Nummern 2 und 3 gekennzeichnet. ]
7(2) Der Fabrikfonds und der Eigentümer sind sich darüber einig, dass
8a) die beiden …. Erbbauzinsreallasten …. zu einem einheitlichen Recht vereinigt werden, und zwar mit der Höhe der Summe beider bisher getrennten Erbbauzinsreallasten,
9b) die beiden Vorkaufsrechte für den Grundstückseigentümer …. zu einem einheitlichen Recht vereinigt werden,
10die sich jeweils auf das durch Vereinigung der bisherigen Wohnungserbbaurechte entstandene Wohnungserbbaurecht als Belastungsgegenstand beziehen.
11§3 Zustimmung des Grundstückseigentümers
12Der Fabrikfonds in der Katholischen Kirchengemeinde … stimmt hiermit der Zusammenlegung der beiden Wohnungserbbaurechtseinheiten zu.
13§ 4 Grundbucherklärungen
14(1) Die Wohnungserbbauberechtigten bewilligen und beantragen:
15a) die Eintragung der Zusammenlegung im Grundbuch,
16b) die Schließung der beiden Wohnungserbbaugrundbücher,
17c) die Anlegung eines neuen Wohnungserbbaugrundbuchblattes für die vertragsgegenständliche Sondereigentumseinheit.
18(2) Fabrikfonds und Eigentümer bewilligen und beantragen die Vereinigung der beiden Erbbauzinsreallasten zu einem einheitlichen Recht in Höhe der Summe beider bisherigen getrennten Erbbauzinsreallasten und die Vereinigung beider Vorkaufsrechte zu einem einheitlichen Recht.“
19Mit Datum vom 11. Dezember 2018 gaben der Vorsitzende des Kirchenvorstandes und zwei seiner Mitglieder mit Genehmigungsvermerk des erzbischöflichen Generalvikariats als kirchlicher Aufsichtsbehörde eine Genehmigungserklärung ab, die lautete:
20„Für die beim Abschluss der Urkunde Nr. 1168/2018 H vom 30. November 2018 des Notars Dr. … mit Amtssitz in … vollmachtlos vertretene Katholische Kirchengemeinde … sind in der vorgenannten Urkunde Erklärungen abgegeben worden.
21Die Katholische Kirchengemeinde hat vom Inhalt der vorgenannten Urkunde vollinhaltlich Kenntnis genommen und tritt dieser Urkunde in allen Teilen genehmigend bei.“
22Mit Schrift vom 18. Januar 2019 hat der beurkundende Notar die vorbezeichneten Unterlagen zum Vollzug aller Grundbucherklärungen nach § 4 der Urkunde beim Grundbuchamt eingereicht. Nachdem sich dieses zunächst durch eine Hinweisverfügung nach § 28 Abs. 1 FamFG geäußert und sich die Beteiligten hiergegen im Wege einer sodann zurückgenommenen Beschwerde gewehrt hatten, hat das Grundbuchamt die Anträge durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:
23Sowohl bei den Reallasten als auch bei den Vorkaufsrechten sei eine Zusammenfassung nur möglich, wenn jeweils eine Nachbelastung mit Rangrücktrittserklärung bereits eingetragener Berechtigten erfolge; ohne diese sei eine Zusammenfassung mehrerer Belastung nur möglich, wenn sie auf einem identischen Belastungsgegenstand im Rang gleich oder unmittelbar nacheinander eingetragen seien, woran es bei einer Vereinigung nach § 890 Abs. 1 BGB fehle. Die vorhandene Zustimmung sei keine des Grundstückeigentümers, nämlich des rechtlich selbständigen Fabrikfonds; eine anderweitige Auslegung der Genehmigungserklärung vom 11. Dezember 2018 komme nicht in Betracht. Die Mängel führten zur Zurückweisung insgesamt, da die Anträge ausdrücklich unter dem Vorbehalt gleichzeitiger Erledigung gestellt worden seien.
24Gegen diese Zurückweisung wenden sich die Beteiligten mit ihrem Rechtsmittel.
25Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte Bezug genommen
26II.
27Die Sache ist dem Senat infolge der mit weiterem Beschluss des Grundbuchamts vom 14. Oktober 2019 ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, vgl. § 75 GBO.
28Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Grundbuchbeschwerde zulässig (§§ 71 Abs. 1, 72, 73 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GBO).
29Es hat auch in der Sache Erfolg. Die vom Grundbuchamt gesehenen Eintragungshindernisse bestehen nicht.
301.
31Reallast und Vorkaufsrecht können mit den von den Antragstellern begehrten Modalitäten jeweils als einheitliches Recht auf der Einheit 2/3 eingetragen werden, ohne dass es einer Neubestellung oder Nachbelastungen bedarf. Ausreichend ist vielmehr die je erklärte Inhaltsänderung nach § 877 BGB.
32Zwar ist richtig, dass sich bei einer Vereinigung nach § 890 Abs. 1 BGB, der – zur selben Gemeinschaft gehörende Wohnungseigentumsrechte (BGHZ 146, 241 ff – juris-Version Tz. 11) und damit (§ 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG) – auch die hier gegebenen Wohnungserbbaurechte zugänglich sind, die Belastungen auf den Einzelrechten von Gesetzes wegen auf diese beschränkt bleiben und nicht etwa – sei es als Gesamt-, sei es als einheitliches Recht – das vereinigte Recht ergreifen (statt aller: Palandt-Herrler, BGB, 79. Aufl. 2020, § 890 Rdnr. 4); soll eine Belastung auf den neu hinzugekommenen Teil erstreckt werden, ist das ein rechtsgeschäftlicher Vorgang, der als Pfanderstreckung oder Nachverpfändung den Regeln der Neubestellung der Belastung folgt (Staudinger-Wolfsteiner, BGB, Neubearb. 2019, Einl. zu §§ 1113 ff Rdnr. 225; § 1114 Rdnr. 9). Auch wird vertreten (dazu und zum Folgenden: Staudinger-Heinze, BGB, Neubearb. 2018, § 877 Rdnr. 8 und 22-36 m. umfangr. Nachw.), dass alle Rechtsgeschäfte, die den Umfang eines Liegenschaftsrechts erweitern sollen, aus dem Anwendungsbereich des § 877 BGB herausfallen und als Begründung eines neuen Rechts begriffen werden müssen; dieser Ansicht ist ersichtlich das Grundbuchamt gefolgt und hat sich dabei zumindest der Sache nach insbesondere den Ausführungen von Meyer-Stolte in Rechtspfleger 1991, S. 150 f angeschlossen. Damit wird jedoch das Problem der sogenannten rechtserweiternden Inhaltsänderung jedenfalls bei Sachverhalten nicht erschöpft, bei denen die zu vereinigenden Teile vollständig gleichartig und dem Rang nach einander entsprechend belastet sind und keine den in Rede stehenden Belastungen gleich- oder nachrangigen belastenden Rechte vorhanden sind, so dass sich, da die Rechtsstellung vorangehender Berechtigter unberührt bleibt, Fragen der Erforderlichkeit einer Zustimmung anderer Berechtigter nicht stellen.
33Die Rechtsprechung hat bestimmte Erweiterungen des Rechtsumfangs als Inhaltsänderung behandelt. So handele es sich um eine Änderung des Inhalts der Belastung, wenn ein Grundpfandrecht an einem Miteigentumsanteil nach Erwerb des Alleineigentums durch den Inhaber dieses Anteils auf das gesamte Grundstück ausgedehnt werden soll (vgl. RGZ 68, 79 ff). Ferner ist entscheiden worden: Werde das Wohnungseigentum aufgehoben, das Wohnungsrundbuch geschlossen und ein neues Grundstücksgrundbuch gebildet, könnten die auf verschiedenen Anteilen lastenden Grundschulden zu einer Einheitsgrundschuld vereinigt werden, wenn es sich um im Rang einander entsprechende Grundpfandrechte derselben Gläubigerin handele; die Umwandlung von Einzelpfandrechten, die letztlich lediglich ihre Selbständigkeit aufgäben, in ein Einheitsgrundpfandrecht bedeute lediglich eine Inhaltsänderung (OLG Schleswig NJW-RR 1991, 848 f).
34Im zu beurteilenden Fall gibt es keine gleich- oder nachrangigen Belastungen der beiden einzelnen Einheiten; Rangentsprechung und Gläubigeridentität sind bei den Reallasten wie auch bei den Vorkaufsrechten gegeben. Danach geht es auch hier nicht nur bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise, sondern auch bei rechtlicher Sicht nicht um eine Erweiterung des Rechtsumfangs, sondern allein um eine Aufgabe der Selbständigkeit von Einzelrechten, dies nicht anders als bei der Zusammenfassung mehrerer, im Rang gleichstehender oder unmittelbar aufeinanderfolgender Belastungen desselben Gläubigers auf demselben Grundstück zu einem einheitlichen Recht. Dem wird die Gegenmeinung nicht gerecht, denn nach ihr münden die Nachbelastungen und Zusammenfassungen auf den ehemals getrennten Einheiten in ein Gesamtrecht, nicht aber in ein Einheitsrecht auf der neugebildeten Einheit (in diesem Sinne ausdrücklich Meyer-Stolte a.a.O., S. 151, re. Sp.).
352.
36Die Genehmigung des vollmachtlos vertretenen Beteiligten zu 2. liegt vor.
37Der Senat hatte sich in der Vergangenheit wiederholt und eingehend mit Kirchengemeinden, Pfarrgemeinden, Fabrikfonds oder Pfarrfonds im Grundstücksverkehr zu befassen (in: Rpfleger 2012, 684 f; 2018, 442 ff; sowie Beschluss vom 8. Januar 2019 in Sachen I-3 Wx 34/17). An seinen bislang entwickelten Grundsätzen hält er fest. Danach gilt unter anderem: Nicht nur nach kirchlichem, sondern auch nach staatlichem Recht sind sowohl Katholische Kirchengemeinden (diese als Körperschaften des öffentlichen Rechts, Artt. 140 GG, 137 Abs. 5 WRV, 13 Reichskonkordat) als auch Fabrikfonds (bzw. Kirchenfabriken) selbständige mit Rechtsfähigkeit ausgestattete Rechtsträger, und der Kirchenvorstand einer Katholischen Kirchengemeinde verwaltet und vertritt sowohl diese selbst als auch den Fabrikfonds als verselbständigte Vermögensmasse, vgl. § 1 Satz 1 des Gesetzes über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens vom 24. Juli 1924.
38Danach ist die Erklärung vom 11. Dezember 2018 auslegungsbedürftig, aber auch auslegungsfähig. Allerdings sind bei der Auslegung von Grundbucherklärungen der das Grundbuchverfahren beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen (§ 29 GBO) zu berücksichtigen. Eine Auslegung kommt daher nur in Betracht, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt, wobei auf Wortlaut und Sinn der Erklärung abzustellen ist, wie sie sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Urkunde ergibt (Senat 2018 und 2019, je a.a.O. m.w.Nachw.).
39Da hier der Kirchenvorstand eine Erklärung abgegeben hat, stellt sich die Frage, für welches der beiden durch ihn vertretbaren Zurechnungsendsubjekte er dies tat. Das ist dem Wortlaut nach die Kirchengemeinde. Dem unbefangenen Leser der Eintragungsunterlagen drängt sich indes ohne weiteres der als Deutung nächstliegende Schluss auf, dass es sich dabei um eine Fehlbezeichnung handeln und der Beteiligte zu 2. gemeint sein müsse. Denn die Erklärung ist ausdrücklich als Genehmigungserklärung bezeichnet; dafür, dass bereits darin ein Irrtum liege, spricht nichts. Sie bezieht sich auf in einer bestimmten, genau bezeichneten notariellen Urkunde abgegebene Erklärungen. Dort hatte aber einzig der Beteiligte zu 2. Erklärungen abgegeben, nicht die Kirchengemeinde, dementsprechend war auch nur der Beteiligte zu 2. vollmachtlos vertreten worden; sogar materiell war nicht jene, sondern allein dieser als Grundstückseigentümer betroffen. Dies führt – aus Sicht des Senats zwingend – zur Auslegung, genehmigt würden die für den Beteiligten zu 2. vollmachtlos abgegebenen Erklärungen. Dass auch der kirchlichen Aufsichtsbehörde die Falschbezeichnung nicht auffiel, kann das Ergebnis nicht erschüttern oder gar widerlegen; auch dieser können Flüchtigkeiten unterlaufen.
40III.
41Im Hinblick auf den Erfolg des Rechtsmittels ist weder eine Kostenentscheidung, noch eine Wertfestsetzung veranlasst, und ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht jedenfalls deshalb nicht, weil sie mangels – erforderlicher formeller
42oder materieller (BGH NJW 2016, 250 f) – Beschwer der Beteiligten nicht zulässigerweise eingelegt werden könnte.