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Auf die Berufung der Beklagten zu 3. wird das am 4. Oktober 2018 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 3. wird gesamtschuldnerisch haftend mit den Beklagten zu 1. und 2. verurteilt, an die Klägerin EUR 6.835,84 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2017 zu zahlen.
Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.396,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2017 zu zahlen.
Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.396,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September 2017 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 14,5 % die Klägerin, zu 71 % die Beklagten zu 1., 2. und 3. in gesamtschuldnerischer Haftung und zu weiteren 7,25 % jeweils die Beklagten zu 1. und 2.. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 17 % die Klägerin und zu 83 % die Beklagte zu 3..
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Die Berufung der Beklagten zu 3. hat insoweit Erfolg, als ihre Haftung auf den von allen Beklagten gesamtschuldnerisch geschuldeten Honorarbetrag unter Außerachtlassung der Erhöhungsgebühr beschränkt wird. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
41.
5Das Landgericht ist zutreffend von der Aktivlegitimation der Klägerin ausgegangen. Diese hat erstinstanzlich bereits in der Klageschrift vorgetragen, dass sie als Außen-GbR auftritt und ihre Gesellschafter die im Briefkopf aufgeführten Rechtsanwälte sind (unter 1. der Klageschrift vom 8. Januar 2018, S. 2, GA 2). Die Beklagten zu 1. und 2. haben dies ausdrücklich für unstreitig erklärt (vgl. Schriftsatz vom 17. April 2018, S. 2, GA 114), während sich die Beklagte zu 3. dazu nicht geäußert hat. Damit hat sie das tatsächliche Vorbringen der Klägerin, dass die von ihr genannten Personen eine Außen-GbR gegründet haben, gem. § 138 Abs. 2 und 3 ZPO zugestanden. Folgerichtig hat das Landgericht dies als unstreitig in den Urteilstatbestand (1. Satz) aufgenommen. Das erstmalige Bestreiten der Beklagten zu 3. im Berufungsrechtszug ist im Hinblick auf das gegenteilige Vorbringen der Klägerin bereits nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.
6Verfahrensfehler des Landgerichts sind nicht feststellbar. Soweit es mit Verfügung vom 14. September 2018 (GA 184) von der Klägerin die Vorlage einer Vollmacht erbeten hat geht daraus nicht hervor, ob dadurch Zweifel an deren Aktivlegitimation behoben werden sollten. Vielmehr ist denkbar, dass das Landgericht sich vergewissern wollte, dass sämtliche Gesellschafter gem. § 709 BGB (gemeinschaftliche Geschäftsführung) mit der Prozessführung einverstanden sind. Dies hat es mit der in der Sitzung vom 20. September 2018 (GA 190) vorgelegten Vollmacht der Klägerin (GA 191) als erwiesen angesehen. Einwendungen hat die Beklagte zu 3. seinerzeit nicht erhoben, obwohl sie sich in der Sitzung bereits dazu hätte äußern können. Warum eine Frist zur Stellungnahme durch das Landgericht hätte eingeräumt werden sollen, welche die Beklagte zu 3. im Übrigen entgegen § 139 Abs. 5 ZPO (ausweislich des Protokolls, dem gem. § 165 ZPO eine umfassende Beweiskraft zukommt), auch nicht beantragt hatte, erschließt sich nicht. Auch ist ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen, was sie hätte vortragen wollen, wenn sie vom Landgericht (obwohl nicht beantragt) eine Schriftsatzfrist erhalten hätte. Damit ist bereits keine Kausalität zwischen der behaupteten Hinweispflichtverletzung und etwaig unterlassenem Vorbringen feststellbar.
7Dem Landgericht kann auch nicht vorgeworfen werden, dass es die Prozessvoraussetzungen nicht geprüft habe. Zwar ist deren Vorliegen in jeder Lage des Verfahrens zu beachten. § 56 ZPO verpflichtet die Gerichte jedoch nicht, in jedem Rechtsstreit von Amts wegen eine umfassende Prüfung vorzunehmen. Eine Überprüfungspflicht besteht erst, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Fehlen von Prozessvoraussetzungen vorliegen. Dies gilt für natürliche ebenso wie für juristische Personen (vgl. nur BeckOK/ZPO/Hübsch, Stand: 1. März 2019, § 56 Rn. 3). Solche Anhaltspunkte lagen jedoch nicht vor und sind von der Beklagten zu 3. auch nicht aufgezeigt worden. Zu einer Vorlage des Gesellschaftsvertrages hatte das Landgericht auch deshalb keinen Anlass, weil ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht Voraussetzung für die wirksame Gründung einer GbR ist, vielmehr kann ein solcher mündlich oder sogar konkludent geschlossen werden (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 78. Auflage 2019, § 705 Rn. 11).
8Auch der Senat ist nicht gehalten, weitere Aufklärung zu betreiben, denn die Beklagte zu 3. zeigt keine Anhaltspunkte dafür auf, dass die Klägerin keine Außen-GbR ist. Vielmehr ist dem Senat, der für sämtliche Berufungen in Rechtsanwaltshonorarprozessen im OLG-Bezirk Düsseldorf zuständig ist, bekannt, dass bei dem Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte auf den Briefköpfen häufig die Bezeichnung „GbR“ oder „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ fehlt. Eine solche ist auch nicht erforderlich, denn Form, Art und Inhalt des Hinweises auf eine gemeinschaftliche Berufsausübung sind nicht geregelt und folglich frei (Hartung/v. Lewinski, BORA/FAO, 5. Auflage 2012, § 8 BORA Rn. 19). Auch Phantasiebezeichnungen ohne Zusatz sind möglich (vgl. Hartung/v. Lewinski, BORA/FAO, aaO, § 9 BORA Rn. 39; siehe auch Palandt/Sprau, aaO, § 705 Rn. 25). Eine Kurzbezeichnung entspricht in der Regel ihrer Funktion nach der handelsrechtlichen Firma nach §§ 17ff. HGB, wobei das Recht der Handelsgesellschaften auf Rechtsanwälte als Nicht-Kaufleute nicht einmal anwendbar ist (vgl. Hartung/v. Lewinski, aaO, § 9 BORA Rn. 15).
92.
10Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 3. (ebenso wie die Beklagten zu 1. und 2.) mit sämtlichen Einwendungen, welche zum Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses am 23. November 2017 (vgl. Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten von diesem Tag, GA 83-84) bestanden haben, ausgeschlossen ist. In dem genannten Schreiben des Prozessbevollmächtigten hat die Beklagte zu 3. nämlich einen Vergleichsschluss gem. § 779 BGB mit der Klägerin bestätigt, mit dem der Streit oder die Ungewissheit der Parteien im Wege des gegenseitigen Nachgebens beseitigt wurden. Aus diesem Vergleichsvertrag ist die Klägerin berechtigt, die nunmehr streitgegenständlichen Ansprüche gerichtlich zu verfolgen. Die Beklagten haben der Klägerin am 23. November 2017 folgende Vereinbarung bestätigt:
11„1.
12Zur Abgeltung der vorgenannten Rechnungsbeträge und Ihrer gesamten Tätigkeit für die Erbengemeinschaft im Zusammenhang mit der Nachlasssache A. zahlt die Erbengemeinschaft an Sie 8.000,00 €.
132.
14Die Zahlung erfolgt bis zum 8. Dezember 2017.
153.
16Erfolgt die Zahlung nicht bis zum 8. Dezember 2017, sind Sie berechtigt, die Rechnungsbeträge wieder in voller Höhe geltend zu machen.“
17Dieser Vergleich enthält u.a. auch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, welches ein vertragliches kausales Anerkenntnis darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1994 - VII ZR 215/93). Es setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigen (BGH, Urteile vom 1. Dezember 1994 – VII ZR 215/93; 11. Juli 1995 - X ZR 42/93; vom 11. Januar 2007 – VII ZR 165/05). Die Annahme eines Schuldanerkenntnisses ist gerechtfertigt, wenn die Beteiligten dafür unter den konkreten Umständen einen besonderen Anlass hatten. Ein solcher Anlass besteht dann, wenn zuvor Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtliche Punkte herrschte. Der Schuldbestätigungsvertrag weist damit dem Vergleich ähnliche Züge auf (BGH, Beschluss vom 3. Juni 2008 - XI ZR 239/07; Urteil vom 11. November 2008 - VIII ZR 265/07, Rz. 11).
18Hier haben die Parteien in dem Vergleich die Honorarschuld aus den Rechnungen Nr. 0383/2017 (GA 78-79) über EUR 6.398,39 und 0384/2017 (GA 82) über EUR 3.229,90, jeweils vom 17. August 2017, dem zuvor bestehenden Streit entzogen, die Abrechnungen damit anerkannt und auf etwaige Einwendungen hiergegen verzichtet. Denn das erforderliche Nachgeben der Beklagten bestand in ihrer Bereitschaft zur Zahlung mit einhergehendem Einwendungsverzicht, während es für die Klägerin in einem Teilverzicht iHv EUR 1.628,29 bei rechtzeitiger Zahlung bis zum 8. Dezember 2017 bestand.
19Dieser Verzicht auf die Einwendungen galt fort, obwohl die Beklagten die geschuldete Zahlung iHv EUR 8.000,-- nicht leisteten. Dies folgt bereits daraus, dass ein Widerrufsrecht oder ein sonstiges Recht, sich von dem Vergleichsvertrag zu lösen, nicht vereinbart worden war. Dafür lässt der Vergleichswortlaut nichts erkennen. Mit der Zahlung bis zum 8. Dezember 2017 sollten die Beklagten lediglich die Möglichkeit erhalten, weniger zu zahlen, eine rasche Zahlung sollte damit honoriert werden. Ein Wegfall des Einwendungsausschlusses stand damit nicht in Zusammenhang. Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass allein durch den Zeitablauf der Vergleich und das in ihm abgegebene Anerkenntnis, das Anwaltshonorar zu schulden, in Wegfall geraten sollte, liegen nicht vor und werden von der Beklagten zu 3. auch nicht aufgezeigt. Die Beklagte zu 3. vermengt den in dem Vergleich liegenden Einwendungsverzicht mit dem Fristablauf, mit welchem lediglich die Möglichkeit entfiel, ein geringeres Honorar zahlen zu müssen. Die Zahlungsfrist ist separat unter „3.“ geregelt und weist allein auf ein Recht der Klägerin hin, die Beträge dann wieder in voller Höhe verlangen zu dürfen. Dass damit Vorteile der Beklagten verbunden sein sollten, wie etwa ein Rücktritt oder Widerruf oder eine Rücknahme des Einwendungsverzichts, ist nicht ersichtlich. Dass diese Frist im Sinne einer auflösenden Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB vereinbart worden ist, wonach der gesamte Vertrag damit stehen oder fallen sollte, obliegt der Darlegungs- und Beweislast der Beklagten zu 3. (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 15. November 1999 - IX ZR 40/98, Rz. 16 mwN). Aus den genannten Gründen ist hierfür indes nichts ersichtlich.
20Soweit die Beklagte zu 3. rügt, das Landgericht habe verfahrensfehlerhaft eine Überraschungsentscheidung erlassen, lässt sich dieses nicht feststellen. Die Vereinbarung vom November 2017 war von der Klägerin bereits mit der Klageschrift (S. 9, GA 9) und unter Vorlage des Schreibens (GA 83-84) in den Rechtsstreit eingeführt worden. Die Beklagte zu 3. hat (ebenso wie die Beklagten zu 1. und 2.) hierzu Stellung genommen (Schriftsatz vom 9. Juli 2018, S. 10 f., GA 132f.). Bereits dort hat sie im Übrigen die Rechtsansicht vertreten, dass mit dem Ausbleiben ihrer Zahlung die Vereinbarung „gegenstandslos“ werden sollte. Dem ist das Landgericht in dem angefochtenen Urteil nicht gefolgt. Ob hierüber eine Erörterung in der Sitzung stattgefunden hat kann letztlich offenbleiben, denn das Landgericht hat mit der von ihm vorgenommenen Auslegung der Vereinbarung nichts verwertet, was die Parteien nicht zuvor selbst schriftsätzlich thematisiert hätten. Zudem zeigt das Vorbringen der Beklagten zu 3. auch hier nicht auf, was sie denn Neues hätte vortragen wollen, wenn sie einen Hinweis in der landgerichtlichen Sitzung erhalten hätte.
213.
22Die Berechnung des Landgerichts hinsichtlich der Gesamtforderung unter Außerachtlassung der Erhöhungen durch weitere Auftraggeber ist rechnerisch richtig, was von der Beklagten zu 3. mit der Berufung letztlich auch nicht angegriffen wird. Es hat weiter zutreffend eine „eigenartige Gesamtschuld“ angenommen gem. § 7 RVG und die gesamtschuldnerische Haftung der drei Beklagten von deren Einzelhaftung für die Erhöhungsgebühren getrennt. Allerdings hat es, worauf die Beklagte zu 3. zutreffend hinweist, mit seiner Fassung des Urteilstenors gegen § 7 Abs. 2 RVG verstoßen, weil danach die Klägerin bei jedem der drei Beklagten nicht nur den bei einer Einzelvertretung angefallenen Betrag iHv EUR 6.835,85 hätte vollstrecken können, sondern weil es jeden der Beklagten noch darüber hinaus als Teilschuldner zur Zahlung von EUR 1.396,23 verurteilt hat. Dies lässt nach dem Urteilstenor die Möglichkeit offen, dass die Klägerin einen der Beklagten sowohl als Gesamtschuldner einerseits als auch als Teilschuldner andererseits und damit über die Grenze des § 7 Abs. 2 RVG hinaus in Anspruch nimmt. Zwar hat das Landgericht die Problematik als solche erkannt, ist allerdings davon ausgegangen, dass „eine Darstellung der begrenzten Forderungsberechtigung in der Urteilsformel selbst insoweit leider nicht möglich ist“. Dies beruht indes auf einem Rechtsirrtum, denn eine Tenorierung dahingehend, dass die Beklagten zu 1., 2. und 3. als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin EUR 9.628,29 zu zahlen, allerdings mit der Maßgabe, dass keiner von ihnen allein von der Klägerin auf Zahlung von mehr als EUR 6.835,84 in Anspruch genommen werden kann, wäre ohne weiteres möglich gewesen.
23Eine solche Tenorierung im Zuge der Abänderung des angefochtenen Urteils ist dem Senat jedoch verwehrt, denn die Beklagten zu 1. und 2. haben keine Berufung eingelegt. Zu ihren Lasten muss es deshalb neben ihrer gesamtschuldnerischen Verurteilung iHv EUR 6.835,84 bei der Verurteilung zur jeweiligen Teilschuld für die Erhöhungsgebühr iHv EUR 1.396,23 verbleiben.
24Bei der Beklagten zu 3. ist dies jedoch im Berufungsverfahren zu korrigieren. Da der Klägerin aufgrund der genannten Tenorierung zwei Beklagte zur Verfügung stehen, welche sie auf die Erhöhungsgebühr in Anspruch nehmen kann, hat sich die Verurteilung der Beklagten zu 3. aus den oben genannten Gründen auf den Betrag, welcher der gesamtschuldnerischen Haftung aller drei Beklagten unterliegt, zu beschränken.
25II.
26Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
28Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.
29Der Streitwert im Berufungsverfahren beträgt EUR 8.232,07 (EUR 6.835,84 + EUR 1.396,23).