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Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens – nach Maßgabe der folgenden Gründe an das Nachlassgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 65.000,00 €
G r ü n d e
2I.
3Durch Teilerbschein des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt vom 17. Dezember 2018 (Az. 12 VI 314/18), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wurden die Antragsteller neben weiteren acht Miterben als Erben nach der Erblasserin festgestellt. Darüber hinaus kommen die Abkömmlinge der vorverstorbenen D… A... als weitere Miterben in Betracht. D… A… soll B… und C... A… adoptiert haben. Ob diese noch leben oder schon verstorben sind und ob sie Abkömmlinge hinterlassen haben, konnte bislang nicht aufgeklärt werden.
4Die Beteiligten haben Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft für B… und C… A… beantragt und geltend gemacht, es sei ihnen nicht gelungen, deren Anschriften zu ermitteln bzw. standesamtliche Nachweise wie Geburts- oder Heiratsurkunden zu beschaffen. Es bestehe ein Fürsorgebedürfnis, weil das zum Nachlass gehörende Grundstück wirtschaftlich genutzt bzw. veräußert werden solle. Ohne Einrichtung einer Nachlasspflegschaft wäre die Erbengemeinschaft blockiert.
5Mit Beschluss vom 18. Februar 2019 hat das Nachlassgericht den Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Veräußerung eines Grundstücks sei kein Fall des Fürsorgebedürfnisses im Sinne des § 1961 BGB, der ausdrücklich die Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs fordere. Die gerichtliche Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs durch einen Miterben (Teilungsversteigerung) sei nicht vorgetragen.
6Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie machen geltend, die Einrichtung der Teilnachlasspflegschaft sei zur Erbauseinandersetzung erforderlich. Diese sei dringlich, weil insbesondere im Zusammenhang mit der Immobilie, die baldmöglichst veräußert werde solle, Kosten aufliefen. Im Hinblick auf die zu erwartende Dauer eines Erbenaufgebotsverfahrens sei zu befürchten, dass das Erbe anderenfalls über Jahre brachliegen werde.
7Mit weiterem Beschluss vom 26. Februar 2019 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, die Nachlasspflegschaft solle grundsätzlich die Interessen der unbekannten Erben schützen und nicht eine schnelle Vermarktung der Nachlassbestandteile für die bekannten Erben ermöglichen. Insbesondere wenn – wie hier – nicht sicher sei, ob die unbekannten Erben oder ihre Rechtsnachfolger noch lebten, sei das Aufgebot das richtige Mittel um eine vollständige Aufteilung des Nachlasses auf alle bekannten Erben zu ermöglichen. Die Frist für eine öffentliche Aufforderung nach § 352 d FamFG betrage lediglich sechs Wochen.
8Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
9II.
10Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig.
11In der Sache hat die Beschwerde in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Antrag auf Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft kann nicht mit der vom Nachlassgericht gegebenen Begründung zurückgewiesen werden, was die Zurückverweisung zur Folge hat. Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG darf das Beschwerdegericht eine Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Diese Voraussetzung ist immer dann erfüllt, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Entscheidung über das verfahrensgegenständliche Rechtsverhältnis noch nicht in der gebotenen Weise umfassend getroffen hat (Keidel-Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 69 Rdnr. 14 m.w.Nachw.). Das ist hier der Fall.
12Dabei ist das Nachlassgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Anordnung einer Teilnachlasspflegschaft nach § 1961 BGB nicht in Betracht kommt. Ein Fall der Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs liegt hier nicht vor. Insbesondere richtet sich der Anspruch auf Erbauseinandersetzung gem. § 2042 BGB nicht gegen den Nachlass, sondern gegen die Miterben und rechtfertigt deshalb nicht die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB (vgl. KG NJW 1971, 565).
13Im Hinblick auf das von den Beteiligten angeführte Sicherungsinteresse war ihr Antrag aber jedenfalls auch als Anregung auf Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft von Amts wegen nach § 1960 BGB zu verstehen. Sind die Erben – wie im vorliegenden Fall - unbekannt, kann das Nachlassgericht gem. § 1960 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB einen Nachlasspfleger bestellen, soweit ein Sicherungsbedürfnis besteht. Die Entscheidung, ob ein solches Bedürfnis gegeben ist, trifft das Nachlassgericht nach pflichtgemäßen Ermessen (KG a.a.O.; Krätzschel, in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Auflage 2019, Rn. 11). Damit hat sich das Nachlassgericht bislang nicht befasst, so dass die Sache zur Prüfung der Voraussetzungen des § 1960 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB an das Nachlassgericht zurückzuverweisen war.
14Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:
15Das Auseinandersetzungsinteresse der bekannten Miterben rechtfertigt nach herrschender Meinung die Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft nicht. Denn die Pflegschaft kann nur im Interesse der unbekannten, fürsorgebedürftigen Erben angeordnet werden (vgl. KG a.a.O.; Krätzschel, a.a.O.). Die Gegenauffassung (vgl. Zimmermann FGPrax 2004, 198 m.w.Nw.) erscheint systemwidrig, weil die Interessen der bekannten Erben durch §§ 1960 f. BGB nicht geschützt werden. Aber auch mit dem potentiellen Interesse der unbekannten Miterben an einer Erbauseinandersetzung kann die Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft nicht begründet werden, weil ein Einschreiten des Nachlassgerichts gem. § 1960 BGB nur zum Zwecke der Nachlasssicherung, nicht der Nachlassteilung, erforderlich ist (KG a.a.O.).
16Ein Sicherungsbedürfnis kann aber im Hinblick auf die Kosten, die für die zum Nachlass gehörende Immobilie anfallen, bestehen. Ob die Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft im Hinblick auf die konkret anfallenden Kosten erforderlich erscheint, lässt sich bislang weder dem Vortrag der Beteiligten noch dem sonstigen Akteninhalt entnehmen, sondern bedarf weiterer Aufklärung (§ 26 FamFG).
17Abgesehen davon kann die Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft auch zum Zwecke der Erbenermittlung geboten sein (vgl. KG a.a.O.; Krätzschel, a.a.O., Rn. 54). Ein Sicherungsbedürfnis i.S.d. § 1960 Abs. 1 BGB kann vorliegen, wenn Erben unbekannt sind und sie ohne Ermittlung durch das Nachlassgericht bzw. einen Nachlasspfleger niemals Kenntnis von der Erbschaft erhalten würden (OLG Hamm FamRZ 2015, 2196). Zwar haben die Beschwerdeführer vorgetragen, insbesondere dem Beteiligten zu 1 sei es trotz intensiver Nachforschungen nicht gelungen, B… und C… A… bzw. etwaige Nachkommen ausfindig zu machen. Ob weitere Ermittlungen durch einen Nachlasspfleger erfolgversprechend wären, lässt sich anhand der Akten ebenfalls nicht feststellen, so dass auch insoweit weitere Aufklärung geboten erscheint.
18Da der letztliche Erfolg oder Nichterfolg des vorliegenden Rechtsmittels von der endgültigen Entscheidung über den Erbscheinsantrag der Beteiligten abhängt, ist dem Nachlassgericht auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu übertragen.
19Die Wertfestsetzung beruht auf § 64 Abs. 1 GNotKG. Danach ist der Wert des von der (beantragten) Teilnachlasspflegschaft betroffenen Vermögens maßgeblich. Dabei hat der Senat einen 8,4/48 Anteil der unbekannten Erben an dem von den Beschwerdeführern im Teil-Erbscheinsantrag geschätzten Nachlasswert i.H.v. 290.000,00 € zugrunde gelegt.
20Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG ist jedenfalls derzeit bereits deshalb nicht veranlasst, weil bislang am Verfahren nur die Beteiligten teilgenommen haben und die entscheidungstragenden Erwägungen des Senats ihnen lediglich günstig sind.