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Oberlandesgericht Düsseldorf, 3 Kart 721/18 (V)

Datum:
10.07.2019
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
3. Kartellsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
3 Kart 721/18 (V)
ECLI:
ECLI:DE:OLGD:2019:0710.3KART721.18V.00
 
Leitsätze:

1. Methodik

a) Angesichts der Komplexität der Törnquist- und der Malmquist-Methode in Abhängigkeit von der jeweils verfügbaren Datengrundlage ist keine Methode als deutlich überlegen einzustufen. Der Bundesnetzagentur steht deshalb bei der Auswahl der Methode ein Beurteilungsspielraum zu.

b) Die Residualbetrachtung zur Ermittlung der gesamtwirtschaftlichen Bestandteile ist mit § 9 Abs. 1 und 3 S. 1 ARegV vereinbar. § 9 Abs. 1 ARegV gibt nicht zwingend die getrennte Ermittlung von vier Einzelwerten vor. Aufgrund der wissenschaftlich anerkannten Zusammenhänge zwischen Outputpreisen, Inputpreisen und Produktivitätsfortschritt ist die von der Bundesnetzagentur angewandte Formel äquivalent. Die Residualbetrachtung führt nicht zu systematischen Verzerrungen, die durch einen Differenzansatz zu eliminieren wären. Die Anwendung der Residualmethode ist aus den vorstehenden Gründen auch im Rahmen der Berechnung des Malmqu-ist-Index rechtmäßig.

2. Stützintervall

a) Die Bestimmung des Xgen setzt voraus, dass der ermittelte Xgen-Wert gegenüber Veränderungen des Stützintervalls robust ist. Bei starken Schwankungen scheidet ein Stützintervall als Ermittlungsgrundlage des Xgen aus.

b) Die Einbeziehung des Jahres 2006 in das Stützintervall setzt eine tragfähige Begründung dafür voraus, dass die zunächst von der Behörde selbst als fragwürdig erachtete Qualität der Daten dieses Jahres gewährleistet war.

c) Die Auswahl des Stützintervalls erfordert auch eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem sog. Basisjahreffekt.

d) Eine vollkommen entgegengesetzte Plausibilisierungsprüfung der Xgen-Werte im Gas- und Strombereich durch dieselbe Beschlusskammer erzeugt durchgreifende Zweifel, ob die Plausibilisierung der Stützintervalle ergebnisoffen erfolgt ist.

e) Eine unzureichende Begründung der diametral unterschiedlichen Plausibilisierungsverfahren bei der Auswahl des Stützintervalls 2006-2016 für den Xgen-Gas stellt einen Begründungsmangel dar, der ebenfalls zur Rechtswidrigkeit der Festlegung führt.

3. Abschreibungen

Bei der Berechnung der Abschreibungen als Bestandteil der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung nach der Törnquist-Methode ist nicht auf handelsrecht-liche, sondern auf regulatorische Grundsätze abzustellen.

4. Fremdkapitalzinsen

Bei der Ermittlung der netzwirtschaftlichen Einstandspreisentwicklung nach der Törnquist-Methode entspricht ein jährlich aktualisierter Zins für das Fremdkapital nicht den für Netzbetreiber relevanten Gegebenheiten auf dem Kapitalmarkt.

5. Bestabrechnung

Wird zur Plausibilisierung des durch den Törnquist-Index ermittelten Wertes der Xgen auch anhand der Malmquist-Methode berechnet, so ist aufgrund der methodi-schen Ausgestaltung der Berechnung, der Datengrundlage und der damit verbun-denen Unsicherheiten analog § 12 Abs. 3 und 4a ARegV eine Bestabrechnung zugunsten der Netzbetreiber vorzunehmen.

Die Interessen der Netznutzer an einer möglichst günstigen Netznutzung werden bei der Bestimmung angemessener Netzentgelte im Sinne des § 21 Abs. 1 S. 1 EnWG dadurch gewährleistet, dass die Vorschriften der Anreizregulierungsverord-nung, darunter § 9 ARegV, in Übereinstimmung mit dem Normzweck und rechtsstaatlichen Grundsätzen Anwendung finden.

 
Tenor:

Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 21.02.2018, BK4-17-093, wird aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats über die Festlegung des generellen sektoralen Produktivitätsfaktors für die dritte Regulierungsperiode Gas erneut zu entscheiden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Beschwerdeführerin werden der Bundesnetzagentur auferlegt.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf … Euro festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 
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