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§§ 129 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO
1. Die Befriedigung eines einzelnen Gläubigers benachteiligt die Gesamtheit der Gläubiger nicht, wenn sie aufgrund eines Pfändungspfandrechts erfolgt, das den Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO berechtigt. Das gilt auch, wenn der Schuldner selbst den in Rede stehenden Betrag von dem gepfändeten Konto überweist.
2. Die Gläubiger werden jedoch benachteiligt, wenn das Pfandrecht seinerseits der Insolvenzanfechtung unterliegt. Ist das Pfandrecht mehr als drei Monate vor dem Insolvenzantrag entstanden, hängt dessen Anfechtbarkeit nach § 133 Abs. 1 InsO davon ab, ob der Schuldner zu der ausgebrachten Pfändung aktiv beigetragen hat und dieser Beitrag bei wertender Betrachtung dazu führt, dass die Vollstreckungstätigkeit zumindest auch als eigene, willensgeleitete Entscheidung des Schuldners anzusehen ist. Der Schuldner hat zu der Pfändung in diesem Sinne aktiv durch eine eigene Rechtshandlung beigetragen, wenn er einen Kredit aufgenommen hat und die entsprechenden Geldmittel auf das gepfändete Konto hat überweisen lassen.
3. Der Anfechtungsgegner hat Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er im Wissen um die Willensrichtung des Schuldners auf der Grundlage einer von diesem tatsächlich veranlassten Rechtshandlung befriedigt wird, die unter den äußerlich zutage getretenen Gegebenheiten nach allgemeiner Erfahrung auf den Schuldner zurückgehen kann. Das ist in Bezug auf die Entstehung des Pfandrechts mittels gezielten Auffüllens des Kontos durch den Schuldner nicht der Fall, wenn er nicht weiß, dass die Pfändung in dessen Konto mangels hinreichender Deckung zunächst ins Leere gegangen ist (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 19.09.2013 – IX ZR 4/13, Rn. 25 f.).
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07.06.2018 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Duisburg (4 O 51/17) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
I.
2Die Klägerin macht als Verwalterin in dem auf einen eigenen Antrag vom 01.12.2014 hin am 28.04.2015 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des T. (Schuldner) im Wege der Anfechtung einen Anspruch auf Rückgewähr von zwei Zahlungen des Schuldners vom 02.04.2014 über zusammen 82.000 EUR nebst Zinsen und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend. Vorausgegangen war eine Pfändung des Geschäftskontos des Schuldners bei der Sparkasse D. wegen einer Hauptforderung von 185.258,08 EUR durch Pfändungs- und Überweisungsverfügung der Beklagten (Bl. 15 ff. GA), die der Drittschuldnerin am 27.03.2014 zugestellt wurde. Auf Veranlassung des Schuldners ging am 01.04.2014 auf dem Konto, das zuvor einen Negativsaldo aufgewiesen hatte, eine Zahlung von einer türkischen Bank i.H.v. 149.740 EUR ein (Anl. K 11, K 12). Am darauffolgenden Tag erfolgten die beiden Zahlungen an die Beklagte, die – wie mittlerweile unstreitig ist – der Schuldner telefonisch bei der Sparkasse D. veranlasst hat. Die Klägerin sieht hierin und in der vorangehenden gezielten Auffüllung des Kontos anfechtbare Rechtshandlungen des Schuldners, durch die die Gläubiger benachteiligt worden seien. Die Pfändung der Beklagten sei wertlos gewesen, weil die Sparkasse aufgrund ihres AGB-Pfandrechts vorrangige Rechte gehabt habe. Der Schuldner sei seinerzeit bereits zahlungsunfähig gewesen, was die Beklagte aufgrund ihrer eigenen rückständigen Forderungen sowie der Kenntnis von Forderungen weiterer Gläubiger gewusst habe. Ihm sei es nur darum gegangen, eventuell noch die Schließung seiner Gewerbebetriebe abzuwenden. Die Beklagte hat geltend gemacht, es fehle an einer Gläubigerbenachteiligung, da sie ein erstrangiges Pfandrecht an dem Guthaben auf dem Geschäftskonto gehabt habe. Darüber hinaus liege keine Rechtshandlung des Schuldners vor, da dieser wegen der Pfändung über das Konto nicht mehr habe verfügen können. Von einer – bestrittenen – Zahlungsunfähigkeit des Schuldners habe sie zudem keine Kenntnis gehabt, da ihr das Wissen ihrer verschiedenen Ämter nicht zuzurechnen sei. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die tatsächlichen Feststellungen und Sachanträge im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
3Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zahlungen seien nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Die Beklagte habe die Zahlungen durch eine Rechtshandlung des Schuldners erlangt. Aufgrund der Beweisaufnahme sei erwiesen, dass der Schuldner die Zahlungen durch eine Überweisung auf sein nicht ausreichend gedecktes Konto erst ermöglicht und sodann veranlasst habe. Dem Schuldner, der zu diesem Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig gewesen sei, sei bewusst gewesen, dass das an die Beklagte geflossene Geld den anderen Gläubigern nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Die Beklagte habe aufgrund ihrer eigenen offenen Ansprüche gewusst, dass beim Schuldner Zahlungsunfähigkeit vorgelegen und ihm die Insolvenz gedroht habe. Deshalb sei aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO von ihrer Kenntnis der Gläubigerbenachteiligungsabsicht auszugehen.
4Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Sie macht geltend, das Landgericht habe die Tatbestandsvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 lnsO a.F. in Bezug auf Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und Kenntnis verkannt. Die Beweiswürdigung sei unzureichend, verstoße gegen Denkgesetze und lasse die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unberücksichtigt. Nach den Bekundungen der Zeugin R. habe sie – die Beklagte – zum Zeitpunkt der Zahlungen ein „erstrangiges Pfändungspfandrecht“ gehabt. Dies vermittele im Fall der Insolvenz ein Absonderungsrecht, das die Gläubigerbenachteiligung i.S.d. § 129 lnsO entfallen lasse. Der Schuldner habe über das Konto nicht mehr verfügen können. Er habe nur noch an sie zahlen können, eine Zahlung, die die Drittschuldnerin nach den Bekundungen der Zeugin R. ohnehin nach Ablauf der Vier-Wochen-Frist getätigt hätte. Aus diesem Grund sei die Zahlung im Haus der Sparkasse auch als „Drittschuldnerzahlung“ geführt worden. Die Klage sei mit Blick auf die ständige BGH-Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 22.11.2012 - IX ZR 142/11, Rn. 11) schon aus diesem Grund abzuweisen.
5Der Schuldner habe gar keine andere Wahl gehabt: Er sei kreditwürdig gewesen („ich habe Schulden aufgenommen“) und habe das Geld auf sein normales Geschäftskonto eingezahlt, nicht mehr und nicht weniger. Hierin liege keine Rechtshandlung des Schuldners i.S.d. § 133 lnsO. Der Beitrag des Schuldners erreiche bei wertender Betrachtung nicht ein der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers zumindest vergleichbares Gewicht i.S. der BGH-Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 22.06.2017 – IX ZR 111/14, Rn. 10). Hier sei die Pfändung bereits erfolgreich gewesen, der Schuldner habe nur noch die Wahl gehabt, die Drittschuldnerin jetzt telefonisch um Durchführung der Gutschrift zu bitten oder aber die zwei Wochen später erfolgende Drittschuldnerzahlung hinzunehmen. In der telefonischen Bitte um Vornahme der Überweisung könne nicht ernsthaft eine freiwillige Verfügung gesehen werden, zu der der Schuldner auch in der Lage sei. Er habe - ähnlich dem Fall, dass ein Vollstreckungsbeamter vor der gefüllten Barkasse stehe - nur die Wahl gehabt, die Drittschuldnerzahlung hinzunehmen oder dieser bereits vor Fristablauf zuzustimmen. Verhindern habe er die Ausführung der Drittschuldnerzahlung in keinem Fall können. Dass sich der Schuldner Fremdkapital beschafft und dieses wie auch alle anderen liquiden Mittel auf dem Geschäftskonto eingezahlt habe, mache aus der Vollstreckungshandlung noch keine Handlung des Schuldners.
6Der Schuldner habe auch nicht mit dem Vorsatz gehandelt, andere Gläubiger zu benachteiligen. Es sei insbesondere kein bedingter Vorsatz vorhanden gewesen, weil der Schuldner nicht angenommen habe und auch nicht habe annehmen müssen, dass bei der Zahlung an die Beklagte andere Gläubiger ausfallen. Der Schuldner habe bekundet, alle Gläubiger wieder normal bezahlen zu wollen. Dies sei Motiv der Fortsetzung des Zahlungsverkehrs vom Geschäftskonto bei der Sparkasse gewesen. Zum Zeitpunkt der Überweisung von einem Konto einer türkischen Bank in Deutschland auf das Konto bei der Sparkasse sei er nach eigenem Bekunden davon ausgegangen, dass der Betrag insgesamt reiche, um die Beklagte und sodann alle weiteren Gläubiger zu bezahlen. Nur weil sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass die Sparkasse plötzlich ihren Kontokorrentkredit in Höhe von 50.000,00 EUR habe zurückhaben wollen und das Geld einfach verrechnet habe, sei dieser Plan gescheitert. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Schuldner davon ausgegangen sei, zum Zeitpunkt der Überweisung alle Verbindlichkeiten begleichen zu können und er hierzu auch objektiv in der Lage gewesen sei. Etwas anderes trage auch die Klägerin nicht substantiiert vor. Vor diesem Hintergrund fehle es nicht nur an der Kenntnis ihrerseits sowie einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, sondern auch an einem entsprechenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu den maßgeblichen Zeitpunkten.
7Die Beklagte beantragt,
8das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 07.06.2018 (4 O 51/17) abzuändern und die Klage abzuweisen;
9hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
10Die Klägerin beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
13Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14II.
15Die zulässige Berufung hat aus den Gründen des Hinweisbeschlusses vom 11.10.2018, der mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert worden ist, in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Rückgewähr der am 02.04.2014 erhaltenen Zahlungen nebst Zinsen und zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme des Landgerichts, dass die Zahlungen i.H.v. 42.000 EUR und 40.000 EUR nach § 133 Abs. 1 InsO (a.F.). anfechtbar sind, denn es fehlt bereits an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung i.S. des § 129 Abs. 1 InsO.
161. Auf den Sachverhalt finden die Vorschriften über die Insolvenzanfechtung in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung nach Maßgabe des Art. 103j EGInsO Anwendung, da das Insolvenzverfahren vor dem 05.04.2017 eröffnet worden ist.
172. Das Landgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass die Gläubiger durch die angefochtenen Zahlungen objektiv benachteiligt worden sind, was gemäß § 129 Abs. 1 InsO Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung ist. Lediglich im Zusammenhang mit dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz hat es ausgeführt, dem Schuldner sei bewusst gewesen, dass das an die Beklagte geflossene Geld den anderen Gläubigern nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Damit hat es den Tatsachenvortrag der Parteien nicht ausgeschöpft und sich insbesondere nicht mit dem von der Beklagten für sich reklamierten Absonderungsrecht aufgrund der Pfändung des Guthabens auf dem Geschäftskonto des Schuldners auseinandergesetzt.
182.1. Eine Gläubigerbenachteiligung ist gegeben, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urt. v. 25.01.2018 – IX ZR 299/16, WM 2018, 328, 329 Rn. 9). Allerdings benachteiligt die Befriedigung eines einzelnen Gläubigers die Gesamtheit der Gläubiger dann nicht, wenn sie aufgrund eines Pfändungspfandrechts erfolgt, das den Gläubiger im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO berechtigt. Der Gläubiger erhält dann nur das, was ihm bereits aufgrund des insolvenzbeständigen Pfandrechts zusteht (BGH, Urt. v. 14.09.2017 – IX ZR 108/16, WM 2017, 1988, 1990 Rn. 16). Das gilt auch, wenn der Schuldner – wie dies hier nach den Feststellungen des Landgerichts der Fall war – selbst den in Rede stehenden Betrag von dem gepfändeten Konto überweist (BGH, a.a.O. Rn. 14). Anders verhält es sich jedoch, wenn das Pfandrecht seinerseits der Insolvenzanfechtung unterliegt, wobei hier, da die maßgeblichen Vorgänge mehr als drei Monate vor dem Insolvenzeröffnungsantrag stattgefunden haben, nur eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO (a.F.) in Betracht kommt. Gegen die Anfechtbarkeit des Pfandrechts nach § 133 Abs. 1 InsO spricht nicht schon, dass es als Folge der von der Beklagten veranlassten Forderungspfändung nach § 40 VwVG NRW entstanden ist. Maßgebend ist vielmehr, ob der Schuldner zu der ausgebrachten Pfändung aktiv beigetragen hat (BGH, a.a.O. Rn. 17).
192.2. Nach diesen Maßstäben kann eine objektive Gläubigerbenachteiligung durch die angefochtenen Zahlungen nicht festgestellt werden, weil die Beklagte aufgrund ihres Pfändungspfandrechts zur abgesonderten Befriedigung an dem Guthaben auf dem Geschäftskonto des Schuldners berechtigt war. Mit der Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung an die Sparkasse D. am 27.03.2014 war die Pfändung bewirkt (§ 40 Abs. 1 S. 3 VwVG NRW). Die Pfändung erstreckte sich auf die Ansprüche aus allen bestehenden Kontokorrentverträgen des Schuldners auf Auszahlung des gegenwärtigen sowie aller künftigen Guthaben sowie auf Gutschrift aller laufend eingehenden Beträge (Anl. 1 zur Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 24.03.2014, Bl. 15 ff. GA). Soweit sich das Pfandrecht auf künftige Forderungen bezog, ist es erst mit deren Entstehung entstanden (maßgeblicher Zeitpunkt nach § 140 Abs. 1 InsO), hier also mit der Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift des vom Schuldner auf das Konto überwiesenen Betrags von 149.740 EUR.
20Das Pfandrecht selbst unterliegt nicht der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO, denn insoweit lassen sich die subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen auf Seiten der Beklagten nicht feststellen.
212.2.1. Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt allerdings vor, denn dieser hat zu der Pfändung aktiv beigetragen. Im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung befand sich kein Guthaben auf dem Konto. Der Schuldner hat zu der Pfändung aktiv durch eine eigene Rechtshandlung beigetragen, indem er einen Kredit aufgenommen hat und die entsprechenden Geldmittel auf das gepfändete Konto hat überweisen lassen. Dieser Beitrag des Schuldners führt bei wertender Betrachtung dazu, dass die Vollstreckungstätigkeit zumindest auch als eigene, willensgeleitete Entscheidung des Schuldners anzusehen ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 01.06.2017 – IX ZR 48/15, ZInsO 2017, 1422, 1423 f. Rn. 15 ff.). Der Schuldner hat sich nicht darauf beschränkt, die berechtigte Vollstreckung eines Gläubigers hinzunehmen, und sich angesichts einer bevorstehenden oder bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahme nicht anders verhalten, als er dies ohne die Vollstreckungsmaßnahme getan hätte. Er hat vielmehr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gezielt das Konto aufgefüllt, um die Beklagte zu befriedigen, und damit das Pfandrecht erst werthaltig gemacht. Damit erreicht der Beitrag des Schuldners ein der Vollstreckungstätigkeit des Gläubigers zumindest vergleichbares Gewicht.
222.2.2. Der Schuldner handelte dabei mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, da er – wie das Landgericht unangefochten festgestellt hat – zum damaligen Zeitpunkt bereits zahlungsunfähig war und jedenfalls in Kauf genommen hat, nicht mehr alle Gläubiger befriedigen zu können. Darauf, dass der Schuldner bekundet hat, er sei zum Zeitpunkt der Überweisung von dem Konto der türkischen Bank auf das Konto bei der Sparkasse davon ausgegangen, dass der Betrag von 150.000 EUR insgesamt reiche, um die Beklagte und sodann alle Gläubiger zu bezahlen, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Allein die Forderung der Beklagten war schon höher als das aufgenommene Darlehen. Insgesamt bestanden erhebliche öffentlich-rechtliche Zahlungsverbindlichkeiten i.H. von mehr als 550.000 EUR, wie sich aus der Ordnungsverfügung vom 27.03.2014 (Anl. K 9) ergibt. Wie der Schuldner angesichts dessen davon ausgegangen sein will, alle Gläubiger befriedigen zu können, ist nicht ersichtlich.
232.2.3. Die Klägerin hat jedoch nicht dargelegt, dass die Beklagte den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Hinblick auf die Entstehung des Pfandrechts erkannt hat. Die Vorsatzanfechtung setzt gemäß § 133 Abs. 1 InsO voraus, dass der andere Teil, das heißt der Anfechtungsgegner, zur Zeit der Handlung (§ 140 InsO) den Vorsatz des Schuldners kannte. Der Anfechtungsgegner muss mithin gewusst haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte. Sofern der Anfechtungsgegner auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts eine Gläubigerbenachteiligung ausschließen kann, ist ihm der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt (BGH, Beschl. v. 09.02.2012 – IX ZR 48/11, ZInsO 2012, 1264 Rn. 4). Dazu, dass die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass der Schuldner selbst durch eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung das Pfandrecht erst werthaltig gemacht hat, hat die Klägerin nichts vorgetragen.
24Der von § 133 Abs. 1 S. 1 InsO verlangte Benachteiligungsvorsatz des Schuldners knüpft an die von ihm vorgenommene, eine Gläubigerbenachteiligung hervorrufende Rechtshandlung an. Spiegelbildlich muss der Anfechtungsgegner erkannt haben, dass die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt und dass der Schuldner dies auch wollte. Der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und seine Kenntnis bei dem Anfechtungsgegner sind mithin auf die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners bezogen (BGH, Urt. v. 12.04.2018 – IX ZR 88/17, WM 2018, 958, 959 Rn. 8). Da Gegenstand des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners die von ihm veranlasste gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bildet, muss der Anfechtungsgegner neben der Willensrichtung des Schuldners auch die von ihm ausgehende Rechtshandlung nebst der dadurch hervorgerufenen Gläubigerbenachteiligung erkannt haben (BGH, Urt. v. 24.10.2013 – IX ZR 104/13, WM 2013, 2231, 2232 Rn. 12). Dabei muss der Anfechtungsgegner die Rechtshandlung, welche die Gläubigerbenachteiligung ausgelöst hat, nicht in allen Einzelheiten kennen (BGH, Urt. v. 12.04.2018, a.a.O., Rn. 9). Vielmehr hat bereits derjenige allgemeine Kenntnis von dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, der im Wissen um die Willensrichtung des Schuldners auf der Grundlage einer von diesem tatsächlich veranlassten Rechtshandlung befriedigt wird, die unter den äußerlich zutage getretenen Gegebenheiten nach allgemeiner Erfahrung auf den Schuldner zurückgehen kann (BGH, Urt. v. 12.04.2018, a.a.O., Rn. 13; Urt. v. 24.10.2013, a.a.O. Rn. 19).
25Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist hier zu differenzieren: Die Beklagte konnte zwar möglicherweise die von dem Schuldner veranlasste Überweisung als solche erkennen, da sie – anders als bei dem am gleichen Tag gezahlten Betrag i.H.v. 1.764,02 EUR – nicht als „Drittschuldnerzahlung“ gekennzeichnet war (Anl. K 2 = Bl. 11 GA) und ganz offensichtlich außerhalb der Frist des § 835 Abs. 3 S. 2 ZPO stattfand. Es ist aber nicht vorgetragen, dass sie auch erkannt hat, dass der Schuldner das Pfandrecht, aufgrund dessen sie eine Gläubigerbenachteiligung ausschließen konnte, erst werthaltig gemacht hat, oder dass ihr Umstände bekannt waren, aus denen dies nach allgemeiner Erfahrung zu schließen war. Insbesondere ist eine Kenntnis der Beklagten davon, dass das Konto des Schuldners bei Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung einen Negativsaldo aufwies, nicht vorgetragen. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, der der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BGH vom 19.09.2013 (IX ZR 3/13, DZWIR 2014, 85 ff.) zugrunde liegt. Dort hatte nämlich der Gläubiger Kenntnis davon, dass die Pfändung in das Konto der dortigen Schuldnerin mangels hinreichender Deckung fehlgeschlagen war, und konnte daher eine Befriedigung mangels greifbarer Anhaltspunkte für eine andere Gestaltung redlicherweise nur noch durch eine Rechtshandlung der Schuldnerin, namentlich das auf der Hand liegende Auffüllen des Kontos, erwarten (BGH, Urt. v. 19.09.2013 – IX ZR 4/13, DZWIR 2014, 85, 87 Rn. 25 f.). Eine derartige Kenntnis der Beklagten lässt sich hier indessen nicht feststellen. Die Sparkasse D. hat die Drittschuldnererklärung erst am 09.04.2014, also nach den angefochtenen Zahlungen abgegeben (Anl. K5 = Bl. 18 GA). Eine Kenntnis von der Überweisung des Schuldners i.H.v. 149.760 EUR auf das Konto am 01.04.2014 ist nicht behauptet. Der Schuldner selbst hat bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht lediglich erklärt, er habe „über diese ganzen Sachen mit der zuständigen Mitarbeiterin der Stadt D. telefoniert“. Die Klägerin hat trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats im Beschluss vom 11.10.2018 nicht vorgetragen, dass dieses Telefonat vor der gezielten Auffüllung des Kontos stattgefunden hat und dass diese dabei auch zur Sprache gekommen ist. Anders als in dem vom Bundesgerichthof entschiedenen Fall ließ allein der Umstand, dass der Schuldner die Zahlung an die Beklagte veranlasst hat, nicht darauf schließen, dass er zuvor die Pfändung durch Auffüllen des Kontos erst werthaltig gemacht hatte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Beklagte – wie die Klägerin geltend macht – durch die Gewerbeuntersagung vom 27.03.2014 einen erheblichen Vollstreckungsdruck auf den Schuldner ausgeübt hat. Die Beklagte musste nämlich nicht zwingend davon ausgehen, dass die Pfändung zunächst mangels eines Guthabens auf dem Konto ins Leere gegangen war. Einen entsprechenden Erfahrungssatz, den die Klägerin meint, aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.09.2013 (a.a.O.) herleiten zu können, gibt es nicht. Da es sich um das Geschäftskonto des Schuldners handelte, bestand vielmehr durchaus die Möglichkeit, dass im Zeitpunkt der Bewirkung der Pfändung entsprechendes Guthaben auf dem Konto vorhanden war. Dann wäre eine Anfechtung des Pfandrechts nach § 133 Abs. 1 InsO bereits an der fehlenden Rechtshandlung des Schuldners gescheitert.
262.3. Ist danach das Pfandrecht der Beklagten insolvenzfest, sind die Zahlungen nicht anfechtbar, weil sie aufgrund des Absonderungsrechtes der Beklagten die Gläubiger nicht benachteiligt haben. Dem steht nicht entgegen, dass die Sparkasse D. möglicherweise ein vorrangiges AGB-Pfandrecht an dem Guthaben auf dem Geschäftsgirokonto des Schuldners hatte. Zum einen hat der Schuldner bei seiner Anhörung vor dem Landgericht bekundet, dass die Sparkasse von dem Geld, das er auf das Konto eingezahlt hat, zunächst einen Betrag in Höhe des in Anspruch genommenen Überziehungskredits zurückbehalten hat. Die Mitarbeiterin der Sparkasse, die Zeugin Roß, hat ausgesagt, dass die (weiteren) Sicherungsrechte der Sparkasse seinerzeit nicht fällig gewesen seien. Zum anderen hat die Sparkasse dadurch, dass sie die Überweisungen des Schuldners zu Gunsten der Beklagten zugelassen hat, insoweit jedenfalls konkludent auf ihr Pfandrecht verzichtet.
273. Da ein Rückgewähranspruch nicht besteht, entfällt auch der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
28III.
29Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
30Die Revisionszulassung ist nicht veranlasst, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
31Die Beschwer der Klägerin liegt über 20.000 EUR.
32Streitwert: 82.000 EUR.