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Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. November 2016 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22. November 2016 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Dieses und das angefochtene Urteil, soweit es nicht abgeändert wird, sind vorläufig vollstreckbar.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
2Mit diesem hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von zwei Vertragsstrafen in Höhe von jeweils 500,00 € an die Klägerin verurteilt und die Klage, soweit sie auf Zahlung weiterer 1.000,00 € und darauf gerichtet war, den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, gegenüber Kunden, die ihre Einwilligung mit dem Erhalt von Werbe-E-Mails nicht ausdrücklich erklärt haben, per E-Mail wie im Klageantrag wiedergegeben, abgewiesen.
3Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt, dass sie als Mitbewerberin des Beklagten hinsichtlich wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche aktiv legitimiert sei. Ihr stünde jedoch aus dem Unterlassungsvertrag ein Anspruch auf zwei Vertragsstrafen in Höhe von 500,00 € zu. Der Beklagte habe versprochen (Anlage K3), es zu unterlassen „Adressaten, zu denen eine Geschäftsverbindung besteht, mittels E-Mail zu kontaktieren, ohne diese bei der Erhebung der E-Mail-Adresse und bei jeder Verwendung darauf hinzuweisen, dass der Verwendung jederzeit widersprochen werden kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen bestehen.“ Hiergegen habe der Beklagte mit den beiden an die Zeugin B. versandten Mails, wie sie im Klageantrag wiedergegeben sind, verstoßen, weil nicht auf die nicht anfallenden Kosten hingewiesen werde. Insoweit komme es nicht darauf an, ob dieser Hinweis erforderlich sei, weil die Parteien jedenfalls einen entsprechenden Hinweis vertraglich vereinbart hätten.
4Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der (im Falle des Beklagten verlängerten) Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufungen.
5Die Klägerin macht geltend, nach wie vor als Versicherungsmaklerin tätig zu sein.
6Die Klägerin beantragt,
7das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
8es bei Meidung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu unterlassen, gegenüber Kunden, die ihre Einwilligung mit dem Erhalt von Werbe-E-Mails nicht ausdrücklich erklärt haben, per E-Mail wie nachstehend wiedergegeben zu werben:
9und/oder
Der Beklagte beantragt insoweit,
12die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
13Mit seiner Berufung beantragt er,
14das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
15Die Klägerin beantragt,
16die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
17Der Beklagte macht geltend, ein Wettbewerbsverhältnis bestehe nicht. Die Vertragsstrafe habe er nicht verwirkt, weil er jedenfalls nicht mehr versprochen habe, als nach der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG geschuldet. Danach sei aber der Hinweis
18„Wenn Sie zukünftig keinen Newsletter per E-Mail möchten, antworten Sie mit dem Betreff Abmelden.“
19ausreichend.
20Im Übrigen wiederholen beide Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
21Der Senat hat darauf hingewiesen, dass ein Wettbewerbsverhältnis selbst dann bestehen dürfte, wenn die Klägerin derzeit nur noch oder doch im Wesentlichen Bestandsprovisionen erhält, weil sich eine unlautere Werbung des Beklagten auch dann nachteilig auf den Wettbewerb der Klägerin auszuwirken geeignet ist.
22Der Senat hat mit Beschluss vom 24.10.2017 mit dem Einverständnis der Parteien und vor Beginn der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Dieser hat Beweis erhoben auf Grund des Beweisbeschlusses vom 24.10.2017, Bl. 233 GA, durch Vernehmung von Zeugen. Hinsichtlich des Beweisthemas wird auf den genannten Beweisbeschluss und hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Protokoll vom 13.03.2018, Bl. 266 GA, Bezug genommen.
23Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, denn die Versendung der vorstehend wiedergegebenen E-Mails an die Zeugin B. war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht unlauter. Die Berufung des Beklagten hat hingegen Erfolg, denn die Versendung der E-Mails an die Zeugin B. stellt keine Verletzung der vertraglich übernommenen Unterlassungspflicht dar. Die Zeugin ist im Sinne der Vereinbarung, die sich ersichtlich am Wortlaut des § 7 Abs. 3 UWG orientiert, schon nicht ein Adressat, zu dem eine Geschäftsbeziehung besteht.
25Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
26Allerdings ist die Klägerin entgegen der Ansicht der Kammer als Mitbewerberin nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG aktiv legitimiert, ohne dass es darauf ankäme, ob und in welchem Umfang die Klägerin noch aktiv Versicherungsverträge als Maklerin vermittelt.
27Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht nicht nur dann, wenn zwei Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen. Es besteht vielmehr auch dann, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2014, 1114 – nickelfrei). Das Versenden der streitgegenständlichen Mails kann sich aber – wie erörtert – in der Weise auswirken, dass Kunden, die Bestandskunden der Klägerin sind, sich von dem Angebot des Beklagten angesprochen fühlen und daher aus dem Kundenbestand der Klägerin herausfallen, wodurch diese keine Bestandprovisionen mehr erhalten würde. Daher lässt sich ein Wettbewerbsverhältnis nicht verneinen.
28Das beanstandete Verhalten – Versendung der beiden E-Mails an die Zeugin B. – ist jedoch nicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG unlauter.
29Dabei kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob im Falle des § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG auch dann, wenn die Widerspruchsmöglichkeit per E-Mail angeboten wird, ein ausdrücklicher Hinweis erforderlich ist, dass hierfür keine anderen Kosten anfallen, als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen, nicht an, denn der Beklagte kann sich zur Rechtfertigung des Newsletter-Versandes an die Zeugin B. nicht auf § 7 Abs. 3 UWG berufen, weil die Zeugin B. nicht Kundin im Sinne dieser Vorschrift ist. Die Vorschrift greift nach ihrem Wortlaut nur, wenn der Unternehmer die Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat. Dabei ist unter Verkauf der tatsächliche Vertragsschluss zu verstehen. Es reicht nicht aus, dass der „Kunde“ zwar Informationen über das Angebot des Werbenden eingeholt hat, aber sich dann doch nicht für das Angebot entschieden hat (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl. § 7 Rn. 204a).
30Hieran fehlt es nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien, denn die Zeugin B. hatte die E-Mail-Adresse zwar dem Beklagten im Zuge einer Nachfrage nach einer Versicherung mitgeteilt, zum Abschluss eines Vertrages unter Vermittlung des Beklagten ist es jedoch nicht gekommen.
31Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht jedoch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Versendung eine ausdrückliche Einwilligung der Zeugin B. zu Grunde lag, die sich – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch auf die zweite Mail bezog, denn darin wird nur scheinbar ein Schlüsseldienst beworben: Tatsächlich geht es dem Beklagten ersichtlich darum, für den Abschluss einer Hausratversicherung zu werben, die für die Kosten eines Schlüsseldienstes aufkommt.
32Eine ausdrückliche Einwilligung ist jede Willensbekundung, wenn sie ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt, mit der die betroffene Person akzeptiert, das ihre personenbezogenen Daten – hier ihre E-Mail-Adresse – verarbeitet werden (Köhler a.a.O. Rn. 185).
33Eine solche liegt hier vor. Die Zeugin N. hat glaubhaft bekundet, dass die Zeugin B. – der betrieblichen Übung entsprechend – im Zusammenhang mit der Erhebung ihrer E-Mail-Adresse nach der Einwilligung in andere Angebote von Versicherungen und Finanzprodukten gefragt werde und dass sinngemäß in diesem Zusammenhang auch über die Widerrufsmöglichkeit gesprochen werde.
34Die Aussage der Zeugin war auch glaubhaft. Die Zeugin konnte überzeugend darstellen, warum sie sich gerade an die Zeugin B. erinnert. Die Schilderung war anschaulich und steht weder zu den Aussagen der Zeugin B. in Widerspruch, noch mit dem Eindruck, den diese dem Senat vermittelt hat. Insoweit konnte die Zeugin B. nicht mehr sagen, ob im Zusammenhang mit der Mitteilung der E-Mail-Adresse über die Zusendung weiterer Informationen gesprochen worden ist oder nicht, meinte jedoch auf Nachfrage des Klägervertreters, da „wäre sowas gewesen mit Widerruf“, sie wisse aber nicht, in welchem Zusammenhang.
35Schließlich steht der Glaubhaftigkeit der Aussage auch nicht entgegen, dass die Zeugin die Lebensgefährtin des Beklagten ist. Es gibt keinen rechtlichen Erfahrungssatz, dass Lebensgefährten stets die Unwahrheit sagen.
36Danach ist der Senat von dem Vorliegen einer Einwilligung überzeugt, die sich konkret auf die von dem Beklagten erkennbar vertriebenen Versicherungs- und Finanzprodukte beschränkt.
37Von dieser Einwilligung sind auch beide Mails erfasst. Bei dem Angebot einer Kfz-Versicherung ist dies offenkundig. Aber auch die zweite Mail stellt nur scheinbar eine Werbung für einen Schlüsseldienst dar. Vielmehr bedient sich der Beklagte hier der von ihm selbst erfolgten Inanspruchnahme des Schlüsseldienstes, um darauf hinzuweisen, dass beim Abschluss einer Hausratversicherung die von ihm vertretene Versicherung auch die Kosten einer Wohnungsöffnung trage. Es geht also auch in dieser Mail um den Absatz von Versicherungen.
38Die Berufung des Beklagten hat indes Erfolg, denn er hat die beiden Vertragsstrafen nicht verwirkt.
39Der Unterlassungsvertrag ist nach den allgemeinen Grundsätzen auszulegen. Dabei ist vorliegend davon auszugehen, dass der Beklagte sich bei der Unterlassungsverpflichtung verpflichten wollte, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Es kann nicht angenommen werden, dass er sich in jedem Falle zu mehr verpflichten wollte, als seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen. Das ist hier deshalb von Bedeutung, weil sich die Frage stellt, was Adressaten sind, „zu denen eine Geschäftsverbindung besteht“. Schon der an § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG orientierte Wortlaut spricht aber dafür, dass auch insoweit nur solche E-Mails gemeint sein können, die ohne eine ausdrückliche Einwilligung an Kunden gesandt werden, wenn der Beklagte die Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hat. Zu diesem Personenkreis zählt die Zeugin B. – wie oben näher ausgeführt – nicht, so dass es auch insoweit auf die Frage nicht ankommt, ob der Hinweis in der Mail ausreichend ist oder nicht.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
41Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
42Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 15.03.2018 und des Beklagten vom 15.03.2018 und 04.04.2018 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
43Streitwert: 2.000,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung – wobei auf die Berufung der Klägerin 1.000,00 € entfallen und auf diejenige des Beklagten ebenfalls 1.000,00 €)