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I.
Die Berufungen der Beklagten gegen das am 11.10.2016 verkündete Urteil der 14c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf werden zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges haben die Beklagten zu tragen.
III.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 220.000,- €, die zur Verurteilung zur Auskunft durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11.000,- € und die zum Rückruf durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,- € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Beklagten können die Vollstreckung hinsichtlich der Kostenentscheidungen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
I.
2Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
3Durch dieses hat das Landgericht die Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Steuerungen für elektronische Spielgeräte gemäß nachstehenden Abbildungen, jeweils unabhängig von der konkreten Farbgebung,
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zu benutzen, insbesondere anzubieten, in Verkehr zu bringen, ein- bzw. auszuführen und/oder zu einem dieser Zwecke zu besitzen und – insoweit nur bezogen auf die Beklagte zu 2) – herzustellen. Das Landgericht hat die Beklagten außerdem zur Rechnungslegung, zum Rückruf und zur Erstattung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 2.928,90 € nebst näher bezeichneter Zinsen verurteilt sowie die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt. Die Widerklage, mit der die Beklagten die Feststellung der Nichtigkeit der deutschen Designs mit den Nummern 40101563-0001 und 40101563-0002 begehrt haben, hat das Landgericht abgewiesen.
6Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, Klage und Widerklage seien zulässig, insbesondere sei das Landgericht Düsseldorf insgesamt zur Entscheidung über den Fall berufen. Es sei gemäß § 52 Abs. 1, Abs. 2 DesignG sachlich und nach §§ 32, 35 ZPO i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung über die Zusammenfassung von Geschmacksmusterstreitsachen, Kennzeichenstreitsachen und Urheberrechtsstreitsachen vom 30.08.2011 auch örtlich zuständig. Die Beklagte zu 1) habe die Verletzungsmuster deutschlandweit, mithin auch im Landgerichtsbezirk Düsseldorf angeboten. Die internationale Zuständigkeit in Bezug auf die in Frankreich ansässige Beklagte zu 2), die die Produkte nach Deutschland geliefert hat, ergebe sich aus Art. 7 Nr. 2 i.V.m. Art. 63 der Brüssel Ia-Verordnung (EU) Nr. 1215/2012. Das vorrangig geltend gemachte Klagedesign 1, welches nachfolgend eingeblendet wird
7sei rechtsbeständig. Die hierfür sprechende Vermutung, § 39 DesignG, werde nicht durch den in das Verfahren eingeführten Formenschatz widerlegt, so dass auch kein Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Klagedesigns 1 bestehe und die Widerklage, § 52a DesignG, insoweit der Abweisung unterliegen müsse. Das Klagedesign 1 zeige in sechs Zeichnungen, betrachtet aus sechs unterschiedlichen Perspektiven, einen Controller, der folgende Gestaltungsmerkmale aufweise:
9(1) Der Controller verfüge über einen Grundkörper in einer geöffneten C-Form mit zwei Schenkeln, die – wie in den beiden Seitenansichten Fig. 5 und 6 zu erkennen – leicht abgewinkelt seien, nach unten hin abfielen und sich leicht verjüngten.
10(2) In den Grundkörper seien jeweils zwei horizontal verlaufende Bedienfelder eingebracht, die in ihrer Form einer „8“ ähnelten, deren zwei Kreise unterschiedliche Durchmesser haben (im Folgenden: Doppelkreise), wobei die beiden kleineren Kreise jeweils im Inneren der C-Form frei schwebten.
11(3) In den beiden Doppelkreisen seien verschiedene erhabene Bedienelemente (Tasten) angebracht, und zwar
12• im Mittelpunkt des linken größeren Kreises ein achteckig eingefasster runder, pilzförmiger Knopf (Joystick);
13• im Mittelpunkt des kleineren linken Kreises eine kreuzförmige Taste (sog. D-pad),
14• im Mittelpunkt des größeren rechten Kreises eine größere runde Taste sowie rings herum drei kleinere Tasten, von denen eine rund und zwei nierenförmig seien,
15• und im Mittelpunkt des kleineren rechten Kreises ein in einem Achteck eingefasster Knopf.
16(4) Auf der von der Öffnung abgewandten Seite des „C“ ragten aus dem Grundkörper an zwei Stellen – gewissermaßen in Verlängerung der beiden Schenkel des „C“ – zwei „Ohren“ heraus, deren Enden abgerundet und im Profil konkav seien.
17(5) Der Grundkörper bilde zwischen den beiden Doppelkreisen einen Mittelsteg aus, dessen Längsseiten aufgrund der „C“-Form leicht geboten seien. Auf dem Mittelsteg befinde sich mittig eine bananenförmige Taste.
18Insgesamt zeige das Klagedesign 1 einen funktionalen, kompakten Controller mit schwungvoller Linienführung. Sein Gesamteindruck werde geprägt durch sämtliche Gestaltungsmerkmale, ganz besonders jedoch durch die ungewöhnliche und daher besonders charakteristische Verbindung der beiden Doppelkreise (Merkmal 2) mit dem Grundkörper (Merkmal 1), wobei – insbesondere in der Ansicht von unten (Fig. 2) – der Eindruck entstehe, die Doppelkreise seien in das Gehäuse hinein- bzw. hindurchgesteckt. Das Klagedesign 1 sei schutzfähig, da es neu sei und ihm auch die erforderliche Eigentümlichkeit zukomme (§ 1 Abs. 2 GeschmMG a.F.). Die Schutzfähigkeit des mit Zeitrang vom 11.08.2000 eingetragenen Designs, zum damaligen Zeitpunkt noch Geschmacksmuster genannt, bestimme sich gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 DesignG nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften über die Voraussetzungen der Schutzfähigkeit. Dies seien die Vorschriften des Geschmacksmustergesetzes von 1986, insbesondere § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F..
19Das Klagedesign 1 sei neu im Sinne dieser Norm. Eine Entgegenhaltung, die der Öffentlichkeit ein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht habe, also die vollständige Zusammenfassung aller kombinierten Elemente ersehen lasse, hätten die Beklagten nicht vorgelegt. Dass die verschiedenen Gestaltungsmerkmale im Formenfundus bereits bekannt gewesen sein mögen, stehe der Neuheit im Sinne von § 1 GeschmMG a.F. nicht entgegen.
20Das Klagedesign 1 weise auch Eigentümlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 2 Ge-schmMG a.F. auf. Bei der Beurteilung der Frage, ob es im Vergleich mit der auf dem betreffenden Gebiet geleisteten formgestalterischen Vorarbeit in ihrer Gesamtheit in den für die ästhetischen Wirkung maßgebenden Merkmalen als das Ergebnis einer eigenpersönlichen form- oder farbenschöpferischen Tätigkeit erscheine, sei auf die Auffassung der für geschmackliche Fragen einigermaßen aufgeschlossenen und mit ihnen vertrauten Durchschnittsbetrachter abzustellen. Zu berücksichtigen seien die Entgegenhaltungen D1 bis D22, auch die dort gezeigten Fernbedienungen für Computer- und Videospiele, nicht nur die Fernbedienungen für Spielkonsolen. Zwar seien aus dem vorbekannten Formenschatz Controller in mehr oder weniger gebogener C-Form bekannt (D7, D8, D9, D10, D14, D21, D22) und Bedienoberflächen in Gestalt von Doppelkreisen mit darauf angebrachten Steuerungstasten (D8 und D15). Mit dem „Dual Shock“-Controller von Sony (D15), der nachfolgend zur Verdeutlichung eingeblendet wird:
21liege sogar ein Modell vor, das eine Kombination dieser beiden für das Klagedesign 1 charakteristischen Merkmale aufweise. Gleichwohl sei es dem Gestalter des Klagedesigns 1 gelungen, die Bedienfelder, die einer „8“ ähneln, in einer Weise in den Grundkörper zu integrieren, dass der Eindruck entstehe, diese seien in den Grundkörper hinein- bzw. hindurchgesteckt worden. Dieser Eindruck werde dadurch noch verstärkt, dass die „Ohren“ gewissermaßen als Verlängerung der beiden Schenkel rückseitig aus dem Grundkörper herausragten. Trotz der ungewöhnlichen Verbindung, die zum Prioritätszeitpunkt nicht bekannt gewesen sei, erschienen die dergestalt verbundenen Elemente als einheitliches Ganzes, so dass das Klagedesign 1 komplexer im Aufbau wirke als die Entgegenhaltungen, ohne seine kompakte Erscheinungsform aufzugeben. Diese Gestaltung gehe über das Durchschnittskönnen eines mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets ausgerüsteten Mustergestalters hinaus.
23Dem Klagedesign 1 komme der „Dual-Shock“-Controller von Sony am nächsten. Er weise jedoch ein deutlich eckigeres Gehäuse auf, verfügte insbesondere nicht über einen durchgängig gebogenen Grundkörper. Die Doppelkreise wirkten neben anderen Unterschieden nicht durch das Gehäuse hinein- bzw. hindurchgesteckt. Entsprechendes gelte für den ähnlich gestalteten Controller D8, der nachfolgend zur Verdeutlichung ebenfalls eingeblendet wird:
24Auch das auf der Internetplattform www.ign.com gezeigte, nachfolgend zur Verdeutlichung eingeblendete „Mock-up“-Modell (D22)
26nehme dem Klagedesign nicht die Eigentümlichkeit. Es sei zwar – aus vom Landgericht näher ausgeführten Gründen – dem vorbekannten Formenschatz zuzurechnen und beschreibe auch eine gebogene C-Form. Es verfüge jedoch nicht über die charakteristischen Bedienfelder in Gestalt der beiden Doppelkreise und auch nicht über die „Ohren. Die Bedienfelder wirkten aufgesetzt, die Bedienelemente seien anders geformt. Augenfällig sei schließlich der schräg abfallende, seitlich im Inneren der C-Form angebrachte pilzförmige Knopf, den das Klagedesign 1 nicht aufweise.
28Von dem (ebenfalls nachfolgend eingeblendeten) „Nintendo64“-Controller
29hebe sich das Klagedesign 1 noch deutlicher ab. Es weise eine deutlich rundere Gestalt auf und verzichte auf den Mittelarm. Entsprechend seien die Bedienelemente vollkommen anders angeordnet.
31Der Klägerin stehe aus dem Klagedesign 1 ein Anspruch auf Unterlassen ge-genüber den Beklagten zu, §§ 38, 42 Abs. 1 DesignG.
32Der angegriffenen Controller verletzten das Klagedesign 1, da sie beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckten. Das Klagedesign 1 weise auch unter Berücksichtigung des „Mock-up“-Modells (D22) einen durchschnittlichen Schutzbereich auf. Die Gestaltungsfreiheit des Entwerfers sei trotz der hohen Musterdichte durchschnittlich gewesen, da wegen der vielen Einzelelemente und im Hinblick auf die genaue Formgebung erhebliche gestalterische Möglichkeiten verblieben seien. Der Abstand zum vorbekannten Formenschatz sei ausweislich der obigen Ausführungen erheblich, da keines der entgegen gehaltenen Modelle über die charakteristische Verbindung der Bedienfelder mit dem Grundkörper verfüge. Von diesem durchschnittlichen Schutzbereich würden die beiden angegriffenen Muster erfasst. Sie erweckten denselben Gesamteindruck, da sie nicht nur die Gestaltung des Grundkörpers in C-Form mit den beiden leicht abgewinkelten, nach unten hin abfallenden und sich leicht verjüngenden Schenkeln (Merkmals 1), sondern gerade auch die Anordnung der beiden Bedienfelder in Gestalt einer „8“ mit zwei Doppelkreisen, die in den Grundkörper hineingesteckt seien (Merkmal 2), übernähmen. Auch die Merkmale 3 und 4 würden weitestgehend bzw. nahezu identisch übernommen. Die „abstehenden Ohren“ seien bei den Verletzungsmustern in der Ansicht von unten deutlich zu erkennen und entsprächen in ihrer runden und konkaven Ausgestaltung, wie von der Seite zu sehen, dem Klagedesign 1. Schließlich sei auch das Merkmal 5 mit Ausnahme der Anordnung und Form der dort befindlichen Tasten übernommen. Die wenigen Unterschiede, die die beiden angegriffenen Verletzungsformen zu den Klagemustern aufwiesen, beträfen lediglich Details und führten die angegriffenen Ausführungsformen nicht aus dem mindestens durchschnittlichen Schutzbereich heraus.
33Die Wiederholungsgefahr bestehe fort. Dem Unterlassungsanspruche stehe nicht die Einrede der Verjährung entgegen, § 214 Abs. 1 BGB, da seit der letzten Zuwiderhandlung die dreijährige Verjährungsfrist nicht abgelaufen sei. Er sei auch nicht verwirkt, § 242 BGB. Bereits das Zeitmoment komme nicht in Betracht, da der fortlaufende Vertrieb der Verletzungsmuster durch die Beklagte zu 1) keine Dauerhandlung, sondern eine sich ständig wiederholende gleichartige Verletzung des Klagedesigns 1 darstelle.
34Zum Schadensersatz seien die Beklagten gemäß §§ 38, 42 DesignG verpflichtet. Sie hätten bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, die Verletzung erkennen können, § 276 BGB, und hafteten gemäß § 840 Abs. 1 BGB gesamtschuldnerisch. Auch der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung Ende 2014 auch für einzelne in der Vergangenheit liegende Teilakte noch nicht abgelaufen gewesen. Dass die Klägerin oder ihre Wissensvertreter vor 2011 positive Kenntnis von dem Vertrieb der streitgegenständlichen Verletzungsprodukte in Deutschland hatten oder ihnen dies aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens unbekannt geblieben sei, hätten die darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht nachzuweisen vermocht. Entsprechende Feststellungen seien nach Vernehmung der Zeugen X und Y nicht zu treffen. Beide hätten bekundet, von dem Vertrieb der streitgegenständlichen Ausfüh-rungsform in Deutschland im Rahmen ihrer Tätigkeit vor Beginn des streitge-genständlichen Gerichtsverfahrens keine Kenntnis gehabt zu haben. Die Zeugin X habe zudem glaubhaft versichert und durch Übergabe einer Liste belegt, dass die Verletzungsmuster in dem von der Klägerin 2009 erstellten Recherchebericht nicht erwähnt werden. Beide Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, das Hauptaugenmerk habe in den Jahren 2009 und 2010 in erster Linie auf Software und, so der Zeuge Y, auf Produkten gelegen, bei denen festgestellt werden sollte, ob sie Funktionsstörungen aufwiesen und daher gefährlich für den Verbraucher seien. Der Verdacht auf unzulässige Nachahmungen, so der Zeuge Y weiter, sei der Rechtsabteilung nicht bei Zubehörartikeln von Firmen, mit denen die Klägerin – wie im Fall der Beklagten – kooperiert habe, mitgeteilt worden. Ein Fall der grob fahrlässigen Unkenntnis liege ebenfalls nicht vor. Zwar lägen möglicherweise gewisse Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Kenntniserlangung durch die Klägerin oder ihre Wissensvertreter möglich gewesen wäre. Es lägen aber keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass es eine auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit gegeben habe. Die in Deutschland ansässige Wissensvertreterin der Klägerin, die Z, unterhalte keine Abteilung zum Aufspüren von etwaigen Schutzrechtsverletzungen. Hierzu sei sie nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch nicht verpflichtet. Der Schadensersatzanspruch sei ebenfalls nicht verwirkt.
35Auch die Ansprüche der Klägerin auf Auskunft, §§ 38, 42, 46 DesignG i.V.m. §§ 242, 259 BGB seien weder verjährt noch verwirkt.
36Gleiches gelte für den Anspruch auf Rückruf nach § 43 Abs. 2 DesignG.
37Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Kosten folge aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB.
38Aus dem Gesagten, das auch in Bezug auf das Klagedesign 2 gelte, folge, dass die Widerklage der Abweisung unterliegen müsse.
39Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung. Sie machen geltend, die Klage sei, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2) richte, bereits unzulässig. Die vom Landgericht insoweit angewandte EU-Verordnung 1215/2012 sei nicht einschlägig, da sie erst ab dem 10.01.2015 gelte, während die Klage vom 30.12.2014 datiere und am 02.01.2015 eingereicht worden sei. Einschlägig sei insoweit Art. 5 Nr. 3 der EU-Verordnung 44/2001, wonach eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates habe, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden kann, wenn es sich um eine unerlaubte Handlung (oder gleichgestellte Handlung) handelt. Die Beklagte zu 2) habe aber keine Handlung begangen, die im Bezirk des Landgerichts Düsseldorf liege. Sie habe – so die Beklagten in der Berufungsbegründung –ausschließlich an die Beklagte zu 1) geliefert, die ihren Sitz im Bezirk des Landgerichtsbezirks Köln habe. Die in der EU-Verordnung 44/2001 geregelten Ausnahmen vom Wohnsitzprinzip seien eng auszulegen, weshalb es nicht genüge, dass der Weitervertrieb der Ware durch die Beklagte zu 1) in der Zukunft einen Schaden im Bezirk des LG Düsseldorf verursachen könne. Auch anderweitig sei eine internationale Zuständigkeit gegenüber der Beklagten zu 2) nicht begründet. Mit Schriftsatz vom 16.10.2017 haben die Beklagten vorgetragen, die Beklagte zu 2) unterhalte in Frankreich ein Zentrallager, aus dem sich die Beklagte zu 1) direkt bediene. Bei Eingang einer Bestellung reserviere die Beklagte zu 1) die notwendige Abnahmemenge online im Zentrallager und organisiere die Abholung durch einen Spediteur sowie den Transport der Ware an die Auslieferungsstelle. Mit dem Vertrieb der Produkte, einschließlich der hier streitgegenständlichen Controller in Deutschland sei die Beklagte zu 1) exklusiv betraut.
40Die Klage sei aber auch, so meinen die Beklagten weiter, unbegründet und das gegenüber ihnen beiden und unter mehreren Gesichtspunkten. So seien die Klagemuster bereits nichtig. Was die Neuheit anbelange, ergäben sich Bedenken am Prüfungsmaßstab des Landgerichts, da das deutsche Recht keine Art. 5 Abs. 1 GGV entsprechende Vorschrift enthalte. Auch die vom Landgericht zitierten Entscheidungen trügen die Auffassung, dass die Neuheit nur durch ein identisches vorbekanntes Geschmacksmuster zerstört werden könne, nicht. Entscheidend sei aber, dass des den Klagemustern an der notwendigen Eigentümlichkeit fehle. Bereits die vom Landgericht herausgearbeiteten Gestaltungsmerkmale könnten nicht überzeugen, was die Beklagten im Hinblick auf die Merkmale 1, 2 und 4 sowie im Hinblick auf das Gesamtergebnis konkretisieren. Außerdem berufen sie sich in diesem Zusammenhang (naturgemäß erstmals) auf eine Designrecherche vom 12.01.2017 und vertreten die Auffassung, die dabei zutage getretenen, nachfolgend eingeblendeten Designs
4149810083-0001
42und
4449812213
45zeigten bereits die wesentlichen ästhetischen Merkmale der Klagemuster. Her-vorzuheben sei insbesondere das ebenfalls nachfolgend eingeblendete Design 49907040-0001
47Die Beklagten halten das Ergebnis der neuen Recherche für nicht verspätet, sondern meinen, es handele sich lediglich um eine Ergänzung der bereits erstinstanzlich geltend gemachten Entgegenhaltungen. Sie und ihre Prozessbevollmächtigten hätten, ohne dass ihnen Nachlässigkeit vorzuwerfen sei, davon ausgehen können, mit diesen bereits ausreichendes Material unterbreitet zu haben, um von der Nichtigkeit des Klagedesigns zu überzeugen.
49Insgesamt sei damit ein vorbekannter Formenschatz gegeben, zu dem alle Merkmale der Klagemuster gehörten und die ein Designer nur noch habe kombinieren müssen. Hierzu habe es keines besonderen, über das Durchschnittskönnen hinausgehenden Könnens eines Entwerfers bedurft.
50Selbst wenn man von einer Rechtsbeständigkeit der Klagemuster ausgehe, scheitere ein Unterlassungsanspruch aber jedenfalls daran, dass die Beklagten keines der beiden benutzt hätten, da die Verletzungsmuster beim informierten Benutzer einen anderen Gesamteindruck erweckten. Der Schutzbereich der Klagemuster sei entgegen der Ansicht des Landgerichts eng. Denn viele ihrer Merkmale, nämlich die Croissantform des Controller-Körpers sowie die zwei Analog-Sticks, das digitale Steuerkreuz, die vier Aktionstasten, der Start- und der Pausenknopf, die zwei analogen L- und R-Knöpfe sowie der Z-Knopf, seien technisch bzw. funktionell bedingt, was das Landgericht nicht in der gebotenen Weise gewürdigt habe. Weiterhin zu berücksichtigen sei eine hohe Designdichte. Der offenbarte Formenschatz zeige mehrere Designs, die im Gesamteindruck zueinander und auch zum Klagemuster keinen großen Abstand aufwiesen. Hierbei handele es sich namentlich um die Entgegenhaltungen D8 und D15, das Mock-up-Modell sowie das Design 49907040-0001.
51Das angegriffene Muster erwecke entgegen dem angefochtenen Urteil auch einen anderen Gesamteindruck als das Klagemuster. Bereits bei flüchtiger Draufsicht sei deutlich zu erkennen, dass sich die Haltegriffe der angegriffenen Ausführungsform und die der Klagemuster deutlich unterschieden, wie auch in nachfolgender Gegenüberstellung zu sehen sei:
52Die Enden der beiden Haltegriffe des klägerischen Modells ähnelten eher „Wurstenden“ und zeigten kein gestalterisches Element des Designers, während die beiden Haltegriffe beim Produkt der Beklagten wie bei einem Croissant spitz zuliefen. Die 8-förmigen Bedienfelder (Merkmal 2) gehörten zum vorbekannten Formenschatz. Auch die darin eingelassenen Bedienungsknöpfe gemäß Merkmal 3 seien bekannte Gestaltungsformen bei Spiele-Controllern. Die Mittelschicht zwischen den beiden Doppelkreisen (Merkmal 5) sei ebenfalls eine funktionale Notwendigkeit, kein eigenschöpferisches Gestaltungselement. Gleiches gelte für die leicht versetzten Ohren (Merkmal 4). Wo gestalterischer Spielraum bestehe, weiche die angegriffene Ausführungsform von den Klagemustern ab. Dies gelte zunächst für das vom Landgericht als „Kuppel“ bezeichnete Element, das bei der angegriffenen Ausführungsform aus dem C-förmigen Grundkörper hinaustrete. Unter der Kuppel befinde sich ein bohnenförmiges Feld, das aus der Grundfläche heraustrete (und auf dem die Marke „bigben“ angebracht sei). Beides finde im Klagemuster keine Entsprechung, was das Landgericht unberücksichtigt gelassen habe. Der Rand der beiden oberen großen Knöpfe sei bei der angegriffenen Ausführungsform achteckig gestaltet und erinnere damit an eine Schraubenmutter, während dieses Element im Klagedesign als nicht geschlossener Kreis ausgeführt sei. Die zum Anfassen dienenden Enden des C-förmigen Grundkörpers seien beim Verletzungsprodukt mit deutlich sichtbaren ovalen Intarsien versehen. Anstelle des kreuzförmigen D-Pads des Klagemusters finde sich an entsprechender Stelle beim angegriffenen Produkt eine runde Taste. Schließlich befänden sich beim angegriffenen Produkt mittig drei kleine Knöpfe, die – der Kante des Grundkörpers folgend – eine außen leicht nachunten abfallende Bogenlinie bildeten, während sich an der entsprechenden Stelle des Klage-musters eine vom Landgericht als „bananenförmig“ bezeichnete Taste befinde. Diesen Unterschied habe das Landgericht zwar berücksichtigt, aber in seinem Einfluss auf den Gesamteindruck untergewichtet.
54Was die Verjährungseinrede anbelange, habe das Landgericht die Anforderungen an die Beklagten erheblich überspannt und wesentliche, von den Beklagten vorgetragene Tatsachen nicht beachtet. Wenn die Zeugen X und Y glaubhaft bekundet hätten, von dem streitgegenständlichen Verletzungsmuster keine Kenntnis gehabt zu haben, bedeute dies noch nicht, dass die Klägerin oder ihre Wissensvertretung eine solche Kenntnis nicht gehabt hätten oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten haben müssen. Der diesbezügliche Beweis voller Kenntnis sei für den Verletzer in der Regel äußerst schwierig zu führen. Nach zutreffender Ansicht sei deshalb auf die Regeln des Anscheinsbeweises zurückzugreifen. Die hierzu notwendigen Umstände hätten sie – die Beklagten – dargelegt, worauf die Beklagten in der Berufungsbegründung auch noch einmal im Einzelnen eingehen. Sie meinen außerdem, sich auch auf Verwirkung berufen zu können, da sie nach der langen Zeit des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform nicht mehr mit der Geltendmachung von Ansprüchen hätten rechnen müssen.
55Die Beklagten beantragen,
561. das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,
572. unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Designs 40101563-0001 und 40101563-0002 nichtig sind.
58Die Klägerin beantragt,
59die Berufung zurückzuweisen.
60Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Die internationale Zuständigkeit bezüglich der Beklagten zu 2) sieht sie auch bei Anwendung von Art. 5 Nr. 3 der VO-Nr. 44/2001 als gegeben an. Da diese Norm mit der vom Landgericht herangezogenen Bestimmung wortgleich sei, ergebe sich keine relevante Abweichung. Im Bezirk des LG Düsseldorf drohe eine in Art. 5 Nr. 3 der VO 444/2001 genannte Handlung begangen zu werden. So sei schon eine Einfuhr über Grenzorte möglich, die im Bezirk des LG Düsseldorf liegen. Für den weiteren Vertrieb der von ihr an die Beklagte zu 1) gelieferten Waren hafte die Beklagte zu 2) als Mittäterin oder mittelbare Täterin oder jedenfalls wegen Beihilfe zur Schutzrechtsverletzung. Diese Gefahr der Schutzrechtsverletzung bestehe im gesamten Schutzrechtsgebiet. Die Behauptung der Beklagten, die Beklagte zu 1) hole die Ware in Frankreich ab, bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, so meint sie, hafte die Beklagte zu 2) als Täterin oder Gehilfin, jedenfalls aber als Störerin.
61Das neue Vorbringen der Beklagten, insbesondere das zu den neuen Re-chercheergebnissen hält die Klägerin mangels Vortrags zu den Zulassungsvo-raussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO für nicht zulassungsfähig. Dass die Klagedesigns nicht neu seien, behaupteten die Beklagten selber nicht. Ihr Einwand der mangelnden Eigentümlichkeit sei schon nicht in Form der Geltendmachung der Verletzung materiellen Rechts erfolgt und in der Sache unbegründet. Das Landgericht habe zutreffend alle Ansichten des Klagedesigns 1 berücksichtigt, insbesondere die Seitenansichten gemäß Fig. 5 und Fig. 6. Es entspreche etablierter Rechtsprechung, zugunsten des Klagedesigns 1 zu unterstellen, dass die nicht offenbarten Seiten- und Unteransichten der Entgegenhaltungen sich von denen des Klagedesigns 1 unterscheiden. Die Kritik der Beklagten an der Merkmalsanalyse des Landgerichts sei unzutreffend. Jedoch habe das Landgericht zu Unrecht das „Mock-up“-Modell dem vorbekannten Formenschatz zugerechnet. Zutreffend habe es dann jedoch wieder den Gesamteindruck des Klagedesigns 1 und den des vorbekannten Formenschatzes verglichen. Auch der erstmals in der Berufung vorgebrachte Formenschatz stehe, wenn man ihn entgegen § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtige, der Eigenart des Klagedesigns 1 nicht entgegen.
62Den Schutzumfang des Klagedesigns 1 bewertet die Klägerin als weit, weil in ihren Augen der Abstand zum vorbekannten Formenschatz weit ist. Die große Designvielfalt und die Vielzahl unähnlicher Designs belegten eine große Gestaltungsfreiheit. Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit durch technisch-funktionale Merkmale gebe es nicht, was ebenfalls durch die Vielzahl der ästhetischen Designalternativen belegt werde. Vor dem Hintergrund des überdurchschnittlichen Schutzumfangs des Klagedesigns 1 sei erst Recht eine Verletzung zu bejahen. Die geltend gemachten und vom Landgericht bejahten Ansprüche seien weder verjährt noch verwirkt. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es die Beklagte gewesen sei, die die Zeugen X und Y benannt habe. Sie – die Klägerin – habe sich in erster Instanz umfangreich dazu eingelassen, weshalb sie nicht frühzeitig Kenntnis vom Vertrieb der an-gegriffenen Ausführungsform gehabt habe.
63Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Rechtsmittel beider Beklagten sind zulässig, haben in der Sache aber keinen Erfolg.
651.) Berufung der Beklagten zu 1)
66a) Die gegen sie gerichtete Klage ist aus den zutreffenden Gründen der ange-fochtenen Entscheidung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug genommen wird, begründet. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Insofern ist zu sagen:
67Dass die Beklagte zu 1) die von § 38 Abs. 1 Satz 1, 2 DesignG, vormals § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 GeschmG, umfasste Handlung des Inverkehrbringens in Deutschland begeht, ist unstreitig. Sie meint lediglich, hiermit keine Schutzrechtsverletzung zu begehen, da das Klagedesign 1 zum einen schon nicht rechtsbeständig sei und zum anderen die vertriebenen Produkte nicht erfasse. Beides ist unzutreffend.
68Zu Recht hat das Landgericht das Klagedesign 1 als schutzfähig angesehen und dies nach § 1 Abs. 2 GeschmMG von 1986 beurteilt, da das Klagedesign 1 mit Zeitrang vom 11.08.2000 eingetragen worden ist, § 72 Abs. 2 Satz 1 DesignG.
69Was die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GeschmMG von 1986 anbelangt, nämlich dass als Muster oder Modelle nur neue und eigentümliche Erzeugnisse angesehen werden, hegen die Beklagten „Bedenken“ hinsichtlich des vom Landgericht im Rahmen der Neuheitsprüfung vorgenommenen Einzelvergleichs und meinen, die vom Landgericht zitierten Entscheidungen trügen die Auffassung, dass die Neuheit nur durch ein identisches vorbekanntes Geschmacksmuster zerstört werden könne, nicht. Dies wird durch eine Lektüre der betreffenden Entscheidungen widerlegt. So heißt es in der Entscheidung „Dreifachkombinationsschalter“ des Bundesgerichtshofes (GRUR 1975, 81 (83)):
70„III. Das - aus der Kombination der zu Ziff. I angeführten Merkmale bestehende - Modell hat das BerG als neu im Sinne des § 1 Abs. 2 GeschmMG angesehen. Die nach 6 § 13 GeschmMG bestehende Vermutung der Neuheit werde durch die Entgegenhaltungen älterer Schalterkombinationen nicht widerlegt. Der Kombination Merten-Stil 70 fehlten die angeführten Merkmale a, f, g und h; der Bombelli-Kombination fehlten die Merkmale d, e, f, g (Abrundung an den Kanten, h, i, k und l sowie fast vollständig das Merkmal c (Abrundung an den Ecken der Zentralplatten). Eine Kombination sämtlicher angeführter Merkmale oder auch nur der Merkmale, welche als die für den Gesamteindruck bestimmenden anzusehen seien, sei mithin von der Bekl. nicht als vorbekannt dargetan worden. Diese Feststellungen werden von den Parteien nicht angegriffen; ein Rechtsfehler ist auch insoweit nicht erkennbar.“
71Der dort vom Berufungsbericht im dortigen Fall angestellte Einzelvergleich ist also vom Bundesgerichtshof ausdrücklich gebilligt worden. Dass ein solcher Einzelvergleich des Klagedesigns 1 mit den Entgegenhaltungen, seien sie erstinstanzlich oder zweitinstanzlich in das vorliegende Verfahren eingeführt, ergibt, dass das Klagedesign 1 nicht neu war, behaupten selbst die Beklagten nicht.
72Auch was die Eigentümlichkeit anbelangt, überzeugt der Berufungsangriff der Beklagten nicht. In Bezug auf den erstinstanzlich eingeführten Formenschatz behaupten sie pauschal, „dieser zeige mehrere Designs, die im Gesamteindruck zueinander und auch zum Klagemuster keinen großen Abstand aufwiesen; hierbei handele es sich namentlich um die Entgegenhaltungen D8 und D15, das Mock-up-Modell sowie das Design 49907040-0001“. Dabei haben sie schriftsätzlich den vom Landgericht zu Recht als herausragend angesehenen Aspekt ausgeblendet, dass es dem Entwerfer des Klagedesigns 1 gelungen ist, bei allen vorbekannten Einzelheiten etwas Neues zu schaffen, nämlich die einer „8“ ähnelnden Bedienfelder so in den Grundkörper zu integrieren, dass der Eindruck entsteht, diese seien in den Grundkörper hinein- bzw. hindurchgesteckt worden. Soweit die Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingewandt haben, „im Lichte der Fig. 1 sehe man in Fig. 2 nichts Durchgestecktes“, ist das unzutreffend. Der informierte Benutzer, der mit Designeintragungen vertraut ist, erkennt sofort, dass Fig. 1 des Klagedesigs 1 die Oberseite des Controllers und Fig. 2 dessen Unterseite zeigt. Alle Figuren bestimmen zusammen den maßgeblichen Gesamteindruck. Dass auf einer Seite eines Gegenstandes etwas zu sehen ist, was beim Anblick auf eine andere Seite verborgen bleibt, liegt oftmals in der Natur der Sache und kann gerade einen besonderen „Pfiff“ der Optik eines Gegenstandes ausmachen. So liegen die Dinge auch hier. Dass der Anschein des „Durchgestecktseins“ der Bedienfelder technisch bedingt ist, behaupten die Beklagten nicht. Ebenso unbegründet ist die Beanstandung der Beklagten, die Feststellung des Landgerichts, die zwei Schenkel des Klagedesigns 1 fielen nach unten hin ab (vgl. siehe Merkmal 1), entbehre jeder Grundlage. Das Landgericht hat mit dieser Feststellung zutreffend die Figuren 5 und 6 des Klagedesigns 1 ausgewertet. Dass diese nach unten hin abfallende Schenkel zeigen, haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats nicht in Abrede gestellt.
73Den genannten Eindruck des Klagedesigns 1 erweckt auch keine der von den Beklagten erstmals in der Berufung in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen, weshalb auch diese der Eigentümlichkeit des Klagedesigns 1 nicht entgegenstehen. Sie müssen zwar entgegen der Auffassung der Klägerin der Beurteilung zugrunde gelegt werden, obwohl die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Zweifellos war es nachlässig, den vorbekannten Formenschatz nicht bereits in erster Instanz vollumfänglich zu recherchieren. Das von den Beklagten in Anspruch genommene Vertrauen, der erstinstanzliche Vortrag „werde schon reichen“, war nicht gerechtfertigt. Gleichwohl kommt eine Zurückweisung des neuen Vorbringens nicht in Betracht. Denn nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (siehe Beschluss des GSZ vom 23.06.2008, NJW 2008, 3434 Rdnr. 10 m.w.N. und nachfolgend: BGH NJW 2009, 2532; FamRZ 2010, 636; r+s 2015, 212; WUM 2016, 98) ist neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz, der unstreitig bleibt, stets zu berücksichtigen. Zwar hat die Klägerin den von den Beklagten mit der Berufungsbegründung in das Verfahren eingeführten Formenschatz in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2017 mit Nichtwissen bestritten. Dies ist jedoch gemäß § 296a ZPO unbeachtlich, da der Klägerin der Schriftsatznachlass nur im Hinblick auf neues Vorbringen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 16.10.2017 gewährt worden war, § 283 ZPO. Soweit die Klägerin bereits in der Berufungserwiderung den Prioritätszeitpunkt der Geräte gemäß den Abbildungen Seiten 15 und 17 der Berufungsbegründung mit Nichtwissen bestritten hatte, war dies schon deshalb unerheblich, da die Beklagten das Gerät Seite 15 der Berufungsbegründung nicht als neuheitsschädlich in das Verfahren eingeführt hatten, sondern zur Demonstration der Bedienweise entsprechender Controller (Halten mit beiden Händen und Bedienen mit den Daumen). Die Zeichnung Seite 17 der Berufungsbegründung zeigt die Tastenordnung, wie sie im Klagedesign 1 und den angegriffenen Ausführungsformen erfolgt ist.
74Dass die Designs 49810083-0001, 49812213 und 49907040-0001 vorbekannt waren, wird von der Klägerin – zu Recht – nicht bestritten. Insoweit wäre ein Bestreiten mit Nichtwissen – hierauf hat sich die Klägerin im nachgelassenen Schriftsatz beschränkt – auch unzulässig gewesen, da es sich bei den den jeweiligen Zeitrang begründenden Zeitpunkten um allgemeinkundige Tatsachen im Sinne von § 291 ZPO handelt. Sie sind in das amtliche Register des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragen, das eine allgemein zugängliche Quelle darstellt (siehe Urteil des Senats vom 01.07.2014 BeckRS 2014, 20381 Rdnr. 16). Aufgrund des Gesagten führen auch diese Designs allerdings zu keiner anderen Beurteilung der Schutzfähigkeit des Klagedesigns 1.
75Dieses wird durch die beiden angegriffenen Ausführungsformen verletzt. Dass sich die Schutzwirkungen eines vor dem 28.10.2001 eingetragenen Geschmacksmusters grundsätzlich nach dem Geschmacksmustergesetz neuer Fassung bestimmen, entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. neben den vom Landgericht zitierten Entscheidungen auch: BGH GRUR 2011, 423 – Baugruppe II). Gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 DesignG erstreckt sich der Schutz aus einem eingetragenen Design auf jedes Design, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Nach § 38 Abs. 1 Satz 2 DesignG wird bei der Beurteilung des Schutzumfangs der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung seines Designs berücksichtigt.
76Ob der Schutzbereich des Klagedesigns 1 groß oder „nur“ durchschnittlich ist, bedarf vorliegend keiner abschließenden Beurteilung. Keinesfalls ist er, wie die Beklagten meinen, eng. Auch in diesem Zusammenhang ist der Umstand maßgeblich, dass die Bedienfelder beim Klagedesign 1 durch den Grundkörper „durchgesteckt“ wirken, was im Prioritätszeitpunkt vollkommen unbekannt war, weshalb der hierdurch maßgeblich beeinflusste Gesamteindruck erheblich von dem abweicht, was durch den vorbekannten Formenschatz – sei es in Einzelbetrachtung oder in Kombination – bekannt war. Der Schutzbereich wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die einzelnen Tasten und teilweise auch ihre Anordnung technisch erforderlich sein mögen. Der vorbekannte Formenschatz hat dieselben technischen Anforderungen zu erfüllen. Er zeigt, auf welch optisch unterschiedliche Art und Weise diese Aufgabe gelöst werden kann. Das hat die Klägerin in der Berufungserwiderung durch die nachfolgend eingeblendete Gegenüberstellung, bei der die Grundkörper in Grün, die Bedienfelder in der Farbe Lila und die Bedienelemente in Gelb eingefärbt sind, verdeutlicht:
77Das Merkmal der durch den Grundkörper gesteckt wirkenden Bedienfelder wird bei beiden angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht, was auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt wird. Vor diesem Hintergrund verblassen die von ihnen aufgezeigten und vom Landgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigten Unterschiede zwischen den angegriffenen Produkten und dem Klagedesign1. Sie betreffen in der Tat nur Details und haben keinen erheblichen Einfluss auf den Gesamteindruck.
79Die geltend gemachten Ansprüche sind weder verjährt noch verwirkt.
80Dass die Verjährungsfrist für keinen der geltend gemachten Ansprüche bei Klageerhebung abgelaufen war, wenn man dem Vortrag der Klägerin folgt, vom Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen erst im Jahr 2011 Kenntnis erlangt zu haben, wird auch von den Beklagten nicht in Abrede gestellt. Dass die Klägerin tatsächlich vor dem Jahr 2011 eine solche Kenntnis hatte, vermuten sie lediglich, können es mangels Kenntnis der internen Vorgänge der Klägerin aber nicht substantiiert behaupten. Die von ihnen vorgetragenen Umstände reichen für einen eine positive Kenntnis belegenden Indizienbeweis nicht. Das geht zu ihren Lasten, da die Beklagten als die die Verjährungseinrede erhebende Partei die Darlegungs- und Beweislast für die die Einrede begründenden Tatsachen tragen. Dass sich die relevanten Geschehnisse allein im Erkenntnisbereich der Klägerin abgespielt haben, führt zu keiner anderen Beurteilung. Selbst wenn man eine deshalb begründete sekundäre Darlegungslast der Klägerin bejaht, ist sie dieser nachgekommen, indem sie sich schlüssig zu den von den Beklagten vorgetragenen Umständen erklärt hat. Dass sie trotz der Aktivitäten der Beklagten zu 1) vor dem Jahr 2011 gleichwohl keine Kenntnis vom Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen gehabt haben will, ist aufgrund der Erläuterungen nachvollziehbar. Diese Erläuterungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, der Klägerin falle grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt. BGB zu Last. Der einzige, ernsthaft im Raum stehende Vorwurf gegenüber der Klägerin ist damit der, in Deutschland keine Abteilung zu unterhalten, die mit einer generellen Beobachtung des deutschen Marktes und dem Aufspüren von etwaigen Schutzrechtsverletzungen betraut ist. Dies ist allerdings – wie das Landgericht schon zu Recht ausgeführt hat – rechtlich nicht relevant, da nach der Rechtsprechung des BGH allein das Unterlassen einer solchen Marktbeobachtung keine grobe Fahrlässigkeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB begründet.
81Etwas anderes gilt zwar im Rahmen der Verwirkung, § 242 BGB, und der dort maßgeblichen Frage, ob der Verletzte die Verletzung bei der gebotenen Wahrung seiner Interessen hätte erkennen müssen. In diesem Zusammenhang ist nach der Rechtsprechung das Unterlassen einer Marktbeobachtung durchaus relevant (vgl. BGH GRUR 2016, 705 (709) m.w.N. – ConText). Verwirkung ist vorliegend gleichwohl nicht eingetreten, da es an der Verwirklichung der Tatbestandsvoraussetzung „Umstandsmoment“ fehlt. Die Verwirkung des Unterlassungsanspruchs setzt insofern einen wertvollen Besitzstand des Verletzers voraus, die des der Anspruchs auf Schadensersatz einen Vertrauenstatbestand (vgl. Eichmann, DesignG, 5. Aufl., § 49 Rdnr. 7 m.w.N.). Ein wertvoller Besitzstand im Hinblick auf einen Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsformen ist schon deshalb ausgeschlossen, da die Beklagten diese schon vor Klageerhebung nicht mehr in Deutschland vertrieben haben.
82Aber auch das Bestehen eines im Rahmen des Schadensersatzbegehrens relevanten Vertrauenstatbestandes haben sie nicht schlüssig dargelegt. Statt eines Besitzstands im Sinne der sachlich-wirtschaftlichen Basis für die künftige wirtschaftliche Betätigung des Verletzers, wie er für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch entscheidend ist, genügt es zwar für den Vertrauenstatbestand, wenn der Schuldner sich bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen darauf eingerichtet hat und einrichten durfte, keine Zahlung an den Gläubiger (mehr) leisten zu müssen (vgl. statt vieler: BGH GRUR 2001, 323). Hierzu fehlt es an jeglichem Vortrag der Beklagten. Auf ausdrückliches Befragen des Senats haben sie allein auf die Höhe der mit dem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen erzielten Umsätze verwiesen. Dies besagt jedoch nichts darüber, ob und in welcher Höhe die Beklagten im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung durch die Klägerin Vermögensdispositionen getroffen oder sich sonst wie darauf eingerichtet haben, die Klägerin werde ihre Rechte nicht mehr geltend machen.
83b) Aus dem eingangs unter lit. a) Gesagten folgt, dass die Widerklage unbegründet ist.
842.) Berufung der Beklagten zu 2)
85a) Die gegen sie gerichtete Klage ist ebenfalls zulässig und begründet.
86aa) Die von der Beklagten zu 2) erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit geht – wie in der mündlichen Verhandlung erläutert – gemäß Art. 24 (EU) VO 44/2001 ins Leere. Dieser lautet:
87„Sofern das Gericht eines Mitgliedstaats nicht bereits nach anderen Vorschriften dieser Verordnung zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen oder wenn ein anderes Gericht aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zu-ständig ist.“
88Eine ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 22 (EU) VO 44/2001 ist vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte zu 2) hat sich in erster Instanz rügelos eingelassen. Sie hat eine fehlende internationale Zuständigkeit nicht nur nicht in der Klageerwiderung, sondern bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht geltend gemacht.
89bb) Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bestehen auch gegenüber der Beklagte zu 2), der Unterlassungsanspruch gemäß §§ 38, 42 Abs. 1 DesignG, § 830 BGB analog, der Schadensersatzanspruch gemäß §§ 38, 42 Abs. 2 DesignG i.V.m. § 830 BGB, der Auskunftsanspruch gemäß §§ 38, 42, 46 DesignG, §§ 242, 259, 830 BGB, der Rückrufanspruch aus § 43 Abs. 2 DesignG i.V.m. § 830 BGB.
90Zwar hat die Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung und auch in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2017 keinerlei Sachvortrag dazu gehalten, welche Handlung die Beklagte zu 2) in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen begangen haben soll. Entgegen ihrer Ansicht war solcher Sachvortrag von ihr zu verlangen. Sie nimmt die Beklagte zu 2) in Anspruch und ist daher darlegungspflichtig für alle Tatsachen, die zur Ausfüllung der anspruchsbegründenden Normen erforderlich sind. Der Vortrag aus der Klageschrift, die Beklagten zu 1) und 2) „vertrieben“ die streitgegenständlichen Konsolen, ist in tatsächlicher Hinsicht inhaltsleer. Er bezeichnet kein konkretes Verhalten der Beklagten zu 2) und ist daher weder einer Überprüfung durch das Gericht noch einer Einlassung durch die Beklagten, insbesondere die Beklagte zu 2) zugänglich. Die Klägerin entgeht hier nur deshalb einer Klageabweisung in Bezug auf die Beklagte zu 2), weil sie sich im nachgelassenen Schriftsatz vom 28.11.2017 das Vorbringen der Beklagten zur Abholung im Zentrallager der Beklagten zu 2) durch die Beklagte zu 1) und der dortigen Bereitstellung der Ware durch die Beklagte zu 2) dadurch hilfsweise zu eigen gemacht hat, dass sie geltend gemacht hat, die Klage gegenüber der Beklagten zu 2) sei auch dann begründet, wenn deren Sachvortrag tatsächlich zutreffe. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind die Beklagten an diesem Vortrag nicht gehindert, obwohl sie in der Klageerwiderung und sodann auch noch in der Berufungsbegründung vorgetragen hatten, dass allein die Beklagte zu 1) in Deutschland vertreibe und die Beklagte zu 2) an die Beklagte zu 1) liefere, was, da „Liefern an“ ein aktives Tun und nicht nur die Duldung einer Wegnahme beschreibt, die Feststellung einer Einfuhr und damit einer Verletzungshandlung im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 DesignG (vormals § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 GeschmG) gerechtfertigt hätte. Denn dieser ursprüngliche Vortrag der Beklagten war von ihnen nicht im Sinne von § 288 ZPO zugestanden worden und daher der Korrektur zugänglich. Ein Geständnis im Sinne der genannten Norm würde nämlich voraussetzen, dass die Behauptung zuvor von der beweisbelasteten Partei, hier der Klägerin, aufgestellt worden war. Das war hier nicht der Fall.
91Die Beklagte zu 2) ist bei Zugrundelegung des von ihr geschilderten Sachverhalts für die unter Ziff. 1) dargelegte Schutzrechtsverletzung der Beklagten zu 1) mitverantwortlich. Dabei kann offen bleiben, ob die Haftung eines im Ausland ansässigen Lieferanten so weit geht, wie der für Patentverletzungen zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes annimmt (vgl. GRUR 2017, 785 – Abdichtsystem), oder ob die höheren Anforderungen zu stellen sind, die der für Marken- und Designsachen zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes für angemessen erachtet. Denn auch letztere führen vorliegend zur Verurteilung der Beklagten zu 2). Schuldner von Ansprüchen wegen einer Schutzrechtsverletzung ist danach jeder, der den Verletzungstatbestand allein oder zusammen mit anderen verwirklicht, das heißt jeder Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe im Sinne von § 830 BGB, der auf den Schadensersatzanspruch im gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbsrecht direkt (vgl. BGH GRUR 2002, 618 – Meißner Dekor) und bei Vorsatzdelikten auf die negatorische Haftung auf Unterlassung und Beseitigung, die im Anschluss an § 1004 und das Deliktsrecht entwickelt worden ist, analog anzuwenden ist (vgl. Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 830 Rn. 12 m.w.N.). Mittäterschaft ist gegeben bei gemeinschaftlicher Begehung im Sinne eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens, während Teilnahme die mit bedingtem Vorsatz erfolgte Förderung oder Anstiftung der rechtswidrigen Verhaltensweise eines anderen ist, wozu neben der Kenntnis der objektiven Tatumstände auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat im Sinne eines mindestens billigenden Inkaufnehmens gehört (vgl. BGH (I. ZS), GRUR 2009, 597 Rdnr. 14 – Halzband). Zumindest letzteres ist vorliegend der Fall. Die Beklagte zu 1) ist Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2) und – wie sie selber mit Schriftsatz vom 28.11.2016 vorgetragen hat – exklusiv mit dem Vertrieb der Produkte der Beklagten zu 2), einschließlich der hier streitgegenständlichen Controller in Deutschland betraut. Dies bedeutet, dass die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) nicht nur Ware zur Verfügung stellt, sondern auch deren Handeln steuert. Denn die betraute Konzerntochter führt Weisungen aus, die betrauende Konzernmutter erteilt sie. Bei der Erteilung der Weisung, den streitgegenständlichen Controller in Deutschland zu vertreiben, hat die Beklagte zu 2) die Verletzung des Klageschutzrechts 1 zumindest billigend in Kauf genommen. Mit der entsprechenden Schutzrechtslage hätte sie jedenfalls vertraut sein müssen, wenn sie es nicht sogar tatsächlich war.
92b) Im Übrigen gilt das zu Klage und Widerklage unter Ziff. 1) Gesagte.
93III.
94Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
95Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
96Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Vorliegend stellen sich keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
97Streitwert für die Berufungsinstanz: 364.000,- €
98(Klage: 239.000,- €,
99Widerklage, soweit anrechenbar: 125.000,- €,
100entsprechend der erstinstanzlichen, von keiner Partei angegriffenen Festsetzung)