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I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Geldern vom 12.07.2019 wird auf ihre, der Antragstellerin, Kosten zurückgewiesen.
II. Beschwerdewert: bis 9.000 €.
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten heirateten am 17.11.1987. Aus ihrer Ehe sind die Söhne L…, geboren am 26.09.1990, K…, geboren am 17.11.1992, und J…, geboren am 04.04.1995, hervorgegangen. Die Beteiligten sind zu je ½ Miteigentümer des Einfamilienhauses A… in Geldern-Veert. Spätestens seit Anfang 2016 leben sie getrennt. Die Antragstellerin verblieb im ehelichen Haus. Der Antragsgegner bewohnt mit seiner Lebensgefährtin das Haus V… in Geldern, das er mit dieser zu je hälftigem Miteigentum erworben hat. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 08.08.2016 rechtshängig (Az. 12 F 238/16). Der Antragsgegner ist Polizeibeamter. Die Antragstellerin ist als selbständige Fachkraft in einer sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft tätig, die sie in dem ehelichen Haus betreibt.
4Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 in Höhe von insgesamt 7.703,64 €, für die Zeit vom 01.08.2016 bis zum 31.01.2017 in Höhe von insgesamt 5.798,28 € zuzüglich insgesamt 1.410,72 € Altersvorsorgeunterhalt, und für die Zeit ab dem 01.02.2017 in Höhe monatlicher 671,79 € zuzüglich 158,72 € Altersvorsorgeunterhalt, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen.
5Der Antragsgegner ist dem insgesamt entgegengetreten.
6Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Antragstellerin könne ihren Bedarf im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum aus eigenen Mitteln decken. Das Einkommen des Antragsgegners sei unter dem Gesichtspunkt zusätzlicher Altersvorsorge bis zur Grenze von 4 % des Bruttoeinkommens um die Tilgungsleistungen für das mit der Lebensgefährtin erworbene Haus zu kürzen. Ein Wohnwert sei dem Antragsgegner hierfür nicht zuzurechnen, weil er das Haus erst nach der Trennung und unabhängig von der Ehewohnung erworben habe. Abzuziehen seien die Ratenzahlungen auf das zur Finanzierung der ehelichen Immobilie aufgenommene Darlehen in Höhe monatlicher 130 €. Auf Seiten der Antragstellerin seien neben dem Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung die Einnahmen aus der Erziehungsstelle anzurechnen, und zwar in Höhe der sich aus den Gewinnermittlungen ergebenden Einkünfte abzüglich der dort angegebenen Betriebsausgaben. Hinzuzurechnen sei der Wohnvorteil aus der Nutzung des ehelichen Hauses, und zwar zunächst in Höhe monatlicher 300 € und ab Rechtshängigkeit der Scheidung, ab August 2016, in Höhe des objektiven Mietwerts, der mit 900 € zu veranschlagen sei. Abzuziehen seien monatliche Zahlungen auf das zur Finanzierung der ehelichen Immobilie aufgenommene Darlehen von 130 €.
7Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Trennungsunterhaltsbegehren zum Teil weiter und rügt, das Amtsgericht habe das Nettoerwerbseinkommen des Antragsgegners falsch ermittelt. Hinsichtlich der Ratenzahlungen des Antragsgegners auf das zur Finanzierung der ehelichen Immobilie aufgenommene Darlehen seien spätere Nachzahlungen nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen. Für die Nutzung des mit der Lebensgefährtin erworbenen Hauses sei dem Antragsgegner ein anteiliger objektiver Mietwert von (1/2 x 796,69 € =) 398,35 € zuzurechnen. Die Tilgung auf das zur Finanzierung dieser Immobilie aufgenommene Darlehen erfolge in einer missbräuchlich übersetzten Höhe, weshalb sie nicht zu berücksichtigen sei. Ihre, der Antragstellerin, Einkünfte aus der Erziehungsstelle, seien wegen ihrer schwankenden Höhe nach einem aus mehreren Jahren gebildeten Durchschnittswert zu berechnen. Ihre Altersvorsorgeaufwendungen seien insgesamt bis zur Grenze von 24 % ihrer Gesamtbruttoeinkünfte abzuziehen. Der Wohnwert für die Nutzung des ehelichen Hauses sei ihr nur hälftig zuzurechnen, weil es sonst im Hinblick auf den im Rahmen der Erziehungsstellentätigkeit gezahlten Mietanteil zu einer Doppelanrechnung komme.
8Die Antragstellerin beantragt,
9den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Geldern vom 12.07.2019 zu verpflichten, an sie Trennungsunterhalt für die Zeit vom 01.02.2016 bis zum 31.07.2016 in Höhe von insgesamt 2.882,28 €, für die Zeit vom 01.08.2016 bis zum 31.12.2016 in Höhe von insgesamt 2.393,40 € zuzüglich insgesamt 385,95 € Altersvorsorgeunterhalt, für die Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von insgesamt 2.189,68 € zuzüglich insgesamt 514,28 € Altersvorsorgeunterhalt, für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2018 in Höhe von insgesamt 3.742,49 € zuzüglich insgesamt 827,76 € Altersvorsorgeunterhalt, für die Zeit vom 01.01.2019 bis zum 30.09.2019 in Höhe von insgesamt 2.679,84 € zuzüglich insgesamt 660,60 € Altersvorsorgeunterhalt und ab dem 01.10.2019 in Höhe monatlicher 297,76 € zuzüglich 73,40 € Altersvorsorgeunterhalt, jeweils nebst Zinsen, zu zahlen,
10hilfsweise Trennungsunterhalt nach Maßgabe einer Berechnung nach Kalenderjahren zu zahlen, wobei wegen der Bezifferung auf die Beschwerdebegründung vom 14.10.2019 (S. 3 f., Bl. 604 f. GA) Bezug genommen wird.
11Der Antragsgegner beantragt,
12die Beschwerde zurückzuweisen.
13Er tritt dem Beschwerdevorbringen entgegen und macht zudem geltend, die Antragstellerin erlöse aus der Erziehungsstelle weit höhere als die vom Amtsgericht angerechneten Einkünfte. Die steuerlich geltend gemachten Abzüge seien unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen. Nicht nachvollziehbar seien insbesondere die angeführten Hauskosten und die darin enthaltene Hauspauschale.
14Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
15II.
16Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
17Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab Februar 2016 aus § 1361 Abs. 1 BGB keinen Anspruch auf Trennungsunterhalt, weil sich nicht feststellen lässt, dass die Antragstellerin über geringere unterhaltsrechtlich relevante Einkünfte verfügte als der Antragsgegner.
182-7 2016 |
8-12 2016 |
1-12 2017 |
1-12 2018 |
1-12 2019 |
1-7 2020 |
ab 8/2020 |
|
Einkommen Antragsgegner |
|||||||
Nettobesoldung |
3.300,56 |
3.300,56 |
3.233,53 |
3.362,37 |
3.409,35 |
3.409,35 |
3.409,35 |
abzgl. Prämie PKV + PV |
-41,20 |
-41,20 |
-47,85 |
-47,85 |
-47,85 |
-47,85 |
-47,85 |
Steuererstattung |
0,00 |
0,00 |
134,09 |
0,00 |
125,84 |
48,47 |
48,47 |
abzgl. Steuernachzahlung |
-0,00 |
-0,00 |
-351,56 |
-0,00 |
-0,00 |
-0,00 |
-0,00 |
= |
3.259,36 |
3.259,36 |
2.968,21 |
3.314,52 |
3.487,34 |
3.409,97 |
3.409,97 |
abzgl. Berufsaufwand |
-150,00 |
-150,00 |
-148,41 |
-150,00 |
-150,00 |
-150,00 |
-150,00 |
= netto bereinigt |
3.109,36 |
3.109,36 |
2.819,80 |
3.164,52 |
3.337,34 |
3.259,97 |
3.259,97 |
abzgl. zus AV LV AXA |
-97,10 |
-97,10 |
-97,10 |
-97,10 |
-97,10 |
-97,10 |
-97,10 |
abzgl. zus AV Haustilgung |
-49,58 |
-49,58 |
-43,88 |
-49,58 |
-49,58 |
-49,58 |
-49,58 |
abzgl. Prämie Unfallversicherung |
-19,68 |
-19,68 |
-19,68 |
-19,68 |
-19,68 |
-19,68 |
-19,68 |
abzgl. Rate Hausdarlehen |
-130,00 |
-130,00 |
-130,00 |
-130,00 |
-0,00 |
-0,00 |
-0,00 |
abzgl. KU-Zahlungen |
-315,00 |
-315,00 |
-0,00 |
-0,00 |
-0,00 |
-0,00 |
-0,00 |
= |
2.498,00 |
2.498,00 |
2.529,14 |
2.868,16 |
3.170,98 |
3.093,61 |
3.093,61 |
Einkommen Antragstellerin |
|||||||
Minijob bereinigt netto |
361,83 |
361,83 |
361,83 |
361,83 |
361,83 |
361,83 |
0.00 |
Pflegegeld brutto |
4.815,81 |
4.815,81 |
4.689,60 |
5.289,52 |
5.919,01 |
5.919,01 |
5.919,01 |
Steuererstattung |
0,00 |
0,00 |
972,14 |
188,47 |
128,97 |
128,97 |
128,97 |
abzgl. Steuervorauszahlung |
-1.102,33 |
-1.102,33 |
-611,42 |
-806,33 |
-677,33 |
-665,00 |
-665,00 |
abzgl. KV+PV-Beitrag AOK |
-745,50 |
-745,50 |
-695,61 |
-644,32 |
-644,32 |
-644,32 |
-644,32 |
abzgl. AV Beitragszahlung DRV |
-271,62 |
-271,62 |
-278,16 |
-283,19 |
-289,70 |
-296,21 |
-296,21 |
abzgl. AV Einzahlungen Sparbuch |
-525,00 |
-525,00 |
-900,00 |
-900,00 |
-900,00 |
-900,00 |
-900,00 |
Wohnwert bereinigt |
0,00 |
320,00 |
320,00 |
320,00 |
320,00 |
320,00 |
320,00 |
= |
2.533,19 |
2.853,19 |
3.858,38 |
3.525,98 |
4.218,46 |
4.224,28 |
3.862,45 |
Die maßgeblichen Einkommensverhältnisse stellen sich wie folgt dar (alle Beträge sind Monatsbeträge in €):
a)
21Auf Seiten der Antragstellerin sind zunächst auf der Grundlage der Entgeltabrechnung 12/2016 für die Zeit bis Juli 2020 unstreitige Nettoeinkünfte aus geringfügiger Beschäftigung in Höhe monatlicher 386,83 € in Ansatz zu bringen, mithin nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen in Höhe der Mindestpauschale von 25 € = bereinigt 361,83 €. Da diese Nebenbeschäftigung ab August 2020 entfallen ist, sind diese Einkünfte für die Zeit nach Juli 2020 nicht mehr zu berücksichtigen.
22b)
23Die unterhaltsrechtlich relevanten Pflegegeldeinnahmen der Antragstellerin stellen sich vor Steuern und Vorsorgeaufwendungen wie folgt dar (die Beträge in den Zeilen 2 und 4 bis 9 sind Jahresbeträge, die Beträge in Zeile 10 Monatsbeträge, jeweils in €):
242016 |
2017 |
2018 |
ab 2019 |
|
Pflegegeld gemäß Honorarabrechnungen |
62.280,00 |
62.280,00 |
68.760,00 |
78.000,00 |
Ungedeckte Aufwendungen: |
||||
Unfallversicherung |
-196,41 |
-140,10 |
-184,97 |
-195,44 |
Kosten RA/StB |
-1.100,51 |
-1.631,18 |
-0,00 |
-2.511,45 |
Kfz-Kosten |
-1.178,70 |
-1.159,80 |
-1.490,41 |
-1.457,22 |
Fortbildung |
-1.283,20 |
-2.510,00 |
-411,76 |
-1.083,20 |
Betriebsabnahme/Betriebssicherheit |
-731,52 |
-563,69 |
-3.198,65 |
-1.724,54 |
= p.a. |
57.789,66 |
56.275,23 |
63.474,21 |
71.028,15 |
= monatsdurchschnittlich |
4.815,81 |
4.689,60 |
5.289.52 |
5.919,01 |
aa)
26Ausgangspunkt der Bemessung der Einkünfte der Antragstellerin aus der von ihr betriebenen sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft sind die in den mit Schriftsatz vom 10.02.2020 vorgelegten Honorarabrechnungen ausgewiesenen Pflegegeldbeträge unter Außerachtlassung sämtlicher übriger seitens des Hilfeträgers gewährten Leistungen. Die Pflegegeldeinnahmen sind um die für die angemessene Versorgung der Pflegekinder anfallenden und um betriebliche Aufwendungen zu bereinigen, soweit diese nicht bereits mit den für die Pflegekinder gewährten Sachleistungen einschließlich Mietanteil abgegolten sind.
27(1)
28Von den Einkünften einer Pflegeperson ist nur der Erziehungsbeitrag als Entgelt zu werten. Dieser erstreckt sich nicht auf die für den Sachaufwand der Pflegekinder gewährten Beträge, mit denen der Bar- und Betreuungsbedarf, mithin der Lebensunterhalt der Pflegekinder gedeckt wird (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2010, 1361; Götsche, FamRB 2010, 3, 4; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, § 1 Rn. 691). Zum Teil wird dieser Erziehungsbeitrag durch den Hilfeträger besonders gekennzeichnet. Unterhaltsrechtlich wird der Pflegeperson derjenige Teil der für die Pflege vereinnahmten Leistungen, der durch die angemessene Versorgung der Pflegekinder nicht verbraucht wird, als eigenes Einkommen zugerechnet (vgl. BGH, FamRZ 1984, 769).
29(2)
30Nach diesem Maßstab ist das in § 2 des von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 08.01.2020 vorgelegten Honorarvertrags vereinbarte Honorar als Entgelt der Antragstellerin zu qualifizieren. Demgegenüber sind die Zahlungen für Sachkosten, Mietanteil, Taschengeld pp. kein von der Antragstellerin zu beanspruchendes Entgelt. Diese Leistungen sind daher bei der Ermittlung des unterhaltsrechtlichen Einkommens der Antragstellerin von vornherein unbeachtlich, ohne dass es darauf ankommt, inwieweit diesen weiteren Zahlungen tatsächliche konkrete Aufwendungen gegenüberstehen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Sachkosten gemäß § 3 des Honorarvertrags ausdrücklich ausschließlich für das jeweilige Pflegekind verwendet werden dürfen, diese Leistungen also streng zweckgebunden gewährt werden.
31(3)
32Wie sich aus den vorgelegten Honorarabrechnungen ergibt, vereinnahmte die Antragstellerin folgende als Entgelt zu qualifizierende Pflegegeldleistungen: in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 12 x (3.000 € + 2.190 €) = 62.280 €, im Jahr 2018 4 x (3.000 € + 2.190 €) + 8 x (3.000 € + 3.000 €) = 68.760 € und ab 2019 insgesamt 12 (3.250 € + 3.250 €) = 78.000 €.
33(4)
34Um nicht mit den vorbezeichneten Sachleistungen abgegoltene Aufwendungen, um die die Einkünfte zu bereinigen sind, handelt es sich bei den von der Antragstellerin in ihren Kostenauflistungen aufgeführten Zahlungen für die Unfallversicherung, für Rechtsanwalts-/Steuerberater-Honorare, für die Kfz-Nutzung, für Fortbildung und für Betriebsabnahme/Betriebssicherheit, die mit den von der Antragstellerin bezifferten Aufwänden berücksichtigt sind. Ob etwa beim Kfz-Kostenansatz eine hinreichend trennscharfe Abgrenzung des privaten vom berufsbedingten Fahrtaufwand erfolgt ist, kann dahinstehen, weil sich selbst bei Berücksichtigung dieser Abzüge kein Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin ergibt.
35(5)
36Die unterhaltsrechtliche Rechtfertigung weiterer Abzüge ist nicht festzustellen.
37(a)
38Dies gilt zunächst für die angeführten Hauskosten. Denn die Kosten für die Unterkunft der Kinder sind durch die gewährten Mietanteilszahlungen hinreichend gedeckt, und zwar zumindest dann, wenn man – wie hier zugrunde gelegt – den Wohnwert des Hauses hälftig den Pflegekindern zuordnet und damit nur zur Hälfte zu Lasten der Antragstellerin anrechnet. Noch höhere regelmäßig anfallende Unterkunftskosten sind – jedenfalls bei durch die nur anteilige Wohnwertzurechnung sichergestellter Deckung des Grundmietbedarfs – nicht festzustellen und wären auch nicht mehr angemessen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der in Höhe von monatlich 500 € geltend gemachten Hauspauschale tatsächlich konkrete Kosten gegenüberstehen. Ob wegen tatsächlich geringerer Unterkunftskosten eine höhere Wohnwertanrechnung zu Lasten der Antragstellerin geboten ist, kann dahinstehen, weil sich selbst bei lediglich hälftiger Wohnwertzurechnung kein Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin errechnet.
39(b)
40Auch im Übrigen sind höhere angemessene Aufwendungen zur Deckung des Bedarfs der Pflegekinder nicht tragfähig festzustellen. Dies hat der Senat bereits im Beschluss vom 05.11.2020 im Einzelnen ausgeführt. Auch aus dem Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 18.11.2020 ergeben sich keine konkreten weitergehenden Aufwendungen.
41Maßgeblich zu berücksichtigen ist, dass sich die kindbezogenen Zahlungen des Hilfeträgers an die Antragstellerin je Pflegekind auf monatlich (416 € + 250 € =) 666 € belaufen, was unter Hinzurechnung des – der Antragstellerin selbst nicht angerechneten – Wohnwertanteils je Pflegekind von 225 € zu einem Gesamtbetrag pflegekindbezogener Leistungen von (666 € + 225 € =) 891 € führt. Dieser liegt deutlich über dem Tabellen-Kindesunterhaltsbedarf nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Vor diesem Hintergrund bietet das Vorbringen der Antragstellerin keine hinreichend tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die seitens des Hilfeträgers gezahlten pflegekindbezogenen Leistungen unter ergänzender Berücksichtigung des der Antragstellerin gutgebrachten Wohnwertanteils der Pflegekinder die zur angemessenen Deckung des Bedarfs der Pflegekinder nötigen Aufwendungen nicht umfassend abdeckten.
42Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 18.11.2020 unter Abzug der von ihr geltend gemachten Abzugspositionen für 2018 einen Ertrag (vor Steuern und Vorsorgeaufwendungen) von monatlich 4.653,02 € ermittelt hat, gibt dies keinen Anlass zu einer entscheidungserheblich abweichenden Beurteilung ihrer Bedürftigkeit. Denn auch unter Berücksichtigung eines Pflegegeldes in dieser Höhe errechnet sich für den Bezugszeitraum unter Zugrundelegung der übrigen Parameter der einleitenden Tabelle zu den Einkommensverhältnissen der Beteiligten kein Trennungsunterhaltsanspruch. Den unterhaltsrechtlich relevanten Einkünften des Antragsgegners von monatlich 2.868,16 € stünden anrechenbare Einkünfte der Antragstellerin von 2.889,48 € gegenüber, woraus kein Einkommensgefälle zu Lasten der Antragstellerin folgt. Hinzu kommt, dass aus den dargelegten Gründen jedenfalls ein Abzug der geltend gemachten Hauspauschale von 500 € nicht gerechtfertigt ist, so dass das von der Antragstellerin ermittelte Einkommen von monatlich 4.653,02 € zumindest um diesen Posten zu erhöhen ist, was bereits zu einer nur geringen Abweichung von dem insoweit vom Senat angerechneten Pflegegeldeinkommen von 5.289,52 € führt. Dies gilt ebenso für den nachfolgenden Zeitraum, für den die Pflegegeldzahlungen des Hilfeträgers je Pflegekind auf 3.250 € erhöht worden sind.
43Allein die Anerkennung bestimmter Aufwendungen durch die Finanzverwaltung im Rahmen der Veranlagung der Antragstellerin zur Einkommensteuer rechtfertigt es nicht, diese Positionen auch unterhaltsrechtlich in Abzug zu bringen. Dabei ist zunächst zu beachten, dass steuerlich ein höheres – nicht auf den eigentlichen Pflegegeldanteil beschränktes – Ausgangseinkommen zugrunde gelegt wird, die steuerliche Einkommensbemessung also von vornherein auf anderen Parametern beruht. Zudem lässt sich aus der Einordnung durch die Finanzverwaltung nicht herleiten, dass den anerkannten Absetzungsbeträgen tatsächliche Aufwendungen in entsprechender Höhe gegenüberstehen, weil das Steuerrecht von Pauschalierungen geprägt ist und sich die Besteuerungspraxis insbesondere bei sonst erforderlichen komplizierten Bewertungen durchaus auf pauschalierende Schätzungen stützt. Die mit der Finanzverwaltung abgesprochene Gewinnermittlung, auf die sich die Antragstellerin im Schriftsatz vom 18.11.2020 bezieht, erlaubt daher keine hinreichend tragfähigen Schlüsse auf tatsächliche weitergehende Aufwendungen der Antragstellerin zur Deckung des Bedarfs der Pflegekinder.
44Diese Beurteilung führt aber andererseits nicht zum Abzug einer fiktiv erhöhten Steuerlast. Denn die von der steuerlichen Betrachtung abweichende unterhaltsrechtliche Einkommensabgrenzung ändert nichts an der tatsächlich zu gewärtigenden Besteuerung der erzielten Einnahmen. Von der insoweit möglichen günstigen steuerlichen Gestaltung ist im Rahmen der Obliegenheit, bestmögliche bedarfsdeckende Einkünfte zu generieren, Gebrauch zu machen.
45bb)
46Die dargestellten Einkünfte der Antragstellerin sind in der in den jeweiligen Jahren erzielten Höhe zugrunde zu legen. Die Bildung eines Mehrjahresdurchschnitts ist nicht veranlasst, weil sich die maßgebliche Bemessungsgrundlage – Pflegehonorar für die Kinder – als ebenso wenig schwankend erweist wie die Auslastung (jeweils zwei Kinder). Allein Abweichungen in der Höhe einzelner Abzugspositionen und in der konkreten Steuerlast rechtfertigen keine Abweichung vom Grundsatz der jahresbezogenen Einkommensfeststellung. Abgesehen davon würde auch eine auf Basis eines Mehrjahresdurchschnitts vorgenommene Einkommensberechnung zu keinem Trennungsunterhaltsanspruch der Antragstellerin führen.
47cc)
48Die Einkünfte sind auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Überobligation nach Billigkeit teilweise anrechnungsfrei. Es lässt sich nämlich bereits nicht feststellen, dass die Antragstellerin in einem Umfang erwerbstätig ist, der das Volumen der ihr obliegenden Erwerbstätigkeit überschreitet. Da es im Rahmen der Obhut über Pflegekinder in größerem Umfang zu Fremdbetreuungszeiten kommt (Schulbesuch, ggf. Aktivitäten an den Nachmittagen) und – etwa im Rahmen der Einnahme von Mahlzeiten oder bei der Freizeitgestaltung – zu vielfachen Überschneidungen mit der privaten, nicht dem Erwerb zuzuordnenden Lebensführung der Antragstellerin, ist ein überobligatorisches Arbeitsvolumen nicht ersichtlich und wäre es keinesfalls angemessen und billig, eine Unterhaltspflicht des Antragsgegners im Wege der Anrechnungsfreistellung von Einkommensteilen der Antragstellerin zu begründen.
49c)
50Dem Einkommen hinzuzurechnen sind die im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von der Antragstellerin vereinnahmten Steuererstattungen. Diese beliefen sich im Jahr 2017 gemäß Steuerbescheiden vom 31.01.2017 und vom 06.04.2017 für 2015 auf insgesamt (4.463,79 € + 1.123,45 € =) 5.587,24 € und gemäß Steuerbescheid vom 17.11.2017 für 2016 auf 6.078,39 €, mithin in der Summe auf 11.665,63 € = monatsdurchschnittlich 972,14 €. Im Jahr 2018 vereinnahmte die Antragstellerin gemäß Steuerbescheid vom 09.07.2018 für 2017 eine Steuererstattung in Höhe von insgesamt 2.261,66 € = monatsdurchschnittlich 188,47 € und im Jahr 2019 gemäß Steuerbescheid vom 24.04.2019 für 2018 eine Erstattung von insgesamt 1.547,65 € = monatsdurchschnittlich 128,97 €. Dieser Betrag ist mangels aktuellerer Erkenntnisse für die Folgezeit fortzuschreiben.
51d)
52Vom Einkommen abzusetzen sind die von der Antragstellerin geleisteten Steuervorauszahlungen. Diese beliefen sich im Jahr 2016 auf insgesamt 13.228 € = monatsdurchschnittlich 1.102,33 €, in 2017 auf insgesamt 7.337 € = monatsdurchschnittlich 611,42 €, in 2018 auf insgesamt 9.676 € = monatsdurchschnittlich 806,33 €, in 2019 auf insgesamt 8.128 € = monatsdurchschnittlich 677,33 € und ab 2020 auf insgesamt 7.980 € = monatsdurchschnittlich 665 €.
53e)
54Weiterhin ist das Einkommen der Antragstellerin um die Aufwendungen für die freiwillige gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu mindern, und zwar nach Maßgabe der vorgelegten Beitragsmitteilungen der AOK vom 17.01.2017, vom 15.03.2017 und vom 04.06.2018 für 2016 in Höhe monatlicher 745,50 €, für 2017 in Höhe von p.a. (2 x 753,90 € + 10 x 683,95 € =) 8.347,30 € = monatsdurchschnittlich 695,61 € und ab 2018 in Höhe monatlicher 644,32 €.
55f)
56Unter dem Gesichtspunkt zulässiger Altersvorsorge sind zudem sämtliche Beitragszahlungen der Antragstellerin an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland und die Einzahlungen der Antragstellerin auf ihrem Sparbuch in Abzug zu bringen. Die Beitragszahlungen an die Deutsche Rentenversicherung Rheinland beliefen sich gemäß den vorgelegten Beitragsbescheinigungen im Jahr 2016 auf insgesamt 3.259,44 € = monatsdurchschnittlich 271,62 €, in 2017 auf monatlich 278,16 €, in 2018 auf insgesamt 3.398,28 € = monatsdurchschnittlich 283,19 €, in 2019 auf insgesamt 3.476,40 € = monatsdurchschnittlich 289,70 € und ab 2020 auf monatlich 296,21 €. An Einzahlungen auf dem Sparbuch sind gemäß den vorgelegten Buchungsbelegen im Jahr 2016 Beträge von insgesamt 6.300 € = monatsdurchschnittlich 525 € zu verzeichnen und für die Zeit ab 1/2018 monatlich 900 €. Diese Altersvorsorgeaufwendungen überschreiten nicht die für nicht anderweitig für das Alter abgesicherte Personen einschlägige Grenze von 24 % des Gesamtbruttoeinkommens und sind damit insgesamt zulässig.
57g)
58Hinzuzurechnen ist schließlich der Wohnwert für die Nutzung des früheren ehelichen Hauses unter Abzug der Zahlungen auf den Immobilienkredit gemäß den Bezifferungen in der Beschwerdebegründung, wobei ab dem Monat des Eintritts der Rechtshängigkeit der Scheidung, mithin ab 8/2016 der objektive Mietwert anzusetzen ist, allerdings wegen der teilweisen Objektnutzung für die von der Antragstellerin betriebene sozialpädagogische Lebensgemeinschaft nur hälftig. Damit errechnet sich ein um die Darlehenszahlungen bereinigter Wohnwert von (1/2 x 900 € =) 450 € - 130 € = 320 €.
59III.
60Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der Senat gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen, weil diese bereits vor dem Amtsgericht stattgefunden hat und von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren. Mit Beschluss vom 05.11.2020 hat der Senat die Beteiligten gemäß § 117 Abs. 3 FamFG darauf hingewiesen, dass er in dieser Weise zu verfahren beabsichtige.
61IV.
62Die Kostenentscheidung rechtfertigt sich aus § 243 FamFG. Den Ausschlag für die Billigkeitsabwägung gibt das Unterliegen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren (§ 243 Satz 2 Nr. 1 FamFG).
63Die Wertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 40 Abs. 1, 51 FamGKG.
64V.
65Es besteht kein Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Der Fall wirft keine klärungsbedürftigen grundsätzlichen Rechtsfragen auf. Im Rahmen der Anrechnung von Einkünften der Antragstellerin aus ihrer Tätigkeit als selbständige Fachkraft in der von ihr betriebenen sozialpädagogischen Lebensgemeinschaft kommt es entscheidungserheblich nicht auf grundsätzliche rechtliche Erwägungen an, sondern um die tatsächliche Würdigung der von der Antragstellerin behaupteten Abzugspositionen.