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Die Berufung der Klägerin gegen das am 27. August 2018 verkündete Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf - Az.: 39 O 69/17 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das angefochtene Urteil und das Berufungsurteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Die Parteien streiten darüber, ob und - wenn ja - in welcher Höhe der Klägerin ein Handelsvertreterausgleichanspruch aus § 89 b HGB gegenüber der Beklagten zusteht.
4Die Klägerin war auf Grundlage eines im Jahr 2002 geschlossenen Agenturvertrages nebst Nachträgen ab dem 1. Juni 2002 als Handelsvertreterin für die Beklagte tätig. Sie führte die seit dem Jahr 1968 bestehende „Generalagentur“ des Herrn A… fort, indem ihr die Versicherungsbestände zum Zwecke der Betreuung und des weiteren Ausbaus der Kundenbeziehung übertragen wurden. Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von je 50 % und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin waren Herr B… sowie dessen Ehefrau, Frau C…, die zugleich Tochter des A… ist. Beide waren langjährige Mitarbeiter in der „Generalagentur“ und wünschten, die „Generalagentur“ in der Rechtsform einer GmbH fortzuführen. Die Beklagte wollte keinen Handelsvertretervertrag mit einer GmbH abschließen, deren Gesellschafter und/oder Geschäftsführerin künftig beliebig würden ausgewechselt werden können; nach Vorstellung der Beklagten sollte das Vertragsverhältnis ungeachtet der Rechtsform als GmbH an die sie betreibenden Personen - Frau C… und Herrn B… - gebunden sein.
5Ab dem Jahr 2012 begann die Klägerin die Geschäftspraxis der Beklagten zu monieren und Abrechnungsfehler zu beanstanden.
6Am 5. April 2017 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin, dass C… mit Wirkung zum 7. April 2017 als Geschäftsführerin ausscheidet. Mit notariellem Vertrag vom 7. April 2017 übertrug Frau C… ihre Geschäftsanteile ohne Gegenleistung auf ihren Ehemann, Herrn B…, den jetzigen Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der im Jahr 2002 geschlossene Agenturvertrag mit dem Ausscheiden von Frau C… endete.
7Am 10. April 2017 wurde Frau C… von der Industrie- und Handelskammer die Erlaubnis erteilt, als Versicherungsmaklerin tätig zu sein. Die Postanschrift für deren Maklerbüro stimmt mit der Postanschrift der Klägerin überein.
8Am 21. April 2017 fand ein Gespräch zwischen dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin und Vertretern der Beklagten statt, in deren Verlauf die Beklagte die Übersendung eines Entwurfs eines neuen Agenturvertrages mit der Klägerin zusagte. Der übersandte Entwurf war - aus Sicht der Klägerin - ungünstiger als der im Jahr 2002 geschlossene Agenturvertrag, woraufhin sie mit Schreiben vom 27. April 2017 erklärte, dass auf Basis dieses Entwurfes eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich sei. Daraufhin übertrug die Beklagte die Versicherungsbestände der Klägerin auf einen früheren Angestellten der Klägerin, Herrn D…. Die Klägerin wurde in der Folgezeit ausweislich ihrer Homepage als Versicherungs- und Finanzmakler tätig; Frau C… fungierte als Assistentin der Geschäftsleitung, die Herr B… innehat. Es kam zur Abwanderung von Kunden; die Klägerin betreut als Makler Kunden der Beklagten, wodurch sich der Versicherungsbestand des Nachfolgers D… verkleinerte.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie wegen der in erster Instanz gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
10Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe kein Ausgleichsanspruch gemäß Ziffer 7 des Nachtrages Nr. 4 in Verbindung mit § 89 b HGB zu, weil dieser gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen sei. Der Handelsvertretervertrag zwischen den Parteien sei durch den Eintritt der auflösenden Bedingung gemäß Ziffer 6 lit. d) des Nachtrages Nr. 4 beendet worden. Die Herbeiführung der auflösenden Bedingung durch das Ausscheiden von Frau C… stehe einer Eigenkündigung der Klägerin gleich. Bei Eigenkündigungen des Handelsvertreters und gleich zu behandelnden Beendigungstatbeständen sei der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter keinen begründeten Anlass zur Beendigung des Handelsvertretervertrages gehabt habe. Daran fehle es mit der Folge, dass der Ausgleichsanspruch entfalle. Dieses Ergebnis sei auch geboten, weil die Klägerin aufgrund der von ihr gewählten Form der Vertragsbeendigung der Beklagten jegliche Möglichkeit genommen habe, ihre Kundenbeziehung während einer im Fall einer ordentlichen Kündigung sonst laufenden Kündigungsfrist zu sichern. Umgekehrt habe die Klägerin wegen des bestehenden besonderen Vertrauensverhältnisses zu ihren Kunden die Möglichkeit gehabt, diese weiter als Makler betreuen zu können, so dass ihr keine Provision entgehe.
11Gegen dieses Urteil, welches der Klägerin am 27. August 2018 zugestellt worden ist, hat diese mit Schriftsatz vom 4. September 2018, eingegangen beim Oberlandesgericht am 6. September 2018, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 11. Oktober 2019, eingegangen beim Oberlandesgericht am 15. Oktober 2019, begründet.
12Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter. Sie macht zur Begründung geltend, zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass das Herbeiführen einer auflösenden Bedingung in analoger Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB einer Eigenkündigung gleichstehe. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Ausgleichsanspruch für den Fall der Beendigung des Agenturvertrages durch eine auflösende Bedingung ausdrücklich in Ziffer 7 Satz 1 des Nachtrages Nr. 4 geregelt worden sei. Im Übrigen enthalte Ziffer 7 Satz 2 des Nachtrages Nr. 4 eine Regelung, wonach der Agenturvertrag bei Ausscheiden eines Gesellschafters fortgesetzt werde; die Fortsetzung sei vorliegend nur deshalb unterblieben, weil die Beklagte einen neuen Vertrag mit unzumutbaren Einschränkungen angeboten habe. Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft das Vorliegen eines begründeten Anlasses für eine ausgleichserhaltende Eigenkündigung durch ein Unternehmerverhalten der Beklagten verneint.
13Die Klägerin beantragt,
14das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 27. August 2018 - Az.: 39 O 69/17 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Handelsvertreterausgleich in Höhe von 459.498,20 € nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juni 2017 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.509,06 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Februar 2017 zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Zu Recht habe das Landgericht die ganz gezielte, von langer Hand geplante Herbeiführung der den Agenturvertrag beendenden, auflösende Bedingung einer Eigenkündigung des Handelsvertreters gleichgestellt. Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin keinen begründeten Ablass zur Beendigung des Agenturvertrages gehabt habe.
18II.
19Die zulässige Berufung ist unbegründet.
20Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer entscheidungserheblichen Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO durch das Landgericht, noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
21Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz führt zu keiner anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
22A.
23Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB in Verbindung mit § 92 Abs. 2 HGB zu.
241.
25Der Versicherungsvertreter kann gemäß § 89b Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 92 Abs. 2 HGB von dem Unternehmer nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen, von dem Handelsvertreter geworbenen Kunden erhebliche künftige Vorteile hat und die Zahlung einen Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht.
261.1.
27Die Vorschrift des § 89b HGB findet auf das Vertragsverhältnis der Parteien Anwendung. Der Hinweis im Nachtrag Nr. 4 Ziffer 7 des Vertrages, wonach zugunsten der Gesellschaft ein Ausgleichsanspruch besteht, wenn der Agenturvertrag beendet wird und die sonstigen Voraussetzungen des § 89b HGB vorliegen, hat insoweit nur klarstellende Funktion. Denn der Handelsvertreter ist frei in der Wahl der Rechtsform seines Gewerbebetriebes. Betreibt er die Handelsvertretung - hier: die Versicherungsvertretung - in der Form einer GmbH, so sind die Vorschriften der §§ 84 ff. HGB uneingeschränkt anwendbar (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 84 Rn. 26, Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 2. Auflage, § 84 Rn. 3). Träger der Rechte und Pflichten und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag ist bei einer Kapitalgesellschaft, wie hier der klagenden GmbH, die Gesellschaft, deren geschuldete Tätigkeit von den Gesellschaftern ausgeübt wird.
281.2.
29Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Versicherungsvertretungsvertrag ist seit dem 7. April 2017 infolge des Eintritts der vereinbarten auflösenden Bedingung beendet. Die Voraussetzung der Beendigung gemäß dem Nachtrag Nr. 4 Ziffer 6d) liegt vor. Danach endet der Vertrag mit Ausscheiden eines Geschäftsführers oder Gesellschafters aus der Gesellschaft. Die Gesellschafterin C… hat zum 7. April 2017 ihre sämtlichen Anteile an ihren Ehemann und Mitgesellschafter B… übertragen; ihre Bestellung als Geschäftsführerin sowie der Anstellungsvertrag wurden gemäß Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 5. April 2017 einvernehmlich beendet.
30a. Die Vertragspartner haben im Nachtrag Nr. 4 Ziffer 6 eine auflösende Bedingung gemäß § 158 Abs. 2 BGB vereinbart. Mit dem Eintritt einer der dort genannten Bedingungen sollte das Vertragsverhältnis automatisch enden, ohne dass es einer weiteren Willenserklärung bedarf. Das Ende der Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin als GmbH und der Beklagten sollte mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters/Geschäftsführers der Klägerin, d.h. einem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahre 2002 künftigen ungewissen Ereignisses, eintreten. Der Eintritt dieses Ereignisses sollte es nicht erst ermöglichen, eine Vertragsbeendigung durch eine einseitige Kündigung oder eine Aufhebungsvereinbarung herbeiführen, sondern mit Bedingungseintritt sollte ipso jure, also ohne weitere Erklärungen der Vertragspartner, das Vertragsverhältnis beendet sein. Dass nach den Bedingungsregelungen im Nachtrag Nr. 4 Ziffer 6 die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin als GmbH auch durch eigenständiges Handeln des Gesellschafter/Geschäftsführer und damit nicht durch die eigentliche Vertragspartei, sondern - rechtlich gesehen - durch einen Dritten herbeigeführt werden konnte, steht dem nicht entgegen. Denn Gegenstand einer Bedingung gemäß § 158 Abs. 2 BGB kann ein zukünftiges Ereignis jeder Art sein, mithin auch die Handlung eines Dritten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 16. September 2005, Az.: V ZR 244/04, NJW 2005, 3417 - 3418; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 78. Auflage, § 158 Rn. 10; Herler, in: Staudinger, BGB Neubearbeitung 2015, vor § 158 Rn. 5 mit weiteren Nachweisen).
31b. Die vertragliche Reglung im Nachtrag Nr. 4 Ziffer 6, wonach das Ausscheiden eines Gesellschafters/Geschäftsführers zur Beendigung des Vertretungsvertrages der klagenden GmbH führt, ist rechtlich zulässig (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 84 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen). Bedenken könnten allenfalls dann bestehen, wenn sich die auflösende Bedingung als eine Umgehung der §§ 89, 89a HGB darstellen würde. Denn anerkannt ist, dass durch eine auflösende Bedingung nicht zwingende Kündigungsbeschränkungen umgangen werden dürfen (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 89 HGB Rn. 7; Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 2. Auflage, § 89 Rn. 19; von Hoyningen-Huene, in: Münchener Kommentar, HGB, 5. Auflage, § 89 Rn. 12). Ein solcher Fall liegt indes nicht vor. Vielmehr wird die in Rede stehende vertragliche Regelung über die auflösenden Bedingung zulässigerweise den wechselseitigen Interessen der Parteien bei Abschluss des Vertretungsvertrages gerecht. Zwischen den Parten steht außer Streit, dass Herr B… und Frau C… wünschten, die seit dem Jahr 1968 bestehende „Generalagentur“ des Herrn A… in der Rechtsform einer GmbH fortzuführen. Unstreitig ist auch, dass die Beklagte keinen Agenturvertrag mit einer GmbH tätigen wollte, deren Gesellschafter und/oder Geschäftsführerin künftig beliebig würden ausgewechselt werden können; ihr kam es darauf an, dass der Agenturvertrag ungeachtet der Rechtsform der Handelsvertretung als GmbH an die sie betreibenden Personen, also Frau C… und Herrn B…, gebunden war. Schließt jedoch der Unternehmer den Handelsvertretervertrag mit einer Kapitalgesellschaft, dann ist die Gesellschaft Dienstleistungsschuldnerin, ein Wechsel auf Seiten der Gesellschafter berührt die Vertragsbeziehung nicht (siehe Schröder, in: Küstener/Thume/Schürr, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 1, 5. Auflage, Kap. II Rn. 54 ff.). Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Unternehmer einen Handelsvertreter deshalb beauftragt, weil er zu ihm selbst und zu seinen kaufmännischen Fähigkeiten Zutrauen hat. Die Beziehung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter ist in aller Regel nicht von der Person des Handelsvertreters zu lösen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2013, Az.: XII ZB 534/12, NJW 2014, 625 - 626 mit weiteren Nachweisen). Wenn der Unternehmer, wie hier die Beklagte, dem Wunsch des Handelsvertreters nachkommt, dass nicht er persönlich, sondern eine Kapitalgesellschaft Partner des Handelsvertretervertrages wird, dann ist es nicht zu beanstanden, wenn der Unternehmer die gewünschte persönliche Dienstleistung in der Weise zum Gegenstand des mit der GmbH geschlossenen Vertrages macht, dass mit einem Ausscheiden oder Wechsel der Gesellschafter das Vertragsverhältnis automatisch endet. Von daher ist anerkannt, dass eine Veränderung im Gesellschafterbestand als auflösende Bedingung für eine Vertragsbeendigung mit der Gesellschaft vereinbart werden kann (vgl. Löwisch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage, § 84 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt für den Streitfall in besonderer Weise, denn unstreitig kam es der Beklagten - wie dargetan - maßgeblich darauf an, die Geschäftsbeziehung mit den ihr persönlich aus der Geschäftsbeziehung mit der Agentur des Vaters der Gesellschafterin C… bekannten C… und B… fortzusetzen. Das Vertrauen der Beklagten auf weiteren geschäftlichen Erfolg beruhte auf dieser persönlichen Beziehung zu den beiden Gesellschaftern. Diese sollten auch nach Ende des Vertrages mit dem Vater der Gesellschafterin für die Beklagte tätig sein. Folgerichtig akzeptierte sie den Vertragsschluss mit einer GmbH nur unter gleichzeitiger Verknüpfung des Bestandes des Vertretervertrages an die Person C… und B… als Gesellschafter/Geschäftsführer. Damit wurden die Kündigungsmöglichkeiten in dem Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten weder ausgeschlossen noch unzulässig beschränkt. Auch unter dem Aspekt des § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB ergibt sich keine Unwirksamkeit, denn der Ausgleichsanspruch wird durch die vertragliche Regelung nicht von vornherein ausgeschlossen. Vereinbarungen, in denen festgelegt wird, dass der Eintritt einer auflösenden Bedingung die gleichen Rechtsfolgen wie eine vom Handelsvertreter selbst ausgesprochenen Vertragskündigungen auslösen soll, sind unzulässig (vgl. Thum, in: Thume/Riemer/Schürr, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 1, 5. Auflage 2016, Kap. VIII Rn. 123). Eine solche Abrede haben die Parteien nicht geschlossen. Im Gegenteil: Sie haben ausdrücklich festgestellt, dass sich im Falle der Beendigung des Vertrages ein Ausgleichsanspruch nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 89b HGB ergibt.
322.
33Ein Ausgleichsanspruch der Klägerin besteht indes nicht, weil die Beendigung des Handelsvertretervertrages der Sphäre der beiden Gesellschafter zuzurechnen ist. Gemäß einer analogen Anwendung des § 89b Abs. 3 HGB ist der Anspruch ausgeschlossen.
342.1.
35Nach der gesetzlichen Regelung in § 89b Abs. 3 HGB ist der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, wenn der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis kündigt, ohne dass der Unternehmer einen begründeten Anlass hierzu gegeben hat (§ 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB), wenn der Unternehmer aus wichtigem Grund wegen eines Verhaltens des Handelsvertreters kündigt (§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB) oder wenn ein für den Handelsvertreter einvernehmlich in das Vertragsverhältnis eintritt (§ 89b Abs. 3 Nr. 3 HGB). Keine der ausdrücklich genannten Fallgestaltungen liegt im Streitfall vor; eine entsprechende Anwendung des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB ist jedoch vorliegend geboten.
36Die Regelung in § 89b Abs. 3 HGB stellt sich als besondere Ausprägung des den gesamten § 89b HGB beherrschenden Billigkeitsgrundsatzes dar (BGH, Urteil vom 30. Juni 1966, Az.: VII ZR 124/65, BGHZ 45, 385 (388)). Die Ausschlusstatbestände des § 89b Abs. 3 HGB, mit denen der Gesetzgeber die nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB gebotene Billigkeitsprüfung konkretisiert hat, regeln die Voraussetzungen, unter denen der Ausgleichsanspruch - aus Gründen der Billigkeit - zwingend entfällt, abschließend und sind daher eng auszulegen und nur begrenzt analogiefähig (BGH, Urteil vom 6. Februar 1964, Az.: VII ZR 100/62, BGHZ 41, 129 (131); Urteil vom 13. März 1969, Az.: VII ZR 48/67, BGHZ 52, 12 (14); Urteil vom 3. Juni 1995, Az.: VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (294); Urteil vom 28. Februar 2007, Az.: VIII ZR 30/06, ZIP 2007, 970 - 972). Für eine analoge Anwendung der Ausschlusstatbestände besteht in aller Regel auch kein Bedürfnis, weil besondere Umstände des Einzelfalles, die nicht die Voraussetzungen für einen zwingenden Ausschluss des Ausgleichsanspruchs nach § 89b Abs. 3 HGB erfüllen, im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 16. Februar 2000, Az.: VIII ZR 134/99, NJW 2000, 1866 - 1867) und dort aufgrund einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles im Ergebnis ebenfalls dazu führen können, dass der Ausgleichsanspruch zu versagen ist (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007, Az.: VIII ZR 30/06, ZIP 2007, 970 - 972). Gleichwohl ist vorliegend eine analoge Anwendung des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB gerechtfertigt:
37a. Es liegt eine Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber hat den Fall geregelt, dass der Handelsvertreter aus in seiner Sphäre liegenden Gründen das Vertragsverhältnis beendet. Er hat es selbst in der Hand zu entscheiden, ob er den Vertrag beendet. Es ist unbillig, wenn der Handelsvertreter in einem solchen Fall, den geworbenen Kundenstamm dem Unternehmer gegen Zahlung eines Ausgleichs aufdrängt. Der Fall, dass der Handelsvertreter nicht kündigt, das Vertragsverhältnis jedoch wegen des Eintritts einer auflösenden Bedingung gemäß § 158 Abs. 2 BGB endet, wobei die Bedingung durch den Handelsvertreter aus in seiner Sphäre liegenden Gründen herbeigeführt wird, ist gesetzlich nicht geregelt.
38b. Der zu beurteilende Sachverhalt ist in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem gesetzlichen Tatbestand vergleichbar, als dass angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen wie bei Erlass der Gesetzesvorschrift hätte leiten lassen, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre (siehe dazu BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006, Az.: IX ZR 92/05. NJW 2007, 992 - 994; Urteil vom 16. Juli 2003, Az.: VIII ZR 274/02, NJW 2003, 2601 - 2603; Urteil vom 13. März 2006, Az.: I ZR 290/00, NJW 2003, 1932 - 1933; Urteil vom 13. Juli 1988, Az.: Iva ZR 55/87, NJW 1988, 2734 - 2737). Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt vor, wenn der Handelsvertreter über die Fortsetzung oder Beendigung des Vertrages frei, insbesondere unbeeinflusst vom Unternehmer, entscheidet und damit das wirtschaftliche Risiko der Vertragsbeendigung übernimmt. Dies trifft hier zu.
39aa. Der Umstand, dass nicht die Klägerin als Vertragspartnerin der Beklagten das Ende der Vertragsbeziehung willentlich herbeiführte, sondern die Vertragsbeendigung eine Konsequenz des Handelns der Gesellschafter war, steht dem nicht entgegen. Die Frage, inwieweit sich Gesellschafter und Gesellschaft wechselseitig bestimmte Verhaltensweisen, Kenntnisse oder Eigenschaften des jeweils anderen zurechnen lassen müssen, wird unter dem Begriff des Zurechnungsdurchgriffs diskutiert (vgl. Wicke, GmbHG, 3. Auflage, § 13 Rn. 17; Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Auflage, § 13 Rn. 15 mit zahlreichen Nachweisen). Eine Zurechnung des Verhaltens der Gesellschafter hat vorliegend bereits nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung zu erfolgen. Der streitgegenständliche Versicherungsvertretervertrag bezieht das Verhalten der Gesellschafter ausdrücklich als auflösende Bedingung in das zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Vertragsverhältnis ein. Deren Verhalten wird gemäß der getroffenen Vereinbarung unmittelbar dem Handelsvertreter, der Klägerin, zugerechnet. Dies war von den Vertragspartnern ausdrücklich gewollt, denn damit sollte nach ihrer Vorstellung eine persönliche Bindung von C… und B… an die Beklagte hergestellt werden, die nicht durch den Vertragsschluss mit einer Kapitalgesellschaft verdrängt werden sollte.
40bb. Den Eintritt der auflösenden Bedingung haben die Gesellschafter einvernehmlich aus freien Stücken in Kenntnis des Umstandes herbeigeführt, dass hierdurch der Handelsvertretervertrag zwischen der von ihnen gehaltenen Gesellschaft und der Beklagten beendet wird. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass es der einheitliche Entschluss beider Gesellschafter war, den Bedingungseintritt gemäß § 158 Abs. 2 BGB herbeizuführen. Wenn sich nur einer der Gesellschafter gegen oder ohne Willen des anderen Gesellschafters zu einem Ausscheiden entschlossen hätte, hätte eine mit einer Eigenkündigung des Handelsvertreters vergleichbare Sachlage nicht bestanden. Denn bei dem einseitigen Entschluss nur eines Gesellschafters wäre es nicht gerechtfertigt gewesen, die wirtschaftlichen Nachteile der Vertragsbeendigung durch Wegfall des Ausgleichsanspruchs dem am Fortbestand des Handelsvertreters interessierten anderen Gesellschafters anzulasten. Vorliegend haben aber beide Gesellschafter aufgrund eines gemeinsamen Entschlusses den Eintritt der auflösenden Bedingung herbeigeführt. Dieser allein in der Sphäre der Klägerin gefasste freie Entschluss ihrer Gesellschafter ist nicht anders zu bewerten, als der freie Entschluss eines Handelsvertreters zur Eigenkündigung. Beide Instrumente dienen allein dem Zweck, das Ende der Vertragsbeziehung herbeizuführen.
41(1) Der Umstand, dass im Falle eines Suizid eines Handelsvertreters nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Ausgleichsanspruch nicht gemäß § 89b Abs. 3 HGB ausgeschlossen ist, obwohl auch in diesem Fall eine aus der Sphäre des Handelsvertreters stammende Entscheidung für das Vertragsende maßgebend ist, steht dem entgegen der Ansicht der Klägerin nicht entgegen (BGH, Urteil vom 13. Mai 1957, Az.: II ZR 318/56, NJW 1957, 1020 - 1021). Maßgeblich ist, dass in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofes zugrundeliegende Fall, der Suizid nicht vorgenommen worden war, um das Vertragsverhältnis zu beenden, sondern die Beendigung des Handelsvertretervertrages war zwangsläufige Folge einer aus anderen Gründen gewollten Handlung. Eine solche Fallkonstellation entspricht nicht dem Fall einer Kündigung, die nur und ausdrücklich das Ziel hat, den Vertrag zu beenden. Im Streitfall verhält es sich so, dass die Willensentschließung der Gesellschafter - anders als beim Suizid - auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beklagten gerichtet war.
42(2) Für eine Analogie spricht, dass der Bundesgerichtshof diese bereits für den Fall von Kettenhandelsvertreterverträgen bejaht hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1995, Az.: VIII ZR 61/95, NJW 1996, 848 - 850). Lehnt danach der Handelsvertreter die Fortsetzung eines durch Kettenverträge begründeten Handelsvertreterverhältnisses durch Zurückweisung einer erneuten Vertragsofferte des Unternehmers ab, so steht dies nach höchstrichterlicher Rechtsprechung einer Eigenkündigung im Sinne von § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB gleich (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1995, Az.: VIII ZR 61/95, NJW 1996, 848 - 850). Mit anderen Worten: Da die Veranlassung der Vertragsbeendigung durch einseitige Erklärung des Handelsvertreters genügt, entspricht die Ablehnung der Verlängerung des Handelsvertretervertrages mit Verlängerungsoption der Kündigung, denn auch hier hängt die Beendigung des Vertrages allein von der Erklärung des Handelsvertreters ab. Etwas anderes gilt dagegen für eine vom Unternehmer ausgesprochene Änderungskündigung. Hierzu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass bei einer Änderungskündigung die Ablehnung der Vertragsänderung durch den Händler nicht einer zum Wegfall des Ausgleichsanspruchs führenden Eigenkündigung des Händlers im Sinne des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB gleichsteht (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1999, Az.: VIII ZR 125/98, BGHZ 142, 358 (369)). Zur sachliche Rechtfertigung hat der Bundesgerichthof in einer nachfolgenden Entscheidung darauf verwiesen, dass der Handelsvertreter bei einer Änderungskündigung in seiner Freiheit, ob er die angebotene Vertragsänderung akzeptiert, nicht durch den drohenden Verlust des Ausgleichsanspruchs eingeschränkt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2007, Az.: VIII ZR 30/06, BGHZ 171, 192 (198)). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB nur bei einer Teilkündigung des Unternehmers, auf die der Handelsvertreter mit einer eigenen Kündigung reagiert hat, bejaht, nicht aber im Zusammenhang mit einer Änderungskündigung des Unternehmers (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 1999, Az.: VIII ZR 125/98, BGHZ 142, 358 (369); Urteil vom 28. Februar 2007, Az.: VIII ZR 30/06, BGHZ 171, 192 (198)). Den Fällen, für die der Bundesgerichtshof eine analoge Anwendung des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB bejaht hat, ist gemeinsam, dass es letztlich die freie Entscheidung des Handelsvertreters war, das Ende der Vertragsbeziehung willentlich herbeizuführen. So liegen die Dinge auch hier.
43(3) Auch im Übrigen entspricht der vorliegende Sachverhalt der Interessenlage, die der Gesetzgeber im Blick hatte, als er sich dafür entschieden hat, gemäß § 89b HGB Abs. 3 Nr. 1 HGB einen Ausgleichsanspruch im Falle einer Eigenkündigung auszuschließen. So beruht der Ausschlussgrund der Eigenkündigung auf der gesetzgeberischen Wertung, dass ein Handelsvertreter keinen Ausgleichsanspruch bekommen soll, wenn er selbst die Beendigung des Vertrages durch einseitige Erklärung veranlasst hat. Nach dem gesetzgeberischen Willen soll der Ausgleichsanspruch Handelsvertreter davor schützen, dass sie durch eine form- und fristgerechte Kündigung entschädigungslos um die Früchte einer unter Umständen jahrelangen Arbeit gebracht werden (vgl. BT-Drucksache 1/3856, Seite 33). Beruht jedoch die Vertragsbeendigung auf einer eigenen Willensentschließung des Handelsvertreters, so fällt die Beendigung des Vertragsverhältnisses in dessen Risiko- und Verantwortungssphäre mit der Folge, dass er auch die mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses entstehenden Nachteile zu tragen hat. Dies war hier der Fall. Die geschäftsführenden Gesellschafter der Klägerin haben sich ganz bewusst - aus freien Stücken und unbeeinflusst von der Beklagten - für das Ausscheiden der Gesellschafterin und Geschäftsführerin Frau C… entschieden und damit das wirtschaftliche Risiko der Vertragsbeendigung übernommen. Von einer Vertragsbeendigung im gegenseitigen Einvernehmen im Sinne einer Aufhebungsvereinbarung kann daher - anders als die Berufung meint - keine Rede sein. Es handelte sich um eine Vertragsbeendigung durch eigenständiges Handeln der Gesellschafter/Geschäftsführer, das nach der vertraglichen Vereinbarung unmittelbar dem Handelsvertreter, der Klägerin, zugerechnet wird, so dass auch nach dem äußeren Erscheinungsbild eine der Eigenkündigung vergleichbare Konstellation vorliegt.
442.2.
45Das Landgericht hat zutreffend feststellt, dass die Vertragsbeendigung nicht durch die Beklagte veranlasst wurde.
46a. Nach § 89 b Abs. 3 Nr. 1 1. Alt. HGB bleibt der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters trotz Eigenkündigung oder eines gleich zu behandelnden Beendigungstatbestandes unberührt, wenn ein Verhalten des Unternehmers dem Handelsvertreter begründeten Anlass zur Beendigung des Vertragsverhältnisses gegeben hat. Dies richtet sich danach, ob das Verhalten des Unternehmers einen vernünftigen, gerecht und billig denkenden Handelsvertreters unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls zur Kündigung veranlassen kann, weil ihm eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann, was allerdings nicht ausschließt, auch das eigene Verhalten des Handelsvertreters zu berücksichtigen (vgl. Thume, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Auflage, § 89 b Rn. 126 mit Hinweis auf BGH, Urteil von 14. November 1966, Az.: VII ZR 112/64; Urteil vom 12. Juni 1963, Az.: VII ZR 72/61; Urteil vom 22. September 1960, Az.: VII ZR 245/59).
47An einen begründeten Anlass sind geringere Anforderungen als an einen wichtigen Grund im Sinne des § 89 a HGB zu stellen. Es genügt, wenn der Handelsvertreter durch ein Verhalten des Unternehmers in eine für ihn nach Treu und Glauben nicht mehr haltbare Lage gekommen ist (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Auflage, § 89 b Rn. 57 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeitsgrenze kommt es stets auf die Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles an (vgl. Emde, in: Staub, HGB, 5. Auflage, § 89 b Rn. 211 mit Hinweis auf BGH VersR 1960, 462).
48Bei seiner Kündigung braucht sich der Handelsvertreter auf einen begründeten Anlass nicht zu berufen; er ist vielmehr berechtigt, einen bei der Kündigung bereits vorliegenden, ihm aber erst später bekannt werdenden begründeten Anlass mit ausgleichserhaltender Wirkung nachzuschieben (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 1984, Az.: I ZR 42/82, zitiert nach juris). Zu fordern ist jedoch, dass die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis des Grundes erfolgt, andernfalls wird fraglich, welche Bedeutung der Handelsvertreter dem Verhalten des Unternehmers selbst beigemessen hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 1989, Az.: I ZR 185/87). Dabei obliegt die Darlegungs- und Beweislast nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses dem Handelsvertreter (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Az.: VIII ZR 61/04, NJW 1996, 848 - 850).
49b. Mit dieser Maßgabe ist auf Grundlage des von der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits gehaltenen Sachvortrages nicht feststellbar, dass ihr ein Verhalten der Beklagten begründeten Anlass zur Herbeiführung der auflösenden Bedingung gegeben hat. Ein Verstoß gegen Leistungs-, Treue- oder Rücksichtnahmepflichten seitens der Beklagten, welche die Zumutbarkeitsgrenze überschreiten, ist zu verneinen.
50aa. Soweit die Klägerin geltend macht, die von ihr im Einzelnen dargestellten Verhaltensweisen der Beklagten hätten jede für sich - jedenfalls in der Gesamtschau - begründeten Anlass für das Ausscheiden der geschäftsführenden Gesellschafterin C… gegeben, ist dem entgegen zu halten, die Klägerin trotz allem den Agenturvertrag mit der Beklagten hatte fortsetzen wollen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der jetzige Geschäftsführer der Klägerin und Vertreter der Beklagten in einem Gespräch am 21. April 2017 überein gekommen waren, dass die Beklagte der Klägerin den Entwurf eines neues Agenturvertrages übersenden solle. Daraus folgt, dass die Klägerin die von ihr gerügten Vorfälle und die monierten Geschäftspraktiken nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass für eine weitere Zusammenarbeit mit der Beklagten ausschied. Zutreffend hat das Landgericht auf dieser Grundlage festgestellt, dass die Vertragsbeendigung nicht durch die Beklagte veranlasst wurde. Hiergegen bringt die Klägerin mit ihrer Berufung auch nichts Substantielles vor. Es reicht nicht aus, wenn die Berufung schlicht das Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt, ohne sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinander zu setzen.
51bb. Die von der Klägerin gerügten und mit verschiedenen E-Mails monierten Verhaltensweisen geben keinen berechtigten Kündigungsgrund für die Vertragsbeendigung im Jahre 2017, zumal die Vorgänge schon lange Zeit zurückliegen. Die in der Klägerin in Bezug genommenen E-Mails datieren aus den Jahren 2012 bis 2016. Daraus ergibt sich, dass sowohl die Erhöhung der Zusatzprämie als auch die Vertragsabwicklung betreffend den Kunden E… bereits im bereits Jahr 2012 Thema waren. Nichts anderes gilt auch für die kurzfristige Absage gebuchter Weiterbildungsmaßnahmen und die fehlende Unterstützung bei Marketingmaßnahmen. Diese bereits längere Zeit zurückliegenden Vorkommnisse können bei lebensnaher Betrachtungsweise aus Sicht der Klägerin nicht von ausschlaggebender Bedeutung für die Beendigung der Vertragsverhältnisses gewesen sein, denn andernfalls wäre eine Vertragsbeendigung zu einem früheren Zeitpunkt - und nicht erst im Jahr 2017 - zu erwarten gewesen.
52B.
53Da der Ausgleichsanspruch der Klägerin aufgrund der analogen Anwendung des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen ist, kann offen bleiben, ob eine Begrenzung bzw. ein Ausschluss des Ausgleichsanspruches nach den allgemeinen Billigkeitserwägungen des § 89b Abs. 1 HGB in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 2007, Az.: VIII ZR 30/06, ZIP 2007, 970 - 971). Zu berücksichtigen wäre in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte den von der Klägerin geworbenen Kundenstamm übernommen und einem neuen Handelsvertreter als Bestand übertragen hat. Andererseits konnten die Gesellschafter durch die Beendigung des Vertrages und der sich unmittelbar anschließenden Tätigkeit als Handelsmakler Kunden mitnehmen, wobei die Mitnahme bzw. Übernahme der Kundenbetreuung unstreitig ist, während deren Umfang zwischen den Parteien im Streit steht. Einer weiteren Sachaufklärung bedarf es vorliegend jedoch nicht, da nach den besonderen Umständen des Streitfalles das willentliche Herbeiführen der vertragsbeendenden auflösenden Bedingung durch die Gesellschafter/Geschäftsführer der Klägerin einer Eigenkündigung des Handelsvertreters gleichsteht.
54III.
551.
56Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
572.
58Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO.
593.
60Die Revision war nicht zuzulassen, denn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch wirft die Entscheidung Rechtsfragen auf, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Ausführungen des Senats stehen - wie jeweils dargetan - in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage einer analogen Anwendung des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB. Im Übrigen handelt es sich um eine reine Einzelfallentscheidung, da der Senat die maßgeblichen Umstände des vorliegenden Falles tatrichterlich gewürdigt und unter Wertungsgesichtspunkten eigenständig beurteilt hat.
614.
62Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 459.498,20 € festgesetzt.