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Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 17.07.2018 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 16.08.2018 aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin nach Maßgabe der unten ausgeführten Beschlussgründe zurückverwiesen.Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
II-3 WF 114/18 19 F 79/18Amtsgericht Kleve |
Erlassen am 03.01.2019durch Übergabe an die GeschäftsstelleG., Justizbeschäftigte (mD)als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle |
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Oberlandesgericht Düsseldorf Familiensenat Beschluss |
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In der Familiensache
3pp.
4hat der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorfdurch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht B. als Einzelrichter
5beschlossen:
6Gründe:
7I)
8Das Amtsgericht – Familiengericht - hat der Antragsgegnerin im angefochtenen Beschluss Verfahrenskostenhilfe in dem Ehescheidungsverfahren mit der Begründung verweigert, die Antragsgegnerin sei nicht bedürftig im Sinne von § 115 ZPO i.V.m. §§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, da ein durchsetzbarer Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen den Ehegatten nach den Bestimmungen der §§ 1360 a Abs. 4, 1602 ff BGB bestehen. Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 18.07.2018 zugestellten Beschluss richtet sich die am 07.08.2018 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese ihr Begehren auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe weiterverfolgt. Unter weiterem Vortrag zu den Einkommensverhältnissen des Antragstellers vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, der Antragsteller sei nicht in der Lage einen Kostenvorschuss zu leisten. Das Amtsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin darauf verwiesen, dass sie außergerichtlich den Antragsteller zur Zahlung von monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.060,-- € aufgefordert und darüber hinaus im Verbund Geschiedenenunterhalt geltend macht habe.
9II)Die form- und fristgerecht eingelegte und auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die ihr Verfahrenskostenhilfe verweigernde Entscheidung des Amtsgerichts hat – vorläufig – Erfolg. Die Zurückweisung des Antrags der Antragsgegnerin auf Verfahrenskostenhilfe kann mit der Begründung des Amtsgerichts keinen Bestand haben. Das Amtsgericht wird nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen davon auszugehen haben, dass die Antragsgegnerin bedürftig im Sinne des § 115 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 76 Abs. 1 FamFG ist und auf dieser Grundlage erneut – unter Prüfung der Erfolgsaussichten des Verteidigungsbegehrens - über den Verfahrenskostenhilfeantrag zu befinden haben.
101)Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 ZPO ist einem Beteiligten nur dann Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn er bedürftig ist, d.h. nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 115 Abs. 2 ZPO hat ein Beteiligter zur Deckung der Verfahrenskosten auch sein Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. Auch ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss stellt einen solchen Vermögenswert im Sinne des § 115 Abs. 2 ZPO dar (vgl. BGH Beschluss vom 04.08.2004 – XII ZA 6/04 –, juris FamRZ 2004, 1633; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.06.2015 – 16 WF 59/15 –, Rn. 8, zit. nach juris = FamRz 2016 1279f).
11Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zu tragen, das eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht, § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB. Dieser Anspruch ist nach seiner systematischen Stellung als Ausfluss der Unterhaltspflicht zu sehen. Entscheidend für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist deshalb nicht der Maßstab des § 115 ZPO; sie bestimmt sich vielmehr nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben (vgl. BGH Beschluss vom 04.08.2004 – XII ZA 6/04, a.a.O. Rn. 14). Ist der Ehegatte in der Lage, ohne Verletzung seines Eigenbedarfs Raten auf den Verfahrenskostenvorschuss zu leisten, steht eine mangelnde Fähigkeit, den Vorschuss in einer Summe zu leisten, dem Anspruch nicht entgegen (vgl. BGH, a.a.O.,Rn. 18).
12a)
13Unabhängig davon, ob auf der Grundlage der Angaben der Antragsgegnerin mit dem Amtsgericht tatsächlich davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller zur Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss an die Antragsgegnerin grundsätzlich leistungsfähig ist, scheidet im vorliegenden Fall ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss dennoch aus. Denn eine Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB würde gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoßen und entspräche deshalb nicht der Billigkeit. Der Antragsteller zahlt an die Antragsgegnerin nach deren Darstellung einen Trennungsunterhalt in Höhe von 566 €. Sie hat zwischenzeitlich gegenüber dem Antragsteller einen noch höheren Trennungsunterhalt von 1.060 € geltend gemacht.
14Nach Ablauf des Trennungsjahres ist die Antragsgegnerin grundsätzlich zur Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit verpflichtet, so dass ihr bei der Berechnung des Trennungsunterhalts ein fiktives Einkommen anzurechnen ist. Unter diesen Voraussetzungen entspräche es aber nicht der Billigkeit, wenn dem Unterhaltsbedürftigen mit dem (Quoten-)Unterhalt die Hälfte des gemeinsamen Einkommens der Ehegatten verbliebe und der Unterhaltspflichtige zusätzlich zu seinen eigenen Verfahrenskosten auch die Verfahrenskosten des Ehegatten finanzieren müsste, obwohl er durch die Unterhaltsbelastung ebenfalls nur die Hälfte des gemeinsamen Einkommens hat (vgl. OLG München Beschluss vom 13.09.2005 – 16 WF 1542/05 –, juris FamRZ 2006, 791; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24.11.2010 – 16 WF 186/10 –, juris FamRZ 2011, 1235; OLG Hamm, Beschluss vom 19.03.2012, 5 WF 58/12 - juris Rn. 5; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.06.2015 – 16 WF 59/15 –, Rn. 8, zit. nach juris = FamRz 2016, 1279f Wendl/Dose/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 6 Rn. 31). Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob die Antragsgegnerin tatsächlich über eigenes Einkommen verfügt oder ihr dieses nur fiktiv angerechnet wird. Denn der Unterhaltspflichtige soll durch die Anrechnung des fiktiven Einkommens unterhaltsrechtlich so gestellt werden, als ob der Unterhaltsberechtigte seiner Erwerbsobliegenheit nachkommen würde. Nachdem es sich bei dem Anspruch auf Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss um einen selbständigen Unterhaltsanspruch handelt, muss dieser unterhaltsrechtliche Grundsatz auch in diesem Zusammenhang Geltung haben. Eine Verpflichtung zur Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss käme deshalb nur in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige über sehr hohe Einkünfte, über zusätzliche nicht prägende Einkünfte oder über Vermögen verfügen würde, welche er in zumutbarer Weise für die Verfahrenskosten einsetzen könnte (vgl. OLG München a.a.O.; OLG Karlsruhe a.a.O; OLG Hamm a.a.O.; Wendl/Dose/Klinkhammer a.a.O.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.06.2015 – 16 WF 59/15 –, Rn. 11, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 19.03.2012 – II-5 WF 58/12 –, juris).
15b)
16Ungeachtet der obigen Gründe kann der Antragsgegnerin auch aus den nachfolgenden grundsätzlichen Erwägungen nicht unter Verweis auf einen Verfahrenskostenvorschussanspruch Verfahrenskostenhilfe verweigert werden.
17Die Antragsgegnerin begehrt Verfahrenskostenhilfe nicht für die Rechtsverfolgung, sondern für die Rechtsverteidigung. Während ein Antragsteller, der ein Verfahren betreiben will, selbst bestimmt, wann ein Antrag rechtshängig wird, hat ein Antragsgegner hierauf keinen Einfluss. Ein Antragsteller kann im Vorfeld des Verfahrens einen Verfahrenskostenvorschussanspruch geltend machen, wobei ihm hierfür grundsätzlich, wenn es sich nicht um eine dringliche Angelegenheit handelt, hinreichend Zeit zur Verfügung steht. Im Gegensatz hierzu ist dies einem Antragsgegner nicht möglich. Er kann erst nach Rechtshängigkeit des Verfahrens abklären, ob er die Verfahrenskosten durch einen Vorschussanspruch abdecken kann. Ein Antragsgegner hat sich nach Rechtshängigkeit innerhalb kurz bemessener Fristen zu erklären, ob und in welcher Weise er sich verteidigen will. Der zeitliche Rahmen, in dem er den Verfahrenskotenvorschussanspruch geltend machen kann, ist somit erheblich eingeschränkt, sodass eine zeitnahe Verwirklichung des Verfahrenskostenvorschussanspruchs grundsätzlich nur möglich ist, wenn der Anspruchsgegner diesen nicht in Abrede stellt und eine gerichtliche Geltendmachung – wenn eine solche auch im Wege der einstweiligen Anordnung möglich ist – nicht erforderlich ist (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 31. Januar 2013 - 7 WF 163/13 -, Rn. 7, juris; Staudinger/Voppel (2018) BGB § 1360a Rz. 84).
182.Nach alledem ist die Begründung des Amtsgericht für die Zurückweisung des Verfahrenskostenhilfeantrages der Antragsgegnerin rechtlich nicht haltbar. Das Amtsgericht wird nach Maßgabe der obigen Darlegungen über den Antrag erneut zu entscheiden haben.
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