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Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. Februar 2016 verkündete Schlussurteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 127.640,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2015 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte trägt vorab die durch die Beweisaufnahme entstandenen Kosten. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Dieses und das angefochtene Urteil, soweit es nicht abgeändert wird, sind vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
2Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatz wegen Verletzung von Urheberrechten geltend. Den ihr entstandenen Schaden, den sie auf 2.375.664,44 € beziffert, hat sie in erster Instanz mit dieser von ihr als entgangener Gewinn bezeichneten Berechnung zur Hälfte und hilfsweise unter Berechnung nach der Lizenzanalogie, dann aber in voller Höhe, geltend gemacht; in der Berufungsinstanz macht sie ihren Schadensersatzanspruch in voller Höhe geltend.
3Die Klägerin verlegt das 14tägig erscheinende Magazin X. Die Beklagte hat (größtenteils unstreitig) dieses Magazin jeweils bei Erscheinen vervielfältigt bzw. in elektronischer Form über das Intranet des Unternehmens zugänglich gemacht und auch bestimmte Artikel im Rahmen des hausinternen Pressespiegels ebenfalls zum Zugriff im Intranet bereit gestellt.
4Die Klägerin behauptet, von 1995 bis 2006 habe die Beklagte das Heft jeweils bei Erscheinen für alle Vertriebsmitarbeiter der Niederlassungen K., B. und A. vervielfältigt. Insoweit macht sie als Schadensersatz für die Jahre 2003 bis 2006 einen Schaden von 209.869,44 € geltend. Dabei geht sie von (unstreitigen) durchschnittlich 152 betroffenen Mitarbeitern aus. In diesen Jahren betrug der Preis für ein Jahresabonnement 174,00 €.
5In den Jahren 2010 bis 2013 wurden die Hefte der Klägerin ins Intranet eingestellt. Insoweit hat die Beklagte Auskunft über die Zugriffe erteilt. Unter Zugrundelegung eines Einzelpreises des Heftes von 7,25 € bzw. 7,63 € macht die Klägerin diesen für jeden einzelnen Zugriff geltend mit insgesamt 126.302,00 €.
6Schließlich wurden einzelne Artikel in dem hausinternen Pressespiegel veröffentlicht. Die Klägerin meint, da jeder Mitarbeiter hierauf Zugriff habe sei für jeden Artikel und jeden Mitarbeiter der Preis für den Bezug eines einzelnen Artikels (10,30 €) zu zahlen, insgesamt 2.039.493 €.
7Jedenfalls für die Zeit seit 2003 seien die Ansprüche auch nicht verjährt.
8Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 9.330,30 € nebst Zinsen verurteilt und die zuletzt auf Zahlung von 1.365.220,96 € gerichtete Klage im Übrigen abgewiesen.
9Das Landgericht hat die Klage in Bezug auf den Komplex „physische Vervielfältigung“ mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe zur Schadensschätzung nicht ausreichend vorgetragen. Ein entgangener Gewinn sei nicht ersichtlich, für die Schätzung des Lizenzschadens fehlten Anhaltspunkte.
10Auch im Übrigen sei ein entgangener Gewinn nicht festzustellen. Daher sei der Schaden nach der Lizenzanalogie zu berechnen.
11Für die Einstellung im Internet ist das Landgericht für die Schätzung von 250 Regelnutzern ausgegangen und hat aufgrund der derzeitigen Nutzungsbedingungen der Klägerin angenommen, vernünftige Parteien hätten sich für diese Nutzung auf einen Jahrespreis von 2.000,00 € geeinigt. Von den danach errechneten 8.000,00 € hat es allerdings der Klägerin nur die Hälfte zuerkannt.
12Für den internen Pressespiegel sei von 106 Artikeln auszugehen. Dabei sei von 500 Regelnutzern und 1.000 Gelegenheitsnutzern auszugehen und unter Zugrundelegung der Tarife der VG Wort zu einer Lizenz von 1.330,30 € auszugehen, von der es der Klägerin ebenfalls nur die Hälfte zuerkannt hat.
13Hinsichtlich des Pressespiegels ist das Landgericht von folgender Berechnung ausgegangen:
14106 Artikel X (500 X 1,94 Ct + 1000 * 0,19 Ct) ergibt richtig: 1.229,60 €.
15Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihre Ansprüche nunmehr in voller Höhe weiter und meint, ihr sei ein Gewinn der bezifferten Form entgangen, den sie im Wege der konkreten Schadensberechnung geltend machen könne. Hilfsweise sei eine angemessene Lizenz zu schätzen.
16Sie beantragt,
17das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen.
18hilfsweise,
19in Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht weniger als 950.000,00 € betragen soll, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.7.2015.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Sie verteidigt die Berechnung des Landgerichts als richtig. In Bezug auf die physische Vervielfältigung bestreitet sie diese – wie schon erstinstanzlich – mit Nichtwissen. Sie behauptet, sie habe insoweit Mitarbeiter befragt, die aber keine Erinnerung mehr an diese Vorgänge hätten.
23Das Landgericht hatte mit Teilurteil vom 18.05.2016 die Klage in Bezug auf den Unterlassungsanspruch und die Auskunftsstufe der Stufenklage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe die Wiederholungsgefahr durch eine ausreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung beseitigt und die Auskunftsansprüche erfüllt.
24Der Senat hat Beweis erhoben auf Grund des Beweisbeschlusses vom 01.02.2018 (Bl. 273 f. GA) durch Vernehmung von Zeugen. Hinsichtlich der Beweisthemen wird auf den genannten Beweisbeschluss und hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Sitzungsprotokoll vom 19.06.2018, Bl. 299 ff. GA) Bezug genommen.
25Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg. Allerdings ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin einen entgangenen Gewinn in der geltend gemachten Höhe nicht dargelegt hat. Der Klägerin steht aber gegen die Beklagte ein im Wege der Lizenzanalogie berechneter Schadensersatzanspruch in der genannten Höhe zu, wobei auch die physische Vervielfältigung zu berücksichtigen ist. Schadensersatzansprüche für die Vervielfältigungshandlungen vor Dezember 2003 sind verjährt. Im Übrigen sind die Ansprüche weder verjährt noch verwirkt.
27I.
28Der Rechtsstreit war zunächst nicht unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Landgericht zurückzuverweisen. Grundsätzlich hat das Berufungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden (§ 538 Abs. 1 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen nach § 538 Abs. 2 ZPO von diesem Grundsatz abgewichen werden kann, liegen nicht vor. Soweit das Landgericht dem Vortrag der Klägerin in Bezug auf die physische Vervielfältigung nicht nachgegangen ist, war dies von seinem Standpunkt aus folgerichtig. Warum der Umstand, dass die klägerischen Ansprüche einer kürzeren Verjährungsfrist unterliegen, als sie die Klägerin ursprünglich zu Grunde gelegt hat, eine Zurückverweisung rechtfertigen soll, ist nicht ersichtlich. Es bleibt damit dabei, dass das Berufungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden hat.
29II.
30Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Schadensersatzanspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG in der zuerkannten Höhe wegen der Bereitstellung der Zeitschriften im firmeneigenen Intranet, der Wiedergabe einzelner Artikel im Rahmen des internen Pressespiegels und die Vervielfältigung und Weitergabe an die Vertriebsmitarbeiter in der Zeit zwischen Dezember 2003 bis 2006.
311.
32Die Parteien stellen zu Recht nicht in Frage, dass es sich sowohl bei der Zeitschrift als Ganzes, als auch bei den einzelnen Artikeln, die durch die Beklagte vervielfältigt bzw. veröffentlicht worden sind, um urheberrechtlich geschützte Werke nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UrhG handelt. Im Hinblick auf die Einstellung der Zeitschriften ins Intranet der Beklagten und die Verwendung einzelner Artikel im Pressespiegel hat die Beklagte die Verletzungen eingeräumt, so dass diese unstreitig sind.
332.
34Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch fest, dass seit mindestens Mitte der 1990er Jahre bei der Beklagten jedenfalls in und für deren Niederlassungen K., B. und A. das jeweilige X.-Heft bei Erscheinen für alle Mitarbeiter im Vertrieb vervielfältigt worden ist und dass diese Praxis bis zum Übergang dazu, die jeweiligen Hefte einzuscannen und im Intranet zum Zugriff bereit zu halten, geübt wurde.
35Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden und glaubhaften Aussagen der vernommenen Zeugen. Die Zeugin R. hat bekundet, dass sie auf eine allgemeine Anweisung hin die Ablichtungen jeweils selber hergestellt hat. Die Zeugen R. und B. haben bestätigt, dass die Publikation jeweils bei Erscheinen abgelichtet und den Vertriebsmitarbeitern übergeben wurde. Der Zeuge S. hat bekundet, dieses Vorgehen sei „branchenüblich“ gewesen. Es sei der X. bei Erscheinen für alle Vertriebsmitarbeiter vervielfältigt worden, nicht nur bei der Beklagten, sondern auch bei deren Wettbewerbern. Der Zeuge M. hat nichts Entgegenstehendes bekundet wenn er angegeben hat, seine Nachforschungen in Bezug auf die behaupte Fertigung von Fotokopien sei erfolglos gewesen, auch wenn dies insbesondere angesichts der Aussage des Zeugen S. überrascht. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen keine Zweifel. Die Zeugen hatten ausnahmslos eine klare Erinnerung an eine Geschäftspraxis der Beklagten, die sie im Einzelnen beschreiben konnten. Da die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter im betreffenden Zeitraum in den betroffenen Niederlassungen unstreitig ist und nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen für alle Vertriebsmitarbeiter eine Kopie hergestellt wurde, steht auch der Umfang dieser Verletzungshandlungen fest.
363.
37Die Verletzung des Urheberrechts erfolgte auch schuldhaft, denn die Beklagte hat die ihr bekannten Rechte vorsätzlich verletzt.
384.
39Der Schadensersatz ist im Wege der Lizenzanalogie zu ermitteln und insgesamt nach § 287 ZPO zu schätzen.
40a)
41Soweit die Klägerin vermeintlich einen konkreten Schaden, nämlich ihren entgangenen Gewinn, vorrangig geltend macht, zeigen ihre Ausführungen zur Berechnung dieses entgangenen Gewinns, dass sie eigentlich ihren Schaden im Wege der Lizenzanalogie berechnen will.
42Die Klägerin legt ihrer Berechnung zu Grunde, was die Beklagte an sie nach ihren Preisen hätte zahlen müssen, wenn sie für alle nutzenden Mitarbeiter ein Abonnement abgeschlossen hätte beziehungsweise die im Pressespiegel veröffentlichten Einzelbeiträge für jeden einzelnen Mitarbeiter erworben hätte. Sie bezeichnet dies als ihren entgangenen Gewinn, weil die Beklagte für die tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen diesen Betrag hätte entrichten müssen. In gleicher Höhe meint sie, sei der Beklagten ein Gewinn entstanden. Beide Annahmen gehen allerdings fehl:
43Ein konkret entgangener Gewinn ist nicht feststellbar. Dieser ließe sich nur feststellen, wenn die einzige Alternative der Beklagten zu den von ihr vorgenommenen Verletzungshandlungen der Abschluss entsprechender Abonnements gewesen wäre. Davon ist allerdings nicht auszugehen. Die Alternative hätte auch in wirtschaftlich sinnvoller Hinsicht darin bestehen können, auf die Information sämtlicher Vertriebsmitarbeiter gänzlich zu verzichten oder auch die Zeitschrift etwa im Umlaufverfahren weiterzugeben. Zwingend angewiesen auf die Weitergabe an sämtliche Vertriebsmitarbeiter war die Beklagte nicht.
44Auch hat die Beklagte keinen Gewinn erzielt, denn sie hat die Vervielfältigungsstücke nicht weiter verkauft. Sie hat vielmehr Aufwendungen erspart, in dem sie Nutzungsrechte erhalten hat, für die sie normalerweise hätte etwas zahlen müssen. Um diese Nutzungsrechte ist sie zwar bereichert; dies ist jedoch kein Verletzergewinn.
45Nach § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der Schadensersatzanspruch auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Nach der Berechnung, die die Klägerin ihrer Klage zu Grunde legt, ist es aber genau das, was sie ersetzt verlangt: Nämlich den Betrag, den die Beklagte an sie, die Klägerin, für eine rechtmäßige Nutzung hätte zahlen müssen.
46Zwar steht dem Geschädigten das Wahlrecht zu, wie er seinen Schaden berechnen will (Wimmers in Schricker/Loewenheim, UrhG, 5. Aufl., § 97 Rn. 262). Allerdings handelt es sich der Sache nach um verschiedene Berechnungsmethoden des gleichen, einheitlichen Schadens (Wimmers a.a.O. Rn. 263). Soweit die Klägerin danach an erster Stelle die Berechnung nach ihrem konkret entgangenen Gewinn begehrt und eine Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie lediglich hilfsweise vornimmt, kann dahin stehen, ob nicht aus den dargelegten Gründen der Sache nach lediglich eine unrichtige Bezeichnung des im Grunde als solches nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechneten Schadens handelt. Denn selbst dann, wenn man die Klägerin „beim Wort“ nimmt, fehlt es an der Darlegung eines konkreten Schadens, wie oben erörtert, so dass ohnehin der Schaden nach der hilfsweise angeführten Lizenzanalogie zu berechnen ist.
47b)
48Dabei sind Ansprüche für Verletzungshandlungen vor Dezember 2003 deshalb ausgeschlossen, weil sie verjährt sind und die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat. Die Verjährung richtet sich für den vorliegenden Anspruch, mit dem letztlich die Bereicherung der Beklagten herausverlangt wird, weil sie entsprechende Aufwendungen erspart hat, nach § 102 S. 2 UrhG i.V.m. § 852 BGB. Die Schadensersatzansprüche verjähren damit zehn Jahre nach ihrer Entstehung. Da der Schaden mit der jeweiligen Verletzungshandlung eingetreten ist, tritt Verjährung also zehn Jahre nach der jeweiligen Verletzungshandlung ein. Die Parteien befinden sich aufgrund der Abmahnung der Beklagten durch die Klägerin seit Anfang Dezember 2013 unstreitig in ernsthaften Vergleichsverhandlungen über den Schadensersatzanspruch, die bei Klageerhebung noch andauerten. Infolgedessen ist die Verjährung seit dem 1.12.2013 gehemmt, § 203 BGB. Dies bedeutet, dass die Einrede der Verjährung alle Ansprüche ergreift, die bis zum 30.11.2003 entstanden sind.
49c)
50Danach errechnet sich ein Gesamtschaden in Höhe von 127.640,60 €.
51aa)
52Für die in den Jahren 2003 bis 2006 einschließlich erfolgte Herstellung von Ablichtungen der gesamten Ausgabe für alle Vertriebsmitarbeiter errechnet sich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 61.161,00 €.
53Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen, weil die Klägerin zu einer angemessenen Lizenz für diese Art der Verletzungshandlung nicht ausreichend vorgetragen habe. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Art und Umfang der Verletzung stehen fest. Ebenso fest steht, dass ein Schaden entstanden ist. Dann ist aber nach § 287 ZPO wenigstens ein Mindestschaden zu schätzen. Darüber hinaus liegen durchaus Anhaltspunkte für eine Schätzung vor. Zu erstatten ist der Betrag, auf den sich vernünftige Parteien geeinigt hätten, wenn sie eine rechtmäßige Nutzungsvereinbarung getroffen hätten. Dafür bietet aber der Jahrespreis für das Abonnement der klägerischen Publikation einen wertvollen Anhaltspunkt. Dieser wurde seinerzeit für den Absatz der Hefte tatsächlich am Markt erzielt, was bedeutet, dass auch vernünftige Abnehmer im Grundsatz bereit waren, diesen Preis zu zahlen. Dabei dürfte der – bei der Herstellung von Fotokopien durch die Beklagte weg fallende – Aufwand für die Herstellung des einzelnen Vervielfältigungsstückes vernachlässigbar gering zu bewerten sein. Allerdings waren im Jahresschnitt seinerzeit in den jeweiligen Niederlassungen insgesamt 152 Vertriebsmitarbeiter betroffen. Wie auch die Klägerin einräumt, hätte sie bei der Abnahme einer derart hohen Zahl von Abonnements einen angemessenen Mengenrabatt eingeräumt. Dem Senat erscheint danach insgesamt ein Abschlag von 25% vom Abonnementpreis angemessen. Daraus ergibt sich zunächst folgende Berechnung:
54152 Mitarbeiter x 174,00 € Abonnementpreis = 26.448,00 €
55Davon sind 25% (= 6.612,00 €) abzuziehen, so dass jährlich ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 19.836,00 € entstanden ist.
56Damit errechnet sich für diese Schadensposition ein Gesamtschaden in Höhe 61.161,00 € wie folgt:
57Dezember 2003: 1.653,00 € (= 1/12 von 19.836,00 €)
582004: 19.836,00 €
592005: 19.836,00 €
602006: 19.836,00 €
61Zusammen: 61.161,00 €
62bb)
63Für die zwischen 2010 und 2013 erfolgte Einstellung der eingescannten Ausgabe in das Intranet, die auch nach Aussage der Zeugen an die Stelle der physischen Vervielfältigung getreten ist, ist ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 65.250,00 € entstanden.
64Die Klägerin will für jeden Zugriff den Preis eines Einzelheftes ansetzen und errechnet dafür einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 126.302,00 €.
65Das Landgericht hat den Schaden insoweit auf 8.000,00 € geschätzt, weil die Parteien nach Ansicht des Landgerichts bei Zugrundelegung des Preismodells der Klägerin für ePaper sich für durchschnittlich 250 Regelnutzer auf einen Jahrespreis von 2.000,00 € geeinigt hätten.
66Der Senat hält demgegenüber für diese Nutzungsform eine jährliche Lizenz von 16.312,50 € für angemessen. Die lizenzrechtliche Alternative zur Veröffentlichung im Intranet stellt nicht der Erwerb von Einzelheften für jeden Zugriff dar (vgl. oben unter a)), weshalb letztlich der Berechnung der Klägerin nicht gefolgt werden kann. Die vom Landgericht vorgenommene Schätzung erscheint zu niedrig. Die Klägerin berechnet gegenwärtig für die Onlinenutzung durch bis zu 10 Mitarbeiter 324,00 €. Dabei geht sie angesichts eines Heftpreises von 174,00 €/Jahr ersichtlich von einer sehr geringen Nutzung des Angebotes durch den einzelnen Nutzer aus. Hier hat aber nach der Auskunft der Beklagten durchschnittlich ein tatsächlicher Zugriff durch 250 Nutzer stattgefunden. Insoweit vermag der vom Landgericht zuerkannte Betrag den Schaden nicht abzudecken.
67Auszugehen ist danach zunächst von 250 Nutzern im Schnitt. Hätte die Beklagte für jeden Nutzer ein Abonnement erworben, wären dafür bei einem Jahrespreis von 174,00 € 43.500,00 € jährlich angefallen. Hiervon wären unter Berücksichtigung der hohen Zahl 25% abzuziehen, wie schon im Falle der physischen Vervielfältigung, so dass sich ein Betrag von 32.625,00 € jährlich errechnet. Für die ausschließlich elektronische Nutzung ist dieser Betrag nochmals um 50% zu reduzieren, so dass sich ein jährlicher Schadensersatz ein Höhe von 16.312,50 € ergibt, für die vier Jahre von 2010 bis 2013 also insgesamt 65.250,00 €.
68cc)
69Für die Nutzung von 106 Einzelartikeln in dem internen Pressespiegel ist ein Betrag von 1.229,60 € anzusetzen. Soweit die Klägerin für jeden einzelnen Mitarbeiter und Artikel den Preis für die Einzelabgabe eines Artikels ansetzt und so einen Betrag von 2.039.493,00 € errechnet, berücksichtigt sie nicht, dass diese Nutzungsform gegenüber der Bestellung eines einzelnen, für den Besteller offenbar besonders bedeutenden Artikels mit der Wiedergabe in einer allgemeinen Presseübersicht nicht ansatzweise vergleichbar ist. Dies zeigt sich schon an dem Umstand, dass die Klägerin für die Überlassung eines einzelnen Artikels einen deutlich höheren Betrag berechnet als für die Überlassung des ganzen Heftes.
70Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung liegt es nahe, für die Nutzung im Rahmen eines Pressespiegels für derartige Nutzungen tatsächlich bestehende Tarife zu Grunde zu legen. Solche bietet die VG Wort. Geht man danach von 500 Regelnutzern und 1.000 Gelegenheitsnutzer aus, ergibt sich (richtig) folgende Berechnung:
71106 Artikel x ((500 x 1,94 Ct)+(1.000 x 0,19 Ct.)) = 1.229,60 €.
725.
73Wie oben ausgeführt wurde, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf Verjährung berufen, weil jedenfalls die hier aufgeführten Ansprüche nicht verjährt sind.
746.
75Die Ansprüche sind auch nicht verwirkt. Insoweit kann dahin stehen, ob es sich bei der Behauptung der Beklagten, der Geschäftsführer der Klägerin habe bereits „Mitte der 90er Jahre“ erfahren, „dass regelmäßig und allgemein Artikel aus dem Heft X. fotokopiert wurden und zwar auch im Hause der Beklagten“, überhaupt um hinreichend substantiierten Sachvortrag handelt. Für die Frage der Verjährung kommt es auf diese „Kenntnis“ nicht an. Soweit sich die Beklagte auf Verwirkung berufen will, bleibt sie aber jedenfalls Vortrag zum Umstandsmoment schuldig. Die Parteivernehmung des Geschäftsführers der Klägerin war daher entbehrlich. Die Frage, ob dem Geschäftsführer der Klägerin die Urheberrechtsverletzungen bei der Firma T. bekannt waren, ist für die Haftung der Beklagten irrelevant, weshalb es auch insoweit keiner Beweisaufnahme bedurfte.
76III.
77Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 96 ZPO. Angesichts der geltend gemachten Gesamtforderung ist das Unterliegen der Beklagten verhältnismäßig geringfügig. Darüber hinaus waren die durch die Beweisaufnahme entstandenen Kosten der Beklagten nach § 96 ZPO aufzuerlegen, denn diese bezog sich nur auf das von der Beklagten bestrittene Vorbringen in Bezug auf die körperlichen Vervielfältigungen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
78Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
79Streitwert: 2.366.334,14 €
80Der Streitwert für den nicht bezifferten Berufungsantrag ist an der Schadensberechnung der Klägerin in der Berufungsinstanz zu orientieren, wobei der erstinstanzlich zuerkannte Betrag abzusetzen war.