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Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 01. September 2017 verkündete Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
G r ü n d e :
2A)
3Die Antragstellerin ist seit mehr als 40 Jahren Herstellerin von Bekleidungsstücken, insbesondere von Lederbekleidung, und zählt zu den führenden Anbietern auf diesem Markt. Seit vielen Jahren verwendet sie zur Kennzeichnung ihrer Ware, die sie an gewerbliche Abnehmer vertreibt, die Bezeichnung „D.“. Die Antragsgegnerin ist ein in Z. ansässiges Unternehmen, das vorwiegend modische Bequemschuhe herstellt, darüber hinaus aber auch Taschen und Gürtel vertreibt. Sie ist u.a. Inhaberin der nachfolgend aufgeführten Marken:
4- Unions-Wort-/Bildmarke Nr. 0… X, eingetragen beim EUIPO u.a. in Klasse 25 für „Schuhwaren, insbesondere Einlegesohlen, Bekleidungsstücke und Kopfbedeckungen“, mit Priorität vom 22.07.2013 (im Folgenden: Unionsmarke);
5- Deutsche Wortmarke Nr. 3… „X“, eingetragen beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) für „Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Kopfbedeckungen; Rucksäcke, Hüfttaschen“ in Klassen 18 und 25, mit Priorität vom 06.02.1997 (im Folgenden: deutsche Wortmarke).
6Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass von der Antragstellerin hergestellte und in den Verkehr gebrachte Lederjacken mit dem nachfolgend eingelichteten Hang-Tag versehen vertrieben wurden
7mahnte sie die Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben vom 23. März 2016 (Anlage LSG 4) ab. Es entwickelte sich eine anwaltliche Korrespondenz, in deren Rahmen die Antragstellerin zwar eine Markenrechtsverletzung in Abrede stellte, jedoch unter dem 19. April 2016 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab (Anlage LSG 9). Eine abschließende Einigung kam im Folgenden nicht zustande, wobei die Gründe hierfür im Einzelnen streitig sind. Daraufhin mahnte die Antragsgegnerin mehrere gewerbliche Abnehmer der Antragstellerin ab. Wegen der Einzelheiten dieser Abmahnschreiben vom 04. Mai 2016 wird auf die Anlage LSG 13 verwiesen.
10Die Antragstellerin hat die Abnehmerverwarnungen sowohl für rechtsmissbräuchlich als auch für unbegründet angesehen. So sei deren wesentliches Ziel gewesen, den Druck auf sie, die Antragstellerin, zu erhöhen, um möglichst kurzfristig einen hohen Schadensersatzbetrag „abzupressen“. Sie hat die Einrede der Nichtbenutzung der von der Antragsgegnerin in deren Abmahnschreiben angeführten Marken erhoben und geltend gemacht, das Zeichen „X GREEN“ sei schon nicht markenmäßig benutzt worden, vielmehr handele es sich bei der Wortfolge „X green“ um eine mittlerweile völlig gebräuchliche, fast schon verbrauchte Redewendung, um auf ein ausgeprägtes ökologisches Bewusstsein eines Unternehmens hinzuweisen, und lege das gesamte Erscheinungsbild des Hang-Tags nahe, dass auch vorliegend eine rein beschreibende Angabe zu dem Herstellungsverfahren des Produkts vorliege. Jedenfalls fehle aber die für die Annahme einer Verwechslungsgefahr notwendige Zeichenähnlichkeit zu sämtlichen fünf im Rahmen der Abnehmerverwarnung geltend gemachten Marken. Mithin liege eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung nach § 8 Abs. 4 UWG, eine gezielte Behinderung nach § 4 Nr. 4 UWG sowie auch ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor.
11Auf Antrag der Antragstellerin vom 11. Mai 2016 hat die 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf in Kenntnis der Schutzschrift vom 28. April 2016 mit Beschlussverfügung vom 13. Mai 2016, Aktenzeichen 2a O 105/16, der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,
12Abnehmer der Antragstellerin dahingehend abzumahnen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Bekleidung mit der Bezeichnung „X“ bzw. „X GREEN“ anzubieten, zu vertreiben, zu bewerben oder sonst in den Verkehr zu bringen, wie geschehen gemäß den Abmahnschreiben der Antragsgegnerin vom 04. Mai 2016 an die Firmen
13A. KG, D.
14und
15B. GmbH & Co. KG, D.
16und
17C.de, E.
18und
19M. GmbH, W.
20Gegen diese Verbotsverfügung hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt und die Verweisung des Verfahrens an die Kammer für Handelssachen beantragt, die mit Beschluss der 2a Zivilkammer des Landgerichts vom 24. Juni 2016 erfolgte.
21Die Antragstellerin hat die Bestätigung der einstweiligen Verfügung beantragt und ergänzend vorgetragen, der Antrag sei hinreichend bestimmt. Sie habe nur einen Streitgegenstand geltend gemacht, auch wenn sie das Unterlassungsbegehren einerseits mit § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB und andererseits mit § 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Nr. 4 UWG begründet habe. Entsprechend sei sie nicht gezwungen gewesen, eine (Prüfungs-)Reihenfolge zu bestimmen.
22Die Antragsgegnerin hat die Aufhebung der einstweiligen Verfügung und die Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Antrag der Antragstellerin fehle die notwendige Bestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, somit sei auch die Dringlichkeitsfrist nicht gewahrt. Überdies bestehe kein Verfügungsanspruch. Die Abmahnungen seien berechtigt gewesen und zwar primär aus der Unionsmarke, hilfsweise aus der deutschen Wortmarke. Die drei weiteren in der Abmahnung genannten Marken, die IR-Wort-/Bildmarke Nr. 5… X, die IR-Wortmarke Nr. 8… „X“ sowie die Unionswortmarke Nr. 0… „X OUTDOORS“ seien nur colorandi causa aufgeführt worden. Eine markenmäßige Benutzung lasse sich nicht ernsthaft bezweifeln. Der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher verstehe die Zeichen auf der Vorderseite des Hang-Tags nicht lediglich als Ausdruck des besonders ökologischen Umweltbewusstseins oder als Sachhinweis zur Beschreibung der angebotenen Ware, also etwa auf das vegetabile Gerbungsverfahren der Lederjacken, vielmehr entnehme er diesen Zeichen einen Hinweis auf die Herkunft der Ware. So habe denn auch ein von ihr in Auftrag gegebenes repräsentatives Umfragegutachten (vorgelegt als Anlage AG 35) ergeben, dass ein nicht unbeachtlicher Teil der Verkehrsbeteiligten die Angabe „X“ bei der Lederjacke markenmäßig verstehe. Auch bestehe Verwechslungsgefahr. Bei der komplexen Aufmachung auf der Vorderseite des Anhängers handele es sich um einen Fall der sog. Mehrfachkennzeichnung. Jedenfalls aber präge der Wortbestandteil „X“ das Gesamtkennzeichen oder habe zumindest eine selbständig kennzeichnende Funktion darin inne. Aufgrund intensiver Benutzung, wozu sie u. a. unter Verweis auf die eidesstattliche Versicherung ihres Prokuristen S. (Anlagen AG 11), Kataloge aus den Jahren 2012 bis 2017 (Anlage AG 37) und Rechnungen an deutsche Abnehmer (Anlage AG 38) näher vorträgt, besäßen die Marken eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Es bestehe eine hochgradige Zeichenähnlichkeit, die sich gegenüberstehenden Waren seien vollkommen identisch. Verwechslungsgefahr bestehe auch im Hinblick auf die weiteren Serienzeichen der Antragsgegnerin, nämlich u. a. „xstyle“, „xcolor“ und „xcomfort“ (Anlage AG 54). Schließlich stellten die Abnehmerverwarnungen auch kein rechtsmissbräuchliches oder die Antragstellerin gezielt behinderndes Verhalten dar, vielmehr habe die Antragstellerin gezielt versucht, die Antragsgegnerin an der Durchsetzung ihrer Rechte zu hindern.
23Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 01. September 2017 (Bl. 309 ff. GA) Bezug genommen.
24Durch dieses hat das Landgericht die einstweilige Beschlussverfügung bestätigt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei hinreichend bestimmt, da vom Vorliegen lediglich eines Streitgegenstandes auszugehen sei, auch wenn der Verstoß gegen mehrere Normen angeführt werde. Ob der Antragsgegnerin ein wettbewerbsrechtlich relevantes Fehlverhalten vorzuwerfen sei, könne offenbleiben, da die Antragsgegnerin rechtswidrig in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin eingegriffen habe, indem sie rechtsgrundlos deren Abnehmer abgemahnt habe. Zum einen bestünden die mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche nicht aus Art. 9 UMV in Verbindung mit Art. 101 Abs. 2 Unionsmarkenverordnung (UMV) a.F. (Art. 129 Abs. 2 UMV in der Fassung seit dem 1. Oktober 2017). Erheblich zweifelhaft sei bereits, ob die Antragstellerin und ihre Abnehmer den streitigen Hang-Tag als ein herkunftshinweisend einzuschätzendes Zeichen verwendet hätten. Hang-Tags würden üblicherweise in unterschiedlichen Funktionen an Kleidungsstücken befestigt. Die grafische Gestaltung, die die Worte „X“ und „GREEN“ jeweils durch große Buchstaben hervorhebe und in einen eigenen optischen Rahmen einbette, gebe bei – hochwertigen – Lederbekleidungsstücken wohl eher einen Hinweis auf Fertigungstechniken als auf eine betriebliche Herkunft. Das von der Antragsgegnerin eingeholte demoskopische Gutachten habe kein eindeutig anderes Ergebnis erbracht. Einer abschließenden Entscheidung bedürfe diese Frage jedoch nicht, da jedenfalls bei Abwägung aller Umstände keine Verwechslungsgefahr bestehe. So sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Unionsmarke auszugehen, für die die grafischen Elemente von maßgeblicher Bedeutung seien. Von einer deutlich gesteigerten Kennzeichnungskraft durch Marktbekanntheit könne nicht ausgegangen werden. Weiter sei das angegriffene Zeichen der Marke nur entfernt ähnlich. Es handele sich um ein Kombinationszeichen, denn die beiden Worte „X“ und „GREEN“ würden vom durchschnittlichen Leser als zusammengehörig verstanden. Die Ähnlichkeit der Zeichen gehe über eine begriffliche Ähnlichkeit der Aufforderung „X“, also generell nachzudenken, und der Aufforderung „X GREEN“, also sich über Umweltschutzgesichtspunkte Gedanken zu machen, nicht hinaus. Eine Ähnlichkeit der Waren bestehe nur darin, dass es sich in weitem Sinne um Bekleidungsstücke aus Leder handele.
25Vergleichbares gelte, so das Landgericht weiter, hinsichtlich der deutschen Wortmarke. Zweifelhaft sei insoweit allerdings bereits, ob eine rechtserhaltende Benutzung ausreichend dargelegt sei. Jedenfalls aber verfüge die deutsche Wortmarke nur über ganz geringe Kennzeichnungskraft, weil es sich um einen Begriff der einfachen englischen Umgangssprache handele. Das Kombinationszeichen der Antragstellerin, eine markenmäßige Benutzung insoweit unterstellt, weiche so deutlich von der Wortmarke ab, dass eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Schließlich ergebe sich die Dringlichkeit daraus, dass insbesondere vor dem Hintergrund einer bereits von der Antragstellerin abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung bei Abwägung der Interessen der Parteien das Interesse der Antragstellerin, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens keine Abnehmer zu verlieren, schutzwürdiger erscheine als das Interesse der Antragsgegnerin, weitere Abnehmer abzumahnen.
26Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb der antragsgemäß verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründeten Berufung und rügt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens eine unzutreffende Tatsachenfeststellung sowie eine fehlerhafte Rechtsanwendung.
27Zu Unrecht habe das Landgericht die hinreichende Bestimmtheit des Verfügungsantrags angenommen, obwohl der Unterlassungsanspruch einerseits auf wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen, andererseits auf § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB gestützt werde, die Antragstellerin aber keine Prüfungsreihenfolge angegeben habe. Es sei auch nicht zweifelhaft, dass eine markenmäßige Benutzung vorliege. Im Gegenteil entnehme der Verkehr einer in einem Produktetikett enthaltenen Darstellung, die durch Schriftgröße und grafische Gestaltung nach Art einer Überschrift betont werde, typischerweise einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts und entspreche es den Kennzeichnungsgewohnheiten im Bekleidungssektor, dass Hang-Tags gleich mehrfach gekennzeichnet seien, wobei der Verkehr nicht erwarte, dass die Zeichen zwingend mit dem Zusatz ® versehen seien.
28Rechtsirrig sei auch die Verneinung einer Verwechslungsgefahr. So resultiere die durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Unionsmarke nicht aus grafischen Elementen, sondern schlicht und einfach aus der Tatsache, dass sie keinerlei beschreibende Anklänge für Schuhwaren und (Leder-) Bekleidungsstücke aufweise. Das Bildelement, das Schriftbild, habe in der Unionsmarke auch keine prägende Stellung inne, sei vielmehr als Herkunftshinweis nichtssagend. Überdies sei von einer deutlich gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit durch das Landgericht sei nicht haltbar. Auch bestehe keine bloße Warenähnlichkeit, vielmehr Warenidentität, denn die Unionsmarke befinde sich innerhalb der Benutzungsschonfrist, weshalb es nicht auf die Benutzungslage, sondern ausschließlich auf die Registerlage ankomme. Eine Prüfung der Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens habe das Landgericht ebenfalls nicht vorgenommen.
29Entsprechendes gelte auch bezüglich der in der Abmahnung sekundär geltend gemachten deutschen Wortmarke. Diese sei insbesondere rechtserhaltend durch die Benutzung der Unionsmarke als abgewandelte Form im Sinne von § 26 Abs. 3 MarkenG benutzt worden.
30Die Antragsgegnerin beantragt,
31das Urteil der 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 01. September 2017, Aktenzeichen 38 O 65/16, abzuändern, den Beschluss der 2a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2016 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
32Die Antragstellerin beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Indem die Antragsgegnerin in ihren Abmahnschreiben insgesamt fünf Markenrechte wiederholt genannt, diese in den Kontext der angeblichen Markenrechtsverletzung gestellt und Registerauszüge hierzu vorgelegt habe, habe sie, die Antragstellerin, davon ausgehen dürfen, dass sich die Antragsgegnerin auf eine Verletzung aller fünf Markenrechte beziehe.
35Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
36B)
37Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Zulässigkeit des Verfügungsantrags sowie das Vorliegen eines Verfügungsgrundes und eines Verfügungsanspruches bejaht.
38I.
39Der Verfügungsantrag genügt den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
40Allerdings verstößt eine alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches Begehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, grundsätzlich gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen (BGH GRUR 2017, 397 Rn. 28 – World of Warcraft II). Dies gilt für ein einstweiliges Verfügungsverfahren gleichermaßen wie für Hauptsacheverfahren. Eine gegenteilige Ansicht hat der Senat auch nicht in der mündlichen Verhandlung geäußert, wie die Ausführungen der Antragsgegnerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 04. April 2018 vermuten ließen. Eine alternative Klagehäufung liegt im Streitfall indes nicht vor.
41Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalts herleiten lassen. Nur ein Streitgegenstand ist gegeben, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene, eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind (BGH GRUR 2013, 401 Rn. 19, 24 – Biomineralwasser). Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt jedoch dann vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH, a.a.O., Rn. 19).
42Gemessen hieran liegt im Streitfall nur ein Streitgegenstand vor. Die Antragstellerin stützt ihren Unterlassungsantrag nicht einerseits auf markenrechtliche und andererseits auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche. Als Anspruchsgrundlagen zieht sie vielmehr die in Anspruchskonkurrenz zueinander stehenden § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog und § 4 Nr. 4 UWG heran (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Auflage 2018, § 4 Rn. 4.176a). Diese Ansprüche unterliegen keiner durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlichen Ausgestaltung, vielmehr werden beide im Kern darauf gestützt, dass eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung vorliegt. Der Umstand, dass sich die Anspruchsgrundlagen in einzelnen Merkmalen unterscheiden, beispielsweise für den lauterkeitsrechtlichen Anspruch die Sonderregelung des § 12 UWG zu berücksichtigen ist, steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Vielmehr sind solche Unterschiede auch für andere geläufige Konstellationen einer streitgegenstandsidentischen Anspruchskonkurrenz typisch und begründen im Regelfall keine unterschiedlichen Streitgegenstände, sofern die Haftung maßgeblich auf dasselbe Tatgeschehen gestützt wird. Auch der Umstand, dass die Schutzrechtsverwarnung ihrerseits auf mehrere Schutzrechte gestützt wurde, führt jedenfalls vorliegend nicht dazu, dass von mehreren Streitgegenständen auszugehen ist, wobei dahinstehen kann, ob es Fallgestaltungen geben mag, in denen trotz einheitlicher Schutzrechtsverwarnung von mehreren Streitgegenständen auszugehen ist. Mehrere Streitgegenstände liegen zwar ohne weiteres vor, wenn ein Kläger/Antragsteller aus mehreren Schutzrechten auf Unterlassung vorgeht (BGH GRUR 2012, 630 Rn. 14 – Converse II; BGH GRUR 2013, 397 Rn. 13 – Peek&Cloppenburg III). Von einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung ist im Streitfall aber nur dann auszugehen, wenn keines der angeführten Schutzrechte die begehrte Unterlassung rechtfertigt. Entsprechend ist es der Antragstellerin gar nicht möglich, ihren Unterlassungsanspruch allein damit zu begründen, eines der angeführten Schutzrechte sei nicht verletzt, sie muss sich vielmehr mit allen im Rahmen der Abmahnung angeführten Schutzrechten auseinandersetzen, was die Annahme nur eines Streitgegenstandes bedingt.
43Soweit die Antragstellerin schließlich geltend macht, die Antragsgegnerin habe durch ihr Abmahnschreiben zumindest eine Erstbegehungsgefahr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf der Grundlage der drei weiteren dort genannten Marken geschaffen, liegt auch darin kein weiterer Streitgegenstand, der die Angabe einer Prüfungsreihenfolge erforderte. Denn unterschiedliche Streitgegenstände liegen nicht allein deshalb vor, weil ein Unterlassungsantrag einerseits auf Wiederholungsgefahr, andererseits auf Erstbegehungsgefahr gestützt wird, sondern hinzukommen muss auch in einem solchen Fall, dass unterschiedliche Lebenssachverhalte betroffen sind (BGH GRUR 2016, 83 – Amplidect/ampliteq). Dies ist im Streitfall zu verneinen, da es ausschließlich um ein und dasselbe Abmahnschreiben der Antragsgegnerin geht.
44II.
45Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, besteht auch ein Verfügungsgrund. Der insoweit allein vorgebrachte Einwand, der Verfügungsgrund sei aufgrund mangelnder Bestimmtheit des Verfügungsantrages zu verneinen, verfängt aus den vorstehend unter I. ausgeführten Gründen nicht.
46III.
47Der Antragstellerin steht auch ein Anspruch wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu.
481.
49Nach der Rechtsprechung (BGH GRUR 2005, 882 – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; BGH GRUR 2011, 152 Rn. 67 – Kinderhochstühle im Internet) stellt die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb („sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB) des Herstellers oder Lieferanten dar. Unberechtigt ist eine Schutzrechtsverwarnung, also eine Verwarnung aus Ausschließlichkeitsrechten dann, wenn entweder das behauptete Recht nicht, noch nicht oder nicht mehr besteht oder wenn es zwar besteht, aber nicht verletzt wurde oder wenn die behaupteten Ansprüche aus dem verletzten Recht nicht hergeleitet werden können (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn. 4.170).
502.
51Der Antragsgegnerin stehen die mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungs-, Auskunfts-, Schadenersatz- und Erstattungsansprüche aus keiner der insgesamt fünf Marken und mithin weder nach §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 4 und 6, 19 Abs. 1, 124, 112 MarkenG noch nach Art. 9 Abs. 2 lit. b, 129 Abs. 2 n.F. UMV, § 125b MarkenG zu.
52a)
53Mit der Ansicht der Antragstellerin ist davon auszugehen, dass sich die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Abmahnung auf alle fünf aufgeführten Marken berufen hat. Zwar heißt es in der Abmahnung, die angegriffenen Handlungen stellten primär eine Verletzung der Unionsmarke, hilfsweise der deutschen Wortmarke dar. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers kann das Anführen der drei weiteren Marken nebst Vorlage entsprechender Registerauszüge aber nur so verstanden werden, dass sich die Antragsgegnerin zumindest weiter hilfsweise auch auf diese Markenrechte bezieht. So bleibt die Antragsgegnerin jegliche Erklärung schuldig, aus welchem anderen Grunde sie diese weiteren Markenrechte explizit aufgeführt hat, zumal sie weitere, im Abmahnschreiben nicht genannte Marken innehat, die ebenfalls das Zeichen „X“ beinhalten.
54b)
55Die markenrechtlichen Ansprüche scheitern bereits am Erfordernis einer markenmäßigen Verwendung des angegriffenen Zeichens „X GREEN“.
56aa)
57Eine Verletzungshandlung nach Art. 9 Abs. 2 UMV bzw. § 14 Abs. 2 MarkenG kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn die angegriffene Bezeichnung markenmäßig verwendet wird. Eine markenmäßige Benutzung setzt, soweit – wie im Streitfall – der Verwechslungsschutz (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV) betroffen ist, voraus, dass das angegriffene Zeichen wie eine Marke benutzt wird, die Benutzung des Zeichens durch den Dritten also die Hauptfunktion der Marke, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (EuGH GRUR 2009, 756 Rn. 59 – L’Oréal/Bellure; BGH GRUR 2010, 1103 Rn. 25 – Pralinenform II; BGH GRUR 2012, 618 Rn. 17 – Medusa). An einer markenmäßigen Nutzung fehlt es dagegen, wenn das Zeichen nur in einem rein beschreibenden Sinn eingesetzt wird, weil es dann vom Verkehr eher als Sachhinweis aufgefasst wird und dieser gerade nicht annimmt, das Zeichen diene dazu, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden (BGH WRP 2017, 555 Rn. 26 – Microcotton).
58Ob ein markenmäßiger Gebrauch vorliegt, richtet sich nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise, also nach der Auffassung eines durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren (BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 16 – pjur/pure; GRUR 2010, 1103 Rn. 30 – Pralinenform II), wobei nicht auf das Verständnis nur eines kleinen, sei es auch mit angesprochenen Verkehrskreises (zB auf den ggf. geringen Teil des Verkehrs, der die Marke kennt) abzustellen ist (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage 2018, § 14 Rn. 123). Bei der Beurteilung des Verkehrsverständnisses sind neben den Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor auch der konkrete Marktauftritt des angegriffenen Zeichens zu berücksichtigen, wobei alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind, und zwar auch solche, die außerhalb des angegriffenen Zeichens selbst liegen.
59bb)
60Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe wird ein durchschnittlich informierter, verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher die Angabe „X GREEN“, wie sie ihm konkret auf dem Hang-Tag entgegentritt, als beschreibenden Hinweis auf die Eigenschaften bzw. die Herstellungsweise des beworbenen Produkts und nicht als Hinweis auf die Herkunft der Lederjacke beziehen (vgl. auch OLG Frankfurt, WRP 2016, 1546, Rn. 3).
61(1)
62Zunächst ist festzustellen, dass der angesprochene Verkehr keine Veranlassung hat, in der angegriffenen Bezeichnung zwei selbständige Zeichen zu erkennen. Zwar bestehen Bedenken, dass ein Verbraucher auf Anhieb in der Gestaltung der Vorderseite des Hang-Tags die Andeutung eines locker gerollten Transparentes erkennt, welches überdies nach einem gedachten Ausrollen nicht die Wortfolge „X GREEN“ sondern „GREEN X“ ergäbe. Dennoch gibt die konkrete Gestaltung keinen Anlass, die Wörter „X GREEN“ nicht zusammenhängend zu lesen, sondern sie in „X“ und „GREEN“ zu zergliedern. So mögen die Wörter jeweils in einen eigenen Rahmen eingebettet sein. Die Rahmen sind indes optisch durch zwei schrägliegende Linien miteinander verbunden. Überdies ist die grafische Gestaltung in beiden Fällen identisch, gleiches gilt für die gewählte Sprache (Englisch) als auch für die Schriftart und die Schriftgröße. Schließlich bilden die beiden Worte einen vollständigen, sinnvollen Satz, dessen Bedeutung, dem angesprochenen Verkehr auch geläufig ist.
63Da gewisse Grundkenntnisse der englischen Sprache zwischenzeitlich in Deutschland allgemein vorausgesetzt werden können und es sich um geläufiges Grundlagenvokabular handelt, wird der angesprochene Verkehr nämlich die Wörter zutreffend mit „X Grün“ übersetzen und dies im Sinne von „X umweltfreundlich/ökologisch“ verstehen. Die Antragstellerin hat zutreffend darauf hingewiesen und ihren Vortrag durch Vorlage verschiedener Beispiele (Anlagen LSG 15 und 18) untermauert, dass es sich bei „X Green“ um ein mittlerweile übliches, bekanntes und von einer Vielzahl von Unternehmen branchenübergreifend verwendetes Motto handelt, das als schlagwortartiger Hinweis auf die umweltfreundlichen Produktionsmethoden dieser Unternehmen verwendet wird. Die rasante Entwicklung des Treibhauseffektes und eine Vielzahl in der Öffentlichkeit geführter Debatten haben in den letzten Jahren zu einer größeren Sensibilisierung der Verbraucher für Umwelt- und Naturschutzfragen geführt. Für Verbraucher stellt deshalb ein möglichst ökologisches oder umweltgerechtes Verhalten einen relevanten Wert dar, entsprechend „Umweltfreundlichkeit“ zunehmend in allen Bereich und Branchen als Werbeschlagwort und Eigenschaftsversprechen eingesetzt wird (BPatG, Beschluss vom 23. April 2014, 28 W (pat) 533/12 – Green Now, Anlage LSG 17). Als bloßen, nicht auf ein bestimmtes Unternehmen beschränkten Werbeslogan wird der Verbraucher deshalb auch hier die Angabe „X GREEN“ verstehen.
64Die von der Antragsgegnerin angeführten Entscheidungen u.a. zu „Ottogreen“, „Royal Green“, „GREEN CUISINE“, „Green Vega“, „GreenHarmony“, Green Mountain Coffee“, „GREEN SKY“ (Anlagen AG 18 bis 24) treffen für den Streitfall keine relevante Aussage. Denn anders als in diesen ist im Streitfall das Zeichen „GREEN“ nicht einem Substantiv, sondern einem Verb hinzugefügt, und kommt dem Bestandteil „X“ weder eine prägende Bedeutung noch eine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Wie bereits ausgeführt, wird der Bestandteil „X“ grafisch nicht besonders hervorgehoben. Er ist überdies mit dem nachfolgenden Bestandteil „GREEN“ dadurch unmittelbar verbunden, als beide Bestandteile zusammen eine eigenständige, über „X“ hinausgehende Bedeutung erhalten („X umweltfreundlich/ökologisch“), wodurch das Zeichen „X“ auf einen bloß beschreibenden Sinngehalt zurückgeführt wird.
65Die von der Antragsgegnerin angeführte Entscheidung zu „Real Green Computing“ (Anlage BK 7) gibt für den Streitfall ebenfalls nichts her. Denn dort ist das Zeichen „Real“ im Gegensatz zu dem Zeichen „X“ im Streitfall optisch prominent hervorgehoben („the most eye-catching“), so dass der Verkehr den Bestandteil „Real“ aus dem Kombinationszeichen herausgelöst als Herkunftshinweis wahrnimmt.
66(2)
67Auch wenn sog. Hang-Tags an einem Kleidungsstück häufig für die Wiedergabe von Marken genutzt werden und dabei auch Mehrfachkennzeichnungen durchaus üblich sein mögen, wie die Antragsgegnerin durch Vorlage von Ablichtungen verschiedener Hang-Tags (Anlagen AG 30 und BK 1) dargelegt hat, so ist nicht im Umkehrschluss in der Verwendung eines Hang-Tags stets eine markenmäßige Verwendung sämtlicher darauf angebrachter Zeichen oder Beschriftungen zu sehen. Denn Hang-Tags können auch anderen Zwecken dienen, wie z. B. der Preisauszeichnung, der Größenangabe, der Angabe der Passform eines Bekleidungsstücks oder der Wiedergabe der Textilpflegehinweise. Weiter mag eine blickfangmäßige Herausstellung eines Zeichens im Rahmen der Produktkennzeichnung für eine markenmäßige Verwendung sprechen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 – pjur/pure; BGH GRUR 2002, 809, 811 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I), in jedem Fall zwingend ist aber auch dieser Schluss nicht, vielmehr sind stets die Gesamtumstände des Einzelfalls entscheidend.
68So stehen auch hier die weiteren Begleitumstände der Annahme einer markenmäßigen Verwendung entgegen: Auf der Innenseite des aufklappbaren Hang-Tags wird auf die Herstellung des Leders mit pflanzlichen Gerbstoffen und die chromfreie Gerbung hingewiesen, was mithin die naheliegende Übersetzung der Zeichen „X GREEN“ bestätigt. Der Hang-Tag ist aus recycelter Pappe gefertigt, mit einer Kordel an der Jacke befestigt und in grüner Farbe auf der nicht eingefärbten, braunen Pappe beschriftet, was ebenfalls die „umweltfreundliche Aussage“ unterstreicht. Auf der Rückseite des Hang-Tags befindet sich die wegen des Schutzrechtshinweises ® als Marke erkennbare Bezeichnung „D.“, die sich überdies mit Schutzrechtshinweis auch auf einem Einnäher in der Jacke und ohne Schutzrechtshinweis auf den Knöpfen der Jacke wiederfindet. Schließlich ist die Lederjacke mit einem weiteren schwarzen Hang-Tag versehen, der ebenfalls die wegen des Schutzrechtshinweises sicher als Marke erkennbare Bezeichnung „D.“ trägt. Zwar hat der BGH jüngst entschieden, dass der Umstand, dass bereits an anderer Stelle ein deutlicher Herkunftshinweis angebracht sei, nicht dem potentiell herkunftshinweisenden Charakter einer grafisch hervorgehobenen Textzeile entgegenstehe (WRP 2017, 555 Rn. 30 – Microcotton). Die Aussage ist aber im Kontext des dort zu entscheidenden Falles auszulegen und lässt sich deshalb auf den hier zu entscheidenden Fall nicht ohne weiteres übertragen. So ging es im dortigen Streitfall um die blickfangmäßige Herausstellung eines – so der BGH – Fantasie- und Kunstwortes mit eigenschöpferischem Gehalt einerseits und einem daneben ohne Schutzrechtshinweis angebrachten und als Herkunftshinweis wahrgenommenen Wort-Bild-Zeichen andererseits. Hier geht es dagegen nicht um ein Kunstwort, sondern um einen gebräuchlichen Slogan mit einem für den Verbraucher verständlichen Aussagegehalt, der durch die Angaben in der Innenseite des Hang-Tags näher konkretisiert wird. Auch stehen sich, anders als im vom BGH zu entscheidenden Fall, ein mit einem Schutzrechtshinweis versehenes Zeichen und ein solches ohne Schutzrechtshinweis gegenüber.
69Unter diesen Umständen bleibt für den angesprochenen Verkehr kein Zweifel, dass mit dem weiteren Hinweis „X GREEN“ allein auf die Eigenschaften bzw. die Herstellungsweise der Jacke in Gestalt eines Werbeslogans hingewiesen werden soll.
70Dieser Auffassung steht schließlich auch nicht das von der Antragsgegnerin eingeholte demoskopische Gutachten des Y. (Anlage AG 35) entgegen. Denn die Richtigkeit des Ergebnisses der Verkehrsbefragung unterliegt erheblichen Zweifeln. So begegnet bereits die Gestaltung der Eingangsfrage erheblichen Bedenken. Da, wie bereits ausgeführt, nicht von einer Mehrfachkennzeichnung, sondern von einem Gesamtzeichen „X GREEN“ auszugehen ist, hätte die erste Frage allenfalls darauf abzielen dürfen, ob die Befragten dieses Gesamtzeichen bemerkt haben. Aufgrund der erfolgten Fragestellung lässt sich nun nicht ausschließen, dass zumindest ein Teil der Befragten erst durch die Fokussierung auf das Wort „X“ diesem eine Bedeutung beigemessen hat, die er diesem bei offener Fragestellung nicht beigemessen hätte. Dies gilt umso mehr, als den Befragten zu diesem Zeitpunkt das Bildmaterial nicht mehr vorlag, für die Frage einer markenmäßigen Benutzung aber der konkrete Marktauftritt von Bedeutung ist. Im Gegenteil spricht das Gutachten eher für die rein beschreibende Benutzung, denn trotz der ausdrücklichen Beschränkung der Befragung auf das Wort „X“ und trotz der Fokussierung der Fragestellung auf einen Herkunftshinweis durch die Verwendung des Wortes „X“ haben 57 % der Befragten die Antwort „X gehört hier zur Erklärung des Herstellungsverfahrens der Jacke“ gewählt, damit also „X“ und „GREEN“ zusammen gelesen.
71Der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 10. April 2018 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung.
72IV.
73Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da dieses Urteil kraft Gesetzes nicht revisibel ist, § 542 Abs. 2 ZPO.
74Streitwert für die Berufungsinstanz: 100.000,- € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)