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§ 3 Nr. 24a EnWG
Unter Zugrundelegung des sowohl nach den nationalen wie den gemein-schaftsrechtlichen Vorgaben anzuwendenden weiten Netzbegriffs bilden die in § 3 Nr. 24a EnWG genannten, der Regulierung nicht unterfallenden Kun-denanlagen die rechtlichen wie tatsächlichen Ausnahmen zum regulierten Versorgungsnetz im Sinne des § 3 Nr. 16 EnWG. Die Auslegung der in § 3 Nr. 24a EnWG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für das Vorlie-gen einer Kundenanlage hat demgemäß unter Beachtung des zwischen re-guliertem Netz und Kundenanlage bestehenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu erfolgen.
Das in § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG genannte Merkmal der „räumlichen Zusam-mengehörigkeit“ setzt in Abgrenzung zu verstreuten, diffundierenden und mit ihrer Umgebung verschmelzenden Gebieten eine von außen wahrnehmbare und durch die innere Verbundenheit geschaffene räumliche Gebietseinheit voraus, die nur vorliegt, wenn sie nicht durch störende oder trennende Un-terbrechungen, wie es regelmäßig bei Straßen der Fall ist, aufgehoben wird.
Für die in § 3 Nr. 24a lit. c) genannte Voraussetzung der Unbedeutendheit für den Wettbewerb ist maßgeblich, ob die Anlage angesichts ihres wettbewerb-lichen Einflusses als Teil des natürlichen Monopols anzusehen und deswe-gen eine Regulierungsbedürftigkeit zu bejahen ist. Dies ist mittels einer wer-tenden Gesamtschau derjenigen Kriterien zu beurteilen, die Aufschlüsse über das wirtschaftliche Gewicht und damit über die Ähnlichkeit der Anlage mit einem typischen regulierten Verteilernetz gibt. Der wettbewerbliche Ein-fluss hängt insbesondere von der Anzahl der an die Anlage angeschlosse-nen Letztverbraucher, der Menge der durchgeleiteten Energie sowie der geo-grafischen Ausdehnung ab, wobei ein absoluter Maßstab anzulegen ist.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur und der Beteiligten werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
Der Beschwerdewert wird auf 250.000 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e:
2A.
3Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin ist ein Energieversorgungsunternehmen und betreibt an mehreren Standorten in … u.a. Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen). Die KWK-Anlagen sind an Energieanlagen angeschlossen, aus denen ein oder mehrere Wohnhäuser mit Strom versorgt werden und die ebenfalls von der Beschwerdeführerin betrieben werden. Die Beschwerdeführerin bietet den an diese Energieanlagen angeschlossenen Letztverbrauchern die Stromversorgung an.
4Die Antragsgegnerin und weitere Beteiligte betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz in … mit ca. … angeschlossenen Kunden.
5Die Beschwerdeführerin beabsichtigt, an den Standorten A. und B. in ... Blockheizkraftwerke mit je 140 kW Leistung zu errichten, um die dort befindlichen Mehrfamilienhäuser mit Wärme und Strom zu versorgen. Mit der Eigentümerin der Mehrfamilienhäuser, der C. deren 100-prozentige Tochtergesellschaft die Beschwerdeführerin ist, sind bereits entsprechende Vereinbarungen betreffend die Errichtung und den Betrieb der Anlagen geschlossen worden.
6An beiden Standorten sollen ausgehend von dem Blockheizkraftwerk Wärmenetze sowie Elektrizitätsleitungen zu den Mehrfamilienhäusern gelegt und letztere an die vorhandenen Hausanschlussanlagen angeschlossen werden. Die Versorgungsstrukturen sollen jeweils über einen Mittelspannungsanschluss an das Netz der Beteiligten angeschlossen werden. In den Blockheizkraftwerken sollen Transformatoren und je eine Niederspannungshauptverteilung installiert werden.
7Die Beschwerdeführerin beabsichtigt, den für die Versorgung der angeschlossenen Letztverbraucher, bei denen es sich überwiegend um Mieter und zu einem geringen Teil um Wohnungseigentümer handelt, benötigten Strom in den Blockheizkraftwerken zu erzeugen. Die darüber hinaus benötigte Menge soll aus dem Netz der Beteiligten bezogen werden. Nach Umsetzung der geplanten Versorgungsangebote sollen die Letztverbraucher weiterhin ihren Stromlieferanten frei wählen können. Die Versorgungsleitungen der Beschwerdeführerin sollen nach ihren Angaben dritten Stromlieferanten unentgeltlich zur Verfügung stehen.
8Am Standort A. befinden sich insgesamt 457 Wohnungen in 22 Gebäuden. Die Gesamtfläche beträgt ca. 44.631 m² und umfasst 13 Grundstücke. Bei einem unterstellten durchschnittlichen Stromverbrauch von 2200 kWh pro Wohneinheit beträgt der Jahresverbrauch für die Anlage ca. 1005 MWh. Durch das Gebiet führt eine vierspurige Straße mit begrüntem Mittelstreifen, der A.. Von den insgesamt 22 überwiegend viergeschossigen Mehrfamilienhäusern mit Satteldächern befinden sich 17 nördlich der A.. Von Süden aus ist dieser Bereich durch mehrere öffentliche Stichstraßen sowie kleine Straßen und Wege erschlossen, die von der A. abzweigen. Im Osten führt die D. Straße von der A. abzweigend nach Norden durch das Gebiet. Die südlich der A. liegenden fünf Mehrfamilienhäuser verteilen sich rechts und links der E. Straße, die Richtung Süden von der A. abzweigt. Zur Versorgung aller 22 Gebäude über die eigene Infrastruktur ist an vier Stellen eine Querung öffentlicher Verkehrswege notwendig.
9Am Standort B. sollen zusätzlich zu den bereits vorhandenen 25 drei- und viergeschossigen Mehrfamilienhäusern fünf weitere Neubauten errichtet werden. Die Bestandsimmobilien haben längliche Grundrisse; sie unterscheiden sich baulich und in der Fassadengestaltung. Die Neubauten werden einen quadratischen Grundriss aufweisen. Nach Abschluss der Baumaßnahme werden sich insgesamt 515 Wohnungen in 30 Gebäuden befinden. Die Gesamtfläche beträgt ca. 53.323 m² und umfasst 17 Grundstücke. Bei einem unterstellten durchschnittlichen Stromverbrauch von 2200 kWh pro Wohneinheit beträgt der Jahresverbrauch für die Anlage ca. 1133 MWh. Das die Anlage umgebende Gebiet grenzt im Norden an die Straße F., südlich an die G.. Östlich des Areals befinden sich weitere dreigeschossige Mehrfamilienhäuser, westlich trennt ein bewachsener Grünstreifen die Anlage von einem Einfamilienhausgebiet. Durch das Areal führen mehrere öffentliche Straßen und Wege, darunter die H. und der B.. Zur Versorgung aller Gebäude über die eigene Infrastruktur ist an drei Stellen eine Querung öffentlicher Verkehrswege notwendig.
10Hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse wird auf die in den Gründen des angefochtenen Beschlusses eingefügten Auszüge aus dem Liegenschaftskataster verwiesen.
11Die Beschwerdeführerin plant, auch für weitere Objekte der C. mit insgesamt 8000 Kunden vergleichbare Modelle umzusetzen. Am 03.07.2015 meldete sie für die streitgegenständlichen Vorhaben den Netzanschluss an das Mittelspannungsnetz und die Erzeugungsanlagen bei der Beteiligten an. Ergänzend beantragte sie die Zuordnung eines virtuellen Zählpunktes am Zweirichtungszähler des Mittelspannungsanschlusses sowie die Abrechnung der Unterzähler nach einem Standardlastprofilverfahren über die einzurichtenden Zählpunkte mit den jeweiligen Energieversorgungsunternehmen.
12Die Beteiligte unterbreitete am 29.07.2015 zwei Angebote für die Herstellung von Mittelspannungsanschlüssen an eine kundeneigene Transformatorenstation und wies – wie bereits in den Vorgesprächen - zugleich darauf hin, dass es sich bei beiden Vorhaben ihrer Auffassung nach nicht um Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG handele und sie diese auch nicht wie solche behandeln werde. Sie verweigerte insbesondere eine Messung und Abrechnung nach § 14 Abs. 2 KWKG und § 20 Abs. 1d EnWG.
13Nachdem sie sich in der Folgezeit über die Einordnung als Kundeanlage nicht einigen konnten, leitete die Beschwerdeführerin mit Antrag vom 30.10.2015 ein Missbrauchsverfahren gegen die Beteiligte mit dem Ziel ein, diese zu verpflichten, die streitgegenständlichen Energieanlagen als Kundeanlagen zu behandeln und bei Belieferung daran angeschlossener Letztverbraucher durch Dritte eine Verrechnung der Zählwerte über Unterzähler vorzunehmen.
14Die Bundesnetzagentur hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat sie darauf abgestellt, dass die streitgegenständlichen Energieanlagen nicht als unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG und schon deswegen nicht als Kundenanlagen einzustufen seien. Zudem befinde sich die Energieanlage an der A. auch nicht auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG. Vor dem Hintergrund der Versorgungsfunktion des Netzes und der wettbewerblich orientierten Energieversorgung unter Beachtung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG sei grundsätzlich von einem weiten Netzbegriff auszugehen, so dass die Kundenanlage eine Ausnahme von der Regel darstelle. Wegen des Charakters als Ausnahmeregel seien die auslegungsbedürftigen Tatbestandsmerkmale der Vorschrift eng auszulegen.
15Das „räumlich zusammengehörende Gebiet“ im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG setze schon nach dem Gesetzeswortlaut eine gewisse räumliche Zusammengehörigkeit des Gebietes voraus, die in der Regel vorliege, wenn sich die Anlage auf einem Grundstück befinde. Die Zusammengehörigkeit könne zwar bei einem mehrere Grundstücke umfassenden Gebiet gegeben sein. Voraussetzung sei jedoch, dass aufgrund einer gewissen Nähe und Verbindung zwischen den Grundstücken das Gebiet aus Sicht eines objektiven Betrachters als einheitlich wahrgenommen werde. Insoweit bedürfe es einer Gesamtschau der Umstände im Einzelfall. Die räumliche Zusammengehörigkeit eines Gebietes werde in der Regel durch querende Straßen gestört, wobei sich aus den Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergeben könne. Nach Maßgabe dessen befinde sich die Energieanlage an der A. nicht auf einem zusammenhängenden Gebiet, denn die mehrspurige A. unterbreche in der Gesamtschau mit den weiteren Umständen vor Ort den zusammenhängenden Charakter. Die Straße bilde ein räumliches Hindernis, das nicht ohne weiteres überwunden werden könne. Als Hauptverkehrsweg sei sie Teil eines Ringsystems um das Zentrum der Stadt ... und diene nicht der Erschließung des streitgegenständlichen Gebietes. Verbindende Elemente, die trotz dieser trennenden Wirkung eine räumliche Zusammengehörigkeit der Fläche und der durch die Energieanlage angeschlossenen Wohngebäude erzeuge, bestünden nicht. Dagegen befinde sich die Energieanlage am Standort B. auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet.
16Beide Energieanlagen seien jedoch nicht als unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG einzustufen. Entscheidend sei insoweit, ob die Anlagen von ihrem wirtschaftlichen Gewicht und ihrer Größe geeignet seien, einen solchen Einfluss auf den Wettbewerb auszuüben, dass sie als Teil des natürlichen Monopols der Regulierung unterstellt werden müssten. Diese Prüfung sei anhand einer Gesamtschau von Kriterien im jeweiligen Einzelfall vorzunehmen. Dabei seien insbesondere die Anzahl der angeschlossenen Letztverbraucher, die geographische Ausdehnung der Anlage, die Menge der über die Anlage an die angeschlossenen Letztverbraucher gelieferte Energie, die Vertragsgestaltung zwischen dem Betreiber der Anlage und den angeschlossenen Letztverbrauchern sowie die Anzahl weiterer angeschlossener Kundenanlagen zu berücksichtigen. Angesichts von 457 Letztverbrauchern im Gebiet“ A.“ und 515 im Gebiet „B.“ sei nicht mehr festzustellen, dass die Energieanlagen wettbewerblich unbedeutend seien. Vielmehr trete Regulierungsbedürftigkeit aus rein quantitativen Gründen ein, ohne dass weitere Merkmale hinzutreten müssten. Unabhängig davon, bei welcher Anzahl von Letztverbrauchern der Grenzwert für eine wettbewerbliche Unbedeutendheit überschritten sei, sei bei den streitgegenständlichen Anlagen eine Dimension erreicht, bei der eine solche Unbedeutendheit nicht mehr anzunehmen sei. Es gebe nicht wenige Energieversorgungsunternehmen, für die fünfhundert Haushaltskunden eine relevante Größe sein. Gegen das Vorliegen von Kundenanlagen spreche des Weiteren auch die jeweilige geographische Ausdehnung. Im Regelfall sei eine Kundenanlage auf ein Grundstück begrenzt. Die geographische Ausdehnung beider Anlagen unterscheide sich davon so weitgehend, dass dieser Aspekt schon für sich genommen und erst recht in der Gesamtschau mit der Anzahl der angeschlossenen Letztverbraucher gegen die Annahme einer Kundenanlage spreche. Dies gelte auch für die Menge der an die angeschlossenen Letztverbraucher geleiteten Energie.
17Mit der gegen die Zurückweisung des Missbrauchsantrags gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, dass die Anlage an der A. entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet liege. Die Bundesnetzagentur unterlasse es rechtsfehlerhaft, zu definieren, was ein räumlich zusammengehörendes Gebiet ausmache. Es sei vor der Anwendung der Norm auf die zu beurteilenden Energieanlagen festzulegen, welche Eigenschaften ein Gebiet zu einem räumlich zusammengehörenden im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG qualifizierten. Die Annahme der Bundesnetzagentur, das Vorhandensein einer Straße stehe der räumlichen Zusammengehörigkeit entgegen, widerspreche dem Wortlaut der Norm, der im Unterschied zu § 24 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2017 nicht das Wort „unmittelbar“ aufweise. Dort, wo eine enge räumliche Zusammengehörigkeit vorausgesetzt sei, habe der Gesetzgeber dies durch ein qualifizierendes Merkmal zum Ausdruck gebracht. Es stelle demnach eine Überdehnung des Wortlauts des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG dar, wenn jedes trennende Element zwischen zwei Grundstücken bzw. Flurstücken die räumliche Zusammengehörigkeit hindere. Ein solches Verständnis setze die Begriffe „unmittelbar zusammengehörend“ und „zusammengehörend“ in unzulässiger Weise gleich und verkenne die inhaltlichen Unterschiede. Da § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG schon nach dem Wortlaut eine engere Nähebeziehung gerade nicht verlange, gehe die Bundesnetzagentur zu Unrecht davon aus, dass eine Straße grundsätzlich eine für die räumliche Zusammengehörigkeit störende Wirkung habe. Das Gegenteil sei richtig. Eine Straße stelle den räumlichen Zusammenhang nicht grundsätzlich infrage, sondern es müsse Gründe für die Annahme einer trennenden Wirkung geben. Von einer Straße gehe eine trennende Wirkung allenfalls dann aus, wenn es sich um eine von hohen Lärmschutzwänden eingeschlossene Autobahn ohne Überquerungsmöglichkeiten handle. Die A. sei kein durchgängiger Hauptverkehrsweg, der der Erschließung der beiderseits gelegenen Gebäude diene.
18Abzulehnen sei schließlich auch die Auffassung der Bundesnetzagentur, wonach beide Anlagen nicht unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG seien. Die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, die Tatbestandsmerkmale einer grundrechtsbeschränkenden Eingriffsnorm hinreichend bestimmt zu fassen und bei ihrer Anwendung die Eignung, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zur Erreichung des Gesetzeszweckes zu beachten, gelte hier in noch höherem Maße als bei dem Tatbestandsmerkmal der räumlichen Zusammengehörigkeit.
19Wettbewerb im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG sei allein der Wettbewerb bei der Versorgung. Die Vorschrift diene nicht dazu, die Wettbewerber mit hohen Preisen vor innovativen Angeboten zu schützen. Schutzobjekt des EnWG seien die Letztverbraucher, die effizient und kostengünstig versorgt werden sollten. Das Tatbestandsmerkmal des wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs schütze demnach nicht die aktuelle Wettbewerbssituation vor strukturell günstigeren Geschäftsmodellen. Nur dann, wenn sich die Wettbewerbssituation zulasten der Letztverbraucher verschlechtere, sei die Anlage für den wirksamen und unverfälschten Wettbewerb nicht unbedeutend. Da die streitgegenständlichen Energieanlagen den Wettbewerb verschärften, seien sie unbedeutend im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c )EnWG.
20Zur Konkretisierung des anzusetzenden Maßstabes sei zudem auf die Bagatell- bzw. Spürbarkeitsgrenzen der Bagatellbekanntmachung der europäischen Kommission abzustellen. Danach seien wettbewerbliche Auswirkungen auf einem Markt nicht spürbar, wenn der Marktanteil des auf diesem Markt tätigen Unternehmens 10 % nicht überschreite. Da die Endkundenmärkte für Strom und Gas deutschlandweit abzugrenzen seien und Kundenanlagen kaum einmal mehr als 0,5 % Marktanteil erreichen dürften, seien sie für den Wettbewerb unbedeutend.
21Die Wettbewerbsrelevanz sei zudem systematisch ausgeschlossen. Da nach § 3 Nr. 24a lit. d) EnWG eine Kundenanlage nur dann vorliege, wenn die Energieanlage unentgeltlich und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werde, könne der zu schützende Wettbewerb denklogisch nicht beeinträchtigt werden, wenn diese Voraussetzung erfüllt sei. Der Umstand, dass das Tatbestandsmerkmal des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG damit funktionslos würde und die von der Bundesnetzagentur geprüften und in der Gesetzesbegründung angeführten Kriterien außer Acht bleiben müssten, spreche nicht gegen dieses Ergebnis. Dass die historische und subjektive Auslegung, die auf die Motive des Gesetzgebers abstelle, ausfiele, sei unbeachtlich, denn diese Auslegungsmethoden könnten nur dann relevant sein, wenn die historischen Absichten des Gesetzgebers auch tatsächlich ihren Niederschlag im Gesetz gefunden hätten. Dies sei indes nicht der Fall, denn für den nach dem Gesetzeswortlaut zugrunde zu legenden Wettbewerbsbegriff seien die Kriterien der Gesetzesbegründung nicht maßgeblich.
22Es sei eine Auslegung zu vermeiden, die die den gesetzlichen Strommarktzielen entsprechenden Effekte des von der Beschwerdeführerin verfolgten Geschäftsmodells behindere. Genau dies missachte die Bundesnetzagentur, indem sie ein Verständnis des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG entwickle, das kostengünstige Stromversorgung aus KWK- Anlagen innerhalb von Kundenanlagen verhindere. Eng auszulegen seien nicht die Ausnahmen von der Regulierung, sondern die zur Regulierung selbst berechtigende Norm, weil die Regulierung einen Eingriff in die europarechtlich und grundrechtlich geschützte Berufsausübungs- und Handlungsfreiheit darstelle und deshalb ihrerseits rechtfertigungsbedürftig sei.
23Bei einer europarechtskonformen Auslegung seien Kundenanlagen als Ausprägung des Verhältnismäßigkeits- und Subsidiaritätsgrundsatzes bei der Umsetzung der Strombinnenmarktrichtlinie in nationales Recht anzusehen. Die Bundesnetzagentur verkenne, dass in den Erwägungsgründen sowie den Artikeln der Richtlinie Regulierung nicht als Selbstzweck behandelt werde. Art. 3 bezeichne das Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich als begrenzendes Element für den Aufbau und die Durchführung der Regulierung. Daraus folge, dass die unionsrechtlich vorgesehene Regulierung nur greifen dürfe, wenn die mit ihr verbundenen Ziele nicht anders erreicht würden. Der erste Erwägungsgrund formuliere das Ziel, dass der Elektrizitätsbinnenmarkt neue Geschäftschancen für Unternehmen eröffnen sowie Effizienzgewinne schaffen und zu mehr Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit beitragen solle. Auch aus dem dritten Erwägungsgrund ergebe sich, dass das Ziel der Richtlinie ein vollständig geöffneter Markt sei. Eine unentgeltlich allen Anbietern zur Verfügung gestellte Kundenanlage erfülle dieses Ziel und bedürfe deshalb keiner Regulierung.
24Der schon nach dem Subsidiaritätsprinzip geforderte Verzicht auf die Netzregulierung für die streitgegenständlichen Anlagen werde auch durch den zwölften Erwägungsgrund konkretisiert, wonach das Entflechtungssystem den nationalen Regulierungsbehörden keine zu schwerfälligen Regulierungsvorschriften auferlegen solle. Daraus ergebe sich, dass der Richtliniengeber die Regulierung unter Effizienz- und Wirtschaftlichkeitserwägungen verstanden sehen wolle. Dieses Ergebnis folge auch aus der Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Soweit im Erwägungsgrund 27 ausgeführt werde, dass die Mitgliedstaaten die dezentrale Energieerzeugung und Energieeffizienz fördern sollten, lasse sich daraus ableiten, dass Regulierung im Zweifel zu unterbleiben habe. Dafür streite auch Erwägungsgrund 57, wonach oberste Priorität der faire Wettbewerb, der freie Marktzugang und die Nutzbarkeit eines liberalisierten Elektrizitätsbinnenmarktes für die Verbraucher seien. Zudem folge aus Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie, dass eine Regulierung nur dann vorgesehen sei, wenn Netze entgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Der Regulierungsanlass entfalle dagegen, wenn - wie im Streitfall - die Infrastruktur kostenfrei und nichtdiskriminierend zur Verfügung stehe.
25Dieses Verständnis werde auch durch einen Blick auf die zu erwartende zukünftige Regelung des Elektrizitätsbinnenmarktes gestützt. Ausweislich des den Mitgliedstaaten und dem europäischen Parlament zur Stellungnahme vorliegenden Entwurfs solle die neue Richtlinie einen Schwerpunkt in der dezentralen Energieversorgung haben. Aus Art. 4 des Entwurfs gehe hervor, dass der europäische Gesetzgeber KWK-Anlagen als integralen Bestandteil der Dekarbonisierung und den Schwellenwert für eine Deregulierung eines Netzabschnittes bei mindestens 500 KW installierter Leistung ansehe. Angesichts dieser europarechtlichen Ausgangslage bestehe kein Anlass, die streitgegenständlichen Anlagen als regulierungspflichtige Netze zu bewerten.
26§ 3 Nr. 24a lit. c) EnWG sei demnach europarechtskonform so auszulegen, dass in allen Sachverhalten, bei denen zur Erreichung der Ziele der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie eine Regulierung nicht erforderlich sei, eine Kundenanlage anzunehmen sei. Die der Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur zu Grunde liegende Annahme eines Regel-Ausnahmeverhältnisses zwischen reguliertem Netzbetrieb und Kundenanlage sei dagegen unrichtig. Soweit die Bundesnetzagentur die Unbedeutendheit der Anlagen für den Wettbewerb schon angesichts der Anzahl der versorgten Letztverbraucher verneine, nenne sie rechtsfehlerhaft keine Grenze für die Einordnung. Dies gelte auch für das Kriterium der Größe des versorgten Gebietes.
27Die Beschwerdeführerin beantragt,
28die Bundesnetzagentur zu verpflichten, unter Aufhebung des Beschlusses vom 03.04.2017 (BK6-15-156) der Beteiligten aufzugeben, die von der Beschwerdeführerin geplante Energieanlagen, die hinter den Mittelspannungsanschlüssen an das Verteilernetz der Beteiligten an den Standorten D. Straße 11x und B. 9x in ... errichtet und betrieben werden, als Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG zu behandeln und insbesondere zukünftig für alle Letztverbraucher, deren Verbrauchsanlagen an Energieanlagen der Beschwerdeführerin an den genannten Standorten angeschlossen sind und die Stromlieferungsverträge mit Elektrizitätsver-sorgungsunternehmen abschließen, die diese Kunden über das Verteilernetz der Beteiligten beliefern, eine Abrechnung ihrer Verbräuche über unter Zähler zu ermöglichen.
29Die Bundesnetzagentur beantragt,
30die Beschwerde zurückzuweisen.
31Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe.
32Trotz der gegenteiligen Andeutungen der Beschwerdeführerin könne die Bestimmtheit des § 3 Nr. 24a EnWG nicht ernsthaft infrage stehen. Zudem gehe sie im Hinblick auf den Charakter der Regelung von falschen Prämissen aus. Es handele sich nicht um eine die Beschwerdeführerin belastende Norm, sondern im Gegenteil um einen Privilegierungstatbestand in Form einer Ausnahme von der Regulierung.
33Die streitgegenständlichen Energieanlagen seien keine Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG. Nach der Systematik der Regelungen des EnWG und der europäischen Vorgaben sei § 3 Nr. 24a EnWG als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die Regelung diene der unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten veranlassten Einschränkung des gemeinschaftsrechtlich und technisch sehr weitgehenden Netzbegriffs. Aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ergebe sich, dass bei gemeinsamer Nutzung von Leitungen in einem geographisch begrenzten Gebiet ein zu regulierendes Netz vorliege. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zum europäischen Subsidiaritätsprinzip seien verfehlt. Eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips liege nicht vor. Die Vorgaben der Stromrichtlinie seien unter anderem durch das EnWG in nationales Recht umgesetzt worden. Dabei seien die zwingend einzuhaltenden Vorgaben beachtet worden. Etwas anderes folge auch nicht aus dem von der Beschwerdeführerin in Bezug genommenen Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt vom 23.02.2017. Im Übrigen zitiere die Beschwerdeführerin nicht aus diesem, sondern aus dem Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über den Elektrizitätsbinnenmarkt vom 23.02.2017.
34Die Auslegung des Kriteriums des räumlich zusammengehörenden Gebiets ergebe, dass sich Ausnahmen von der Regulierung nicht auf Energieanlagen beziehen sollten, die sich über ein nahezu grenzenloses Arial erstreckten. Gefordert sei vielmehr eine gewisse Heraustrennbarkeit der Anlage in Form einer in der Gesamtschau der Umstände im Einzelfall zu beurteilenden räumlichen Einheitlichkeit und Abgrenzbarkeit des betroffenen Gebiets. Ein derartiges Verständnis sei auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Europarecht geboten und entspreche den in der Stromrichtlinie etablierten Grundsätzen der Netzregulierung. Das weite gemeinschaftsrechtliche Verständnis des Netzbegriffs spiegle sich in der Vorschrift des Art. 28 der Stromrichtlinie für geschlossene Verteilernetze wider. Wenn bereits geographisch stark begrenzte Gebiete gemeinschaftsrechtlich als (geschlossene) Verteilernetze zu betrachten seien, müsse die räumliche Zusammengehörigkeit im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG einschränkend und eng verstanden werden, um nicht in Widerspruch zu den höherrangigen europäischen Rechtsvorgaben zu geraten.
35Die Anlage an der A. befinde sich nicht auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin könne aus den Regelungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG und § 12 Buchst. b Abs. 5 StromStV sowie § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EEG nicht geschlossen werden, dass der Gesetzgeber die Vorgabe einer engen räumlichen Zusammengehörigkeit durch die Verwendung der Begriffe des „räumlichen Zusammenhangs“ bzw. der „unmittelbaren räumlichen Nähe“ kennzeichne. Vielmehr bringe das Adjektiv „zusammengehörend“ bereits jene enge Verbundenheit zum Ausdruck, ohne dass es auf die Zufügung eines qualifizierenden Merkmals ankomme.
36Die räumliche Zusammengehörigkeit werde grundsätzlich durch querende Straßen gestört, da solche die Einheitlichkeit des Gebietes zu beeinträchtigen vermöchten. Die mehrspurige A. unterbreche in der Gesamtschau mit weiteren Umständen vor Ort den zusammenhängenden Charakter des Gebiets. Er bilde ein räumliches Hindernis, das nicht ohne weiteres überwunden werden könne. Es handele sich um einen Hauptverkehrsweg, der nicht nur Erschließungsfunktion für das in Rede stehende Gebiet aufweise.
37Die Energieanlagen seien zudem nicht unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität. Dieses Merkmal sei nicht bereits dann zu bejahen, wenn das weitere Tatbestandsmerkmal der unentgeltlichen und diskriminierungsfreien Zurverfügungstellung der Anlage nach § 3 Nr. 24a lit. d) EnWG erfüllt sei. Die entgegenstehende Auffassung der Beschwerdeführerin sei verfehlt. Ihr gehe es darum, das Tatbestandsmerkmal der wettbewerblichen Unbedeutendheit seines Anwendungsbereiches zu entledigen und damit von dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes abzuweichen. Dieses von der Beschwerdeführerin de lege ferenda gewünschte Ergebnis könne de lege lata nicht durchgesetzt werden. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch komme es für die Frage, ob eine Anlage unbedeutend sei, auf ihr wirtschaftliches Gewicht an. Angesichts der Anzahl der angeschlossenen und zu versorgenden Haushalte in beiden Gebieten könne nicht festgestellt werden, dass es sich um wettbewerblich unbedeutende, nicht regulierungsbedürftige Energieanlagen handele. Der von der Beschwerdeführerin insoweit angelegte Maßstab, der bis zu einem Marktanteil von 10 % von einer Unbedeutendheit ausgehe, werde dem Wortlaut der Regelung nicht gerecht. Die Zahl der Letztverbraucher sei bundesweit mit ca. 40 Millionen anzusetzen, so dass nach der Auffassung der Beschwerdeführerin eine Anlage noch als wettbewerblich unbedeutend zu bewerten wäre, wenn sie 200.000-4.000.000 Haushalte versorgen würde. Dies führe erkennbar zu nicht mehr hinnehmbaren Ergebnissen.
38Auch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung verdeutlichten, dass das wirtschaftliche Gewicht und die Größe der jeweiligen Anlage ausschlaggebende Kriterien für die Prüfung im Einzelfall darstellten. Die Anwendung der in den Motiven genannten Kriterien führe zu dem Ergebnis, dass unter allen genannten Aspekten die streitgegenständlichen Anlagen nicht wettbewerblich unbedeutend seien.
39Die Beteiligte beantragt,
40die Beschwerde zurückzuweisen.
41Sie macht geltend, dass die Beschwerde unbegründet sei. Die Bundesnetzagentur habe die streitgegenständlichen Energieanlagen im Ergebnis zu Recht nicht als Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG bewertet und den Antrag auf Erlass einer Missbrauchsverfügung zurückgewiesen.
42Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin handele es sich bei der Regelung in § 3 Nr. 24a EnWG um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift zu der Regelung in § 3 Nr. 16 EnWG. Da die Einordnung als Kundenanlage zu einer sehr weit reichenden Freistellung des Betreibers von den Verpflichtungen nach dem EnWG führe, sei auch vor dem Hintergrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine enge Auslegung der Tatbestandsmerkmale geboten, um das Ziel eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas nicht zu gefährden. Bei beiden Anlagen lägen die Voraussetzung des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG nicht vor. Sie befänden sich nicht auf einem jeweils räumlich zusammengehörenden Gebiet. Dies habe die Bundesnetzagentur im Hinblick auf die Anlage an der A. rechtsfehlerfrei festgestellt. Dieses Gebiet lasse sich nicht anhand bestimmter äußerer Merkmale eindeutig von seiner Umgebung abgrenzen und weise keine innere Geschlossenheit auf. Wie die Bundesnetzagentur zu Recht angenommen habe, unterbreche bereits die vierspurige Straße A. den räumlichen Zusammenhang.
43Die Bundesnetzagentur gehe fehl in der Annahme, dass für die Anlage am B. eine räumliche Zusammengehörigkeit feststellbar sei. Die Begründung, wonach sich aus den Luftaufnahmen und dem Kartenmaterial der Eindruck einer baulichen und räumlichen Einheitlichkeit entnehmen ließe, sei nicht überzeugend. Zum Eindruck der räumlichen Einheitlichkeit fehlten nähere Erläuterungen. Zudem stehe einer räumlichen Einheitlichkeit entgegen, dass verschiedene öffentliche Straßen und Wege das Gebiet durchliefen und „zerstückelten“. Eine bauliche Einheitlichkeit könne nicht ausschlaggebend sein, weil § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG nicht auf eine solche abstelle.
44Beide Anlagen seien, wie die Bundesnetzagentur zu Recht festgestellt habe, nicht unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG. Dieses Tatbestandsmerkmal habe entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin eine eigenständige Bedeutung. Unzutreffend sei insbesondere ihre Annahme, dass eine Wettbewerbsrelevanz bei Kundenanlagen bereits systematisch und denklogisch ausgeschlossen sei, weil jede Kundenanlage voraussetze, dass sie unentgeltlich und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werde. Soweit die Beschwerdeführerin die „ungehinderte Entfaltung des Wettbewerbs“ allein dadurch gewährleistet sehe, dass der unentgeltliche und diskriminierungsfreie Zugang zu den Anlagen gewährt werde, verkenne sie, dass es neben der Frage des Zugangs weitere wettbewerbsrelevante Fragen gebe und der Gesetzgeber ein regulatives Bedürfnis nicht nur im Hinblick auf den Netzzugang bejaht habe. Unzutreffend sei auch die weitere Annahme der Beschwerdeführerin, wonach allein der Wettbewerb bei der Versorgung der geschützte Wettbewerb im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG sei. Die Versorgung im Sinne des EnWG erfasse keineswegs nur die Energiebelieferung, sondern vielmehr auch den Netzbetrieb. Dementsprechend sei anerkannt, dass das Ziel des EnWG nicht nur der Schutz des Wettbewerbs im Netz, sondern ebenso der Wettbewerb um Netze und zwischen Netzen sei. Anhand der erforderlichen Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien erweise sich, dass beide Standorte nicht unbedeutend für den Wettbewerb seien. Weder werde eine kleine Anzahl von Letztverbrauchern angeschlossen noch nur geringfügige Energiemengen durch die Anlagen geleitet. Auch liege keine nur geringe geographische Ausdehnung vor.
45Darüber hinaus bestünden vorliegend ernsthafte Zweifel an der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Anlagen gegenüber den angeschlossenen Kunden. Bei einer Belieferung mit Elektrizität aus den Blockheizkraftwerken erspare sich die Beschwerdeführerin sämtliche Netzentgelte und die damit zusammenhängenden Abgaben, Umlagen sowie Stromsteuer. Diese Ersparnis belaufe sich in der Summe auf 10,323 Cent pro Kilowattstunde. Allerdings sei der gegenüber den angeschlossenen Kunden angebotene Strompreis lediglich um zwei Cent pro Kilowattstunde günstiger als der entsprechende Grundversorgungstarif. Angesichts dessen möge die Beschwerdeführerin darlegen, wie sich ihr Strompreis zusammensetze und dass in diesen keine verbrauchsabhängigen Entgeltbestandteile für die Nutzung der elektrischen Anlagen einkalkuliert seien.
46Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.
47B.
48Die zulässige Beschwerde hat aus den mit den Beteiligten in der Senatssitzung erörterten Gründen keinen Erfolg.
49I. Da die Beschwerdeführerin die Verpflichtung der Bundesnetzagentur begehrt, unter Aufhebung des den Missbrauchsantrag zurückweisenden Beschlusses der weiteren Beteiligten aufzugeben, die streitgegenständlichen Anlagen als Kundenanlagen zu behandeln, ist die Beschwerde als Verpflichtungsbeschwerde statthaft.
50II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
51Die Bundesnetzagentur hat den zulässigen Antrag der Beschwerdeführerin auf Einleitung eines Verfahrens nach § 31 EnWG zu Recht abgelehnt.
521. Nach § 31 Abs. 1 S. 1 EnWG können Personen und Personenvereinigungen, deren Interessen durch das Verhalten eines Betreibers von Energieversorgungsnetzen erheblich berührt werden, bei der Regulierungsbehörde einen Antrag auf Überprüfung dieses Verhaltens stellen. Für das Kriterium der Interessenberührung wird als ausreichend erachtet, dass durch das Verhalten des Netzbetreibers wirtschaftliche Interessen berührt sind, eine Berührung rechtlicher Interessen ist nicht gefordert (BGH, Beschluss vom 11.11.2008, EnVR 1/08, Rn. 17, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.04.2006, VI-3 Kart 161/06). Wann die Schwelle zur Erheblichkeit überschritten ist, muss im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Im Lichte der unionsrechtlichen Vorgaben, die ein Beschwerderecht verlangen, ist eine zu enge und einschränkende Auslegung des Merkmals der „Erheblichkeit“ nicht geboten (Kment, Energiewirtschaftsgesetz, EnWG § 31 Rn. 1-23). Die Interessenberührung muss auch gegenwärtig sein, mithin andauern oder unmittelbar bevorstehen.
53Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beteiligte weigert sich, die streitgegenständlichen Anlagen als Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG zu behandeln und zukünftig allen Letztverbrauchern, deren Verbrauchsanlagen an diese Energieanlagen angeschlossen sind und die Stromlieferungsverträge mit Elektrizitätsversorgungsunternehmen abschließen, die sie über das Verteilernetz der Beteiligten beliefern, eine Abrechnung ihrer Verbräuche über Unterzähler zu ermöglichen. Dadurch sind die Interessen der Beschwerdeführerin rechtlich und wirtschaftlich gegenwärtig betroffen.
542. Das beanstandete Verhalten der Beteiligten ist nicht missbräuchlich. Bei den streitgegenständlichen Anlagen handelt es sich, wie die Bundesnetzagentur rechtsfehlerfrei festgestellt hat, nicht um Kundenanlagen im Sinne des § 3 Nr. 24a EnWG, sondern um Elektrizitätsversorgungsnetze.
552.1. Die von der Beschwerdeführerin angebrachten Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Vorschrift sind unbegründet. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot liegt nicht vor. Dieses schließt die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und die Einräumung von Ermessen nicht aus (vgl. statt aller: Grzeszickes in Maunz/Dürig, 79. EL 2016, VII Rn. 62).
56Im Ansatz verfehlt ist der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Regelung des § 12b Abs. 5 StromStV. Soweit der Verordnungsgeber den dort vorausgesetzten räumlichen Zusammenhang der Entnahmestellen auf einen Radius von 4,5 km begrenzt hat, kann dies nicht als Beleg für die fehlende Bestimmtheit der in Rede stehenden Vorschrift herangezogen werden. Im Unterschied zum Regelungsgegenstand der Stromsteuer-Durchführungsverordnung ist die Abgrenzung von reguliertem Netz und der Regulierung nicht unterworfener Kundenanlagen in heterogenen Sachverhaltsgestaltungen vorzunehmen, in denen die spezifischen tatsächlichen Umstände des Einzelfalles konkret zu würdigen sind. Dem Regelungsziel des § 3 Nr. 24a EnWG, die Abgrenzung zwischen dem Regelfall des regulierten Netzes und der Kundenanlage als Ausnahme vorzunehmen, entspricht die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, die die konkrete und umfassende Würdigung der im Einzelfall relevanten Umstände ermöglicht.
572.2. Der Begriff des Netzes wird weder im EnWG noch in den gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien, zu deren Umsetzung dieses Gesetz ergangen ist, definiert. In § 3 Nr. 16 EnWG wird der Begriff nur vorausgesetzt, jedoch nicht erläutert. Seine Auslegung und damit die Abgrenzung zwischen Netz und Kundenanlage muss insbesondere unter Berücksichtigung der Zweckrichtung und der Zielsetzungen des EnWG entwickelt werden. Der Zielsetzung des EnWG, dem Verbraucher Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich des Stromversorgers einzuräumen, entspricht ein weites Verständnis des Netzbegriffs. Um die Belieferung mit Elektrizität durch jeden Anbieter zu ermöglichen, müssen grundsätzlich alle Anlagen, die einer Versorgung der Letztverbraucher dienen, als Netz angesehen werden. Damit streiten die Regelungen in § 3 Nr. 16 und Nr. 17 EnWG, die den Versorgungsgedanken in den Vordergrund stellen, für diese weite Auslegung (vgl. BGH, Beschluss vom 18.10.2011, EnVR 68/10, Rn. 8,9, zitiert nach juris). Unter Zugrundelegung eines weiten Netzbegriffs bilden die in § 3 Nr. 24a und b EnWG genannten Kundenanlagen die rechtlichen wie tatsächlichen Ausnahmen.
58Die der Argumentation der Beschwerdeführerin zugrunde liegende Annahme, die Vorschrift des § 3 Nr. 24a EnWG enthalte eine in grundrechtlich geschützte Positionen eingreifende, belastende Regelung, die dahingehend auszulegen sei, dass die Eingriffe in die Handlungs- und Berufsfreiheit mit so geringer Intensität wie möglich erfolgen sollten, ist unzutreffend. Vielmehr hat die Auslegung unter Beachtung des zwischen reguliertem Netz und Kundenanlage bestehenden Regel-Ausnahme-Verhältnisses zu erfolgen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.03.2018, 11 W 40/16 (Kart), Rn. 37, zitiert nach juris). Nichts anderes folgt aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.
59Der Versuch der Beschwerdeführerin, aus dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere dem europarechtlichen Subsidiaritätsprinzip eine Auslegungsregel herauszulesen, wonach im Zweifel eine nicht regulierungsbedürftige Kundenanlage vorliege, ist zurückzuweisen. Damit kehrt die Beschwerdeführerin die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in ihr Gegenteil um. Die Bundesnetzagentur weist zu Recht darauf hin, dass es sich auch vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvorgaben bei § 3 Nr. 24a EnWG um einen Privilegierungs- und Ausnahmetatbestand zugunsten der Betreiber derartiger Anlagen handele, indem unter bestimmten Voraussetzungen eine Befreiung von den mit der Regulierung verbundenen Verpflichtungen vorgesehen wird.
60Mit dem Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 26.06.2011 hat der Gesetzgeber das 3. Binnenmarktpaket der EU – die Richtlinien 2009/72/EG „Stromrichtlinie“ und 2009/73/EG „Gasrichtlinie“ vom 14.08.2009 – und damit die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zu Transportnetzen, Verteilnetzen und geschlossenen Verteilnetzen in nationales Recht umgesetzt. Die Stromrichtlinie 2009/72/EG hat die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 ersetzt. Bereits mit dieser Richtlinie sollte die Entwicklung des Elektrizitätsbinnenmarkts beschleunigt werden, um Effizienzsteigerungen, Preissenkungen, eine höhere Dienstleistungsqualität und eine größere Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Die wesentlichen Hindernisse auf dem Weg zu einem wettbewerbsorientierten Binnenmarkt sah der Richtliniengeber insbesondere beim Netzzugang, der Tarifgestaltung und einer unterschiedlich weit entwickelten Marktöffnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten. Im Hinblick auf die Stromnetze begründete die Richtlinie die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Entflechtung von Netzbetreibern und zur Einführung von Tarifsystemen, die den Zugang Dritter zu Stromnetzen ermöglichten. Die Richtlinie baute damit auf dem System des regulierten Netzzugangs auf, ohne den Mitgliedstaaten dabei einen bestimmten Regulierungsansatz vorzugeben.
61Nach dem Verständnis dieser und der sie ersetzenden Stromrichtlinie 2009/72/EG unterliegen sämtliche Verteilernetze grundsätzlich der Regulierung. Teilausnahmen von der Regulierung hat der europäische Gesetzgeber nur in Art. 28 der Richtlinie 2009/72/EG für „geschlossene Verteilernetze“ eingeführt, umgesetzt durch § 110 EnWG n.F., wobei die Anforderungen an ein solches gegenüber der Vorgängerregelung zu den sog. Objektnetzen verschärft wurden. Geschlossene Verteilnetze sind von der Berichtspflicht nach § 14 Abs. 1 b EnWG, der allgemeinen Anschlusspflicht nach § 18 EnWG und den damit zusammenhängenden technischen Vorschriften (§ 19 EnWG) ausgenommen. Die Anreizregulierung (§ 21 EnWG) und die Genehmigung der Entgelte für den Netzzugang gelten nicht. Dadurch sollen unnötige bürokratische Hürden für die Betreiber vermieden werden.
62Der Begriff des Verteilernetzes wird in der Richtlinie nicht definiert. Gemäß Art. 2 Nr. der Richtlinie ist Verteilung der Transport von Elektrizität mit hoher, mittlerer oder niedriger Spannung zum Zwecke der Belieferung von Kunden. Ausschlaggebendes Kriterium ist danach die Belieferung von Kunden, so dass das gemeinschaftsrechtliche Verständnis des „Verteilernetzes“ sehr weitreichend ist.
63Von der Regulierung gänzlich ausgenommene Kundenanlagen, wie sie auf der nationalen Rechtsebene durch § 3 Nr. 24a und b EnWG vorgesehen sind, kennt das europäische Recht nicht. Daraus folgt indes nicht die Unvereinbarkeit der entsprechenden nationalen Vorschriften mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, denn die Richtlinie lässt unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips, das Bestandteil des nationalen wie des Gemeinschaftsrechts ist, auch ohne ausdrücklich normierte Ausnahmetatbestände Raum für nationale Vorschriften, die für spezifische Infrastrukturen Ausnahmen von der Regulierung zulassen.
64Aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgt, dass die nationalen Gesetzgeber bei der Umsetzung von Richtlinienvorgaben Maßnahmen treffen dürfen, die erforderlich sind, um eine Übererfüllung des vom Richtliniengeber verfolgten Ziels zu vermeiden. So sind die gemeinschaftsrechtlichen Regulierungsvorgaben nicht einschlägig, wenn Sachverhalte aus wettbewerblichen Gründen keiner Regulierung bedürfen. Der deutsche Gesetzgeber hat diesen durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip geschaffenen Spielraum durch die Regelung zur Kundenanlage gemeinschaftsrechtskonform ausgefüllt.
65Die tatbestandlichen Voraussetzungen stellen sicher, dass die Ziele, die das Gemeinschaftsrecht mit der Regulierung der Verteilernetze verfolgt, nicht gefährdet werden. Eine Regulierung jeder noch so kleinen und im Hinblick auf ihr wirtschaftliches und wettbewerbliches Gewicht unbedeutenden Kundenanlage wäre unverhältnismäßig. Dagegen gebietet das Verhältnismäßigkeitsprinzip keine weitgehenden Ausnahmen von der Regulierung oder eine besonderes großzügige Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen.
66Das von der Beschwerdeführerin propagierte Verständnis, wonach die in § 3 Nr. 24a EnWG aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen im Zweifel zu Gunsten der Ausnahme von der Regulierung auszulegen seien, kann auch den Erwägungsgründen eins und drei der Stromrichtlinie nicht entnommen werden. Das in dem ersten Erwägungsgrund formulierte Ziel, durch den Elektrizitätsbinnenmarkt neue Geschäftschancen zu eröffnen sowie Effizienzgewinne zu bewirken, ist keineswegs nur durch weitgehende nationale Ausnahmen von der Regulierung zu erreichen. Dass das Ziel der Richtlinie nicht die Regulierung als Selbstzweck ist, versteht sich dabei von selbst. Dem trägt das Verhältnismäßigkeitsprinzip Rechnung, das nationale Öffnungen und Ausnahmen von der Regulierung für nicht regulierungsbedürftige Sachverhalte zulässt.
67Soweit im dritten Erwägungsgrund darauf abgestellt wird, dass die garantierten Freiheiten nur in einem vollständig geöffneten Markt erreichbar sind, lässt sich daraus ebenfalls nichts für die von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung ableiten. Insbesondere sind weitgehende nationale Ausnahmen von der Regulierung nach dem Grundverständnis des Richtliniengebers gerade nicht geeignet, den Verbrauchern die freie Wahl ihrer Lieferanten und allen Anbietern die freie Belieferung ihrer Kunden zu gestatten. Vielmehr versucht die Richtlinie gerade, dieses Ziel durch die Regulierung des natürlichen Monopols zu erreichen und nicht durch weitgehende Ausnahmen davon. Auch aus dem zwölften Erwägungsgrund, wonach das Entflechtungssystem den nationalen Regulierungsbehörden keine zu schwerfälligen Regulierungsvorschriften auferlegen soll, ergibt sich nichts anderes. Dass der Richtliniengeber die nationalen Regulierungsbehörden vor überfrachteten und überkomplexen Entflechtungsvorschriften bewahren will, hat mit weitgehenden nationalen Ausnahmen von der Regulierung nichts zu tun. Die Vorgabe in dem Erwägungsgrund bezieht sich ausschließlich auf die Umsetzung der Entflechtungsvorgaben.
68Auch Erwägungsgrund 27, der vorgibt, dass die Mitgliedstaaten die Modernisierung der Verteilernetze und eine dezentrale Energieerzeugung und Energieeffizienz fördern, stützt das von der Beschwerdeführerin favorisierte Verständnis der Regelungen in § 3 Nr. 24a EnWG nicht. Aus der Aufforderung an die Mitgliedstaaten, dezentrale Energieerzeugung zu fördern, folgt nicht, dass dezentrale Versorgungsmodelle im Zweifel der Regulierung entzogen werden. Dies gilt auch für den Erwägungsgrund 57, wonach es oberste Priorität der Mitgliedstaaten sein soll, dass die Verbraucher die Vorzüge eines liberalisierten Elektrizitätsbinnenmarktes im vollen Umfang nutzen können. Abgesehen davon, dass es sich hier ebenso wie bei den genannten anderen Erwägungsgründen um allgemeine gesellschafts- und wirtschaftspolitische Wunsch- und Zielvorstellungen handelt, die entsprechend offen und weich formuliert worden sind, entspricht es nicht der Absicht des Richtliniengebers, dieses Ziel durch weitgehende Lockerungen und Freistellungen von Regulierungspflichten zu erreichen. Die Annahme der Beschwerdeführerin, aus dieser Prioritätensetzung folge, dass jedes diskriminierungsfrei funktionierende Versorgungsmodell, das kostengünstiger sei als die üblichen Versorgungsmodelle, von unnötigen Regulierungspflichten freizuhalten sei, trifft nicht zu. Insbesondere ist nicht auf die individuellen Kosten für einzelne Verbraucher abzustellen, sondern die Kosten und Nutzen der Regulierung sind in einem volkswirtschaftlichen Kontext abzuwägen. Dass großzügige Ausnahmen von der Regulierung insgesamt kostengünstiger für die Verbraucher sind, ist bereits im Ansatz nicht feststellbar und entspricht im Übrigen auch nicht dem Verständnis des Richtliniengebers. Schließlich ist Art. 28 Abs. 3 der Richtlinie nicht zu entnehmen, dass eine Regulierung nur dann vorgesehen ist, wenn Netze entgeltlich und damit potentiell behindernd für andere Anbieter zur Verfügung gestellt werden.
69Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann auch dem Vorschlag der europäischen Kommission für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (Neufassung) nicht entnommen werden, dass im Zweifel Kundenanlagen und damit Ausnahmen von der Regulierung anzunehmen sind. Die Regelungen der Stromrichtlinie, die die Netzregulierung betreffen, insbesondere Art. 28 und Erwägungsgrund 30, bleiben im Vorschlag für eine Neufassung inhaltlich unverändert. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Regelung unter Artikel 4 des Vorschlags für eine Neufassung der Stromverordnung betrifft demnach auch eine Frage der Ausnahme von der Bilanzkreisverantwortung. Sie gibt für das Verständnis der Voraussetzungen einer Kundenanlage nichts her.
70Für die Auslegung und Anwendung der Regelungen des § 3 Nr. 24a EnWG gilt demnach nicht ein aus gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben abzuleitendes Gebot, Infrastrukturen nur unter engen Voraussetzungen der Regulierung zu unterstellen. Im Rahmen der im Lichte der gemeinschaftsrechtlichen Regulierungsziele vorzunehmenden Auslegung ist festzustellen, ob sich die in Rede stehende Infrastruktur im Hinblick auf ihre Ausdehnung, Ausgestaltung und ihr wirtschaftliches Gewicht von einem regulierungsbedürften Netz so deutlich unterscheidet und abhebt, dass sich die Anwendung der Regulierungsvorschriften als unverhältnismäßig darstellt.
712.3. In dem angegriffenen Beschluss hat die Bundesnetzagentur für die streitgegenständlichen Versorgungsinfrastrukturen der Beschwerdeführerin rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen einer Kundenanlage gemäß § 3 Nr. 24a EnWG verneint.
72Danach sind Kundenanlagen Energieanlagen zur Abgabe von Energie,
73a) die sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden,
74b) mit einem Energieversorgungsnetz oder einer Energieerzeugungsanlage verbunden sind,
75c) für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend sind und
76d) jedermann zum Zwecke der Belieferung der angeschlossenen Letztverbraucher im Wege der Durchleitung unabhängig von der Wahl des Energielieferanten diskriminierungsfrei und unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.
77Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Kundenanlage gegeben. Es handelt sich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht nur um indizielle Kriterien, die auf das Vorliegen einer Kundenanlage hindeuten. Einem derartigen Verständnis steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift ebenso wie der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille entgegen. Die dortigen Ausführungen, wonach § 3 Nr. 24a EnWG der Klarstellung des Begriffs der Kundenanlage diene, knüpfen daran an, dass Kundenanlagen bereits vor der Einführung des § 3 Nr. 24a EnWG existierten und durch die gesetzliche Regelung Klarheit im Hinblick auf die sachlichen Voraussetzungen geschaffen werden sollte.
78Beide streitgegenständlichen Anlagen erfüllen nicht die in § 3 Nr. 24a EnWG statuierten Voraussetzungen einer Kundenanlage. Während sich die am B. gelegene Anlage auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG befindet, hat die Bundesnetzagentur dies für die Anlage an der A. zutreffend verneint. Beide Anlagen sind zudem nicht unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG.
792.3.1. Die von § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG vorausgesetzte räumliche Zusammengehörigkeit wird weder im EnWG definiert, noch in der Gesetzesbegründung näher erläutert. Bei der Auslegung des Begriffs ist zunächst vom Wortsinn auszugehen. Danach ist ein Gebiet räumlich zusammengehörend, wenn es geographisch nach außen von seiner Umgebung abgegrenzt ist und zugleich über eine innere Verbundenheit oder Geschlossenheit verfügt. Mit dem Begriff der „räumlichen Zusammengehörigkeit“ wird eine Abgrenzung zu verstreuten, diffundierenden, mit ihrer Umgebung verschmelzenden Gebieten vorgenommen. Im Gegensatz zu solchen Gebieten stellt das Merkmal der Zusammengehörigkeit auf die von außen wahrnehmbare und durch die innere Verbundenheit geschaffene räumliche Gebietseinheit ab. Eine solche liegt nur vor, wenn sie nicht durch störende oder trennende Unterbrechungen aufgehoben wird. Auch der Gesetzgeber geht offenkundig davon aus, dass eine erkennbare Abgrenzung des Gebiets nach außen und eine das Gebiet verbindende innere Geschlossenheit für Kundenanlagen prägend und maßgeblich sind. In der Gesetzesbegründung (BT- Drs. 17/6072, Seite 51) heißt es:
80„Geographisch eng begrenzte „Hausanlagen“ innerhalb von Gebäuden oder Gebäudekomplexen stellen in der Regel Kundenanlagen dar. Möglich ist im Einzelfall auch, dass sich eine Kundenanlage außerhalb von Gebäuden über ein größeres Grundstück erstreckt.“
81Dies belegt, dass sich nach der Vorstellung und dem Verständnis des Gesetzgebers eine Kundenanlage im Regelfall in einem im Verhältnis zu ihrer Umgebung abgrenzbaren und geschlossenen Bereich befindet, wie es für einzelne Gebäude oder Gebäudekomplexe typisch und kennzeichnend ist. Der Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Motive steht nicht entgegen, dass sich die Gesetzesbegründung auf das Tatbestandsmerkmal in § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG bezieht. Die Bezugnahme auf geographisch eng begrenzte Hausanlagen innerhalb von Gebäuden oder Gebäudekomplexen bringt das grundsätzliche Verständnis des Gesetzgebers zum Ausdruck, wie die typische Kundenanlage und damit zugleich die sie prägenden Kriterien ausgestaltet sind. Damit strahlen diese Erläuterungen zugleich auf das gesonderte Kriterium des „räumlich zusammengehörenden Gebietes“ aus, ohne dass dieses damit vollständig ausgefüllt wird. Daraus folgt, dass eine räumliche Zusammengehörigkeit im Zweifelsfall anzunehmen ist, wenn ein Grundstück betroffen ist, jedoch auch nicht ausgeschlossen ist, wenn sich eine Energieanlage über mehrere Grundstücke erstreckt. Erforderlich ist dann aber, dass das Gebiet aus der Sicht eines objektiven Betrachters als einheitlich wahrgenommen wird (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.03.2018, 11 W 40/16 (Kart), Rn. 65, zitiert nach juris).
82Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach die in anderen Vorschriften gewählten Formulierungen verdeutlichten, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber dann, wenn es auf eine enge räumliche Zusammengehörigkeit ankomme, ein qualifizierendes Merkmal verwende, kann aus dem Wortlaut des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG), der ohne weitere Spezifizierung und Qualifizierung auf eine räumliche Zusammengehörigkeit abstellt, nicht geschlossen werden, dass auch ein nur entfernter Gebietszusammenhang ausreichend für das Vorhandensein einer Kundenlage ist. Schon nach dem Wortsinn und dem allgemeinen Sprachgebrauch bringt der Begriff der Zusammengehörigkeit das Erfordernis einer erkennbaren, nach außen begrenzend wirkenden Geschlossenheit und Verbundenheit zum Ausdruck.
83Die Beschwerdeführerin geht fehl in der Annahme, es widerspreche bereits dem Wortlaut der Norm, dass die Bundesnetzagentur eine Straße regelmäßig als Hindernis für eine räumliche Zusammengehörigkeit bewerte. Sie verkennt, dass trennende Elemente eine räumliche Einheit, wie sie vom Wortsinn gefordert wird, grundsätzlich aufheben. Insbesondere kann aus dem Fehlen des Wortes „unmittelbar“ vor der Wortgruppe „räumlich zusammengehörend“ keineswegs geschlossen werden, dass das Vorhandensein von Straßen ohne Bedeutung ist. Vielmehr wird die nach außen objektiv wahrnehmbare Einheitlichkeit eines Gebiets regelmäßig durch trennende Elemente, wie Straßen, Gleise, etc. gestört. Wird ein Gelände von einer Straße durchschnitten, stellt es sich dem objektiven Betrachter typischerweise gerade nicht als Einheit, sondern als mehrere, durch die Straße getrennte Bereiche dar. Dass ein Areal durch Straßen regelmäßig unterteilt wird und Straßen demnach prinzipiell trennenden Charakter aufweisen, kann somit nicht ernsthaft bestritten werden. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.04.2004 (VII R 44/03) zum Verständnis des räumlichen Zusammenhangs im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz verweist, ergeben sich daraus keinerlei Anhaltspunkte für die Frage, ob das Vorhandensein von Straßen der räumlichen Zusammengehörigkeit im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG entgegensteht. Der Bundesfinanzhof hat vielmehr erläutert, dass der Begriff „räumlich“ gebietsbezogen zu verstehen sei und keine direkte Verbindung zweier Objekte - gemeint sind Entnahmestellen - voraussetze. Das im Voranstehenden erläuterte Verständnis des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG, wonach eine räumliche Zusammengehörigkeit grundsätzlich durch Straßen aufgehoben werden kann, betrifft die für eine Kundenanlage erforderlichen Gebietsmerkmale und nicht die Verbindung der in diesem Gebiet liegenden Entnahmestellen. Auch folgt aus der Annahme, dass Straßen die räumliche Einheit eines Gebiets unterbrechen können, nicht, auch nicht mittelbar, dass die Entnahmestellen direkt miteinander verbunden sein müssten.
84Für die Bewertung, ob eine Straße im Einzelfall der Annahme eines räumlich zusammengehörenden Gebiets entgegensteht, kommt es darauf an, ob trotz des Vorhandenseins einer Straße oder eines anderen trennenden Elementes – Gleisanlagen, Brücken etc. – ein räumlich zusammengehörendes Gebiet besteht. Insoweit sind die Ausgestaltung der Verkehrsquerung, die Breite und Widmung der Straße sowie Art und Ausmaß der Nutzung zu berücksichtigen. Maßgeblich ist insbesondere, ob die Straßen hauptsächlich der Erschließung des Gebietes dienen.
85Im Hinblick auf die streitgegenständliche Anlage an der A. hat die Bundesnetzagentur die räumliche Zusammengehörigkeit zu Recht verneint. Dabei hat sie im Rahmen der gebotenen Gesamtschau rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass es sich um ein räumlich ausgedehntes Gebiet handelt, das sich über eine Vielzahl von Grundstücken erstreckt. Sie hat zudem in zutreffender Würdigung der verkehrstechnischen Bedeutung und Funktion sowie der Ausdehnung und Gestaltung die A. zutreffend als ein räumliches Hindernis bewertet, das der räumlichen Zusammengehörigkeit des Gebiets entgegensteht. Unstreitig handelt es sich um eine mehrspurige Straße mit begrüntem Mittelstreifen, was ihre Einordnung als Hauptverkehrsweg begründet. Die Straße dient nicht in erster Linie der Erschließung des streitgegenständlichen Gebiets, sondern der Erschließung des Stadtgebiets .... Anders als reine Zubringer- oder Anliegerstraßen kann die A. nicht ohne weiteres überwunden werden, so dass die beiderseits gelegenen Grundstücke durch ihn getrennt werden. Zudem wird das streitgegenständliche Gebiet durch die D. Straße nördlich sowie die E. Straße südlich der A. weiter unterteilt.
86Verbindende Elemente, die trotz der querenden Straße eine räumliche Zusammengehörigkeit begründen, sind nicht vorhanden. Zwar handelt es sich um architektonisch ähnliche Mehrfamilienhäuser, die im Hinblick auf ihre zeitgleiche Errichtung und ihr äußeres Erscheinungsbild stadthistorisch und baulich eine Einheit bilden. Darauf kommt es aber nicht an, denn maßgeblich ist der räumliche Zusammenhang im Sinne eines gebietsbezogenen Merkmals. Fehlt dieser, kann die Zusammengehörigkeit nicht allein durch bauliche und optische Elemente vermittelt werden.
87Auch die gemeinsame Versorgung von Grundstücken über dasselbe Wärmenetz begründet entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keine räumliche Zusammengehörigkeit im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG. Das Merkmal der räumlichen Zusammengehörigkeit würde ansonsten durch rein wirtschaftliche Aspekte, z.B. durch die Einrichtung eines Telekommunikations- oder Stromnetzes determiniert und verlöre im Fall des Vorliegens eines gemeinsam genutzten Stromnetzes seine eigenständige Bedeutung. Ferner können sich Wärmenetze über ein sehr großes Areal erstrecken, so dass dem Tatbestandsmerkmal der räumlichen Zusammengehörigkeit keinerlei begrenzende Funktion mehr zukäme.
88Ob die streitgegenständliche Anlage am Standort B. sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befindet, wie die Bundesnetzagentur in dem angefochtenen Beschluss angenommen hat, kann dahinstehen. Diese Frage ist für die Entscheidung nicht erheblich, denn jedenfalls ist die Anlage nicht unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs im Sinne des § 3 Nr. 24 a lit. c) EnWG.
892.3.2. Rechtsfehlerfrei hat die Bundesnetzagentur im Hinblick auf beide Anlagen die in § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG genannte Voraussetzung verneint.
902.3.2.1. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kommt diesem Tatbestandsmerkmal eine eigenständige Bedeutung zu. Ihre Annahme, eine Wettbewerbsrelevanz bei Kundenanlagen sei bereits systematisch ausgeschlossen, weil jede Kundenanlage voraussetze, dass sie unentgeltlich und diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werde, ist unzutreffend. Die Beschwerdeführerin erkennt selbst, dass damit das Tatbestandsmerkmal seiner Funktion entledigt würde. Sie geht indes fehl in der Annahme, dieses Ergebnis erscheine zwar auf den ersten Blick falsch, sei aber sachlich richtig, weil die zu § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG aufgeführten Kriterien den nach dem EnWG maßgeblichen Wettbewerbsbegriff nicht abbildeten, so dass die Motive des Gesetzgebers keinen Niederschlag im Gesetz gefunden hätten und die in der Begründung genannten Kriterien nicht zu prüfen seien. Dieser Argumentation liegt bereits ein unzutreffender Wettbewerbsbegriff zu Grunde, so dass auch die Schlussfolgerung, wonach die gesetzgeberischen Motive den maßgeblichen Wettbewerbsbegriff nicht charakterisierten und somit im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden hätten, zurückzuweisen ist.
912.3.2.2. Es kommt weder ausschließlich auf den Wettbewerb bei der Versorgung, d.h. bei der Belieferung mit Energie und damit auf der Handelsebene an, noch wird die „ungehinderte Entfaltung des Wettbewerbs“ allein dadurch gewährleistet, dass der unentgeltliche und diskriminierungsfreie Zugang zu den Anlagen gewährleistet wird.
92Die Formulierung in § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG entspricht dem in § 1 Abs. 2 formulierten Ziel des EnWG, wonach die Regulierung der Elektrizitäts- und Gasversorgungsnetze der Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas dient. Damit setzt der Gesetzgeber ökonomische, rechtswissenschaftliche und staatstheoretische Erkenntnisse zur Sonderstellung von (Infrastruktur-)Netzen um (vgl. dazu und zum Folgenden: Hellermann/Hermes, in: Britz/Hellermann /Hermes, EnWG, 3. Aufl., 2015, § 1 Rn. 49). Danach gehört die Ausstattung mit funktionsfähigen und flächendeckenden Energieversorgungsnetzen zu den Grundelementen funktionierender Volkswirtschaften. Da es sich bei diesen Netzen um natürliche Monopole handelt, kann Wettbewerb auf den Ebenen der Erzeugung und des Handels nur funktionieren, wenn gewährleistet ist, dass Erzeuger und Verbraucher gleichberechtigten Zugang zu wettbewerbsneutral betriebenen Übertragungs- und Verteilungsnetzen haben. Werden die Energieversorgungsnetze nicht staatlich betrieben, kann diese Funktion der Netze für den Wettbewerb nur durch intensive Regulierung erfüllt werden. Ziel des EnWG ist damit nicht nur der Schutz des Wettbewerbs im Netz, sondern ebenso der Wettbewerb um Netze und zwischen Netzen (vgl. Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, 95. EL Oktober 2017, § 1 EnWG, Rn. 31).
932.3.2.3. Bei dem als Voraussetzung für die Einordnung als Kundenanlage genannten Merkmal, dass die Energieanlage „unbedeutend“ für den Wettbewerb im oben genannten Sinne sein muss, handelt es sich um einen unbestimmten und damit auslegungsbedürftigen Rechtsbegriff.
94Ausweislich der Gesetzesbegründung ist der Begriff im Einzelfall anhand einer Gesamtschau verschiedener Unterkriterien zu konkretisieren (BT-Drs. 17/6072, S. 51; Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, 95. EL Oktober 2017, § 3 EnWG, Rn. 205e). Relevante Kriterien sind danach die Anzahl der angeschlossenen Letztverbraucher, die geographische Ausdehnung der Anlage, die Menge der durchgeleiteten Energie sowie sonstige Merkmale.
95Maßstab für die Auslegung ist, ob im Einzelfall von einer Regulierungsbedürftigkeit der Energieanlage auszugehen ist. Nach der Vorstellung des europäischen Richtliniengebers und des nationalen Gesetzgebers sowie nach Zweck und Zielrichtung der Richtlinie und des EnWG dient die Regulierung dem unverfälschten Wettbewerb. Nicht das regulierte Netz, sondern Ausnahmen von der Regulierung sind demnach geeignet, den Wettbewerb zu stören und zu verfälschen. Für die Frage, ob Kundenanlagen für den Wettbewerb unbedeutend sind, kommt es darauf an, ob sie angesichts ihrer Größe und ihres wirtschaftlichen Gewichts dergestalt Einfluss auf den durch Regulierung geschaffenen unverfälschten Wettbewerb nehmen können, dass sie als Teil des natürlichen Monopols ebenfalls der Regulierung unterstellt werden müssen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.03.2018,11 W 40/16 (Kart), Rn. 68, zitiert nach juris; Thomale/Berger, EnZW 2018, 147, 149 f.).
96Im Widerspruch dazu steht die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach nicht regulierte Kundenanlagen grundsätzlich als Erweiterung des Wettbewerbs anzusehen seien. Für die Feststellung, ob eine Anlage unbedeutend für den Wettbewerb ist, kommt es nicht darauf an, dass aus der Perspektive von Kunden eine weitere Versorgungsoption das Angebot erweitert. Dass der Wettbewerb zwischen den Versorgern um Kunden durch die Existenz einer Kundenanlage verschärft wird, was für die Verbraucher vorteilhaft sein kann, führt nicht dazu, dass ein wettbewerblicher Einfluss zu verneinen ist. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist „unbedeutend“ im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. c) EnWG nicht mit „unschädlich“ gleichzusetzen. Vorzunehmen ist keine Bewertung der wettbewerblichen Effekte für die Energieverbraucher, sondern ob die Anlage angesichts ihres wettbewerblichen Einflusses als Teil des natürlichen Monopols anzusehen ist und damit ein Regulierungsbedürfnis besteht. Diese Frage kann nur mittels einer Gesamtschau derjenigen Kriterien beurteilt werden, die Aufschlüsse über das wirtschaftliche Gewicht und damit über die Ähnlichkeit der Anlage mit einem typischen regulierten Verteilernetz gibt.
972.3.2.4. Der wettbewerbliche Einfluss hängt insbesondere von der Anzahl der an die Anlage angeschlossenen und zu versorgenden Letztverbraucher ab. Letztverbraucher ist gemäß § 3 Nr. 25 EnWG jede natürliche oder juristische Person, die Energie für den eigenen Verbrauch kauft. Danach kommt es auf die Anzahl der Haushalte/Anschlüsse, nicht auf die der versorgten Personen an. Unstreitig sind in der Anlage im Gebiet an der A. 457 Haushalte angeschlossen, im Gebiet am B. 515 Haushalte. Die Schlussfolgerung der Bundesnetzagentur, bei dieser Anzahl könne eine wettbewerbliche Unbedeutendheit nicht mehr angenommen werden und die Regulierungsbedürftigkeit der Anlagen sei zu bejahen, ist nicht zu beanstanden.
98Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, die Bundesnetzagentur habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, einen Grenzwert für die Anzahl der Letztverbraucher, ab dem eine Anlage nicht mehr unbedeutend sei, zu nennen. Das wirtschaftliche Gewicht einer Anlage kann indes nur mittels einer wertenden Gesamtbetrachtung ermittelt werden, in deren Rahmen sich die unterschiedlichen Kriterien durchaus verstärken oder auch aufwiegen können. Vorstellbar ist, dass ein sehr ausgedehntes Gebiet dennoch eine Kundenanlage darstellen kann, weil die Anzahl der versorgten Kunden nicht hoch ist. Auch steht eine hohe Anzahl von Kunden der Einordnung als Kundenanlage im Einzelfall nicht entgegen, wenn nur eine geringe Energiemenge durchgeleitet wird oder eine geringe Gebietsausdehnung vorliegt. Vor dem Hintergrund, dass eine sachgerechte Beurteilung alle relevanten Kriterien berücksichtigen, gewichten und gegeneinander abwägen muss, ist die Festlegung eines festen Grenzwertes, der für alle Einzelfälle Geltung hat, nicht möglich.
99Zurückzuweisen ist auch die Auffassung der Beschwerdeführerin, wonach es auf die kartellrechtlichen Bagatell- bzw. Spürbarkeitsgrenzen und damit auf einen Marktanteil von jedenfalls 0,5 bis zu 10 % auf dem bundesweit abzugrenzenden Markt ankomme. Unabhängig davon, dass bei der Anlegung dieses Maßstabs eine Anlage selbst dann noch als wettbewerblich unbedeutend zu bewerten wäre, wenn sie 200.000 bis 4 Millionen Haushalte versorgen würde, was im Hinblick auf die Regulierungsbedürftigkeit zu – wie die Bundesnetzagentur zu Recht ausführt - erkennbar unhaltbaren Ergebnissen führen würde, ist die Anlegung eines relativen Maßstabs weder mit der Gesetzesbegründung noch dem Zweck der Vorschrift zu vereinbaren.
100Vielmehr ist im Hinblick auf die Anzahl der Letztverbraucher, ab der die Anlage nicht mehr unbedeutend ist, ein absoluter Maßstab anzulegen (vgl. dazu und zum folgenden OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.03.2018, 11 W 40/16, Rn. 69 ff., zitiert nach juris, so auch Thomale/Berger, EnZW 2018, 147, 149 f.). Dieses Verständnis folgt bereits aus dem Begriff der Kundenanlage, der darauf hinweist, dass ein abgrenzbarer, dem Umfeld des Betreibers der Anlage zuzurechnender Personenkreis zu beurteilen ist (OLG Frankfurt, a.a.O.). Schon nach dem Sprachgebrauch kann eine aus bestimmten Kunden eines Anbieters bestehende Gruppe nicht abhängig vom Marktumfeld beliebig groß sein. Auch die historische Auslegung legt ein absolutes Verständnis des Begriffs der Anzahl der Letztverbraucher nahe. In der Gesetzesbegründung(BT-Drs. 17/6072, S. 51) heißt es:
101"Je größer die Anzahl der an eine Energieanlage unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Letztverbraucher ist, desto mehr deutet dieses Merkmal auf das Vorliegen eines Energieversorgungsnetzes hin."
102Diese Formulierung verdeutlicht, dass die absolute Zahl der Letztverbraucher ab dem Überschreiten einer gewissen Größenordnung ("je mehr") gegen das Vorliegen einer Kundenanlage spricht. Schließlich belegt auch das Merkmal des räumlich zusammengehörenden Gebiets im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. a) EnWG, dass die Anzahl der diesem Gebiet zuzurechnenden Letztverbraucher nicht in Abhängigkeit zum Marktumfeld bestimmt werden kann, sondern absolut begrenzt werden muss.
103Zudem spricht der aus dem Sinn und Zweck des EnWG sowie der Stromrichtlinie abzuleitende weite Netzbegriff auch im Hinblick auf die Bestimmung der Anzahl der zu versorgenden Letztverbraucher für eine dem Ausnahmecharakter der Kundenanlage entsprechende enge und damit auf die absolute Höhe abstellende Betrachtungsweise.
104Die Bundesnetzagentur hat angesichts der 457 bzw. 515 zu versorgenden Letztverbrauchern die wettbewerbliche Unbedeutendheit der Anlage verneint. Ihr Hinweis, 500 Haushalte seien für nicht wenige Energieversorgungsunternehmen eine relevante Größe, ist nachvollziehbar und belegt plausibel, dass bei Versorgungszahlen in dieser Größenordnung Einfluss auf den Wettbewerb nicht verneint werden kann.
105Auch im Hinblick auf ihre geografische Ausdehnung sind beide Anlagen nicht als unbedeutend einzuordnen. In der Gesetzesbegründung werden Hausanlagen innerhalb von Gebäuden oder Gebäudekomplexen als Regelbeispiele für Kundenanlagen genannt und zugleich betont, eine solche könne sich auch über ein größeres Grundstück erstrecken. Im Vergleich zu der Größenordnung, wie sie bei der Bebauung mit nur einem Gebäude oder Gebäudekomplex typisch ist und einem im Vergleich dazu „größeren“ Grundstück gehen die in Rede stehenden Gebietsgrößen deutlich darüber hinaus. Die streitgegenständlichen Gebiete erstrecken sich über eine Gesamtfläche von 44.631 m² ausgenommen bzw. 100.800 m² einschließlich Verkehrsflächen (A.) und 53.000 m² bzw. 93.600 m² (B.).
106Auch im Hinblick auf die Menge der durchgeleiteten Energie hat die Bundesnetzagentur rechtsfehlerfrei eine Unbedeutendheit der Anlagen verneint. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/6072 Seite 51) gilt ebenso wie bei der Anzahl der Letztverbraucher, dass „je kleiner die Energiemenge ist, desto eher kann angenommen werden, dass die Anlage unbedeutend für die Sicherstellung des Wettbewerbs ist“. Damit ist auch in diesem Zusammenhang eine absolute, nicht eine relative Betrachtung angezeigt ist. Bei den von der Bundesnetzagentur plausibel ermittelten Energiemengen von 1.483 bzw. 1.672 MWh kann nicht von einer nur geringen Größenordnung ausgegangen werden.
1072.3.3. Ob, wie die Beteiligte mit Schriftsatz vom 03.05.2018 vorgetragen hat, Zweifel an der unentgeltlichen Zurverfügungstellung der Anlagen gegenüber den angeschlossenen Kunden im Sinne des § 3 Nr. 24a lit. d) EnWG bestehen, kann offenbleiben. Da die streitgegenständlichen Anlagen jedenfalls nicht unbedeutend für den Wettbewerb bei der Energieversorgung sind und es somit an mindestens einer tatbestandlichen Voraussetzung für die Bewertung als Kundenanlage fehlt, kommt es nicht darauf an, ob der Einordnung als Kundenanlage weitere Umstände entgegen stehen.
108C.
109Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG. Angesichts der Erfolglosigkeit der Beschwerde, der aktiven Beteiligung der Beteiligten am Beschwerdeverfahren, sowie ihres erheblichen Interesses am Verfahrensausgang entspricht es insbesondere vor dem Hintergrund der kontradiktorischen Ausgestaltung des Missbrauchsverfahrens der Billigkeit, der unterliegenden Beschwerdeführerin die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Aufwendungen der Bundesnetzagentur und der Beteiligten aufzuerlegen
110Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO. Das mit der Beschwerde verbundene wirtschaftliche Interesse wird durch den Ansatz von Regulierungskosten nicht vollständig abgebildet und erschöpft sich insbesondere nicht in der nur einmaligen Ersparnis der von der Beschwerdeführerin auf … Euro p.a. veranschlagten Netzentgelte. Bei der Feststellung des wirtschaftlichen Interesses und der Ermittlung des Beschwerdewertes ist vielmehr zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin durch die Einordnung als Kundenanlage die dauerhafte Befreiung von Regulierungspflichten für die streitgegenständlichen Vorhaben erreichen will. Der Betrieb einer Kundenanlage ist mit wirtschaftlichen Vorteilen für die angeschlossenen Letztverbraucher verbunden, da der Anlagenbetreiber keine Netzentgelte erhebt. Mit der Einrichtung und dem Betrieb der streitgegenständlichen Kundenanlagen wird somit die Attraktivität der streitgegenständlichen Gebiete für potentielle Mieter und Käufer gesteigert, was sich im Ergebnis positiv auf die Wertentwicklung der streitgegenständlichen Gebiete auswirkt. Dieser mit der begehrten Anerkennung der Infrastrukturen als Kundenanlagen verfolgte Zweck ist im Streitfall nicht konkret zu beziffern. Um den angestrebten Dauereffekt und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Befreiung von der Regulierungspflicht angemessen abzubilden, ist in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 9 ZPO sowie unter Berücksichtigung der Dimension des in Rede stehenden Vorhabens der Ansatz eines Beschwerdewertes von 250.000 Euro angemessen.
111D.
112Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.
113Rechtsmittelbelehrung:
114Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).