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I. Die Betroffenen und Nebenbetroffenen werden wegen einer jeweils vorsätzlichen Kartellordnungswidrigkeit zu jeweils folgenden Geldbußen verurteilt:
der Betroffene W1 zu einer Geldbuße in Höhe von
30.000 Euro,
der Betroffene T1 zu einer Geldbuße in Höhe von
25.000 Euro,
der Betroffene M1 zu einer Geldbuße in Höhe von
7.500 Euro,
der Betroffene B1 zu einer Geldbuße in Höhe von
5.000 Euro,
der Betroffene S1 zu einer Geldbuße in Höhe von
25.000 Euro,
der Betroffene M2 zu einer Geldbuße in Höhe von
7.500 Euro,
die Nebenbetroffene C1 GmbH & Co. KG zu einer Geldbuße in Höhe von
8.500.000 Euro,
die Nebenbetroffene D1 GmbH & Co. KG zu einer Geldbuße in Höhe von
5.000.000 Euro,
die Nebenbetroffene H1 GmbH & Co. KG zu einer Geldbuße in Höhe von
7.000.000 Euro,
die Nebenbetroffene G1 GmbH & Co. KG zu einer Geldbuße in Höhe von
500.000 Euro,
der Nebenbetroffene C2 e.V. zu einer Geldbuße in Höhe von
130.000 Euro.
II. Die Betroffenen und Nebenbetroffenen haben die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften:
§ 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 1 GWB, § 81 Abs. 4 Satz 1 bis 3 GWB, §§ 9, 14, 17, 30 Abs. 1 Nr. 4 und 5 OWiG.
Gründe:
2Übersicht - Im Verkaufsleiterausschuss der L5 e.V. bestand zwischen den dortigen Repräsentanten verschiedener Herstellerunternehmen bzw. Lieferanten der Süßwarenbranche spätestens ab dem 5. Juni 2003 und bis zum 7. Februar 2008 die im Wege eines sogenannten Gentlemen´s Agreement zustande gekommene Grundübereinkunft zu einem Austausch von Geschäftsinformationen aus und zu den alljährlichen Konditionenverhandlungen mit identifizierten Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels (sog. Jahresgespräche) und aus und zu deren unterjährigen Sonderforderungen und Sonderforderungskampagnen. Da sich während des gesamten Zeitraums die mittels ihrer Leitungspersonen hieran beteiligten Nebenbetroffenen C1 GmbH & Co. KG und H1 GmbH & Co. KG auf dem deutschen Süßgebäckmarkt als marktstarke Wettbewerber begegneten, hatte die vorbezeichnete allgemeine Grundübereinkunft im Verhältnis der im Ausschuss vertretenen Süßgebäckhersteller von vorneherein auch eine nach § 1 GWB verbotene Vereinbarung zum Gegenstand. An der Aufrechterhaltung und Umsetzung dieser verbotenen Vereinbarung wirkten im Laufe der Zeit auf Seiten der Nebenbetroffenen C1 GmbH & Co. KG als deren Leitungspersonen zeitlich aufeinanderfolgend C3, X2, der Zeuge K1 sowie schließlich spätestens ab dem 28. Februar 2007 der Betroffene W1, sowie auf Seiten der Nebenbetroffenen H1 GmbH & Co. KG als deren Leitungspersonen I1 und nach diesem jedenfalls ab dem 21. November 2007 der Betroffene M1 vorsätzlich mit. Darüber hinaus erwuchs aus der im gesamten Tatzeitraum ununterbrochen fortbestehenden allgemeinen Grundübereinkunft aller im Ausschuss vertretenen Unternehmen durch den Beitritt des Betroffenen T1 als Leitungsperson der weiteren Nebenbetroffenen D1 GmbH & Co. KG bei gleichzeitiger Ausschussmitgliedschaft der marktführenden T2 GmbH & Co. KG und der L4 GmbH und Co. Kommanditgesellschaft spätestens zum 22. November 2006 eine weitere kartellrechtswidrige Vereinbarung zwischen den auf dem deutschen Bonbon-Markt im Wettbewerb stehenden Herstellerunternehmen und Lieferanten. Wegen ihrer im Zeitraum vom 5. Juni 2003 bis 7. Februar 2008 fortlaufenden Unterstützung und Förderung der genannten verbotenen Grundvereinbarungen fallen aufgrund des im Ordnungswidrigkeitenrecht geltenden Einheitstäterbegriffs auch dem Betroffenen B1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen G1 GmbH & Co. KG, ferner dem Betroffenen S1 als Repräsentant des Nebenbetroffenen C2 e.V. und dem Betroffenen M2 jeweils ordnungswidrige Zuwiderhandlungen zur Last. Überdies müssen sich die Nebenbetroffenen – mit Ausnahme der Zuwiderhandlungen des Betroffenen M2 und der Zeugin F3, die keine Leitungspersonen im Sinne des § 30 OWiG waren - die Zuwiderhandlungen ihrer jeweiligen Repräsentanten im Verkaufsleiterausschuss zurechnen lassen, weshalb auch sie mit einer Geldbuße zu belegen waren.
3Im Einzelnen:
4I.
5Feststellungen
6A. Einleitung
71. Die Struktur des Süßwarenabsatzes in Deutschland
8Die Süßwarenbranche umfasst nach branchenüblichem Verständnis die industrielle Herstellung und den Vertrieb von insbesondere Schokoladenwaren, Zuckerwaren und Süßgebäck, traditionell aber auch salzige Snacks (Knabbererzeugnisse wie Kartoffelchips, Salzgebäck etc.). Zu den Schokoladenwaren zählen etwa Tafelschokolade, Schokoladenriegel und Pralinen. Unter Zuckerwaren werden im Allgemeinen beispielsweise Bonbons, Frucht- und Weingummi und Schaumzuckererzeugnisse verstanden. Süßgebäck sind vor allem Kekse, Waffeln und Waffelmischungen.
9Von diesen unter dem Begriff der Süßwaren üblicherweise nur erfassten – und vorliegend allein interessierenden - Enderzeugnissen zu unterscheiden sind die sogenannten Halberzeugnisse wie etwa Rohmassen, Sirupe und gehackte, gehobelte oder gestiftelte Nussfrüchte. Diese werden zum Zweck ihrer industriellen oder gewerblichen Weiterverarbeitung beispielsweise an die Hersteller von Süßwaren-Enderzeugnissen als Nachfrager, in Form von Kleinpackungen aber als Zutaten zur Erstellung weiterer Speisen auch an den Endverbraucher vertrieben und decken deshalb gegenüber den unmittelbar zum Verzehr bestimmten Enderzeugnissen von vornherein völlig andere Bedarfe ab.
10Die deutsche Süßwarenindustrie bedient einen gewichtigen deutschen Konsum- und Genussmittelmarkt. Sie generiert jährlich rund 12,9 Mrd. Euro Umsatz und nimmt mit einem Anteil von etwa 10 % am Umsatz der deutschen Ernährungsindustrie teil.
11Der Absatz von Süßwaren erfolgt in Deutschland üblicherweise im indirekten Vertriebsweg vom Hersteller über den Lebensmitteleinzelhandel an den Endverbraucher/Konsumenten. Dabei ist grundlegend zwischen den sogenannten Handelsmarken (Eigenmarken), deren Markenzeichen sich in der Inhaberschaft eines Handelsunternehmens befindet und unter denen Produkte in der Regel nur in eigenen Handelsbetrieben des Markeninhabers oder seiner Handelsorganisation an den Konsumenten abgesetzt werden, und den vorliegend im Fokus stehenden Herstellermarken, unter denen der einzelne Süßwarenhersteller seine Markenartikel im indirekten Vertriebsweg typischerweise über verschiedene Handelsunternehmen dem Endkunden darbietet, zu unterscheiden. Kennzeichnend für den Absatz von Markenartikeln sind im Wesentlichen zwei verschiedene, hintereinander geschaltete sachliche Handelsstufen: Die Hersteller oder von ihnen eingeschaltete Import- bzw. Vertriebsunternehmen setzen als Anbieter ihre Süßwaren-Markenprodukte auf der vorgelagerten Handelsstufe an die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels als Nachfrager ab; diese wiederum vertreiben die so bezogenen Markenartikel auf der nachgelagerten Handelsstufe als Anbieter im eigenen Namen weiter an den nachfragenden Endverbraucher / Konsumenten.
12Auf der - hier allein interessierenden – ersten Handelsstufe des Absatzes an Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels bilden die Handelskonzerne und –ketten wie insbesondere die F1-Gruppe (F1, N1, T4, O1), die T3-Gruppe (M3, L1), die S2-Gruppe (S2, Q1), die N2-Gruppe (S3, F2 und im Tatzeitraum noch L2) und (damals) U1 sowie B3 und B4 den überwiegenden Teil der den anbietenden Herstellern gegenüberstehende Marktgegenseite. Sie kaufen – zumal es sich regelmäßig um sog. Vollsortimenter handelt - ein herstellerübergreifendes und Alternativen bietendes Sortiment an Süßwaren bei den Herstellern ein. Ob sie ein Produkt listen und in welchem Umfang sie gelistete Produkte beziehen, hängt insbesondere von ihrer Einschätzung ab, was in welcher Auswahlmöglichkeit der Endkunde in ihren Regalen erwartet und wie häufig ein solches Produkt weiterverkauft wird. Dabei spielt auch die Eignung vieler Marken-Süßwaren als sogenannte Zug- und Sonderangebotsartikel eine Rolle, da mit ihnen mittels besonderer Werbeaktionen des Handels
13– etwa Werbe-Handzettel und Produktpräsentation auf auffälligen Sonderflächen in den Einzelhandelsbetrieben (sog. Sonderplatzierung), auch zusätzlich zum Angebot desselben Markenartikels in der regulären Verkaufsregalfläche (sog. Zweitplatzierung) –
14vor allem in Verbindung mit preislicher oder mengenmäßiger Darbietung als Sonderangebote kurzfristig eine Absatz- und Umsatzerhöhung oder eine Erhöhung der Kundenfrequenz erreicht werden kann. Für die großen Handelsunternehmen und –ketten sind Süßwaren eine bedeutende Warengruppe, die zwischen 4 und 10 % ihres Gesamtumsatzes ausmacht.
15Die Absatzverhandlungen zwischen den einzelnen Herstellern und Handelsunternehmen werden gewöhnlich in sogenannten Jahresgesprächen geführt, die üblicherweise ab Herbst für das Folgejahr stattfinden und sich regelmäßig mit mehreren Verhandlungsrunden bis zum Ende des Jahres, teilweise auch in das – verhandelte – Folgejahr hinein erstrecken können. Eine Ausnahme in zeitlicher Hinsicht stellt das Handelsunternehmen L1 dar, welches zu Jahresgesprächen grundsätzlich erst zu Beginn des zu verhandelnden Jahres einlädt. Verhandelt wird in der Regel ein individuelles Paket vielfältiger Bezugskonditionen: Neben der Festlegung, welche Produkte des betreffenden Herstellers mit welchem zu erwartenden Umsatzvolumen das Handelsunternehmen für den verhandelten Zeitraum in sein Sortiment aufnimmt (gelistete Produkte), werden ausgehend von den Bruttopreislisten des jeweiligen Herstellers nicht nur die Liefer-, Abrechnungs- und Zahlungskonditionen, wie Rabatte, Skonti, Boni, Rechnungskonditionen und Zahlungsziele, ausgehandelt; verhandelt werden darüber hinaus speziell auch weitere Leistungen zum einen des Herstellers an den Handelskunden, so etwa in Höhe eines bezifferten Geldbetrages oder eines prozentualen Anteil vom Umsatz mit einzelnen Produkten oder den Produkten dieses Herstellers insgesamt bemessene Rückvergütungen und Werbekostenzuschüsse, die der Finanzierung eigener Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen des Händlers unter Einbeziehung von Produkten des leistenden Herstellers dienen, und zum anderen weitere Gegenleistungen des Handelskunden an den Hersteller, allem voran Art und Anzahl von Werbe- und Sonderpreisaktionen sowie Aktionsplatzierungen für Produkte dieses Herstellers. Die sich aus den verhandelten Konditionssystemen ergebenden Netto-Netto-Preise liegen deutlich unter den Bruttolistenpreisen und variieren je nach Verhandlungsposition und -status des Herstellers von Handelsunternehmen zu Handelsunternehmen.
16Neben den Jahresgesprächen gibt es bei entsprechendem Anlass aber auch unterjährige Konditionsverhandlungen zwischen Herstellern und ihren Handelskunden. Dies betrifft in der Regel sogenannte Sonderforderungen des Handels wie etwa zusätzliche Preisnachlässe oder Werbekostenzuschüsse sowie Aktionsbeteiligungen des Herstellers aus einem vom Handelsunternehmen definierten besonderem Anlass, beispielsweise Jubiläen (sog. Jubiläumsrabatte), Fusionen (sog. Hochzeitsrabatte) oder Marketingänderungen des Handelsunternehmens (beispielsweise der sog. Strukturbonus der S2). Gegenstand solcher unterjährigen Verhandlungen können aber auch solche Themen sein, die sonst Gegenstand der Jahresgespräche sind, wie etwa unterjährige Bruttopreiserhöhungen des Herstellers oder zusätzliche Werbeaktionen des Handels.
17Die Jahresgespräche und sonstigen Konditionsverhandlungen mit den benannten marktstarken Handelsunternehmen, Handelsketten und Handelskooperationen werden auf Seiten der Herstellerunternehmen in der Regel durch das sogenannte Key Account Management geführt. Hierunter wird – mit bei den einzelnen Herstellerunternehmen in den Einzelheiten durchaus unterschiedlichen Ausgestaltungen – im Allgemeinen die Betreuung solcher Handelskunden, denen eine besonders wichtige Rolle für die wirtschaftliche Existenz des Herstellerunternehmens zukommt, verstanden. Die Betreuung dieser wichtigen Kunden (sogenannte Key Accounts) durch spezielle Vertriebsmanager umfasst neben der Funktion des Key Account Managers als Schnittstelle zwischen seinem Unternehmen und dem Kunden für Vertriebsfragen allgemein unter anderem üblicherweise auch die Angebotserstellung und Angebotskoordinierung sowie die eigenverantwortliche Verhandlungsführung.
182. Die Betroffenen und Nebenbetroffenen
19a) Der Betroffene W1 und die Nebenbetroffene C1 sowie deren weiteren Vertriebsrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss zwischen 2003 und 2008
20Der Betroffene W1 ist gelernter Diplomökonom und derzeit als Vertriebsdirektor Mitglied der Geschäftsleitung der F4 Deutschland GmbH, einem Unternehmen der F4-Gruppe, die nach eigenen Unternehmensangaben in Deutschland marktführender Hersteller fruchthaltiger Getränke ist. Zuvor war der Betroffene W1 von 1991 bis August 2011 bei der Nebenbetroffenen C1 GmbH & Co. KG beschäftigt.
21Das … gegründete Familienunternehmen C1 wurde zwischen 1996 und 1999 neu strukturiert, wobei insbesondere das Süß- und Snackwarengeschäft getrennt und in verschiedenen Gesellschaften fortgeführt wurde. Seither wird das operative Geschäft des Bereichs Süßgebäck in der 1999 gegründeten Nebenbetroffenen C1 GmbH & Co. KG (im Folgenden: C1) fortgeführt.
22Persönlich haftende Gesellschafterin der Nebenbetroffenen ist die im Anteilsbesitz der Gesellschafter C5 und H2 befindliche C1 Verwaltungs-GmbH (...). Einziger Kommanditist der Nebenbetroffenen C1 ist Herr C5.
23Die Nebenbetroffene C1 hält ihrerseits 100%-ige Beteiligungen an anderen Unternehmen aus der Süßwarenbranche im Inland
24(C1 Beteiligungs-GmbH, …; C1 Fachservice GmbH, …; C6 GmbH, …; C7 Verwaltungsgesellschaft mbH, ...; C8 GmbH & Co. KG, ... - 100 % Kommanditanteile; C8 Verwaltungs-GmbH, ...; J1 GmbH, ...; M4 GmbH, …; U2 Vertriebs GmbH, …; W2-Verwaltungs GmbH & Co KG, ... - 100 % Kommanditanteile).
25Zu den von der Nebenbetroffenen hergestellten und vertriebenen Produkten gehören allgemein bekannte Marken wie u.a. …!, M5, N5, T5, …, …, …, P1, D2, B7, D3.
26Die Managementstruktur der Nebenbetroffenen C1 umfasst seit etwa Mitte der 1980er-Jahre ein hierarchisch gestuftes Key Account Management für Deutschland, welches seinerzeit durch den damaligen nationalen Verkaufschef der Nebenbetroffenen, den 2015 verstorbenen C3, aufgebaut und bis etwa Anfang der 1990er-Jahre geleitet wurde. Während das Key Account Management insbesondere die Konditionenverhandlungen mit den wichtigen Schlüsselkunden führte und Vereinbarungen traf, oblag deren Umsetzung vor allem durch Aufnahme und Bearbeitung konkreter Warenbestellungen sowie durch Konkretisierung und Ausführung vereinbarter Beteiligungen an (Werbe-)Aktionen der Abteilung Verkauf, die – auch „Feldbetreuung“ bezeichnet – nach Verkaufsgebieten und darunter in jeweils einem Gebietsleiter unterstehende Teams von Außendienstmitarbeitern strukturiert war. C3 leitete ab etwa 1991 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2003 als European Relationship Manager das ebenfalls von ihm aufgebaute europäische Key Account Management, blieb aber, zumal er im Verlaufe seiner insgesamt mehr als vierzigjährigen Vertriebstätigkeit für die Nebenbetroffene bestens mit den europäischen wie auch nationalen Handelskunden vernetzt und nicht zuletzt vor diesem Hintergrund im Unternehmen mit besonderen Aufgaben im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit dem Handel und die Anbahnung von Geschäften betraut war, weiterhin jedenfalls faktisch in die Leitung des deutschen Key Account Managements eingebunden, was sich auch in seiner C1-Repräsentanz im (nationalen) Verkaufsleiterausschuss der Konditionenvereinigung äußerte.
27Nach der Organisationsstruktur des C1-Managements oblag die Leitung des deutschen Vertriebsgeschäfts jedenfalls Ende 2004 einem Vertriebsgeschäftsführer, bevor im Januar 2005 der persönlich nicht verfolgte X2 mit der neuen Position eines Country Manager Deutschland die Gesamtverantwortung für den Vertrieb in Deutschland übernahm. In dieser Funktion eines nationalen Vertriebsleiters war der persönlich nicht verfolgte X2 einerseits unmittelbar dem Geschäftsführer Vertrieb Europa – damals S5 - nachgeordnet und andererseits Vorgesetzter der ihm unmittelbar unterstehenden nationalen Key Account Manager, die jeweils einen national tätigen Kunden betreuten und denen wiederum die Ressort- und Personalverantwortung für die ihnen nach Sachzusammenhang damit zugeordneten Key Account Manager mit Zuständigkeit für nur regional tätige Handelskunden (regionale Key Account Manager) oblag. Zu den nationalen Key Account Managern zählten bereits damals der Zeuge K1 und der Betroffene W1. In der Funktion des Country Managers leitete und überwachte X2 das deutsche Key Account Management der Nebenbetroffenen, bis er etwa im Mai 2006 das Unternehmen verließ, wobei er – ohne dass die Feststellungen eine zeitlich nähere Eingrenzung erlauben – zumindest zum Ende seiner Tätigkeit für die Nebenbetroffene über Gesamtprokura und zuvor jedenfalls über Handlungsvollmacht verfügte.
28Nachdem X2 das Unternehmen verlassen hatte, blieb die Position des Country Managers Deutschland zunächst vakant. Stattdessen wurden die Zuständigkeiten der zuvor etwa vier nationalen Key Account Manager auf zwei sogenannte Group Account Manager, nämlich den Zeugen K1 und den Betroffenen W1, konzentriert. In diesen neuen Positionen verantworteten der Zeuge K1 und der Betroffene W1 jeweils mehrere nationale Key Accounts, namentlich zum einen der Zeuge K1 die F1 und die beispielsweise die Handelskunden L1, H3 und E1 umfassende Handelskooperation N6, sowie zum anderen der Betroffene W1 die eher zentralistisch strukturierten Handelskunden wie S2 und N2. Beide leiteten die ihnen entsprechend zugeordneten Teams von Key Account Managern und berichteten unmittelbar dem Geschäftsführer Vertrieb Europa. Weder dem Zeugen K1 noch dem Betroffenen W1 war zu dieser Zeit Prokura eingeräumt, beide verfügten indes – wie es bei der Nebenbetroffenen C1 im Hinblick auf jede Tätigkeit eines Key Account Managers üblich war – über Handlungsvollmacht, die im Innenverhältnis in Gestalt insbesondere generell festgelegter Zeichnungsbudgets beschränkt war, und unterzeichneten im Außenverhältnis uneingeschränkt mit dem Zusatz „i.V.“ („In Vertretung“). Ihr Aufgabenbereich umfasste namentlich die eigenverantwortliche Verhandlung von Jahresgesprächen und sonstigen Konditionenvereinbarungen mit den ihnen jeweils zugeordneten nationalen und regionalen Kunden.
29Während der Zeuge K1 das Unternehmen am 31. Dezember 2006 verließ, verblieb der Betroffene W1 zunächst in seiner Position als Group Account Manager, bis er im November 2008 die bis dahin vakante Position des Country Managers Deutschland übernahm, die er bis zu seinem Ausscheiden aus der Nebenbetroffenen C1 im August 2011 bekleidete. Prokura erhielt der Betroffene W1 im Juli 2009.
30b) Der Betroffene T1 und die Nebenbetroffene D1 GmbH & Co. KG
31Der Betroffene T1 war zuletzt bis März 2016 Geschäftsführer eines Distributionsunternehmens für Markenartikel. Vor dieser Beschäftigung war er von Februar 2006 bis März 2014 als Prokurist und Leiter des Key Account Managements Mitglied der Geschäftsleitung der Nebenbetroffenen D1 GmbH & Co. KG in deren Komplementär-GmbH.
32Bei der Nebenbetroffenen D1 GmbH & Co. KG (nachfolgend: D1) handelt es sich um die deutsche Marketing- und Vertriebsgesellschaft für Zuckerwaren der Q2-Unternehmensgruppe und der englischen M6 Ltd.. Zu dem von ihr in Deutschland vertriebenen Markenportfolio zählen zum einen die von der Q2 – Unternehmensgruppe unter anderem hergestellten … Kaubonbons, … Fruchtkaubonbons, … Kaugummi, … Kaubonbons, … Pastillen und D4 Lollys und zum anderen die von der M6 Ltd. als Markeninhaber produzierten „G2“-Pastillen.
33Die Nebenbetroffene D1 wurde im Jahr 1999 – damals noch unter der Firmierung D4 N7 Süßwarenhandels GmbH & Co. KG - als Vertriebs-Joint Venture der zur spanischen D4-Gruppe gehörenden D4 Süßwarenhandels GmbH, ..., und der damaligen N7 Deutschland GmbH, einem Tochterunternehmen des niederländischen Süßwarenherstellers N7, gegründet. Im Zuge des späteren Zusammenschlusses der niederländischen N7-Gruppe mit der ebenfalls Süßwaren herstellenden italienischen Q3-Gruppe wurde die N7 Deutschland GmbH durch Verschmelzungsvertrag vom 16. Dezember 2004 auf die Q3 (Deutschland) GmbH, deren Firmierung zugleich in Q2 GmbH geändert wurde, als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Ebenfalls im Dezember 2004 trat die J2 Ltd. mit Sitz in .../Großbritannien mit Wirkung zum 1. Januar 2005 als weiterer Gesellschafter/Kommanditist dem Joint Venture bei. Im Jahr 2006 übernahm die Q2-Gruppe schließlich den spanischen Süßwarenhersteller D4 S.A. einschließlich des Mitgesellschafters im Joint Venture, die D4 Süßwarenhandels GmbH, deren sämtliche Geschäftsanteile alsdann im Juni 2007 auf die Mitgesellschafterin Q2 GmbH, ..., übertragen wurden. Die Gesellschafterstruktur der Nebenbetroffenen stellt sich seither wie folgt dar: Einziger persönlich haftender Gesellschafter der Nebenbetroffenen ist die D1 Verwaltungs GmbH mit Sitz in ...; sowohl das Stammkapital der Komplementär-GmbH als auch das Kommanditkapital der Nebenbetroffenen D1 werden nominell zu je 1/3 von der D4 Süßwarenhandels GmbH, der Q2 GmbH und der J2 Ltd. gehalten, wobei jedoch die D4 Süßwarenhandels GmbH ein 100%-iges Tochterunternehmen der Mitgesellschafterin Q2 GmbH ist, die ihrerseits mittelbar im 100%-igen Anteilsbesitz der niederländischen Q2 Group B.V. steht.
34c) Der Betroffene M1 und die Nebenbetroffene H1 sowie deren weiteren Vertriebsrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss zwischen 2003 und 2008
35.
36Der Betroffene M1 ist gelernter Diplom-Kaufmann. Er war von 1995 bis 2006 unter anderem als Regionaler Vertriebsdirektor und Koordinator Direktion Vertrieb bei dem Unternehmen M8 beschäftigt, bevor er vom 1. Februar 2007 bis September 2011 als Vertriebsleiter Deutschland für die Nebenbetroffene H1 GmbH & Co. KG tätig war. Prokura wurde ihm bei der Nebenbetroffenen erst mit Eintragungsdatum 18.04.2008 erteilt.
37Die Nebenbetroffene H1 GmbH & Co. KG (nachfolgend: H1) produziert und vertreibt neben Saisonartikeln (Lebkuchen) u.a. unter den Marken H4, H5, …, Q4 und … sowie vormals …. Feingebäck-Produkte, insbesondere Kekse und Biskuits mit und ohne Schokolade sowie Waffeln, und ferner ebenfalls unter den Marken … und … jeweils sogenannte Erfrischungsstäbchen. Daneben finden sich im Produktportfolio der Nebenbetroffenen etwa auch Salzgebäckerzeugnisse der Marke … sowie Trockenflachbrot-Produkte der Marke ….
38Persönlich haftende Gesellschafter der Nebenbetroffenen H1 sind zum einen die H1 Verwaltungs-GmbH mit Sitz in .../Österreich und zum anderen Herr M9. Einzige Kommanditistin mit einer Kapitalbeteiligung in Höhe von 23.500.000 € ist seit ihrem Eintritt im Wege der Sonderrechtsnachfolge nach dem ausgeschiedenen H8 im April 2014 die B9 - Stiftung (rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts), ...; die vormalig weitere Kommanditistin, die E2 GmbH (Haar), ist unter Übergang deren Gesellschaftsanteils im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf den persönlich haftenden Gesellschafter M9 im Jahr 2007 ausgeschieden. Gesellschafter der Komplementär-GmbH H1 Verwaltungs-GmbH sind wiederum die B9 – Stiftung, ..., und Herr M9. Die Nebenbetroffene H1 verfügt über Produktionsstandorte in ... (Rheinland-Pfalz), ... (Nordrhein-Westfalen), ... (Thüringen), ... (Baden-Württemberg) und ... (Sachsen).
39In der Organisationsstruktur der Nebenbetroffenen H1 gehörte jedenfalls in der Zeit zwischen 2003 und 2008 die Position des Vertriebsleiters Deutschland (Leitung Vertrieb Kunden Inland) zur zweiten Führungsebene des Unternehmens nach dem Geschäftsführer Vertrieb & Marketing sowie neben den Leitern Vertrieb Export und Marketing. Diese Position bekleideten vom 1. Oktober 2001 bis zu dessen krankheitsbedingten Ausscheiden 2007 der mit Gesamtprokura ausgestattete I1 und nach kurzer Vakanz anschließend in der Zeit vom 1. Februar 2007 bis September 2011 der Betroffene M1. Dem inländischen Vertriebsleiter nachgeordnet waren neben dem Nationalen Verkaufsleiter, dem wiederum die Gebietsverkaufsleiter unterstanden, und ferner neben der Abteilung Sales Support insbesondere auch die verschiedenen Key Account Manager. Als Vertriebsleiter waren sowohl der Ende 2007 verstorbene I1 als auch hiernach der Betroffene M1 jeweils an den Jahresgesprächs- und sonstigen Konditionsverhandlungen mit jedenfalls bundesweit tätigen Handelskunden persönlich beteiligt. Während der bereits angesprochenen kurzen Vakanz in der Vertriebsleiterposition Ende 2007 / Anfang 2008 nahm aus dem Kreis der Key Account Manager die Zeugin F3 als stellvertretende Vertriebsleiterin die damit verbundenen Aufgaben wahr; die Zeugin hatte keine Prokura; ob sie über Vertretungsvollmacht für die Nebenbetroffene mit einem gewissen eigenständigen Entscheidungsspielraum verfügte, konnte nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden, zumal die Zeugin F3 nach eigenem Bekunden auch in ihrer Funktion als stellvertretende Vertriebsleiterin nur mit vorheriger Genehmigung der Geschäftsleitung Erklärungen nach außen abgab.
40d) Der Betroffene B1 und die Nebenbetroffene G1
41Der Betroffene B1 befindet sich seit Ende 2009 im Ruhestand. Zuvor war er bei der Nebenbetroffenen G1 GmbH & Co. KG im Vertrieb beschäftigt.
42Die Nebenbetroffene G1 GmbH & Co. KG (nachfolgend: G1) produziert und vertreibt Tafelschokoladen, Schokoladenspezialitäten und hochwertige Pralinen insbesondere unter der Marke G1. Alleinige Kommanditistin der Nebenbetroffenen G1 ist die I3 GmbH, die zugleich sämtliche Stammkapital-Anteile an der einzigen persönlich haftenden Gesellschafterin, der I4-GmbH, hält. Diese Gesellschafterstruktur teilt die Nebenbetroffene G1 mit ihrer desgleichen in der Produktion und dem Vertrieb hochwertiger Schokoladenwaren tätigen Schwestergesellschaft, der I5 GmbH & Co. KG in .... Alleinige Gesellschafter der I3 GmbH waren von etwa Sommer 2000 bis 2012 der Zeuge O2 und L7. In dieser Zeit bildete die Nebenbetroffene G1 gemeinsam mit ihrer Schwestergesellschaft den operativen Teil der sogenannten I4-Unternehmensgruppe, wobei das Kürzel I4 für die I3 GmbH als die gemeinsame Kommanditistin und einzige Gesellschafterin der gemeinsamen Komplementär-GmbH stand. Im Jahr 2012 erwarb die dänische U4 Gruppen A/S, die sich ebenfalls mit der Herstellung und dem Vertrieb von Süßwaren befasst, sämtliche Geschäftsanteile an der I3 GmbH, so dass über diese die Nebenbetroffene G1 ebenso wie ihre Schwestergesellschaft nunmehr zu diesem internationalen Konzernverbund gehören.
43In der Organisationsstruktur der I4-Unternehmensgruppe bestanden spätestens seit Juli 2000 unterhalb des Geschäftsführers Marketing & Vertrieb, damals der Zeuge O2, die Führungspositionen eines Vertriebsleiters zum einen für G1-Produkte und zum anderen für I5-Produkte. Vertriebsleiter G1 war seinerzeit der bereits seit 1988 über Gesamtprokura verfügende Betroffene B1. Ihm nachgeordnet waren u.a. zwei Key Account Manager und zwei Gebietsverkaufsleiter, wobei die Aufgabenverteilung zwischen Key Account Management und den Gebietsverkaufsleitern auch im Fall der Nebenbetroffenen G1 im Kern darin bestand, dass die Gebietsverkaufsleiter in den ihnen zugeordneten Regionen die von den Key Account Managern vorbereiteten Kundenvereinbarungen umsetzten.
44Aus gesundheitlichen Gründen wechselte der Betroffene B1 im Verlauf des Jahres 2001 aus seiner Stellung als Vertriebsleiter G1 in die nachgeordnete Position eines Key Account Managers. Neuer Vertriebsleiter wurden statt seiner zunächst ein Herr N9 und anschließend der Zeuge U3. In seiner neuen Funktion betreute der Betroffene B1 – jedenfalls im Verlaufe der Zeit bis zu seiner Pensionierung - als Handelskunden die Kaufhäuser L3 und L2, eine F1-Regionalgesellschaft, das damalige Handelsunternehmen N1 sowie verschiedene bedeutende Süßwarenfachhändler wie I6, …. Süßwaren, … und …. Im Hinblick auf diese Kunden umfasste sein neues Aufgabengebiet vor allem die eigenverantwortliche Vorbereitung und Führung der Jahresgespräche auf der Grundlage jeweils mit dem Vertriebsleiter kundenspezifisch abgestimmter Konditionsrahmen. Hierzu verfügte der Betroffene zwar nicht mehr über Prokura, aber– wie jeder Key Account Manager der Nebenbetroffenen G1 – über Handlungsvollmacht, die im Innenverhältnis im Wesentlichen nur hinsichtlich zentraler Kunden durch das Erfordernis einer Absprache mit dem Vertriebsleiter beschränkt war. In der Praxis erteilte der Vertriebsleiter jedoch für Verhandlungen mit kleineren Handelskunden und darüber hinaus bis zu bestimmten Wertvolumen von Konditionsforderungen des Handels seine Zustimmung. Allerdings herrschte im Hause der Nebenbetroffenen G1 ein Vieraugenprinzip mit der Folge, dass schriftliche Erklärungen nach außen grundsätzlich zweier Unterschriften, nämlich neben der des Key Account Managers noch diejenige des Vertriebsleiters oder des Vertriebs-Geschäftsführers bedurfte.
45e) Die Betroffenen M2 und S1 sowie der Nebenbetroffene C2 e.V.
46Die Betroffenen M2 und S1, beide zugelassene Rechtsanwälte, sind nach wie vor beim Nebenbetroffenen C2 e.V. beschäftigt.
47Bei dem C2 e.V. (nachfolgend: C2) handelt es sich um einen Wirtschafts- und Arbeitgeberverband der deutschen Süßwarenindustrie. Ihm gehören über 200 vorwiegend herstellende oder vertreibende Unternehmen aus der Süßwarenbranche mit etwa 250 Betrieben als Mitglieder an, zu denen u.a. auch die Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1 bereits im Tatzeitraum zählten. Nach eigenen Angaben sind in ihm rund 90 % der deutschen Süßwarenproduktion organsiert und repräsentiert. Dabei versteht der Verband sich als Vertreter der wirtschaftlichen Interessen der vor allem mittelständischen Unternehmen der deutschen Süßwarenindustrie auf nationaler und internationaler Ebene. Er ist nach dem Regionalprinzip als auch sachlich nach Fachsparten gegliedert. Jedes Mitgliedsunternehmen gehört mindestens einer Landesgruppe wie auch – je nach den erzeugten Produkten – mindestens einer der Fachsparten Schokoladenwaren (Schokolade, Schokoladenerzeugnisse und Kakao), Zuckerwaren, Feine Backwaren, Eiskrem, Knabberartikel und Rohmassen an. Neben seinem als Präsidium bezeichneten Vereinsvorstand verfügt der Nebenbetroffene C2 über eine Geschäftsführung mit Sitz in ..., die aus dem Hauptgeschäftsführer und die ihm nachgeordneten Geschäftsführer, denen wiederum akademische Referenten zur Seite stehen, besteht. Die Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Geschäftsführung ergibt sich unter Berücksichtigung des § 16 der Satzung des Nebenbetroffenen C2 i.d.F. vom 18.05.2006 und der Verbandspraxis wie folgt: Der Hauptgeschäftsführer koordiniert als Leiter der Geschäftsführung die Arbeiten aller Geschäftsführer, ferner betreut er die Präsidialaufgaben und ist für die laufenden Geschäfte der Vereinsverwaltung zuständig; die Geschäftsführer betreuen in der Regel jeweils eine oder mehrere Fachsparten; die Referenten sind mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben innerhalb der Geschäftsführung betraut; die Mitglieder der Geschäftsführung haben hinsichtlich der ihnen zugewiesenen Aufgaben Vertretungsmacht i.S. des § 30 BGB.
48Der Betroffene M2 war seit 1999 zunächst als Referent des Verbandes in dessen Geschäftsstelle tätig, bevor er im Jahr 2009 Geschäftsführer mit der Zuständigkeit für die Fachsparte Bonbons und Zuckerwaren sowie ferner für die Aufgabenbereiche Lebensmittelrecht (Gesetzgebung), Qualitätsmanagement, Hygienefragen und schließlich Lebensmittelrecht der Fachsparte Bonbons und Zuckerwaren und Feine Backwaren wurde. Er ist – soweit festzustellen – erst seit Januar 2010 Besonderer Vertreter des C2 nach § 30 BGB.
49Der Betroffene S1 fand nach seiner Zweiten juristischen Staatsprüfung am … eine Anstellung beim C2, wo er zunächst als Geschäftsführer der Fachsparte Zuckerwaren tätig war und seit dem 01.04.2000 die Position des Hauptgeschäftsführers innehat. Er ist spätestens seither Besonderer Vertreter des C2 nach § 30 BGB. Während seiner Tätigkeit im Nebenbetroffenen C2 hat der Betroffene S1 auch Aufgaben in weiteren Organisationen der Süßwarenindustrie wahrgenommen, so war er etwa von 1989 bis 2000 Geschäftsführer des vor allem exportierende Süßwarenhersteller betreuenden … e.V. und gehört seit jedenfalls Mai 2001 als Stellvertretender Vorsitzender dem Vorstand des L5 e.V. an.
503. Die Konditionenvereinigung und weitere beteiligte Personen
51Um gemeinsame Interessen betreffend einzelner Geschäftsbedingungen im Saisongeschäft gegenüber dem bereits damals als übermächtig empfundenen Lebensmitteleinzelhandel besser durchsetzen zu können, gründeten verschiedene Mitgliedsunternehmen des Nebenbetroffenen C2 1969 den L5 e.V. (im Folgenden: die Konditionenvereinigung). Hierbei handelt es sich um ein in der Rechtsform des eingetragenen Vereins bestehendes und vom Bundeskartellamt mit Wirkung zum 1. April 1970 in das Kartellregister eingetragenes Kartell von Süßwarenherstellern, dessen jeweils beteiligte Mitgliedsunternehmen sich wechselseitig verpflichten, durch das Kartell aufgestellte Konditionen in allen Geschäften mit ihren Abnehmern zugrunde zu legen. Dies betrifft präzise definierte Geschäfts-, Liefer- und Zahlungsbedingungen vor allem auch im Saisonartikelgeschäft (Weihnachten und Ostern), insbesondere das Verbot der Warenrücknahme von unbeschädigten und unverdorbenen Saisonartikeln und einheitliche Grundsätze für die Skontierung und Valutierung von Rechnungen, insoweit speziell für Zahlungsfristen im Saisongeschäft. Der seinerzeit in das Kartellregister eingetragene Kartellgegenstand wurde im Verlaufe der Zeit verschiedentlich im Hinblick auf die Konditionen der Skontierung und Valutierung sowie auf das Verbot einer Warenrücknahme modifiziert, zuletzt im Jahre 1982.
52Die Mitgliedschaft in der Konditionenvereinigung war und ist nicht automatisch mit der Mitgliedschaft im Nebenbetroffenen C2 verbunden, jedoch stark an diese angelehnt. Mitglied der Konditionenvereinigung kann nach § 3 der Vereinssatzung (1) jede Firma werden, die entweder dem Nebenbetroffenen C2 angehört oder bei der die Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft zu diesem Bundesverband vorliegen, ferner aber auch (2) jedes ausländische Herstellerunternehmen, welches Ware der Konditionenvereinigung (Süßwaren außer Speiseeis) in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einführt oder einführen lässt, ebenso wie (3) selbständige und unselbständige Importeure und Exporteure (Firmen oder natürliche Personen), die Waren der Vereinigung in deren Geltungsbereich einführen; darüber hinaus sollen auch (4) selbständige Vertriebsfirmen der Mitglieder selbst Mitglied werden, soweit sie Waren der Konditionenvereinigung vertreiben. Jedes Mitglied hat die sich aus der Satzung ergebenden Verpflichtungen, insbesondere diejenige zur Anwendung der von der Mitgliederversammlung beschlossenen [§ 7 Nr. 1 a) der Satzung der Konditionenvereinigung] Konditionen bzw. zur Beachtung des in den Konditionen enthaltenen Verbots der Rücknahme von Saisonartikeln bei allen im Inland abgewickelten Geschäften zu befolgen (§ 5 Nr. 1 der Satzung der KV).
53Die Konditionenvereinigung wird durch einen von der Mitgliederversammlung im Zweijahresrhythmus gewählten siebenköpfigen Vorstand einschließlich dessen Vorsitzenden und seines Stellvertreters geleitet und vertreten (§ 8 der Satzung der L5 e.V.). Vorsitzender des Vorstandes war von 1989 bis mindestens Ende 2008 der Zeuge H6, damals Gesellschafter-Geschäftsführer der X3 GmbH & Co. KG, bei der es sich zu dieser Zeit um einen nahezu nur an Großverbraucher absetzenden Hersteller von Dauer- bzw. Feinbackwaren ohne nennenswerte Aktivitäten im Lebensmitteleinzelhandel handelte. Die laufenden Geschäfte der Vereinsverwaltung, insbesondere die Organisation von Sitzungen des Vorstandes und anderer Vereinsgremien obliegt innerhalb der Konditionenvereinigung einem Geschäftsführer. Zu dessen Aufgabenbereich gehört ferner die Mitgliederberatung mit einem Schwerpunkt in der juristischen Überprüfung von Zentralabkommen/Rahmenverträgen über Einkaufsbedingungen mit Handelsorganisationen.
54Die Konditionenvereinigung ist zwar eine gegenüber dem Nebenbetroffenen C2 rechtlich verselbständigte Interessenorganisation. Dennoch besteht zwischen beiden Verbänden eine Verbundenheit, wie sie sich nicht nur in der satzungsmäßigen Anlehnung der Voraussetzungen einer Mitgliedschaft in der Konditionenvereinigung zuvorderst an eine gleichzeitige Mitgliedschaft im Nebenbetroffenen C2 oder an die Erfüllung dessen Mitgliedschaftsvoraussetzungen zeigt. Vielmehr bestand auch eine enge personelle Verflechtung beider Körperschaften mit Blick darauf, dass die Konditionenvereinigung von ihrem Beginn an über keinen eigenen Verwaltungsapparat verfügte, sondern gegen an den Nebenbetroffenen C2 jährlich entrichtete Entgelte auf dessen Personal- und Sachmittel zurückgegriff: So stellte der Nebenbetroffene C2 der Konditionenvereinigung gegen ein jährlich von ihm mit Umsatzsteuer in Rechnung gestelltes und verbuchtes Honorar Geschäftsführer bzw. Referenten aus seiner ...er Geschäftsstelle nebst den ihnen in der Organisation des C2 jeweils zugeordneten Sekretariatskräften für die Erledigung der dem Geschäftsführer der Konditionenvereinigung obliegenden Aufgaben und Tätigkeiten zur Verfügung; auf dieser Grundlage waren als Geschäftsführer der Konditionenvereinigung etwa zwischen 1974 bis 2001 mit I7 (1974 – 1983), E3 ( 1983 – 1989) und T6 (1989 – 2001) jeweils ein Geschäftsführer und seit 2001 der Betroffene M2 zunächst als Referent und seit 2008 als Geschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 tätig; ferner zahlte die Konditionenvereinigung an den Nebenbetroffenen C2 für die im Rahmen ihrer Geschäftsführung genutzten sachlichen Betriebsmittel des Nebenbetroffenen C2 eine jährliche Pauschale für Verwaltungskosten (anteilige Miete sowie anteilige Kosten für Büromaterial, Telefon und Porto). Obwohl der Nebenbetroffene C2 selbst rechtlich weder Mitglied der Konditionenvereinigung sein konnte, weil dies – wie bereits ausgeführt – gerade die zumindest mögliche Mitgliedschaft in ihm selbst voraussetzte, noch faktisches Mitglied der Konditionenvereinigung war, gehörte ab mindestens dem 12. Mai 2001 des Weiteren der Betroffene S1 gerade in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer und Repräsentant des Nebenbetroffenen C2 dem Vorstand der Konditionenvereinigung als dessen Stellvertretender Vorsitzender an. Ob die Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes der Konditionenvereinigung – wie die Verteidigung des Nebenbetroffenen C2 es im Rahmen ihres Schlussvortrages gewürdigt hat - eine vom Betroffenen S1 vorgefundene, jahrzehntelang begründete Tradition war, d.h. ob vor dem Betroffenen S1 auch dessen Vorgänger im Amt des C2-Hauptgeschäftsführers dem Vorstand der Konditionenvereinigung angehörten, konnte in der Hauptverhandlung nicht festgestellt werden. In jedem Fall jedoch bestand mit der Einbindung des Betroffenen S1, der als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 zugleich Vorgesetzter der jeweils in die Funktion eines Geschäftsführers der Konditionenvereinigung entsandten Mitarbeiter des Nebenbetroffenen C2 war, in die Vorstandstätigkeit der Konditionenvereinigung eine zumindest faktische Möglichkeit zur Einflussnahme durch den Nebenbetroffenen C2 auf die Tätigkeit der Konditionenvereinigung in Hinsicht auf die sich teils deckenden Verbandsinteressen. Schließlich zeigte die Konditionenvereinigung ihre funktionelle wie auch organisatorische Verbundenheit mit dem Nebenbetroffenen C2 in ihrem Erscheinungsbild nach außen wie auch gegenüber ihren Mitgliedern dadurch, dass sie etwa auf ihren Schreiben jedenfalls ab 1999 durchgängig das beim Bundesverband selbst auch erst im Dezember 1998 eingeführte C2-Logo verwendete. Selbst wenn dies – wie die Verteidigung des Nebenbetroffenen C2 es im Rahmen ihres Schlussvortrages geltend gemacht hat – lediglich auf einem der Personalunion von Geschäftsführung der Konditionenvereinigung und Geschäftsstelle des Nebenbetroffenen C2 geschuldetem Versehen beruhte, zeigt sich vor allem in der allseits widerspruchslosen Akzeptanz dieser dann fehlerhaften Praxis die hohe Verbundenheit beider Verbände in der Zusammenarbeit und Eigenwahrnehmung.
55In der Konditionenvereinigung bestand ein als Verkaufsleiter-Ausschuss bezeichnetes Gremium, das einem ständigen Informationsaustausch von nationalen Verkaufsleitern aus dem Kreis der Mitgliedsfirmen dienen sollte. In diesem Gremium sollten nach der eigenen Zielsetzung in der Konditionenvereinigung die wichtigsten Fachsparten des C2 durch Repräsentanten der verschiedenen Unternehmensgrößen und der wichtigsten Produktgruppen angemessen und möglichst paritätisch vertreten sein. Dementsprechend waren nicht alle der Konditionenvereinigung angehörenden Unternehmen auch im Verkaufsleiterausschuss vertreten. Darüber hinaus war die Zugehörigkeit zu diesem Gremium zwar unternehmensorientiert, aber personenbezogen, d.h. während Mitglied der Konditionenvereinigung das jeweilige Unternehmen war, bestand die Mitgliedschaft im Verkaufsleiterausschuss in der Person dessen Repräsentanten. Wer als solcher Repräsentant in Frage kam, blieb allerdings wiederum dem jeweiligen Mitgliedsunternehmen überlassen. Der Unternehmensrepräsentant sollte jedoch eine führende Stellung im Vertrieb des jeweiligen Unternehmen innehaben, aufgrund derer er eine sachlich kompetente Mitarbeit zu den im Gremium diskutierten Vertriebsfragen versprach, und zum anderen in persönlicher Hinsicht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Gremium erwarten lassen. Dabei war die Teilnehmerstruktur jedoch nicht starr. Vielmehr wechselten verschiedentlich die Vertriebsrepräsentanten eines dort weiterhin vertretenen Mitgliedunternehmens, oder es schieden repräsentierte Unternehmen im Laufe der Zeit aus oder traten Repräsentanten zuvor dort noch nicht vertretener Unternehmen neu hinzu. Gerade im Falle von Neuzutritten bestand dabei im Verkaufsleiterausschuss die Übung, dass der Unternehmensrepräsentant zunächst als Gast zu etwa zwei bis drei Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses eingeladen wurde, bevor ihm eine ständige Teilnahme als Ausschussmitglied angetragen wurde. Wer im Einzelnen hierüber entschied, ob dies insbesondere der Vorstand oder der Verkaufsleiterausschuss als Gremium selbst war, konnte nicht weiter aufgeklärt werden.
56Der Verkaufsleiterausschuss trat in Gestalt der sog. „Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung“ jedenfalls während des Zeitraums März 2002 bis einschließlich Januar 2008 stets gemeinsam mit dem Vorstand unter Leitung dessen Vorsitzenden in der Regel drei- bis viermal im Jahr zusammen. Während dieses Zeitraums waren
57(1) die Nebenbetroffene C1 zeitlich aufeinanderfolgend bis einschließlich Juni 2003 zunächst durch ihren damaligen Leiter des europäischen Key Managements C3 und sodann von Juni 2004 bis Januar 2006 durch ihren seinerzeitigen Key Account Manager sowie anschließend Country Manager X2, von Mai bis September 2006 durch den Zeugen K1 und ab November 2006 schließlich durch den Betroffenen W1,
58(2) die Nebenbetroffene H1 von Beginn an bis einschließlich November 2005 durch ihren damaligen Vertriebsleiter I1, anschließend von September 2006 bis Februar 2007 durch die Zeugin F3 und schließlich seit Mai 2007 durch den Betroffenen M1 und
59(3) die Nebenbetroffene G1 durchgängig durch den Betroffenen B1
60im Verkaufsleiterausschuss repräsentiert.
61Weitere im Verkaufsleiterausschuss vertretene – und hier nicht abschließend erwähnte –Unternehmen waren über den gesamten benannten Zeitraum von März 2002 bis Februar 2008 hinweg insbesondere (4) die B6 GmbH & Co. KG, (5) die A1 GmbH & Co. KG, (6) die D6 GmbH & Co. KG, (7) die Q6 GmbH & Co. KG, (8) die T2 GmbH & Co. KG und (9) die L4 GmbH & CO. KG. Die während dieser Zeit durch den Zeugen H7 als ihrem Geschäftsführer Vertrieb vertretene B6 GmbH & Co. KG (nachfolgend: S4) befasste sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Tafelschokoladen sowie anderer Schokoladenwaren u.a. unter den Marken S4, S4 M…, S4 R…, S4 Q…, S4 S…. Unter anderem mit der Herstellung und dem Vertrieb von Schokoladenprodukten befassten sich desgleichen die A1 GmbH & Co. KG und die D6 GmbH & Co. KG sowie nicht zuletzt die im Verkaufsleiterausschuss durchgängig durch ihren Vertriebs-Geschäftsführer und Kommanditisten T7 repräsentierte Q6 GmbH & Co. KG mit vor allem den Marken Q6 und …. Die Geschäftstätigkeit der T2 GmbH & Co. KG (nachfolgend auch: T2) umfasst den Vertrieb von Süßwaren, Schokoladen und verwandten Artikeln unter verschiedenen Monomarken; zu ihrem Produktportfolio gehörten insbesondere Bonbons der Marken X4, D7, S6 und O3; ihr Repräsentant im Verkaufsleiterausschuss war während des gesamten Zeitraums I2 als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, die T2 … Beteiligungs GmbH. Die Geschäftstätigkeit der im Verkaufsleiterausschuss zunächst durch Herrn B10 und anschließend durch den Zeugen N8 repräsentierten L4 GmbH & CO.KG (nachfolgend: L4) erstreckte sich auf die Herstellung und den Vertrieb von Lakritz- und Fruchtgummiprodukten.
62Im Verlaufe desselben Zeitraums waren weitere Unternehmen nur zeitweise im Verkaufsleiterausschuss vertreten, so etwa aus dem Kreis der Schokoladenwarenhersteller (10) seit September 2006 vor allem mit ihrem Repräsentanten N10 die speziell im Bereich von Pralinen tätige Confiserie I9 GmbH und (11) jedenfalls zwischen September 2004 und Februar 2005 die durch die Herren T8 und L8 repräsentierte T9 AG, des Weiteren als Bonbon-Hersteller (12) von spätestens März 2002 bis jedenfalls Februar 2005 die S7 Süßwaren GmbH & Co. KG (nachfolgend: S7) mit ihren Repräsentanten B10, T10 und I10, darüber hinaus (13) von spätestens Dezember 2002 bis jedenfalls November 2006 die T11 GmbH Backwarenspezialitäten als weiterer Süßgebäckhersteller mit ihrem Repräsentanten F5 und aus dem Kreis der Hersteller von salzigen Knabberartikeln etwa (14) von spätestens März 2002 bis jedenfalls November 2005 mit u.a. ihrem Repräsentanten T12 die J3 GmbH & Co. KG. Alsdann traten (15) ab Dezember 2004 der Zeuge C4 als Repräsentant der N3 GmbH (vormals: N4s) und (16) ab September 2006 der Betroffene T1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen D1 hinzu.
63B. Zum Tatgeschehen:
641. Vorgeschichte und Hintergrund
65a) Die Verbandstätigkeit der Konditionenvereinigung
66Die Konditionenvereinigung nahm als Körperschaft in der Vergangenheit verschiedene Aufgaben im Verhältnis zu ihren Mitgliedsunternehmen wahr.
67Hierzu gehörte zum einen, dass sie im Rahmen des damals legitimierten Kartells seit mindestens 1986 ihren Mitgliedsunternehmen eine durch ihren jeweiligen Geschäftsführer auf der Grundlage beschlossener Kartellkonditionen zentral erstellte Berechnung der Valutafristen für das Oster- und Weihnachtsartikelgeschäft in Gestalt eines jährlich versandten Merkblattes zur Verfügung stellte; von dieser Gepflogenheit nahm die Konditionenvereinigung auf Druck des Handels im Jahr 2002 indes wieder Abstand und versandte seither entsprechende Berechnungen nur noch auf Einzelanfrage ihrer Mitgliedsunternehmen.
68Zum anderen zählte die Konditionenvereinigung seit jeher die Interessenvertretung für ihren gegenüber dem Nebenbetroffenen C2 spezifischeren Mitgliederkreis von Markensüßwarenherstellern und deren Beratung mit einem Schwerpunkt in der juristischen Überprüfung von Zentralabkommen/Rahmenverträgen über Einkaufsbedingungen mit Handelsorganisationen zu ihrem Aufgabenbereich. In Hinsicht hierauf entfalteten der Vorstand und die Geschäftsführung die Konditionenvereinigung mit einem – soweit festzustellen –Schwerpunkt in den 1980er-Jahren eine intensive Tätigkeit, indem sie sich in sogenannten Eilberichten und weiteren Anschreiben an alle Mitgliedsfirmen wandten, um unter anderem auf auffällige Geschäftsgebaren oder Konditionsforderungen einzelner Handelsunternehmen hinzuweisen, die diesbezügliche Betroffenheit weiterer Mitgliedsunternehmen abzufragen und – ohne die Auswertung solch erlangter Kenntnisse im Einzelnen, insbesondere im Hinblick auf den betroffenen Mitgliederkreis offenzulegen – rechtliche Bewertungen und Verhaltensempfehlungen hierzu zu unterbreiten oder über diesbezügliche Maßnahmen als Verband gegenüber dem betreffenden Handelsunternehmen zu informieren. So führte die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung etwa im Eilbericht Nr. 2/82 vom 31. März 1982 eine Befragung ihrer Mitgliedsunternehmen über das den (zulässigen) Kartellvereinbarungen entsprechende Zahlungsverhalten des Handels durch, um hieraufhin gegebenenfalls als Verband (die „Kartellspitze“) mit insoweit häufig beanstandeten Handelspartnern das Gespräch suchen; mit weiteren Eilberichten Nr. 3/83 vom 22. März 1983, Nr. 4/83 vom 13. April 1983 und Nr. 1/84 vom 8. Februar 1984 informierte die Konditionenvereinigung als Verband ihre Mitgliedsunternehmen über den Stand von Gesprächen des Vorstands und/oder der Geschäftsführung mit bestimmten Handelsunternehmen, deren Konditionenbegehren nach Informationen „aus dem Mitgliederkreis“ mit den Bestimmungen des legitimierten Konditionenkartells nicht in Einklang stünden. In dieser Art befasste sich die Konditionenvereinigung als Verband mittels ihrer Organe und Geschäftsführung aber nicht allein mit Themen des legitimierten Kartells, sondern darüber hinaus mit jeder „aus dem Mitgliederkreis“ der Verbandsspitze als Problem näher gebrachten Forderung des Handels nach Konditionszugeständnissen. So befragte die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung ihre Mitgliedsunternehmen etwa mit Eilbericht Nr. 1/85 vom 7. März 1985 nach Erfahrungen mit „von Mitgliedsfirmen“ berichteten Bemühungen der „Cofact“ um Konditionsänderungen sowie mit Anschreiben vom 15. Dezember 1989 nach einer Betroffenheit mit einer Initiative des Großhandelsunternehmens M10, das mit dem Ansinnen einer Erhöhung der Zentralvergütung „an eine Mitgliedsfirma unserer Konditionenvereinigung“ herangetreten sei.
69Kennzeichnend für die geschilderte Art und Weise einer Verbandstätigkeit und die Einbindung von Mitgliedsunternehmen hierin ist eine mittelbare und anonymisierende Kommunikation. Die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung agierte zum einen als eine Art Meldestelle, indem sie – ohne Offenlegung der beispielhaft mit „aus Mitgliederkreisen“ anonymisierten Informationsquelle – über einen als für die Interessen vieler Mitgliedsfirmen möglicherweise problematischen Geschäftsvorfall informierte sowie diesbezüglich den Ist-Zustand der Betroffenheit unter den Mitgliedsunternehmen abfragte und hierauf ihr gelieferte Daten zu Konditionsforderungen gemeinsamer Handelskunden sammelte. Das Ergebnis der jeweiligen Erhebung wurde den Mitgliedsunternehmen wiederum ohne Offenlegung des konkret betroffenen Kreises mitgeteilt. Zum anderen wertete die Vereinsführung die erhobenen Daten zentral aus, um hieraus entweder einen Handlungsbedarf für die Körperschaft zu ersehen und gegebenenfalls an das betreffende Handelsunternehmen als Verband heranzutreten oder die Mitgliedsfirmen zumindest zu beraten.
70b) Die Entwicklung im Verkaufsleiterausschuss
71Demgegenüber bestand mit dem Verkaufsleiterausschuss der Konditionenvereinigung ein Forum zur unmittelbaren Kommunikation zwischen den jeweils teilnehmenden Vertriebsrepräsentanten der Herstellerunternehmen. Während die mittelbare und anonymisierte Informationsvermittlung über die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung lediglich die Kenntnis verschaffte, welches bestimmte Handelsunternehmen mit welcher konkret bezeichneten Konditions- oder Leistungsforderung an die demgegenüber nach Identität und Zahl nicht näher mitgeteilten Hersteller herantrat, ermöglichte der unmittelbare Informationsaustausch im Verkaufsleiterausschuss schon seiner Natur nach darüber hinaus eine – auf die dort repräsentierten Herstellerunternehmen beschränkte – Identifizierung des Kreises betroffener Herstellerunternehmen und einen diesbezüglichen Erfahrungsaustausch. Damit ließ sich aus Sicht der teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten nicht nur ein Bild davon gewinnen, welche anderen im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Unternehmen sich parallel zum eigenen Unternehmen in vergleichbaren Konditionsverhandlungen mit demselben Handelskunden befanden; vielmehr ermöglichte der unmittelbare Erfahrungsaustausch über parallele Konditionenverhandlungen Rückschlüsse auf die Verhandlungsstrategie des Handelsunternehmens und auf eventuelle Verhandlungsspielräume der Hersteller. Dies galt umso mehr als die den Süßwarenherstellern gegenüberstehenden Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels für die meisten im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen gleichermaßen relevant und bedeutend waren und der Erfahrungsaustausch deshalb eine branchenbreite Betrachtung der Verhandlungsweise des gemeinsamen Handelspartners ermöglichte. Dabei wurde zwischen den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss Wert auf eine vertrauensvolle Atmosphäre gelegt, aufgrund derer man verlässlich informierte und mit erlangten Informationen vertraulich umging.
72Auf dieser Basis standen, zumal die Konditionenvereinigung selbst die Möglichkeiten einer Fortentwicklung des legitimierten Kartells spätestens zu Beginn der 1980er-Jahre als erschöpft betrachtete, im Verkaufsleiterausschuss jedenfalls ab Beginn des Jahres 2002 immer wieder auch Themen aus den Konditionenverhandlungen im Vordergrund, die über den in das Kartellregister seinerzeit eingetragenen Gegenstand des legitimierten Kartells hinausgingen. Einhergehend spätestens damit erfuhr die Kommunikation im Verkaufsleiterausschuss faktisch auch eine Veränderung ihres Zwecks, weil insoweit eine Wissensvermittlung nicht mehr für die Konditionenvereinigung als Verband, sondern eine solche zwischen den Teilnehmern des Verkaufsleiterausschusses in den Vordergrund trat. Im Zuge dieser Entwicklung zeigte sich im Verkaufsleiterausschuss spätestens ab Beginn des Jahres 2002 verstärkt die Praxis, jedes nach den Anforderungen des Tagesgeschäfts im Vertrieb interessierende Thema aus den Konditionsverhandlungen mit der Wiederverkäuferseite zum Gegenstand des dortigen Meinungs- und Informationsaustauschs zu machen. Hierzu genügte es, entsprechende Themenvorschläge vorab dem Betroffenen M2 als dem zu dieser Zeit für die Organisation der Ausschusssitzungen zuständigen Geschäftsführer der Konditionenvereinigung zu übermitteln; dieser setzte die vorgeschlagenen Gesprächswünsche sodann entsprechend der bereits damals bereits bestehenden Übung ohne erkennbare Validierung sowie im Wesentlichen wortgleich für die nächst anstehende Gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses auf die jeweilige Tagesordnung, die er sodann allen Mitgliedern des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses zur Vorbereitung der anstehenden Sitzung vorab übermittelte und die in der jeweiligen Sitzung ohne Äußerung von Bedenken seitens des Betroffenen M2 oder des regelmäßig ebenfalls vorab informierten Betroffenen S1 oder der übrigen Sitzungsteilnehmer vollständig abgearbeitet wurde.
73Auf diese Weise wurden in den gemeinsamen Sitzungen des Vorstands und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung jedenfalls seit der Sitzung vom 12. März 2002 auf Vorschlag einzelner Teilnehmer wiederkehrend Forderungen namentlich benannter Handelspartner nach konkret bezeichneten Konditionszugeständnissen thematisiert, die erkennbar nicht mehr zu dem Konditionenkatalog des legitimierten Kartells zählten. So warf etwa die Tagesordnung für die gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses am 12. März 2002 unter dem Tagesordnungspunkt 6 „Verschiedenes“ mit dem Unterpunkt „regionale WKZ-Forderungen S2“ die Frage nach der Betroffenheit und dem Umgang mit von der S2 regional verlangten Werbekostenzuschüsse der Herstellerseite auf. Ferner sahen die Tagesordnung für die nächste Sitzung am 4. Juni 2002 mit dem Tagesordnungspunkt 1 eine Aussprache über eine „Zusätzliche Konditionsforderung T13“ und die Tagesordnung für die Folgesitzung am 8. Oktober 2002 mit dem Tagesordnungspunkt 4 „Forderung B11 für Jubiläum 110 Jahre mit 0,5 % WKZ“ ein Gespräch über die damals aktuelle Sonderforderung (Jubiläumsforderung) der ostwestfälischen N1-Verbrauchermarktkette vor.
74Darüber hinaus umfasste diese Praxis es aber auch, dass sich die seinerzeitigen Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss in den Sitzungen über die Entwicklung ihrer jeweiligen Jahresgespräche informierten und zwar sowohl im Hinblick auf bestimmte Handelskunden wie auch ganz allgemein. Dementsprechend sah etwa die Tagesordnungen für die Herbstsitzung am 8. Oktober 2002 mit dem Tagesordnungspunkt 5 „Stand Jahresgespräche“ eine allgemeine Informationsabfrage unter den Sitzungsteilnehmern zumindest darüber vor, ob die einzelnen im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen die zu dieser Jahreszeit gewöhnlich anstehenden Jahresgespräche mit welchem der für die meisten von ihnen gleichermaßen bedeutenden Handelspartner bereits begonnen hatten und wo man innerhalb der üblicherweise mehrstufig geführten Verhandlung stand, insbesondere ob Abschlüsse bereits erreicht worden waren oder zumindest in Aussicht standen. Konkretere Informationen zu Ob und Wie eines Abschlusses waren unter dem Tagesordnungspunkt 2 „F1/H3: Ergebnisse des Jahresgespräches 2003“ ferner Thema der Sitzung am 20. Februar 2003. Ebenfalls in dieser Sitzung stand mit dem weiteren Tagesordnungspunkt 4 „Geplante Preiserhöhungen / Handelsresonanz“ zur Sprache, ob und wie sich eventuelle Hersteller-Bestrebungen, die Bruttoabgabepreise zu erhöhen, auf die – was in Anbetracht des Zeitpunkts der Thematisierung indessen einzig nahe liegt - Jahresgespräche allgemein ausgewirkt hatte.
75Der unter diesen Tagesordnungspunkten ersichtlich zu erwartende und in der jeweiligen Sitzung letztlich auch vollzogene Informationsaustausch betraf unternehmensbezogene Daten zu vertraulichen Geschäftsvorgängen, die im Regelfall nicht allgemein bekannt und zugänglich waren:
76Dies gilt zum einen in Hinsicht auf die individuelle Betroffenheit eines Herstellers von bestimmten Sonderforderungen des Lebensmitteleinzelhandels und die diesbezüglich aus der betreffenden Konditionsverhandlung gewonnenen Erfahrungen. Schon die Formulierungen der diesbezüglichen Tagesordnungspunkte ließ ohne weiteres erwarten, dass sich das damit angestrebte Gespräch nicht allein auf die erlebte Verhandlungsatmosphäre und damit auf die Erfahrungen im persönlichen Umgang mit Repräsentanten der Handelspartner bezog, wie dies demgegenüber etwa offensichtlich unter TOP 3. der Tagesordnung vom 12. März 2002 „E1 Einkaufs-Besetzung“ abgefragt wurde. Vielmehr ging es in der praktischen Umsetzung dieser Tagesordnungspunkte gerade um verhandlungsstrategische Informationen von kaufmännischem Wert, namentlich insbesondere um (a) das Ob und die Erfolgsaussichten eines Konfrontationskurses in dem zur Rede stehenden Verhandlungspunkt, (b) die diesbezüglich eventuell erfolgten oder angekündigten Sanktionen seitens des Handelspartners und (c) die Möglichkeit eines Verhandlungsspielraums, womit im Gegenzug für ein Entgegenkommen herausverhandelbare Gegenleistungen des Handelspartners im Verkaufsleiterausschuss zur Rede standen. Solche verhandlungsstrategischen Informationen konnten für das betreffende Unternehmen unabhängig vom Ausmaß einer Offenlegung schon allein mit Bejahung der vorgenannten Fragestellungen einen wettbewerblichen Vor- oder auch Nachteil gegenüber konkurrierenden Herstellern widerspiegeln, so dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für das betreffende Herstellerunternehmen schon ihrer Natur nach vertraulich waren.
77Gleiches galt hinsichtlich des Standes des jeweiligen Jahresgesprächs, worunter die bis dahin erreichte Stufe in der Verhandlungsentwicklung näher gekennzeichnet wurde, namentlich ob das Jahresgespräch erst begonnen hatte, ein Abschluss wahrscheinlich war, ob etwa aus dem Rahmen fallende Forderungen des Handelspartners Probleme bereiteten oder ob das Jahresgespräch bereits abgeschlossen war. Auch solche Informationen betrafen, zumal sie – gegebenenfalls in der Gesamtschau mit weiteren, wohlmöglich allgemein bekannten Informationen - Rückschlüsse auf die Verhandlungs- und Marktstrategie des einzelnen Herstellers und die diesbezügliche Resonanz bei dem Verhandlungspartner sowie deshalb auch zu dessen Verhandlungsstrategie erlaubten, individualisierte sowie regelmäßig aus ihrer Natur heraus vertrauliche Geschäftsdaten. Dies galt erst Recht in Hinsicht auf die in der Sitzung vom 20. Februar 2003 thematisierten Ergebnisse eines solchen Jahresgesprächs, selbst wenn insoweit nur mitgeteilt wurde, ob man unter Einschluss eines bestimmten Konditionszugeständnisses abgeschlossen hatte, und ferner selbstredend hinsichtlich der Information, ob und inwieweit man von anderer Stelle des Unternehmens festgesetzte Preiserhöhungen in den Konditionsverhandlungen hatte durchsetzen können (TOP 4 vom 20. Februar 2003).
78Die Vertraulichkeit solcher Informationen war nicht deshalb obsolet, weil die Handelsunternehmen selbst in den einzelnen Verhandlungen durchaus auch Informationen über parallele Verhandlungen mit anderen Herstellern streuten und vor allem die Presse, hier insbesondere die allgemein auch von Vertriebsmitarbeitern der Hersteller gelesene Lebensmittelzeitung, regelmäßig über generelle Inhalte und die allgemeine Entwicklung von Jahresgesprächen der Branche sowie über Sonderforderungen des Handels und die allgemein zu beobachtende oder angekündigte Resonanz der Hersteller hierauf berichtete. Die Informationserlangung über die Verhandlungsgegenseite begegnete schon wegen der Möglichkeit des verhandlungstaktischen Einsatzes solcher Informationen gewöhnlich Zweifeln. Die Berichterstattung der Lebensmittelzeitung wurde in der Branche zwar als thematisch glaubwürdig, hinsichtlich ihres Informationsgehalts im Einzelnen aber teils skeptisch bewertet; zudem blieb im Hinblick auf die Presseberichterstattung in der Regel unklar, auf welche Quelle sie sich stützte und ob beispielsweise Informationen über das Marktverhalten der Hersteller nicht gerade von der Marktgegenseite in einem von ihr gewünschten Lichte gestreut worden waren. Eventuell waren veröffentliche Informationen auch zu aktualisieren. Schließlich waren in der Regel weder der Presseberichterstattung noch anderen Informationsquellen – wie etwa die Handelskunden selbst – die konkrete Betroffenheit und Positionierung der anderen im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen zu entnehmen. Vor diesem Hintergrund waren die geschilderten Informationen jedenfalls unternehmensbezogen und unternehmensindividuell regelmäßig nicht allgemein zugänglich und verblieb trotz einer gewissen Branchentransparenz stets eine beträchtliche Unsicherheit.
79In dieser Zeit von 2002 bis 2003 gehörten dem zu den gemeinsamen Sitzungen zusammentretenden Vorstand und Verkaufsleiterausschuss als Mitglieder zumindest die Betroffenen S1 und B1 (Nebenbetroffene G1), ferner die Zeugen H6 (Fa. X3) und H7 (S8) sowie darüber hinaus die Herren C3 (Nebenbetroffene C1), I1 (Nebenbetroffene H1), I2 (T2), B10 (L4), T7 (Q6) und T10 (S7) an. Jedenfalls zur Sitzung am 12. März 2002 noch als Gäste geladen, im Verlaufe des weiteren Zeitraums jedoch ebenfalls Mitglieder des Verkaufsleiterausschusses waren insbesondere die Herren B10 (S7), B12 (A1), T12 (J3), I8 (Q5) und T14 (D6). Über die in den vier Sitzungen zwischen dem 12. März 2002 und dem 20. Februar 2003 jeweils anstehenden Tagesordnungspunkte waren sämtliche damaligen Mitglieder des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses wie auch die jeweiligen Gastteilnehmer schon deshalb informiert, weil die Tagesordnungen für diese Sitzungen vom Betroffenen M2 als damaligen Geschäftsführer der Konditionenvereinigung ihnen – wie gewöhnlich – jeweils vorab übersandt worden waren, und zwar unabhängig davon, ob sie ihre Teilnahme für die jeweils anstehende Sitzung avisiert oder abgesagt hatten. Als Verbandsfunktionär (der Betroffene S1) oder als kaufmännisch erfahrene Manager mit Vertriebsleitungsaufgaben in ihrem jeweiligen Unternehmen – es handelte sich um geschäftsführende Gesellschafter, Vertriebsgeschäftsführer, Vertriebsleiter oder zumindest an höherer Stelle der Organisationsstruktur des jeweiligen Unternehmens rangierende Vertriebsmanager – erkannten sie alle zudem die grundsätzliche Vertraulichkeit der mit den in Rede stehenden Tagesordnungspunkten angesprochenen Geschäftsdaten. Über die spätestens in dieser Zeit aufkommende tatsächliche Praxis eines Informationsaustauschs über vertrauliche Geschäftsdaten aus Konditionenverhandlungen in Jahresgesprächen und Sonderforderungskampagnen des Handels waren somit alle in die Tätigkeit des Verkaufsleiterausschusses seinerzeit eingebundenen Betroffenen und weiteren Unternehmensrepräsentanten im Bilde, auch wenn ihre Sitzungsteilnahme während dieses Zeitraums entweder – wie im Fall der Betroffenen S1 und B1, des Zeugen H6 sowie der Herren C3, B10, T7, B12 und T12 – nur für den 12. März 2002 oder – wie etwa im Fall des Zeugen H7 und der damaligen weiteren Unternehmensrepräsentanten I1, I2, T10, B10, I8 und T14 – für keinen konkreten Sitzungstermin festgestellt werden kann. Indes ist festzustellen, dass die Sitzungen vom 4. Juni 2002, 8. Oktober 2002 und 20. Februar 2003 stattfanden und deshalb Mitglieder und Gäste aus dem benannten Repräsentantenkreis daran auch teilnahmen.
802. Die Grundübereinkunft zum Austausch vertraulicher Geschäftsdaten
81Obwohl nicht zuletzt die offenbare Akzeptanz, welche solche Tagesordnungspunkte in dem dies widerspruchslos billigenden Mitglieder- und Teilnehmerkreis des Verkaufsleiterausschusses schon im Jahr 2002 fand, dafür spricht, dass die geschilderte Erörterung jeglicher Konditionsforderung des Handels wie auch des Standes von Jahresgesprächen bereits vor 2002 dem im Verkaufsleiterausschuss Üblichen entsprach, ist mangels hinreichender Feststellungen zum konkreten Gegenstand und Inhalt früherer Sitzungen davon auszugehen, dass sich eine vom Willenskonsens der Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss getragene Planmäßigkeit dieses Informationsaustauschs erst zwischen März 2002 und Juni 2003 herausbildete. Jedenfalls bei den Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses während dieses Zeitraums brachten die Teilnehmer einander ihr Einverständnis zu einer künftig so beizubehaltenden, stehenden Praxis eines solchen Informationsaustauschs durch ihre aktive wie auch widerspruchslos passive Beteiligung an der Einbringung entsprechender Themen und dem Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zu den nunmehr immer wieder auf der Tagesordnung stehenden Sonderforderungen des Handels und Jahresgesprächen zumindest stillschweigend zum Ausdruck. Sodann spätestens in der Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung am 5. Juni 2003 war zwischen den seinerzeitigen Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss jedenfalls stillschweigend die Übereinkunft gefasst, den bereits wiederholt geschehenen Austausch vertraulicher Geschäftsinformationen als stehende Praxis im Verkaufsleiterausschuss einzurichten und sich in Zukunft weiterhin, je nach den Anforderungen des vertrieblichen Tagesgeschäfts, über ihre individuellen Konditionsverhandlungen mit Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels zu informieren, namentlich über den Stand der Jahresgespräche mit dem Handel sowie über dessen – auch unterjährig verfolgten - Sonderforderungen und Sonderforderungskampagnen, und zwar in einem Umfang, der über den Gegenstand des legitimierten Konditionenkartells hinaus im Hinblick auf die jeweils in Rede stehende Frage eine Positionierung des mitteilenden Herstellerunternehmens am Markt erkennen ließ.
82a) Die Sitzungsteilnehmer am 5. Juni 2003
83An der Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 5. Juni 2003 nahmen neben dem Zeugen H6 als Gesellschafter-Geschäftsführer der X3 GmbH & Co. KG und zugleich Vorstandsvorsitzenden der Konditionenvereinigung sowie dem Betroffenen M2 als deren Geschäftsführer ferner u.a. C3 als damaliger Leiter des europäischen Key Managements der Betroffenen C1, I1 als seinerzeit deutscher Vertriebsleiter und Prokurist der weiteren Nebenbetroffenen H1 und der Betroffene B1 als Key Account Manager der Nebenbetroffenen G1 sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten P2 für D6, T7 für Q6, I8 für Q5, I11 für die C1 M11 GmbH & Co. KG und T12 für die J3 Vertriebs GmbH teil. Weitere Mitglieder einerseits des Vorstandes und andererseits des Verkaufsleiterausschuss, wie etwa der Betroffene S1 und ferner der Zeuge H7 als Repräsentant des Schokoladenherstellers S8 sowie die vormals gesondert Verfolgten I2 als Repräsentant von T2 und T10 als Repräsentant von S7, wurden zu dieser Sitzung zwar unter Vorabübersendung der Tagesordnung eingeladen, nahmen diesmal aber nicht teil. Die aus den Themenvorschlägen der avisierten Teilnehmer zusammengestellte Tagesordnung für die Sitzung am 5. Juni 2003 sah neben der allgemeinen Entwicklung der Marktsituation (TOP 8) und anderen Themen insbesondere erneut ein Gespräch über Sonderforderungen des Handels, namentlich über eine „Forderung S2: 30 Jahre Q1 / Minimal Jubiläum“ (TOP 1.) und eine „Forderung F1 ...: Zentrallager 10-jähriges Jubiläum“ vor.
84b) Der wirtschaftliche Hintergrund des Informationsaustauschs
85Hintergrund schon für den zuvor im Verkaufsleiterausschuss aufgekommenen und nun wiederum zu erwartenden Austausch vertraulicher Informationen aus Konditionsverhandlungen war die damals wie auch noch heute anhaltenden Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel, womit eine zunehmende Bindung der Herstellerunternehmen an wenige große Handelsunternehmen und Handelsgruppen als Abnehmer einherging. Seit jedenfalls den1980er-Jahren ergab sich eine stark wachsende Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel auf vor allem die F1-Gruppe, die T3-Gruppe, die S2-Gruppe, die N2-Gruppe und damals noch U1 sowie B3 und B4. Nachdem die addierten Umsatz-Marktanteile dieser Handelskonzerne und – gruppen von um das Jahr 1980 mindestens einem Viertel des – damals nur – westdeutschen Lebensmitteleinzelhandels bis zu Beginn der 1990er-Jahre auf – räumlich nunmehr auf das gesamte heutige Bundesgebiet bezogen - wenigstens 40 % bis 45 % angewachsen waren, deckten diese Handelsunternehmen bis zum Jahr 2000 bereits etwa 60 % und bis zum Jahr 2006 sogar rund 70 % des Marktanteilsvolumens auf der Wiederverkäuferseite ab. Nicht zuletzt aufgrund dieser fortschreitenden Konzentration der Nachfragemacht auf wenige als Vollsortimenter tätige Handelsunternehmen, die für den überwiegenden Teil der Süßwarenmarkenhersteller mehr oder weniger gleichbedeutend die für den wirtschaftlichen Erfolg ihres jeweiligen Unternehmens maßgeblichen Handelspartner darstellten, schätzten schon zu Beginn des neuen Millenniums – und bewerten auch aktuell - viele Süßwarenhersteller ihre Verhandlungsposition gegenüber den beständigen Forderungen dieser Handelskonzerne nach Konditionszugeständnissen als zunehmend geschwächt und untergeordnet ein. Dies betraf nicht allein die Durchsetzung der im Rahmen des legitimierten Konditionenkartells insbesondere für das Saisongeschäft vereinbarten Grundsätze der Skontierung und Valutierung von Rechnungen, sondern gerade auch die verschiedenen Konditionenforderungen des Handels, mit denen die Markenhersteller sich immer wieder in den Jahresgesprächen und in Sonderforderungskampagnen des Handels konfrontiert sahen. Diese Entwicklung erfuhr aus Sicht der Herstellerunternehmen durch die volatile, vor allem seit Beginn des neuen Millenniums im Mittel aber steigende Preisentwicklung verschiedener, für die meisten Hersteller der Branche wichtigen Rohstoffe eine weitere Verschärfung; denn wenn und soweit die Rohstoffkostenentwicklung wirtschaftlich höhere Netto-netto-Preise an den Handel erforderlich machte, wirkte dem das Ansinnen der als übermächtig empfundenen Handelspartner nach die Netto-netto-Preise letztlich wieder senkenden Konditionszugeständnissen genau entgegen.
86c) Die Grundübereinkunft
87Vor diesem Hintergrund war unter den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss bereits vor der Sitzung vom 5. Juni 2003 unausgesprochen der Konsens gewachsen, der als immer mächtiger empfundenen Nachfragemacht des Handels über das an sein Entwicklungsende gelangte legitimierte Konditionenkartell aus dem Jahre 1970 hinaus durch den bereits wiederholt erprobten Austausch vertraulicher Informationen aus aktuellen Konditionsverhandlungen auch weiterhin etwas entgegenzusetzen. Dabei versprach man sich von einem solchen Informationsaustausch einen branchenweiten Überblick über den wesentlichen Gegenstand und die Lage paralleler Konditionsverhandlungen der im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen mit denselben Handelspartnern, was jedem Teilnehmer weiteren Aufschluss insbesondere sowohl über die Verhandlungssituation des eigenen Unternehmens als auch über eventuelle Verhandlungsspielräume geben konnte, um mittels dieses Wissensvorsprungs gegenüber dem Handelspartner dem eigenen Unternehmen die Positionierung und verhandlungsstrategische Ausrichtung in Konditionsverhandlungen zu erleichtern. Dass in dieser Auffassung Übereinstimmung und „Schulterschluss“ zwischen den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss herrschte, erfassten die Mitglieder des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses in Anbetracht der bis dahin in diesem Gremium schon über mehrere Sitzungen aufgekommenen Praxis eines Informationsaustauschs über Konditionsverhandlungen in Jahresgesprächen und in Bezug auf Sonderforderungskampagnen des Handels spätestens mit Erhalt der Tagesordnung für die Sitzung am 5. Juni 2003, mit der erneut ein Informationsaustausch über jubiläumsbezogene Sonderforderungen der S2-Gruppe und einer F1-Regionalgesellschaft angekündigt wurde.
88Auf der Grundlage dieses allgemeinen Konsenses bestand unter den Teilnehmern spätestens zur Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung am 5. Juni 2003 die im Wege eines Gentlemen´s Agreement stillschweigend geschlossene Übereinkunft, sich künftig, je nach den Anforderungen des vertrieblichen Tagesgeschäfts, über den Stand der Konditionsverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel zu informieren, namentlich über den Stand ihrer Jahresgespräche mit dem Handel und über dessen – teils auch unterjährig – erhobenen Sonderforderungen und durchgeführten Sonderforderungskampagnen.
89Mit dieser Grundübereinkunft knüpfte man an die in der Konditionenvereinigung ohnehin bereits langjährig tradierte Verbundenheit an, in der die diesem zugelassenen Kartell angehörenden Herstellerunternehmen gegenüber den für die meisten Markenhersteller gleichsam bedeutenden, aber als übermächtig empfundenen Handelskunden schon im Hinblick auf bestimmte Konditionen des Saisongeschäfts koordiniert und vereint waren. Durch die nunmehr darüber hinaus gefasste Übereinstimmung sollte es nun jedem Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss ermöglicht werden, jedes ihn interessierende Problem aus der Vertriebstätigkeit (seines Unternehmens) im Kreis zur Sprache zu bringen und diesbezüglich zu erfahren, ob und wie die übrigen in der Sitzung repräsentierten Herstellerunternehmen ebenfalls davon betroffen waren und wie sie zumindest im Kern damit umgingen. Dies sollte – worüber aufgrund der bisherigen Praxis eines entsprechenden Informationsaustauschs unausgesprochen Einigkeit bestand – zum einen sich auf die bedeutenden Handelspartner des Vollsortimenterbereichs aus dem Lebensmitteleinzelhandel beziehen, somit insbesondere auf die F1-Gruppe und die S2-Gruppe nebst deren Regionalgesellschaften sowie auf die T3-Gruppe, die N2-Gruppe und (damals noch) U1; zum anderen sollte der Informationsaustausch in einem zumindest überschlägigen, zugleich aber hinreichend aussagekräftigen Umfang erfolgen, der im Hinblick auf die jeweils in Rede stehende wettbewerbsrelevante Frage eine Positionierung des auskunftserteilenden Herstellerunternehmens am Markt erkennen ließ und es ermöglichte, die eigene Position zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu justieren.
90Im Einzelnen umfasste diese Grundübereinkunft einesteils die auch gerade in der Sitzung vom 5. Juni 2003 erneut angestrebte Offenlegung, ob und in welcher grob gekennzeichneten Größenordnung man mit bestimmten Sonderforderungen einzelner Handelskunden konfrontiert war. Hiermit sollte künftig zumindest die Ungewissheit beseitigt werden, ob und mit welchen anderen Herstellerunternehmen aus dem Kreise des Verkaufsleiterausschusses man insoweit „im selben Boot saß“; ergänzend sollte der diesbezügliche Informationsaustausch – wie schon zuvor geschehen - erkennen lassen, welche Haltung das jeweilige Herstellerunternehmen insofern einzunehmen gedachte oder gar bereits gegenüber dem Handelskunden zum Ausdruck gebracht hatte, ferner ob Erfahrungen hinsichtlich eines diesbezüglichen Verhandlungsspielraums bestanden, vor allem ob man Gegenleistungen des Handelskunden wie etwa besondere Aktions- bzw. Werbemaßnahmen für Produkte des Herstellers erreichen konnte oder bei einer eher gegensteuernden Verhandlungsstrategie Sanktionen des Handelsunternehmens wie etwa Auslistungen konkret befürchten musste. Anhand solcher Informationen konnte jeder teilnehmende Unternehmensrepräsentant (a) erkennen, ob man mit bestimmten wettbewerbsrelevanten Fragen des Unternehmens bzw. der Branche alleine stand oder auch andere gleichgerichtet betroffen waren, um im letzteren Falle ferner (b) mit hinreichender Verlässlichkeit die Positionierung des jeweils Auskunft erteilenden Unternehmens in den Verhandlungen mit den großen Handelsunternehmen und die daraus resultierenden Folgen für dieses Unternehmen zumindest grob einschätzen sowie (c) speziell auf der Basis dieses Wissens über andere Herstellerunternehmen sich selbst für sein eigenes Unternehmen in denselben Belangen leichter positionieren zu können.
91Wenn dies auch nicht aktuelles Thema der Sitzung vom 5. Juni 2003 war, so schloss jene Grundübereinkunft weitergehend auch den künftig planmäßigen Informationsaustausch über den individuellen Stand der Jahresgespräche mit den bedeutenden Handelsunternehmen ein. Dies war von der Willensübereinstimmung umfasst, zumal mit ihr die bis dahin unsystematisch wiedergekehrte Praxis aufgegriffen und im nunmehr gemeinsamen Einverständnis zu einem künftig stehenden Informationsaustausch entwickelt wurde. Diesbezüglich sollte eine dauerhafte und verlässliche Möglichkeit geschaffen werden, u.a. auch bereits allgemein zugängliche Informationen sozusagen „aus berufenem Munde“ durch einen unmittelbaren Informationsaustausch zu verifizieren, um eine entsprechende Unsicherheit zu reduzieren und auf dieser breiteren Wissensbasis die eigenen Verhandlungen mit den Handelskunden gestärkt führen zu können. Wie zumindest zuvor in den Sitzungen im Oktober 2002 und Februar 2003 geschehen, sollte jedem Sitzungsteilnehmer auch künftig durch eine Mitteilung aller anderen zumindest darüber, ob und mit welchem der großen Handelskunden bereits das Jahresgespräch begonnen hatte, noch lief oder gar beendet war, die bessere Einschätzung der eigenen Verhandlungslage mit den betreffenden Handelskunden ermöglicht und insbesondere Klarheit verschafft werden, ob der Gang der fraglichen Verhandlungen des eigenen Unternehmens hinter dem der anderen Hersteller zurücklag, was zum Beispiel auf spezifische Probleme des Handelskunden mit dem vom fraglichen Herstellerunternehmen offerierten Konditionenpaket hinweisen und deshalb Anlass für eine Anpassung der Verhandlungsstrategie geben konnte. Dies abrundend sollten unter diesem Gesichtspunkt des Informationsaustauschs aber auch neue oder sonst auffällige Konditionsforderungen des Handels in den Jahresgesprächen von nun an dauerhaft und verlässlich thematisiert werden können.
92d) Marktabgrenzung und Wettbewerbsverhältnisse
93Die mittels ihrer Repräsentanten an dieser Grundübereinkunft beteiligten Hersteller und Lieferanten standen nicht alle miteinander im Wettbewerb. Namentlich ließ sich in diesem Zusammenhang kein einheitlicher Markt für Süßwaren feststellen. Festzustellen war lediglich, dass sich der Absatz von Süßwaren in Deutschland auf der vorgelagerten Absatzstufe, auf welcher die Markenhersteller als Anbieter dem Lebensmitteleinzelhandel als Nachfrager gegenüberstehen, in verschiedene (benachbarte) Produktmärkte gliedert, die jeweils nur die vor allem auf Grund ihrer Zusammensetzung, ihrem Verzehranlass, ihrer Verzehrweise und ihrer Genusswirkung untereinander substituierbaren Süßwarenerzeugnisse umfassen. Auf dem danach abzugrenzenden bundesweiten Produktmarkt für Süßgebäck begegneten sich bereits zur Zeit des Zustandekommens der soeben dargestellten Grundübereinkunft jedenfalls die Nebenbetroffenen C1 und H1 als marktführende Wettbewerber. Aufgrund dessen wies schon jene Grundübereinkunft zumindest hinsichtlich des in ihr enthaltenen Konsenses zwischen diesen beiden Süßgebäckherstellern von vornherein nicht nur einen Wettbewerbsbezug auf, sondern sie war mit dem von ihr intendierten horizontalen Informationsaustausch über vertrauliche Geschäftsdaten gerade zwischen diesen beiden führenden Markenherstellern auch geeignet, die Wettbewerbs- und Marktverhältnisse nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Zu all dem im Einzelnen:
94aa) Kein umfassender Markt für Süßwaren
95Bei den im Verkaufsleiter-Ausschuss im Verlaufe der Zeit repräsentierten Herstellerunternehmen handelte es sich nicht um eine homogene Gruppe von miteinander konkurrierenden Anbietern desselben Marktes. Dies gilt auch für die Herstellerunternehmen, die während des spätestens für den Zeitraum von 2002 bis 2003 feststellbaren Aufkommens eines Austauschs von vertraulichen Verhandlungsinformationen dort repräsentiert waren, wie auch für diejenigen von ihnen, die speziell in der Ausschusssitzung vom 5. Juni 2003 vertreten waren. Denn ein umfassender, d.h. alle Süßwarenhersteller als Akteure einer einheitlichen Marktseite einbegreifender Markt kann nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung unter keinem Gesichtspunkt festgestellt werden.
96(1) Dies gilt zum einen in Hinsicht auf den – in den Bußgeldbescheiden bemühten - Gesichtspunkt eines einheitlichen Wettbewerbs um die naturgemäß nur begrenzt zu Verfügung stehende Verkaufsfläche in den Einzelhandelsbetrieben. Für einen umfassenden Markt, auf welchem die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels als Anbieter von Verkaufsflächen (Regalflächen, Sonderflächen für Aktionen und Zweitplatzierungen, Kassenplatzierungen) allen Süßwarenherstellern als Nachfragern solcher Flächen gegenüberstehen, ergeben sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung keine Feststellungsgrundlagen oder auch nur Aufklärungsansätze.
97Es fehlt bereits jeder greifbare Ansatzpunkt für eine zur Marktabgrenzung erforderliche Bestimmung der sich gegenüberstehenden Marktseiten eines solchen Marktes. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Frage, welche Lieferanten des Handels insoweit die Nachfrageseite abbilden, ob diesbezüglich nur die Süßwarenhersteller oder ob und inwieweit neben diesen auch die Hersteller welcher weiteren Konsumgüter des täglichen Bedarfs, die typischerweise im Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels erwartet werden, einzubeziehen sind. Unklar bleibt zum anderen, ob auf der Anbieterseite alle Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels unabhängig von der Typik ihrer Sortimentsbreite (beispielsweise: Vollsortimenter oder Handelsunternehmen bzw. Waren- und Kaufhäuser mit begrenztem oder selektivem Sortiment) und ihrer Flächenintensität (beispielsweise: nach den in der Praxis nach bestimmten Flächengrößen unterschiedenen Betriebsformen SB-Markt, Supermarkt, Verbrauchermarkt und SB-Warenhaus) einzubeziehen sind oder insoweit verschiedene sachliche Märkte zu unterscheiden sind. Ferner fehlt jegliche weiterführende Erkenntnisgrundlage über die grundlegenden strukturellen Bedingungen eines solchen Marktes, neben anderem etwa
98(a) ob Angebot und Nachfrage zum einen von Regalfläche und zum anderen von Sonderflächen für Aktionsware und Zweitplatzierungen sachlich zu differenzieren sind und
99(b) wie sich die – unter dem in Rede stehenden Gesichtspunkt eines Nachfragewettbewerbs relevanten - Marktanteile der Lieferanten bei Regalplatzierungen und bei Zweitplatzierungen darstellen und inwieweit diesbezüglich den Herstellern welcher anderen Konsumgüter des täglichen Bedarfs wettbewerblicher Einfluss zukommt und wie die Rolle der Eigenmarken insoweit zu bewerten ist.
100Festzustellen sind demgegenüber Anhaltspunkte, die durchgreifend gegen einen solchen Wettbewerb zwischen den Herstellerunternehmen um Verkaufsfläche sprechen. So steht in den für die Hersteller und den Handel wichtigen Jahresgesprächen wie auch in den Verhandlungen über Sonderforderungen nicht die entgeltliche Vermarktung von Verkaufsflächen im Fokus; der Handel bietet hier nicht Flächen an, sondern kauft vielmehr Produkte der Hersteller ein, und zwar nicht unter Gesichtspunkten der Flächenbewirtschaftung, sondern orientiert an seiner eigenen Umsatzerwartung mit den fraglichen Produkten auf der nächsten Absatzstufe. Dabei steht zwischen den Verhandlungsbeteiligten der sich unter Berücksichtigung des gesamten ausgehandelten Konditionenpakets letzten Endes ergebende Netto-netto-Preis für die zu liefernden Produkte im Mittelpunkt. Dementsprechend nehmen auf der Seite des Handels Mitarbeiter etwa der Filialplanung, die für die Regalflächenplanung zuständig ist, oder des sogenannten Category Managements oder der Warenplatzierung in der Regel nicht an den Konditionsverhandlungen teil.
101(2) Nicht festzustellen ist aber auch ein umfassender Absatzmarkt für Süßwaren jeder Art, auf welchem generell die Süßwarenhersteller als Anbieter ihrer Marken-Fertigerzeugnisse dem insoweit Produkte zum Weiterverkauf nachfragenden Lebensmitteleinzelhandel gegenüberstünden.
102Zwar besteht der wirtschaftliche Verwendungszweck für die Beschaffungseinkäufe des Lebensmitteleinzelhandels einheitlich im Weiterverkauf dieser Produkte. Dennoch stellen sich die verschiedenen Süßwarenprodukte aus Sicht des Lebensmitteleinzelhandels nicht allgemein als gleichwertig zum Weiterverkauf geeignete Bezugsalternativen dar. Aus Sicht des Lebensmitteleinzelhandels sind Süßwarenprodukte nicht generell untereinander austauschbar. Denn der Lebensmitteleinzelhandel bildet für den Weitervertrieb im Einzelhandel ein von den Endverbrauchern typischerweise erwartetes Sortiment aus Nahrungs- und Genussmitteln einschließlich weiterer Konsumgüter des täglichen Bedarfs wie etwa Wasch-, Reinigungs- und Körperpflegemitteln. Ob ein Handelsunternehmen ein Produkt listet und in welchem Umfang es ein gelistetes Produkt unter Berücksichtigung dessen Warenrotation (Lagerumschlagshäufigkeit) bezieht, wird daher in erster Linie durch die beobachtete Endverbrauchernachfrage und deren für die Zukunft – unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, wie etwa geplante Werbemaßnahmen und Aktionen – prognostizierten Entwicklung bestimmt.
103Vom Standpunkt des verständigen Durchschnitts-Endverbrauchers sind Süßwarenerzeugnisse indes nicht schlechthin miteinander austauschbar, da sie sich auf Grund ihrer Eigenschaften und wirtschaftlichen Zweckbestimmung sowie ihrer Preislage, vor allem aber nach Art und Zusammensetzung ihrer wesentlichen Bestandteile, nach ihrem Aussehen, ferner nach ihrem Verwendungszweck bzw. Verzehranlass, ihrer Verzehrweise sowie nicht zuletzt in ihrer Genusswirkung teilweise wesensmäßig in verschiedene Artikelgruppen unterscheiden. So decken aus Endverbrauchersicht beispielsweise Schokoladenwaren schon aufgrund ihrer Zusammensetzung mit Kakaobestandteilen, ihrer Eigenschaften vor allem eines relativ niedrigen Schmelzpunktes und - damit eng zusammenhängend - ihrer durch ein Schmelzen im Mund geprägten Verzehrweise sowie ihrer mit all dem einhergehenden schokoladentypischen Genusswirkung einen anderen Verzehrbedarf als beispielsweise auf der Basis einer Zuckerlösung hergestellte Kau- und Lutschbonbons oder aus Teig hergestelltes Feingebäck; selbst innerhalb einer Kategorie wie Fein- bzw. Dauerbackwaren ist etwa das gerne zur Kaffee- oder Teezeit konsumierte Süßgebäck in seiner Genusswirkung und seinem typischen Verzehranlass nicht mit dem sich durch eine pikante Geschmacksrichtung auszeichnenden und deshalb regelmäßig einem anderen Verzehranlass dienenden Laugen- oder Salzgebäck austauschbar.
104Die Sicht des durchschnittlichen Endverbrauchers schlägt dabei auf die vorgelagerte Absatz- bzw. Beschaffungsstufe des Warenvertriebs von den Herstellern an den Lebensmitteleinzelhandel durch, indem sich hieraus bei der Sortimentsbildung im Lebensmitteleinzelhandel die Tiefe und Breite sowohl der untereinander nicht austauschbarer Artikelgruppen als auch der Angebotsvielfalt und Umschlagsmenge untereinander grundsätzlich austauschbarer Produkte innerhalb derselben Artikelgruppe ableitet. Soweit aus Sicht des Endverbrauchers eine grundsätzliche Austauschbarkeit zwischen einzelnen Produkten besteht, stellt sich dies für die Handelsunternehmen auf der vorgelagerten Absatz- bzw. Beschaffungsstufe nicht deshalb anders dar, weil sie im Rahmen ihrer Sortimentsbildung typischerweise verschiedene Wettbewerbsprodukte nebeneinander für unverzichtbar erachten, insbesondere um dem Endverbraucher Kaufalternativen anzubieten sowie den verschiedenen Präferenzen oder einer Produkt- bzw. Markenbindung bei den Endverbrauchern Rechnung zu tragen. Denn auch insoweit bleibt es aus Sicht des Lebensmitteleinzelhandels zumindest bei einer Austauschbarkeit im Einkaufs- bzw. Beschaffungsvolumen der gleichartigen Produkte, die der Handel aus der insoweit jedenfalls quantitativ grundsätzlich beweglichen sowie mittels insbesondere Aktionen und Werbung in Grenzen beeinflussbaren und deshalb stets nur temporär festgestellten oder prognostizierten Endverbrauchernachfrage ableitet.
105bb) Abgrenzung unterschiedlicher Produktmärkte
106Nach alledem ist der Süßwarenabsatz in Deutschland auf der vorgelagerten Beschaffungsstufe unter dem Gesichtspunkt eines Produktwettbewerbs in verschiedene Warengruppen wie vor allem Schokoladenwaren, Zuckerwaren und Fein- bzw. Dauergebäck zu differenzieren und innerhalb jeder Warengruppe gegebenenfalls wiederum in verschiedene Artikelgruppen, in denen jeweils die aus Endverbrauchersicht vor allem nach Art und Zusammensetzung ihrer wesentlichen Bestandteile, ihrem Aussehen, ihrem Verwendungszweck bzw. Verzehranlass, ihrer Verzehrweise sowie nicht zuletzt ihrer Genusswirkung gleichartige Süßwarenprodukte zusammengefasst sind, zu unterscheiden. Erst auf dieser Differenzierungsebene besteht vom Standpunkt des verständigen Endverbrauchers aus wie auch aus der hierdurch bestimmten Sicht der – zwischengeschalteten - Einzelhandelsunternehmen eine Austauschbarkeit unter den Süßwarenprodukten. Im Grundsatz kennzeichnet somit die jeweilige Artikelgruppe den sachlichen Markt, auf dem der Produktwettbewerb zwischen den Herstellern als Anbieter stattfindet. Dabei können die Grenzen zwischen den Artikelgruppen in Anbetracht vorzufindender Mischprodukte durchaus fließend sein.
107Ein wesentlicher Unterschied der vorgelagerten Marktstufe des Beschaffungs-Produktmarktes gegenüber dem nachgelagerten Konsumentenmarkt besteht indes hinsichtlich der Handelsmarken. Hierunter vertriebene Produkte zählen zwar zum nachgelagerten Konsumentenmarkt, weil aus Endverbrauchersicht zwischen Herstellermarken und Handelsmarken eine Nachfragesubstituierbarkeit besteht. Insoweit ist nicht festzustellen, dass Handelsmarken-Produkte sich in der Qualität und oder in bestimmten Produkteigenschaften von Herstellermarken-Erzeugnissen durchweg unterscheiden. Insbesondere beschränken sich Handelsmarken nicht allein auf einen Billigwarensektor, vielmehr nutzt das jeweilige Handelsunternehmen sie regelmäßig unter differenzierender Verwendung verschiedener Markentypen von der Preiseinstiegsmarke bis zur Premium-Handelsmarke über die verschiedenen Segmente hinweg gerade als Angebotsalternative zu Herstellermarken. Demgegenüber beschränkt sich die vorgelagerte Marktstufe des Beschaffungsmarktes für zum Weiterverkauf bestimmte Süßwarenprodukte auf die Herstellermarken. Die Beschaffung von Handelsmarkenprodukten geschieht demgegenüber typischerweise im Wege der Vertragsproduktion für die einzelnen Handelsunternehmen, so dass der diesbezügliche Beschaffungsmarkt von den Beschaffungs-Produktmärkten für unter Herstellermarken hergestellte und vertriebene Fertigerzeugnisse sachlich getrennt und eigenständig ist. Jedoch beeinflussen Handelsmarken aufgrund ihres Wettbewerbspotentials auf dem nachgelagerten Konsumentenmarkt regelmäßig die Strukturbedingungen der vorgelagerten Produktmärkte für Markenerzeugnisse, so etwa im Hinblick auf Beschaffungsvolumina des Lebensmitteleinzelhandels.
108(1) Ausgehend hiervon besteht – in zeitlicher Hinsicht bereits 2002 – auf der vorgelagerten Beschaffungs-Marktstufe unter der Warengruppe Feingebäck jedenfalls ein sachlicher Produktmarkt für Süßgebäck, auf dem die Markenhersteller – wie die hier miteinander konkurrierenden Nebenbetroffenen C1 und H1 - als Anbieter den Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels als Nachfragern gegenüberstehen.
109(1.1) Vom maßgeblichen Standpunkt eines verständigen Endverbrauchers gehören zum Süßgebäckmarkt sowohl der nachgelagerten Konsumenten-Marktstufe als auch der – hier zur Betrachtung stehenden – vorgelagerten Beschaffungs-Marktstufe alle aus Teig mit mehr oder weniger süßem Geschmack, gefüllt oder ungefüllt, mit oder ohne Überzug aus Schokolade oder Zuckerguss industriell hergestellten Feinbackwaren jeder Form und Schichtung, soweit sie als endverbrauchergerecht portionierte Fertigerzeugnisse vertrieben werden. Hierunter fallende Produkte – wie etwa Kekse, Plätzchen, Waffeln, Biskuit, Lebkuchen und Stollen - decken vom Standpunkt des verständigen Durchschnitts-Endverbrauchers vor allem aufgrund ihrer Beschaffenheit aus Teig mit relativ hohem Fett- und/oder Zuckeranteilen, ihrer mehr oder weniger durch Süße und der Backwarenkonsistenz geprägten Genusswirkung und ihrer Verwendungszwecke, namentlich traditionell als Imbiss zu Kaffee oder Tee, als Zwischenmahlzeit oder wegen ihrer Haltbarkeit als Reiseproviant, einen einheitlichen Bedarf. Hierin wie auch gerade in ihrem Aussehen unterscheiden sie sich von anderen (Fein- und Dauer-)Backwaren, wie etwa vom Laugen- oder Salzgebäck, das durch seine pikante Geschmacksrichtung vor allem eine demgegenüber andere Genusswirkung und andere Verzehranlässe bedient, und ferner von brotähnlichen Feinbackwaren, wie beispielsweise Zwieback.
110Eine über die bloße Segmentierung der Artikelgruppe hinausgehende Unterscheidung sachlich getrennter Märkte für einerseits Massen- bzw. Konsumprodukte und andererseits Premiumprodukte ist nicht festzustellen. Denn jedenfalls in Hinsicht auf Süßgebäck sind weder die im Lebensmitteleinzelhandel zu beobachtende Breite unterschiedlicher Preislagen für Herstellermarkenartikel noch verschiedene Qualitäten in den Zutaten oder der Zubereitung vom Standpunkt des verständigen Endverbrauchers aus (bereits) so prägend, dass hierin trotz gleichartigen Aussehens und Verwendungszwecks sowie vergleichbarer Genusswirkung der Süßgebäckwaren ein ihre Austauschbarkeit regelmäßig begrenzendes Wertigkeitsmerkmal läge.
111In räumlicher Hinsicht ist der Süßgebäckmarkt auf der vorgelagerten Beschaffungsmarktstufe mindestens bundesweit abzugrenzen. Aus Sicht des die Marktgegenseite abbildenden Lebensmitteleinzelhandels kommen unabhängig von einer regional beschränkten Weitervertriebstätigkeit der einzelnen LEH-Unternehmen im Grundsatz alle im Bundesgebiet tätigen Süßgebäckhersteller als Bezugsalternative in Betracht. Insoweit sind keine innerdeutschen Handelshemmnisse zwischen den Regionen festzustellen. Im Prinzip gilt dies zumindest auch in Hinsicht auf im Europäischen Binnenmarkt ansässige Süßgebäck-Markenhersteller. Indes ergeben sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung auch nicht im Ansatz Erkenntnisse über Umfang und Strukturen des innereuropäischen wie auch darüber hinaus reichenden Imports von Süßwaren allgemein geschweige denn speziell von Süßgebäck.
112(1.2) Auf dem dargestellten bundesweiten Süßgebäck-Beschaffungsmarkt begegneten sich bereits 2002 wie auch noch heute die Nebenbetroffenen C1 und H1 als Wettbewerber.
113Beide Nebenbetroffenen produzieren und vertreiben unter verschiedenen Markenzeichen sowie Warenmarken Süßgebäck-Erzeugnisse unterschiedlicher Sorten und Geschmacksrichtungen, wie namentlich Butterkekse (C1: M5; H1: …, …), ... (Biskuitbasis mit einer Schicht Orangen- oder anderem Fruchtgelee und einem Schokoladenüberzug; C1: N5; H1: H4), gefüllte Waffeln (C1: P1; H1: …) und Mischungen von Plätzchen, Keksen und Waffeln mit und ohne Schokoladenüberzug (C1: T5; H1: H5). Darüber hinaus beinhaltet das jeweilige Produktportfolio beider Süßgebäckhersteller in Hinsicht auf gefüllte Doppelkekse vom Standpunkt des Endverbrauchers betrachtet zumindest nahe beieinander liegende Produkte bzw. Produktlinien, nämlich zum einen „…!“ von C1 und zum anderen die „Q4“ von H1; wobei in der Hauptverhandlung die Einordnung des C1-Produkts „…!“ als Süßgebäck oder als – auch - der Artikelgruppe Schokoladenriegel zuzuordnender Keksriegel im vorliegenden Fall nicht abschließend aufgeklärt werden konnte. Soweit die Nebenbetroffene C1 darüber hinaus Lebkuchenprodukte der Warenmarken „B7“ und „D3“, ferner mit der Warenmarke „…“ Russisch Brot und unter der Warenmarke „D2“ Kuchen herstellt und vertreibt, ist eine Entsprechung im Produktportfolio der Nebenbetroffenen H1 nicht festzustellen.
114Der Wettbewerb zwischen den beiden Nebenbetroffenen C1 und H1 ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie sich – was vorliegend nicht festgestellt wurde - mit ihren Produkten bzw. Produktlinien in unterschiedlichen Preislagen bewegen mögen. Wie bereits ausgeführt, bleibt die Marktgleichwertigkeit jedenfalls bei Süßgebäck von einer Preisdifferenzierung unberührt. Im Übrigen ist speziell in Hinsicht auf die im Wesentlichen deckungsgleichen Produktlinien der beiden Nebenbetroffenen nicht festzustellen, dass sie sich preislich in einem Maße voneinander absetzen, aufgrund dessen vom Standpunkt des verständigen Endverbrauchers ihre Austauschbarkeit nicht mehr gegeben wäre.
115Ebenso wenig ist der Wettbewerb zwischen den beiden Nebenbetroffenen in Hinsicht auf bestimmte „Flaggschiff-Produkte“ – wie etwa den „M5“ der Nebenbetroffenen C1 oder die „Q4“ der Nebenbetroffenen H1 – deshalb ausgeschlossen, weil der Lebensmitteleinzelhandel diese Produkte bzw. Produktlinien aufgrund beispielsweise einer starken Markenbindung oder Markentreue der Endverbraucher als unumgängliche Bestandteile des LEH-Sortiments (sog. „must-have“) betrachtet. Die Marktdurchdringung auch solcher Produkte ist einem zeitlichen Wandel und sich ändernder Endverbraucherpräferenzen unterworfen und schließt vom Endverbraucherstandpunkt selbst bei einer Markenbindung einen zumindest vorübergehenden Wechsel auf ein vergleichbares Alternativprodukt – sei es aus dem Wunsch des Konsumenten nach Abwechslung oder aufgrund einer Beeinflussung seiner Kaufentscheidung durch preisliche Aktionen des Handels –nicht aus. Unter Berücksichtigung unter anderem dieser Faktoren muss sich auch ein markteingesessenes Produkt – was sich nicht zuletzt in allgemein am Markt zu beobachtende Vorgängen, wie etwa in der fortgesetzten Bewerbung selbst für seit langem marktbekannte Produkte mit starker Markenbindung, in der zeitgemäßen Anpassung von kaufbeeinflussenden Produktverpackungen, in Produkt-Relaunches und nicht zuletzt in der Erweiterung von altbekannten Produktlinien um weitere Geschmacksrichtungen zeigt – immer wieder erneut gegenüber aus Endverbrauchersicht vergleichbaren Produkten behaupten. Zumindest besteht unter diesen Gesichtspunkten aus Sicht des Lebensmitteleinzelhandels eine Austauschbarkeit zwischen solchen „Flaggschiff-Produkten“ im Beschaffungsvolumen.
116(1.3) Die Wettbewerbsstrukturen auf dem dargestellten bundesweiten Süßgebäck-Beschaffungsmarkt werden insbesondere durch folgende Umstände gekennzeichnet:
117Während auf der Nachfrageseite eine - nach wie vor wachsende – starke Konzentration der Nachfragemacht auf wenige regional wie auch bundesweit tätige Handelskonzerne, Handelsgruppen und Einkaufsorganisationen des Handels mit entsprechendem Druckpotential in den Konditionsverhandlungen besteht, wird der Markt auf der Anbieterseite durch eine Vielzahl vorwiegend mittelständischer Süßgebäck-Markenhersteller bzw. Süßgebäck-Distributionsunternehmen (nachfolgend einheitlich: Süßgebäck-Markenhersteller) geprägt. Im hier insgesamt relevanten Zeitraum von 2002 bis 2008 bewegte sich die Gesamtzahl der auf diesem Markt tätigen Süßgebäck-Markenhersteller im zwei- bis dreistelligen Bereich. Unter dieser breiten Gruppe von Anbietern war im selben Zeitraum das Marktvolumen indes höchst heterogen verteilt: Unter den Markenherstellern waren die beiden Nebenbetroffenen C1 und H1 in diesem Zeitraum die nach Umsatz mit erheblichem Abstand marktführenden Anbieter von Herstellermarken-Süßgebäck, die gemeinsam das Marktvolumen des deutschen Süßgebäck-Beschaffungsmarktes zu einem wesentlichen Teil abdeckten, während der Rest des Marktvolumens sich auf die Vielzahl der übrigen mit ihnen im Wettbewerb stehenden Süßgebäckhersteller mit Kleinst-Marktanteilen verteilte.
118Zwar ergeben sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung keine konkreten Feststellungen zum Marktvolumen des Süßgebäck-Beschaffungsmarktes und zur dortigen Marktanteilsverteilung im Einzelnen. Die diesbezüglichen Größenordnungen und die sich daraus ergebende Marktbedeutung der Nebenbetroffenen C1 und H1 auf dem vorgelagerten Süßgebäck-Beschaffungsmarkt zeigen sich indes zumindest tendenziell in den Daten zum umsatzbezogenen Anteil der Süßgebäckhersteller am Absatz von Süßgebäck auf der nachgelagerten Marktstufe des Konsumentenmarktes, deren Feststellung hier allerdings auch nur eine tendenzielle Aussagekraft zukommt, da sie zum einen das über die B5-Unternehmensgruppe im Süßgebäck-Absatz mit sowohl Herstellermarken als auch B5-Handelsmarken erreichte Umsatzvolumen nicht berücksichtigen und zum anderen zeitliche Lücken aufweisen:
119Soweit mit dieser Einschränkung festzustellen, war der deutsche Konsumentenmarkt durch eine starke Präsenz von Handelsmarken geprägt, die (ohne B5) zusammengefasst zwischen 2002 und 2008 mit nur geringen Schwankungen rund ein Drittel des Marktvolumens abdeckten. Im selben Zeitraum bewegte sich der umsatzbezogene Anteil am dortigen Süßgebäckabsatz einerseits der Nebenbetroffenen C1 in einer Größenordnung zwischen knapp 15 % und 20 % sowie andererseits der Nebenbetroffenen H1 zwischen knapp 10 % und 15 %. Ihnen folgte währenddessen mit erheblichem Abstand die M12-Gruppe mit Anteilen unterhalb der 5 %-Marke. Allenfalls in die Nähe der M12-Gruppe war der jedenfalls zwischen 2002 und 2007 ebenfalls im Verkaufsleiterausschuss repräsentierte Süßgebäckhersteller T11 GmbH Backwarenspezialitäten einzuordnen. Hinter diesen rangierten die weiteren Süßgebäckhersteller mit Anteilen teils auch unter 1 %. Die Anteilsentwicklung war jedenfalls bis 2007 durch eine relative Stabilität gekennzeichnet.
120Die hieraus ersichtliche Marktbedeutung der einzelnen Markenhersteller auf der nachgelagerten Marktstufe spiegelt tendenziell die ihnen auf dem vorgelagerten Süßgebäck-Beschaffungsmarkt als Anbieter zukommenden Marktanteile und Marktbedeutung wider. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Handelsmarken dem hier in Rede stehenden Beschaffungsmarkt für Süßgebäck-Fertigerzeugnisse nicht zuzurechnen sind, weshalb sich zwar einerseits das Marktvolumen des vorgelagerten Süßgebäck-Beschaffungsmarktes gegenüber dem Absatzvolumen auf nachgelagerten Marktstufe um den auf die Handelsmarken entfallenden absoluten Absatzanteil reduziert, andererseits umgekehrt aber die auf dem Konsumentenmarkt in absoluter Umsatzhöhe erreichten Anteile jedes einzelnen Markenherstellers am dortigen Absatz bezogen auf das reduzierte Marktvolumen des Beschaffungsmarktes zu höheren relativen Marktanteilen hier führen. Ausgehend von den – wie ausgeführt, wegen ihrer eingeschränkten Aussagekraft nur als Tendenzen zugrunde zu legenden – Feststellungen zur Teilhabe der Markenhersteller am Absatzergebnis auf dem Konsumentenmarkt bedeutet dies, dass einer von den Nebenbetroffenen C1 und H1 zwischen 2002 und 2008 auf der nachgelagerten Marktstufe erreichten Abdeckung des Süßgebäck-Gesamtabsatzes von zusammengerechnet zwischen 25 % und 30% einer Marktabdeckung auf dem Beschaffungsmarkt in einer tendenziellen Größenordnung von 40 % bis 50 % des Marktvolumens entspricht, während das restliche Marktvolumen sich mit deutlichem Marktanteilsabstand zu den beiden Nebenbetroffenen auf eine Vielzahl weiterer Süßgebäckhersteller mit Kleinst-Marktanteilen verteilt. In jedem Fall zeigt sich aber, dass den Nebenbetroffenen C1 und H1 als Anbieter auf dem Süßgebäck-Beschaffungsmarkt jeweils eine herausragende Marktbedeutung und Marktführerschaft im fraglichen Zeitraum zukam.
121(2) Daneben und ebenfalls bereits während des Zustandekommens der Grundübereinkunft bestand auf der vorgelagerten Beschaffungs-Marktstufe unter der Warengruppe Zuckerwaren ein – insbesondere vom Wein- und Fruchtgummi-Absatz zu unterscheidender - bundesweiter Produktmarkt für Bonbons, auf welchem die schon damals im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen T2, S7 und L4 als Anbieter tätig waren und sind.
122(2.1) Einen einheitlichen sachlichen Produktmarkt für Bonbons bilden alle (a) in mundgerechter Größe als Dragees, Pastillen oder Klumpen in Ellipsoiden-, Kugel-, Taler- oder Quaderform (b) aus insbesondere Zucker, Zuckeraustauschstoffen, Karamell oder Lakritz (c) mit und ohne geruchs- sowie geschmacksgebenden Zusätzen und Aromen, (d) mit oder ohne Zusatz ätherischer Öle (z.B. Eukalyptus- oder Minzöl oder Menthol) oder Kräuterextrakte, (e) mit und ohne Füllung oder (Schokoladen- oder Zucker-)Überzug, (f) mit spröder Härte (Hartbonbon) zum Lutschen oder in zäh bis leicht verformbarer oder mürber Konsistenz (Weichbonbon) zum Kauen, (g) in jeder Farbe und Geschmacksvariante wie etwa süß, sauer, salzig oder bitter sowie von mild über würzig und frisch bis scharf, ferner fetthaltig-cremig (wie schokoladig und karamell-cremig) oder fruchtig industriell hergestellten Süßwaren, die als Fertigerzeugnis (h) in Einzel-bzw. Portionsverpackung oder in endverbrauchergerechter Vorratsverpackung (z.B. Papier- oder Kunststoff-Beutel, Rolle, Schachtel) vertrieben werden, sofern es sich (i) nicht um Arzneimittel handelt. Süßwaren mit diesen Spezifikationen decken vom Standpunkt des verständigen Endverbrauchers den mehr oder weniger einheitlichen Bedarf nach einem – zwischendurch und unterwegs praktikablen – Verzehr einer Süßigkeit, die sich in der Einzelportion ohne weiteres in den Mund stecken lässt und sich dort während ihres Kauens oder Lutschens auflöst, um auf diese Verzehrweise eine vorwiegend geschmackliche und daneben wohlmöglich auch (atem-)erfrischende und/oder pharmakologische (symptom- und reizlindernde) Wirkung zu erzielen. Der so verstandene Bedarf weist zwar in den Geschmackspräferenzen der Endverbraucher sowie etwa in den von ihnen gewünschten Zusätzen und (beispielsweise atemerfrischende oder reizlindernde) Nebeneffekten eine große Varianz auf, ist jedoch vor allem in der zur Bedarfsbefriedigung gewünschten Verzehrweise und sensorischen Wahrnehmung einheitlich. Eine in ihren Grenzen so eindeutig definierte Kundensegmentierung nach etwa Geschmacksvarianten oder Zusammensetzungsvarianten verschiedener Bonbons, aufgrund dessen schon von sachlich getrennten Märkten auszugehen wäre, ist auch deshalb nicht festzustellen. Insbesondere besteht kein allgemeiner Erfahrungssatz, dass bestimmte Bonbonarten nur oder zumindest ganz überwiegend von klar umrissenen Kundengruppen verzehrt werden, etwa süß-fruchtige Bonbons (beispielsweise T2 „O3“) ganz vorwiegend nur von Kindern und bittere sowie saure, nach Pfefferminz oder Lakritz schmeckende Varianten ganz überwiegend nur von Erwachsenen. Im Gegenteil unterliegt der verständige Durchschnittsverbraucher nach allgemeiner Lebenserfahrung - unabhängig von nicht zu verkennenden individuellen Geschmackspräferenzen – auch beim Konsum von Bonbons je nach zeitweiligem Empfinden und Appetit wechselnden Verlangen nach verschiedenen Geschmacksempfindungen. In Anbetracht dessen lassen sich Endverbraucher unabhängig von ihrem Alter allenfalls in Segmente von Geschmackspräferenzen ohne ausschließliche Abgrenzung, nicht aber in generell deutlich trennbare Kategorien von Bonbonkonsumenten unterscheiden. Zur Bedarfsdeckung vom Standpunkt des Endverbrauchers untereinander austauschbar sind nach alledem Kau- wie auch Lutschbonbons, zuckerhaltige wie auch zuckerfreie Bonbons, Erfrischungsbonbons, Fruchtbonbons, Karamellbonbons, Schokoladenbonbons, Pfefferminzbonbons und Lakritzbonbons; hierzu zählen des Weiteren aber auch Hustenbonbons und vergleichbare Wirkbonbons, die - anders als beispielsweise unter Berücksichtigung ihrer medizinischer Wirkstoffe und deren Dosierung zur Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten zweckbestimmte Lutschtabletten (z.B. Halsschmerztabletten) - neben dem Geschmack lediglich eine zusätzliche Wirkung symptom-vorbeugender oder -lindernde Natur aufweisen und deshalb kein Arzneimittel sind, sondern zu den Lebensmitteln zählen.
123In räumlicher Hinsicht ist der Produktmarkt für Bonbons (Beschaffungsmarktstufe) aus Sicht des die Marktgegenseite abbildenden Lebensmitteleinzelhandels unter den bereits zuvor zum Süßgebäckmarkt insoweit dargelegten Gesichtspunkten bundesweit abzugrenzen.
124(2.2) Die Wettbewerbsstrukturen auf dem bundesweiten Bonbon-Beschaffungsmarkt waren im Zeitraum von 2002 bis 2008 ebenfalls dadurch geprägt, dass der durch eine anhaltende und starke Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel gekennzeichneten Nachfrageseite eine Vielzahl von Hersteller- und Vertriebsunternehmen (nachfolgend weiterhin zusammenfassend als Hersteller bezeichnet) als Anbieter gegenüberstand. Diese boten ihre verschiedensten Bonbonprodukte unter über 100 produktspezifische Einzelmarken (Monomarken) an.
125Während sich aus der Hauptverhandlung keine weiterführenden Feststellungen zur näheren Bestimmung der Marktanteile und Marktanteilsverteilung auf diesem Markt ergeben, spiegelt sich deren Größenordnung und die Marktstellung der maßgeblichen Bonbonhersteller jedoch in den ihnen zukommenden Umsatz-Anteilen am Absatz von Bonbons auf der nachgelagerten Marktstufe des Konsumentenmarktes wider. Dieser stellte sich mit der Maßgabe, dass die insoweit feststellbaren Marktdaten lediglich die Jahre 2002 und 2004 bis 2007 und insoweit die jeweiligen Jahreszeiträume auch nur teilweise umfassen sowie ferner teilweise das über die B5-Unternehmensgruppe im Bonbon-Absatz mit sowohl Herstellermarken als auch B5-Handelsmarken erreichte Umsatzvolumen nicht berücksichtigen, tabellarisch zusammengefasst wie folgt dar:
126Hersteller |
20021 |
2004 |
2005 |
20061 |
20071 |
T2 |
26,8 % |
22,4 % |
22,6 % |
24,1 % |
26,0 % |
Handelsmarken |
7,7 % |
8,1 % |
8,7 % |
16,3 % |
17,6 % |
D1 |
7,6 %2 |
7,5 %2 |
10,9 % |
8,4 % |
8,9 % |
Q7 (Marke: X5) |
6,7 % |
5,9 % |
6,1 % |
4,7 % |
4,8 % |
G4 (Marke: U5) |
6,5 % |
8,7 % |
9,0 % |
6,8 % |
6,5 % |
L9 (Marken: … und …) |
5,8 % |
6,5 % |
6,5 % |
5,4 % |
5,8 % |
W3 |
5,7 % |
5,7 % |
5,7 % |
5,1 % |
5,1 % |
S7 |
5,3 % |
4,5 % |
3,5 % |
aus dem Markt geschieden |
|
I12 |
3,5 % |
3,7 % |
3,5 % |
5,3 % |
5,6 % |
M1 |
3,0 % |
3,0 % |
2,9 % |
2,5 % |
2,1 % |
L4 |
1,9 % |
1,8 % |
nicht gesondert erfasst |
1,8 % |
|
Impulsvermarktung (bis 2004 einschließlich der Marke G2) |
5,5 % |
8,1 % |
2,0 % |
nicht gesondert erfasst |
nicht gesondert erfasst |
Restliche Anbieter |
11,4 % |
15,9 % |
16,6 % |
21,4 % |
15,8 % |
1: Marktdaten einschließlich B5
1282: ohne „G2“
129Unter Berücksichtigung der eingeschränkten Aussagekraft dieser Daten stellen sich die Marktanteile und die den maßgeblichen Herstellern jeweils zukommende Marktstellung auf dem bundesweiten Bonbon-Beschaffungsmarkt im Zeitraum 2002 bis 2008 in den tendenziellen Größenordnungen wie folgt dar:
130Marktführer unter den Anbietern war bereits im Jahr 2002 der zugleich im Verkaufsleiterausschuss der Konditionenvereinigung repräsentierte Hersteller T2, der mit seinem breiten Produktportfolio mit Monomarken wie „O3“, „S6 Schoko“, „X4“, „D7“, „…“, „…“ und „…“ mindestens ein Viertel des Marktvolumens abdeckte. Nächst folgender Wettbewerber auf dem deutschen Bonbon-Beschaffungsmarkt war während dessen mit deutlichem Marktanteilsabstand die seinerzeit zunächst noch unter D4 N7 Süßwarenhandels GmbH & Co. KG firmierende Nebenbetroffene D1, die während des Zustandekommens der Grundübereinkunft und ihres anfänglichen Fortbestandes jedoch weder im Verkaufsleiterausschuss repräsentiert noch Mitgliedsunternehmen in der Konditionenvereinigung war. Hieran schloss sich ein Mittelfeld am Konsumentenmarkt marktbekannterer Bonbonanbieter mit einem Spektrum von teilweise und zeitweise nahe bei der Nebenbetroffenen D1 bis weit darunter sich herabdifferenzierender Marktanteile an; zu den stärkeren Anbietern dieses Mittelfeldes gehörten unter anderem die während des fraglichen Zeitraums nicht im Verkaufsleiterausschuss der Konditionenvereinigung vertretenen Herstellerunternehmen G4 mit der Lutschdragee-Marke „U5“, Q7 mit der Hustenbonbon-Marke „X5“, L9 mit vor allem der Kräuterbonbon-Marke „…“ und der Hustenbonbon-Marke „…“, W3 mit insbesondere der Pfefferminzbonbon-Marke gleichen Namens und I12; diesem Mittelfeld waren aus dem Kreis der ab März 2003 schon im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Bonbonhersteller das etwa bis 2005 am Markt tätige Herstellerunternehmen S7 und – am unteren Ende dieses Mittelfeldes – die vormalige Nebenbetroffene L4 zuzurechnen. Von diesem Mittelfeld konnte die Nebenbetroffene D1 sich – wohl auch infolge der Erweiterung des Portfolios um die Marke „G2“ – ab etwa 2005 etwas deutlicher absetzen.
131(3) Welche Produktmärkte im Übrigen abzugrenzen sind, ist im vorliegenden Fall nicht in jeder Hinsicht abschließend festzustellen. Dies gilt insbesondere in Hinsicht auf die mit dem Betroffenen B1, dem Zeugen H7 als Repräsentanten des Schokoladenherstellers S8 und den Repräsentanten der weiteren Schokoladenhersteller I9, T9, A1, D6 und Q6 – zumindest im Verlaufe der Zeit zwischen 2002 und 2008 – im Verkaufsleiterausschuss stark vertretenen Warengruppe Schokoladenwaren. Insoweit ergeben sich zwar Anhaltspunkte, unter Berücksichtigung vor allem jeweils des Aussehens und der Genusswirkung, aber auch der Darreichungsformen und -größen, Verzehranlässe und Verzehrweisen auch diesbezüglich nach Artikelgruppen und eigenständige Märkte für etwa Tafelschokolade, Schokoladenriegel, Pralinen nebst pralinenähnlichen Produkten und Schokoladen-Knabberstücke (Schoko-Bites oder auch Small Bites) zu unterscheiden. Dies konnte – mit Rücksicht auf gerade hier verbreitete Misch- und Übergangsprodukte - aber ebenso wenig abschließend aufgeklärt werden wie die Frage, ob jedenfalls bei Schokoladenwaren die weitere Segmentierung innerhalb der jeweiligen Artikelgruppe unter preislichen und qualitativen Gesichtspunkten in Billigware, Mittelpreislage und Premiumsegment aus Endverbrauchersicht bereits eine Austauschbarkeit ausschließt und zu sachlich getrennten Märkten führt.
132e) Wissens- und Willenslage
133Die bis einschließlich der Sitzung vom 5. Juni 2003 an der Grundübereinkunft beteiligten Unternehmensrepräsentanten - wie unter anderem der Betroffene B1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen G1, ferner C3 (C1) und I1 (H1) - wussten, dass ihrem gemeinsamen Einverständnis keinerlei rechtliche Bindungswirkung zukam. Sie legten dem zwischen ihnen stillschweigend vereinbarten Informationsaustausch vielmehr einzig eine tatsächliche Bindungswirkung durch Anstand und Solidaritätsbewusstsein im Sinne eines sog. Gentleman´s Agreement zugrunde. Dieses basierte darauf, dass sie sich im Rahmen des in der Konditionenvereinigung bestehenden – zulässigen – Konditionenkartells ohnehin bereits zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit gegenüber der von ihnen allgemein als übermächtig empfundenen Wiederverkäuferseite verbunden fühlten und in der weitergehenden Entwicklung des Informationsaustauschs vor allem eine – wenn auch den Zweck des bisherigen Kartells aus 1970 überschreitende, so doch aber artverwandte - Aktualisierung des sie einenden gemeinsamen Interesses und Solidaritätsbewusstseins sahen.
134Daneben erkannten und billigten die seinerzeit beteiligten Unternehmensrepräsentanten wie auch die Betroffenen M2 und S1, dass die sich unter ihrer Beteiligung ergebende Grundübereinkunft zumindest in Hinsicht auf das Verhältnis zwischen den durch deren Repräsentanten C3 und I1 beteiligten Nebenbetroffenen C1 und H1 von vornherein die Tendenz einer nicht unerheblichen Dämpfung des Geheimwettbewerbs aufwies:
135Alle bis einschließlich der Junisitzung 2003 beteiligten Unternehmensrepräsentanten waren sich bewusst, dass die bis dahin ausgetauschten und aufgrund der Grundübereinkunft auch künftig planmäßig auszutauschenden Informationen über das unmittelbare Betroffensein durch konkret bezeichnete Konditionsbegehren bestimmter Akteure der Marktgegenseite, den Gegenstand und die Lage der Konditionsverhandlungen mit der Marktgegenseite im Allgemeinen wie auch im Speziellen nebst der sich in einzelnen Konditionsverhandlungen zeigenden Verhandlungsspielräume und Perspektiven selbst bei einem bloß tendenziellen Aussagegehalt im Grundsatz vertraulicher Natur waren.
136Dabei drängte sich eigens den Repräsentanten C3 und I1 in Anbetracht ihrer Kenntnis um das enge Wettbewerbsverhältnis zwischen den von ihnen repräsentierten beiden Marktführern auf dem deutschen Süßgebäckmarkt geradezu auf, dass die Verständigung auf den Informationsaustausch jedenfalls im Verhältnis zwischen den beiden Nebenbetroffenen C1 und H1 zwangsläufig zumindest eine Dämpfung des Geheimwettbewerbs nach sich ziehen würde. Dies nahmen sie jedoch billigend in Kauf.
137Sowohl den Wettbewerbsbezug des mit vorgenanntem Inhalt vereinbarten Informationsaustauschs jedenfalls im Verhältnis zwischen diesen beiden Süßgebäckherstellern als auch deren herausragende Marktstellung erkannten desgleichen auch die übrigen an der Grundübereinkunft beteiligten Vertriebsrepräsentanten, wie damals gerade auch der Betroffene B1. Sie alle erfassten ferner, dass dem Informationsaustausch zumindest in Hinsicht auf hieran mitbeteiligte Wettbewerber eine den Geheimwettbewerb zwischen diesen einschränkende Wirkung inne wohnte und ihre eigene Beteiligung als Nichtwettbewerber an der planmäßigen Konsolidierung dieses Informationsaustauschs diese zwingende Folge mitbewirkte und mittrug. Unter billigender Inkaufnahme all dessen trugen aber der Betroffene B1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen G1 wie auch die übrigen Unternehmensrepräsentanten die Grundübereinkunft als künftig stehende Praxis im Verkaufsleiterausschuss mit, zumal sie sich eine Rückenstärkung unter den Herstellern der gesamten Branche erhofften, um die in den Konditionsverhandlungen mit den besonders nachfragemächtigen Handelsunternehmen empfundene Hilflosigkeit abzumildern.
138Diese Kenntnislage teilten darüber hinaus auch die Betroffenen M2 und S1. Jeweils beide erkannten des Weiteren, dass gerade ihre Tätigkeit für den Nebenbetroffenen C2 von nicht unerheblichem Einfluss auf die Willensentschließung und Konsensbildung unter den beteiligten Unternehmensrepräsentanten war. In Kenntnis dessen sowie unter billigender Inkaufnahme einer Dämpfung des Geheimwettbewerbs zwischen beteiligten Herstellerunternehmen wie speziell der C2-Mitgliedsunternehmen C1 und H1 entschlossen sie sich, die im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen in ihrem Grundkonsens über den künftigen Informationsaustausch zu unterstützen. Insoweit wusste und billigte der Betroffene M2, dass er mit der stillschweigend erklärten Bereitschaft, in seiner Doppelfunktion als C2-Referent und Geschäftsführer der Konditionenvereinigung die Ausschusssitzungen künftig unter Berücksichtigung des vereinbarten Austauschs über wettbewerbssensible Informationen vorzubereiten und zu organisieren, einen mittragenden Beitrag zum Grundkonsens leistete. Desgleichen erkannte der Betroffene S1, dass er als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 in zweierlei Hinsicht Einfluss nehmen könnte, nämlich sowohl auf den Betroffenen M2, der als vom Nebenbetroffenen C2 entgeltlich der Konditionenvereinigung für die Aufgaben deren Geschäftsführers zur Verfügung gestellter C2-Referent ihm weiterhin auch fachlich unterstellt war, als dessen Vorgesetzter, als auch in seiner Funktion als Vorstandsmitglied der Konditionenvereinigung; in Kenntnis dessen entschloss er sich aber, dem ihm ohne Weiteres ersichtlichen Konsens über den Informationsaustausch nicht zu unterbinden und durch sein Schweigen gerade zu unterstützen.
1393. Weitere Entwicklung und Umsetzung der Grundübereinkunft
140Das Gentlemen´s Agreement über den Austausch von an für sich vertraulichen Geschäftsdaten aus und zu individualisierten Konditionenverhandlungen in Jahresgesprächen oder über Sonderforderungen des Lebensmitteleinzelhandels bezog sich nicht auf einen einmaligen Informationsaustausch, sondern auf eine fortan als stehend gewollte Praxis eines solchen Informationsaustauschs im Verkaufsleiterausschuss. Die mit ihr - auf der Basis gegenseitigen Vertrauens faktisch vereinbarte - wechselseitige Selbstverpflichtung betraf zukunftsgerichtet die Koordination eines bestimmten Verhaltens zwischen den Beteiligten, nämlich die zu einem künftig gegenseitigen Austausch vertraulicher Geschäftsdaten. Bereits hiermit wurde ein Zustand des fortbestehenden Einigseins über einen solchen Informationsaustausch geschaffen, ohne dass es einer diesbezüglich immer wieder erneut, von Sitzung zu Sitzung herzustellenden Willensübereinkunft im Verkaufsleiterausschuss bedurfte. Aufgrund dessen hing der Fortbestand des Informationskreises auch weder von der Teilnahme oder Nichtteilnahme der ihm angehörenden Unternehmensrepräsentanten an einzelnen Sitzungsterminen noch davon ab, ob bei jeder Sitzung tatsächlich wettbewerbssensible Informationen ausgetauscht wurden. Vielmehr konnten die Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss schon aufgrund der einmal zustande gekommenen Grundübereinkunft hierauf je nach Bedarf und jederzeit ohne weiteres zurückkommen, entsprechende Gesprächswünsche im Vorfeld einer Sitzung anmelden und in der jeweiligen Sitzung zur Diskussion bringen. Für den Fortbestand dieses Zustandes entscheidend war allein, dass kein im Verkaufsleiterausschuss repräsentiertes Herstellerunternehmen aus Sicht der im Übrigen beteiligten Unternehmen den Grundkonsens aufkündigte, etwa indem sein Unternehmensrepräsentant im Verkaufsleiterausschuss sich erkennbar von der Praxis des Informationsaustauschs distanzierte und für die Zukunft eine Beteiligung seines Unternehmens am Informationskreis deutlich ausschloss. Demgegenüber konnte aus Sicht der anderen Unternehmensrepräsentanten selbst die bloß schweigende Teilnahme am einzelnen Informationsaustausch nicht anders als eine fortwährende Bestätigung der Praxis verstanden werden. Auf dieser Basis währte das Gentlemen´s Agreement unabhängig von der personellen Zusammensetzung des Gremiums fort, insbesondere unbeschadet vom zwischenzeitlichen Wechsel einzelner Repräsentanten nach wie vor im Verkaufsleiterausschuss vertretener Unternehmen sowie unberührt vom Hinzutreten zuvor dort noch nicht repräsentierter Herstellerunternehmen. In solchen Fällen konnten die anderen Unternehmensrepräsentanten davon ausgehen, dass die Existenz der Grundübereinkunft für die neu hinzukommenden Unternehmensrepräsentanten schon aufgrund der ohne weiteres erkennbaren Zusammensetzung der im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Unternehmen, ferner der sich aus den jeweiligen Tagesordnungen ergebenden Gesprächsthemen und nicht zuletzt aus der jeweils eigenen Anschauung von Art und Umfang eines diesbezüglichen Informationsaustauschs in den Sitzungen erkennbar war, nicht verkannt werden würde und deshalb die widerspruchlose Teilnahme des Neulings zumindest an Folgesitzungen als naht- und zäsurlose Fortsetzung bzw. Einreihung zu verstehen war. Selbst im Falle nur vorübergehender Gastteilnahmen von Repräsentanten einzelner Herstellerunternehmen oder das endgültige Ausscheiden eines Unternehmens aus dem Kreis des Verkaufsleiterausschusses, wie etwa im Falle des im Jahr 2005 aus dem Markt ausgeschiedenen Bonbonherstellers S7, setzten die jeweiligen Mitglieder im Verkaufsleiterausschuss die vereinbarte Praxis des Informationsaustauschs ungeachtet solcher Umstände schlicht fort. Der mit dem spätestens seit Juni 2003 bestehenden Gentlemen´s Agreement geschaffene kartellrechtswidrige Zustand endete vielmehr nicht vor der Verfahrenseinleitung des Bundeskartellamtes, die für die Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss durch die Durchsuchungsmaßnahmen des Amtes am 7. Februar 2008 erkennbar wurde.
141Dies vorausgeschickt beteiligten sich die im Verlauf der Zeit wechselnden Repräsentanten zum einen der Nebenbetroffenen C1, darunter der Betroffene W1, und zum anderen der Nebenbetroffenen H1, insoweit zuletzt der Betroffene M1, ferner der Betroffene B1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen G1 und – später hinzutretend – der Betroffene T1 für die Nebenbetroffene D1 gemeinsam mit Vertriebsrepräsentanten weiterer im Laufe der Zeit ebenfalls im Verkaufsleiterausschuss teilnehmenden Süßwarenhersteller sowie unter Mithilfe der Betroffenen S1 und M2 zwischen Juni 2003 und Februar 2008 an der ständigen Aufrechterhaltung und Umsetzung der Grundübereinkunft durch einen entsprechenden Austausch über vertrauliche Geschäftsdaten ihrer Unternehmen. Im Einzelnen:
142a) Gegenstand der Tagesordnungen
143Die Tagesordnungen für die Sitzungen im Zeitraum Juni 2003 bis Februar 2008 sahen wiederkehrend den Stand der Jahresgespräche – insoweit allgemein, aber auch speziell mit ausdrücklich bezeichneten Handelsorganisationen, wie etwa F1 und S2 – und nahezu ausnahmslos Sonderforderungen des Handels als Gesprächsthemen vor.
144Zu besseren Veranschaulichung der Tagesordnungen wird auf das als Anlage 1 diesem Urteil angeschlossene Konvolut von Ablichtungen der Tagesordnungen der Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung vom 12. März 2002, 4. Juni 2002 und 8. Oktober 2002, 20. Februar 2003, 5. Juni 2003, 8. September 2003 und 3. Dezember 2003, 17. Februar 2004, 8. Juni 2004, 13. September 2004 und 1. Dezember 2004, 9. Februar 2005, 31. Mai 2005, 28. September 2005 und 30. November 2005, 18. Januar 2006, 17. Mai 2006, 12. September 2006 und 22. November 2006, 28. Februar 2007, 8. Mai 2007, 10. Oktober 2007 und 21. November 2007 sowie 23. Januar 2008 Bezug genommen.
145In Hinsicht auf Sonderforderungen, also Konditionszugeständnisse, Werbekostenzuschüsse o.ä., die ein Handelskunde aus einem von ihm definierten besonderen Anlass zusätzlich neben dem in Jahresgesprächen Vereinbarten von einzelnen, mehreren oder gar allen bei ihm gelisteten Lieferanten forderte, standen dabei im Fokus
146(a) der Fusionsrabatt F1/T4 mit dem Hintergrund, dass die F1 nach Übernahme der T4märkte in den Jahren 2005/2006 seine eigenen und die Bezugskonditionen der übernommen T4-Gruppe bei den Lieferanten abglich und in vielen Fällen eine Anpassung an die jeweils besseren Konditionen forderte
147[so etwa TOP 1. „Entwicklung T4/F1“ der Sitzung vom 28. September 2005, TOP 2. „F1/T4“ der Sitzung vom 30. November 2005, TOP 3. der Sitzung vom 18. Januar 2006 mit der Themenbezeichnung „n/n Abgleich T4-F1 (O1 …& O1 …)“],
148(b) der Fusionsrabatt X1/N2, mit welchem die N2 im Zuge der Übernahme eines Teils der X1-Märkte in Deutschland ebenfalls um das Jahr 2006 nach Abgleich der Bezugskonditionen in vielen Fällen eine Anpassung an die jeweils besseren Konditionen verlangte
149(beispielsweise TOP 5. „X1 – N2?“ der Sitzung vom 30. November 2005, TOP 6. „Abgleich X1 N2“ der Sitzung vom 12. September 2006, TOP 4. „N2 – X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderung / Europaforderungen“ der Sitzung vom 22. November 2006 und TOP 4. „N2 – Forderungen / Nachforderungen im Zuge der Übernahme X1“ der Sitzung vom 28. Februar 2007),
150(c) die von der S2 um das Jahr 2006 wegen der „S2 Big-Bang“ genannten Umstellung aller Supermärkte auf die Dachmarke "S2" verlangte Sonderforderung nach einem prozentualen Nachlass von dem mit dem Lieferanten erzielten Umsatz
151(so etwa TOP 1. „der Sitzung vom 12. September 2006 und TOP 3. der Sitzung vom 22. November 2006),
152und nicht zuletzt
153(d) der „F1 100 Jahre“-Jubiläumsrabatt, mit dem F1 wegen ihres 100-jährigen Jubiläums in den Jahren 2006 und 2007 von ihren Lieferanten einen allgemeinen prozentualen Rabatt auf Umsätze mit dem einzelnen Lieferanten verlangte
154(beispielsweise: TOP 1. der Sitzung vom 12. September 2006, TOP 2. der Sitzung vom 22. November 2006, TOP 3. der Sitzung vom 28. Februar 2007 so-wie TOP 3. der Sitzung vom 8. Mai 2007 mit der Themenbezeichnung „F1 – Preisdisziplin im Rahmen des Jubiläums“).
155Die Tagesordnungen und der entsprechende Informationsaustausch bezogen sich darüber hinaus aber auch auf eine Vielzahl weiterer Sonderforderungen bestimmter regionaler und nationaler Handelsunternehmen wie auch – ohne dass sich insoweit Feststellungen zu den Wettbewerbsstrukturen ergeben haben - europäischer Einkaufskooperationen. Zwischen Juni 2003 und Februar 2008 umfassten die Sitzungen dementsprechend als Themen insbesondere auch
156(e) im Jahr 2003 – nicht näher festgestellte - Jubiläumsforderungen zum einen der S2 im Hinblick auf „30 Jahre Q1 /…“ (TOP 1. „Forderung S2: 30 Jahre Q1 / …Jubiläum“ der Sitzung vom 5. Juni 2003) und zum anderen einer F1-Regionalgesellschaft wegen des zehnjährigen Jubiläums ihres Zentrallagers (TOP 2. „Forderung F1 ...: Zentrallager 10-jähriges Jubiläum“ der Sitzung vom 5. Juni 2003),
157(f) im Jahr 2004 die Sonderforderung des Kaufmanns T13 nach einem „Jubiläumsgeld“ wegen seines Unternehmensjubiläums (TOP 2. „T13 30 Jahre – Jubiläumsgeld“ der Sitzung vom 13. September 2004),
158(g) im Jahr 2005 die von den Herstellern teilweise als massiv empfundenen Jubiläumsforderungen der T3gruppe, die diese insbesondere in Gestalt eines festen Eurobetrages aufgrund des 75-jährigen Bestehens des Handelsunternehmens L1 erhob (TOP 6. der Sitzung vom 9. Februar 2005 mit der Themenformulierung „75 Jahre L1 – massive Forderungen für Jubiläum – M3“),
159(h) die im Jahr 2006 im Zusammenhang mit ihrer Kooperationsvereinbarung erhobenen Forderungen S2s bzw. der Handelsgruppe E1 nach Vereinheitlichung der Lieferkonditionen auf die nach Konditionsabgleich zwischen beiden Handelsorganisationen jeweils Günstigeren (TOP 2. „E1 / S2 Abgleich“ der Sitzung vom 17. Mai 2006),
160(i) ebenfalls im Jahr 2006 eine Forderung der ...er F1-Regionalgesellschaft nach einem zusätzlichen Verkaufsförderungszuschuss, den sie seinerzeit ohne zugrunde liegende Vereinbarung im Wege eines Rechnungsabzugs in Höhe von 0,5 % von Lieferanten einbehielt (TOP 2. der Sitzung vom 12. September 2006 mit der Themenbezeichnung „F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ“),
161(j) ferner eine Forderung der Handelskooperation N6 nach einer Erhöhung der Bürgschaftsgebühr, die N6 in Höhe eines Prozentsatzes vom Umsatz mit dem Lieferanten zum Ausgleich für ihre Einstandshaftung im Falle des Zahlungsausfalls eines angeschlossenen Handelsunternehmens vereinbarte (TOP 4. „N6: - Erhöhung Bürgschaftsgebühr“ der Sitzung vom 12. September 2006),
162(k) und unter dem Begriff „Q8-Discount 2010“ zur Rede stehende Forderungen von Q8 im Hinblick auf deren seinerzeit neuen Marktauftritt (jeweils TOP 5. „Q8-Discount 2010“ der Sitzung vom 12. September 2006 und 22. November 2006),
163(l) in den Jahren 2006 und 2007 auch der Status der Verhandlungen mit den europäischen Einkaufskooperationen B8, der S2 angehörte, und D5, die F1 umfasste
164(TOP 3. „Status B8 / D5“ der Sitzungen vom 17. Mai 2006, TOP 3. „Status Verhandlungen mit den internationalen Gruppen B8 + D5“ der Sitzung vom 12. September 2006, ferner TOP 1. „D5 - Aktueller Stand der Forderungen / Vorgehensweise“ der Sitzung vom 22. November 2006 und TOP 1. „D5 – Aktueller Stand der Forderungen – Status der Gespräche“ und TOP 2. „B8 – Aktueller Stand der Forderungen – Status der Gespräche“ der Sitzung vom 28. Februar 2007),
165(m) im Jahr 2007 zusätzliche Forderungen der S2 zur Sanktionierung von Lieferanten im Falle deren Teilnahme an Aktionen anderer Handelsunternehmen unterhalb einer festgelegten Endverbraucherpreisgrenze (TOP 2. „S2“ dritter Gliederungspunkt „Forderungen bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern“ der Sitzung vom 8. Mai 2007),
166(n) in den Jahren 2007/2008 zum einen ein Hochzeitsbonus T13/J4, mit dem T13 nach Übernahme der Drogeriemärkte der J4 GmbH & CO.KG von vielen Lieferanten eine Zahlung von um die 2 % des mit J4 erwirtschafteten Jahresumsatzes verlangte (TOP 1. der Sitzung vom 23. Januar 2008 mit der Themenbezeichnung „ Diverse Konditionen – Forderungen … - Übernahmeforderungen J4 / T13“), und zum anderen
167(o) die Forderungen der F1 nach einem Bonus in Höhe eines prozentuale Anteils vom Umsatz mit dem jeweiligen Lieferanten wegen der Übernahme des N1geschäfts (TOP 1. „Diverse Konditionen“ zweiter Spiegelstrich „F1-N1-Integration Forderungen F1-Regionen“ der Sitzung vom 23. Januar 2008).
168Mit diesen Inhalten standen die im Verkaufsleiterausschuss thematisierten Konditionsforderungen des Handels auch nicht ansatzweise in einem inneren Zusammenhang mit dem Gegenstand des eingetragenen Konditionenkartells. Denn dessen Regelungsgegenstand beschränkte sich unter Berücksichtigung der Kartellergänzungen bis einschließlich April 1982 auf im Wesentlichen
169 einheitliche Grundsätze zur Skontierung und Valutierung, namentlich zum zu verwendenden Rechnungsdatum, zur bei Rechnungszusammenstellungen maximal zusammenzufassenden Lieferperiode, der Zahlbarkeit von Rechnungen binnen maximal 30 Tagen nach Rechnungsdatum, zur Skontogewährung nur bei Zahlung binnen 14 Tagen und zu den insoweit zulässigen Ausnahmen,
170 das Verbot der Warenrücknahme (nicht nur bei Saisonartikeln) mit Ausnahme bei im aufgedruckten Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufener Waren,
171 einheitliche Grundsätze zur Refinanzierung mittels Wechsel, zur Warenbezeichnung, zur Preisauszeichnung, zur Lieferscheingestaltung und zur Lieferung, zur Abwicklung von Reklamationen und zur Fakturierung.
172b) Zusammensetzung des Verkaufsleiterausschusses
173Die Zusammensetzung des Verkaufsleiterausschusses veränderte sich immer wieder sowohl in Hinsicht auf die Person des Repräsentanten einzelner nach wie vor dort vertretener Unternehmen als auch hinsichtlich der dort überhaupt repräsentierten Herstellerunternehmen.
174aa) Während aus dem Kreis der bereits zwischen März 2002 und Juni 2003 im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Hersteller der Betroffene B1 die Nebenbetroffene G1 auch bis Februar 2008 durchgehend dort repräsentierte und in dieser Funktion ab Juni 2003 an mindestens 16 Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses teilnahm, wechselten im Verlaufe der Zeit insbesondere die Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 im Verkaufsleiterausschuss.
175Als Repräsentant der Nebenbetroffenen C1 folgte auf den schon kurze Zeit nach der Junisitzung 2003 in den Ruhestand gegangenen C3 ab Juni 2004 bis zumindest Januar 2006 der persönlich nicht verfolgte X2, der bei der Nebenbetroffenen C1 zunächst als nationaler Key Account Manager tätig gewesen war, bevor er ab Januar 2005 als sogenannter Country Manager Deutschland eigenverantwortlich die gesamten geschäftlichen Vertriebsaktivitäten der Nebenbetroffenen C1 in Deutschland leitete. Er wurde zu mindestens 9 Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses eingeladen und nahm an wenigstens 6 Sitzungen davon teil. Ihn ersetzten nach seinem Ausscheiden aus der Nebenbetroffenen C1 von Mai bis September 2006 zunächst der Zeuge K1 mit zwei Sitzungsteilnahmen und ab November 2006 für sechs kontinuierlich aufeinanderfolgende Sitzungen bis einschließlich Januar 2008 der Betroffene W1. Beide leiteten während ihrer jeweiligen Repräsentationszeit im Verkaufsleiterausschuss als mit Handlungsvollmacht ausgestattete Group Account Manager mehrere nationale Key Accounts der Nebenbetroffenen C1.
176Auch die Nebenbetroffene H1 war während des in Rede stehenden Zeitraums bis einschließlich Februar 2008 durch verschiedene zeitlich aufeinander folgende Personen im Verkaufsleiterausschuss repräsentiert. Bis November 2005 war dies zunächst ihr damaliger Vertriebsleiter für Markenprodukte und Prokurist I1 mit mindestens 7 Sitzungsteilnahmen zwischen Juni 2003 bis einschließlich November 2005 Mitglied im Verkaufsleiterausschuss. Infolge seiner Erkrankung wurde seine Position im Verkaufsleiterausschuss von September 2006 bis Februar 2007 vorübergehend mit 3 Sitzungsteilnahmen von der Zeugin F3 in ihrer Funktion als Stellvertretende Vertriebsleiterin für Markenprodukte eingenommen, bevor der Betroffene M1 in seiner Funktion als Vertriebsleiter Deutschland ab Mai 2007 die Repräsentation der Nebenbetroffenen H1 im Verkaufsleiterausschuss übernahm. Er war bis Februar 2008 bei insgesamt 3 Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung zugegen.
177Eine Instruktion über das im Verkaufsleiterausschuss bestehende Gentlemen´s Agreement innerhalb der jeweiligen Nachfolgerkette kann ebenso wenig festgestellt werden wie eine entsprechende Einführung jedes Nachfolgers durch ein Mitglied des Vorstandes oder des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung. Indes erschloss sich die Existenz des Grundkonsenses zum Austausch vertraulicher Geschäftsdaten aus und zu individualisierten Konditionenverhandlungen sowie dessen Umfang jedem einzelnen der genannten Nachfolger rasch zu Beginn seiner jeweiligen Tätigkeit im Verkaufsleiterausschuss zwanglos aus eigener Anschauung. In jedem einzelnen Fall war der betreffende Nachfolger von vornherein informiert, dass auch der jeweils andere, mit dem eigenen Unternehmen im Wettbewerb stehende Süßgebäckhersteller im Verkaufsleiterausschuss dort grundsätzlich repräsentiert war. Dass dabei im Verkaufsleiterausschuss Themen zur Rede kommen würden, die zumindest in dem Verhältnis beider Süßgebäckhersteller einen deutlichen Wettbewerbsbezug aufwiesen, ersah jeder einzelne Nachfolger schon im Vorfeld seiner jeweils ersten Sitzungsteilnahme aus der auch jedem neuen Teilnehmer vorab zugänglichen Tagesordnung; denn die fraglichen Tagesordnungen kündigten als unter anderem anstehende Gesprächsthemen stets irgendeine Sonderforderung des Handels sowie zunächst für die Herbst-/Wintersitzungen und ab der Sitzung vom 22. November 2006 fortlaufend für jede Sitzung den Stand der Jahresgespräche an. Spätestens während der jeweils ersten Sitzungsteilnahme erfasste der jeweilige Nachfolger aus eigener Anschauung ferner, dass und in welchem Umfang sowie Detaillierungsgrad im Verkaufsleiterausschuss wettbewerbssensible Informationen zu diesen Themen unter Erwartung einer Beteiligung aller Sitzungsteilnehmer unbefangen ausgetauscht wurden. Aufgrund dieser Erfahrung begriff jeder Nachfolger spätestens nach Erhalt der Tagesordnung für die Folgesitzung, die jeweils wiederum teilweise dieselben oder vergleichbar aufmerken lassende Diskussionsthemen umfasste, dass es sich um eine stehende Praxis im Verkaufsleiterausschuss handelte, die – zumal von keinem anderen Teilnehmer in Frage gestellt, sondern ganz offensichtlich allgemein akzeptiert – auf einem entsprechenden, auf nichts anderem als gegenseitigem Vertrauen beruhenden Grundkonsens beruhen musste. Unter billigender Inkaufnahme des damit zumindest im Verhältnis zwischen den beiden im Verkaufsleiterausschuss vertretenen Nebenbetroffenen C1 und H1 eingeschränkten Geheimwettbewerbs schloss sich jeder der Nachfolger durch seine jeweils eigene widerspruchslose Teilnahme in der nächsten Sitzung dem somit erkannten Gentlemen´s Agreement an. Dies war speziell bei den Betroffenen W1 und M1 spätestens im Zeitpunkt ihrer jeweils zweiten Sitzungsteilnahme am – beim Betroffenen W1 – 28. Februar 2007 und – beim Betroffenen M1 – 21. November 2007 der Fall, zumal in jeder dieser beiden Sitzungen auch ein Repräsentant des jeweils anderen Wettbewerbsunternehmens zugegen war.
178bb) Die Nebenbetroffene D1 trat durch ihren damaligen Prokuristen und Leiter des Key Account Managements, den Betroffenen T1, erstmals in der Sitzung vom 12. September 2006 im Verkaufsleiterausschuss hinzu. Der Betroffene T1 nahm bis Februar 2008 an allen nachfolgenden 6 weiteren Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung teil.
179Der Betroffene T1 war von vornherein über die Zusammensetzung des Kreises der damals als Sitzungsteilnehmer regelmäßig Eingeladenen und damit insbesondere darüber informiert, dass dem Verkaufsleiterausschuss seinerzeit bereits Repräsentanten der mit seinem Unternehmen auf dem Bonbonmarkt konkurrierenden Hersteller T2, L4 und Q5 angehörten. Schon als erfahrener Vertriebsmanager seines marktstarken Unternehmens wusste er auch die Marktstellung dieser Wettbewerbsunternehmen im Wesentlichen einzuschätzen; zumindest erschloss sich ihm dies aus den ihm vor seiner ersten Sitzungsteilnahme am 12. September 2006 mit der Tagesordnung als weitere Sitzungsunterlagen vorab übersandten T2-Grafiken „Der Bonbon-Markt nach AC O4: LEH o.B5 /Jan – Jun06“ und „Top Hersteller auf Umsatzbasis“. Ebenfalls bereits im Vorfeld seiner erstmaligen Sitzungsteilnahme erfasste der Betroffene T1 aufgrund der ihm vorab zugesandten Tagesordnung, dass in der anstehenden Sitzung unter anderem der Inhalt von bestimmten Konditionsverhandlungen über Sonderforderungen des Handels besprochen werden sollte, so ausdrücklich etwa die Themen >Status Forderungen „F1 100 Jahre“ + S2 „C10“<, >F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ<, >Status Verhandlungen mit den Internationalen Gruppen B8 + D5< und >N6: … Erhöhung Bürgschaftsgebühr<. Zwar ist eine Teilnahme weder des damaligen T2-Repräsentanten I2 noch eines Q5-Repräsentanten an der Verkaufsleiterausschuss-Sitzung vom 12. September 2006 festzustellen; dennoch erlebte der Betroffene T1 aus eigener Anschauung spätestens in dieser Sitzung, dass und in welchem Umfang sowie Detaillierungsgrad im Verkaufsleiterausschuss wettbewerbssensible Informationen zu diesen Themen unter Erwartung einer Beteiligung aller Sitzungsteilnehmer auch bei gleichzeitiger Anwesenheit von Repräsentanten von Wettbewerbsunternehmen – in seinem Fall am 12. September 2006 zumindest des Zeugen N8 als Repräsentant von L4 –ausgetauscht wurden; dies wurde ihm längstens am Beispiel der in dieser Sitzung gleichzeitig repräsentierten marktführenden Süßgebäckhersteller, die Nebenbetroffenen C1 und H1, gewahr.
180Spätestens mit Erhalt der Tagesordnung für die nächste Sitzung vom 22. November 2006 erfasste der Betroffene T1, dass der erlebten und nun wiederholt zu erwartenden Praxis eines von den übrigen Teilnehmern auch nicht im Ansatz infrage gestellten Informationsaustauschs ein entsprechender, auf der Basis gegenseitigen Vertrauens stehender Grundkonsens zugrunde lag. Denn diese Tagesordnung umfasste unter anderem mit Tagesordnungspunkten „D5 - Aktueller Stand der Forderungen /Vorgehensweise“, „F1 - 100jährlges Jubiläum und Jahresgesprächsforderungen“, „S2 C10 - Auswirkungen durch Teilnahme I Nicht-Teilnahme Zentral/ Regional“, „N2 - X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderung / Europaforderungen“ und „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2007“ nicht nur erneut eine Abfrage zu Konditionsverhandlungen über Sonderforderungen des Handels, sondern erweiterte den zu erwartenden Informationsaustausch darüber hinaus auf das ebenfalls wettbewerbssensible Thema der Entwicklung von Jahresgesprächen.
181Unter billigender Inkaufnahme dessen, dass seine künftige Mitwirkung an der Umsetzung des von ihm nachvollzogenen Grundkonsenses jedenfalls im Verhältnis zwischen der Nebenbetroffenen D1 und der gleichzeitig in den Informationskreis eingebundenen Wettbewerber auf dem Bonbonmarkt an für sich dem Geheimwettbewerb unterfallende, wettbewerbssensible Informationen betraf, schloss er sich willentlich spätestens in der Sitzung vom 22. November 2006 dem Gentlemen´s Agreement an, was er schon durch seine widerspruchslose Präsenz bei der Erörterung der fraglichen Themen unter gleichzeitiger Anwesenheit zumindest des Zeugen N8 von L4 gegenüber den anderen Teilnehmern stillschweigend zum Ausdruck brachte.
182Spätestens mit dem Beitritt des für die Nebenbetroffene D1 teilnehmenden Betroffenen T1 am 22. November 2006 erlangte die Grundübereinkunft über einen ständigen Informationsaustausch nicht unerhebliche Bedeutung in Hinsicht auf den bundesweiten Bonbonmarkt. Denn nunmehr war neben kleineren Anbietern wie L4 und Q5 sowie der Nummer 1 (T2) auch die Nummer 2 unter den Anbietern dieses Marktes (die Nebenbetroffene D1), die alle zusammen rund ein Drittel des Marktvolumens abbildeten, am Informationsaustausch beteiligt. Dies erkannten der Betroffene T1 wie auch der an der Sitzung vom 22. November 2006 teilnehmende Zeuge N8 (L4), ebenso wie spätestens in der Folgesitzung am 28. Februar 2007 der sodann neben dem Betroffenen T1 präsente T2-Geschäftsführer I2.
183cc) Zu den übrigen während dieses Zeitraums durch ihre Repräsentanten am Informationskreis beteiligten Süßwarenhersteller zählten unter anderem
184(a) die neben den Nebenbetroffenen C1 und H1 ebenfalls am Süßgebäckmarkt als Anbieter tätige T11 GmbH sowie
185(b) der demgegenüber überwiegend an Großverbraucher vertreibende Gebäckhersteller X3 GmbH & Co. KG,
186(c) die mit der Nebenbetroffenen D1 auf dem Bonbonmarkt konkurrierenden Unternehmen T2 GmbH & Co. KG, S7 Süßwaren GmbH & Co. KG, L4 GmbH und Co. Kommanditgesellschaft und Q5 Süßwaren GmbH & Co. KG
187(d) die neben der Nebenbetroffenen G1 mit einem Schwerpunkt in der Herstellung von Schokoladenwaren tätigen Unternehmen N3 GmbH, B6 GmbH & Co. KG, Q6 GmbH & Co. KG, A1 GmbH & Co. KG, Confiserie I9 GmbH, D6 GmbH & Co. KG und T9 AG sowie
188(e) schließlich als in erster Linie Hersteller von salzigen Snacks die The C1 M11 GmbH & Co. KG und J3 Vertriebs GmbH.
189Die Beteiligungszeiträume der weiteren Süßwarenhersteller bzw. ihrer Repräsentanten im Verkaufsleiterausschuss, bei denen es sich um geschäftsführende Gesellschafter, Geschäftsführer oder Vertriebsleiter des jeweiligen Unternehmens handelte, waren dabei durchaus unterschiedlich. So wechselten etwa die Repräsentanten des mindestens schon seit März 2002 im Verkaufsleiterausschuss vertretenen Süßwarenherstellers L4, auf deren vormaligen Verkaufsleiter im Key Account Management B10 ab Dezember 2003 bis jedenfalls Februar 2008 der mit der Leitung des Streckengeschäfts und vorübergehend im Key Account Management tätige Zeuge N8 als Repräsentant folgte. Das weitere Herstellerunternehmen A1 wurde zeitlich aufeinanderfolgend durch seine Vertriebsrepräsentanten B12 und ab Januar 2006 D8 im Verkaufsleiterausschuss vertreten. Ferner stieß etwa das Herstellerunternehmen N3 GmbH in Gestalt seines damaligen Verkaufsdirektors (Schokolade) und Prokuristen, der Zeuge C4, erst Ende 2004 zum Verkaufsleiterausschuss hinzu. Demgegenüber blieb eine weitere Teilnahme des bis dahin durch seinen Vertriebsmitarbeiter F5 repräsentierten Süßgebäckherstellers T11 – wohl aufgrund seiner Unternehmensübernahme durch D9 – nach September 2006 aus.
190In Anbetracht dieser Zusammensetzung des Verkaufsleiterausschusses beschränkte sich zwar der unmittelbare Wettbewerbsbezug des vereinbarungsgemäß vollzogenen Informationsaustauschs nur auf Teilgruppen dieses die einzelnen Produktmärkte übergreifenden Informationskreises, namentlich – soweit festzustellen - auf das Verhältnis zum einen zwischen den Süßgebäckherstellern und zum anderen unter den Bonbonherstellern. Indes blieb der Informationsaustausch zwischen den Repräsentanten einerseits der Süßgebäckhersteller und andererseits der Bonbonhersteller ohne jegliche Verselbständigungstendenz stets in den gesamten Informationskreis eingebettet und vom Fortbestand des im Beteiligtenkreis weiterreichenden Gentlemen´s Agreement abhängig. Insofern fand er in der Beteiligung der Repräsentanten derjenigen Süßwarenhersteller, die mit der jeweiligen Teilgruppe repräsentierter Wettbewerbsunternehmen auf dem betreffenden Produktmarkt nicht im Wettbewerb standen, gerade seine unabdingbare Förderung und Unterstützung, indem diese Unternehmensrepräsentanten teils auch für den Wettbewerb auf dem Süßgebäckmarkt und/oder Bonbonmarkt relevante Themen zum Gegenstand des umfassenden Informationsaustauschs machten, teils das Gesamtbild abrundende Informationen aus ihren Verhandlungskontakten mit denselben Handelsunternehmen beisteuerten und in jedem Fall zumindest durch ihre laufende sowie widerspruchslose Präsenz während der einzelnen Gespräche die Aufrechterhaltung des Grundkonsenses zum Informationsaustauschs stützten.
191dd) Mitwirkende im Verkaufsleiterausschuss waren während des gesamten Zeitraums von Juni 2003 bis Februar 2008 darüber hinaus die Betroffenen M2 und S1.
192Der Betroffene M2 wurde als zu dieser Zeit angestellter Referent des Nebenbetroffenen C2 von diesem zugleich der Konditionenvereinigung für die Aufgaben deren Geschäftsführers zur Verfügung gestellt. Als Geschäftsführer der Konditionenvereinigung schaffte er – in Kenntnis der Grundübereinkunft und deren Bedeutung zunächst für den bundesweiten Süßgebäckmarkt, nach Beitritt des Betroffenen T1 ferner aber auch unter Erfassung der daraus resultierenden Bedeutung für den deutschen Bonbonmarkt – die organisatorischen Voraussetzungen für die Umsetzung des zwischen den Unternehmensrepräsentanten vereinbarten Informationsaustauschs, vor allem indem er die entsprechende Themen umfassenden Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses systematisch organisierte und vorbereitete. Darüber hinaus nahm er selbst zwischen Juni 2003 und Februar 2008 – teilweise in Vertretung für den Zeugen H6 auch als Sitzungsleiter – an mindestens 13 dieser Sitzungen teil. Hiermit bestärkte er schon durch seine widerspruchslose Präsenz in diesen Sitzungen die Unternehmensrepräsentanten in ihrem gemeinsamen Willen zur Beibehaltung des Grundkonsenses.
193Der Betroffene S1 wurde gerade in Ansehung seiner Position als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 seit jedenfalls Mai 2001 immer wieder in den Vorstand der Konditionenvereinigung gewählt. In seiner Vorstandsfunktion wurde er nebst Übersendung der jeweiligen Tagesordnung zu jeder Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung schon mindestens seit März 2002 und speziell im Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2008 eingeladen. Schon aufgrund dessen stets über den Inhalt der Ausschusssitzungen informiert, unterstützte der Betroffene S1 die Umsetzung der auch von ihm erkannten, in ihrer Bedeutung sowohl für den Süßgebäckmarkt als später auch für den Bonbonmarkt erfassten und dennoch im vermeintlichen Interesse der Mitgliedsunternehmen gewollten Grundübereinkunft zwischen den Repräsentanten der Herstellerunternehmen in verschiedener Hinsicht. Zum einen ließ er als Vorgesetzter des Betroffenen M2 im Nebenbetroffenen C2 diesen bei dessen organisatorischen Mitwirkung an der Realisierung des jeweiligen Informationsaustauschs unter Einschluss wettbewerbssensibler Themen gewähren. Insoweit blieb der Betroffene S1 – wie ihm gerade als Verbandsjurist bewusst war - auch im Rahmen der Mitarbeiterüberlassung an die Konditionenvereinigung weisungsbefugter Vorgesetzter des nicht persönlich von der Konditionenvereinigung verpflichteten, sondern auf Weisung des überlassenden Nebenbetroffenen C2 als Geschäftsführer der Konditionenvereinigung tätigen Betroffenen M2; aufgrund dessen verfügte der Betroffene S1 über die Möglichkeit, die Mitwirkung des Betroffenen M2 an der Umsetzung der Grundübereinkunft zu jeder Zeit zu unterbinden, zumindest aber Bedenken zu verlautbaren. Gleiches war ihm im Übrigen zumindest faktisch aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Vorstand der Konditionenvereinigung auch über dieses Vereinsorgan möglich. Zum anderen stärkte er in Anbetracht seiner gerade auch für die Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss erkennbar umfassenden Information über die jeweils anstehenden Gesprächsthemen durch dasselbe Unterlassen, vor allem aber durch seine widerspruchslose persönliche Teilnahme an insgesamt 8 Sitzungen zwischen Juni 2003 und Februar 2008 die Unternehmensrepräsentanten in ihrem gemeinsamen Willen zur Beibehaltung und Umsetzung des Grundkonsenses zu einem Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zu und aus Konditionsverhandlungen mit dem Handel.
194c) Praktizierung des Informationsaustauschs
195Der vereinbarte Informationsaustausch wurde im Zeitraum zwischen Juni 2003 und Anfang Februar 2008 in insgesamt 20 Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung beibehalten und nach einem im Wesentlichen immer wieder gleichen Muster umgesetzt:
196aa) Als Geschäftsführer der Konditionenvereinigung forderte der Betroffene M2 bei jeder Einladung zu den in der Regel viermal jährlich stattfindenden Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung die Mitglieder und jeweiligen Gastteilnehmer dazu auf, Gesprächsthemen für die jeweilige Tagesordnung zu benennen. Dem kamen die Unternehmensrepräsentanten zum Teil auch nach, wobei sie
197– wie beispielsweise X2 und der Zeuge K1, aber auch der Betroffene W1 als C1-Repräsentanten, ferner die Zeugin F3 (H1) und die Zeugen N8 (L4) und H6 sowie nicht zuletzt der damalige T2-Geschäftsführer I2 -
198wiederholt u.a. Themen vorschlugen, die auf die Abfrage von Ob und Stand individualisierter Verhandlungen in Jahresgesprächen und über bestimmte Konditionenforderungen sowie sog. Sonderforderungen von bestimmten Handelskunden abzielten. So schlugen für die Tagesordnungsthemen – in zeitlich geordneter Reihenfolge – etwa vor
199(a) für die Sitzung am 9. Februar 2005
200der damalige C1-Repräsentant X2 u.a. das Thema „Jahresgespräche 2005 (insbes. S2)“, der Zeuge C4 u.a. die Themen „Strukturbeihilfe S2 ehemalige F2 Märkte“ und „Jahresgespräche Status S2“, der frühere A1-Repräsentant B12 die Themen „75 Jahre L1 und Forderungen M3“, „Jahresgespräche S2 –N2, aktueller Stand“ und „Preisanhebungen“ sowie der Betroffene B1 u.a. die „Tagesthemen“ „L1 – massive Forderungen für Jubiläum“ und „T4 Solidaritäts-Bonus“,
201(b) für die Sitzung am 31. Mai 2005
202der damalige C1-Repräsentant X2 u.a. die Frage „T4-Übernahme durch F1 Wie erfolgt die Integration? Mit welchen Kond.vergleichen ist zu rechnen? Hochzeitsrabatt?“,
203(c) für die Sitzung am 28. September 2005
204der Betroffene B1 u.a. die Themen „S2 Zentralkondition für S2 Do.? (Gegenrechnung)“ und „Generelle Forderungen der S2, ...“,
205(d) für die Sitzung am 30. November 2005
206der damalige C1-Repräsentant X2 u.a. die Themen „aktueller Stand in den Verhandlungen mit Preiserhöhungen“ und „Stand Jahresgespräche“, der Zeuge C4 u.a. das Thema „F1 – B8 Jahresgespräche national – internationale Forderungen“,
207(e) für die Sitzung am 17. Mai 2006
208der Betroffene B1 u.a. das Thema „E1/S2 Abgleich“,
209(f) für die Sitzung am 12. September 2006
210der T2-Geschäftsführer I2 u.a. die Themen „Status Forderungen ´F1 100 Jahre´ + S2 ´C10´“, „Status Verhandlungen mit den internationalen Gruppen B8 + D5“, „N6: Erhöhung Bürgschaftsgebühr“ und „F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ“
211(g) für die Sitzung am 22. November 2006
212der Zeuge N8 u.a. die Themen „Status JG 2007“, „JG Forderungen C9“, „Status Q8 Gespräche 2010“ und „Allgemeiner Status JG 2007“, der Betroffene B1 u.a. das Thema „N2 / X1 Forderungen“, der Zeuge K1 u.a. die Themen „F1 100-jähr. Jubiläum und Jahresgesprächsforderungen?“, „S2 C10 Auswirkungen durch Teilnahme / Nicht-Teilnahme?“ sowie „N2 X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderungen?“, die Zeugin F3 u.a. die Frage „Stichwort ´Preiserhöhungen´ vor dem Hintergrund der teilw. Dramatisch gestiegenen Rohstoffpreise (v.a. Mehl)“,
213(f) für die Sitzung am 28. Februar 2007
214der Betroffene W1 die Themen „Stand D5 Verhandlungen“, „Stand B8 Verhandlungen“, „Stand Jahresgespräche generell“ und „Stand Verhandlungen Industrie zum Thema `100 Jahre F1´ (Abschlüsse, konkrete Gegenleistungen, erste Resumées)“ und der T2-Geschäftsführer I2 die Themen „B8/D5 Forderungen + Status der Gespräche“, „F1 – Status Gespräche F1 100 Jahre“, „ N2 Forderungen / Nachforderungen im Zuge Übernahme X1“ sowie „Jahresgespräche 2007 Status“
215und (g) für die Sitzung am 8. Mai 2007
216der Betroffene W1 etwa das Thema „S2: Strukturierungsbonus … Forderungen bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern“.
217Themenvorschläge der Unternehmensrepräsentanten wurden entsprechend dem zwischen ihnen bestehenden Grundkonsens, jedes nach den Tagesaktualitäten im Vertriebsgeschäft interessierende Thema zur Sprache bringen zu dürfen, vom Betroffenen M2 stets und in der Regel nahezu wortgleich auf die jeweilige Tagesordnung gesetzt. Die Tagesordnung wurde sodann noch vor der Sitzung an die Mitglieder und Gastteilnehmer unabhängig davon, ob sie für die jeweils anstehende Sitzung zu- oder abgesagt hatten, übersandt. Mit der Tagesordnung teilweise zugleich übersandt wurden ferner weitere, insbesondere durch die Repräsentanten von T2, N3 und C1 hierzu zur Verfügung gestellte Unterlagen über Marktdaten, wie umsatz- sowie absatzmengenbezogene Grafiken und Übersichten zur Verteilung der Marktanteile auf einzelnen Märkten und Ranglisten der Hersteller in Bezug auf einzelne Warengruppen, üblicherweise jeweils auf der Grundlage von Erhebungen und Auswertungen durch das Marktforschungsunternehmen O4.
218bb) In den in der Regel vom Zeugen H6 als Vorstandsvorsitzenden der Konditionenvereinigung, teilweise in dessen Vertretung aber auch vom Betroffenen M2 geleiteten Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses wurden üblicherweise alle für die jeweilige Sitzung angesetzten Tagesordnungspunkte unter den jeweils teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten besprochen. Die Tagesordnungen umfassten allgemeine Marktthemen, wie beispielsweise regelmäßig eine Aussprache zur Marktsituation, thematisierten beständig aber auch den jeweiligen Stand der Jahresgespräche und Verhandlungen über bestimmte Sonderforderungen des Handels sowie gelegentlich auch Verhandlungen über Preiserhöhungen mit dem Handel. Über diese Themen tauschten sich die Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss zwischen Juni 2003 und 2008 auf der Basis der Grundübereinkunft wiederkehrend aus, zwar in von Sitzung zu Sitzung durchaus verschiedener Zusammensetzung, im Verlaufe des Zeitraums jedoch unter Beteiligung eines jeden von ihnen und je nach den Aktualitäten des Vertriebs-Tagesgeschäfts mit unterschiedlicher Intensität. Dabei bestand die nach der Grundübereinkunft gerade erwartete Übung, dass der Reihe nach jeder anwesende Teilnehmer sich für sein Unternehmen zu dem jeweils aufgerufenen Tagesordnungspunkt äußerte.
219(1) Das Thema Stand der Jahresgespräche stand zunächst schwerpunktmäßig für die Herbst- und Wintersitzungen, spätestens seit der Sitzung vom 22. November 2006 jedoch stets auf der Tagesordnung, und zwar sowohl allgemein formuliert
220– wie etwa „Allgemeiner Status Jahresgespräche“ (jeweils TOP 8. der Sitzung vom 3. Dezember 2003 und 17. Februar 2004, TOP 7. der Sitzung vom 30. November 2005 und TOP 4. der Sitzung vom 17. Mai 2006 sowie TOP 7. der Sitzung vom 22. November 2006, TOP 5. der Sitzung vom 28. Februar 2007, TOP 7. der Sitzung vom 8. Mai 2007 und schließlich TOP 5. der Sitzung vom 23. Januar 2008), „Aktuelle Jahresgespräche“ (TOP 4. der Sitzung vom 1. Dezember 2004), „Status Jahresgespräche“ (TOP 4. der Sitzung vom 18. Januar 2006) oder „Stand Jahresgespräche“ (TOP 6. der Sitzung vom 10. Oktober 2007, TOP 4. der Sitzung vom 21. November 2007) -
221als auch im Hinblick auf individuell bezeichnete Handelskunden und/oder deren hervorstechenden Forderungen in den Jahresgesprächen
222– beispielsweise: „N2 - massive Konditionenforderungen für 2004 (mit Auslistung-Androhung / sowie Umsetzung - z.B. N12)“ (TOP 3. der Sitzung 17. Februar 2004) oder „Konditionelle Forderungen aus den Jahresgesprächen S2 und MGE für 2005“ (TOP 2. der Sitzung vom 1. Dezember 2004) oder „Jahresgespräche S2 - N2 - aktueller Stand“ (TOP 7. der Sitzung vom 9. Februar 2005) oder „F1/T4 … - Jahresgespräche national“ (unter TOP 2. der Sitzung vom 30. November 2005) oder „N2 - X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderung“ und „Jahresgespräche Forderungen C9“ (TOP 4. und 6. der Sitzung vom 22. November 2006).
223Diesbezüglich berichteten die jeweils teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten –in der Regel ausnahmslos und reihum – vor allem, ob die von ihnen repräsentierten Hersteller mit welchem Handelskunden bereits das Jahresgespräch begonnen hatten und in groben Zügen in welchem Verhandlungsstadium
224– noch laufend oder kurz vor Abschluss oder wahrscheinlich anstehender Abschluss oder bereits abgeschlossen –
225man sich diesbezüglich befand. Allein schon das so gewonnene Spektrum pauschaler Informationen über Ob und Stand der Jahresgespräche mit individualisierten Handelskunden erlaubte jedem Teilnehmer die bereits als nützlich betrachtete Einschätzung, ob man mit der unternehmenseigenen Positionierung in den Jahresgesprächen sich im üblichen Verlauf befand oder gleichsam hinterherhinkte, was wiederum Anlass zur Besorgnis spezifischer Verhandlungsprobleme mit dem betreffenden Kunden und zum Überdenken der eigenen Verhandlungsstrategie gab. Darüber hinaus konnte man schon auf dieser Wissensbasis einschätzen und seine Strategie darauf einrichten, ob und inwieweit das eigene Herstellerunternehmen als Anbieter alternativer Produkte neben anderen Herstellerunternehmen bei einem Handelskunden eventuell noch benötigt werde.
226Ergänzend tauschte man sich aber auch darüber aus, welche – insbesondere unerwarteten oder übertriebenen - Forderungen bestimmte Handelskunden in den Jahresgesprächen konkret erhoben, wie und mit welchem Nachdruck sie diese Forderungen begründeten und verhandelten, wie und mit welchen Folgen der betroffene Hersteller hierauf reagiert hatte oder zu reagieren beabsichtigte, insbesondere ob diesbezüglich Gegenleistungen des Handelskunden in Gestalt etwa von zusätzlichen Aktionsbeteiligungen des Herstellers herausverhandelt werden konnten oder – wie etwa der Themenvorschlag des Zeugen K1 für die Sitzung am 22. November 2006 ein entsprechendes Informationsinteresse verdeutlicht - umgekehrt Sanktionen drohten, wenn die Hersteller den Forderungen des Handels nicht nachgaben.
227(2) Wie in nahezu jeder Tagesordnung für die Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses zwischen Juni 2003 und Februar 2008 vorgesehen, tauschten sich die jeweiligen Sitzungsteilnehmer immer wieder über die verschiedensten, vor allem die eingangs bereits geschilderten Sonderforderungen aus. Im Hinblick hierauf teilten sich die Unternehmensrepräsentanten in den Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses in erster Linie mit, ob ihr Herstellerunternehmen mit der jeweils in Rede stehenden Sonderforderung konfrontiert wurde. Ferner wurde zwar nicht die genaue Forderungshöhe, aber in der Regel deren vage Art und Umfangstendenz mitgeteilt, wie beispielsweise „unter 2 %“, „unter“ oder „über“ einem bestimmten Eurobetrag; jeder Teilnehmer berichtete diesbezüglich im Groben auch, wo sein Unternehmen insoweit steht, wie man sich gegenüber der Forderung zu verhalten gedenke und wie man die Erfolgsaussichten einer Forderungsabwehr oder des Herausverhandelns einer Gegenleistung des Handels einschätze. Hinter dem identifizierenden Austausch all dieser Informationen stand für die Sitzungsteilnehmer das Interesse zu klären, ob alle repräsentierten Hersteller mit dieser Sonderforderung konfrontiert waren und man auch insoweit in einem Boot saß oder sich alleine mit dem Handelskunden auseinandersetzen musste. Ferner ging es um die Einschätzung, ob insoweit ein Verhandlungsspielraum besteht.
228(3) Schließlich umfasste der Informationsaustausch bei verschiedenen Sitzungen auch das Thema Preiserhöhungen, zu denen sich die Herstellerunternehmen vor allem aufgrund der im Laufe der Zeit volatilen, im Mittel aber steigenden Preisentwicklung für verschiedene Rohstoffe veranlasst sahen. Dieses Thema fand verschiedentlich in den Tagesordnungen Niederschlag, so etwa
229für die Sitzungen vom 20. Februar 2003 (TOP 4. „Geplante Preiserhöhungen / Handelsresonanz“) , 1. Dezember 2004 (TOP 3. „Preisanhebungen 2005 – Rohwarensituation“), 9. Februar 2005 (TOP 10. „Preisanhebungen“), 20. November 2005 (TOP 4. „Aktueller Stand in den Verhandlungen über Preiserhöhungen“) und 22. November 2006 (TOP 8. „Preiserhöhung – dramatisch gestiegene Rohstoffpreise“).
230Diesbezüglich ging es in erster Linie um die Mitteilung, welche Resonanz der Handel allgemein, vor allem aber identifizierte einzelne Handelskunden – allen voran S2 und F1 – auf bereits angekündigte Preiserhöhungen gezeigt hatten bzw. ob und inwieweit sowie unter welchen weiteren Zugeständnissen man Preiserhöhungen in den Verhandlungen mit bestimmten Handelskunden umsetzen konnte. Dabei teilten sich die Unternehmensrepräsentanten in Sitzungen, zu denen dies bereits als Tagesordnungspunkt angemeldet war oder spontan angesprochen wurde, reihum auch mit, ob und zu welchem Zeitpunkt Preiserhöhungen beabsichtigt waren; hierzu gaben die Sitzungsteilnehmer einander zwar keine konkreten Daten, insbesondere keine nähere Eingrenzung, welche einzelnen Produktsegmente von der Preiserhöhung in welchem Ausmaß betroffen sein sollten, aber üblicherweise kund, in welchen prozentualen Spannen über das gesamte Sortiment - beispielsweise „um die 5 %“ - und zu welchem grob avisierten Zeitpunkt - etwa „erste Hälfte des Jahres“ – Preiserhöhungen beabsichtigt waren, so dass jedenfalls hinreichend aussagekräftige Tendenzen erkennbar wurden. Nähere Angaben wurden im Kreis des Verkaufsleiterausschusses nicht abgefragt, da es schon in Anbetracht der Zusammensetzung des Gremiums aus überwiegend nur mit Vertriebs- und Verkaufsaufgaben betrauten Managern insoweit nicht um die Koordinierung einer bestimmten Preisgestaltung ging, sondern es vielmehr Anliegen des Grundkonsenses und des ihn umsetzenden Informationsaustauschs war, jedem repräsentierten Herstellerunternehmen die eigene Positionierung bei der Durchsetzung von vorausgegangenen Preiserhöhungsentscheidungen des Unternehmens in den Verhandlungen mit den großen Handelsunternehmen zu erleichtern. Denn wenn die Branche – was wegen unterschiedlicher Bevorratungsstrategien der Herstellerunternehmen nicht immer zwangsläufig war – aufgrund von Rohstoffpreisentwicklungen allgemein dem Druck zu Listenpreiserhöhungen unterlag, war zu erwarten, dass Preiserhöhungen auf breiter Basis bei der Marktgegenseite leichter durchgesetzt werden konnten und sich unter diesen Voraussetzungen eine härtere, beharrlichere Verhandlungsposition und –strategie gegenüber den eigenen Handelskunden lohnen könnte.
231(4) Die Informationen waren im Zeitpunkt ihres Austauschs zwischen den Unternehmensrepräsentanten teilweise nach Art und allgemeinem Aussagegehalt durchaus bereits öffentlich bekannt. Insbesondere über Preiserhöhungen der Hersteller, die aufgrund von Rohstoffpreissteigerungen auf einzelnen Märkten der Süßwarenbranche oder auch branchenweit erwartet wurden, wie auch über Sonderforderungen des Handels wurde in der allgemein auch bei den Vertriebsmitarbeitern der Hersteller gelesenen Lebensmittelzeitung immer wieder berichtet, teilweise auch bevor dasselbe Thema Gegenstand des Gesprächs im Verkaufsleiterausschuss war. Ferner beschäftigten solche Themen die Branche auch in anderen Verbänden, wie etwa dem N16, dessen Konsumgüterausschuss sich beispielsweise zwischen Dezember 2005 und April 2006 intensiv mit dem Hochzeitsbonus F1/T4 befasste. Indes behielt der im Verkaufsleiterausschuss vereinbarte und vollzogene Informationsaustausch demgegenüber einen Mehrwert für die teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten. Denn die Berichterstattung der Lebensmittelzeitung wurde in der Branche zwar als thematisch glaubwürdig, hinsichtlich ihres Informationsgehalts im Einzelnen aber teils skeptisch bewertet. Darüber hinaus war oft weder der Presseberichterstattung noch anderen Informationsquellen – wie etwa die Handelskunden selbst – die konkrete Betroffenheit und Positionierung der anderen im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Herstellerunternehmen zu entnehmen. So wurde auch etwa im Konsumgüterausschuss des N16es diesbezüglich nur über eine Betroffenheit von Unternehmen „aus dem Mitgliederkreis“ berichtet. Schließlich blieb im Hinblick auf die Berichterstattung in der allgemeinen und gerade auch in der Fachpresse in der Regel unklar, auf welche Quelle sie sich stützte und ob beispielsweise Informationen über das Marktverhalten der Hersteller nicht gerade von der Marktgegenseite in einem von ihr gewünschten Lichte gestreut worden waren. Insoweit diente der Informationsaustausch im Verkaufsleiterausschuss dazu, Informationen zu verifizieren, zu aktualisieren und zu konkretisieren sowie letztlich die trotz gewisser Transparenz in den betroffenen Märkten verbleibende Unsicherheit mit hinreichender Verlässlichkeit zu beseitigen und das Gesamtbild der Positionierung der repräsentierten Hersteller in bestimmten Fragen des Marktes und des Vertriebs zu klären.
232cc) Im Einzelnen kam es zwischen Juni 2003 und Februar 2008 zu folgenden Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung:
233(1) Die Sitzung vom 5. Juni 2003 fand im H9, ..., statt. Teilnehmer waren jedenfalls der Zeuge H6 als – wie immer - Vorstandsvorsitzender der Konditionenvereinigung und zugleich Repräsentant seines Unternehmens, ferner der Betroffene M2 sowie der Betroffene B1 als Key Account Manager der Nebenbetroffenen G1, alsdann C3 als Repräsentant der Nebenbetroffenen C1 und als Repräsentant der weiteren Nebenbetroffenen H1 deren damaliger Vertriebsleiter I1 sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten I11 (M11), T12 (J3), I8 (Q5), P2 (D6) und T7 (Q6). Die Tagesordnung thematisierte unter anderem die Sonderforderungen „Forderung S2: 30 Jahre Q1 / Minimal Jubiläum“ (TOP 1.) und „Forderung F1 ...: Zentrallager 10-jähriges Jubiläum“ (TOP 2.).
234(2) Bei der Sitzung vom 8. September 2003 im Hotel „B13“, ...-..., waren zumindest wiederum der Zeuge H6 sowie erneut I1 für die Nebenbetroffene H1 , ferner der Zeuge H7 (B6) und die weiteren Vertriebsrepräsentanten I2 (T2), P2 (D6), T7 (Q6) und T12 (J3) zugegen. Der inzwischen pensionierte C3 nahm offiziell lediglich privat teil. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Themen „Forderungen des Handels nach Übernahme der Mautkosten“ (TOP 2.) und „N2: 40 Jahre D6 Jubiläum“ (TOP 5.).
235(3) Für die am Vormittag des 3. Dezember 2003 im M13, Düsseldorf, stattfindende Sitzung sah die Tagesordnung u.a. die Punkte
236„1. O1 / T20: Forderung Vignetten Ausgleich 2005
2372. Q8: Forderung Beteiligung "Pfandausgleich" - Warengruppen
238…
2398. Allgemeiner Status Jahresgespräche“
240vor. Teilnehmer waren der Zeuge H6 und die Betroffenen M2 und S1 sowie ferner für die Nebenbetroffene H1 deren damaliger Repräsentant I1, für die Nebenbetroffene G1 der Betroffene B1 sowie der Zeuge N8 (L4) und die weiteren Unternehmensrepräsentanten B12 (damals A1), T7 (Q6), T12 (J3), P2 (D6), F5 (T11), I8 (Q5) und I11 (M11).
241(4) Auf der Tagesordnung für die am Vormittag des 17. Februar 2004 in den ...er Räumlichkeiten des Nebenbetroffenen C2 sattfindende Sitzung standen unter anderem die Punkte „3. N2 - massive Konditionenforderungen für 2004 (mit Auslistung- Androhung / sowie Umsetzung - z.B. N12)“ und „8. Allgemeiner Status Jahresgespräche“. Teil nahmen jedenfalls die Betroffenen S1 und M2 sowie für die Nebenbetroffene H1 wiederum deren damaliger Vertriebsleiter I1, ferner der Betroffene B1, der Zeuge N8 (L4) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten I13 (B6), T7 (Q6), F5 (T11), P2 (D6), N11 (M11), I2 (T2) und T12 (J3).
242(5) In der Sitzung am Vormittag des 8. Juni 2004, wiederum im C2-Haus in ..., waren der Zeuge H6 sowie der Betroffene S1, der seinerzeitige Country Manager Deutschland der Nebenbetroffenen C1 X2, der Betroffene B1 (G1), der Zeuge N8 (L4) und die weiteren Unternehmensrepräsentanten T12 (J3), I2 (T2), T10 (S7), N11 (M11), P2 (D6), F5 (T11), B12 (A1) und I8 (Q5) zugegen. Für diese Sitzung stand nach der Tagesordnung u.a. „6. Allgemeiner Status Jahresgespräche“ als Gesprächspunkt an.
243(6) An der Sitzung vom 13. September 2004 im Hotel S9, …, nahmen der Zeuge H6 sowie der Betroffene M2, für die Nebenbetroffene C1 wiederum X2, des Weiteren der Zeuge N8 (L4) und die weiteren Unternehmensrepräsentanten I2 (T2), B12 (A1), T7 (Q6), T12 (J3), P2 (D6) und T8 (T9 AG) teil. Auf der Tagesordnung standen neben anderem unter TOP 2. die Sonderforderung „T13 30 Jahre – Jubiläumsgeld“ und das Thema „3. Abgleich der (zusätzlichen) Konditionen im Bereich S3, F2 und N2 D6“.
244(7) Für die Sitzung am Vormittag des 1. Dezember 2004 im C2-Haus in ... sah die offizielle Tagesordnung u.a. unter TOP 1. die „Einkaufs- und Lieferbedingungen der F1“, TOP 2. „Konditionelle Forderungen aus den Jahresgesprächen S2 und MGE für 2005“ sowie unter TOP 3. ausdrücklich auch „Preisanhebungen 2005 – Rohwarensituation“ und 4. „Aktuelle Jahresgespräche“ vor. Teilnehmer der Sitzung waren jedenfalls der Zeuge H6 sowie die Betroffenen S1 und M2, für die Nebenbetroffene H1 deren damaliger Vertriebsleiter für Markenprodukte I1 und als weitere Unternehmensrepräsentanten erstmals der Zeuge C4 (N4s / N3) sowie ferner der Zeuge N8 (L4) und die Herren T12 (J3), T7 (Q6), F5 (T11), P2 (D6), I8 (Q5) und T8 (T9 AG).
245(8) An der nachfolgenden Sitzung des 9. Februar 2005, wiederum in den ...er Räumlichkeiten des Nebenbetroffenen C2, nahmen neben dem Zeugen H6 und dem Betroffenen M2 des Weiteren X2 für die Nebenbetroffene C1, I1 für die Nebenbetroffene H1, der Betroffene B1 für die Nebenbetroffene G1 und die Zeugen C4 (N4s / N3) und N8 (L4) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten P2 (D6), I14 (S7), C11 (M11), F5 (T11), B12 (A1), T15 (J3), I13 (B6) und T7 (Q6) teil. Wie in der Tagesordnung zu dieser Sitzung vorgesehen informierten sich die Teilnehmer über die Verhandlungen ihrer jeweiligen Unternehmen betreffend eine Sonderforderung der S2 nach einem Hochzeitsrabatt wegen der Übernahme der F2-Märkte (TOP 7.), die Sonderforderungen der T3-Gruppe im Zusammenhang mit dem 75 jährigen L1-Jubiläum (TOP 6.), die Forderung des damaligen HandelsunternehmensT4 nach einem Solidaritätsbonus (TOP 8.) sowie über den aktuellen Stand der Jahresgespräche mit S2 und N2 (TOP 7.). Des Weiteren stand unter TOP 10. das Thema „Preisanpassungen“ auf der Tagesordnung.
246(9) Teilnehmer der wiederum im C2-Haus, ..., am Vormittag des 31. Mai 2005 stattfindenden Sitzung waren der Zeuge H6, der Betroffene M2 und der C2-Mitarbeiter … , ferner wiederum X2 für die Nebenbetroffene C1, der Betroffene B1 für die Nebenbetroffene G1, die Zeugen C4 (N4s / N3), N8 (L4) und H7 (B6) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten … (Geschäftsführer L4), T12 (J3), B12 (A1), T7 (Q6), I8 (Q5) und I2 (T2). Themen dieser Sitzung waren unter anderem die Erwartung einer Hochzeitsrabatt-Forderung der F1 wegen der Übernahme des Geschäfts des vormaligen HandelsunternehmensT4 und der Status der Jahresgespräche.
247(10) Auf der Tagesordnung für die am 28. September 2005 im Hotel B13, ..., stattfindende Sitzung standen unter anderem die Themen „1. EntwicklungT4/F1“ und „2. S2 … -S2 Zentralkondition für S2 (Gegenrechnung) – Generelle Forderungen der S2, ...“. Teil nahmen neben dem Zeugen H6 des Weiteren der Betroffene S1, für die Nebenbetroffene C1 wiederum X2, für die Nebenbetroffene G1 der Betroffene B1 sowie die Zeugen N8 (L4) und C4 (N3) und die weiteren Unternehmensrepräsentanten F6 (T11), P2 (D6), B12 (A1), T7 (Q6), I8 und I8 (beide Q5), I2 (T2) und T12 (J3).
248(11) Zur Sitzung am 30. November 2005 in der ...er Geschäftsstelle des Nebenbetroffenen C2 erschienen der Zeuge H6, die Betroffenen S1 und M2, ferner für die Nebenbetroffene C1 wiederum X2, für die Nebenbetroffene H1 deren damaliger Vertriebsleiter I1, der Betroffene B1 (Nebenbetroffene G1) und des Weiteren die Zeugen C4 (N3) und N8 (L4) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten F6 (T11), D8 (A1), P2 (D6), B12 (A1), T7 (Q6), I2 (T2), T12 und M14 (J3). Die Tagesordnung umfasste unter TOP 2. den Themenkomplex
249„F1/T4
250- Übernahme / Verhandlungen mit B8/B14
251- Jahresgespräche national
252- internationale Forderungen“,
253was sowohl den jedenfalls vom C1-Repräsentant X2 eingebrachten Themenwunsch „F1/T4 – Übernahme / Verhandlungen mit B8/B14“ als auch den Themenvorschlag des Zeugen C4 „F1 – B8 Jahresgespräche national – internationale Forderungen“ berücksichtigte. Diese gewünschten Tagesordnungspunkte zielten im Kern auf die Auswirkungen der T4-Übernahme durch die F1 auf die Verhandlungen einerseits mit der europäischen Einkaufskooperation und andererseits in den nationalen F1-Jahresgesprächen sowie ferner die Auswirkungen der Beteiligung der F1 an dieser europäischen Einkaufskooperation auf die F1-Jahresgespräche, etwa in Gestalt internationaler Forderungen ab. Weitere Tagesordnungspunkte waren neben anderen – wiederum auf Vorschlag u.a. des damaligen C1-Repräsentanten X2 – der aktuelle Stand in den Verhandlungen über Preiserhöhungen (TOP 4.) und abermals „Allgemeiner Status Jahresgespräche“ (TOP 7.).
254(12) Teilnehmer der Sitzung am Vormittag des 18. Januar 2006, wiederum im ...er C2-Haus, waren zumindest der Zeuge H6 und der Betroffene M2, der Betroffene B1, die weiteren Zeugen C4 (N3) und N8 (L4) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten F6 (T11), D8 (A1), P2 (D6) und T7 (Q6). Die Tagesordnung sah jedenfalls mit dem TOP 3. „n/n Abgleich T4.F1 (O1 T20 & O1 T21)“ das Thema des Konditionenabgleichs der F1 nach Übernahme des T4-Geschäfts und unter TOP 4. erneut den Austausch zum „Status Jahresgespräche“ vor.
255(13) Für die Sitzung am Vormittag des 17. Mai 2006 in der ...er Geschäftsstelle des Nebenbetroffenen C2 sah die Tagesordnung u.a. die Themen „2. E1 / S2 Abgleich“, „3. Status B8/D5“ und „4. Allgemeiner Satus Jahresgespräche“ vor. Anwesend waren der Zeuge H6 und der Betroffene M2, der Betroffene B1 (G1), für die Nebenbetroffene C1 der Zeuge K1, ferner die Zeugen H7 (B6), N8 (L4) und C4 (N3) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten A2 (Q5), D8 (A1), P2 (D6), T7 (Q6) und C11 (ebenfalls B6).
256(14) Zu der im Hotel K2, ..., stattfindenden Sitzung am 12. September 2006 erschienen außer dem Zeugen H6 und dem Betroffenen M2 ferner der Betroffene B1 für die Nebenbetroffene G1, erneut der Zeuge K1 für die Nebenbetroffene C1 und in Vertretung für den H1-Vertriebsleiter X2 erstmals die Zeugin F3, des Weiteren die Zeugen H7 (B6), N8 (L4) und C4 (N3) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten D8 (A1), N10 (I9) und T7 (Q6); erstmals nahm darüber hinaus der Betroffene T1 für die Nebenbetroffene D1 teil. Auf der Tagesordnung standen die Sonderforderungen einerseits F1s im Zusammenhang mit ihrem 100-jährigen Jubiläum und andererseits S2s im Rahmen des sog. „C10“ (TOP 1. > Status Forderungen "F1 100 Jahre" + S2 "C10"<), ferner die Vorgehensweise der ...er F1-Regionalgesellschaft hinsichtlich deren Sonderforderung nach einem Rechnungsabzug in Höhe von 0,5 % (TOP 2. „F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ“), des Weiteren der Stand der Verhandlungen mit den europäischen Einkaufskooperationen B8 und D5 (TOP 3. „Verhandlungen mit den Internationalen Gruppen B8 + D5“), die Forderung von N6 nach höheren Bürgschaftsgebühren (TOP 4.) und der Stand der Verhandlungen über den Fusionsrabatt X1lN2 (TOP 6. „Abgleich X1 N2“).
257(15) Teilnehmer der weiteren Sitzung am 22. November 2006 im C2-Haus, ..., waren jedenfalls der Zeuge H6 sowie der Betroffene S1, des Weiteren der Betroffene W1 für die Nebenbetroffene C1, die Zeugin F3 für die Nebenbetroffene H1, der Betroffene T1 für die Nebenbetroffene D1, der Betroffene B1 für die Nebenbetroffene G1, ferner die Zeugen N8 (L4) und C4 (N3) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten P2 (D6) und T7 (Q6). Die Tagesordnung sah neben allgemeinen Marktthemen einen Informationsaustausch über den Stand der Verhandlungen mit der europäischen Einkaufskooperation D5 (TOP 1. „D5 - Aktueller Stand der Forderungen /Vorgehensweise“), den Stand der Jahresgespräche mit der F1 und der Verhandlungen über deren seinerzeit immer noch aktuellen Jubiläumsforderung (TOP 2. „F1 - 100jährlges Jubiläum und Jahresgesprächsforderungen“), die Erfahrungen aus den Verhandlungen über die mit „S2 C10“ gekennzeichneten Sonderforderungen der S2 (TOP 3. „S2 C10 - Auswirkungen durch Teilnahme / Nicht-Teilnahme Zentral/ Regional“), den Stand der Verhandlungen mit der N2 in Jahresgesprächen und über Sonderforderungen wegen der X1-Übernahme (TOP 4. „N2 - X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderung / Europaforderungen“), den Verhandlungsstand in den Jahresgesprächen mit dem regionalen Handelsunternehmen C9 (TOP 6. „Jahresgespräche Forderungen C9“) sowie nicht zuletzt über den Stand der Jahresgespräche allgemein (TOP 7. „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2007“) vor. Darüber hinaus stand unter TOP 8. („Preiserhöhung - dramatisch gestiegene Rohstoffpreise“) abermals ein Informationsaustausch über Preiserhöhungen an.
258(16) An der Sitzung vom 28. Februar 2007, wiederum in den ...er Räumlichkeiten des Nebenbetroffenen C2, nahmen der Zeuge H6, der Betroffene M2, die weitere Betroffene W1 für die Nebenbetroffene C1 und die Zeugin F3 für die Nebenbetroffene H1, die Betroffenen T1 für die Nebenbetroffene D1 sowie B1 für die Nebenbetroffene G1, ferner die Zeugen N8 (L4) und C4 (N3) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten P2 (D6), M15 (C12), T7 (Q6) und I2 (T2) teil. Die von der Tagesordnung umfassten Themen bezogen sich abermals auf den Stand der Verhandlungen mit den europäischen Einkaufskooperationen (Top 1. „D5 - Aktueller Stand der Forderungen - Status der Gespräche“ und TOP 2. „B8 - Aktueller Stand der Forderungen - Status der Gespräche“) ebenso wie auf die bereits in früheren Sitzungen erörterten Sonderforderungen der F1 (TOP 3. „F1 - Stand der Verhandlungen zum Thema ´100 Jahre F1´") und der N2 (TOP 4. „N2 - Forderungen / Nachforderungen im Zuge der Übernahme X1“); ferner war wiederum der Stand der Jahresgespräche (TOP 5. „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2007“) Gegenstand eines Informationsaustauschs. Ob darüber hinaus außerhalb der Tagesordnung ein Informationsaustausch über den Stand der Durchsetzung von Preiserhöhungen verschiedener Süßwarenhersteller stattfand, kann nicht festgestellt werden.
259(17) An der nächsten Sitzung am 8. Mai 2007 im ...er C2-Haus nahmen – soweit festzustellen – zumindest der Zeuge H6 und der Betroffene M2, der Betroffene W1 als C1-Repräsentant und nunmehr für die Nebenbetroffene H1 der Betroffene M1, der Betroffene T1 für die Nebenbetroffene D1, des Weiteren die Zeugen N8 (L4), C4 (N3) und H7 (B6) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten A2 (Q5), D8 (A1), N10 (I9), M15 (C12), B12 (I9) und N13 (T2) teil. Auf der Tagesordnung standen unter anderem eine Abfrage sowohl zu den Erfahrungen mit einer N2-Forderung an die Lieferanten, einen Geldbetrag zur Unterstützung einer Auslandsmesse zu leisten (TOP 1. „N2 – Procurement Fair“), als auch zu Forderungen der S2 nach einem sog. Strukturierungsbonus und anderen Konditionsanpassungen (TOP 2. „S2 • Strukturierungsbonus ... • Forderungen bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern • Neue Konditionsforderungen“), ferner abermals die Jubiläumsforderung zum 100-jährigen Bestehen der F1 (TOP 3. „F1 – Preisdisziplin im Rahmen des Jubiläums“) und nicht zuletzt der Stand der Jahresgespräche (TOP 7. „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2007“). Ob in dieser Sitzung außerhalb der Tagesordnung über die für 2008 geplanten Preiserhöhungen gesprochen wurde, kann nicht abschließend festgestellt werden.
260(18) Für die am 10. Oktober 2007 im Hotel B13, ..., stattfindende Sitzung stand neben allgemeinen Themen betreffend die S2 und die N2 sowie die Rohstoffkostenentwicklung und die Marktsituation abermals der Stand der Jahresgespräche (TOP 6.) auf der Tagesordnung. Teil nahmen der Zeuge H6, die Betroffenen S1 und M2, die weiteren Betroffenen W1 für die Nebenbetroffene C1, T1 für die Nebenbetroffene D1 sowie B1 für die Nebenbetroffene G1, ferner die Zeugen N8 (L4) und C4 (N3) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten A2 (Q5), D8 (A1), N10 (I9), P2 (D6), B12 (I9), Q9 (I9), T7 (Q6), I8 (Q5) und I2 (T2).
261(19) Themen der Sitzung vom 21. November 2007 in den ...er Räumlichkeiten des Nebenbetroffenen C2 waren unter anderem die aufgrund der „Übernahme Q8 durch F1“ (TOP 3.) von den Süßwarenherstellern befürchtete, zu dieser Zeit aber noch nicht gestellte Sonderforderung nach einem sog. Hochzeitsrabatt und der „Stand Jahresgespräche (v.a. S2 und F1)“ (TOP 4.). Teilnehmer dieser vom Betroffenen M2 in Vertretung für den Zeugen H6 geleiteten Sitzung waren die Betroffenen W1 (C1), M1 (H1), T1 (D1) und B1 (G1), ferner der Zeuge C4 (N3) und die weiteren Unternehmensrepräsentanten T7 (Q6) sowie I2 (T2).
262(20) Die letzte Sitzung im hier in Rede stehenden Zeitraum fand am 23. Januar 2008 im Hotel …, ..., statt. Teilnehmer waren der Zeuge H6, die Betroffenen S1 und M2, die Betroffenen W1 für die Nebenbetroffene C1, M1 für die Nebenbetroffene H1, T1 für die Nebenbetroffene D1 und B1 für die Nebenbetroffene G1, ferner die Zeugen H7 (B6) und N8 (L4) sowie die weiteren Unternehmensrepräsentanten D8 (A1), N10 (I9), T7 (Q6) und I2 (T2). Auf der Tagesordnung standen unter anderem „Diverse Konditionen–Forderungen“ (TOP 1.), insbesondere F1-Sonderforderungen anlässlich der Übernahme des LEH-Unternehmens N1 (TOP 1. zweiter Spiegelstrich „F1 – N1-Integration Forderungen F1-Regionen“) und eine Sonderforderung des damaligen LEH-Unternehmens T13 wegen der Übernahme des vormaligen IhrPlatz-Geschäfts (TOP 1. vierter Spiegelstrich „Übernahmeforderungen J4 / T13“) sowie ferner wiederum der Stand der Jahresgespräche (TOP 5. „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2008“).
263d) Wissens- und Willenslage
264Bei der Umsetzung und Konkretisierung der Grundübereinkunft zwischen Juni 2003 und Februar 2008 fanden sich die Betroffenen W1, T1, M1, B1, M2 und S1 ebenso wie sowohl die weiteren zwischenzeitlichen C1-Repräsentanten C3, X2 und der Zeuge K1 als auch der frühere Repräsentant der Nebenbetroffenen H1, I1, jeweils mit der ernsthaft in Betracht gezogen Möglichkeit ab, dass der vereinbarte Informationsaustausch in (wettbewerbs-)rechtlich missbilligter Weise den Wettbewerb beeinträchtigen könnte. Wie im Wesentlichen bereits ausgeführt, nahmen die genannten Beteiligten es dabei insbesondere billigend in Kauf,
265(a) dass die den Grund ihres Handelns darstellende Grundübereinkunft darauf gerichtet war, den Geheimwettbewerb jedenfalls unter den beteiligten Süßgebäckherstellern wie auch (später) unter den beteiligten Bonbonherstellern zumindest in Teilen aufzuheben,
266(b) ferner dass sich dies in Anbetracht der Beteiligung marktführender, zumindest aber marktstarker Anbieter einerseits des Süßgebäckmarktes und andererseits des Bonbonmarktes selbst angesichts des geringeren Detaillierungsgrades des vereinbarten Informationsaustauschs in nicht völlig unerheblichen Maße auf den dortigen Wettbewerb auswirken konnte,
267(c) dass die Grundübereinkunft jedenfalls insoweit daher (kartell-)rechtlich zu missbilligen war,
268(d) und dass deshalb Gleiches für jede – insbesondere ihre jeweils eigene - Mitwirkung an der Umsetzung und Konkretisierung des vereinbarten Informationsaustauschs – sei es die Mitwirkung als Repräsentant eines der konkurrierenden Süßgebäck- oder Bonbonhersteller oder auch nur die diese bloß unterstützende Mitwirkung als Repräsentant eines der anderen beteiligten Süßwarenhersteller – galt.
269Diese Kenntnis- und Willenslage bestand bereits bei den hier zeitlich ersten festgestellten Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 C3 und I1. Beide waren sich bewusst, dass die von ihnen im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Nebenbetroffenen die marktführenden und engsten Konkurrenten unter den Anbietern des deutschen Süßgebäckmarktes waren. Aufgrund dessen erfassten sie beide spätestens in der Junisitzung 2003, dass dem Gentlemen´s Agreement zu einem künftig fortwährenden Austausch grundsätzlich vertraulicher Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel zumindest in Hinsicht auf das Verhältnis zwischen ihren Unternehmen von vornherein im Ergebnis eine nicht unerhebliche Dämpfung des Geheimwettbewerbs innewohnte. Diese zwingende Folge des vereinbarten Informationsaustauschs jedenfalls im Verhältnis der Nebenbetroffenen C1 und H1 erfassten später im Zeitpunkt ihres jeweiligen Hinzutritts auch die weiteren C1-Repräsentanten X2, K1 und der Betroffene W1, aber auch der Betroffene M1. Unter billigender Inkaufnahme dessen entschloss sich indes ein jeder der Genannten, den Grundkonsens beizubehalten bzw. fortan mitzutragen und den vereinbarten Informationsaustausch gleichwohl fortwährend in die Tat umzusetzen. Diesen Entschluss, dem Gentlemen´s Agreement beizutreten und fortan unter Mittragung dieses Grundkonsenses an dessen Umsetzung und Konkretisierung mitzuwirken, fassten dabei insbesondere der Betroffene W1 spätestens in der Sitzung vom 28. Februar 2007 und der Betroffene M1 längstens in der Sitzung vom 21. November 2007.
270Der Betroffenen T1 erfasste spätestens in der Sitzung vom 22. November 2006 sowohl die Existenz der Grundübereinkunft als auch, dass seine künftige Mitwirkung an deren Umsetzung in Anbetracht der starken Stellung der von ihm repräsentierten Nebenbetroffenen D1 auf dem deutschen Bonbonmarkt bei gleichzeitiger Beteiligung des dort marktführenden Herstellers T2 unausweichlich den Geheimwettbewerb zwischen jedenfalls diesen beiden Unternehmen in einem nicht völlig unbeachtlichen Maße vermindern musste. Obwohl bei seinen ersten Sitzungsteilnahmen ein T2-Repräsentant nicht zugegen war, wusste der Betroffene T1 jedoch, dass der Konkurrenzhersteller T2 längst im Verkaufsleiterausschuss repräsentiert war und deshalb eine Beteiligung dessen Repräsentanten im Verkaufsleiterausschuss am dort vereinbarten Informationsaustausch als gesichert zu erwarten war. Unter billigender Inkaufnahme all dessen entschloss er sich spätestens in der Sitzung vom 22. November 2006 zum Beitritt und wirkte fortan zumindest durch seine widerspruchslose Teilnahme an der Aufrechterhaltung und Umsetzung der Grundübereinkunft willentlich mit.
271Der Betroffene B1 entschloss sich in Kenntnis der von ihm zumindest seit der März-Sitzung des Jahres 2002 selbst erlebten Übung eines wettbewerbssensiblen Informationsaustauschs im Verkaufsleiterausschuss spätestens in der Sitzung am 5. Juni 2003 dazu, die Grundübereinkunft fortan mitzutragen. Dabei war auch ihm bewusst, dass der vereinbarte Informationsaustausch jedenfalls im Verhältnis miteinander im Wettbewerb stehender Hersteller unweigerlich mit einer Einschränkung des Geheimwettbewerbs verbunden war. Zugleich erkannte der - wie jeder Branchenbeteiligte über die jeweiligen Marktverhältnisse im Wesentlichen informierte - Betroffene B1, dass dies von vornherein für das Verhältnis der beteiligten Süßgebäckhersteller C1 und H1 und im Verlauf des gelebten Informationsaustauschs spätestens mit Beitritt des Mitbetroffenen T1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen D1 darüber hinaus auch im Verhältnis der am Informationskreis sodann beteiligten Bonbonhersteller der Fall war. Ferner erfasste und billigte er, dass er durch seine eigenen Mitwirkungsbeiträge im weiterreichenden Informationskreis einen möglicherweise einerseits zwischen den beteiligten Süßgebäckherstellern und anderseits unter den Bonbonherstellern unzulässig vereinbarten Informationsaustausch förderte und unterstützte.
272Dies alles erkannten und billigten schließlich auch die Betroffenen M2 und S1. Beide nahmen hiernach jeweils für sich billigend in Kauf, dass der Informationsaustausch zumindest im Verhältnis der beteiligten Süßgebäck- wie später auch Bonbonhersteller zwischen Wettbewerbern mit einer nicht unerheblichen Marktabdeckung vereinbart war, jedenfalls insoweit zwingend eine Einschränkung des Geheimwettbewerbs nach sich zog und deshalb dem Kartellverbot unterfiel. Dennoch wollten sie den jeweils zwischen den Repräsentanten der Süßgebäck- und Bonbonhersteller vereinbarten Informationsaustausch durch ihre unterstützenden Mitwirkungsbeiträge fördern.
Im Verlauf seiner Gesamtdauer von rund 6 Jahren und 10 Monaten richtete sich das kartellbehördliche Bußgeldverfahren gegen insgesamt mindestens 20 Unternehmen und 2 Verbände der Süßwarenindustrie sowie einer jedenfalls gleichhohen Zahl natürlicher Personen als Betroffene. Das Verfahren stellt sich in seinen wesentlichen Eckpunkten wie folgt dar:
274Das Bundeskartellamt leitete das Verfahren am 7. Februar 2008 zunächst gegen die Nebenbetroffenen C1, H1 und D1 sowie einige weitere Süßwarenhersteller und jeweils deren Geschäftsführer ein. Bei mindestens dreien dieser weiteren Gesellschaften führte das Amt am selben Tag Durchsuchungen durch. Nach insbesondere Auswertung der dabei erlangten Asservate leitete das Bundeskartellamt am 15. Juli 2009 das Verfahren nunmehr auch gegen den Nebenbetroffenen C2, die Konditionenvereinigung sowie die Betroffenen S1 und M2 und darüber hinaus am 19. November 2009 mit entsprechender schriftlicher Mitteilung auch gegen die Nebenbetroffene G1 und den Betroffenen B1 ein. Ebenfalls im November 2009 versandte das Bundeskartellamt Beschuldigungsschreiben u.a. an den Betroffenen M1 und die Nebenbetroffene H1 (18. November 2009), an den Betroffenen W1 und die Nebenbetroffene C1 (19. November 2009) sowie an den Betroffenen T1 und die Nebenbetroffene D1 (19. November 2009). Zwischen September 2009 und Mai 2010 wurde das Verfahren gegen einzelne, nicht zum Kreis der hier Nebenbetroffenen zählenden Süßwarenhersteller und deren handelnden Personen eingestellt. Während dessen bot das Bundeskartellamt im November 2009 auch dem Betroffenen T1 und der Nebenbetroffenen D1 Settlementgespräche an und gewährte deren Verteidigung – mit Rücksicht auf das noch laufende Ermittlungsverfahren mit Betroffenheit auch anderer Unternehmen nur – eingeschränkte Akteneinsicht; mit Anwaltsschreiben vom 18. Mai 2010 lehnten der Betroffene T1 und der Nebenbetroffenen D1 die Möglichkeit eines Settlements jedoch ab. Im weiteren Gang des Verfahrens erzielte das Bundeskartellamt mit einigen anderen betroffenen Unternehmen und deren Handlungspersonen Settlementvereinbarungen, darunter auch am 22. Juni 2010 mit der Nebenbetroffenen H1 und dem Betroffenen M1, die ihre Settlement-Erklärungen später jedoch widerriefen. Es folgte im Juli die Gewährung wiederum eingeschränkter Akteneinsicht, speziell an die Verteidigung des Betroffenen T1 und der Nebenbetroffenen D1.
275Nächst feststellbare Verfahrensschritte folgten ab Oktober 2012 bis Mitte Januar 2013 mit Erlass verschiedener - aufgrund der bereits im Juni 2010 abgegebenen und zwischenzeitlich weiterer Settlement-Erklärungen abgekürzter - Bußgeldbescheide, unter anderem gegen den Betroffenen M1 und die Nebenbetroffene H1 (1. Oktober 2012 – Einspruch vom 8. Oktober 2012). Daneben gewährte das Bundeskartellamt im Oktober 2012 verschiedenen Verfahrensbeteiligten Akteneinsicht, darunter in nur beschränktem Umfang – nebst Anhörung zum beabsichtigten Erlass eines Bußgeldbescheides - abermals der Verteidigung des Betroffenen T1 und der Nebenbetroffenen D1, die im November desselben Jahres eine Stellungnahme zum beabsichtigten Bußgeldbescheid abgab. Des Weiteren vernahm das Bundeskartellamt im November und Dezember 2012 weitere Zeugen.
276Nach Erlass weiterer Bußgeldbescheide u.a. gegen den Betroffenen W1 und die Nebenbetroffene C1, den Betroffenen T1 und die Nebenbetroffene D1 sowie den Betroffenen B1 und die Nebenbetroffene G1 am 30. Januar 2013, schloss sich nach Einlegung von entsprechenden Einsprüchen das Zwischenverfahren an, in welchem das Bundeskartellamt im Zeitraum April bis einschließlich Juli 2013 weitere Zeugen und teilweise auch die Betroffenen vernahm und den Verteidigern der Betroffenen und Nebenbetroffenen ergänzende Akteneinsicht gewährte.
277Des Weiteren erbat das Bundeskartellamt unter dem 19. Juli 2013 von der Nebenbetroffenen D1 – unter gleichzeitiger Gehörsgewährung zur wirtschaftlichen Einheit - Auskunft über insbesondere die Vorjahresumsätze der mit der Nebenbetroffenen womöglich eine wirtschaftliche Einheit bildenden Mutterunternehmen, was die Nebenbetroffene ihrerseits mit Anwaltsschreiben vom 14. Oktober 2013 vor allem unter Hinweis darauf verweigerte, dass man nach Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid die auf eine Rücknahme des angefochtenen Bußgeldbescheides und den anschließenden Erlass eines neuen Bescheides mit neuberechneter Geldbuße zielende Vorgehensweise des Amtes in Anbetracht unter anderem der bisherigen Verfahrensdauer für verfahrensunökonomisch und im Übrigen zu diesen Ermittlungen das für die Durchführung des Hauptverfahren zuständige Gericht nach § 81 a Abs. 2 GWB befugt halte; daraufhin erwirkte das Bundeskartellamt am 29. Oktober 2013 gegen die Nebenbetroffene D1 einen Durchsuchungsbeschluss, den es am 7. November 2013 vollstreckte. Dabei beschlagnahmte das Bundeskartellamt mit der Begründung einer Gefahr im Verzug 6 Ordner, die insbesondere eine Korrespondenz zwischen der Nebenbetroffenen und – wie das Amt vermutete – verbundenen Unternehmen, Sitzungsprotokollen des in der Nebenbetroffenen bestehenden Aufsichtsrates und ihrer Gesellschafterversammlung sowie gesellschaftsvertragliche Unterlagen enthielten, und einen Umschlag mit weiteren gesellschaftsvertraglichen Unterlagen und Protokollen der Gesellschafterversammlung. Die Rechtsbehelfsverfahren der Nebenbetroffenen D1 gegen die Durchsuchungs- Beschlagnahmemaßnahme zogen sich bis Ende Januar 2014 hin.
278Unter dem 25. November 2013 übersandte das Bundeskartellamt den Betroffenen M2 und S1 sowie dem Nebenbetroffenen C2 ein Anhörungsschreiben zum (erstmals) beabsichtigten Erlass eines Bußgeldbescheides. Desgleichen kündigte das Bundeskartellamt dem Betroffenen M1 und der Nebenbetroffenen H1 unter dem 13. Dezember 2013, dem Betroffenen T1 und der Nebenbetroffenen D1 unter dem 27. Januar 2014, dem Betroffenen W1 und der Nebenbetroffenen C1 unter dem 30. Januar 2014 sowie dem Betroffenen B1 und der Nebenbetroffenen G1 unter dem 6. Februar 2014 jeweils die Aufhebung des bisherigen Bußgeldbescheides und den Erlass eines neuen Bußgeldbescheides an. Die angekündigten Aufhebungen erfolgten jeweils durch Verfügung des Bundeskartellamtes vom 2. Juni 2014, wobei das Amt zur Begründung unter anderem auf weitere zwischenzeitliche Ermittlungen, auf die Änderungen seiner Bußgeldgeldleitlinien aufgrund der zwischenzeitlichen ergangenen „´Grauzement´-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs und auf den Umstand hinwies, dass in Hinsicht auf denselben zu bebußenden Sachverhalt ohnehin der erstmalige Erlass von Bußgeldbescheiden gegen zwei weitere Nebenbetroffene und deren Verantwortliche anstehe. Am 16. Juni 2014 erließ das Bundeskartellamt sodann gegen den Betroffenen W1 und die Nebenbetroffene C1, den Betroffenen T1 und die Nebenbetroffene D1, den Betroffenen M1 und die Nebenbetroffene H1, den Betroffenen B1 und die Nebenbetroffene G1, die Betroffenen M2 und S1 und den Nebenbetroffenen C2 die Bußgeldbescheide, die zur vorliegenden Hauptverhandlung führten.
279Nach Abtrennung des Verfahrenskomplexes „Vierer-Runde“ Ende Juni 2014 und Gewährung von Akteneinsicht an die Verteidiger des vorliegenden Verfahrens im August 2014 gab das Bundeskartellamt die Sache am 19. Dezember 2014 an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ab. Die Generalstaatsanwaltschaft hat nach Prüfung des Kartellbußgeldverfahrens die Sache mit Abschlussvermerk und Verfügung vom 17. Juli 2015 dem Senat übersandt.
280II.
281Beweiswürdigung
282Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Einlassungen der Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1 sowie der Betroffenen M2 und S1 und des Nebenbetroffenen C2, soweit ihnen gefolgt werden konnte, ferner auf der Vernehmung der Zeugen N14, G3, H7, H6, C4, F3, K1, N8, O2 und U3 sowie den übrigen sich aus der Sitzungsniederschrift ergebenden und in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln.
283A. Beweiswürdigung zu den Feststellungen betreffend die Struktur des Süßwarenabsatzes in Deutschland, die Betroffenen und Nebenbetroffen sowie die Konditionenvereinigung und weitere beteiligte Personen
2841. Zur Struktur des Süßwarenabsatzes in Deutschland
285Die Feststellungen zur Struktur des Süßwarenabsatzes in Deutschland erschließen sich unter Gesamtwürdigung verschiedener Beweismittel:
286a) Zur Segmentierung der Süßwarenindustrie
287Die Segmentierung der Süßwarenindustrie in die Bereiche Schokoladenwaren, Zuckerwaren, Süßgebäck und salzige Snacks ergibt sich im Ausgangspunkt aus der Aussage der nach eigenen Angaben seit 2012 im Bundeskartellamt mit der Sache befassten Zeugin N14, die dies - insbesondere unter klarer Unterscheidung zwischen ihrer eigenen Wahrnehmung und ihrer Information durch andere Mitarbeiter des Bundeskartellamts sowie aus der damaligen Aktenlage - als Befund der Amts-Ermittlungen bei sowohl den Nebenbetroffenen und anderen Süßwarenherstellern als auch beim Lebensmitteleinzelhandel nachvollziehbar bekundet hat. Bestätigung findet der Befund unter anderem darin, dass der Nebenbetroffene C2 eben diese Segmentierung mit seiner Strukturierung nach Fachsparten im Wesentlichen nachzeichnet, wie beispielhaft die Aufzählung seiner nach eigenen Angaben den verschiedenen „Produktbereichen“ der Süßwarenindustrie entsprechenden Fachsparten (a) im Ausdruck der Webseite „Der Verband C2: C2“ (http://www..../) vom 14.04.2016, der darüber hinaus auch die festgestellten aktuellen Kennziffern der Süßwarenbranche umfasst, und (b) in der insoweit auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführte C2-Veröffentlichung „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, Seite 40, dokumentiert. Dieselbe Segmentierung findet sich darüber hinaus – was zudem abermals die Branchenüblichkeit dieser Unterscheidung belegt - in verschiedenen, ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Analysen des Marktforschungsunternehmens O4, so etwa in der Grafik „Süßwaren Umsatzentwicklung in MIO EUR“ für die Jahre 2006 bis 2008 aus der Präsentation AC O4 „Wie entwickelt sich der Süßwarenmarkt 2008 vs. 2007“ und der vom „Süßwarenmonitor Jahresartikel Januar bis September 2005“ von AC O4 umfassten Grafik „Entwicklung der Warengruppen im LEH ohne B5“ (Bl. 26). Der „Süßwarenmonitor Jahresartikel Januar bis September 2005“ bestätigt darüber hinaus in den von ihm des Weiteren umfassten Grafiken „Schokoladenwarenentwicklung“, „Süßgebäck Entwicklung“ und „Zuckerwarenentwicklung“ im Kern die auch von der Zeugin N14 bekundete weitere Unterteilung der einzelnen Warengruppen in Arten bzw. Gruppen von Produkten. Die ferner festgestellte Begriffsabgrenzung der Süßwaren als Fertigerzeugnisse gegenüber sog. Halberzeugnissen gründet sich auf die begriffliche Erläuterung der Halberzeugnisse unter der Darstellung der „Fachsparte Rohmassen“ in der auch insoweit in die Hauptverhandlung auszugsweise eingeführten C2-Veröffentlichung „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, Seite 69.
288Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, die inhaltliche Richtigkeit der Branchenbetrachtung und Angaben sowohl in den Publikationen des Nebenbetroffenen C2 als auch in den Darstellungen des privaten Marktforschungsunternehmens O4 anzuzweifeln. Insbesondere entbehren Datenerhebungen von O4, auch soweit der Senat solche den weiteren Feststellungen zugrunde gelegt hat, nicht schon deshalb von vornherein jeglichen objektiven Aussagewertes, weil diese Analysen von einzelnen Unternehmen der Branche als Auftraggeber entgeltlich bestellt wurden. Die diesbezüglich in den Schlussvorträgen der Verteidiger verschiedentlich zum Ausdruck gebrachten Bedenken, die entgeltlich bestellten O4-Analysen entsprächen als private Dienstleistungen in den zugrunde gelegten Daten sowie im Gang und vor allem im Ergebnis ihrer Auswertung nur dem vom Auftraggeber jeweils Gewünschten, greifen nicht durch. Vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass die hier in das Hauptverfahren eingeführten O4-Daten sowohl in ihrer Abbildung des jeweils betrachteten Wirtschaftsgeschehens und Wettbewerbs als auch in den Größenordnungen ermittelter Wirtschafts- und Marktdaten wie etwa hersteller- oder produktbezogene Umsatz- und Absatzmengen sowie in deren Auswertung wie beispielsweise in Marktanteilsvergleichen ein mit der Realität zumindest im Wesentlichen übereinstimmendes Bild liefern. Dies ergibt sich unter Gesamtwürdigung speziell der Bekundungen der Zeugen H7, H6, C4, F3, K1 und U3, aber auch des Zeugen G3:
289So hat der Zeuge H7 bekundet, dass Darstellungen des Marktforschungsunternehmens O4 im Grundsatz die Verhältnisse am Markt vollständig wiedergäben und der Schokoladenhersteller B6 wiederkehrend solche Marktzahlen entgeltlich bezogen habe, um zu sehen, wie sich der Markt entwickelt und wie man sich mit seinem Unternehmen verhalten solle; solche Daten seien repräsentativ. Diese Aussage steht insbesondere im adäquaten Zusammenhang mit den Wahrnehmungsmöglichkeiten des Zeugen, da dieser sowohl nach eigenen Bekundungen als auch nach der Urkundenlage zwischen 1999 und 2009 als Vertriebsleiter der Geschäftsleitung des Unternehmens B6 angehörte. Ähnlich hat ferner der Zeuge U3 als seit 2003 für die Nebenbetroffene G1 tätiger Vertriebsleiter bekundet, dass man an den – auch von der Nebenbetroffenen G1 hin und wieder unmittelbar bezogenen - O4-Daten habe sehen wollen, wo das Unternehmen stehe und wie der Handel es wahrnehme. Zum Aussagewert von O4-Marktdaten hat des Weiteren der Zeuge C4 bekundet, dass sich aus den – während seiner langjährigen Tätigkeit als Vertriebsdirektor des Süßwarenherstellers N3 auch von diesem Unternehmen bezogenen – Daten des Marktforschungsunternehmens jedenfalls eine Vergleichbarkeit zwischen den Marktakteuren ablesen lasse, zumal diese Daten unter anderem darstellten, wie sich sämtliche Süßwarenhersteller verkaufen und in wie vielen Geschäften man selbst vertreten sei. Soweit ferner die Zeugin F3 für die Nebenbetroffene H1 und der Zeuge K1 für die Nebenbetroffene C1 einen unmittelbaren Bezug bzw. Kauf von O4-Daten glaubhaft bestätigt haben, indiziert dies ein dem entsprechendes Informationsinteresse auch im Fall dieser beiden Nebenbetroffenen. Die Zeugin F3 hat ferner – insoweit im Kern im Einklang mit den vorbenannten Zeugenaussagen – für einzelne Gespräche im Verkaufsleiterausschuss über O4-Daten bekundet, dass man anhand der Daten von Marktforschungsunternehmen wie N14 oder O4 geschaut habe, wie sich die Märkte und deren Segmente entwickeln. Der Zeuge H6, Gesellschafter-Geschäftsführer der X3 GmbH & Co. KG, hat überdies bekundet, dass - nachdem sein Unternehmen sich in der Geschäftstätigkeit auf Großabnehmer anstatt des Lebensmitteleinzelhandels umorientiert gehabt habe - ein Grund für seinen persönlichen Verbleib im Verkaufsleiterausschuss der gewesen sei, die von anderen Mitgliedsunternehmen in diesem Gremium zur Verfügung gestellten Daten der Marktforschungsunternehmen weiter nutzen zu können; solche Daten seien für Firmen seiner Größenordnung zu teuer gewesen, weshalb man sie gerne über den Verkaufsleiterausschuss bekommen habe; O4 sei dabei ein Marktforschungsunternehmen gewesen, das ziemlich genau sagen könne, was in den Supermärkten angeboten werde; solche Daten seien im Gremium als glaubhaft bewertet worden. Diese Aussage fügt sich in die Bekundungen der vorgenannten Zeugen ein, zumal vor allem die Zeugen C4 und F3 übereinstimmend bekundet haben, dass der unmittelbare Bezug solcher Daten kostspielig gewesen sei und man hierfür durchaus einen fünfstelligen Betrag habe zahlen müssen. Soweit es die Sichtweise des Lebensmitteleinzelhandels betrifft, hat schließlich der Zeuge G3 aufgrund seiner Erkenntnismöglichkeiten als früherer Einkaufsleiter und Geschäftsführer des Bereichs Nährmittel im LEH-Unternehmen L1 bekundet, dass O4-Daten für L1 eine von verschiedenen Entscheidungsgrundlagen darstellten, zumal sich hieraus erkennen lasse, wie sich eine Warengruppe und der Markt entwickeln und wo L1 zu positionieren sei; O4-Daten würden nicht immer vollends stimmen, ließen aber stets die Tendenz der Märkte erkennen und würden deshalb von L1 zugrunde gelegt.
290Die im Kern übereinstimmenden Bekundungen dieser Zeugen zur Einschätzung und zum Nutzen von O4-Daten in der Süßwarenbranche erlauben nur die Schlussfolgerung, dass die Unternehmen auf der Seite sowohl der Süßwarenhersteller als auch des Lebensmitteleinzelhandels die Daten dieses in der Branche allgemein anerkannten Marktforschungsunternehmens als zumindest im Wesentlichen aussagekräftige und zutreffende Orientierungshilfe bei der Bestimmung der jeweiligen Marktverhältnisse und der Marktstellung des eigenen Unternehmens sowie der strategischen Planung des eigenen Marktverhaltens verwendeten, was mit den in der Hauptverhandlung vorgebrachten Einwänden gegen eine prinzipielle Verlässlichkeit solcher Daten auch nicht im Ansatz in Einklang zu bringen ist. Dazu fügt sich ein, dass auch im Verkaufsleiterausschuss in ständiger Übung mit den sog. O4-Daten gearbeitet und auf dieser Grundlage die aktuelle Marktlage diskutiert wurde.
291b) Zu den strukturellen Merkmalen des Süßwarenabsatzes in Deutschland
292Hinsichtlich der weiteren Feststellungen zu den strukturellen Merkmalen des inländischen Süßwaren-Absatzes [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 1.] ergibt sich zunächst dessen Strukturierung als indirekter Vertrieb über im Grundsatz zwei einander nachgeschaltete Absatzstufen vor allem aufgrund der Aussagen der eingangs bezeichneten Zeugen, die insoweit übereinstimmend einen Süßwarenabsatz unmittelbar vom Hersteller ausschließlich an den weitervertreibenden Handel erkennen lassen. Im Übrigen entspricht dies auch der allgemeinen Lebenserfahrung der Senatsmitglieder, die allesamt der Gruppe der Endverbraucher von Lebensmitteln einschließlich Süßwaren angehören und in dieser Eigenschaft im alltäglichen Leben typischerweise nur dem Lebensmitteleinzelhandel als (Wieder-)Verkäufer von Süßwaren begegnen.
293Dass dabei die den Süßwarenherstellern gegenüberstehende Nachfrageseite durch die in den Feststellungen genannten Handelskonzerne und –ketten des Lebensmitteleinzelhandels überwiegend abgebildet wird, hat bereits die Zeugin N14 als Teilergebnis der Amtsermittlungen glaubhaft bekundet. Dieser Befund findet seine Bestätigung in einer Vielzahl in die Hauptverhandlung eingeführter Unterlagen, die insbesondere die diesbezügliche Einschätzung der Hersteller und in der Presse wiedergeben; so bezeichnen etwa
294(a) die von der ehemaligen Nebenbetroffenen N3 (damals noch N4s) auf der Grundlage von O4-Daten erstellten Darstellungen „Vertriebsschienen/Kundentypen Schokolade“, „Vertriebsschienen/Kundentypen Riegel“ und „Vertriebsschienen/Kundentypen Pralinen“ bezogen auf das Jahr 2005 die Handelsunternehmen U1, N2, F1 LEH, S2, T4 und N6
295und ähnlich
296(b) die von der vormaligen Nebenbetroffenen B6 dem Bundeskartellamt zur Verfügung gestellten Darstellungen „S4 vs. Top 5 im deutschen Handel“ bezogen auf das Jahr 2007 sowie „Konzentration im deutschen Lebensmittelhandel Entwicklung 1980 – 2006 / Szenario 2010 Marktanteile der TOP 5“ die B5-Gruppe, die F1-Gruppe, die S2-Gruppe, die N2-Gruppe und die T3-Gruppe
297als wesentliche Abnehmer auf der Wiederverkäuferseite.
298Dass diese Einschätzung branchenweit galt, zeigt sich beispielsweise in den Artikeln der Lebensmittelzeitung.net „Tauziehen um Konditionen“ vom 14. Dezember 2006 und „Der Handel bittet zur Kasse“ vom 10. August 2006, in denen der Handel bzw. die „Top-Adressen des deutschen Handels“ im Wesentlichen mit den Handelsunternehmen F1, S2 und N2 gleichgesetzt werden.
299Des Weiteren hat der Zeuge H7 glaubhaft bekundet, dass das Unternehmen B6 rund 70 % seines Umsatzes in Deutschland über die Einzelhandelsunternehmen F1, S2, N2 und die T3-Gruppe sowie B5 erzielt. Dies stimmt mit der in der bereits erwähnten Grafik „S4 vs. Top 5 im deutschen Handel“ für das Jahr 2007 dargestellten Umsatzbedeutung der „Top 5 Händler“ für das Unternehmen B6 überein.
300Die maßgeblich an der ermittelten und prognostizierten Endverbrauchernachfrage orientierte Sortimentsbildung im Lebensmitteleinzelhandel hat der Zeuge G3 beispielhaft für das Handelsunternehmen L1 in sich nachvollziehbar, detailliert sowie unter deutlicher Abgrenzung seiner auf L1 beschränkten Erfahrungen bekundet. Die diesbezüglichen Feststellungen entsprechen im Übrigen aber auch schon der allgemeinen Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der Interessenlage der beteiligten Verkehrskreise: Der Lebensmitteleinzelhandel kauft naturgemäß für sein Sortiment dasjenige ein, von dem er erwartet, dies auch an den Endverbraucher weiterverkaufen zu können.
301Die Feststellungen zu der Bedeutung sowie dem üblichen Zeitrahmen und Gegenstand der Jahresgespräche ergeben sich insbesondere aus den Aussagen der Zeugen N14, G3, H7, H6, C4, F3, K1 und U3.
302Zum Zeitpunkt der Jahresgespräche hat der Zeuge H7 bekundet, dass diese üblicherweise von September bis Dezember für das Folgejahr geführt werden, teilweise aber auch in das verhandelte Jahr hineinreichen könnten. Seine Aussage begegnet keinen Zweifeln, zumal er als damaliger Vertriebsleiter des Unternehmens B6 die entsprechende Wahrnehmungsmöglichkeit hatte. Überdies korrespondiert seine Aussage insoweit mit der Bekundung des Zeugen K1, die Jahresgespräche fänden ab Herbst für das Folgejahr statt. Die zeitliche Ausnahme im Fall des Handelsunternehmens L1 hat der Zeuge G3 unter plausibler Erläuterung dieser Geschäftspolitik berichtet.
303Zum typischen Gegenstand eines Jahresgesprächs hat die Zeugin N14 das Ermittlungsergebnis des Bundeskartellamtes dahin berichtet, dass auf der Grundlage der Bruttopreislisten der Hersteller bis zu 100 verschiedene Konditionen, allem voran Rabatte und Skonti, artikelbezogene Konditionen wie Werbekostenzuschüsse und effizienzbezogene Konditionen wie Logistikrabatte, ferner Zahlungs- und Wachstumsziele, die Lancierung von Produktneuheiten, aber gerade auch Vermarktungskonditionen wie die Anzahl von Aktionen für den jeweiligen Hersteller verhandelt würden. Im Wesentlichen damit übereinstimmend hat der Zeuge H7 bekundet, dass in den Jahresgesprächen über ein Leistungspaket aus einer Vielzahl von Grundkonditionen sowie wechselseitiger Leistungen und Gegenleistungen gesprochen werde, insbesondere über die Einlistung einzelner Produkte des Herstellers, die Lancierung seiner neuen Produkte, Lieferbedingungen, die beiderseitigen Margen- und Umsatzerwartungen und typischerweise auch gerade über das Aktionsgeschäft. Dies deckt sich ferner mit der Aussage des Zeugen G3, der aus Sicht der Verhandlungsgegenseite den Gegenstand der Jahresgespräche neben Boni und Skonti gerade mit dem Aktionsgeschäft und die in Hinsicht hierauf von den Süßwarenherstellern in Gestalt eines Eurobetrages oder eines prozentualen Teils des Umsatzes mit diesem Lieferanten zu zahlenden Gegenleistung charakterisiert hat. Der Zeuge C4 hat damit grob in Einklang stehend bekundet, dass die grundlegenden Konditionen für das nächste Jahr festgelegt würden und vor allem Sonderrabatte und die Einigung über die Netto-Netto-Preise im Vordergrund stünden. Die Zeugen H6 und K1 haben vor allem die Verhandlungsthemen Werbekostenzuschüsse und andere Boni bestätigt.
304Die Feststellungen zum typischen Gegenstand von Sonderforderungen und deren Unterscheidung zu den Jahresgesprächen beruhen auf den insoweit im Kern inhaltlich übereinstimmenden Bekundungen insbesondere der Zeugen G3, H7, C4 und K1.
305Der Umstand, dass Konditionsverhandlungen in Jahresgesprächen und über Sonderforderungen auf Herstellerseite typischerweise durch das Key Account Management geführt werden, erschließt sich in der Gesamtschau zum einen aus den entsprechenden Bekundungen des Zeugen G3, der dies – beschränkt auf seine Erfahrung in der Tätigkeit für das Handelsunternehmen L1 – bekundet hat, und zum anderen den Aussagen der Zeugen H7, K1 und U3, die dies – im Hinblick auf den Zeitraum ihrer jeweiligen Tätigkeit in den betreffenden Unternehmen - für die jeweilige Managementstruktur des Süßwarenherstellers B6, der Nebenbetroffenen C1 sowie der Nebenbetroffenen G1 im Grundsatz bestätigt haben. Die für ihre Person und Tätigkeit für die Nebenbetroffene H1 insoweit einschränkende Bekundung der Zeugin F3, dass sie in einem späteren Verhandlungsstadium stets von dem das Key Account Management leitenden Vertriebsleiter I1 begleitet worden sei, bestätigt letztlich auch für die Geschäftstätigkeit der Nebenbetroffenen H1 die diesbezügliche Zuständigkeit des Key Account Managements. Die Feststellungen zur Begrifflichkeit des Key Account Managements erschließen sich unter Gesamtwürdigung zum einen der jeweils unternehmensbezogenen, im Kern aber korrespondierenden Beschreibungen dieses Aufgabenbereichs in den Aussagen der Zeugen H7, C4, K1 und O2 sowie in der in die Hauptverhandlung eingeführten „Stellenbeschreibung Nationaler-Key-Account-Manager“ der Nebenbetroffenen G1 vom 12. Februar 2013, und zum anderen aus der ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten allgemeinen Beschreibung „Berufsbild Account-Manager/in“, Internetglossar von Berufe-Lexikon, Ausdruck vom 17. Februar 2016.
3062. Zu den Betroffenen und Nebenbetroffenen
307Von den Feststellungen zu den Betroffenen und Nebenbetroffenen [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2.] ist der Senat aufgrund insbesondere der nachfolgend bezeichneten Beweismittel überzeugt:
308a) Zu den früheren und aktuellen beruflichen Verhältnissen der Betroffenen
309Soweit die früheren und aktuellen beruflichen Verhältnisse der Betroffenen aufgeklärt werden konnten, beruhen die Feststellungen hierzu hinsichtlich
310(a) des Betroffenen W1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. a)] insbesondere auf den in ihren wesentlichen Eckdaten übereinstimmenden Angaben des „Xing-Profil W1“ (Ausdruck vom … 2016), der Kurz-Vita zu seiner Person unter http://www.... (Ausdruck vom …2016) und der Pressemitteilung des Unternehmens F4 „F4 Deutschland GmbH: W1 wird neuer Verkaufsdirektor für den Lebensmitteleinzelhandel“ vom … 2011,
311(b) des Betroffenen T1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt 2. b)] hinsichtlich seiner letztfeststellbaren Beschäftigung vor allem auf den inhaltlich im Kern deckungsgleichen Online-Pressemeldungen „W4 Germany T1 an der Spitze“ auf lebensmittelpraxis.de vom … 2014 und „Distributeur benennt Geschäftsführer“ der Lebensmittelzeitung.net vom … 2016, ferner hinsichtlich der Art und des Aufgabenbereichs seiner früheren Tätigkeit für die Nebenbetroffene D1 sowie seiner dortigen Vertretungsbefugnisse aus dem Presseartikel „… verlässt D1“ in der LebensmittelZeitung.net vom ….2006 (Ausdruck vom ….2009), dessen Angaben zur Person des Betroffenen Bestätigung im Handelsregisterauszug für die D1 Verwaltungs GmbH, Amtsgericht ... HRB … (Abdruck vom … 2013) und in dem I15-Firmenprofil für die D1 GmbH & Co. KG (Ausdruck vom ….2009) findet,
312(c) des Betroffenen M1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. c)] auf der Presseinformation von H1 „Neuer Vertriebsleiter Deutschland M1“ vom … 2007 und der Online-Meldung der Zeitschrift LebensmittelPraxis „H1 Neue Leiterin Vertrieb Deutschland“ vom .. 2011, wobei erste seine Position bei der Nebenbetroffenen H1 und den zeitlichen Beginn seiner dortigen Beschäftigung sowie die zweite den Zeitpunkt des Beschäftigungsendes wiedergeben, ferner hinsichtlich der Erteilung von Prokura und deren Zeitpunkt auf der Ablichtung eines Abdrucks des Chronologischen Handelsregisterauszugs zur H1 GmbH & Co. KG, Amtsgericht Koblenz HRA …(Abruf vom 28.04.2016),
313(d) des Betroffenen B1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. d)] auf der glaubhaften, insbesondere in sich schlüssigen Aussage des Zeugen O2 zur beruflichen Entwicklung des Betroffenen B1 im Unternehmen der Nebenbetroffenen G1 seit 1988 bis zu dessen Pensionierung Ende 2009,
314(e) des Betroffenen M2 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. e)] vornehmlich auf den in ihrer Richtigkeit keinen ernsthaften Zweifeln begegnenden Angaben
315zum einen in der C2-Veröffentlichung „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“ (Seite 122), die seinen dortigen Referentenstatus seit 1999 belegt,
316und zum anderen in der Online-Meldung „Wechsel in der Geschäftsführung des C2“ vom 22. Dezember 2008 auf der Webpräsenz ….de, die über seine Berufung zum Geschäftsführer im Verband zum Jahr 2009 berichtet,
317und dem Ausdruck der Internetseite „Geschäftsstelle ...“ vom 13. Mai 2016 (Internetauftritt des C2, http://www..../), aus der sich neben dem aktuellen Aufgabenbereich des Betroffenen M2 als Geschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 ferner aus dem vor seinen Namen gesetzten Zusatz „RA“ sein Berufsstand als zugelassener Rechtsanwalt ergibt, und dem Vereinsregisterauszug zum C2 e.V., ..., AG ... – VR …. (Abdruck vom 5. Februar 2014)
318und schließlich
319(f) des Betroffenen S1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. e)] im Wesentlichen auf der C2-Pressemitteilung „ S1 begeht 25-jähriges Dienstjubiläum im C2“ vom 27. August 2014 (Online- Pressarchiv des C2 e.V.), dem Ausdruck der Internetseite „Geschäftsstelle ...“ vom 13. Mai 2016 (Internetauftritt des C2, http://www..../), wobei auch hinsichtlich des Betroffenen S1 der dortige Zusatz „RA“ vor dem Namen seinen Berufsstand als zugelassener Rechtsanwalt indiziert, und schließlich dem Vereinsregisterauszug zum C2 e.V., ..., AG ... – VR …. (Abdruck vom 5. Februar 2014).
320b) Zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen, Vertretungsverhältnissen, Tätigkeitsbereichen und Marken- sowie Produktportfolios der Nebenbetroffenen
321Den Feststellungen zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen, Vertretungsverhältnissen, Tätigkeitsbereichen und Marken- sowie Produktportfolios der Nebenbetroffenen liegen teilweise die in die Hauptverhandlung eingeführte Unternehmensangaben aus den Datenbanken I15 und N15 zugrunde. In Anbetracht der nicht unerheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der dahinter stehenden privatwirtschaftlichen Informationsdienstleister im Business-to-Business-Bereich, wie diese vor allem in den mit Ausdruck der Internetseite „Unternehmensprofil … Deutschland GmbH" (I15 Datenbank) und Ausdruck der Internetseite "N15 Die große Datenbank deutscher, österreichischer und luxemburgischer Unternehmen" ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Beschreibungen dieser Datenbanken zu Tage tritt, begegnet die inhaltliche Richtigkeit der Angaben keinen grundsätzlichen Bedenken. Dies vorausgeschickt ergeben sich die Feststellungen zu den Nebenbetroffenen im Einzelnen wie folgt:
322aa) Die festgestellten Unternehmensangaben zur Historie, zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen und zum Marken- und Produktportfolio der Nebenbetroffenen C1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. a)] folgen im Wesentlichen aus
323(a) den in die Hauptverhandlung eingeführten und im Einzelnen aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen Handelsregisterauszügen zum einen für die C1 GmbH & Co. KG, Amtsgericht ... - HRA …, und zum anderen der C1 Verwaltungs-GmbH, Amtsgericht ... – HRB …,
324(b) dem in die Hauptverhandlung eingeführten Internetausdruck vom 6. Februar 2013 „Die C1 Chronik“ sowie
325(c) der Auskunft "Firmendatenbank I15" (Ausdruck vom 17. November 2009), dem "I15 Vollprofil" Stand 2009 und dem "N15 Unternehmensbericht" vom 6. September 2012 jeweils für die C1 GmbH & Co. KG, ....
326Ferner gründet sich die Überzeugung des Senats vom festgestellten Befund zu den Strukturen und Aufgaben des Key Account Managements bei der Nebenbetroffenen C1 und zu den im festgestellten Zeitverlauf darin eingebundenen natürlichen Personen sowie deren jeweiligen Rollen, Aufgabenbereiche und Vertretungsbefugnisse vor allem auf die Aussage des Zeugen K1. Dieser hat im Wesentlichen dies alles in sich schlüssig sowie detailliert und in der erkennbaren Schwerpunktsetzung übereinstimmend mit der Perspektive auf das Unternehmen, die ihm nach seiner selbst bekundeten Position und Rolle als Group Account Manager der Nebenbetroffenen zukam, bekundet. Ergänzend liegen den diesbezüglichen Feststellungen zum einen die in die Hauptverhandlung eingeführten Pressepublikationen
327(a) „C1-Manager C3 nimmt seinen Abschied“ in der LebensmittelZeitung vom ….2003 - Seite 109 (Ausdruck aus dfv Mediengruppe),
328(b) „C3 +“ in der LebensmittelZeitung 05 vom ….2015 - Seite … (Ausdruck aus dfv Mediengruppe),
329(c) „C1 baut Spitze um“ auf Horizont Online vom ….2004 (Ausdruck vom 04.04.2016) und „K3 von L10 zu C1“ des Onlinemagazins markenartikel vom ….2011 (Ausdruck vom 17.02.2016), wobei die beiden letztgenannten Artikel u.a. nähere Beschreibungen der Position eines Country Managers der Nebenbetroffenen C1 und deren Besetzung umfassen,
330und zum anderen die Begriffsbeschreibung „Country Manager“ unter der Webpräsenz von GEHALT.de (Ausdruck vom 17.02.2016) zugrunde.
331bb) Die Feststellungen zur Nebenbetroffenen D1, ihrem Marken- und Produktportfolio, ihrer Historie und gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen sowie Beteiligungsverhältnissen [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. b)] ergeben sich unter Gesamtwürdigung folgender in die Hauptverhandlung eingeführter Dokumente:
332Der Gegenstand der Vertriebstätigkeit der Nebenbetroffenen D1 entspricht so, wie festgestellt, ihrer aus (a) dem Ausdruck vom 4. September 2013 der Internetseite D1 „Shareholder“ ersichtlichen Online-Eigendarstellung und der damit im Wesentlichen übereinstimmenden Tätigkeitsbeschreibung im (b) "N15 Unternehmensbericht" vom 6. September 2012 für die D1 GmbH & Co. KG. Das festgestellte Marken- und Produktportfolio ergibt sich vornehmlich aus (c) dem "I15 Vollprofil" Stand 2009 und (d) der Auskunft "Firmendatenbank I15" (Ausdruck vom 17. November 2009) jeweils für die D1 GmbH & Co. KG. Die dortigen Angaben spiegeln sich wider in der grafischen Illustration der wesentlichen Marken unter (e) der mit „Historie“ überschriebenen Darstellung der Unternehmensgeschichte der Nebenbetroffenen auf deren Internetpräsenz (Ausdruck vom 17. Mai 2016), die zudem der hier festgestellten Unternehmenshistorie ebenso zugrunde liegt wie insbesondere folgende, die benannte Eigendarstellung teils bestätigende, teils ergänzende Dokumente und Registerinhalte:
333Aus der (f) Handelsregisteranmeldung der D4 N7 GmbH & Co. KG vom 11. November 1999, Urkunden-Rolle-Nr. …/1999 des Notars C13 in ..., ergibt sich neben dem Gründungszeitpunkt insbesondere die damalige Gesellschafterstruktur mit der D4 N7 Verwaltungs GmbH als Komplementärin und der D4 Süßwarenhandels GmbH sowie der N7 GmbH als Kommanditisten. Das (g) Gründungsprotokoll der D4 N7 Verwaltungs GmbH vom 11. November 1999, Urkundenrolle-Nr. 2837/1999 des Notars C13 in ..., weist ebenso wie (h) die Liste der Gesellschafter der “D4 N7 Verwaltungs GmbH” vom 11. November 1999 als Gesellschafter der Komplementär-GmbH wiederum nur die vorgenannten Kommanditisten der KG aus.
334Das (i) Protokoll der Gesellschafterversammlung der D4 N7 Verwaltungs GmbH in ... am 15. Dezember 2004, Urkundenrolle-Nr. 2150/2004 des Notars C13 in ..., sowie (j) die Anmeldung einer Kapitalerhöhung und einer Satzungsänderung der D4 N7 Verwaltungs GmbH (HRB …) vom 15. Dezember 2004 und (k) die Gesellschafterliste der D4 N7 Verwaltungs GmbH („Anlage zur Urkunde v. 15.12.2004“) vom 15. Dezember 2004 belegen den Eintritt der J2 Limited als weiteren Gesellschafter der zugleich in D1 Verwaltungs GmbH umfirmierten D4 N7 Verwaltungs GmbH sowie eine Verteilung des erhöhten Stammkapitals unter den nunmehr drei Gesellschaftern zu gleichen Teilen. Des Weiteren umfasst (l) die Übersetzung des Gesellschaftsvertrages der Nebenbetroffenen D1 GmbH & Co. KG eine Präambel, aus der sich die weitere Kapitalbeteiligung der J2 Limited nunmehr an der D4 N7 GmbH & Co. KG, die unter vertragsabändernder Neuvereinbarung des KG-Gesellschaftsvertrages zugleich in D1 GmbH & Co. KG umbenannt wurde, zum 1. Januar 2005 ergibt.
335Die festgestellten Folgen des in der bereits angeführten Online-Eigendarstellung „Historie“ aufgeführten Zusammenschlusses der niederländischen N7-Gruppe mit der italienischen Q3-Gruppe werden belegt durch (m) den Handelsregisterauszug für die N7 Deutschland GmbH, Amtsgericht ... – HRB … (Abdruck vom 16.07.2013) und (n) die Ablichtung des gestrichenen Registerblatts Amtsgericht ... – HRB … – für die N7 Deutschland GmbH (Abruf vom 24.02.2015).
336Die – auf den in der bereits benannten Online-Darstellung „Historie“ ebenfalls belegten Erwerb der D4 SA durch Q2 im Jahr 2006 folgende – Übertragung sämtlicher Geschäftsanteile an der D4 Süßwarenhandels GmbH auf die Q2 GmbH wird durch (o) den „Kauf- und Abtretungsvertrag" vom 18. Juni 2007 zwischen D4 Invest Holding B.V. und der Q2 GmbH über Geschäftsanteile an der D4 Süßwarenhandels GmbH, Nr. 262 der Urkundenrolle für 2007 des Notars C14 in ..., und die undatierte (p) Liste der Gesellschafter der D4 Süßwarenhandels GmbH, aus Handelsregister AG ... (HRB …), die lediglich noch die Q2 GmbH als Gesellschafter ausweist, belegt.
337Die Feststellungen zu den aktuellen gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen D1 ergeben sich im Wesentlichen übereinstimmend sowie einander ergänzend aus
338(q) den Handelsregisterauszügen für die D1 GmbH & Co. KG, Amtsgericht ... – HRA …,
339(r) den Handelsregisterauszügen für die Q2 GmbH, ..., Amtsgericht ... - HRB …, und die D4 Süßwarenhandels GmbH, ..., Amtsgericht ... - HRB …, sowie
340(s) der Auskunft "Firmendatenbank I15" (Ausdruck vom 17. November 2009), (t) dem "I15 Vollprofil" Stand 2009 und (u) dem "N15 Unternehmensbericht" vom 6. September 2012 jeweils für die D1 GmbH & Co. KG.
341Der (v) "N15 Unternehmensbericht" vom 17. Oktober 2013 für die Q2 GmbH, ..., weist in Übereinstimmung mit der ebenfalls eingeführten (w) Liste der Gesellschafter der Q2 GmbH, ... (Auszug aus Handelsregisterakte des AG ..., HRB …, Q2 GmbH: Schreiben des AG ... vom 13.01.2014) als deren einzige Gesellschafterin die Q2 Holding B.V./Niederlande aus. Die Q2 Holding B.V. ist ausweislich (x) des auszugsweise in Ablichtungen in die Hauptverhandlung eingeführten – in englischer Sprache verfassten - „Report on the annual accounts 2013“ der Q2 Group B.V., .../Niederlande, ein Tochterunternehmen wiederum dieser Gesellschaft: Nach Überzeugung des Senats, dessen sämtliche Mitglieder über insoweit ausreichend bestehende Kenntnisse in der englischen Sprache verfügen, ergibt sich aus der in Ablichtung in die Hauptverhandlung eingeführten Seiten 15 - 16 dieses Reports, dass diejenigen Gesellschaften, welche in der auf Seite 15 beginnenden tabellarischen Darstellung bezeichnet sind, vollkonsolidiert in den Konzernabschluss einbezogen sind („The companies below have been fully consolodated:“), wobei die Q2 Holding B.V. in dieser Tabelle sowohl unter dem Abschnitt der direkten Beteiligungen („Direct participations“) mit einem direkt gehaltenen Anteil von „22.16“ % als auch unter dem Abschnitt der indirekten Beteiligungen („Indirect Participations“) mit einem mittelbar gehaltenen Anteil von „77,84“ % aufgeführt wird, im Übrigen unter diesem zweiten Abschnitt auch die Q2 GmbH („100“ %), die D4 Süßwarenhandels GmbH („100“ %) und die Nebenbetroffene („66,66“ %) bezeichnet sind.
342cc) Die Feststellungen zur Nebenbetroffenen H1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. c)] beruhen im Wesentlichen auf Folgendem:
343Das festgestellte Geschäftsfeld und Marken- bzw. Produktportfolio der Nebenbetroffenen ergibt sich in der Gesamtwürdigung der teils übereinstimmenden, teils sich ergänzenden Angaben vor allem in (a) der H1 Presseinformation „H1 mit deutlichem Wachstum“ vom 6. Februar 2014 sowie den weiteren eigenen Online-Produktinformationen unter (b) der Homepage der H1 GmbH & Co. KG, Rubrikseite „Marken“, Unterseiten „…“ und „Erfrischungs-Sticks“ (Ausdruck vom 27.07.2016) sowie (c) der Homepage der H1 GmbH & Co. KG, Rubrikseite „Marken“, Unterseiten „…“ und „Erfrischungsstäbchen“ (Ausdruck vom 27.07.2016), ferner (d) dem N15-Unternehmensbericht für H1 GmbH & Co. KG, Seite 2 Stichwort „Geschäftstätigkeit“ / „Tätigkeitsbeschreibung“ (Ausdruck vom 06.09.2012) und den Presseartikeln (e) auf FTD.de „H1 erhält Lizenz für Edelgebäck“ vom ….2006, (f) „… bald auch als Gebäck“ vom ….2006 in der LebensmittelZeitung und (g) „H1 kauft …“ vom ….2008 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung.
344Die festgestellte Gesellschafterstruktur der Nebenbetroffenen H1 erschließt sich aus den Handelsregisterauszügen für die H1 GmbH & Co. KG, Amtsgericht … – HRA …, und dem „…-Unternehmensbericht“ für die H1 GmbH & Co. KG vom 29. April 2016. Die Feststellungen zu den verschiedenen Produktionsstandorten entsprechen den Eigenangaben der Nebenbetroffenen in der Presseinformation „H1 mit deutlichem Wachstum“ vom 6. Februar 2014.
345Die Organisationsstruktur der Nebenbetroffenen H1 wie auch die Position des Betroffenen M1 innerhalb der Geschäftsleitung ergibt sich – so, wie festgestellt – vor allem aus den in die Hauptverhandlung eingeführten schematischen Darstellungen (a) „H1 Gesamtorganisation“ mit der Angabe „Gültig ab: 01.06.09“ in der Fußzeile und (b) „H1 Vertrieb Inland“ mit der Angabe „Gültig ab: 06.05.09“ in der Fußzeile. Die Zeugin F3 hat die in diesen Übersichten dargestellte Organisationsstruktur in ihrem funktionalen Inhalt auch für die Zeit ihrer Beschäftigung im Key Account Management der Nebenbetroffenen H1 bis 2009 bestätigt und bekundet, dass die Position des Vertriebsleiters Inland zuvor von Herrn X2 besetzt gewesen sei, sie – die Zeugin – als ihm zugeordnete Key Account Managerin auch Stellvertreterin des Herrn X2 gewesen sei und in dieser Funktion nach der Erkrankung von Herrn X2 dessen Rolle im Verkaufsleiterausschuss vorübergehend wahrgenommen habe, bis der Betroffene M1 als neuer Vertriebsleiter Inland zum Unternehmen gekommen sei. Diese Bekundungen stehen im Einklang mit insbesondere den Presseberichterstattung (c) „Vertriebsspitze neu organisiert“ in der LebensmittelZeitung Nr. … vom ...2000 (Ausdruck aus dfv Mediengruppe), wonach I1 seit dem 1. Oktober 2000 der dem „geschäftsführenden Gesellschafter M9“ unmittelbar nachgeordnete „Vertriebsleiter National und damit Chef der gesamten Verkaufsorganisation“ der Nebenbetroffenen war, und (d) „I1 +“ in der LebensmittelZeitung Nr. … vom ….2007 (Ausdruck aus dfv Mediengruppe) darüber, dass I1, langjähriger nationale Vertriebsleiter der Nebenbetroffenen, „nach langer, schwerer Krankheit“ am 9. November 2007 verstarb. Die maßgebliche Beteiligung des Vertriebsleiters an Jahresgesprächen ergibt sich aus der auch insoweit glaubhaften Aussage der Zeugin F3, die gerade in diesem Zusammenhang ferner bekundet hat, weder Prokura noch über Vertretungsvollmacht verfügt und für jede Entscheidung in den Konditionsverhandlungen mit Handelskunden stets die Genehmigung der Geschäftsleitung eingeholt zu haben.
346dd) Hinsichtlich der Nebenbetroffenen G1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. d)] ergibt sich der festgestellte Gegenstand ihrer Geschäftstätigkeit insbesondere aus dem Ausdruck vom 04.09.2009 aus der Firmendatenbank I15 für die G1 GmbH & Co. KG.
347Die Feststellungen zu ihrer nach wie vor aktuellen Gesellschafterstruktur einschließlich der Gesellschafterstruktur ihrer Komplementär-GmbH gründen auf im wesentlichen übereinstimmenden Angaben in dem vorgenannten Ausdruck vom 04.09.2009 aus der Firmendatenbank I15 und ferner in (a) den Handelsregisterauszügen für die G1 GmbH & Co. KG, Amtsgericht ... – HRA …, und (b) dem N15-Unternehmensbericht zur G1 GmbH & Co. KG (Ausdruck vom 06.09.2012, dort Seite 3 Stichwort „Gesellschafter VVC“).
348Dass die gleiche Gesellschafterstruktur auch bei der Schwestergesellschaft Bremer I5 GmbH & Co. KG besteht, erschließt sich aus den Handelsregisterauszügen für die …er I5 GmbH & Co. KG, Amtsgericht ... - HRA …..
349Die Unternehmenshistorie von 2000 bis jedenfalls 2012 hat so, wie sie hier in ihren wesentlichen Eckdaten festgestellt ist, der Zeuge O2 glaubhaft bekundet. Seine diesbezügliche Aussage steht insbesondere in nachvollziehbarer Korrespondenz des Bekundeten zu seiner Wahrnehmungsmöglichkeit als damaliger Gesellschafter-Geschäftsführer der Unternehmensgruppe und reicht detailliert bis zur Veräußerung der I4-Unternehmensgruppe an die U4 Gruppen. Den Erwerb der gesamten I4-Unternehmennsgruppe durch die U4 Gruppen wie auch die seither bestehenden Beteiligungsverhältnisse folgen darüber hinaus aus (a) der Pressemitteilung von I5 vom 19. April 2012 (Ausdruck vom 23.05.2016) und (b) der Ablichtung der Gesellschafterliste der I3 GmbH vom 20. April 2012 (aus dem Handelsregister AG ..., HRB …) sowie (c) dem N15-Unternehmensbericht zur G1 GmbH & Co. KG (Ausdruck vom 06.09.2012, dort Seite 4 Stichwort „Konzerngruppe nach Ebenen“ und Seite 9).
350Die Feststellungen zu der Organisationsstruktur der I4-Unternehmensgruppe einschließlich der Nebenbetroffenen G1, der Veränderungen in dieser Struktur seit Juli 2000 und der im Verlauf der Zeit wechselnden Positionen und Aufgabenbereiche des Betroffenen B1 erschließen sich vor allem aus den glaubhaften Aussagen der Zeugen O2 und U3 sowie darüber hinaus aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Übersichten der Unternehmensgruppe I3 GmbH (a) „Organisation Schokolade“ mit der Angabe „Stand: Juli 2000“, (b) „Organisation G1-Vertrieb-Inland 2006“ mit der Angabe „Stand: November 2006“, (c) „Organisation Chocolade“ mit der Angabe „..., 28. Mai 2008“ und (d) „Strukturorganisation Marketing und Vertrieb“ mit der Zeitangabe „Jan. 2012“. Die Zeugen O2 und U3 haben den insoweit festgestellten Sachverhalt einschließlich des von ihnen so bezeichneten Vieraugenprinzips im Wesentlichen übereinstimmend bekundet; ihre Angaben stehen jeweils in Kongruenz zu ihren zeitlichen sowie sachlichen Wahrnehmungsmöglichkeiten und zu den sich jeweils selbst zugeschriebenen Positionen im Unternehmen, wobei damit ebenfalls folgerichtig der Detaillierungsgrad der einzelnen Aussagen hinsichtlich verschiedener Punkte des Geschehens variiert. Ihre Aussagen decken sich widerspruchsfrei mit den genannten Übersichten, von denen das Organigramm „Organisation Schokolade“ mit der Angabe „Stand: Juli 2000“ ausdrücklich noch den Betroffenen B1 als den unmittelbar dem Geschäftsführer Marketing & Vertrieb O2 unterstellten Leiter „Vertrieb G1“ mit wiederum ihm nachgeordneten Key Account Managern („KAM“) anführt, während er in den weiteren Organigrammen „Organisation G1-Vertrieb-Inland 2006“ und „Organisation Chocolade“ vom 28. Mai 2008 lediglich als dem Vertriebsleiter nachgeordneter „KAM“ geführt wird. Die mit seiner Tätigkeit als Key Account Manager verbundenen Aufgaben und Zuständigkeiten erschließen sich ferner (e) aus der ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten „Stellenbeschreibung Nationaler-Key-Account-Manager“ der G1 GmbH & Co. KG mit Datum „12.02.2013“. Diesbezüglich hat der Zeuge U3 - nach eigenen Angaben Vertriebsleiter für G1 seit 2003 und derzeit für G1- und I5-Produkte – glaubhaft bekundet, dass diese für die Unternehmensbereiche G1 und I5 gleichverwendete Stellenbeschreibung auch bereits vor dem Jahr 2013 gegolten habe und – wie der Zeuge seine Wissenslücke verdeutlicht hat : - vermutlich vom Zeugen O2 in den 1990er-Jahren entworfen worden sei.
351ee) Die Feststellungen zum Nebenbetroffenen C2 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. e)] beruhen hinsichtlich der einleitend genannten Eckzahlen auf dessen als Ausdruck vom 14. April 2016 in die Hauptverhandlung eingeführten Online-Eigendarstellung „Der Verband C2: C2“ mit der Überschrift „C2 – C2 e.V.“ einschließlich der folgenden Abschnitte „Der C2 ist“, „Die Süßwarenindustrie in Zahlen“ und „Kennziffern der deutschen Süßwarenindustrie“.
352Seine festgestellte Organisationsstruktur (Gliederung regional nach Landesgruppen und sachlich nach Fachsparten, Präsidium, Geschäftsführung) ergibt sich vor allem aus seiner Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, gebundene Ausgabe, hier speziell die als Auszug eingeführten Seiten 35 bis 42. Die Untergliederung nach Fachsparten wird darüber hinaus durch die ebenfalls auszugsweise in die Hauptverhandlung eingeführten Ausdrucke „Übersicht der Fachsparten“ Stand 01.01.2007, Seiten 80 – 118, und „Übersicht der Fachsparten“ Stand 01.01.2008, Seiten 81 – 119 belegt, die jeweils eine alphabetische Aufstellung „Ordentliche Mitglieder“ nebst deren Zuordnung zu einzelnen Fachsparten in Gestalt hinzugesetzter Buchstaben (ausweislich der jeweils vorangestellten Legende insbesondere: „S“ für Schokoladenwaren, „Z“ für Zuckerwaren, „F“ für Feine Backwaren, „K“ für Knabberartikel und „R“ für Rohmassen) umfassen. Aus diesen Übersichten ergibt sich zudem beispielhaft für die Jahre 2007 und 2008 die festgestellte Mitgliedschaft der Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1.
353Die Satzungslage des Nebenbetroffenen, auf die in den Feststellungen insbesondere hinsichtlich der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung in der Geschäftsführung abgestellt wird, erschließt sich aus der in die Hauptverhandlung eingeführten Ablichtung der Satzung des C2 e.V., ..., laut Beschluss der 48. Mitgliederhauptversammlung vom 18.05.2006 in Münster. Die festgestellte Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung in der Geschäftsführung ergibt sich ferner aus der als Ausdruck vom 11. August 2009 in die Hauptverhandlung eingeführten Online-Darstellung des Nebenbetroffenen C2 "Geschäftsstelle ..." unter seiner Web-Präsenz. Die festgestellte allgemeine Lage zu den Vertretungsverhältnissen folgt neben der Satzungslage aus dem eingeführten Auszug aus dem Vereinsregister für den C2 e.V., Amtsgericht ... – VR ... (Wiedergabe des aktuellen Registerinhalts, Abruf vom 05.02.2014), und Abdruck des Registerblatts für den C2 e.V., Vereinsregister des Amtsgerichts ... – VR ... (Abruf vom 05.02.2014).
3543. Zur Konditionenvereinigung
355Die Feststellungen zur Konditionenvereinigung [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 3.] ergeben sich zur Überzeugung des Senats unter Würdigung insbesondere folgender Beweismittel:
356a) In Hinsicht auf die Umstände und den Hintergrund zu ihrer Gründung sowie auf ihr Wesen und Inhalt als legitimiertes Konditionenkartell bis einschließlich der 1982 zuletzt erfolgten Kartellergänzung beruhen die Feststellungen in erster Linie auf (a) der Publikation des Nebenbetroffenen C2 „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, speziell den als Auszug daraus in die Hauptverhandlung eingeführten Seiten 97 bis 98, und (b) den eingeführten Auszügen aus dem Bundesanzeiger Nr. 160 vom 30.08.1969 [Bekanntmachung Nr. 49/69 über die Anmeldung eines Konditionenkartells der Süßwarenindustrie], Nr. 229 vom 10.12.1969 [Bekanntmachung Nr. 71/69 über die Eintragung eines Konditionenkartells der Süßwarenindustrie in das Kartellregister], vom 13.10.1972 [Bekanntmachung Nr. 64/72 über die Anmeldung einer Änderung des Konditionenkartells der L5 e.V.], vom 29.04.1982 [Bekanntmachung Nr. 44/82 über die Anmeldung einer weiteren Änderung des Kartellbeschlusses der L5 e.V.], vom 26.08.1982 [Bekanntmachung Nr. 105/82 über die Eintragung einer Änderung des Kartellbeschlusses der L5 e.V.] sowie der Bekanntmachung Nr. 27/71 über die Eintragung von Änderungen des Konditionenkartells der L5 e.V., ..., in das Kartellregister und der auszugsweisen Ablichtung „Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1969 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet“ (Deutscher Bundestag Drs. VI/950, S. 85).
357Der Umstand, dass dem Konditionenkartell schon bei seiner Gründung das Motiv zugrunde lag, dem als übermächtig empfundenen Lebensmitteleinzelhandel etwas entgegenzusetzen, ergibt sich ergänzend aus der Aussage des Zeugen H6. Dieser hat glaubhaft bekundet, dass die Konditionenvereinigung ursprünglich gegründet worden sei, um der Marktmacht des Handels im Hinblick auf ruinöse Forderungen, wie etwa der Valutastellung bei Saisonartikeln, zu begegnen. Die Richtigkeit dieser Bekundung wird durch die in die Hauptverhandlung eingeführte Ablichtung des – der gedruckten Zeichnungszeile nach vom Betroffenen M2 „im Dezember 2009“ erstellten - Drucktextes „Historie der L5 e.V.“ jedenfalls mittelbar bestätigt: Dieses Schriftstück erläutert, man habe sich seinerzeit auf die Regelung „vordringlicher“ Bereiche beschränkt und mit dem vom Kartell von vornherein umfassten Verbot der Warenrücknahme für unbeschädigte und unverdorbene Ware klarstellen wollen, „dass das dem Handel zukommende Risiko des Warenabsatzes durch die einfache Warenrücknahme z.B. nach Abschluss der Saison nicht einseitig der Industrie aufgebürdet werden kann“. Diese Darstellung spiegelt – im Einklang mit den vorgenannten Bekundungen des Zeugen H6 – zur Überzeugung des Senats wider, dass seinerzeit die Süßwarenhersteller nur in ihrer Solidarisierung zum Konditionenkartell die Möglichkeit sahen, den drängenden Forderungen des Handels nach Rücknahme nicht verkaufter Saisonware mit Erfolg entgegenzutreten.
358b) Die festgestellte Satzungslage der Konditionenvereinigung zur Mitgliedschaft und den Vereinsorganen ergibt sich aus der in die Hauptverhandlung eingeführten Satzung der L5 e.V., Stand 2002. Die Feststellungen einerseits zur Organschaft des Zeugen H6 für die Konditionenvereinigung und andererseits zur Geschäftsführung der Konditionenvereinigung nebst deren Aufgabenbereich beruhen (a) auf der glaubhaften Aussage des Zeugen H6, der zudem die Geschäftstätigkeit seines Unternehmens X3 GmbH & Co. KG so, wie festgestellt, bekundet hat, und (b) den Angaben in der bereits benannten C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, die auf der als Auszug hieraus eingeführten Seite 98 am Ende eine grau unterlegte Liste der Vorsitzenden der Konditionenvereinigung seit 1977 und - unter der Bezeichnung "Geschäftsführung" - der Geschäftsführer der Konditionenvereinigung seit 1974 umfasst. Die Bestellung des Betroffenen M2 zum Geschäftsführer in 2001 ergibt sich darüber hinaus auch aus der in die Hauptverhandlung eingeführten Ablichtung eines Protokolls der 34. Ordentlichen Mitgliederversammlung der L5 e.V. am 12. Mai 2001 mit dem unter TOP 6. ersichtlichen Wortlaut:
359"Herr RA M2 wird ab dem 01.10.2001 die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung übernehmen, nachdem der bisherige Geschäftsführer aus Altersgründen am 30.09.2001 in den Ruhestand gehen wird."
360c) Zur Überzeugung des Senats ist nach den Umständen auf eine enge Verbundenheit zwischen der Konditionenvereinigung und dem Nebenbetroffenen C2 vor allem aufgrund ihrer engen personellen und organisatorischen Verflechtung zu schließen. Die insoweit zugrunde gelegten Feststellungen zum Fehlen eines eigenen Verwaltungsapparates der Konditionenvereinigung und zur entgeltlichen Überlassung von Mitarbeitern und Sachmitteln des Nebenbetroffenen C2 an die Konditionenvereinigung beruhen insbesondere auf folgenden Beweismitteln und daraus resultierenden Schlussfolgerungen:
361Die Gegenüberstellung der bereits angeführten Auflistung der Geschäftsführer der Konditionenvereinigung auf Seite 98 der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“ mit der Dokumentation der „Geschäftsführer und Referenten des Verbandes“ C2 auf der ebenfalls als Auszug in die Hauptverhandlung eingeführten Seite 122 derselben C2-Publikation belegt die festgestellte Personenidentität. Hiernach waren
362der von 1973 bis 1983 als Geschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 tätige I7 von 1974 bis 1983 zugleich Geschäftsführer der Konditionenvereinigung,
363der von 1979 bis zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt nach der Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“ im Jahr 2002 als Geschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 tätige E3 von 1983 bis 1989 zugleich Geschäftsführer der Konditionenvereinigung,
364der von 1982 bis 2001 als Geschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 tätige T6 von 1989 bis 2001 zugleich Geschäftsführer der Konditionenvereinigung,
365und der seit 1999 als Referent beim Nebenbetroffenen C2 tätige Betroffene M2 seit 2001 zugleich Geschäftsführer der Konditionenvereinigung.
366Der Umstand, dass der Nebenbetroffene C2 der Konditionenvereinigung diese Mitarbeiter nebst ihnen im Nebenbetroffenen zugeordneten Sekretariatskräften und darüber hinaus Sachmittel entgeltlich zur Verfügung stellte, folgt aus den in die Hauptverhandlung eingeführten
367(a) Kopien von Kontoauszügen zu Konto Nummer 02186850000, Bank 380 700 59 des C2 e.V. vom 13. Februar 2006, 8. Januar 2007 und 16. Januar 2008, aus denen sich jeweils die Überweisung eines Betrages in Höhe von „1.123,50“ mit dem Verwendungszweck „Verwaltungskosten/Miete“ von der Konditionenvereinigung an den Nebenbetroffenen C2 am 10. Februar 2006, 5. Januar 2007 und 15. Januar 2008 ergibt,
368(b) Kopie des Buchungsbelegs Nummer 0377200 vom 3. Januar 2008, mit dem die Überweisung eines Betrages in Höhe von „EUR 1.123,50“ von der Konditionenvereinigung an den Nebenbetroffenen C2
369„wegen anteilige Miete 2008 613,50
370anteilige Verwaltungskosten 2008
371Büromaterial 130,00
372Telefon 250,00
373Porto 130,00“
374unter dem „03. Januar 2008“ angewiesen wurde,
375(c) Kopie der an die Konditionenvereinigung gerichteten Rechnung des Nebenbetroffenen C2 vom 11. April 2008 mit der „Rg-Nr. 1453“, mit welcher der Nebenbetroffene C2 mit dem Wortlaut „Als Honorar für umfassende Arbeiten in 2008 im Rahmen der `L5´ stellen wir Ihnen lt. beiliegender Aufstellung für die Mitarbeiter M2, Frau L6“ 3.246,80 Euro (brutto 3.863,69 Euro) abrechnete,
376und
377(d) Kopien von Ausdrucken aus der Buchhaltung des C2 e.V. , Buchungskonto 8403 – Erlöse aus Personalumlagen – Übersicht Jahreskonto – für die Jahre 2004, 2005, 2006, 2007 und 2008, die als „Erlöse aus Personalumlagen“
378für den 27.05.2004 mit dem Buchungstext „Konditionenvereinigung 2004“ ein Umsatz Haben von 2.579,68 Euro,
379für den 08.07.2005 mit dem Buchungstext „Konditionen 2005“ ein Umsatz Haben von 2.659,62 Euro,
380für den 02.05.2006 mit dem Buchungstext „Konditionen 2006“ ein Umsatz Haben von 2.714,49 Euro,
381für den 13.06.2007 mit dem Buchungstext „Konditionen 2007“ ein Umsatz Haben von 2.790,16 Euro
382und schließlich – übereinstimmend mit dem Rechnungs-Nettobetrag der Honorarrechnung des Nebenbetroffenen C2 vom 11. April 2008 - für den 22.04.2008 mit dem Buchungstext „Konditionen 2008“ ein Umsatz Haben von 3.246,80 Euro ausweisen.
383Aus diesen Beweismitteln ist zur Überzeugung des Senats für die festgestellte Zeit personeller Identität zwischen der Geschäftsführung der Konditionenvereinigung und Mitarbeitern der Geschäftsführung des Nebenbetroffenen die Schlussfolgerung zu ziehen, dass der Nebenbetroffene C2 diese Mitarbeiter der Konditionenvereinigung stets entgeltlich zur Verfügung stellte.
384Die Feststellungen zum Zeitraum und den Umständen einer Organschaft des Betroffenen S1 als Vorstandsmitglied der Konditionenvereinigung seit mindestens dem 12. Mai 2001 ergeben sich aus
385(a) der Ablichtung des Protokolls „der 34. Ordentlichen Mitgliederversammlung der Konditionenvereinigung der E4 e.V. am 12. Mai 2001 in ...“, unter dessen TOP 5 „Neuwahl des Vorstandes“ die Wahl des Betroffenen S1 zum Stellvertretenden Vorsitzenden dokumentiert ist,
386(b) dem „Wahlvorschlag für die Vorstandswahl auf der 36. Ordentlichen Mitgliederversammlung der Konditionenvereinigung am 24. Mai 2003 in ..., Hotel … , Raum ...“ vom 14.05.2003, der die Wiederwahl des Betroffenen S1 umfasst, und
387(c) der Ablichtung des Protokolls „der 38. Ordentlichen Mitgliederversammlung der L5 e.V. am 4. Juni 2005 in ...“, welches unter TOP 5 „Neuwahl des Vorstandes“ die Wiederwahl des Betroffenen S1 dokumentiert,
388wobei jeweils dem Namen des Betroffenen der Hinweis „Hauptgeschäftsführer des C2 e.V., ...“ hinzugesetzt ist. An gleicher Stelle in den benannten Protokollen bzw. dem benannten Wahlvorschlag wird die Wahl weiterer Unternehmensrepräsentanten,
389wie beispielsweise in der Ablichtung des Protokolls „der 38. Ordentlichen Mitgliederversammlung der L5 e.V. am 4. Juni 2005 in ... (TOP 5 Absatz 3) des Betroffenen B1 sowie der „Herren … B10/L4 GmbH + Co. KG, H7/B6 GmbH & Co. KG Schokoladefabrik, I2/T2-Schokoladen GmbH & Co., I1/H1 GmbH & Co. KG, T16/C12 … GmbH + Co. KG, T17/J3 Vertriebs GmbH“
390dokumentiert bzw. vorgeschlagen. Zur Überzeugung des Senats folgt aus all dem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Betroffene S1 anders als alle anderen Kandidaten der Vorstandswahlen kein Unternehmensrepräsentant war, nur der Schluss, dass der Betroffene S1 gerade in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer und Repräsentant des Nebenbetroffenen C2 dem Vorstand der Konditionenvereinigung angehörte.
391Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Einführung des C2-Logos beim Nebenbetroffenen C2 und dessen Nutzung seit 1999 auch bei der Konditionenvereinigung folgen aus der eingeführten Ablichtung des Schreibens von S1 unter dem Briefkopf „C2 C2 e.V.“ – „Der Hauptgeschäftsführer“ an T18 vom 10. Oktober 2016, aus welchem sich die festgestellten Daten ausdrücklich ergeben:
392„Aus unseren Akten ist ersichtlich, dass das Präsidium des C2 im Dezember 1998 beschlossen hat, erstmals ein C2-Logo einzuführen. Dieses wurde in der Umsetzung ab 1999 auf allen Briefbögen des C2 einschließlich der Fachsparten, Landesgruppen etc. sowie auf seinen Publikationen aufgebracht. Gleichzeitig verwendete auch die L5 e.V. ab 1999 auf ihrem Briefbogen das C2-Logo.“
393Für den Zeitraum 2003 bis 2008 wird die Verwendung des C2-Logos (sechs vertikale Streifen mit einem sie durchlaufenden Haken und rechtsseitig anschließend die Blockbuchstaben C2) in Verbindung mit dem darunter gesetzten Vereinsnamen „L5 e.V.“ exemplarisch und zugleich aussagekräftig belegt durch die in die Hauptverhandlung eingeführten Einladungsschreiben des Betroffenen M2 zu den Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses seit dem 21. Januar 2003, namentlich den Einladungsschreiben
394vom 21.01.2003 zur Sitzung am 20.02.2003,
395vom 14.05.2003 zur Sitzung am 05.06.2003,
396vom 16.07.2003 zur Sitzung am 08.09.2003,
397vom 04.11.2003 zur Sitzung am 03.12.2003,
398vom 15.01.2004 zur Sitzung am 17.02.2004,
399vom 12.05.2004 zur Sitzung am 08.06.2004,
400vom 23.07.2004 zur Sitzung am 13./14.09.2004,
401vom 29.10.2004 zur Sitzung am 01.12.2004,
402vom 07.01.2005 zur Sitzung am 09.02.2005,
403vom 06.05.2005 zur Sitzung am 31.05.2005,
404vom 25.07.2005 zur Sitzung am 28.09.2005,
405vom 26.10.2005 zur Sitzung am 30.11.2005,
406vom 21.12.2005 zur Sitzung am 18.01.2006,
407vom 12.04.2006 zur Sitzung am 17.05.2006,
408vom 14.08.2006 zur Sitzung am 12.09.2006,
409vom 16.10.2006 zur Sitzung am 22.11.2006,
410vom 26.01.2007 zur Sitzung am 28.02.2007,
411vom 11.04.2007 zur Sitzung am 08.05.2007,
412vom 28.08.2007 zur Sitzung am 10.10.2007,
413vom 24.10.2007 zur Sitzung am 21.11.2007
414und vom 02.01.2008 zur Sitzung am 23.01.2008.
415d) Die Feststellungen zum Verkaufsleiterausschuss ergeben sich hinsichtlich seiner gedanklichen Zielsetzung und Zusammensetzung aus der eingeführten Seite 98 der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“.
416Der Umstand, dass die Zugehörigkeit zu diesem Gremium zwar unternehmensorientiert, aber persönlicher Natur war, steht vor allem aufgrund der Aussage des Zeugen H6 fest, die insoweit in der Aussage des Zeugen C4 und ferner in der als Ausdruck in die Hauptverhandlung eingeführten E-Mail von L6 vom 22. November 2004 (2:22 PM, „Subject: Gast im Verkaufsleiter-Ausschuss der Konditionenvereinigung“) sowie der Aufstellung „Zu- und Absagen Vorstands- und Verkaufsleiter-Sitzung der Konditionenvereinigung am 12.03.2002 (Stand: 07.03.2002)“ Bestätigung findet. Der Zeuge H6 hat glaubhaft bekundet, dass – anders als bei der Konditionenvereinigung, deren Mitglieder Unternehmen gewesen seien – im Verkaufsleiterausschuss die persönliche Mitgliedschaft gegolten habe; dementsprechend sei es üblich gewesen, dass Repräsentanten von zuvor noch nicht im Verkaufsleiterausschuss vertretenen Unternehmen ein- bis zweimal als Gast teilnahmen, bevor dann entschieden worden sei, ob man dauerhaft teilnehmen dürfe. Zu der Frage, wer diese Entscheidung traf, hat der Zeuge deutlich seine Erinnerungslücken, ob dies nun der Vorstand oder die Mitglieder des Gremiums gewesen seien, eingeräumt. Seine Bekundungen stehen jedoch im Einklang mit der Aussage des Zeugen C4, er habe bei seiner ersten Sitzungsteilnahme vom Zeugen H6 erfahren, dass er für nächste Sitzung nochmals eine Einladung erhalte und dann die Mitglieder entscheiden müssten, ob er weiter teilnehmen könne. Letzteres belegt wiederum die E-Mail von L6 vom 22. November 2004 an die Vorstandsmitglieder und Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss, in der es ausdrücklich heißt:
417„ … auf Empfehlung von Herrn S1 und nach Rücksprache mit unserem Vorsitzenden, Herrn H6, dürfen wir Ihnen mitteilen, dass anlässlich unserer nächsten gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 01.12.2004, Herr C4, Firma N4s, als Gast im Verkaufsleiter-Ausschuss teilnehmen wird.“
418Darüber hinaus bestätigt die ebenfalls eingeführte Aufstellung „Zu- und Absagen Vorstands- und Verkaufsleiter-Sitzung der Konditionenvereinigung am 12.03.2002 (Stand: 07.03.2002)“ eine Praxis von Gastteilnahmen im Verkaufsleiterausschuss schon im Jahr 2002, indem hierin neben den Zusagen bzw. Absagen von der Konditionenvereinigung zugeordneten oder unter „Verkaufsleiter“ aufgezählten Personen ausdrücklich auch Zu- und Absagen als „Gäste“ bezeichneter weiterer Repräsentanten etwa der Hersteller S7, A1, G1 und Q5 aufgelistet werden.
419Die Feststellung einer wiederholten Gastteilnahme vor Entscheidung über eine dauerhafte Teilnahme erlaubt zur Überzeugung des Senats vernünftigerweise nur die Schlussfolgerung auf einen Erprobungscharakter in der Zusammenarbeit, was wiederum allein mit der persönlichen Mitgliedschaft im Ausschuss zu erklären ist.
420Die Umstände, dass es Gastteilnahmen als Vorbedingung einer Willensbildung entweder des Vorstandes oder aller ständigen Teilnehmer des Verkaufsleiterausschusses über eine ständige Teilnahmeberechtigung in diesem Gremium gab und dem folgerichtig nur ein gewisser Erprobungszweck zugrunde liegen konnte, indizieren zur Überzeugung des Senats als Voraussetzung einer Teilnahme im Verkaufsleiterausschuss ferner, dass man in persönlicher Hinsicht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Gremium erwarten lassen musste. Dies hat gerade auch die Aussage des Zeugen H6 bestätigt, soweit dieser im Einklang mit der von ihm geschilderten Gastteilnahme ferner bekundet hat, Repräsentanten neu hinzutretender Unternehmen hätten sich zweimal als Gast „bewähren“ müssen, das Gremium habe mit demjenigen auskommen müsse, und es sei darum gegangen, Leute hereinzulassen, mit denen man kompetent habe zusammenarbeiten können. Darüber hinaus wird der hohe Stellenwert gegenseitigen Vertrauens im Verkaufsleiterausschuss durch den vom Zeugen H6 bekundeten Austausch eines im Gremium allgemein als nicht genügend vertrauenswürdig empfundenen Unternehmensrepräsentanten bestätigt. Hierzu hat der Zeuge H6 bekundet, dass die Teilnahme eines bestimmten Repräsentanten des Süßwarenherstellers M12 seinerzeit auf den Unwillen der übrigen Mitglieder gestoßen sei, weil man seine Äußerungen im Verkaufsleiterausschuss als gezielte Desinformation verstanden habe; aufgrund dessen habe er – der Zeuge - damals Herrn Bühlbecker von M12 unter Hinweis darauf, dass der fragliche Repräsentant im Gremium über keinen Rückhalt verfüge, um Entsendung eines anderen Repräsentanten gebeten. Des Weiteren hat der Zeuge H6 auf die Frage nach der Atmosphäre in den Sitzungen bekundet, dass – wie man an diesem Fall sehe – ein gewisser Konsens vorhanden gewesen sei.
421Dass indes die grundsätzliche Entscheidung über die Mitwirkung seines Repräsentanten im Verkaufsleiterausschuss dem Unternehmen vorbehalten blieb, hat der Zeuge H6 nicht nur in dieser Allgemeinheit plausibel bekundet, sondern darüber hinaus die Austauschbarkeit von Repräsentanten durch ihre Unternehmen mit dem von ihm geschilderten Vorfall betreffend M12 exemplarisch belegt.
422Der Umstand, dass die Teilnahme im Verkaufsleiterausschuss zumindest konzeptionell eine führende Position im Vertrieb des jeweils repräsentierten Unternehmens erforderte, ergibt sich schon offenkundig aus der Ausschussbezeichnung als ein aus Verkaufsleitern bestehendes Gremium. Diesen Umstand spiegelt auch die programmatische Beschreibung des Gremiums in C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, hier die als Auszug daraus in die Hauptverhandlung eingeführte Seite 98; hiernach besteht der Sinn des Ausschusses in einem ständigen Informationsaustausch nicht irgendwelcher Vertriebsmitarbeiter, sondern „von nationalen Verkaufsleitern aus dem Kreis der Mitgliedsfirmen“. Ferner hat der Zeuge H6 bekundet, dass die Arbeit des Ausschusses nicht effektiv gewesen wäre, wenn die Teilnehmer nicht mindestens Verkaufsleiter gewesen wären, was man allerdings nicht überprüft habe.
423Dass es keine getrennten, sondern stets nur „Gemeinsame“ Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses gegeben hat, steht schon aufgrund der Aussage des Zeugen H6 fest. Dieser hat in schlüssigem Zusammenhang mit seiner Wahrnehmungsmöglichkeit als von 1989 bis jedenfalls 2008 amtierender Vorstandsvorsitzender der Konditionenvereinigung und inhaltlich in sich folgerichtig bekundet, dass es in der Konditionenvereinigung außer den Mitgliederversammlungen im Prinzip nichts anderes als den Verkaufsleiterausschuss gegeben habe und Vorstand und Ausschuss stets zusammen einberufen worden seien und dabei die Vorstandsmitglieder in der Regel zugleich auch Repräsentanten ihrer Unternehmen im Verkaufsleiterausschuss gewesen seien. Damit ergibt sich aus dieser Aussage mit der bekundeten teilweisen Identität von Vorstandsmitgliedern und Unternehmensrepräsentation im Verkaufsleiterausschuss zugleich ein plausibler Grund für die terminliche und sachliche Zusammenfassung von Vorstand und Ausschuss. Die stetige Zusammenfassung der Sitzungstätigkeit von Vorstand und Verkaufsleiterausschuss wird darüber hinaus beispielhaft durch die im Zusammenhang mit der Verwendung des C2-Logos durch die Konditionenvereinigung bereits in die Würdigung einbezogenen Einladungsschreiben des Zeitraums 21. Januar 2003 bis Januar 2008 belegt: Diese Einladungsschreiben decken die Sitzungstätigkeit des Verkaufsleiterausschusses während dieses Zeitraums vollständig ab und laden sämtlich zu einer „Gemeinsamen Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses“ ein. Aus den in diesen Einladungsschreiben ersichtlichen Sitzungsdaten folgt zudem, dass die Gemeinsamen Sitzungen – wie darüber hinaus insbesondere auch die Zeugen H7 und H6 übereinstimmend bekundet haben - regelmäßig viermal jährlich stattfanden.
424Die Feststellungen, durch wen die Nebenbetroffenen dieses Verfahrens mit welchen einzelnen Teilnahmezeiträumen während des Gesamtzeitraums von März 2002 bis einschließlich Januar 2008 im Verkaufsleiterausschuss repräsentiert waren, ferner welche anderen Süßwarenhersteller während dieses Gesamtzeitraums ebenfalls dauernd oder nur zeitweilig durch welche Repräsentanten im Verkaufsleiterausschuss vertreten waren, ergeben sich im Wesentlichen aus folgenden Schriftstücken:
425(a) Aufstellung „Zu- und Absagen Vorstands- und Verkaufsleiter-Sitzung der Konditionenvereinigung am 12.03.2002 (Stand: 07.03.2002)“, mit namentlichen Aufstellungen der der „Konditionenvereinigung“ zugeordneten Vorstandsmitglieder, den weiteren unter „Verkaufsleiter“ erfassten Ausschussmitgliedern und Gästen,
426(b) Ausdrucke von E-Mails von L6
427vom 26.09.2002, 10:01, mit dem „Betreff: Herbsttagung am 8./9. Oktober 2002 in ...-...“,
428vom 10. Februar 2003, 10:31, mit dem „Betreff: Tagesordnung und Marktdaten für die nächste Sitzung am 20.02.2003“,
429vom 22. November 2004, 2:22 PM, mit dem „Subject: Gast im Verkaufsleiter-Ausschuss der Konditionenvereinigung“,
4302. Februar 2005, 2:11 PM, mit dem „Subject: Nächste nächste Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 09.02.2005 in ...“,
43122. September 2005, 12:46 PM, mit dem „Subject: Nächste Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses anlässlich der Herbsttagung am 28.09.2005 in ...-...“ ,
432vom 26.10.2005, 10:11 AM, mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 30.11.2005 in ...“,
433vom 21.12.2005, 3:05 PM, mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 18.01.2006 in ...“,
434vom 12.04.2006, 3:28 PM, mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 17. Mai 2006 in ...“,
435vom 4. September 2006 (12:42 PM) mit dem „Subject: Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses anlässlich unserer diesjährigen Herbsttagung am 12.09.2006 in ...“
436und
437vom 10.11.2006, 9:50 AM, mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 22.11.2006 in ...“,
438aus deren jeweiligen Verteiler (Liste der Namen und E-Mail-Adressen von Empfängern) im Kopf der E-Mail (Header) sich der jeweils aktuelle Teilnehmerkreis der Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses ergibt,
439(c) Anwesenheitslisten „Sitzung: Vorstand und Verkaufsleiter-Ausschuss der Konditionenvereinigung“ am
4405. Juni 2003, 8. September 2003, 3. Dezember 2003,
44117. Februar 2004, 8. Juni 2004, 13. September 2004, 1. Dezember 2004,
4429. Februar 2005, 31. Mai 2005, 28. September 2005, 30. November 2005,
44318. Januar 2006, 17. Mai 2006, 12. September 2006, 22. November 2006,
44428. Februar 2007, 8. Mai 2007, 10. Oktober 2007, 21. November 2007
445und 23. Januar 2008,
446(d) Ablichtung der Aufstellung
447„Verkaufsleiterausschuss der Konditionenvereinigung Stand: 17.02.2004“
448und ferner als Ablichtung eingeführten Aufstellungen
449„Mitglieder des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung Stand: 01.12.2004“,
450„Mitglieder des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung Stand: September 2006“, beginnend mit „H1 GmbH & Co. KG, ...“,
451Mitglieder des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung Stand: September 2006“, beginnend mit „The C1 M11 GmbH & Co. KG Germany, ...“,
452„Mitglieder des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung einschließlich Gäste Stand: Februar 2007“,
453„Vorstand der Konditionenvereinigung Stand: 05.09.2003“,
454„Vorstand der Konditionenvereinigung Stand: 17.02.2004“,
455„Mitglieder des Vorstandes der Konditionenvereinigung Stand: 01.12.2004“ beginnend mit „B2 KG“,
456„Mitglieder des Vorstandes der Konditionen-vereinigung Stand: 01.12.2004“ beginnend mit „C2 e.V., ...“,
457Mitglieder des Vorstandes der Konditionen-vereinigung Stand: September 2006“,
458die jeweils eine zeitaktuelle Auflistung der Repräsentanten und der repräsentierten Unternehmen umfassen.
459Die festgestellten Unternehmensangaben zur Geschäftstätigkeit und zum Marken- sowie Produktportfolio der weiteren im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Süßwarenhersteller und der Position deren Repräsentanten im jeweiligen Unternehmen beruhen hinsichtlich des Herstellers
460(a) B6 und dem Zeugen H7 als dessen Repräsentanten auf
461dem in die Hauptverhandlung eingeführten Handelsregisterauszug zur B6 GmbH & Co. KG, ..., (Amtsgericht ... - HRA …), Aktueller Auszug vom 23.1.2008,
462den eingeführten und im Einzelnen aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen Handelsregisterauszügen zur B6 Verwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, Amtsgericht ... - HRB …,
463und dem eingeführten "I15 Vollprofil" zur B6 GmbH & Co. KG, ...,
464(b) A1 auf dem Handelsregisterauszug zur A1 GmbH & Co. KG, ... (Amtsgericht ... - HRA …), und dem "I15 Vollprofil" zur A1 GmbH & Co. KG, ...,
465(c) Q6 und dessen Repräsentanten (Vertriebs-Geschäftsführer) T7 auf
466den in die Hauptverhandlung eingeführten und im Einzelnen aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen Handelsregisterauszügen zur Q6 GmbH & Co. KG, ...; (Amtsgericht Bamberg – HRA…),
467dem „I15 Vollprofil" zur Q6 GmbH & Co. KG, ..., sowie
468dem Ausdruck aus Datenbank www.I15-grossunternehmen.de vom 4.9.2009 zur Q6 GmbH & Co. KG, ...,
469(d) T2 und dessen Repräsentanten (Geschäftsführer) I2 auf
470den in die Hauptverhandlung eingeführten und im Einzelnen aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen Handelsregisterauszügen zur T2 GmbH & Co. KG, ...; (Amtsgericht ... - HRA …) und zur T2 … Beteiligungs GmbH, ... (Amtsgericht ... - HRB …),
471dem "N15-Unternehmensbericht" zur T2 GmbH & Co. KG, ...,
472(e) L4 auf dem eingeführten Handelsregisterauszug zur L4 GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, ... am Rhein (Amtsgericht ... - HRA …), Chronologischer Handelsregisterauszug vom 14.08.2012, und dem ebenfalls eingeführten „I15 Vollprofil" zur L4 GmbH & Co. Kommanditgesell-schaft, ... am Rhein,
473(f) S7 auf dem eingeführten Online-Artikel „...: Süßwarenhersteller S7 (S10) vor dem Ende“ vom 11.05.2006, Ausdruck vom 27.07.2016,
474(g) T11 auf dem eingeführten Online-Artikeln „D9 will T11“ vom 23.03.2007, Ausdruck vom 27.07.2016,
475(h) J3 auf „J3 Vertriebs GmbH“, Online-Auskunft von onlinestreet.de
476(Ausdruck vom 27.07.2016) und der Webseite „Unsere Marken“ unter der Webpräsens der J3 GmbH & Co. KG, ... (Ausdruck vom 27.07.2016) und
477(i) N3 auf
478den in die Hauptverhandlung eingeführten und im Einzelnen aus der Sitzungsniederschrift ersichtlichen Handelsregisterauszügen zur N3 GmbH, .../Aller (Amtsgericht ... - HRB …) und
479dem ebenfalls eingeführten „I15 Vollprofil" zur N3 GmbH, ... (Aller).
480B. Beweiswürdigung zum Tatgeschehen
481Das festgestellte Tatgeschehen ergibt sich in der zu ihm führenden Entwicklung [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 1.], der den Kern des Vorwurfs bildenden Grundübereinkunft [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2.] und deren Beibehaltung sowie Umsetzung [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3.] zur Überzeugung des Senats aufgrund einer Gesamtwürdigung aller relevanten Feststellungen zum gesamten Geschehen im Verkaufsleiterausschuss während des Zeitraums zwischen März 2002 und Anfang Februar 2008.
4821. Aufgrund dieser Gesamtwürdigung ist der Senat im Hinblick auf die festgestellte Vorgeschichte und Entstehung der Grundübereinkunft zusammengefasst von Folgendem überzeugt:
483Vor dem Hintergrund einerseits eines als zunehmend dominierend erlebten Lebensmitteleinzelhandels und andererseits des nach jedenfalls dem Millennium mehr oder weniger steigenden Rohstoffkostendrucks nahm die Entwicklung der Gremiumsarbeit im Verkaufsleiterausschuss seit einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt, zumindest aber seit Anfang 2002 eine im Gegenstand und Zweck des Informationsflusses völlig andere Richtung als die kollektive Verbandstätigkeit der Konditionenvereinigung, was letztlich in einen nicht mehr der Willensbildung im Verband, sondern in erster Linie der gegenseitigen Information unter den im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Unternehmen dienenden Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen mit der Folge mündete, dass zwischen den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss spätestens zur Sitzung am 5. Juni 2003 die zumindest stillschweigend geschlossene Willensübereinkunft zu einer künftig stehenden Praxis eines solchen Informationsaustauschs bestand.
484a) Die Feststellungen dazu, wie die Konditionenvereinigung als Verband im Verhältnis sowohl nach außen als auch gerade gegenüber ihren Mitgliedsunternehmen tätig wurde, insbesondere wie sich im Grundsatz der Zweck, die Richtung und der Umfang eines Informationsflusses zwischen dem Verband und seinen Mitgliedsunternehmen gestaltete [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 1. a)], erschließt sich aus folgendem:
485aa) Der Umstand, dass die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung von jedenfalls 1986 bis mindestens 2002 den Mitgliedsfirmen regelmäßig unaufgefordert die gerade eine Kernregelung des legitimierten Kartells betreffende Berechnung der Valutafristen für das Saisongeschäft zur Verfügung stellte, ergibt sich exemplarisch aus
486(a) den – als Ablichtungen in die Hauptverhandlung eingeführten – jeweils ausdrücklich an „alle Mitgliedsfirmen“ adressierten Schreiben der im Verlauf der Zeit wechselnden Geschäftsführer der Konditionenvereinigung mit entsprechenden Berechnungen, namentlich
487 dem Schreiben des damaligen Geschäftsführers E3s vom 13. November 1986 mit den Angaben „1. Merkblatt für Valutafristen Weihnachten 1987 und Ostern 1988 …“ in der Betreffzeile, welches zudem laut seiner Adresszeile „Den Herren des Vorstandes und den Mitgliedern des Verkaufsleiter-Ausschusses zur Kenntnisnahme“ zugeleitet werden sollte,
488 dem Schreiben des damaligen Geschäftsführers E3s vom 2. November 1987 mit den Angaben „2. Merkblatt für Valutafristen Weihnachten 1988 und Ostern 1989“ in der Betreffzeile, welches zudem laut seiner Adresszeile „Den Herren des Vorstandes und den Mitgliedern des Verkaufsleiter-Ausschusses zur Kenntnisnahme“ zugeleitet werden sollte,
489 dem Schreiben des damaligen Geschäftsführers T6 vom 15. Dezember 1989 mit den Angaben „1. Merkblatt für Valutafristen Weihnachten 1990 und Ostern 1991“ in der Betreffzeile, welches zudem laut seiner Adresszeile „Den Herren des Vorstandes und den Mitgliedern des Verkaufsleiter-Ausschusses zur Kenntnisnahme“ zugeleitet werden sollte,
490 dem Schreiben der Konditionenvereinigung vom 18. Oktober 1995 mit Anlage „Merkblatt Valuta-Fristen Weihnachten 1996 und Ostern 1997“,
491 dem Schreiben des damaligen Geschäftsführers T6 vom 3. November 1997 mit Anlage „Merkblatt Valutafristen Weihnachten 1998 und Ostern 1999“,
492 dem Schreiben des damaligen Geschäftsführers T6 vom 15. Oktober 1999 mit Anlage „Merkblatt Valutafristen Weihnachten 2000 und Ostern 2001“,
493 dem Schreiben der Konditionenvereinigung vom 23. November 2000 mit Anlage „Merkblatt Valutafristen Ostern 2001, Weihnachten 2001 und Ostern 2002“ ,
494 dem Schreiben der Konditionenvereinigung vom 2. Oktober 2001 mit Anlage „Merkblatt Valutafristen Ostern 2002, Weihnachten 2002 und Ostern 2003“ und
495 dem Schreiben des Geschäftsführers M2 vom 9. Oktober 2002 mit der Betreffzeile „Merkblatt Valutafristen Ostern 2003, Weihnachten 2003 und Ostern 2004“ nebst der in der Betreffzeile angesprochenen Anlage,
496sowie
497(b) den in Ablichtung in die Hauptverhandlung eingeführten Merkblättern „Valutafristen Ostern 2002, Weihnachten 2002 und Ostern 2003“ und „Valutafristen Ostern 2005, Weihnachten 2005 und Ostern 2006“.
498bb) Der Umstand, dass die Konditionenvereinigung aber auch eine Interessenvertretung ihrer Mitgliedsunternehmen speziell gegenüber Konditionenforderungen des Handels wahrnahm, ergibt sich aus Folgendem:
499(1) Dass die Interessenvertretung und Beratung ihrer Mitgliedsunternehmen hinsichtlich der Zentralabkommen/Rahmenverträgen, mit denen die verschiedenen Handelsorganisationen ihre Einkaufsbedingungen festschreiben wollten, per se zu den Schwerpunkten der Verbandstätigkeit in der Konditionenvereinigung zählte, ergibt sich so bereits aus dem eingeführten Auszug der Seite 98 der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“.
500Dass die Verbandstätigkeit entsprechend ausgeübt wurde, insbesondere
501in Gestalt von Unterrichtungen und Befragungen der Mitgliedsunternehmen über das Verhalten und vor allem über auffällige Konditionsforderungen bestimmter Handelsunternehmen
502sowie in Gestalt einer Unterrichtung der Mitgliedsunternehmen über den Stand diesbezüglicher Maßnahmen des Vorstandes bzw. einzelner seiner Mitglieder und der Geschäftsführung
503und nicht zuletzt in Gestalt von Empfehlungen an die Mitgliedsunternehmen
504belegen die ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten (sog.) Eilberichte und Informationsschreiben der Konditionsvereinigung jeweils an „alle Mitglieder“, und zwar
505(a) der mit „Die Geschäftsführung“ und „Ass. I7“ gezeichnete „Eilbericht Nr. 2/82“ vom 31. März 1982 nebst Anlage „Fragebogen“, mit dem die von den Feststellungen umfasste Mitgliederbefragung zum Zahlungsverhalten des Handels zu dem hiernach namentlich erklärten Zweck durchgeführt wurde, nicht im Einklang mit den (eingetragenen) Kartellvereinbarungen stehende Verhaltensweisen der Handelspartner ermitteln und einen entsprechenden Handlungsbedarf der „Kartellspitze“ – worunter unter Berücksichtigung der in den weiteren Eilberichten Nr. 3/83, 4/83 und 1/884 benannten Kontaktaufnahmen von Vorstandsmitgliedern und/oder Geschäftsführung mit Handelsunternehmen verständiger Weise nur der Vorstand und die Geschäftsführung gemeint gewesen sein kann – zu Gesprächen mit den betreffenden Handelspartnern klären zu wollen,
506(b) der mit „Die Geschäftsführung“ und „Ass. I7“ gezeichnete „Eilbericht Nr. 4/82“ vom 29. Juni 1982,
507(c) der mit „E5 (Vorsitzender) “ gezeichnete „Eilbericht Nr. 3/83“ vom 22. März 1983,
508(d) der mit „Die Geschäftsführung“ und „Ass. I7“ gezeichnete „Eilbericht Nr. 4/83“ vom 13. April 1983 nebst Anlage Schreiben des L5 e.V. an die G5 GmbH & Co. vom 12. April 1983,
509(e) der mit „Die Geschäftsführung“ und „E3“ gezeichnete „Eilbericht Nr. 1/84“ vom 8. Februar 1984 mit Anlage Schreiben der L5 e.V. an die Firma H11 vom 20. Januar 1984,
510(f) der mit „Die Geschäftsführung“ und „E3“ gezeichnete „Eilbericht Nr. 3/84“ vom 15. November 1984,
511(g) der mit „Die Geschäftsführung“ und „E3“ gezeichnete „Eilbericht Nr. 1/85“ vom 7. März 1985, welcher die von den Feststellungen umfasste Befragung der Mitgliederfirmen nach einer Betroffenheit von Konditionsänderungsbemühungen der „Cofact“, die dem Verband „von Mitgliedsfirmen“ berichtet worden seien, enthält,
512und die – bereits im Zusammenhang mit den Valutafrist-Berechnungen angeführten – Schreiben der Geschäftsführer
513(h) E3 vom 13. November 1986 mit der Betreffzeile „1. Merkblatt für Valutafristen Weihnachten 1987 und Ostern 1988 2. S2: Neufassung der S2 Vereinbarungen …“,
514(i) E3 vom 2. November 1987 mit der Betreffzeile „1. Neuester Stand Rahmenverträge N6-AG 2. Merkblatt für Valutafristen Weihnachten 1988 und Ostern 1989“ sowie
515(j) T6 vom 15. Dezember 1989 mit der Betreffzeile „1. Merkblatt für Valutafristen Weihnachten 1990 und Ostern 1991 2. Neue M10-Initiative i.S. Zentralvergütung …“, welches – wie festgestellt - über das Betroffensein zumindest einer Mitgliedsfirma von dem Ansinnen M10s nach Erhöhung der Zentralvergütung berichtet und eine Befragung aller Mitgliedsunternehmen nach einer gleichen Betroffenheit einleitet.
516(2) Aus dieser festgestellten Art und Weise einer Verbandsaufgaben und -tätigkeit ergeben sich zur Überzeugung des Senats insbesondere folgende - von den Feststellungen umfassten [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 1. a)] - einzig vernünftigen Schlussfolgerungen:
517Zwar beschränkten sich die aus diesen Schriftstücken ersichtlichen Verbandsaktivitäten nicht auf den – ebenfalls festgestellten - Gegenstand des eingetragenen Kartells, wie dieser sich im ursprünglichen Regelungsinhalt des Konditionenkartells aus 1970 einschließlich dessen Ergänzungen bis 1982 – wie bereits ausgeführt – unter Würdigung vor allem der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“ (Seiten 97 bis 98) und den Bekanntmachungen über die Anmeldung, Eintragung und Änderung eines Konditionenkartells der Süßwarenindustrie Nr. 49/69, Nr. 71/69 Nr. 64/72, Nr. 44/82, Nr. 105/82 und Nr. 27/71 erschließt.
518Die Verbandstätigkeit war dabei aber im Informationsfluss hinsichtlich der Geschäftsdaten der Mitgliedsunternehmen gegenüber anderen Mitgliedsunternehmen immer anonymisiert und in erster Linie auf die Verbandsspitze (Vorstand und Geschäftsführung der Konditionenvereinigung) ausgerichtet. Die Konditionenvereinigung handelte jedenfalls damals nicht durch ihre Mitgliedsunternehmen oder deren Repräsentanten, sondern durch ihre eigenen Organe und die Geschäftsführung als Verband; die hierzu erforderliche Willensbildung im Verband gerade in Hinsicht auf Konditionsforderungen des Handels erfolgte grundsätzlich im Wege einer Kommunikation über die Verbandsorgane und -geschäftsführung ohne Offenlegung, welches Mitgliedsunternehmen welche Informationen hierzu beigesteuert hat, und mit dem Zweck, nicht unmittelbar den Handlungsrahmen der Mitgliedsunternehmen, sondern einen Handlungsbedarf des Verbandes durch seine Organe und Geschäftsleitung aufzuklären und zu bestimmen.
519(3) Im Zusammenhang mit der Interessenvertretung für ihre Mitgliedsfirmen bestand in der Konditionenvereinigung der Verkaufsleiterausschuss als ein zur Informationsgewinnung für den Verband konzipiertes Verbandsgremium. Dies erschließt sich schon selbstredend aus der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“, insoweit der als Auszug hieraus in die Hauptverhandlung eingeführten Seite 98, auf der ausgeführt wird:
520„Für ihre aktive Arbeit bezieht die Konditionenvereinigung ihre entscheidenden Impulse aus einem ständigen Informationsaustausch von nationalen Verkaufsleitern aus dem Kreis der Mitgliedsfirmen.“(Unterstreichung durch den Senat).
521Dass abweichend von der sonst üblichen – mittelbaren und anonymisierten – Informationsstruktur des Verbandes der Informationsaustausch zwischen Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss gerade aufgrund seiner Unmittelbarkeit für die dort repräsentierten Unternehmen von vornherein die Möglichkeit zu einem im Umfang und Detaillierungsgrad weitergehenden Informationsgehalt bot, ihnen insbesondere nähere Kenntnis über Ob und Grad eines individuellen Betroffenseins anderer Hersteller von bestimmten Konditionsforderungen des Handels sowie über den Umgang der betroffenen Unternehmen damit und ferner über konkrete Inhalte paralleler Konditionsverhandlungen vermitteln konnte, liegt zur Überzeugung des Senats nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf der Hand.
522Das im Zusammenhang damit festgestellte Vertrauensverhältnis zwischen den Teilnehmern im Verkaufsleiterausschuss, das sich sowohl auf die grundsätzliche Validität von Informationskundgaben als auch auf den vertraulichen Umgang mit erlangten Informationen bezog, ergibt sich vor allem aus den bereits gewürdigten Bekundungen des Zeugen H6 [Gründe zu II. Gliederungspunkt A. 3. d)] zur Handhabung und zum Sinn von Gastteilnahmen sowie insbesondere zu dem Austausch eines Unternehmensrepräsentanten, dessen Mitwirkung von den übrigen seinerzeitigen Ausschussteilnehmern als bewusste Desinformation erachtet wurde.
523b) Insbesondere mit den – seit einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt – aufkommenden und jedenfalls zwischen Anfang 2002 und Februar 2008 beständig wiederkehrenden Gesprächen über den Stand der Jahresgespräche und über Verhandlungen je nach Tagesaktualität verschiedener Sonderforderungen des Handels, vor allem aber mit den hierzu im Allgemeinen ausgetauschten vertraulichen Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen, verfolgte der Informationsaustausch im Verkaufsleiterausschuss zumindest insoweit einen sich von der Informationsgewinnung für den Verband völlig unterscheidenden Zweck. Denn insoweit ging es nunmehr um die gegenseitige Information unter den jeweiligen Sitzungsteilnehmern, um bestehende Unsicherheiten zum branchenweiten Betroffenheitsgrad, zum wesentlichen Gegenstand und zur Lage paralleler Konditionsverhandlungen mit denselben Handelspartnern sowie darin eventuell sich ergebender Verhandlungsspielräume zu beseitigen und den repräsentierten Herstellern mittels dieses Wissensvorsprungs gegenüber den Handelspartnern die Positionierung und verhandlungsstrategische Ausrichtung in Konditionsverhandlungen zu erleichtern. Von den dies im Einzelnen ausführenden Feststellungen ist der Senat überzeugt:
524aa) Gegenstand dieses Informationsaustauschs im Verkaufsleiterausschuss waren dabei zwischen jedenfalls März 2002 und Februar 2008 wiederkehrend der Stand der Jahresgespräche und die Verhandlung je nach Tagesaktualität verschiedener Sonderforderungen des Handels, aber gelegentlich auch die Unterhandlung bereits angekündigter oder beabsichtigter Preiserhöhungen. Die entsprechenden Feststellungen zum Informationsaustausch zwischen den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss, insbesondere zu dessen Gegenstand und Umfang sowie Hintergründen und zu den mit teils unterschiedlichen Beteiligungszeiträumen an ihm beteiligten Unternehmensrepräsentanten im Zeitraum von März 2002 bis Februar 2008 ergeben sich aus Folgendem:
525(1) Die Umstände, dass der Stand der Jahresgespräche wie auch verschiedene nach Tagesaktualität wechselnde Sonderforderungen des Lebensmitteleinzelhandels zwischen März 2002 und Februar 2008 Gesprächsthemen im Verkaufsleiterausschuss waren, ergibt sich aus den jeweils in die Hauptverhandlung eingeführten Tagesordnungen für die Gemeinsame Sitzung des Vorstands und des Verkaufsleiterausschusses am
52612. März 2002, 4. Juni 2002 und 8. Oktober 2002,
52720. Februar 2003, 5. Juni 2003, 8. September 2003 und 3. Dezember 2003,
52817. Februar 2004, 8. Juni 2004, 13. September 2004 und 1. Dezember 2004,
5299. Februar 2005, 31. Mai 2005, 28. September 2005 und 30. November 2005,
53018. Januar 2006, 17. Mai 2006, 12. September 2006 und 22. November 2006,
53128. Februar 2007, 8. Mai 2007, 10. Oktober 2007 und 21. November 2007
532sowie 23. Januar 2008.
533Diese Tagesordnungen umfassen – wie in den Feststellungen im Einzelnen zugeordnet – zum einen wiederkehrend das Thema Stand der Jahresgespräche und zum anderen nahezu immer wieder verschiedene, jeweils erkennbar gekennzeichnete Sonderforderungen konkret bezeichneter Handelsunternehmen.
534Dabei geben die Tagesordnungen eine Thematisierung der Jahresgespräche zunächst vorwiegend in den Herbst- und Wintersitzungen
535[8. Oktober 2002 (TOP 5.), 20. Februar 2003 (TOP 2.), 3. Dezember 2003 (TOP 8.), 17. Februar 2004 (TOP 8.), 1. Dezember 2004 (TOP 4.), 9. Februar 2005 (TOP 7.), 30. November 2005 (TOP 2. zweiter Spiegelstrich und TOP 7.), 18. Januar 2006 (TOP 4.) und 22. November 2006 (TOP 2., 6. und 7.)],
536zwischendurch aber auch in der Sitzung am17. Mai 2006 (TOP 4.) und nach November 2006 durchgängig
537[28. Februar 2007 (TOP 5.), 8. Mai 2007 (TOP 7.), 10. Oktober 2007 (TOP 6.), 21. November 2007 (TOP 4.) und 23. Januar 2008 (TOP 5.)]
538wieder.
539Die festgestellten Gegenstände der in den Tagesordnungen nur schlagwortartig gekennzeichneten Sonderforderungen des Handels [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. a)] ergeben sich aus den sie erläuternden Bekundungen der Zeugen H7, H6, F3 und K1 sowie aus dem jeweiligen Sachzusammenhang. Im Einzelnen:
540 Der in der Tagesordnung für den 12. März 2002 unter TOP 6. „Verschiedenes“ angeführte Punkt „regionale WKZ-Forderungen S2“ erklärt sich unter Berücksichtigung dessen, dass die Abkürzung „WKZ“, wie im allgemeinen sowie den Mitgliedern des regelmäßig mit wettbewerblichen Verfahren befassten Kartellsenats auch geläufigen Sprachgebrauch des Wirtschaftslebens gebräuchlich und vom Zeugen H6 in einem allgemeinen Zusammenhang plausibel bekundet, für „Werbekostenzuschuss“ steht.
541 Gleiches gilt hinsichtlich der für die Sitzung am 8. Oktober 2002 (Stand 25.09.2002) unter ihrem TOP 4. „Forderung B11 für Jubiläum 110 Jahre mit 0,5 % WKZ“. Im Übrigen sind die Bezeichnungen dieser Forderung wie auch des in der Tagesordnung für den 4. Juni 2002 unter TOP 1. vorgesehenen Themas „Zusätzliche Konditionsforderung T13“, der in der Tagesordnung für den 5. Juni 2003 vorgesehenen Themen „Forderung S2: 30 Jahre Q1 / Minimal Jubiläum“ und „Forderung F1 ...: Zentrallager 10-jähriges Jubiläum“ sowie schließlich des in der Tagesordnung für den 13. September 2004 vorgesehenen Themas „T13 30 Jahre – Jubiläumsgeld“ jeweils sich selbst erklärend.
542 Den in den Sitzungen am 28. September 2005, 30. November 2005 und 18. Januar 2006 unter verschiedener Bezeichnung gekennzeichneten Fusionsrabatt F1/T4 hat insbesondere der Zeuge H7 so, wie festgestellt, plausibel erläutert.
543 Gleiches gilt hinsichtlich des für die Sitzungen am 30. November 2005, 12. September 2006, 22. November 2006 und 28. Februar 2007 festgestellten Fusionsrabatt X1/N2, dessen Gegenstand und Hintergrund wiederum der Zeuge H7 und im Kern damit übereinstimmend auch der Zeuge K1 bekundet haben, beide zudem im Sinn übereinstimmend mit der bildhaften Erläuterung, dass es sich – so der Zeuge H7 - um „Rosinenpickerei“ der N2 bzw. – so der Zeuge K1 – um ein „Rosinen picken“ gehandelt habe.
544 Den festgestellten Gegenstand und Hintergrund der unter der Bezeichnung „S2 `C10´“ vor allem in den Sitzungen am 12. September 2006 und 22. November 2006 thematisierten Sonderforderung hat der Zeuge K1 glaubhaft und anschaulich bekundet.
545 Was das Handelsunternehmen F1 mit der Sonderforderung des „F1 100 Jahre“-Jubiläumsrabatt – laut Tagesordnungen thematisiert in den Sitzungen vom 12. September 2006, 22. November 2006, 28. Februar 2007 sowie 8. Mai 2007 - im Allgemeinen von den Lieferanten verlangt hat, hat ebenfalls der Zeuge K1 plausibel bekundet.
546 Der Umstand, dass die als Thema der Sitzung vom 9. Februar 2005 anstehende Sonderforderung „75 Jahre L1“ die Einmalzahlung eines bestimmten Eurobetrages zum Gegenstand hatte, ergibt sich aus den diesbezüglichen Bekundungen des Zeugen H7.
547 Dass unter dem auf der Tagesordnung für den 17. Mai 2006 stehenden TOP 2. „E1 / S2 Abgleich“ ein Konditionenabgleich wie festgestellt zu verstehen ist, hat der Zeuge K1 überzeugend bekundet.
548 Hinsichtlich des auf der Tagesordnung für die Sitzung am 12. September 2006 stehenden Tagesordnungspunkts „F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ“ steht die Abkürzung „VKFZ“ nach den übereinstimmenden Bekundungen der Zeugen K1 und F3 für „Verkaufsförderungszuschuss“; im Übrigen hat insbesondere der Zeuge K1 die festgestellten Umstände hierzu bekundet.
549 Aus der Aussage des Zeugen K1 ergibt sich ferner glaubhaft jeweils die Erläuterung der in der Sitzung vom 12 September 2006 anstehenden Forderung der N6 nach Erhöhung einer Bürgschaftsgebühr und
550 des Hintergrundes des Themas „Q8-Discount 2010“; für die Richtigkeit seiner Bekundungen spricht ihr nachvollziehbarer Zusammenhang mit seiner in anderem Zusammenhang seiner Aussage bekundeten damaligen Zuständigkeit für N6 als Group Account Manager der Nebenbetroffenen C1.
551 Den festgestellten Hintergrund zu der in der Sitzung am 8. Mai 2007 thematisierten S2-Forderungen „bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern“ hat der Zeuge H7 im Einklang mit den sich aus dieser Forderungsbeschreibung unter TOP. 2 dritter Gliederungspunkt schlüssig so erläutert.
552 Die Feststellungen zu Gegenstand und Hintergrund jeweils der Übernahmeforderung T13/IhrPlatz (Hochzeitsbonus) und
553 „F1-N1-Integration Forderungen F1-Regionen“ – beide auf der Tagesordnung für den 23. Januar 2008 – beruhen auf den in Ablichtung in die Hauptverhandlung eingeführten (handschriftlichen) Notizen des Zeugen N8 auf einem Ausdruck der Tagesordnung zur Sitzung 23. Januar 2008, die der Zeuge nach seiner insoweit glaubhaften Bekundungen in der fraglichen Sitzung angefertigt hat, und auf dem ebenfalls als Ablichtung in die Hauptverhandlung eingeführten, maschinenschriftlich verfassten „Gedächtnisprotokoll, soweit noch nachvollziehbar: C2 Sitzung 23.1.2008“ mit der maschinenschriftlichen Abschlusszeile „7.12.2009 M. N8“, hinsichtlich dessen der Zeuge N8 in der Hauptverhandlung glaubhaft seine Autorenschaft bestätigt und in sich schlüssig die Umstände des Zustandekommens dieses Gedächtnisprotokolls bekundet hat; der Senat ist in Anbetracht dessen davon überzeugt, dass die unter dem „7.12.2009“ vom Zeugen festgehaltene Darstellung der in Rede stehenden F1- und T13forderungen seinen damaligen Erinnerungsstand zutreffend wiedergeben.
554(2) Wie in den Feststellungen ausgeführt, kamen die Tagesordnungen des Zeitraums Anfang 2002 bis Februar 2008 speziell auch mit den Themen Stand der Jahresgespräche und Verhandlungen über Sonderforderungen auf ausschließlicher Initiative nicht der Verbandsspitze, sondern der Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss auf die Tagesordnung. Dies ergibt sich unzweifelhaft unter Würdigung (a) zum einen der Einladungsschreiben zu den Sitzungen dieses Zeitraums, mit denen die eingeladenen Teilnehmer stets zur Anmeldung von Themenvorschlägen für die Tagesordnung gebeten wurden, und (b) zum anderen der festgestellten Themenmeldungen von Teilnehmern hierauf, die wiederholt den Stand der Jahresgespräche und verschiedene Sonderforderungen umfassten, ferner (c) der regelmäßig nahezu wortwörtlichen Übernahme dieser Themenmeldungen in die jeweilige Tagesordnung sowie nicht zuletzt (d) der verschiedenen Standardanschreiben der Geschäftsführung an die Teilnehmer, in denen die damit zugleich übersandte Tagesordnung immer wieder nur als aus den Vorschlägen der Teilnehmer zusammengestellt erläutert wurde. Im Einzelnen:
555(2.1) Dass der Betroffene M2 als für die organisatorische Vorbereitung der Sitzungen zuständiger Geschäftsführer der Konditionenvereinigung den jeweils aktuellen Mitglieder- und Gastteilnehmer-Kreis im Vorfeld der Sitzung standardmäßig zur Einreichung von Themenvorschlägen für die Tagesordnung aufforderte, steht aufgrund der in die Hauptverhandlung eingeführten, jeweils in der Zeichnungszeile maschinenschriftlich „RA M2“ oder „gez. RA M2“ lautende Einladungsschreiben
556vom 14. Februar 2002 zur Sitzung am 12. März 2002,
557vom 10. Mai 2002 zur Sitzung am 4. Juni 2002,
558vom 10. September 2002 zur Sitzung am 8. Oktober 2002,
559vom 21. Januar 2003 zur Sitzung am 20. Februar 2003,
560vom 14. Mai 2003 zur Sitzung am 5. Juni 2003,
561vom 16. Juli 2003 zur Sitzung am 8. September 2003,
562vom 4. November 2003 zur Sitzung am 3. Dezember 2003,
563vom 15. Januar 2004 zur Sitzung am 17. Februar 2004,
564vom 12. Mai 2004 zur Sitzung am 8. Juni 2004,
565vom 23. Juli 2004 zur Sitzung am 13./14. September 2004,
566vom 29. Oktober 2004 zur Sitzung am 1. Dezember 2004,
567vom 7. Januar 2005 zur Sitzung am 9. Februar 2005,
568vom 6. Mai 2005 zur Sitzung am 31. Mai 2005,
569vom 25. Juli 2005 zur Sitzung am 28./29. September 2005,
570vom 26. Oktober zur Sitzung am 30. November 2005,
571vom 21. Dezember 2005 zur Sitzung am 18. Januar 2006,
572vom 12. April 2006 zur Sitzung am 17. Mai 2006,
573vom 14. August 2006 zur Sitzung am 12. September 2006,
574vom 16. Oktober 2006 zur Sitzung am 22. November 2006,
575vom 26. Januar 2007 zur Sitzung am 28. Februar 2007,
576vom 11. April 2007 zur Sitzung am 8. Mai 2007,
577vom 28. August 2007 zur Sitzung am 10. Oktober 2007,
578vom 24. Oktober 2007 zur Sitzung am 21. November 2007 und
579vom 2. Januar 2008 zur Sitzung am 23. Januar 2008
580fest. Diese Einladungsschreiben sind – mit Ausnahme der Einladungen zu den Herbstsitzungen am 8. Oktober 2002, 8. September 2003, 13./14. September 2004, 28./29. September 2005, 12. September 2006 und 10. Oktober 2007 – im Wesentlichen gleich standardisiert verfasst, unter anderem mit folgendem im Kern immer umfassten Wortlautinhalt:
581„Zur Vorbereitung der Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses bitten wir Sie, uns für die Tagesordnung Ihre Themenvorschläge alsbald einzureichen. …
582Die Tagesordnung mit den aus Ihren Vorschlägen zusammengestellten Themen und die … Marktdaten erhalten Sie mit getrennter Post zu einem späteren Zeitpunkt.“
583Die davon abweichenden Einladungen zu den Herbsttagungen waren – aus Anlass eines regelmäßig anderen Tagungsablaufs und besonderen Tagungsortes – nach einem davon abweichenden Muster strukturiert, umfassten jedoch sämtlich ebenfalls eine entsprechende Standardaufforderung zur Themenmeldung, namentlich in den Einladungen zu den Herbsttagungen am 8. Oktober 2002, 8. September 2003, 13./14. September 2004, 28./29. September 2005 mit dem Wortlaut
584„Zur Vorbereitung der Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses am … bitten wir Sie, uns für die Tagesordnung Ihre Themenvorschläge alsbald einzureichen.“
585nebst Hinweis, dass die „Tagesordnung mit den aus ihren Vorschlägen zusammengestellten Diskussionsthemen“ separat später übersandt werde, und in den Einladungen zu den Herbsttagungen am 12. September 2006 und 10. Oktober 2007 mit dem Wortlaut
586„Für die Erstellung der Tagesordnung übersenden Sie uns bitte kurzfristig Ihre Tagesordnungspunkte.“
587Die Feststellung, dass die standardmäßige Abfrage von Themenmeldungen für die Tagesordnung einer bereits vor der März-Sitzung des Jahres 2002 bestehenden Übung der Geschäftsführung entsprach und vom Betroffenen M2 lediglich vorgefunden sowie übernommen wurde [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 1. b)], beruht auf der entsprechenden Schlussfolgerung aus der Gesamtbetrachtung vorgenannter Einladungsschreiben und dem ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Einladungsschreiben
588unter dem Briefkopf „C2 L5 e.V.“ mit der maschinenschriftlichen Zeichnung
589„gez. RA T6
590Geschäftsführer“
591von „i.A.“ U6 gezeichneten Einladungsschreiben vom 23.02.2001 zur Sitzung am 15. März 2001.
592Bei „RA T6“ handelt es sich
593- ausweislich der bereits im Rahmen vorliegender tatsächlicher Würdigung mehrfach angeführter Aufstellung der Vorsitzenden und der Geschäftsführung der Konditionenvereinigung am Ende der Seite 98 der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“ –
594um den unmittelbaren Vorgänger des Betroffenen M2 in der Geschäftsführung der Konditionenvereinigung. Bereits dieses Einladungsschreiben vom 23. Februar 2001 wies eine den späteren Einladungsschreiben des Betroffenen M2 gleichkommende Struktur und einen ähnlichen Wortlaut auf, insbesondere:
595„Sehr geehrte Herren,
596zur Vorbereitung der Sitzung des Vorstands und des Verkaufsleiter-Ausschusses, die am … stattfindet, bitten wir Sie, uns für die Tagesordnung Ihre Themenvorschläge alsbald einzureichen. …
597Detailinformationen zu dieser Sitzung sowie die Tagesordnung mit den aus Ihren Vorschlägen zusammengestellten Diskussionsthemen und die Fotokopien mit den Marktdaten erhalten Sie mit getrennter Post zu einem späteren Zeitpunkt.“
598(2.2) Die Umstände, dass von den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss namentlich X2 und der Zeuge K1, aber auch die Betroffenen W1 und B1, ferner die Zeugin F3 (H1) und die Zeugen C4 (N3), N8 (L4) und H6 sowie nicht zuletzt der damalige T2-Geschäftsführer I2 der Aufforderung des Betroffenen M2 zu Themenvorschlägen für die Tagesordnung nachkamen und – teilweise wiederholt - Themen vorschlugen, die auf die Abfrage von Ob und Stand individualisierter Verhandlungen in Jahresgesprächen und über bestimmte Konditionenforderungen sowie sog. Sonderforderungen von bestimmten Handelskunden abzielten [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. c) aa)], steht aufgrund folgender – jeweils in die Hauptverhandlung eingeführter – abgelichteter Ausdrucke von E-Mails und Fax-Sendungen fest:
599(a) E-Mail von „…“ an L6 vom 26. Januar 2005 (13:34 Uhr) Betr.: "Antwort: Nächste gemeinsame Sitzung ...", mit welcher der damalige Country Manager der Nebenbetroffenen C1 auf die Einladung zur Sitzung am 9. Februar 2005 u.a. mitteilte:
600„ … sehr gerne werde ich an dem VKL-Ausschuss in ... teilnehmen. Ich würde gerne folgende Punkte dort besprechen:
601 Jahresgespräche 2005 (insbes. S2)
602 aktueller Umsatz Januar/Februar 2005
603 ISM 2005 – wie war es?“;
604
605(b) E-Mail von C4 („…“) an L6 vom 26. Januar 2005 (10:05 Uhr) Betr.: "Re: Terminhinweis…" mit dem Textinhalt:
606„… für die nächste Sitzung hätte ich folgende Tagesordnungspunkte:
6071. Forderung N2 – Reduzierung DSD-Lizenzentgelte
6082. Strukturbeihilfe S2 ehemalige F2 Märkte
6093. Jahresgespräche Status S2“;
610(c) „Fax von: … A1 GmbH & Co. KG“ an C2, Frau L6, Datum 10.01.2005, gezeichnet von B12, mit welcher dieser u.a. mitteilt:
611„… nachstehend meine Besprechungspunkte:
612 75 Jahr L1 und Forderungen M3
613 Jahresgespräche S2 – N2, aktueller Stand
614 Preisanhebungen“;
615(d) Fax „10/01 ‘05 MO 03:11“ von „Fa. X3“ an C2, L6, „Name: H6“, mit handschriftlicher Notiz
616„Themen:
617Das Jahr 2004
618Die ISM 2005
619Aussichten 2005
620Prov. f. Handelsvertreter
621- nachträgl. Konditionen -“;
622(e) Fax „10-Jan-2005 12:39“ von „G1 ...“ an C2, L6“ [Anmeldeformular] „An der gemeinsamen Sitzung … am Mittwoch, den 9. Februar 2005“, „Name: B1“, mit der handschriftliche Notiz
623„Tagesthemen: - L1 – massive Forderungen für Jubiläum
624- S2 (Übernahme F2Märkte, …
625- T4 Solidaritätsbonus“;
626(f) E-Mail von C4 (…) an L6 vom 23. Mai 2005 (13:13 Uhr) Betr.: " Re: Nächste Sitzung…" mit u.a. dem Textinhalt:
627„Ich denke folgende Themen sind schon auf der Agenda, eine weitere Erwähnung schadet aber nichts.
628- Wie geht es mit S2 weiter?
629- F1 / T4 Fusion und internationale Verflechtungen“;
630(g) Fax vom „…-Mai-2005 01:16 Von X3 GmbH“ an C2, L6, [Anmeldeformular] „An der gemeinsamen Sitzung … am Dienstag, den 31. Mai 2005“ „Name: H6“, mit handschriftlicher Notiz
631„Themen:
632- div. Einkaufsbedingungen
633-DSD-Erstattungen
634- Bellandvision …“;
635(h) E-Mail von M2 an L6 vom 11. Mai 2005 (15:25 Uhr) Betr. „WG: Antwort: Nächste Sitzung..“ mit weitergeleiteter E-Mail von „…“ an M2 vom 11. Mai 2005 (16:17 Uhr) Betr.: "Nächste gemeinsame Sitzung ...", die u.a. folgenden Textwortlaut hat:
636„… bitte folgende Punkte in die Agenda aufnehmen:
6371. T4-Übernahme durch F1
Wie erfolgt die Integration?
640Mit welchen Kond.vergleichen ist zu rechnen?
641Hochzeitsrabatt?
6422. aktuelle Umsätze“;
(i) Fax vom „4. Aug 2005 9:17“ mit Absender „Vertrieb G1“; [Anmeldeformular] „An der Sitzung … am Mittwoch, den 28. September 2005“, „Name: B1“, mit handschriftlicher Notiz u.a. folgenden Inhalts:
645„Themenvorschläge
646…
647 S2 Zentralkondition für S2 Do.?
648(Gegenrechnung)
649…
650 Generelle Forderungen der S2, ...“;
651(j) E-Mail von C4 an L6 vom 16. November 2005 (15:14 Uhr) Betr.: "Nächste gemeinsame Sitzung ..." mit u.a. der Mitteilung:
652„… beiliegend erhalten Sie meine Agendapunkte, sowie den aktuellen SW Monitor.
653Tagungspunkte:
6541. F1 – B8 Jahresgespräche national – internationale Forderungen
2. X1 – N2?
3. EMD Einladungen zum Gespräch“;
(k) E-Mail von M2 an L6 vom 12. Januar 2006 (13:36 Uhr) Betr. „WG: Tagesordnungsvorschläge 18.01.06“ mit weitergeleiteter E-Mail von P2 an M2 vom 12. Januar 2006 (12:37 Uhr) Betr.: "Tagesordnungsvorschläge 18.01.06", die u.a. folgenden Textinhalt hat:
659„… bitte noch folgende Tagesordnungspunkte berücksichtigen:
6601) n/n Abgleich T4-F1 (O1 T20 & O1 T21)
6612) N2 RFID-Realisierung“;
662(l) Fax „13/04 06 DO … T2 GmbH“ mit handschriftlicher Notiz:
663„Themen
664… Status B8 / D5“;
665(m) Fax „18. April 2006 9:34 Vertrieb G1“; [Anmeldeformular] „An der gemeinsamen Sitzung … am Mittwoch, den 17. Mai 2006“, „Name: R. B1“, mit handschriftlicher Notiz:
666„Themen
6671. N2
…
6702. E1 / S2 Abgleich“;
(n) E-Mail von I2 […] an L6 vom 15. August 2006 (09:21 Uhr) Betr.: "Antw: Herbsttagung der Konditionenvereinigung am 12.09.2“ mit u.a. folgendem Wortlaut:
673„… nachfolgend meine Punkte für den VL-Ausschuss
674(1) Status Forderungen “F1 100 Jahre“ + S2 “C10“
675(2) Status Verhandlungen mit den internationalen Gruppen B8 + D5
676(3) N6:
677Erhöhung Bürgschaftsgebühr
678Verrechnung T13 Österreich über N6 D
679(4) F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ“;
680(o) E-Mail von N8 an L6 vom 18. Oktober 2006 (11:31 Uhr) Betr.: "AW: Nächste gemeinsame Sitzung..“ mit u.a. dem Inhalt:
681„… hatte ganz vergessen Ihnen noch meine Punkte für die AGENDA mitzuteilen:
682 Status JG 2007
683 Q8 Forderungen 2010“;
684(p) E-Mail von M2 an L6 vom 7. November 2006 (16:02 Uhr) Betr. „WG: AGENDA Termin 22.11.2006“ mit weitergeleiteter E-Mail von N8 vom 7. November 2006 (16:01 Uhr) Betr.: " AGENDA Termin 22.11.2006", die u.a. lautet:
685„… wollte Ihnen gern noch einige Wünsche zur Tagesordnung, falls noch Platz ist durchgeben:
686* JG Forderungen C9
687* Status Q8 Gespräche 2010
688* Allgemeiner Status JG 2007“;
689(q) Fax „17. Okt. 2006 9:21 Vertrieb G1“; [Anmeldeformular] „An der gemeinsamen Sitzung … am Mittwoch, den 22. November 2006“, „Name: B1“, mit handschriftlicher Notiz
690„Tagesthemen:
691* „100 Jahre“ F1?
692* …
693* N2 / X1 Forderungen“;
694(r) Fax „…9-Okt-2006 17:40 Von: X3 GmbH“ an C2, L6, [Anmeldeformular] „An der gemeinsamen Sitzung … am Mittwoch, den 22. November 2006“, „Name: H6“, mit handschriftlicher Notiz :
695„Themen: JA-Gespräche f.2007
696Zimt etc.“;
697(s) E-Mail von K1 an L6 vom 6. November 2006 (09:12 Uhr) Betr.: " Antwort: Nächste gemeinsame Sitzung …“, die u.a. den Wortlaut hat:
698„… anbei zum einen die Marktdaten Süßgebäck per Sept. sowie zum anderen die Agendapunkte für den 22.11. …
699Agendapunkte:
700 F1 100-jähr. Jubiläum und Jahresgesprächsforderungen?
701 D5 Akt. Stand der Forderungen / Vorgehensweise?
702 S2 C10 Auswirkungen durch Teilnahme/Nicht-Teilnahme?
703 N2 X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderung? Europaforderungen ?
704 … ..“;
705(t) E-Mail von F3 […] an L6 vom 1. November 2006 (14:35 Uhr) Betr.: "NLIgesamt_MAT35-06.ppt“ mit u.a. dem Inhalt:
706„… Folgende Themen wären für uns interessant:
707* Stichwort “Preiserhöhung“ vor dem Hintergrund der teilw. Dramatisch gestiegenen Rohstoffpreise (v.a. Mehl)
708* Stichwort “Q8 2010““;
709(u) E-Mail von …@C1.com an L6 vom 12. Februar 2007 (15:24 Uhr) Betr.: "VKL Ausschuß am 28.2.2007“ mit u.a. dem Textinhalt:
710„… bitte nehmen Sie von Herrn W1 folgende Punkte für die Agenda auf:
711 Stand D5 Verhandlungen
712 Stand B8 Verhandlungen
713 Stand Jahresgespräche generell
714 Stand Verhandlungen Industrie zum Thema „100 Jahre F1“ (Abschlüsse, konkrete Gegenleistungen, erste Resumées)“;
715(v) E-Mail von I2 an L6 vom 19. Februar 2007 (16:13 Uhr) Betr.: "Themenvorschläge Verkaufsleiter-Ausschuss …“, die folgenden Wortlaut umfasst:
716„… nachfolgend meine Themenvorschläge für den VL-Ausschuß
717(1) B8 / D5
718Forderungen + Status der Gespräche
719(2) F1
720- Status Gespräche F1 100 Jahre
721(3) N2
722Forderungen / Nachforderungen im Zuge Übernahme X1
723(4) Jahresgespräche 2007
724Status“;
725(w) Fax „20/04/2007 09:31 … B12“ mit handschriftlicher Notiz:
726„Guten Morgen, Frau L6, Pkt. für Tagesordnung „Neue Konditionsforderungen der S2“ schönes Wochenende … 20/04.07“;
727(x) E-Mail von ...@C1.com an L6 vom 23. April 2007 (10:09 Uhr) Betr.: "VKL Ausschuß am 8.5.2007“ mit u.a. dem Text:
728„… nachfolgend die Punkte von Herrn W1 für die Sitzung am 8.5.:
729N2: Procurement Fair
730S2: Strukturierungsbonus
731Interne Strukturen
732Forderungen bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern
733F1: Preisdisziplin im Rahmen des Jubiläums
734L1: Aktueller Stand der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
735…“.
736(2.3) Der Umstand, dass die vorgenannten Themenvorschläge aus dem Teilnehmerkreis vom Betroffenen M2 im Wesentlichen inhaltlich unverändert und nahezu wortwörtlich in die jeweilige Tagesordnung übernommen wurden, veranschaulichen folgende beispielhaften Gegenüberstellungen der unter (2.2) aufgeführten Themenmeldungen mit Auszügen aus den dann folgenden Tagesordnungen:
737Themenmeldungen |
Inhalt der Tagesordnung |
|||
für die Sitzung am |
des Teilnehmers |
TOP |
||
9. Februar 2005 |
C4 |
Strukturbeihilfe S2 ehemalige F2 Märkte |
7 |
Jahresgespräche S2 – N2 - aktueller Stand - Übernahme F2-Märkte - Strukturbeihilfe S2 ehemalige F2 Märkte … |
C4 |
Jahresgespräche Status S2 |
7 |
||
B12 |
75 Jahre L1 und Forderungen M3 |
6 |
L1 – massive Forderungen für Jubiläum – M3 |
|
B1 |
L1 – massive Forderungen für Jubiläum |
6 |
||
B12 |
Jahresgespräche S2 –N2, aktueller Stand |
7 |
Jahresgespräche S2 – N2 - aktueller Stand … |
|
B12 |
Preisanhebungen |
10 |
Preisanhebungen |
|
B1 |
T4 Solidaritäts-Bonus |
8 |
T4 Solidaritäts-Bonus |
|
30. November 2005 |
X2 |
aktueller Stand in den Verhandlungen mit Preiserhöhungen |
4 |
Aktueller Stand in den Verhandlungen mit Preiserhöhungen |
Stand Jahresgespräche |
7 |
Allgemeiner Status Jahresgespräche |
||
17. Mai 2006 |
B1 |
E1/S2 Abgleich |
2 |
E1/S2 Abgleich |
12. Sept. 2006 |
I2 |
Status Forderungen „F1 100 Jahre“ + S2 „C10“ |
1 |
Status Forderungen „F1 100 Jahre“ + S2 „C10“ |
I2 |
Status Verhandlungen mit den internationalen Gruppen B8 + D5 |
3 |
Status Verhandlungen mit den internationalen Gruppen B8 + D5 |
|
I2 |
N6: Erhöhung Bürgschaftsgebühr |
4 |
N6:
|
|
I2 |
F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ |
2 |
F1 ...: Einzug 0,5 % VKFZ |
|
28. Februar 2007 |
W1 |
Stand D5 Verhandlungen |
1 |
D5 – Aktueller Stand der Forderungen – Status der Gespräche |
W1 |
Stand B8 Verhandlungen |
2 |
B8 – Aktueller Stand der Forderungen – Status der Gespräche |
|
I2 |
B8/D5 Forderungen + Status der Gespräche |
1 + 2 |
s.o. |
|
W1 |
Stand Verhandlungen Industrie zum Thema `100 Jahre F1´ (Abschlüsse, konkrete Gegenleistungen, erste Resumées) |
3 |
F1 – Stand der Verhandlungen zum Thema „100 Jahre F1“ |
|
I2 |
F1 – Status Gespräche F1 100 Jahre |
3 |
||
I2 |
N2 Forderungen / Nachforderungen im Zuge Übernahme X1 |
4 |
N2 Forderungen / Nachforderungen im Zuge Übernahme X1 |
|
8. Mai 2007 |
W1 |
S2: Strukturierungsbonus Forderungen bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern |
2 |
S2
|
(2.4) Die - ebenfalls jeweils als Ablichtungen in die Hauptverhandlung eingeführten – Begleitschreiben des Betroffenen M2 zur Vorabübersendung der Tagesordnung und teilweise weiterer Unterlagen
739undatiert für die Sitzung am 3. Dezember 2003,
740vom 22. November 2004 für die Sitzung am 1. Dezember 2004,
741vom 2. Februar 2005 für die Sitzung am 9. Februar 2005,
742vom 24. Mai 2005 für die Sitzung am 31. Mai 2005,
743vom 22. September 2005 für die Sitzung am 28. September 2005,
744vom 24. November 2005 für die Sitzung am 30. November 2005,
745vom 12. Januar 2006 für die Sitzung am 18. Januar 2006,
746vom 9. Mai 2006 für die Sitzung am 17. Mai 2006,
747vom 4. September 2006 für die Sitzung am 12. September 2006 und
748vom 10. November 2006 für die Sitzung am 22. November 2006
749enthalten die standardisierte Formulierung
750„unter Bezugnahme auf unser Einladungsschreiben vom … übersenden wir Ihnen heute anliegend die aus Ihren Themenvorschlägen zusammengestellte Tagesordnung zu oben genannter Sitzung“ (Unterstreichung durch den Senat).
751Die standardmäßig enthaltene Hinweis, dass es sich jeweils um eine „aus Ihren Themenvorschlägen zusammengestellte Tagesordnung“ handelt, kann bei verständiger Würdigung nur den Sinn einer – aus Sicht der Geschäftsführung schon nahezu freizeichnenden – Klarstellung haben, dass die avisierten Gesprächsthemen ausschließlich auf Wunsch der Teilnehmer angesetzt sind. Unter zusammenziehender Würdigung mit der jeweiligen Aufforderung zu Themenmeldungen in den Einladungsschreiben, den festzustellenden Themenmeldungen aus dem Teilnehmerkreis und deren Übernahme in die jeweilige Tagesordnung bestätigt dies, dass die Themen der jeweiligen Sitzung nicht aus der Wahrnehmung von Verbandsaufgaben heraus im Verkaufsleiterausschuss vorgegeben wurden, sondern zumindest hauptsächlich auf der Initiative der Mitglieder und Gastteilnehmer des Gremiums beruhten.
752(3) Der Umstand, dass jeder Sitzungsteilnehmer vorab einer Gemeinsamen Sitzung des Vorstands und des Verkaufsleiterausschusses über die jeweils auf Wunsch von Teilnehmern anstehenden Tagesordnungspunkte informiert war, beruht auf den genannten, jeweils „An die Herren des Vorstandes … und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung“ adressierten Begleitschreiben und darüber hinaus auf den ebenfalls eingeführten E-Mails der als Sekretärin für den Betroffenen M2 tätigen L6
753(a) vom 26.09.2002, 10:01, mit dem „Betreff: Herbsttagung am 8./9. Oktober 2002 in ...-...“,
754(b) vom 10. Februar 2003, 10:31, mit dem „Betreff: Tagesordnung und Marktdaten für die nächste Sitzung am 20.02.2003“,
755(c) vom 2. Februar 2005, 2:11 PM, mit dem „Subject: Nächste nächste Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 09.02.2005 in ...“ und „Attachments: Anschreiben-Verkaufsleiter-Versand-TO-02-02-2005.doc; Tagesordnung-Verkaufsleiter.09-02-2005.doc“,
756(d) vom 22. September 2005, 12:46 PM, mit dem „Subject: Nächste Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses anlässlich der Herbsttagung am 28.09.2005 in ...-...“ und „Attachments: Anschreiben-Verkaufsleiter-Versand-TO28-09-2005 (22-09-2005).doc; Tagesordnung-Vorstand-Verkaufsleiter.28-09-2005.doc“,
757(e) vom 24.11.2005, 3:09 PM, mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 30.11.2005 in ...“ mit Anhang Tagesordnung und Süßwarenmonitor Jahresartikel als Attachements,
758(f) vom 12. Januar 2006 (3:39 pm) mit dem „Subject“: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und der Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 18.01.2006 in ...,
759(g) vom 9. Mai 2006 (12:14h) mit dem „Subject“: Tagesordnung für die nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und der Verkaufsleiter-Ausschusses am 17.05.2006 in ...,
760(h) vom 4. September 2006 (12:42h) mit dem „Subject“: Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses […] am 12.09.2009 in ...“,
761(i) vom 10. November 2006 (9:50h) mit dem „Subject“: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und der Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 22.11.2006 in ... und
762(j) vom 3. Mai 2007 (11:13h) mit dem „Thema“: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und der Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 8. Mai 2006 in ..., C2-Haus,
763die an die im Verteiler auf dem Kopf der jeweiligen E-Mail mit ihrer jeweiligen E-Mail-Adresse bezeichneten eingeladenen Teilnehmer gerichtet waren. Mit diesen E-Mails wurde die jeweilige Tagesordnung an die im Verteiler benannten Teilnehmer versandt.
764Gleiches gilt hinsichtlich der ebenfalls eingeführten E-Mail von M2 vom 24. Mai 2005, 12:43 PM, mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 31.05.2005“ und „Attachments: Anschreiben-Verkaufsleiter-Versand-TO-(31-05-2005)-24-05-2005.doc; Tagesordnung-Verkaufsleiter.31-05-2005.doc; O4 Charts C2-für-Sitzung-31-05-2005.ppt“.
765(4) Von dem Umstand, dass die Sitzungsteilnehmer unter den thematisch den Stand der Jahresgespräche und Sonderforderungen des Handels betreffenden Tagesordnungspunkten sich – ohne Widerspruch - je nach den Aktualitäten des Vertriebs-Tagesgeschäfts und in einem wenigstens überschlägigen, Tendenzen verdeutlichenden Umfang über unternehmensbezogene Geschäftsdaten der von ihnen repräsentierten Hersteller- und Vertriebsunternehmen austauschten, ist der Senat aufgrund der im Kern übereinstimmenden Aussagen der Zeugen H7, H6, C4, K1 und N8 überzeugt.
766Dabei ist zur Würdigung dieser Aussagen vorweg auszuführen:
767Der Senat stützt seine Überzeugung von dem festgestellten regelmäßigen Verlauf der Erörterungen zum Stand der Jahresgespräche und zu den Sonderforderungen im Verkaufsleiterausschuss auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Schilderungen der genannten Zeugen von der im Kern stets gleichgebliebenen Struktur des wiederholten Austauschs zu Tagesordnungspunkten mit diesen Thematiken. Schon in Anbetracht des erheblichen Zeitablaufs zwischen dem fraglichen Zeitraum der Ausschuss-Sitzungen (2003 bis 2008) und dem Vernehmungszeitpunkt der Zeugen im Jahr 2016 ist es nur nachvollziehbar und spricht gerade für die Richtigkeit des nur generell Bekundeten, dass die genannten Zeugen jeweils kaum Detailwissen zu einzelnen Sitzungen, einzelnen Wortäußerungen in diesen und konkrete Gesprächsinhalte bekunden konnten und insoweit Erinnerungslücken eingeräumt haben. Plausibel ist dahingegen, dass die Zeugen sich an generelle Abläufe und Gesprächsinhalte, die aufgrund ihrer beständigen Wiederholung im Gedächtnis verinnerlicht sind, erinnern. Dies vorausgeschickt ist hervorzuheben:
768(4.1) Der Umstand, dass im Regelfall sämtliche Punkte eine Tagesordnung in den Sitzungen abgehandelt wurden und unter Äußerung hierzu grundsätzlich eines jeden anwesenden Teilnehmers zur Sprache kamen, steht hauptsächlich aufgrund der Aussagen der Zeugen H6 und K1 sowie ergänzend aufgrund der Aussage des Zeugen C4 fest.
769Der seit 1989 den Vorstandsvorsitz in der Konditionenvereinigung innehabende Zeuge H6 hat glaubhaft bekundet, dass im Ausschuss die jeweilige Tagesordnung „abgearbeitet“ worden sei. Dies kann bei verständiger Würdigung nicht anders verstanden werden, als dass die jeweilige Tagesordnung mit all ihren Tagesordnungspunkten besprochen wurde. Des Weiteren hat der Zeuge bekundet, dass sich die Teilnehmer dabei im immer gleichen Prozedere der Reihe nach in ihrer üblicherweise nach Fachsparten sortierten Sitzordnung am Tisch geäußert hätten; jeder sei zu Wort gekommen; jeder habe versucht, sich so einzubringen, wie es für die Gesamtheit nützlich gewesen sei; wer zu einem bestimmten Punkt einer Tagesordnung nichts habe sagen wollen, habe sich durch Nichterscheinen zur Sitzung entzogen. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht, dass die individuell durchgezeichneten Bekunden des Zeugen die von ihm selbst sich zugeschriebene Rolle des Moderators der Sitzungen und Vorstandsvorsitzenden der Konditionenvereinigung nachvollziehbar widerspiegeln. Vor allem aber findet sie Bestätigung in der Aussage des weiteren Zeugen K1, der – bezogen auf seinen relativ kurzen Teilnahmezeitraum - bekundet hat, dass die Tagesordnungen schon systematisch abgearbeitet worden seien und die Sitzungsteilnehmer sich im Grundsatz reihum geäußert hätten. Schließlich hat übereinstimmend damit auch der Zeuge C4, der von Dezember 2004 bis einschließlich Januar 2008 ausnahmslos an jeder Sitzung teilgenommen hat, glaubhaft, insbesondere individuell geprägt und im schlüssigen Einklang mit der sich selbst zugeschriebenen Wahrnehmungsmöglichkeit bekundet, dass jeder Teilnehmer zu den Themen der Tagesordnung zu Wort gekommen sei und jeder in der Runde ein Statement dazu abgegeben habe, wobei die Äußerungsrunde – von seinem üblichen Sitzplatz im regelmäßigen Sitzungsraum beim Nebenbetroffenen C2 in ... aus gesehen – meistens auf der anderen Seite des Tischs begonnen habe und sodann reihum verlaufen sei; so etwas bleibe im Gedächtnis.
770(4.2) Inhaltlich teilten sich die jeweiligen Sitzungsteilnehmer regelmäßig überschlägig Informationen zumindest tendenzieller Aussagekraft über und aus den Konditionenverhandlungen ihres jeweiligen Herstellerunternehmens gegenseitig mit. Zum Stand der Jahresgespräche informierte man sich vor allem über deren Entwicklung und das jeweils aktuell erreichte Verhandlungsstadium und teilweise auch über das Betroffensein von auffälligen Handelsforderungen und sich zeigender Verhandlungsspielräume. Zu den je nach Tagesaktualität im Vertriebsgeschäft diskutierten Sonderforderungen des Handels berichtete man sich vor allem, ob und welcher Hersteller von einer bestimmten Sonderforderungskampagne mit welchem Gegenstand und Umfang der an ihn gestellten Handelsforderung konfrontiert sei, aber wiederholt auch, wie der einzelne Hersteller hierauf reagiere oder reagieren wolle und wie sich die diesbezüglichen Verhandlungen überschlägig entwickeln.
771Diesen regelmäßig wiederkehrenden Inhalt der reihum von jedem Teilnehmer einer Sitzung geäußerten Beiträge zum Stand der Jahresgespräche und zu den Sonderforderungen des Handels haben die eingangs benannten Zeugen jeweils individuell durchgezeichnet in den Schwerpunkten und begleitenden Erläuterungen, aber im Kern übereinstimmend so, wie festgestellt, bekundet:
772Der Zeuge H7 hat bekundet, bei den Treffen der Konditionenvereinigung zunächst ein- bis zweimal jährlich, in den letzten 5 Jahren vor den Durchsuchungsmaßnahmen des Bundeskartellamtes etwa einmal jährlich zugegen gewesen zu sein. Zum Thema Jahresgespräche hat der Zeuge bei seiner Vernehmung vor dem Senat auf Vorhalt seiner früheren Aussage beim Bundeskartellamt bestätigt, dass er vor allem in der Zeit zwischen September und Dezember eines Jahres, gelegentlich auch im Januar des Folgejahres bei den verschiedenen Branchentreffen mit anderen Süßwarenherstellern über die jeweils aktuellen Jahresgespräche gesprochen und Informationen ausgetauscht habe; dabei hätten die Hersteller vergleichsweise offen über die Art und die Höhe der jeweiligen Forderungen des Handels, einschließlich sowohl die Höhe von geforderten Einmalzahlungen und Rabattquoten als auch die Einzelheiten weiterer Konditionsforderungen gesprochen; jeder Hersteller habe in Erfahrung bringen wollen, ob er vom Handel besser, schlechter oder gleich behandelt werde wie die anderen Süßwarenhersteller. In der Hauptverhandlung hat der Zeuge ferner im Wesentlichen bekundet, dass dies auch für die Gespräche in der Konditionenvereinigung gegolten habe; man habe sich zum Thema Jahresgespräche beispielsweise mitgeteilt, ob man mit diesen bereits fertig sei und sich geeinigt habe oder ob man „noch im Kampf“ stehe und wie den Forderungen des Handels bestmöglich begegnet werden könne. Zum Thema Sonderforderungen hat der Zeuge H7 anhand des Beispiels der F1/T4-Fusion bekundet, dass die Hersteller sich mitgeteilt hätten, ob man „durch“ sei.
773Für die Richtigkeit dieser Bekundungen spricht auch, dass der Zeuge sein Unvermögen kenntlich gemacht hat, konkrete Informationsgehalte dem Verkaufsleiterausschuss zuzuordnen. Er hat nachvollziehbar verdeutlicht, dass die Konditionenvereinigung für ihn nur eine Informationsquelle unter vielen Branchentreffen mit teilweise denselben Personen gewesen sei. Umgekehrt hat er aber ebenso klargestellt, dass die Verkaufsleiterausschuss-Sitzungen aber einen entsprechenden Informationswert für ihn erbracht hätten.
774Im Kern damit übereinstimmend hat der Zeuge H6 glaubhaft bekundet, dass im Verkaufsleiterausschuss über Jahresgespräche zwar nicht im Detail, aber über deren Stand, speziell ob man schon abgeschlossen habe oder nicht, gesprochen worden sei; dieses Thema habe für ihn – den Zeugen – wegen der Ausrichtung seines Unternehmens auf Großabnehmer zwar keine Bedeutung gehabt, aber für die anderen Teilnehmer, weil beispielsweise der Umstand, dass ein Wettbewerber mit dem Jahresgespräch mit einem bestimmten Händler schon durch sei, auf Probleme in den eigenen Verhandlungen hinweisen konnte; zum Inhalt der Konditionsforderungen in den Jahresgesprächen sei auch schon einmal eine Größenordnung, wie etwa >die wollen 6 ½ % haben<, besprochen worden; konkreter sei man allenfalls bei ungewöhnlichen oder gar absurden Konditionsforderungen des Handels in den Jahresgesprächen geworden, etwa als S2 einmal einen „Erhaltungsrabatt“ gefordert habe. Zum Thema Sonderforderungen hat der Zeuge bestätigt, dass solche im Verkaufsleiterausschuss erörtert worden seien.
775Der Zeuge C4 hat in der Hauptverhandlung zu Gesprächen über Sonderforderungen im Verkaufsleiterausschuss glaubhaft bekundet, dass viele Kunden immer wieder auf der Agenda gestanden hätten; über Sonderforderungen sei immer dann gesprochen worden, wenn das jeweilige Thema akut gewesen sei; über solche Themen habe man sich im Ausschuss ausgetauscht; zu „S2 C10“ sei etwa besprochen worden, welcher Hersteller mit der Forderung konfrontiert worden sei, wie die Forderung S2s an die Hersteller jeweils aussehe, ob ein prozentualer Umsatzanteil oder absolute Beträge verlangt würden, wie man darauf reagieren könne; die Frage sei dann etwa gewesen >Was macht ihr dagegen? Wie lange haltet ihr das durch?<; von Bedeutung sei es gewesen, ob alle Hersteller mit derselben Kundeforderung konfrontiert waren und wie man damit umging. Zu dem auf den Tagesordnungen wiederkehrenden Thema Jahresgespräche hat der Zeuge bekundet, dass man sich in der Konditionenvereinigung über ungefähre Konditionen und über den Stand der Jahresgespräche ausgetauscht habe, insoweit etwa mit Fragstellungen wie >Seid ihr durch oder seid ihr noch nicht durch?< und Äußerungen wie etwa >wir sind mit 0,5 rausgekommen<; aufgrund des Informationsaustauschs dieser Gestalt habe man gewusst, ob der Handel mit einem alleine Schwierigkeiten habe; insgesamt sei der Austausch eine Orientierungshilfe für die Frage gewesen: >Wie verhalte ich mich am Markt?<.
776Der Zeuge K1 hat glaubhaft bekundet, dass der Nutzen des Informationsaustauschs im Verkaufsleiterausschuss darin bestanden habe, zu wissen, ob die anderen mit den Themen auch konfrontiert gewesen seien oder ob man davon alleine betroffen gewesen sei; aufgrund dieses Wissen habe man einschätzen können, ob man in Verhandlungen mit dem Handel härter auftreten könne oder ob es sich nicht mehr lohne, über einen bestimmten Punkt zu streiten, ob es sich lohne, Gegenleistungen vom Handel zu verlangen; insoweit habe das Gespräch im Verkaufsleiterausschuss eine gewisse Sicherheit für die Verhandlungen mit dem Handel gebracht. Als Beispiel hierfür hat der Zeuge auf die Sonderforderung „F1 100 Jahre“ verwiesen und hierzu bekundet, dass diese schon vor ihrer Erörterung im Verkaufsleiterausschuss bekannt gewesen sei, die zusätzliche Information aus der Sitzung aber die gewesen sei, dass andere auch mit dieser Forderung konfrontiert und ob sie bereit gewesen seien, darüber mit F1 zu verhandeln. Bei verständiger Würdigung kann dieser – vom Zeugen in der Hauptverhandlung frei aus seinem Erinnerungsvermögen – bekundete Nutzen des damit eingeräumten Informationsaustauschs folgerichtig nur dahin verstanden werden, dass die Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss sich im Allgemeinen über das Betroffensein von einzelnen Konditionsforderungen des Handels und der sich aus den Erfahrungen damit ergebenden Verhandlungsspielräumen ausgetauscht hätten.
777Der Zeuge N8 hat glaubhaft bekundet, dass sich aus den Sitzungen ein Stimmungsbild darüber ergeben habe, wie man das jeweilige Thema meistern wolle; dabei sei besprochen worden, was vom Handel gefordert wurde. Bei verständiger Würdigung kann die Umschreibung des Gesprächsthemas mit >was vom Handel gefordert wurde< nur dahin verstanden werden, dass man sich im Verkaufsleiterausschuss darüber ausgetauscht habe, mit welchem Gegenstand und Inhalt der Handelsforderungen das jeweils repräsentierte Unternehmen betroffen war; die Bekundung eines Stimmungsbildes darüber, wie man das jeweilige Thema meistern wolle, indiziert einen Aussagewert des Informationsaustauschs über themenbezogene Verhandlungsbereitschaft sowohl der Hersteller als auch der ihnen gegenüberstehenden Handelsunternehmen und sich in den Verhandlungen eventuell zeigender Verhandlungsspielräume. Damit steht die Aussage des Zeugen N8 ihrem Kern nach im Einklang mit den Aussagen der Zeugen H7, H6, C4 und K1. Ferner hat der Zeuge N8 auf Vorhalt seiner früheren Aussage beim Bundeskartellamt diese darin bestätigt, dass man sich im Verkaufsleiterausschuss hinsichtlich der Jahresgespräche über Dinge eher atmosphärischer Art ausgetauscht habe, dabei auch Zahlen in den Raum gestellt habe, hierzu aber eher allgemeine Aussagen getroffen und nie Leistungen, welche die Zahlen für ihn – den Zeugen – vergleichbar gemacht hätten, genannt habe. Auch hierin zeigt sich der Eindruck des Zeugen, dass man sich unter dem Thema Jahresgespräche – wie schon insbesondere die Zeugen H6 und C4 bekundet haben – zwar individuell in Hinsicht auf die einzelnen Hersteller, inhaltlich aber eher über den tendenziellen Entwicklungsstand ausgetauscht habe. Befragt zu spezifischen Themen einzelner Tagesordnungen hat der Zeuge in der Hauptverhandlung keine aktuellen Erinnerungen mehr gehabt. Für die Richtigkeit seiner Bekundungen spricht vor allem auch, dass die hieraus ersichtliche Distanz des Zeugen zu den Themen Jahresgespräche und Sonderforderungen im Einklang mit seiner selbst bekundeten Stellung im Unternehmen L4 damals steht; denn nach eigener Bekundung sei er während seiner Zeit im Verkaufsleiterausschuss nur vorübergehend mit den Aufgaben eines für solche Konditionenverhandlungen zuständigen Key Account Managers betraut gewesen, während er eigentlich das sog. Streckengeschäft geleitet habe.
778Sowohl Bestätigung als teilweise auch Ergänzung finden die Aussagen der Zeugen H7, H6, C4, K1 und N8 in ihrem übereinstimmenden Kern zum regelmäßigen Inhalt des Informationsaustauschs ferner durch die im Rahmen der tatsächlichen Würdigung bereits angeführten Themenvorschläge verschiedener Teilnehmer. Da es in den Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses üblicherweise nicht um einseitige Vorträge, sondern – wie schon die Ausführungen auf Seite 98 der C2-Publikation „125 Jahre C2 Chronik des C2 Bd. 2 / 1977 – 2002“ aufzeigen – um einen Informationsaustausch ging, lassen die in den Themenmeldungen formulierten Gesprächsthemen verständiger Weise eine Abfrage und einen Gedankenaustausch zu den vorgeschlagenen Themen unter Einschluss eben solcher Angaben, wie die Zeugen sie generell berichtet haben, geradezu erwarten. Zudem weisen beispielsweise
779(a) das „Fax von: … A1 GmbH & Co. KG“ an L6 vom 10.01.2005 mit der Themenmeldung „Jahresgespräche S2 – N2, aktueller Stand“ oder
780(b) die E-Mail des T2-Repräsentanten I2 an L6 vom 15. August 2006 mit der Thematisierung eines „Status“ der Forderungen “F1 100 Jahre“ und S2 “C10“ sowie der Verhandlungen mit den internationalen Gruppen B8 und D5, ferner
781(c) die E-Mails des Zeugen N8 an L6 vom 18. Oktober 2006 mit der Themenmeldung „Status JG 2007“ und vom 7. November 2006 mit den Themenvorschlägen „Status Q8 Gespräche 2010“ und „Allgemeiner Status JG 2007“ und nicht zuletzt
782(d) die namens des Betroffenen W1 übersandte E-Mail von ... an L6 vom 12. Februar 2007 mit den Themenmeldungen „Stand D5 Verhandlungen“, „Stand B8 Verhandlungen“, „Stand Jahresgespräche generell“ und „Stand Verhandlungen Industrie zum Thema ´100 Jahre F1´“, letzteres sogar mit der erläuternden Zusatzfragestellung „(Abschlüsse, konkrete Gegenleistungen, erste Resumées)“
783insbesondere mit den Formulierungen „Stand“ bzw. „Status“ auf die Abfrage einer Entwicklung und deren aktuellen Stadiums – unter Berücksichtigung der letztgenannten Zusatzfragestellung in der E-Mail des Betroffenen W1 sogar bis in Einzelheiten des denkbaren Verhandlungsspielraums - hin.
784Darüber hinaus indiziert das mit E-Mail an L6 vom 6. November 2006 vom Zeugen K1 für die Sitzung am 22. November 2006 angemeldete Gesprächsthema „´S2 C10´ Auswirkungen durch Teilnahme/Nicht-Teilnahme?“ beispielhaft einen Informationsaustausch auch über zu befürchtende Folgen bzw. Sanktionen der einen oder anderen Verhandlungsposition und –strategie der Hersteller wie auch des fordernden Handelsunternehmens.
785(4.3) Soweit sich der Informationsaustausch in den Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses ausweislich insbesondere der Tagesordnungen für die Sitzungen am
78620. Februar 2003 (TOP 4. „Geplante Preiserhöhungen / Handelsresonanz“) , 1. Dezember 2004 (TOP 3. „Preisanhebungen 2005 – Rohwarensituation“), 9. Februar 2005 (TOP 10. „Preisanhebungen“), 20. November 2005 (TOP 4. „Aktueller Stand in den Verhandlungen über Preiserhöhungen“) und 22. November 2006 (TOP 8. „Preiserhöhung – dramatisch gestiegene Rohstoffpreise“)
787gelegentlich auch auf Preiserhöhungen bezog, ist der Senat davon überzeugt, dass es insoweit nicht um die Koordinierung eines Preissetzungsverhaltens am Markt, sondern lediglich um einen Informationsaustausch über die Umsetzung von im jeweiligen Unternehmen an anderer Stelle entschiedenen Preiserhöhungen in den Konditionsverhandlungen ging. Dies spiegeln schon thematisch die Tagesordnungspunkte 4. der Tagesordnung vom 20. Februar 2003 mit der Formulierung „Geplante Preiserhöhungen/Handelsresonanz“ und 4. der Tagesordnung vom 20. November 2005 mit der Themenbezeichnung „Aktueller Stand in den Verhandlungen über Preiserhöhungen“ wider und ergibt sich im Übrigen unter folgenden Gesichtspunkten:
788Dass sich die Unternehmensrepräsentanten in Sitzungen – wie festgestellt - auch mitteilten, ob und zu welchem ungefähren Zeitpunkt sowie in welcher tendenziellen Größenordnung Preiserhöhungen von ihrem jeweiligen Unternehmens beabsichtigt seien, ohne hierzu konkrete Daten, insbesondere eine nähere Eingrenzung des betroffenen Produktsegments offenzulegen, steht aufgrund der dies im Kern übereinstimmend wiedergebenden Aussagen insbesondere der Zeugen H7, C4 und H6 fest:
789Zusammengefasst hat der Zeuge H7 glaubhaft bekundet, dass man sich im Verkaufsleiterausschuss auch über beabsichtigte Preiserhöhungen unterhalten und sich diesbezüglich „Korridore“ wie etwa „irgendwas zwischen 5 und 10 %“ mitgeteilt habe; der Nährwert solcher Informationen habe darin bestanden, vor allem unter dem Druck steigender Rohstoffkosten zu sehen, ob andere Hersteller ebenfalls einen Preiserhöhungsbedarf sehen; wenn man sehe, dass die Branche insgesamt wegen der Rohstoffpreise unter Druck stehe und deshalb alle die Preise erhöhen müssten, sei es leichter, die Preiserhöhung auch beim Handel durchzusetzen. Die Aussage ist in sich schlüssig. Dies gilt insbesondere für den bekundeten Inhalt der eingeräumten Informationspreisgabe, der sich in seinem nur tendenziellen Informationsgehalt plausibel durch den ebenfalls bekundeten Nährwert, den man sich von der Erörterung beabsichtigter Preiserhöhungen im Verkaufsleiterausschuss erhofft habe, erklärt: Im Wesentlichen wollte man nur wissen, ob man in der Verhandlung einer Preiserhöhung alleine stand und welche Erfolgsaussichten die eigenen diesbezüglichen Verhandlungen deshalb hatten.
790Eben dies bestätigt sich auch in der Aussage des weiteren Zeugen C4. Dieser hat hinsichtlich sowohl des Ob als auch der Art und Weise einer Mitteilung im Verkaufsleiterausschuss und vor allem hinsichtlich des Wertes solcher Informationen mit der Aussage des Zeugen H7 im Wesentlichen übereinstimmend bekundet, man habe sich im Verkaufsleiterausschuss meistens vor dem Hintergrund von Rohstoffpreissteigerungen über beabsichtigte Preiserhöhungen ausgetauscht; dies sei vor allem unter Fragestellungen wie etwa >Wie reagiert ihr, was habt ihr vor?< geschehen; dabei habe man keine detaillierten Angaben, sondern Angaben eher genereller Art zur Höhe und zum Zeitpunkt gemacht; die Höhe der Preisanpassung sei letztlich auch stets uninteressant gewesen; maßgeblich sei vielmehr die Information gewesen, ob man mit einer beabsichtigten Preiserhöhung am Markt allein war oder nicht.
791Der Zeuge H6 hat dies insofern bestätigt, als nach seinen Bekundungen zwar nie konkret über Preiserhöhungen gesprochen worden sei, aber man habe, vor allem im Rahmen der Gespräche über die Rohstofflage, sicherlich auch schon einmal besprochen, dass man in den Preisen etwas tun müsse; dabei habe sich aber keiner exponiert.
792Der von den Zeugen H7 und C4 übereinstimmend geschilderte Hintergrund und Nährwert eines Informationsaustauschs über beabsichtigte Preiserhöhungen belegt des Weiteren, dass es nicht um eine Preiskoordinierung, sondern um die Beseitigung einer Unsicherheit in der Verhandlung von Preiserhöhungen mit dem Handel ging: Das Wissen, ob auch andere die Preise erhöhen wollten oder ob man damit alleine dem Handel gegenüberstand, erleichterte – wie im Einzelnen in den Feststellungen ausgeführt - die eigene Positionierung in den Verhandlungen über Preiserhöhungen mit dem Handel in Jahresgesprächen oder unterjährigen Verhandlungsgesprächen. Zudem verfügten die meisten Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss in ihrem Unternehmen auch gar nicht über eine Position, aufgrund derer sie auf die Preispolitik ihres Unternehmens nachhaltig Einfluss hätten nehmen können; es handelte sich überwiegend vielmehr um Vertriebsmanager der zweiten und dritten Führungsebene. Dies liegt für die im Bereich des Key Account Managements auf nachgelagerter Führungsebene tätigen Betroffenen und Unternehmensrepräsentanten auf der Hand. Im Übrigen haben dies jeweils für ihre Person etwa der Zeuge H7, nach dessen Bekundungen im Unternehmen B6 der von ihm nur mit Informationen versorgte Beirat Entscheidungsträger für Preiserhöhungen gewesen sei, und der Zeuge C4, aus dessen Bekundungen sich für das Unternehmen N3 die ihn als Vertriebsdirektor nicht umfassende gemeinsame Preisfestsetzungszuständigkeit des Geschäftsführers Deutschland und des europäischen Managements ergibt, bestätigt.
793(4.4) Zur Überzeugung des Senats ist jedenfalls für den Zeitraum zwischen Anfang 2002 und Februar 2008 von einer allgemeinen und völlig widerspruchslosen Akzeptanz sowohl der Thematisierung von Jahresgesprächen, Sonderforderungen und Preiserhöhungen als auch der Art und Weise sowie des Ausmaßes eines diesbezüglichen Informationsaustauschs unter den Mitgliedern des Verkaufsleiterausschusses und den jeweiligen Sitzungsteilnehmern auszugehen. Weder aus den Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen noch aus den übrigen in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln ergibt sich auch nur im Ansatz ein Anhaltspunkt dafür, dass irgendein Gremiumsmitglied oder Sitzungsteilnehmer in diesem Zeitraum im oder außerhalb des Gremiums, gegenüber Vorständen bzw. der Geschäftsführung der Konditionenvereinigung oder sonst Bedenken gegen die sich beständig wiederholende Praxis eines Informationsaustauschs über den Stand der Jahresgespräche und über die Verhandlung von Sonderforderungen sowie Preiserhöhungen verlautbart oder dem sogar widersprochen hätte. Solches ist auch nicht den Aussagen der Zeugen H7 und F3 zu entnehmen, soweit diese im Kern übereinstimmend bekundet haben, aufgrund der Anwesenheit von Verbandsjuristen während der Sitzungen den Informationsaustausch als regelkonform eingeschätzt zu haben; ihre Bekundungen lassen allenfalls eine innere gedankliche Reflektion, indes keine Nachfragen oder sonstige Verifizierungsmaßnahmen geschweige denn einen Widerspruch oder eine Distanzierung erkennen. Im Gegenteil spiegelt sich nicht zuletzt in den ungezwungenen und von einem unmissverständlichen Sprachgebrauch geprägten Themenanmeldungen der Teilnehmer, wie sie im Einzelnen hier bereits gewürdigt worden sind, eine deutliche Akzeptanz des Gesprächs über solche Themen.
794(5) Die Umstände, dass der Informationsaustausch vor dem Hintergrund einerseits eines als zunehmend dominierend erlebten Lebensmitteleinzelhandels und andererseits des nach jedenfalls dem Millennium mehr oder weniger steigenden Rohstoffkostendrucks aufkam und praktiziert wurde [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. b)], beruhen auf folgenden Grundlagen:
795(5.1) Die Feststellungen zur seit den 1980er-Jahren wachsenden Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel ergeben sich vornehmlich aus der bereits angeführten, von der vormaligen Nebenbetroffenen B6 dem Bundeskartellamt zur Verfügung gestellten Übersicht „Konzentration im deutschen Lebensmittelhandel Entwicklung 1980 – 2006 / Szenario 2010 Marktanteile der TOP 5“. Nach dieser Übersicht betrug der addierte Marktanteil nach Umsätzen
796(a) der Handelsunternehmen (in aufsteigender Größe der jeweiligen Marktanteile) der T3-Gruppe, U1, der S2-Gruppe, der N2-Gruppe und der B5-Gruppe im Jahr 1980 26,3 %,
797(b) der Handelsunternehmen (in aufsteigender Größe der jeweiligen Marktanteile) der B15-Gruppe, U1, der B5-Gruppe, der S2 AG und der N2-Gruppe im Jahr 1990 bereits 44,7 %,
798(c) der Handelsunternehmen (in aufsteigender Größe der jeweiligen Marktanteile) der T3-Gruppe (6,8 %), der B5-Gruppe (10,6 %), F1/B11 (13 %), der S2-Gruppe (15 %) und der N2-Gruppe (16,7 %) im Jahr 2000 schon 62,2 % und
799(d) der Handelsunternehmen (in aufsteigender Größe der jeweiligen Marktanteile) der B5-Gruppe (10,9 %), der T3-Gruppe (11,4 %), der S2-Gruppe (14,8 %), der N2-Gruppe (15,2 %) und der F1-Gruppe (16,8 %) im Jahr 2006 nunmehr 69,0 %.
800Für das – damals noch zukünftige – Jahr 2010 prognostiziert die Übersicht eine Marktabdeckung durch die TOP 5 des Lebensmitteleinzelhandels in Höhe von 75,8 %. Die Richtigkeit der mit dieser Übersicht im Grundsatz beschriebenen Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel und der dargestellten Tendenz zu einer erheblich bis ab 2000 sogar überwiegenden Marktabdeckung durch die benannten Handelsunternehmen und –organisationen begegnet keinen Bedenken. Sie findet unter anderem darin Bestätigung, dass – wie unter Zugrundelegung der weiteren Übersicht „S4 vs. Top 5 im deutschen Handel“ und der Presseartikel der Lebensmittelzeitung.net „Tauziehen um Konditionen“ vom 14. Dezember 2006 und „Der Handel bittet zur Kasse“ vom 10. August 2006 bereits ausgeführt – die den Süßwarenherstellern gegenüberstehende Abnehmerseite im Wesentlichen durch die Handelsunternehmen F1, S2, N2 und die T3-Gruppe sowie B5 abgebildet wird.
801(5.2) Der Umstand, dass die Süßwarenhersteller vor diesem Hintergrund den Lebensmitteleinzelhandel in Konditionsverhandlungen als zunehmend dominierend erlebten, erschließt sich unter Gesamtwürdigung insbesondere folgender Gesichtspunkte:
802Mit der festgestellten Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel auf wenige Handelsunternehmen bzw. Handelsorganisationen ging denknotwendig eine starke Bündelung von Nachfragemacht auf diese wenigen Abnehmer einher, wohingegen die deutsche Süßwarenindustrie – nach insoweit übereinstimmenden Bekundungen vor allem der Zeugen N14, H7 und H6 – vorwiegend mittelständisch geprägt blieb; bei verständiger Würdigung lässt schon dieser Gegensatz auf eine deutliche Verschiebung der Verhandlungsstärke in Konditionenverhandlungen zugunsten der bedeutenden Handelsunternehmen schließen.
803Die Abhängigkeit zumindest vieler Süßwarenhersteller von den wenigen bedeutenden Handelspartnern zeigt sich beispielhaft ferner in der Aussage des Zeugen H7. Der Zeuge hat bekundet, dass der größte Teil des Inland-Umsatzes des Herstellers B6, nämlich rund 70 % seinerzeit bei diesem Unternehmen über die F1-Gruppe, die N2-Gruppe, die S2-Gruppe, die T3-Gruppe und die B5-Gruppe generiert worden sei, während umgekehrt die Produkte B6s nur einen geringfügigen Bruchteil des Lebensmittelumsatzes dieser TOP 5-Handelsunternehmen ausgemacht hätten; der Verzicht nur eines dieser Handelsunternehmen auf B6 bedeute für dieses ein existenzielles Problem. Bestätigung finden diese Bekundungen in der bereits angesprochenen Übersicht „S4 vs. Top 5 im deutschen Handel“, die eine tabellarische Darstellung „Umsatzbedeutung der Top Händler für S4“ für das Jahr 2007 umfasst, wonach F1+Q8, S2+E1, B5, N2 und M3 zusammen 69,8 % des Netto-Umsatzes von S4 in Deutschland tätigten.
804Die grundsätzliche Abhängigkeit vieler Süßwarenhersteller von den wenigen bedeutenden Handelspartnern tritt zudem darin zutage, dass – befragt nach dem Begriff der Jahresgespräche – etwa der Zeuge H6 spontan bekundet hat, dass man als Hersteller einmal im Jahr vom Handel zur „Erpresserrunde“ eingeladen werde, und ähnlich auch der Zeuge U3 ausgesagt hat, dass man einmal pro Jahr vom Handel „erpresst“ werde. Bereits die Ähnlichkeit in der Formulierung legt ihre in der Branche durchaus gängige Verwendung sowie eine verbreitete Einschätzung der Verhandlungsstärken in der Süßwarenbranche wieder. Letztlich im Einklang damit hat der Zeuge K1 als vormaliger Group Key Account Manager der auf dem Süßgebäckmarkt führenden Nebenbetroffenen C1 bekundet, dass der Handel – wenn man als Hersteller etwa eine Sonderforderung ablehne – im Gespräch schon damit drohe, dann zu überlegen, ob man die Vermarktung des einen oder anderen Produkts des Herstellers aufrecht erhalten könne; vor diesem Hintergrund verhandele man als Hersteller dann eben und versuche, irgendeine Gegenleistung für das Eingehen auf die Sonderforderung zu bekommen. Auch in dieser glaubhaften Aussage zeigt sich die Einschätzung eines deutlich verschobenen Kräfteverhältnisses in den Konditionsverhandlungen.
805(5.3) Die Feststellungen zur Entwicklung der Rohstoffpreise beruhen auf der Gesamtwürdigung der als Ausdruck eingeführten
806(a) Presseinformation der BVE – Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie vom 9. Mai 2007 mit dem Titel „Ernährungs-industrie konkurriert mit Energieerzeugern um Lebensmittelrohstoffe“
807sowie dem eingeführten
808(b) Report Nr. 8 des hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) „Rohstoffpreise 2008“ von Klaus Matthies
809und ferner den als Ausdruck oder Ablichtung ebenfalls eingeführten Übersichten, namentlich insbesondere
810(c) Ausdruck eines >Charts< zum „Monatsdurchschnitt der Preisermittlung Vollmilchpulver und Magermilchpulver 2006 bis 2007“, Süddeutsche Butter- und Käsebörse,
811(d) Ausdruck eines >Charts< zur „Notierung Butter 2006 bis 2008“, Süddeutsche Butter- und Käsebörse Kempen e.V.,
812(e) Übersicht zur Preisentwicklung bei Mandeln (Almonds), Zeitraum 19.07.2007 bis 31.12.2008,
813(f) Übersicht zur Preisentwicklung bei Haselnüsse (Hazelnut Kernels), Zeitraum 2.01.2003 bis 31.12.2008,
814(g) Übersicht zur Preisentwicklung bei Weizen (Wheat), Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2008,
815(h) Übersicht zur Preisentwicklung bei Mais (Corn/Maize), Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2008,
816(i) Übersicht zur Preisentwicklung bei Kakao (Cocoa), Zeitraum 1.1.2006 bis 31.12.2008 sowie
817(j) Übersichten (8 Stück) zur Entwicklung verschiedener Rohstoffpreise in verschiedenen Bezugszeiträumen zwischen 1998 bis 2008.
818bb) Aus den in den diesbezüglichen Feststellungen bereits ausgeführten Gründen [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 1. b)] ergibt sich die Vertraulichkeit der ausgetauschten Geschäftsdaten der einzelnen Unternehmen zu und aus Konditionenverhandlungen schon aus ihrer Natur. Darüber hinaus erschließt sich die Feststellung, dass es sich um unternehmensbezogene Daten zu vertraulichen Geschäftsvorgängen handelte, die im Regelfall nicht allgemein bekannt und zugänglich waren, unter umfassender Würdigung aller relevanten Beweismittel unter besonderer Berücksichtigung der Aussagen der Zeugen H7, H6, C4, K1 und N8 sowie auch durch die Aussage der Zeugin F3.
819(1) Der Zeuge H7 hat bekundet, dass bei Branchentreffen, von denen die Konditionenvereinigung eines gewesen sei, zwischen den Herstellern vergleichsweise offen über Art und Höhe der jeweiligen Handelsforderung gesprochen worden sei. Bei verständiger Würdigung hat der Zeuge mit der Formulierung „vergleichsweise offen“ deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man einen unter regulären Wettbewerbsbedingungen nicht zu erwartenden, weitergehenden Informationsgehalt bekommen habe; soweit der Zeuge als dessen Gegenstand die Mitteilung von Art und Höhe der jeweiligen Handelsforderung bezeichnet hat, impliziert dies denknotwendig den Informationsgehalt, dass der Mitteilende von einer Forderung der von ihm genannten Art und Höhe konkret betroffen sei. Der Zeuge H6 hat im Zusammenhang mit dem von ihm bekundeten Vertrauensverhältnis zwischen den Teilnehmern im Verkaufsleiterausschuss schlüssig und gut nachvollziehbar erläutert, dass keiner gewollt habe, dass Unternehmensinterna wie Absatzzahlen Dritten zuteilwürden. Damit hat der Zeuge aber auch eingeräumt, dass im Verkaufsleiterausschuss – und zwar nicht nur hinsichtlich der von ihm erkennbar nur beispielhaft erwähnten Absatzzahlen – über vertrauliche Geschäftsdaten (Unternehmensinterna) gesprochen wurde. Im Einklang mit den Aussagen der Zeugen H7 und H6 haben zum einen der Zeuge C4 bekundet, dass das in den Sitzungen Erfahrene nicht an außenstehende Kollegen weitergegeben werden sollte, und zum anderen der Zeuge K1 im Kern ausgeführt, vom damaligen Geschäftsführer der Nebenbetroffenen C1 unter Hinweis darauf, dass Wettbewerber zugegen sein würden, zu eher zurückhaltenden Äußerungen im Verkaufsleiterausschuss angehalten worden zu sein; er hätte aber auch ohne einen solchen Hinweis ebenso gehandelt, weil es sich um Unternehmensinterna gehandelt habe. Aus diesen Bekundungen der Zeugen C4 und K1 ergibt sich sichtlich der Charakter der ausgetauschten Informationen als vertrauliche Geschäftsdaten von wettbewerblicher Relevanz, zumal ansonsten nicht erklärlich wäre, warum man (a) zum einen die ausgetauschten Informationen nicht an zwar in wohlmöglich vergleichbarer Verhandlungslage sich befindende, aber außerhalb des Kreises stehende Mitarbeiter anderer Süßwarenhersteller geben sollte bzw. (b) zum anderen selbst im Kreise des Verkaufsleiterausschusses schon ein vorsichtiges Äußerungsverhalten für erforderlich gehalten hat. Hierin fügt sich ferner die Aussage des Zeugen N8 ein, dass er das im Verkaufsleiterausschuss so offen geführte Gespräch über Konditionen schon als ungewöhnlich empfunden habe, zumal selbst unternehmensintern bei dem damals von ihm repräsentierten Hersteller L4 nicht so offen über die mit den Kunden vereinbarten Konditionen gesprochen worden sei. Schließlich hat auch die Zeugin F3, welche ein Gespräch über Preiserhöhungen während ihrer Teilnahme im Verkaufsleiterausschuss verneint hat, dies erläuternd bekundet, es müsse jedem klar gewesen sein, dass es nicht in Ordnung ist, so etwas in der Runde zu besprechen; ein solches Thema hätte alle befremden müssen.
820(2) Den Umstand, dass gerade der Inhalt von Jahresgesprächen im Wirtschaftsleben als grundsätzlich vertraulich erachtet wird, belegt des Weiteren beispielhaft das in die Hauptverhandlung als Ablichtung eingeführte Protokoll der Sitzung des Konsumgüterausschusses des N16es vom 15. November 2007. Laut TOP IV dieses Protokolls berichtete die Geschäftsführung von Meldungen aus dem Mitgliederkreis, dass bei S2-Jahresgesprächen eine Person vermutlich ohne ein seine Anwesenheit rechtfertigendes Beschäftigungsverhältnis zur S2 anwesend sei, was „die Befürchtung rechtfertigt, dass unter diesen Bedingungen der Geheimwettbewerb nicht gewährleistet ist“; der Konsumgüterausschuss fasste daraufhin den Beschluss, der N16 solle die S2 auf diese Bedenken gegen eine Beteiligung des Betreffenden hinweisen.
821(3) Die Feststellung, dass die Vertraulichkeit der in Rede stehenden Informationen nicht aufgrund der ansonsten in der Branche bestehenden Transparenz obsolet war, beruht auf der Gesamtwürdigung insbesondere folgender Beweismittel:
822Die Feststellung einer gewissen Transparenz der Marktgeschehen in der Süßwarenbranche während des in Rede stehenden Zeitraums wird zwar vor allem durch die zahlreichen in die Hauptverhandlung eingeführten und im Einzelnen aus dem Protokoll ersichtlichen Presseberichterstattungen und Pressemeldungen belegt. Diese Berichterstattung in öffentlichen Medien hatte im hier zu betrachtenden Zeitraum zwischen 2002 und 2008 gerade auch in engem zeitlichen Zusammenhang mit einzelnen Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses die dort erörterten Themen zum Gegenstand, namentlich den allgemeinen Verlauf von Jahresgesprächen sowie teilweise auch sich darin ergebende Handelsforderungen, ferner den Gegenstand und Inhalt von Sonderforderungen des Handels und teilweise die Resonanz der Hersteller hierauf sowie die diesbezügliche Verhandlungsintensität der einen und/oder anderen Seite und schließlich vor allem Preiserhöhungsabsichten der Süßwarenhersteller allgemein oder auch einzelner Süßwarenhersteller nebst den dem zugrundeliegenden Entwicklungen der Rohstoffpreise. Dass insbesondere die branchennahe „Lebensmittelzeitung“ mit eben einer diesbezüglichen Berichterstattung auch von Teilnehmern im Verkaufsleiterausschuss regelmäßig gelesen wurde, folgt aus der dies für die jeweils eigene Person einhellig bestätigenden Aussagen der Zeugen G3, H7, H6, C4, F3 und K1. Darüber hinaus wurden Informationen über den Stand paralleler Jahresgespräche – wie vor allem der Zeuge H7 bekundet hat – beispielsweise auch von Seiten des Handels in Jahresgespräche eingebracht. Schließlich wurden diese Themen mit unterschiedlicher Ausprägung und Intensität auch in anderen Verbänden thematisiert, wie sich etwa aus den in die Hauptverhandlung eingeführten Ablichtungen
823(a) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 75/2005 vom 23. Dezember 2005 des N16 e.V. mit der Betreffzeile „Beziehungen Industrie/Handel Konditionenangleichung F1/T4“,
824(b) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 71/2005 vom 14. Dezember 2005 des N16 e.V. mit der Betreffzeile „Beziehungen Industrie/Handel hier: Vorgehensweise der F1 in Sachen Übernahme-Komplex T4“,
825(c) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 60/2005 vom 31.10.2005 des N16 e.V. mit der Betreffzeile „Beziehungen Industrie/Handel F1 – Übernahme der T4 pp. hier: Jahresabsprachen mit der T4“,
826(d) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 56/2005 vom 06.10.2005 des N16 e.V. mit der Betreffzeile „Beziehungen Industrie/Handel F1: Übernahme T4 AG und O1 T20 sowie Beteiligung an O1/T21 und Beitritt zu B8-B14“,
827(e) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 10/2006 vom 28. April 2006 des N16 e.V. mit der Betreffzeile >“Partnerschaftsvergütungen“ der F1<,
828(f) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 08/2006 vom 4. April 2006 des N16 e.V. mit der Betreffzeile > F1 – „Partnerschaftsbonus für die T4-Übernahme<,
829(g) des Mitglieder-Rundschreibens Nr. 06/2006 vom 29. März 2006 des N16 e.V.,
830und (h) der Protokolle der Sitzungen des Konsumgüterausschusses des N16es vom 6. September 2007, 15. November 2007 und 29. Februar 2008
831ergibt.
832Die zugleich in den Feststellungen aber ausgeführte Unzulänglichkeit dieser Informationsquellen aus Sicht der Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss ergibt sich neben der allgemeinen Lebenserfahrung vor allem aus den Aussagen der Zeugen G3, H7, H6, C4 und K1.
833Hiernach wurde zum einen die Berichterstattung gerade in der Lebensmittelzeitung in der Branche zwar als thematisch glaubwürdig, hinsichtlich ihres Informationsgehalts im Einzelnen aber teils skeptisch sowie in maßgeblichen Detailfragen teils unzulänglich bewertet; zudem blieb im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Presseberichterstattung in der Regel unklar, auf welche Quelle sie sich stützt. Dies entspricht der Einschätzung durch die Zeugen G3, H7, H6, C4 und K1:
834So hat der dem Lebensmitteleinzelhandel zuzurechnende Zeuge G3 plausibel bekundet, dass der Informationsinhalt der Lebensmittelzeitung seiner Erfahrung nach nicht stimme, wenn es ins Detail gehe; über L1 habe er dort noch nie etwas Zutreffendes gelesen; es überrasche ihn immer wieder, wie viele Dinge in der Lebensmittelzeitung stünden, die nicht der Wahrheit entsprächen; jedoch ließen sich der Lebensmittelzeitung Tendenzen entnehmen. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, warum der Zeuge in der Hauptverhandlung seine Einschätzung dieser Presseberichterstattung unrichtig wiedergeben sollte. Im Kern teilweise übereinstimmend damit haben der Zeuge H7 bekundet, dass die Berichterstattung in der Lebensmittelzeitung nur teilweise detailliert sei, und der Zeuge C4 ausgesagt, in der Lebensmittelzeitung stünde beispielsweise, dass die Hersteller ihre Preise erhöhen, aber nicht wer und wie, die Lebensmittelzeitung enthalte keine dezidierten Angaben. Der Zeuge H6 hat bekundet, dass es sich bei der Lebensmittelzeitung um die Bildzeitung der Branche handele, weil in ihr jeder Klatsch aus der Branche stehe; jedoch komme ihr eine grundsätzliche Verlässlichkeit zu. Aber auch diese Aussage spiegelt eher eine Skepsis zum Informationswert der Lebensmittelzeitung wider und räumt ihr – wie der Zeuge G3 bereits mit seiner Einschätzung einer tendenziellen Aussagekraft - eine nur grundsätzliche Richtigkeit ein. Den Bild-Zeitungs-Vergleich zog auch der Zeuge K1.
835In Hinsicht zum anderen auf Mitteilungen des Handels in Konditionenverhandlungen hat der Zeuge H7 glaubhaft bekundet, dass der Handel in Jahresgesprächen auch schon einmal den Stand der Gespräche mit anderen Herstellern offenlege, insoweit üblicherweise aber keine Details nenne und man sich immer vor Augen halten müsse, dass solche Informationen seitens des Handels taktisch eingesetzt würden, daher teils unwahr seien, in jedem Fall aber nicht überprüfbar seien. Die damit bekundete Skepsis ist unter Berücksichtigung der für solche Vertragsverhandlungen typischerweise gegensätzlichen Interessenlagen mit der allgemeinen Lebenserfahrung nachzuvollziehen.
836Soweit über Handelsforderungen auch im Rahmen der Verbandstätigkeit des N16es informiert wurde, erlaubte dies – wie aus den eingeführten Rundschreiben und Protokollen ersichtlich ist – insbesondere keine nähere Identifizierung des Betroffenenkreises.
837Schließlich ist unter Würdigung insbesondere der bereits erörterten Aussagen der Zeugen H7, H6, C4, K1 und N8 sowie der sich aus den Themenmeldungen für die Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses zeigenden Informationsinteressen festzustellen, dass die Teilnehmer im Verkaufsleiterausschuss trotz einer gewissen Transparenz der Branche ein weitergehendes Informationsbedürfnis hatten und in dem Informationsaustausch im Verkaufsleiterausschuss einen entsprechenden Mehrwert sahen.
838cc) Unter Würdigung aller vorgenannten relevanten Feststellungen diente der Informationsaustausch zwischen den jeweiligen Sitzungsteilnehmern über den Stand der Jahresgespräche, die Sonderforderungen des Handels und deren Verhandlung und über beabsichtigte Preiserhöhungen auch nicht im Ansatz den mit der Konditionenvereinigung verfolgten Verbandsinteressen. Mit seinem festgestellten Gegenstand und Inhalt berührte der Informationsaustauschs weder den ebenfalls festgestellten Regelungsgegenstand des eingetragenen Konditionenkartells noch diente er dem Zweck einer Information der Konditionenvereinigung als Verband geschweige denn einer Willensbildung in diesem. Im Mittelpunkt des Informationsaustauschs stand vielmehr allein die gegenseitige Information der jeweiligen Sitzungsteilnehmer, um diese in die Lage zu versetzen, den Verlauf und die Ausrichtung sowie eventuelle Verhandlungsspielräume ihrer eigenen Konditionenverhandlungen mit den Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels besser einschätzen und sich entsprechend positionieren zu können.
839dd) Zu den bereits gewürdigten Feststellungen, dass und mit welcher zeitlichen Zuordnung zum einen die Nebenbetroffenen dieses Verfahrens durch die Betroffenen und weitere Unternehmensrepräsentanten und zum anderen weitere Süßwarenhersteller durch ihre jeweiligen Vertriebsrepräsentanten während des Gesamtzeitraums von März 2002 bis einschließlich Januar 2008 im Verkaufsleiterausschuss und damit am festgestellten Informationsaustausch beteiligt waren, wird auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.
840Für die Feststellung der konkreten Sitzungsteilnahmen stützt der Senat seine Überzeugung auf die in die Hauptverhandlung eingeführten Anwesenheitslisten „Sitzung: Vorstand und Verkaufsleiter-Ausschuss der Konditionenvereinigung“ am
8415. Juni 2003, 8. September 2003, 3. Dezember 2003,
84217. Februar 2004, 8. Juni 2004, 13. September 2004, 1. Dezember 2004,
8439. Februar 2005, 31. Mai 2005, 28. September 2005, 30. November 2005,
84418. Januar 2006, 17. Mai 2006, 12. September 2006, 22. November 2006,
84528. Februar 2007, 8. Mai 2007, 10. Oktober 2007, 21. November 2007
846und 23. Januar 2008.
847Nach den insoweit übereinstimmenden Aussagen der Zeugen H6, F3 und K1 sei die Anwesenheitsliste in jeder einzelnen Sitzung herumgereicht worden und jeder habe sich selbst eingetragen. Dies findet Bestätigung im Erscheinungsbild der eingeführten Anwesenheitsliste, von denen jede jeweils ein von Eintragungszeile zu Eintragungszeile unterschiedliches Schriftbild aufweist. Zwar kann in Anbetracht dieser Praxis nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Teilnehmer sich nicht eingetragen haben, so dass der jeweiligen Anwesenheitsliste keine Aussagekraft über eine vollständige Erfassung aller Teilnehmer zugestanden werden kann. Unter Berücksichtigung ihres üblichen Zustandekommens in den Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses erweisen die eingeführten Anwesenheitslisten zur Überzeugung des Senats jedoch, dass jedenfalls die in ihnen jeweils eingetragenen Personen in der jeweiligen Sitzung zu irgendeinem Zeitpunkt anwesend waren.
848Da der Senat auf dieser Grundlage eine Teilnahme des früheren Repräsentanten X2 der Nebenbetroffenen C1 an der Sitzung vom 1. Dezember 2004 nicht feststellen kann, ist der im Schlussvortrag der Verteidigung der Nebenbetroffenen C1 vorsorglich nur für den Fall, dass der Senat von einer Teilnahme des Herrn X2 an dieser Sitzung ausgehe, gestellte Beweisantrag auf Vernehmung des Herrn X2 gegenstandslos.
849c) Nach Gesamtwürdigung aller relevanten Feststellungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Praxis eines über Jahre fortwährend wiederkehrenden Informationsaustauschs über vertrauliche Geschäftsdaten zum Stand der Jahresgespräche, zu Sonderforderungen des Handels und deren Verhandlung sowie zur Unterhandlung bereits angekündigter oder beabsichtigter Preiserhöhungen mit dem festgestellten Informationsstand und Informationsgrad unter besonderer Berücksichtigung (a) des dauernden und fortgesetzten Charakters dieser Praxis sowie ihrer umfassenden Akzeptanz unter den teils auch wechselnden Beteiligten, ferner (b) der offenen und selbstverständlichen Art und Weise der teils wechselnden Teilnehmer, diese Themen im Verkaufsleiterausschuss zur Sprache zu bringen (Themenmeldungen) und an einer diesbezüglichen Aussprache mitzuwirken,
850damit zusammenhängend (c) der umfassenden Beteiligung der an den Sitzungen teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten am jeweiligen Informationsaustausch und nicht zuletzt (d) der nicht Verbandsinteressen, sondern in erster Linie den unternehmensbezogenen Informationsinteressen der einzelnen Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss dienenden Zweckrichtung des Informationsaustauschs (gegenseitiger Informationsaustausch) nur auf einem unter den Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss andauernden Willenskonsens hierzu bestehen kann. Desgleichen ist der Senat auf dieser Entscheidungsgrundlage davon überzeugt, dass die diesen Konsens tragende und durch die wiederholte – aktive wie passive - Beteiligung an einem entsprechenden Austausch von Informationen zumindest stillschweigend zustande gekommene Grundübereinkunft zu einer künftig stehenden Praxis eines solchen Informationsaustauschs in Anbetracht des bis dahin bereits seit März 2002 wiederholt, offen und wie selbstverständlich hingenommenen und geschehenen Informationsaustauschs spätestens in der Sitzung am 5. Juni 2003 bestand. Dabei stellt sich die in ihrer bloß tatsächlichen Bindungswirkung allein auf die Vertrauenswürdigkeit und dem wechselseitigem Vertrauen unter den Unternehmensrepräsentanten gründende Grundübereinkunft als ein sogenanntes Gentlemen´s Agreement dar.
8512. Die Feststellungen zum Dauercharakter der Grundvereinbarung als fortbestehendes Einigsein über die fortan stehende und beizubehaltende Praxis eines Informationsaustauschs über vertrauliche Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen erschließen sich unter Gesamtwürdigung aller bereits erörterten Umstände und Gesichtspunkte zum Geschehen im Verkaufsleiterausschuss zwischen 2002 und 2008. Bei verständiger Würdigung war der festgestellte Konsens nicht auf ein zeitlich befristetes oder sachlich eingegrenztes, sondern auf ein permanentes und generelles Informationsinteresse zu von vornherein in der Zukunft immer wieder zu erwartende, typische Schwerpunkthemen des Vertriebs, nämlich Jahresgespräche, Sonderforderungen und Preiserhöhungen, gerichtet. Aufgrund insbesondere dieses Gesichtspunkts ist der Senat davon überzeugt, dass das inhaltlich auf eine zukünftige Verhaltenskoordinierung, nämlich den Informationsaustausch zu diesen Themen, gerichtete Gentlemen´s Agreement und der damit einmal stillschweigend vereinbarte Willenskonsens, im Verkaufsleiterausschuss sich so generell verhalten zu wollen, als Grund und Träger des sodann über Jahre erfolgten Informationsaustauschs fortbestand, ohne dass - wofür sich angesichts der gelebten Selbstverständlichkeit des Informationsaustauschs auch keine Anhaltspunkte ergeben - es seiner stets erneuten Herbeiführung von Sitzung zu Sitzung bedurfte oder die gelegentliche Nichtteilnahme eines Unternehmensrepräsentanten oder die Neuaufnahme von Teilnehmern zur Unterbrechung des gemeinsamen Einigseins führte. Im Gegenteil lässt der gerade im schlüssigen Verhalten begründete Konsens es nur erwarten, dass seine Aufkündigung durch eine unzweifelhafte Distanzierung von ihm erfolgt, was allein weder in der bloß schweigenden Sitzungsteilnahme noch im gelegentlichen Fernbleiben liegt, da solche Verhaltensweisen ohne hinzutretende Verdeutlichung eines dem Informationsaustausch gerade widersprechenden Willens immer noch als Konsensbestätigung verstanden werden können.
852Im Übrigen ergeben sich die objektiven Feststellungen zur Umsetzung der Grundvereinbarung im Zeitraum Juni 2003 bis Februar 2008 im Wesentlichen aus den bereits erörterten Gesichtspunkten. Dies gilt namentlich vor allem für
853(a) die unterschiedlichen Zeiträume einer Mitwirkung der Betroffenen W1, T1, M1, B1, M2 und S1 sowie der weiteren Unternehmensrepräsentanten der Nebenbetroffenen C1 (C3, X2 und der Zeuge K1) und H1 (I1 und die Zeugin F3),
854(b) die unterschiedlichen Zeiträume einer Beteiligung anderer Repräsentanten weiterer Süßwarenhersteller,
855(c) die Art und Weise der jeweiligen Mitwirkung,
856(d) das übliche Prozedere der Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiterausschusses einschließlich der sie vorbereitenden Umstände, speziell
857 die regelmäßig mit der Aufforderung zu Themenvorschlägen verbundene Einladung durch den Betroffenen M2,
858 die Themenmeldungen von Teilnehmern, insbesondere des seinerzeitigen C1-Repräsentanten X2 und den Betroffenen W1 sowie der Zeugin F3 und des Betroffenen B1 ,
859 die Leitung und der übliche Ablauf der Sitzungen,
860(e) die im Fokus der Sitzungen stehenden Themen Stand der Jahresgespräche, Sonderforderungen und Preiserhöhungen nebst den sie erläuternden Feststellungen sowie die generell zu diesen Themen festgestellten Inhalte des Informationsaustauschs,
861(f) die Vertraulichkeit der ausgetauschten Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen mit dem Handel und
862(g) die einzelnen Termine und Tagesordnungsinhalte der Sitzungen im Zeitraum 5. Juni 2003 bis einschließlich 23. Januar 2008 sowie die Teilnehmer der jeweiligen Sitzung.
8633. Die Feststellungen zur Marktabgrenzung und die Feststellung eines Wettbewerbsverhältnisses zum einen zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 auf dem bundesweiten Süßgebäckmarkt und zum anderen zwischen der Nebenbetroffenen D1 und den weiteren im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Bonbonherstellern T2, S7 und L4 auf dem deutschen Bonbonmarkt sowie schließlich der Wettbewerbsstrukturen auf diesen beiden Produktmärkten ergeben sich zur Überzeugung des Senats aus folgenden Beweisgegenständen und Gesichtspunkten:
864a) Der Senat hat in verschiedener Hinsicht Feststellungen zur Marktabgrenzung und den sich aufgrund dessen ergebenden Wettbewerbsverhältnissen getroffenen, namentlich
865(a) in der Beurteilung, dass ein umfassender Markt für Süßwaren weder unter dem Gesichtspunkt eines Wettbewerbs um Verkaufsflächen [Gründe zu I. Gliederungspunkt B.2. d) aa) (1)] noch im Sinne eines einheitlichen Produktmarktes [Gründe zu I. Gliederungspunkt B.2. d) aa) (2)] festgestellt werden kann, sondern vielmehr
866(b) getrennte bundesweite Produktmärkte jedenfalls für Süßgebäck [Gründe zu I. Gliederungspunkt B.2. d) bb) (1) (1.1)] und Bonbons [Gründe zu I. Gliederungspunkt B.2. d) bb) (2)(2.1)] festzustellen sind, wobei
867(c) die Nebenbetroffenen C1 und H1 als Wettbewerber dem Süßgebäckmarkt [Gründe zu I. Gliederungspunkt B.2. d) bb) (1) (1.2)] zuzuordnen sind sowie
868(d) die Nebenbetroffene D1 mit den von ihr vertriebenen Produkten vor allem mit den ebenfalls im Verkaufsleiterausschuss in Erscheinung tretenden Herstellern T2, S7 und L4 auf dem Bonbonmarkt im Wettbewerb steht [Gründe zu I. Gliederungspunkt B.2. d) bb) (2) (2.2].
869Bei den Feststellungen zur Marktabgrenzung und der in die festgestellten Märkte einzubeziehenden Anbieter hat der Senat in seiner Vorgehensweise das Bedarfsmarktkonzept zugrunde gelegt. Hiernach umfasst der sachlich relevante Markt sämtliche Erzeugnisse oder Dienstleistungen, welche von der Marktgegenseite hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres Verwendungszwecks als funktionell austauschbar angesehen werden
870(vgl.: BGH, Beschluss v. 03.07.1976 – KVR 4/75, WuW/E BGH 1435 (1440) - Vitamin-B-12; BGH, Beschluss v. 21.12.2004 – KVR 26/03, WuW/E DE-R 1419 (1423) m.w.N. - Deutsche Post/trans-o-flex; BGH, Urteil v. 24.01.2017 – KZR 2/15, zitiert nach juris Tz. 20 m.w.N. – Kabelkanalanlagen; Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 19 Rz. 24 ff.; Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 19 Rz. 7 ff.; Bekanntmachung der Kommission vom 09.12.1997 über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft – 1997/1209 EG, ABl. EG C 372, S. 5 – 13, Tz. 7).
871Maßgeblich ist die Auffassung des verständigen Durchschnitts-Nachfragers (vgl. Paschke in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand Mai 2010, § 19 GWB Rz. 74). Dabei ist – was vorliegend Relevanz hat – im Falle einander nachgeschalteter Markt- bzw. Wirtschaftsstufen für die Austauschbarkeit grundsätzlich auf die Nachfragesicht der einzelnen Marktstufen abzustellen (vgl.: Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 19 Rz. 25.; Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 19 Rz. 25; Paschke in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand Mai 2010, § 19 GWB Rz. 72, 79), was aber nicht zwingend zu Unterschieden führen muss, wenn etwa die Sicht des Endnachfragers auf die des ihn beliefernden Nachfragers der vorgelagerten Stufe durchschlägt (vgl. Möschel, a.a.O. m.w.N.). Das Kriterium der funktionalen Austauschmöglichkeiten aus Sicht der Nachfrager ist auch für die Bestimmung des räumlich relevanten Marktes zugrunde zu legen (vgl.: BGH, Beschluss v. 13.07.2004 – KVR 2/03, WuW/E DE-R 1301 (1302) - Sanacorp/ANZAG; Möschel in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 19 Rz. 35), so dass im Grundsatz entscheidend ist, welche Anbieter aus Sicht des verständigen Durchschnittsnachfragers unter Berücksichtigung einerseits des räumlichen Bereichs, in welchem dessen Bedarf entsteht, und andererseits eventueller Handelshemmnisse tatsächlicher (z.B. Entfernung, Transportkosten) oder rechtlicher (z.B. Zollschranken) Art als Bezugsalternative in Betracht kommen.
872Ausgehend hiervon beruhen die getroffenen Feststellungen auf folgenden Grundlagen:
873aa) Dass sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung kein umfassender Wettbewerb um Verkaufsflächen feststellen lässt, ist im Rahmen der Gründe zu I., dort Gliederungspunkt B. 2. d) aa) (1) im Einzelnen bereits erläutert. Die im Gegenteil festzustellenden Anhaltspunkte gegen ein solches Marktverständnis ergeben sich
874(a) hinsichtlich des Umstandes, dass Gegenstand der Jahresgespräche wie auch der Verhandlungen über Sonderforderungen nicht die entgeltliche Vermarktung von Verkaufsflächen, sondern üblicherweise die Lieferung von Produkten der Hersteller mit dem Fokus auf dem Netto-Netto-Preis ist, aus der Gesamtbetrachtung der Aussagen der Zeugen G3, H7, H6, C4, F3 und K1 zum regelmäßigen Gegenstand und Inhalt der Jahresgespräche, wobei insbesondere die Zeugen C4 und F3 die zentrale Bedeutung der Netto-Netto-Preise als Verhandlungsergebnis akzentuiert bekundet haben,
875(b) hinsichtlich des Umstandes, dass in den Jahresgesprächen und Sonderforderungsverhandlungen auf Seiten des Handels üblicherweise niemand aus den für die Filialplanung und Regalflächenplanung sowie für das Category Management zuständigen Managementbereichen teilnimmt, hauptsächlich aus der Aussage des Zeugen G3, der dies jedenfalls für das Handelsunternehmen L1 bestätigt hat. In Anbetracht des von ihm und den übrigen Zeugen bekundeten Gegenstands und Inhalts von Konditionenverhandlungen erschließen sich die diesbezüglichen Bekundungen des Zeugen jedoch als allgemeinen und generellen Charakters.
876bb) Dass ferner auch kein umfassender Absatzmarkt für Süßwaren festzustellen ist, beruht – wie in den Gründen zu I. B.2.d) aa) (2) ausgeführt – vor allem auf den einem solchen Marktverständnis widersprechenden Feststellungen zu einer an der Endverbrauchernachfrage orientierten Sortimentsbildung im Lebensmitteleinzelhandel und der deshalb auf die Nachfrage des Handels durchschlagenden, zwischen Süßwaren nach deren verschiedenen Eigenschaften differenzierenden Verbraucherauffassung.
877Die Sortimentsbildung ist ein – für die Mitglieder des Senats wie für jeden Endverbraucher von Lebensmitteln in den Verkaufsstätten des Lebensmitteleinzelhandels ohne weiteres offenbares und erwartetes – typisches Merkmal des Lebensmitteleinzelhandels, was zudem die Aussagen vor allem der Zeugen N14 und G3 bestätigt haben. Dass der Lebensmitteleinzelhandel sein jeweiliges Sortiment in erster Linie nach der sowohl beobachteten als auch unter Berücksichtigung der Wirkung von Werbe- und Aktionsmaßnahmen prognostizierten Erwartung des Endverbrauchers bildet und zusammenstellt, hat der Zeuge G3 jedenfalls mit Geltung für das Handelsunternehmen L1 bekundet und ist darüber hinaus allgemein ein Gebot der kaufmännischen Vernunft und marktorientierten Unternehmensführung. Namentlich hat der Zeuge G3 glaubhaft bekundet, L1 bilde ein kundenorientiertes Sortiment; hierzu ermittele L1 die Kundenerwartung vor allem aufgrund der Daten zum Abverkauf einzelner Produkte und Warengruppen; diese Daten würden anhand des eigenen Warenwirtschaftssystems erfasst und ergäben sich darüber hinaus aus Marktforschungszahlen etwa von O4 oder N14; ferner berücksichtige L1 etwa, ob ein Marketing-Plan hinter dem Vertrieb einzelner Produkte stehe und wie dieser aussehe; daneben versuche man eine Prognose der Kundennachfrage anhand von N14- und O4-Daten zur Entwicklung einzelner Warengruppen und des Marktes; diese Marktforschungszahlen würden teils aus direkter Erhebung beim Endkäufer stammen und teils von Händlern den Marktforschungsunternehmen zur Verfügung gestellt; die so zu verstehende Kundenorientierung sei auch wichtig bei der Verhandlung von Zweitplatzierungen mit den Herstellern, zumal Maßstab für den Einkäufer insoweit sei, dass bevorzugt solche Waren in die Zweitplatzierung kommen, die vom Endverbraucher dann auch mehr gekauft würden, also zusätzlichen Umsatz brächten. Die Aussage des Zeugen G3 ist insoweit detailliert und in sich schlüssig. Das sich aus der Aussage erschließende Verständnis einer Orientierung der Sortimentsbildung an der empirisch ermittelten und auf dieser Grundlage für die Zukunft prognostizierten Umsatzerwartung im Weiterverkauf entspricht zudem kaufmännischer Vernunft. Im Einklang mit den Bekundungen des Zeugen G3 steht schließlich auch das von der Zeugin N14 bekundete Ermittlungsergebnis im Amtsverfahren. Hierzu hat die Zeugin insbesondere im Hinblick auf die Vergabe von Zweit- und Sonderplatzierungen bekundet, dass nach den Ermittlungen des Amtes für den Handel entscheidend gewesen sei, welcher Umsatz mit dem Verbraucher zu generieren gewesen sei.
878Nach alledem steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandels bei den Süßwarenherstellern im Wesentlichen die Endverbrauchernachfrage nachzeichnet. Dies gilt auch in Hinsicht auf Produkte, die der Lebensmitteleinzelhandel aufgrund verschiedener Präferenzen und Produkt- bzw. Markenbindungen der Endverbraucher oder aus dem Anliegen, im Sortiment Kauf- und Wechselalternativen zu bieten, typischerweise nebeneinander dem Endverbraucher anbietet und dementsprechend nebeneinander von den Herstellern bezieht. Es ergeben sich indes keine Anhaltspunkte für eine Erstarrung des Käuferverhaltens in dem Sinne, dass ein Wechsel auf das jeweils andere Produkt generell ausgeschlossen wäre. Im Gegenteil spricht die allgemeine Lebenserfahrung für eine – insbesondere von Werbemaßnahmen und/oder Aktionsmaßnahmen wie Sonderangeboten beeinflussbare – Beweglichkeit des Nachfrageverhaltens der Endverbraucher in der Gesamtheit. Insofern bleibt unter der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung in erster Linie die Endverbrauchernachfrage sowie deren Entwicklung weiterhin maßgeblich für die Sicht des nachfragenden Handels, so dass eine Austauschbarkeit von Produkten, die der Handel als an für sich unerlässliche Sortimentsbestandteile erachtet, zumindest in Hinsicht auf die Beschaffungsvolumina besteht.
879Hieraus ergibt sich die daran anschließende Feststellung, dass die Endverbrauchersicht dazu, ob und welche Süßwaren untereinander austauschbar sind, auf die Nachfrage des Handels durchschlägt. Die weitere Feststellung, dass nach der somit auch für die Nachfrage des Handels maßgeblichen Verbraucherauffassung Süßwaren nicht schlechthin untereinander austauschbar sind, beruht auf der eigenen Sachkunde des Senats, dessen Mitglieder ebenfalls zu den angesprochenen Verbraucherkreisen zählen. Die Beurteilung einer Verbraucherauffassung anhand eigener Sachkunde des Gerichts steht unter diesen Voraussetzungen mit den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen im Einklang (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.1975 – KZR 11/74, WuW/E BGH 1482-1485, zitiert nach juris Tz. 14 - Eiskonfekt II).
880cc) Eben auf dieser eigenen Sachkunde des Senats beruht ferner die Feststellung eines sachlichen Produktmarktes (auf der vorgelagerten Absatzstufe mit den Herstellern als Anbieter und dem Lebensmitteleinzelhandel als Nachfrager) zum einen für Süßgebäck und zum anderen für Bonbons. Dies gilt jeweils namentlich für die Bestimmung des Bedarfs des Durchschnitts-Endverbrauchers und der Eigenschaften, welche die zur Deckung dieses Bedarfs vergleichbaren Produkte zu einer marktgleichwertigen Produktgruppe verbinden [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. d) bb) (1) (1.1) – Süßgebäckmarkt – und Gliederungspunkt B. 2. d) bb) (2) (2.1) – Bonbonmarkt].
881(1) Hinsichtlich des auf dieser Grundlage abgegrenzten Süßgebäckmarktes ist ergänzend auszuführen:
882Aus der vom Senat in eigener Sachkunde beurteilten Verbraucherauffassung ergibt sich unter weiterer Berücksichtigung der – in ihren Beweisgründen bereits erläuterten – Feststellungen zum Marken- und Produktportfolio zum einen der Nebenbetroffenen C1 und zum anderen der Nebenbetroffenen H1 insbesondere auch die Feststellung eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen diesen beiden Süßgebäckherstellern [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. d) bb) (1)(1.2)].
883Einer Marktgleichwertigkeit zwischen einerseits den C1-Produkten und andererseits den H1-Produkten steht nicht entgegen, dass die beiden Hersteller sich mit ihren jeweiligen Produkten bzw. Produktlinien in unterschiedlichen Preislagen bewegen mögen. Der diesbezüglich im Schlussvortrag der Verteidigung der Nebenbetroffenen C1 angeführte Einwand greift nicht durch, weil – wie in den Feststellungen ausgeführt [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. d) bb) (1)(1.1)] - Preisunterschiede zwischen ansonsten nach ihren Eigenschaften und Verwendungszwecken vergleichbaren Süßgebäckprodukten aus Verbrauchersicht ihre Austauschbarkeit nicht begrenzen. Auch insoweit stützt sich der Senat zur Beurteilung dieser Verbraucherauffassung auf seine eigene Sachkunde.
884Schließlich greift auch der Einwand der Verteidigung der Nebenbetroffenen C1 nicht durch, dass die sogenannten „Flaggschiffprodukte“ oder auch „must have“-Produkte der Nebenbetroffenen C1 und H1, namentlich die Q4 (H1) und der M5 (C1), aus Sicht des Handels für dessen Sortimentsbildung unverzichtbar und deshalb nicht gegeneinander austauschbar seien, so dass zumindest insoweit kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den beiden genannten Nebenbetroffenen bestünde. Wie im Einzelnen bereits im Zusammenhang mit der Verneinung eines umfassenden Absatzmarktes für Süßwaren erläutert [vorheriger Gliederungspunkt bb)], hängt das produktbezogene Beschaffungsvolumen des Handels selbst bei solchen „Flaggschiffprodukten“ oder „must have“-Produkten“ davon ab, in welchem Umfang die Gruppe der Endverbraucher sie insgesamt nachfragen, was wiederum zur Frage der grundsätzlichen Austauschbarkeit von Süßgebäck-Produkten nach Verbraucherauffassung führt. Die Verbraucherauffassung schlägt somit auch in diesen Fällen auf die Sicht des Handels mit der Folge durch, dass selbst die für den Lebensmitteleinzelhandel – jedenfalls in einem bestimmten Zeitpunkt - unverzichtbaren Sortimentsbestandteile einer letztlich durch die Endverbrauchernachfrage bestimmten Austauschbarkeit zumindest im Beschaffungs- und Nachfragevolumen des Handels unterliegen. Der insoweit im Schlussvortrag der Verteidigung der Nebenbetroffenen C1 vorsorglich für den Fall, dass der Senat von einem – sinngemäß: die „Flaggschiffprodukte“ – umfassenden Wettbewerbsverhältnis zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 ausgehen sollte, gestellte Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachten über die Tatsache,
885„dass zentrale Produkte von C1 und H1, insbesondere der M5 und die Q4, sog. „must have“-Produkte sind, die für den LEH nicht in einem Austauschverhältnis stehen“,
886war vor diesem Hintergrund abzulehnen:
887Der Senat geht im Ausgangspunkt ebenso wie die Verteidigung davon aus, dass die angesprochenen Produktmarken für den Lebensmittelhandel an für sich nebeneinander – jedenfalls aktuell – unumgängliche Sortimentsbestandteile sind (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Jedoch schlägt die Verbraucherauffassung zur Marktgleichwertigkeit von Süßgebäckprodukten auch insoweit auf die Sicht des Handels durch, weil die im Umfang wandelbare Endverbrauchernachfrage die Beschaffungsvolumina des Handels im Hinblick auf die einzelnen Produkte maßgeblich bestimmt. Zur Beurteilung der daher auch insoweit auf die Sicht des zwischengeschalteten Handels durchschlagenden Verbraucherauffassung kann sich der Senat, dessen Mitglieder ebenfalls zu den angesprochenen Verbraucherkreisen zählen, auf seine eigene Sachkunde stützen (§ 71 Abs. 1 OWiG i.V.m § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO).
888(2) Wie in den Feststellungen im Einzelnen ausgeführt, hat die Hauptverhandlung keine ausreichenden Feststellungen zu weiteren Produktmärkten erbracht. Insoweit bestand zur weiteren Sachverhaltsaufklärung für den Senat unter Berücksichtigung der geschäftlichen Schwerpunktes der Nebenbetroffenen dieses Verfahrens, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und vor allem der Bedeutung der Sache kein Anlass. Mangels jeglicher Feststellungen des Senats zur Marktabgrenzung und zur Bestimmung der Wettbewerbsverhältnisse in Hinsicht auf insbesondere Schokoladenwaren kommt der vorsorglich für den Fall, dass der Senat von einem Wettbewerbsverhältnis zwischen „Q10!“ und anderen (Schokoladen)Riegeln ausgehen sollte, im Schlussvortrag der Verteidigung der Nebenbetroffenen C1 gestellte Beweisantrag,
889ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass Umsatzzuwächse oder –verluste bei Q10! nicht zu Umsatzverlusten oder –gewinnen bei Schokoriegelherstellern geführt haben,
890von vornherein nicht zum Tragen. Desgleichen greift deshalb von vornherein auch nicht die Bedingung des von der Verteidigung der Nebenbetroffenen G1 im Hinblick auf einen Sortimentsvergleich zwischen dieser Nebenbetroffenen und dem Süßwarenhersteller Q6 „vorsorglich“ für den Fall gestellten Beweisantrags auf Erhebung von Urkundsbeweis,
891„dass der Senat aufgrund des bisher in das Verfahren eingeführten Sachverhalts die Tatsache, dass die Produkte von Q6 in einer deutlich tieferen `Preisliga´ angesiedelt sind“.
892.
893b) Die Feststellungen zu den Wettbewerbsstrukturen auf dem bundesweiten Süßgebäckmarkt beruhen im Wesentlichen auf den Marktuntersuchungen des Marktforschungsunternehmens O4, namentlich dessen als Ausdruck in die Hauptverhandlung eingeführten Übersichten
894(a) „NLI DEUTSCHLAND OHNE B5 INCL. KL.200 QM“ mit der weiteren Bezeichnung „UMSATZ in MIO EUR“ beginnend mit dem in der ersten Zeile benannten Bezugspunkt „SG ges. inkl. Diät“, welche u.a. die Gesamtumsätze mit Süßgebäck („SG ges.) und des prozentualen Anteils der dort benannten Hersteller daran für den jeweils entsprechenden Beobachtungszeitraum aus den Jahren 2002 und 2003 gegenüberstellt,
895(b) „NLI DEUTSCHLAND OHNE B5 INCL. KL.200 QM“ mit der weiteren Bezeichnung „UMSATZ in MIO EUR“ beginnend mit dem in der ersten Zeile benannten Bezugspunkt „SG ges. inkl. Diät“, welche u.a. die Gesamtumsätze mit Süßgebäck („SG ges.) und des prozentualen Anteils der dort benannten Hersteller daran für den jeweils entsprechenden Beobachtungszeitraum aus den Jahren 2004 und 2005 gegenüberstellt,
896und
897(c) „NLI DEUTSCHLAND OHNE B5 INCL. KL.200 QM“ mit der weiteren Bezeichnung „UMSATZ in MIO EUR“ beginnend mit dem in der ersten Zeile benannten Bezugspunkt „SG ges. inkl. Diät“, welche u.a. die Gesamtumsätze mit Süßgebäck („SG ges.) und des prozentualen Anteils der dort benannten Hersteller daran für den jeweils entsprechenden Beobachtungszeitraum aus den Jahren 2005 und 2006 gegenüberstellt,
898sowie ferner auf der ebenfalls eingeführten
899(d) tabellarischen Übersicht „Umsatzmarktanteil Jahr 2008 (in %) von Unternehmen nach Produktsegmenten (im LEH inkl. Hard Discounter, inkl. Drogeriemärkte, inkl. Tankstellen, inkl. Impuls)“ mit der Angabe „Quelle: The O4 Company“ in der Fußzeile, Teil der Anlage 5 zum Schreiben von Rechtsanwältin X6 (Verteidigerin der damaligen Nebenbetroffenen T2) an das Bundeskartellamt vom 18. Dezember 2009.
900Auf diese im Konvolut als Anlage 2 diesem Urteil angeschlossene Übersichten wird zum Zweck ihrer Veranschaulichung Bezug genommen.
901aa) Die drei benannten, jeweils mit „NLI DEUTSCHLAND OHNE B5 INCL. KL.200 QM“ überschriebenen Übersichten des Marktforschungsunternehmens O4 weisen jeweils in ihrer linken – gesondert stehenden – Spalte eine Gegenüberstellung von Werten aus, die sich ausweislich der unter der Spalte befindlichen Erläuterung zeitlich auf je zwei in Kalenderwochen berechnete Beobachtungszeiträume aus aufeinander folgenden Jahren beziehen. Rechts neben der Spalte ist der sachliche Bezugspunkt jeweils in der ersten Zeile mit „SG ges. incl. Diät“ und sodann mit Bezeichnungen verschiedener Hersteller bzw. Marken sowie mit den Bezeichnungen „Handelsmarken“ und „restl. Marken“ gekennzeichnet. Dabei verstehen sich die auf die Hersteller bzw. Marken bezogenen Werte erkennbar wie folgt: Teilweise werden – wie in allen drei Übersichten hinsichtlich der Nebenbetroffenen C1 und H1 – zunächst die dem jeweiligen Hersteller insgesamt zuzurechnenden Werte und sodann die dazu führenden Einzelwerte seiner Marken aufgeführt; so wird beispielsweise in der eingangs unter (b) bezeichneten Übersicht der „C1 Company“ für den Beobachtungszeitraum „YTD BIS KW 35.04“ ein Wert von 18,6 zugeordnet, welcher letztlich der Summe aus den nachfolgend benannten Werten für „C1 C12“ (wobei C12 erkennbar für Marke steht) mit 9,0, „M5“ mit 9,0 und „C12“ [ausweislich des eingeführten Internetausdrucks vom 6. Februar 2013 „Die C1 Chronik“ zur Nebenbetroffenen C1 gehörend] mit 0,6 entspricht.
902Dass der in der jeweils ersten Zeile benannte sachliche Bezugspunkt „SG“ für Süßgebäck steht, erschließt sich nicht nur aus den sodann in der Aufstellung benannten Herstellern und Marken, bei denen es sich – wie im Fall der Nebenbetroffenen C1 und H1, aber auch im Fall der ferner aufgeführten Begriffe „E6“ und „M12“ - um marktbekannte Süßgebäckhersteller bzw. Süßgebäckmarken handelt; vielmehr hat darüber hinaus der branchenzugehörige Zeuge N8 auf die Frage nach der Bedeutung der Abkürzung „SG“ in der oben zu (b) angeführten Übersicht spontan bekundet, dass „SG“ Süßgebäck heiße.
903Während die in der jeweils ersten Zeile benannten Werte – was sich schon aufgrund ihrer Höhe ergibt - den absoluten Betrag des Gesamtumsatzes mit Süßgebäck („SG ges.“) in – wie aus der Tabellenüberschrift folgt „UMSATZ in MIO EUR“ folgt – Millionen Euro angeben, handelt es sich bei den Wertangaben zu den Herstellern bzw. Marken um prozentuale Anteile an diesem Gesamtumsatz; dies erschließt sich schon daraus, dass die fraglichen Werte – bei der geschilderten Untergliederung unter einzelnen Herstellern oder Gruppen von Marken nur die diesbezüglich zusammenfassenden Werte – sich mit den Werten für Handelsmarken und „restl. Marken“ jeweils auf (rund) 100 addieren.
904Schließlich sind die drei Übersichten dahin zu verstehen, dass sie die Umsatzzahlen aus dem Absatz an die Endverbraucher / Konsumenten darstellen. Dies ergibt sich aus der Einbeziehung der Handelsmarken und dem von der Zeugin N14 bekundeten Ermittlungsergebnis des Amtes, dass O4 Endverbraucherdaten erhebe. Dies entspricht auch den Bekundungen des Zeugen G3.
905Aus den nach Überzeugung des Senats so zu verstehenden drei O4-Übersichten ergibt sich die Entwicklung der Anteile am Absatz von Süßgebäck an den Endverbraucher in den (eingeschränkt und unterschiedlich) erfassten Beobachtungszeiträumen der Jahre 2002 bis 2006 wie folgt:
906Hersteller |
2002 |
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
Handelsmarken |
28,5 % |
29, 1 % |
34,5 % |
35,1 % |
34,0 % |
C1 |
21,0 % |
21,2 % |
18,6 % |
17,3 % |
17,3 % |
H1 |
12,5 % |
12,4 % |
14,4 % |
14,3 % |
14,6 % |
… |
3,4 % |
3,3 % |
|||
M12-Gruppe |
4,0 % |
3,6 % |
3,1 % |
3,4 % |
3,6 % |
E6 |
2,0 % |
1,4 % |
1,1 % |
0,9 % |
1,0 % |
N4s (N3) |
2,6 % |
2,1 % |
1,0 % |
0,9 % |
0,5 % |
T1 |
- |
- |
1,8 % |
1,8 % |
1,8 % |
restliche Marken |
26,1 % |
26,8 % |
25,5 % |
26,1 % |
27,0 % |
Diese Angaben sind allerdings unter den Einschränkungen ihres Aussagegehalts zu würdigen, dass sie zum einen – wie schon aus der Übersichtsüberschrift „NLI DEUTSCHLAND OHNE B5 INCL. KL.200 QM“ jeweils folgt - das über die B5-Unternehmensgruppe im Süßgebäck-Absatz mit sowohl Herstellermarken als auch B5-Handelsmarken erreichte Umsatzvolumen nicht berücksichtigen und zum anderen – wie die jeweilige Bezeichnung des Beobachtungszeitraums aufzeigt – in jedem Fall nicht das jeweilige Gesamtjahr erfassen und in den daher eingeschränkten Beobachtungszeiträumen auch noch unterschiedlich bemessen sind. So legen etwa die unter (a) und (c) bezeichneten Übersichten jeweils die ersten 39 Kalenderwochen des jeweiligen Jahres zugrunde, während die unter (b) angeführte Übersicht sich auf die ersten 35 Kalenderwochen der dargestellten Jahre beschränkt. Unter dieser Maßgabe zeigen die drei O4-Übersichten zur Überzeugung des Senats indes zumindest tendenzielle Größenordnungen mit den Teilergebnissen auf, dass
908 der Konsumentenmarkt jedenfalls zwischen 2002 und 2006 durch eine starke Präsenz von Handelsmarken geprägt war, wobei in Ermangelung entgegenstehender Anhaltspunkte zugrunde zu legen ist, dass sich diese Entwicklung auch in den beiden Folgejahren 2007 und 2008 fortgesetzt hat,
909und
910 im Absatz auf dem Konsumentenmarkt – wie in den Feststellungen ausgeführt - die Hersteller-Marken der Nebenbetroffenen C1 mit einem Absatzanteil von 15 % bis mindestens 20 % und der Nebenbetroffenen H1 mit einem Absatzanteil von etwa 10 % bis 15 % im selben Zeitraum eine mit erheblichem Abstand marktführende Bedeutung hatten, während die Marktbedeutung der im Absatz nächstfolgenden Marken zum einen der M12-Gruppe mit einer über diesen Zeitraum abfallenden Tendenz unter 5 % und zum anderen der weiteren Süßgebäckhersteller noch darunter lagen.
911Im Übrigen bestätigen die drei O4-Übersichten ebenfalls die Marktabgrenzung des bundesweiten Süßgebäckmarktes. Die Übersichten erfassen den Absatz von Süßgebäck einheitlich, ohne Bereiche eventuell unterschiedlich disziplinierender Wettbewerbseinflüsse erkennen zu lassen. Dies indiziert unter Berücksichtigung des Umstandes, dass O4-Daten – wie eingangs der Beweiswürdigung allgemein zur Beweiskraft von O4-Daten bereits ausgeführt – von den Süßwarenherstellern selbst als zumindest tendenziell aussagekräftige Orientierungshilfe zur Beurteilung des für sie relevanten Marktes und ihrer eigenen Marktstellung regelmäßig zugrunde gelegt werden, die entsprechende Marktbetrachtung in der Süßwarenindustrie.
912bb) Die tabellarischen Übersicht „Umsatzmarktanteil Jahr 2008 (in %) von Unternehmen nach Produktsegmenten (im LEH inkl. Hard Discounter, inkl. Drogeriemärkte, inkl. Tankstellen, inkl. Impuls)“ weist hinsichtlich des in der letzten Spalte von links dargestellten Süßgebäcks jeweils einen „Umsatzmarktanteil“ für die Nebenbetroffene C1 von 14,47 % und für die Nebenbetroffene H1 von 10,75 % sowie für „D9 Deutschland GmbH/ T11“ in Höhe von 3,21 % aus. Der Klammerzusatz in der Überschrift „(im LEH inkl. Hard Discounter, inkl. Drogeriemärkte, inkl. Tankstellen, inkl. Impuls)“ verdeutlicht, dass sich die Angaben auf den Endabsatz an den Konsumenten beziehen. Es handelt sich daher nicht um auf die Süßwarenhersteller entfallende (technische) Marktanteile des Konsumentenmarktes, sondern – wie in den zuvor erörterten drei O4-Übersichten – um Anteile ihrer Marken am Süßgebäckabsatz des Handels an den Endverbraucher. Das Abfallen der für die Nebenbetroffenen ausgewiesenen Werte gegenüber den deutlich höheren umsatzbezogenen Anteilen am Endabsatz, wie sie sich aus den vorgenannten O4-Übersichten zu den Jahren 2002 bis 2006 ergeben, erklärt sich ebenfalls aus der Tabellenüberschrift: Während die drei O4-Übersichten für die Jahre 2002 bis 2006 nach ihrer jeweils gleichen Überschrift weder das über die B5-Unternehmensgruppe mit sowohl Herstellermarken als auch B5-Handelsmarken noch das über Kleinstverkaufsstellen („INCL.KL. 200 QM“) erreichte Umsatzvolumen berücksichtigen, legt die auf das Jahr 2008 bezogene Tabelle unter Einbeziehung des Süßwarenumsatzes über Hard-Discounter und Drogeriemärkte und über Kleinstverkaufsstellen („inkl. Tankstellen, inkl. Impuls“) eine breitere Datenbasis zugrunde.
913Aufgrund des auszugsweise ebenfalls eingeführten Schreibens von Rechtsanwältin X6 an das Bundeskartellamt vom 18. Dezember 2009 (Seiten 12 und 13), als dessen Anlage 5 die hier in Rede stehende Tabellarische Übersicht „Umsatzmarktanteil Jahr 2008 (in %) von Unternehmen nach Produktsegmenten …“ dem Amt zur Verfügung gestellt wurde, ist davon auszugehen, dass die tabellarische Übersicht aus dem Hause der damaligen Nebenbetroffenen T2 stammt. Ausweislich der Fußzeile in der Darstellung gibt die Darstellung jedoch Daten des Marktforschungsunternehmens O4 wieder. In Anbetracht dessen wie auch des zuvor ausgeführten Verständnisses der Tabelle gerade im Vergleich mit den O4-Übersichten zu den Jahren 2002 bis 2006 begegnet die Richtigkeit der Tabellenangaben zumindest in ihrer Aussage über tendenzielle Größenordnungen keinen durchgreifende Zweifeln.
914Unter Berücksichtigung des in der Tabelle für „D9 Deutschland GmbH/ T11“ im Jahr 2008 angegebenen Absatzanteils ist der Senat davon überzeugt, dass der bis 2007 ebenfalls im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten T11 GmbH Backwarenspezialitäten für die Jahre 2002 bis 2007 jedenfalls keine darüber hinaus gehende Marktbedeutung am Konsumentenmarkt zukam. Diese Schlussfolgerung ergibt sich unter weiterer Berücksichtigung der Umstände, zum einen dass die Angabe in der Tabelle zu T11 für das Jahr 2008 die bereits nach Übernahme T11s durch D9 im Jahr 2007 bestehende Marktbedeutung widerspiegelt und zum anderen dass die O4-Übersichten für die Jahre 2002 bis 2006 der T11 GmbH Backwarenspezialitäten – was sich in deren Nichtbenennung zeigt – offensichtlich keine den namentlich benannten Herstellern und Marken vergleichbare Marktbedeutung beimessen.
915cc) In der Gesamtschau aller vier zuvor erörterten Übersichten ergeben sich zur Überzeugung des Senats die getroffenen Feststellungen zur führenden Marktbedeutung der Nebenbetroffenen C1 und H1 für den Handel im Endabsatz auf dem Konsumentenmarkt und zu ihrer damit gespiegelten Marktstellung als mit Abstand führende Anbieter auf dem Süßgebäck-Beschaffungsmarkt, dem weder die Hersteller von Handelsmarken noch das auf Handelsmarken entfallende Endabsatzvolumen zuzurechnen sind, weshalb die Marktbedeutung der Nebenbetroffenen C1 und H1 als noch gewichtiger einzuschätzen ist.
916c) Die Feststellungen zu den Wettbewerbsstrukturen auf dem bundesweiten Bonbon-Beschaffungsmarkt beruhen im Wesentlichen auf
917(a) der tabellarischen Darstellung unter der Kopfleiste „T2 Marketing Research“ mit dem Titel „Monomarkenhitliste Top 100 nach Geschmacksvarianten LEH gesamt / ACO4 Zeitraum : Jan-Dez02“ ,
918(b) der Ablichtung eines Schriftstücks mit umrandeten Drucktext und der Überschrift „Marken der TOP Hersteller“ und handschriftlichen Notizen sowie
919(c) der Ablichtung eines Schriftstücks mit umrandeten Drucktext und der Überschrift „Marken der TOP Hersteller“,
920(d) der Darstellung unter der Kopfleiste „T2 Marketing Research“ mit der Überschrift „Der Bonbon-Markt“ „Januar – Dezember 2002 / D LEH ges.“ und dem Kuchendiagramm „Top Firmen – Umsatz-Marktanteile > 1%“,
921(e) der Ablichtung einer mit dem Emblem „T2 Marketing Research“ oben rechts versehenen Darstellung mit der Überschrift „Der Bonbon-Markt nach ACO4: LEH ges (o.B5) / Jan – Okt04“ und dem Kuchendiagramms „Top Hersteller auf Umsatzbasis“,
922(f) der Ablichtung einer mit dem Emblem „T2“ oben rechts versehenen Darstellung mit der Überschrift „Der Bonbon-Markt nach ACO4: LEH ges (o.B5) / Jan – Jun05“ und dem Kuchendiagramm „Top Hersteller auf Umsatzbasis“ sowie
923(g) der Ablichtung einer mit dem Emblem „T2“ oben rechts versehenen Darstellung mit der Überschrift „Der Bonbon-Markt nach … O4: LEH ges (o.B5 …Jan – Aug05“ und dem Kuchendiagramm „Top Hersteller auf Umsatzbasis“,
924(h) der Ablichtung einer mit dem Emblem „T2“ oben rechts versehenen Darstellung mit der Überschrift „Der Bonbon-Markt nach AC O4: LEH o.B5 /Jan – Jun06“ und dem Kuchendiagramm „Top Hersteller auf Umsatzbasis“ sowie
925(i) der Ablichtung einer mit dem Emblem „T2“ oben rechts versehenen Darstellung mit der Überschrift „Der Bonbon-Markt nach AC O4: LEH inkl. B5 /Jan – Aug06“ und dem Kuchendiagramm „Top Hersteller auf Umsatzbasis“
926und
927(j) der Ablichtung einer mit dem Emblem „T2“ oben rechts versehenen Darstellung mit der Überschrift „Firmen-Umsatzmarktanteile Bonbonmarkt (Quelle: ACO4) Jan-Nov07“ und zwei Kuchendiagrammen mit den Bezeichnungen „LEH ohne B5“ sowie „LEH inkl. B5“.
928Auf die im Konvolut als Anlage 3 diesem Urteil angeschlossenen Ablichtungen der oben unter (a) und (c) verzeichneten Auflistungen sowie der oben unter (d), (e), (g), (h) und (j) angeführten Darstellungen mit Kuchendiagrammen wird zum Zweck ihrer Veranschaulichung Bezug genommen.
929aa) Die tabellarische Darstellung „Monomarkenhitliste Top 100 nach Geschmacksvarianten LEH gesamt / ACO4 Zeitraum : Jan-Dez02“ von „T2 Marketing Research“ [oben (a)] enthält ohne Herstellerangaben eine Rangliste von Bonbon-Monomarken (Einzelproduktmarken) sortiert in absteigender Reihenfolge eines ihnen zugleich jeweils zugeordneten (so bezeichneten) Umsatz-Marktanteils, wobei der Platzierung „1.“ der höchste und der Platzierung „100.“ der niedrigste „Umsatz-Marktanteil an Bonbon ges.“ zukommt. Die Daten entsprechen nach der Überschrift Marktforschungsdaten von O4. Zum Aussagewert und zur Beweiskraft dieser O4-Daten wird auf die auch diesbezüglich geltenden Ausführungen eingangs der Beweiswürdigung [Gründe zu II. Gliederungspunkt A. 1. a)] verwiesen.
930Ausgehend davon, dass bei einer Auflistung von explizit den „Top 100“-Monomarken tatsächlich noch mehr Einzelmarken am Markt vorzufinden sind, ergibt sich aus dieser Aufstellung zunächst einmal die getroffene Feststellung, dass der Bonbonmarkt von einer großen Angebotsbreite von über 100 produktspezifischen Einzelmarken (Monomarken) geprägt war.
931bb) Die von den oben unter (d) bis (j) im Einzelnen angeführten Darstellungen jeweils umfassten Kuchendiagramme weisen für verschiedene namentlich benannte Hersteller sowie für „Handelsmarken“ bzw. „Handelsm.“ und „restliche“ Prozentwerte aus. Während die Darstellung für das Jahr 2002 [(d)] in ihrer Überschrift zum Kuchendiagramm und die Darstellung zum Beobachtungszeitraum Januar bis November 2007 [(j)] in ihrer allgemeinen Überschrift ausdrücklich die Werte als „Umsatz-Marktanteile“ bzw. „Firmen-Umsatzmarktanteile“ erläutern, ergibt sich bei verständiger Würdigung der jeweiligen Darstellung das gleiche Verständnis für die übrigen Darstellungen für (unterjährige) Beobachtungszeiträume in den Jahren 2004 [(e)], 2005 [(f) und (g)] sowie 2006 [(h)]. Da sich die Angaben – wie die jeweiligen Überschriften zu den Kuchendiagrammen und den Darstellungen ebenfalls verdeutlichen – auf den Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel („LEH“) beziehen, handelt es sich allerdings richtig verstanden um prozentuale Anteile an dem im Lebensmitteleinzelhandel generierten Umsatz aus dem Absatz von Bonbons an den Endverbraucher. Darüber hinaus enthalten alle benannten Darstellungen jeweils eine Übersicht mit der Bezeichnung „Umsatz-Veränderung i. Vgl. z. Vorjahr“ bzw. „Umsatz-VÄ. z. Vorjahr“, die erkennbar auf die im jeweiligen Kuchendiagramm angegebenen Anteilswerte bezogen deren Veränderung gegenüber dem Vorjahr aufzeigt. Ferner umfassen alle Darstellungen mit Ausnahme derjenigen zum „Jan-Nov07“ [(j)] jeweils unterhalb des Kuchendiagramms unter verschiedenen Überschriften
932[„Marktsituation der T2-Marken in den Bonbonsegmenten“ in der oben unter (d) angeführten Darstellung und im Übrigen „Rang und Marktanteil (MA) in % der T2-Marken im jeweiligen Bonbonsegment“]
933textliche Übersichten von – von Darstellung zu Darstellung teils unterschiedlich bezeichneten bzw. sachlich gefassten – Segmenten, unter denen Marken – laut jeweiliger Überschrift: T2-Marken – mit Rang- und prozentualen Wertangaben aufgezählt werden.
934Sämtliche vorgenannten Darstellungen zum „Bonbon-Markt“ verweisen zur Urheberschaft der jeweils dargelegten Daten mit dem Zusatz „Quelle: AC O4, MarketTrack“ – entweder im Rahmen der Überschrift oder unterhalb der jeweiligen Darstellung – auf das Marktforschungsunternehmen O4. Zum Aussagewert und zur Beweiskraft dieser O4-Daten wird auf die auch diesbezüglich geltenden Ausführungen eingangs der Beweiswürdigung [Gründe zu II. Gliederungspunkt A. 1. a)] verwiesen. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, aufgrund derer die hier konkret in Rede stehenden O4-Daten ausnahmsweise ernstlichen Zweifeln begegnen würden.
935Nach Überzeugung des Senats ergeben sich aufgrund des so zugrunde zu legenden Verständnisses der Darstellungen folgende Befunde:
936(1) Die Darstellungen bestätigen ergänzend die Feststellungen zur Marktabgrenzung eines nicht weiter zu differenzierenden deutschen Bonbonmarktes [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. d) bb) (2) (2.1)]. Wie bereits mehrfach erläutert, dienen die Datenauswertungen von O4 den dies beziehenden Süßwarenherstellern vor allem als eine zumindest tendenziell aussagekräftige Orientierungshilfe zur Beurteilung des für sie relevanten Marktes und ihrer eigenen Marktstellung. Diesen Zweck erfüllen die hier in Rede stehenden, erkennbar alljährlich von T2 bezogenen und im Verkaufsleiterausschuss zur Verfügung gestellten Darstellungen in ihrem deutlichen Schwerpunkt (Kuchendiagramme) nur in Hinsicht auf den einheitlich analysierten Bonbonmarkt, indem sie insbesondere nur insoweit einen Vergleich zwischen einzelnen Herstellern bzw. zwischen diesen und Handelsmarken in der aktuellen Marktstellung sowie Umsatzbedeutung für den Lebensmitteleinzelhandel und in der Umsatzentwicklung gegenüber dem Vorjahr ermöglichen. Dass auch aus Sicht der Hersteller eine eventuelle Segmentierung des Bonbonmarktes etwa nach Geschmacksvarianten, Verzehrweise und Begleitwirkungen demgegenüber in den Hintergrund tritt, zeigt sich in den hier in Rede stehenden Darstellungen beispielhaft darin, dass Angaben zu etwaigen - zudem von Darstellung zu Darstellung auch unterschiedlich gefassten bzw. zusammengefassten – Segmenten sich allein auf die Marken von T2 beschränken, ohne einen Vergleich mit anderen Herstellermarken zu ermöglichen. Soweit, was der Senat nicht verkennt, andere ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführte Übersichten gerade solche Segmentbetrachtungen auch unter Bezeichnungen wie etwa „Pfefferminzbonbonmarkt“, „Schokoladenbonbonmarkt“ oder „Hustenbonbonmarkt“ gelegentlich liefern, mag dies eine definitorisch weder eindeutige noch einheitliche Verwendung des Begriffs Markt in der Süßwarenbranche belegen, stellt sich jedoch zur Überzeugung des Senats in Anbetracht der festgestellten Verbraucherauffassung zur segmentübergreifenden Marktgleichwertigkeit der verschiedenen Bonbon-Produkte und deren Bestätigung in den hier in Rede stehenden Darstellungen eines umfassenden Bonbon-Marktes eben nur als Segmentbetrachtung dar.
937(2) Vor allem aber erschließen sich unter würdigender Gesamtschau der Darstellungen wie auch den übrigen eingangs dieses Abschnitts unter (a) bis (j) angeführten Beweismitteln und der daraus resultierenden Befunde die Feststellungen zur Struktur des Wettbewerbs auf dem bundesweiten Bonbon-Beschaffungsmarkt und deren Entwicklung zwischen 2002 und 2008.
938Aus den Anteilen am LEH-Umsatz, wie sie in den hier in Rede stehenden Darstellungen (d) bis (j) für die jeweiligen Beobachtungszeiträume ausgewiesen werden, ergeben sich die im Rahmen der Feststellungen tabellarisch erfassten Umsatz-Anteile am Absatz von Bonbons auf der nachgelagerten Marktstufe des Konsumentenmarktes für die Jahre 2002, 2004, 2005, 2006 und 2007 in Hinsicht auf die Nebenbetroffene D1 und die weiteren Hersteller T2, Q7, G4, L9, W3, S7, I12, M1 und L4 sowie die Handelsmarken und die in den Darstellungen teilweise gesondert erfasste Impulsvermarktung [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. d) bb) (2) (2.2)]. Die in dieser tabellarischen Übersicht den einzelnen Herstellern erläuternd teilweise zugeordneten Bonbonmarken ergeben sich insbesondere aus der Darstellung „Der Bonbon-Markt“ „Januar – Dezember 2002 / D LEH ges.“ [(d)], die diese Markenzuordnung im Kuchendiagramm ausdrücklich ausweist. Eben diese Darstellung erläutert zudem die in den weiteren Darstellungen bis einschließlich 2004 gebräuchliche Abkürzung „…“ als „…“, was ohne weiteres erkennbar die zuvor unter D4 N7 Süßwarenhandels GmbH & Co. KG firmierende Nebenbetroffene D1 bezeichnet. Für das Jahr 2003 hat sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung keine feststellbare Datenlage ergeben.
939Bei der Würdigung dieser Umsatz-Anteile am Absatz von Bonbons auf der nachgelagerten Marktstufe des Konsumentenmarktes ist neben dem Fehlen von Daten für 2003 ferner einzustellen, dass die Darstellungen mit Ausnahme für das Jahr 2002 [(d)] nur unterjährige Beobachtungszeiträume mit zudem verschiedener zeitlicher Bemessungen zugrunde legen und in dem aus ihren Überschriften ersichtlichen Umfang teilweise das über die B5-Unternehmensgruppe im Bonbon-Absatz mit sowohl Herstellermarken als auch B5-Handelsmarken erreichte Umsatzvolumen nicht berücksichtigen. Unter dieser Maßgabe ist der Senat indes davon überzeugt, dass die Angaben aber realitätsnah tendenzielle Größenordnungen in Hinsicht auf die Marktbedeutung der einzelnen Bonbonhersteller mit ihren Marken für den Bonbonabsatz des Lebensmitteleinzelhandels an den Konsumenten vermitteln. Dabei ist der Senat ferner davon überzeugt, dass für das Jahr 2003 in Anbetracht der für die Jahre 2002 und 2004 festgestellten Verhältnisse die sich daraus ergebenden tendenziellen Größenordnungen ebenfalls zugrunde zu legen sind.
940Die hieraus resultierende deutliche Marktführerschaft von T2-Marken wird darüber hinaus durch die bereits erörterte Übersicht „Monomarkenhitliste Top 100 nach Geschmacksvarianten LEH gesamt / ACO4 Zeitraum : Jan-Dez02“ [(a)] unter Gesamtbetrachtung mit den weiteren beiden Übersichten „Marken der TOP Hersteller“ [(b) und (c)] belegt. Die beiden Übersichten „Marken der TOP Hersteller“ umfassen jeweils eine Auflistung der „Hersteller“ unter Zuordnung der von diesen jeweils geführten Marken (Rubrik „geführte Marken“), wobei die unter (c) bezeichnete Übersicht eine im Umfang weiterreichende Aufzählung von Herstellern enthält. Die beiden Übersichten „Marken der TOP Hersteller“ ermöglichen eine teilweise Identifizierung der hinter den in der Übersicht „Monomarkenhitliste“ dargestellten Marken stehenden Hersteller. Aus dieser Gesamtschau ergibt sich, dass die in der „Monomarkenhitliste“ fett gedruckten Marken dem Hersteller T2 zuzuordnen sind und dieser Bonbonhersteller mit seinen Einzelmarken „O3“, „S6 Schoko“, „X4“ und „D7 Erdbeer“ die „Monomarkenhitliste“ mit den ersten vier Rangplätzen anführt und mit weiteren 13 Einzelmarken auf den Rängen bis – mit schlechtesten Platzierung – Rang 54 wieder zu finden ist.
941Der festgestellte Befund zur Marktstellung und Umsatzbedeutung insbesondere der im Verkaufsleiterausschuss zwischen 2002 und 2008 repräsentierten Bonbonhersteller - namentlich T2, S7, L4 und die Nebenbetroffene D1 – im Konsumentenmarkt spiegelt unter nochmaliger würdigender Gesamtschau aller diesbezüglich relevanten Beweisergebnisse zur Überzeugung des Senats die festgestellte Struktur des Wettbewerbs auf dem bundesweiten Bonbon-Beschaffungsmarkt und deren Entwicklung im selben Zeitraum wider. Die dabei in den Feststellungen den einzelnen Herstellern zugeordneten Monomarken ergeben sich aus den bereits erörterten Übersichten „Marken der TOP Hersteller“, die Beurteilung der Breite des Produktportfolios vor allem aus der ebenfalls bereits erörterten Übersicht „Monomarkenhitliste“. Bei der würdigenden Übertragung der Umsatzanteile am LEH-Absatz an den Endverbraucher auf die Marktanteilsverhältnisse am vorgelagerten Bonbon-Beschaffungsmarkt ist zu berücksichtigen, dass die Hersteller von Handelsmarken bzw. – zumal auch Markenhersteller im Auftrag des Lebensmitteleinzelhandels für diesen Handelsmarken-Ware produzieren – die auf Handelsmarken entfallende Nachfrage des Lebensmitteleinzelhandels nicht dem Produktabsatzmarkt für Marken-Bonbons auf dieser Marktstufe zuzuordnen sind. Unter Berücksichtigung all dessen war die Wettbewerbsstruktur des Bonbon-Beschaffungsmarktes während des Zeitraums 2002 bis 2008 zusammengefasst dadurch geprägt, dass der mit weitem Abstand marktführende Hersteller T2 mindestens ein Viertel des Marktvolumens abdeckte, die Nebenbetroffene D1 – teils noch unter früherer Firmierung –mit einem Marktanteil in einer Größenordnung von 7 % bis zu 10 % als nächst starker Markenanbieter folgte und sich hieran ein bis zur 1%-Marke herabdifferenziertes Mittelfeld einiger weniger Markenanbieter anschloss, während dem größten Teil der Marken-Bonbonhersteller jeweils noch darunter liegende Marktanteile zukam.
942cc) Aus dem Befund zur Wettbewerbsstruktur des Bonbon-Beschaffungsmarktes und deren Entwicklung während des Zeitraums 2002 bis 2008 ergibt sich schließlich zur Überzeugung des Senats ferner die Feststellung, dass die fortbestehende Grundübereinkunft über einen ständigen Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen spätestens mit dem Beitritt des die Nebenbetroffene D1 repräsentierenden Betroffenen T1 im November 2006 bei gleichzeitiger Einbindung des Wettbewerbers T2 die Eignung gewann, nicht unerhebliche Wirkungen auf den deutschen Bonbonmarkt zu entfalten [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) bb)]. Denn nach dem Befund zur Wettbewerbsstruktur nahmen nunmehr Repräsentanten der beiden führenden Anbieter dieses Marktes, die zusammen rund ein Drittel des Marktvolumens abbildeten, am Informationsaustausch teil.
9434. Zur Überzeugung des Senats fällt (a) den Betroffenen W1, T1 und M1 ebenso wie auch den für die Nebenbetroffene C1 handelnden weiteren Repräsentanten C3, X2 sowie K1 und dem für die Nebenbetroffene H1 handelnden Repräsentanten I1 hinsichtlich ihrer jeweiligen Mitwirkung an der Umsetzung der in ihrem Fall unter Wettbewerbern bestehenden Vereinbarung eines Austauschs wettbewerbssensibler Daten und (b) ferner den Betroffenen B1, M2 und S1 hinsichtlich ihrer jeweiligen Mitwirkung an der Umsetzung der zwischen anderen bestehenden Vereinbarung eines Austauschs wettbewerbssensibler Daten Vorsatz zur Last.
944Der Senat hat jeweils bei einzelnen Punkten des äußeren Geschehensablaufs die Feststellungen zur Kenntnis- und Willenslage der Betroffenen und der weiteren Unternehmensrepräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 getroffen, namentlich
945 im Zusammenhang mit den Feststellungen, dass die Grundvereinbarung über den Austausch vertraulicher Geschäftsdaten mit einer Eignung zur nicht unerheblichen Dämpfung des Geheimwettbewerbs im Verhältnis jedenfalls der miteinander im Wettbewerb stehenden Nebenbetroffenen C1 und H1 spätestens in der Sitzung vom 5. Juni 2003 bestand, zur Kenntnis- und Willenslage der Unternehmensrepräsentanten C3 und I1 sowie der Betroffenen B1, M2 und S1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 2. e)],
946 im Zusammenhang mit den Feststellungen zu den im Verlaufe des Zeitraums Juni 2003 bis Februar 2008 wechselnden Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 zugleich auch zu deren Kenntniserlangung von der Existenz der Grundvereinbarung sowie zur daraufhin gefassten Wissens- und Willenslage der C1-Repräsentanten X2 und K1 sowie der Betroffenen W1 und M1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) aa)] ,
947 im Zusammenhang mit den Feststellungen, dass die Nebenbetroffene D1 in Gestalt des Betroffenen T1 im September 2006 zum Verkaufsleiterausschuss hinzutrat, zu dessen Kenntniserlangung von der Existenz der Grundvereinbarung und zu seiner weiteren Kenntnislage und Willensbildung [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) bb)],
948 im Zusammenhang mit den Feststellungen zu den Mitwirkungsbeiträgen der Betroffenen M2 und S1 im Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2008 desgleichen zu deren Kenntnis- und Willenslage [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) dd)] und
949 dies alles nochmals zusammenfassend und vor allem in Hinsicht auf die billigende Inkaufnahme einer wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung erläuternd im Nachgang zur festgestellten äußeren Umsetzung der Grundabsprache in den Sitzungen des Zeitraums Juni 2003 bis Februar 2008 [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. d)].
950Die Feststellungen zur inneren Tatseite ergeben sich dabei jeweils aus den geschilderten äußeren Geschehensabläufen, insbesondere aus den in den vorbenannten Zusammenhängen gerade hinsichtlich ihres kenntnisvermittelnden Inhaltes und Ausmaßes im Rahmen der Feststellungen im Einzelnen ausgeführten äußeren Umständen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich (a) bei den Betroffenen W1, T1, M1 und B1 ebenso wie auch bei den C1-Repräsentanten C3, X2 sowie dem Zeugen K1 und dem H1-Repräsentanten I1 um im jeweiligen Tatzeitpunkt langjährig berufs- und branchenerfahrene Vertriebsmanager der zweiten und dritten Führungsebene und (b) beim Betroffenen S1 um einen juristisch ausgebildeten Verbandsfunktionär mit langjähriger Erfahrung in der auf die Süßwarenbranche bezogenen Verbandsarbeit sowie (c) bei dem Betroffenen M2 ebenfalls um einen absolvierten Volljuristen mit – bis 2002/2003 – schon mehrjähriger und branchenbezogener Erfahrung aus seiner Tätigkeit als Referent des Nebenbetroffenen C2 handelte. Aufgrund dessen erlauben die äußeren Geschehensabläufe, speziell die im jeweiligen Zusammenhang mit den Feststellungen zur inneren Tatseite geschilderten äußeren Umstände und insbesondere die fortlaufende Mitwirkung jedes einzelnen Betroffenen und Unternehmensrepräsentanten an dem immer wieder die Grundabsprache aktualisierenden Austausch vertraulicher Geschäftsdaten über den Stand der Jahresgespräche und Sonderforderungen sowie über die Umsetzung beabsichtigter Preiserhöhungen bei verständiger Würdigung keine andere Schlussfolgerung, als dass die Betroffenen und benannten Unternehmensrepräsentanten zu den jeweils festgestellten Zeitpunkten insbesondere
951 die Existenz der Grundabsprache unter deren Bewertung als Gentlemen´s Agreement erkannten,
952 sich der Vertraulichkeit der ausgetauschten Geschäftsdaten bewusst waren,
953 ferner den Wettbewerbsbezug eines solchen Informationsaustauschs im Verhältnis zum einen zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 und (später) zum anderen zwischen der Nebenbetroffenen D1 und dem ebenfalls im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Marktführer des Bonbonmarktes, T2, ebenso erkannten wie die diesen Unternehmen jeweils zukommende Markstellung und
954 deshalb die Einschränkung des Geheimwettbewerbs zwischen diesen Unternehmen ernstlich in Betracht zogen, sich aber damit abfanden
955und in dieser Kenntnislage sich unter innerem Anschluss an die Grundübereinkunft zur fortwährenden Mitwirkung an dem Informationsaustausch mit Repräsentanten von Wettbewerbern bzw. – im Fall der Betroffenen B1, M2 und S1 – sich zur fortwährend unterstützenden Mitwirkung an dem von ihnen zugleich gebilligten wettbewerbsrelevanten Informationsaustausch anderer entschlossen. Als erfahrene Vertriebsmanager und Verbandsfunktionär bzw. Verbandsmitarbeiter hielten die Betroffenen und benannten Unternehmensrepräsentanten es darüber hinaus zumindest im Sinne einer Parallelwertung in der Laiensphäre durchaus für möglich, dass ihr Verhalten dem Kartellgesetz widersprach, wollten aber unter billigender Inkaufnahme dessen dennoch die Grundübereinkunft aufrechterhalten und an deren Umsetzung mitwirken. Ergänzend ist auszuführen:
956a) Dass der Betroffene T1 sowohl vor seiner erstmaligen Teilnahme an einer Sitzung des Verkaufsleiterausschusses am 12. September 2006 als auch vor seiner zweiten Sitzungsteilnahme am 22. November 2006 über die Gremiumszugehörigkeit von Repräsentanten der Wettbewerber T2, L4 und Q5 informiert war [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) bb)], ergibt sich aus den (auch) ihm übersandten E-Mails von L6 zum einen
957vom 4. September 2006 mit dem „Subject: Sitzung des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses […] am 12.09.2009 in ...“
958und zum anderen
959vom 10. November 2006 mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und der Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 22.11.2006 in ...“.
960Beide E-Mails lassen im Verteiler als Empfänger und damit zugleich auch als Teilnehmer jeweils neben dem Betroffenen T1 („…“) sowohl I2 mit dessen eindeutig auf den Bonbonhersteller T2 hinweisenden E-Mail-Adresse („…“) als auch den Zeugen N8 in dessen Eigenschaft als L4-Repräsentant („…“) und eine auf den weiteren Bonbon-Hersteller Q5 deutlich hinweisende E-Mail-Adresse („…“) erkennen. Mit diesen beiden E-Mails wurden dem Betroffenen T1 die Tagesordnungen für diese beiden Sitzungstermine übersandt, was die weitere Feststellung belegt, dass der Betroffene jeweils im Vorfeld seiner ersten beiden Sitzungen die anstehenden Gesprächsthemen einschließlich der festgestellten wettbewerbsrelevanten Themen ersehen konnte und tatsächlich auch inhaltlich erfasste.
961b) Dass der Betroffene W1 schon ab seiner erstmaligen Teilnahme an einer Sitzung des Verkaufsleiterausschusses am 22. November 2006 von vornherein sowohl über die gleichzeitige Gremiumszugehörigkeit eines Repräsentanten der mit seinem Unternehmen im Wettbewerb stehenden Nebenbetroffenen H1 als auch über die Thematisierung gerade in Hinsicht auf dieses Wettbewerbsverhältnis relevanter Themen informiert war [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) aa)], steht zur Überzeugung des Senats aufgrund einer Gesamtwürdigung folgender Erwägungen fest:
962Mit E-Mail vom 10. November 2006 mit dem „Subject: Nächste gemeinsame Sitzung des Vorstandes und der Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung am 22.11.2006 in ...“ übersandte L6 den Unternehmensrepräsentanten u.a. die Tagesordnung für die Sitzung am 22. November 2006. Die E-Mail, die in ihrem für jeden Adressaten ersichtlichen Verteiler ausdrücklich sowohl den früheren Vertriebsleiter I1 der Nebenbetroffenen H1 („…“) als auch die Zeugin F3 („…“) umfasste, wurde zwar – ausweislich eben dieses Verteilers - nicht an den Betroffenen W1, sondern noch an den Zeugen K1 als vormaligen Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 übersandt. Jedoch liegt es unter Berücksichtigung einerseits der vom Zeugen K1 bekundeten Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses bei der Nebenbetroffenen C1 schon zum 31. Dezember 2006 und andererseits des festgestellten Umstandes, dass an der Sitzung vom 22. November 2006 anstatt des eingeladenen Zeugen K1 bereits der Betroffene W1 teilnahm, bei verständiger Würdigung nahe, dass die E-Mail und die mit ihr übersandten Unterlagen im Hause der Nebenbetroffenen C1 an den am 22. November 2006 letztlich teilnehmenden Betroffenen W1 weitergereicht wurden. Dies gilt zumindest für die Tagesordnung der Sitzung am 22. November 2006, die – wie festgestellt und bereits im Rahmen der Beweiswürdigung erörtert – einen Informationsaustausch über u.a. den Stand der Jahresgespräche (TOP 7. „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2007“) und mit den Themen unter
963TOP 2. „F1 – 100jähriges Jubiläum und Jahresgesprächsforderungen“,
964TOP 3. „S2 C10 – Auswirkungen durch Teilnahme /Nicht-Teilnahme“ und TOP 4. „N2 – X1-Übernahme und Jahresgesprächsforderungen/Europaforderungen“
965auch über Sonderforderungen des Handels erwarten ließ. Der Umstand, dass – wie ebenfalls festgestellt und im Rahmen der Beweiswürdigung erörtert – gerade der Zeuge K1 diese Sonderforderungsthemen zu TOP 2. bis 4. mit E-Mail vom 6. November 2006 als Themenwünsche für die Sitzung am 22. November angemeldet hatte, erlaubt bei verständiger Würdigung keine andere Schlussfolgerung, als dass der Betroffene W1, der sich als Nachfolger des Zeugen K1 im Verkaufsleiterausschuss zu diesen Themenwünschen von C1 voraussichtlich äußern können musste, zumindest über die Tagesordnung und deren Zustandekommen vorab informiert war. In jedem Fall aber erhielt der Betroffene W1 spätestens während seiner ersten Sitzungsteilnahme am 22. November 2006, bei der zugleich die Zeugin F3 zugegen war, die Kenntnis sowohl von der gleichzeitigen Gremiumszugehörigkeit des Wettbewerbers als auch vom Inhalt der Tagesordnung.
966Über die weitere Einbindung der ihm schon zuvor am 22. November 2006 als Repräsentantin der Nebenbetroffenen H1 im Verkaufsleiterausschuss begegneten Zeugin F3 war der Betroffene W1 bereits vor seiner zweiten Sitzungsteilnahme am 28. Februar 2007 zumindest aufgrund des Einladungsschreibens des weiteren Betroffenen M2 vom 26. Januar 2007 mit dessen ausdrücklichen Anrede „Sehr geehrte Frau F3, sehr geehrte Herren …“ informiert. Für diese Sitzung, die für ihn erst die zweite Sitzungsteilnahme bedeutete, ließ der Betroffene W1 mit E-Mail von …… ..com an L6 vom 12. Februar 2007 mit „Stand D5 Verhandlungen“ und „Stand B8 Verhandlungen“, aber gerade auch „Stand Verhandlungen Industrie zum Thema ´100 Jahre F1´ (Abschlüsse, konkrete Gegenleistungen, erste Resumées)“ sowie „Stand Jahresgespräche generell“ solche Gesprächswünsche auf die Tagesordnung bringen, die eindeutig auf eine Abfrage entsprechender Informationen von den anderen Teilnehmern zielten; dies kann schlicht nicht anders verstanden werden, als dass der Betroffene W1 zu diesem Zeitpunkt sichere Kenntnis von der Grundabsprache gefasst hatte, die Dämpfung des Geheimwettbewerbs im Verhältnis zum Wettbewerber H1 billigend in Kauf nahm und zu der künftigen Umsetzung der Grundabsprache bereits entschlossen war.
967c) Dass der Betroffene M1 schon ab seiner erstmaligen Teilnahme an einer Sitzung des Verkaufsleiterausschusses am 8. Mai 2007 von vornherein sowohl über die gleichzeitige Gremiumszugehörigkeit eines Repräsentanten der mit seinem Unternehmen im Wettbewerb stehenden Nebenbetroffenen C1 als auch über die Thematisierung gerade in Hinsicht auf dieses Wettbewerbsverhältnis relevanter Themen informiert war [Gründe zu I. Gliederungspunkt B. 3. b) aa)], steht zur Überzeugung des Senats unter würdigender Gesamtschau folgender Erwägungen fest:
968Wie sich aus dem Verteiler der E-Mail von L6 vom 3. Mai 2007 ergibt, wurde diese nebst als Anlage beigefügte Tagesordnung für die Sitzung am 8. Mai 2007 auch dem Betroffenen M1 („……de“) übersandt. Aus dem Verteiler war ferner die Teilnahme des dort mit „….com“ erkennbar als C1-Repräsentant benannten Betroffenen W1 avisiert. Unter Zugrundelegung der allgemeinen Lebenserfahrung ist der Senat davon überzeugt, dass der Betroffene M1 vor seiner ersten Sitzungsteilnahme im Verkaufsleiterausschuss zumindest durch Lesen dieses Verteilers sich darüber informiert hat, auf welche Personen und von ihnen repräsentierten Unternehmen er dort wohl treffen werde. Die ihm zugleich übersandte Tagesordnung verdeutlichte ihm mit jedenfalls den Tagesordnungspunkten 2.
969„S2
970Strukturierungsbonus
…
973Forderungen bei Verletzung von Aktionspreisuntergrenzen bei Wettbewerbern
Neue Konditionsforderungen“
und 7. „Allgemeiner Status Jahresgespräche 2007“ zudem, dass im Verkaufsleiterausschuss die Themen Sonderforderungen und Stand der Jahresgespräche anstanden, was bei gleichzeitiger Anwesenheit eines Repräsentanten des Wettbewerbsunternehmens C1 nicht unproblematisch erscheinen konnte. Die eingeführten Anwesenheitslisten für die Sitzung am 8. Mai 2007 und die Folgesitzung am 10. Oktober 2007 belegen für beide Termine die gleichzeitige Anwesenheit der Betroffenen M1 und W1. Aus der – üblicherweise – vorabübersandten Tagesordnung für die Sitzung am 10. Oktober 2007 war erneut der anstehende Informationsaustausch über zumindest den Stand der Jahresgespräche (TOP 6.) zu erwarten.
977d) Der von den Zeugen F3, K1 und N8 jeweils nur für ihre Person mitgeteilte und im Schlussvortrag jedenfalls der Verteidigung des Betroffenen B1 anklingende Einwand, man sei nicht zuletzt wegen der Anwesenheit von Rechtsanwälten in den Sitzungen– womit wohl die Betroffenen M2 und S1 gemeint sind – von der Rechtmäßigkeit der Erörterungen ausgegangen, entkräftet nicht die für einen Vorsatz sprechenden, erörterten Anhaltspunkte. Weder aus den Zeugenaussagen noch aus den zu Beginn der Hauptverhandlung von den Verteidigern namens der Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1 sowie namens des Nebenbetroffenen C2 und der Betroffenen M2 und S1 verlesenen Erklärungen oder aus den Schlussvorträgen ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass irgendein Betroffener oder anderer Unternehmensrepräsentant im Verkaufsleiterausschuss auch nur einmal Bedenken gegenüber den Betroffenen M2 und S1 als Verbandsjuristen oder allgemein im Kreis des Verkaufsleiterausschusses, im eigenen Unternehmen oder bei außenstehenden Rechtsberatern zur Sprache gebracht geschweige denn eine Klärung versucht hätte. Der Einwand ist ohne jedwede Äußerung auch nur der dahinter stehenden Frage nicht glaubhaft. Im Gegenteil zeigt sich in ihm die gedankliche Reflektion einer entsprechenden Frage nach der Rechtmäßigkeit des Verhaltens und im Schweigen daraufhin der Wille, sich nicht bösgläubig machen zu wollen, was nicht anders verstanden werden kann, als die Möglichkeit des Rechtsverstoß ernsthaft in Betracht zu ziehen und sich damit abzufinden.
978C. Beweiswürdigung zu den Feststellungen zum Verfahrensgang
979Die Feststellungen zum Verfahrensgang beruhen im Wesentlichen auf
980(a) der Mitteilung der Verfahrenseinleitung gegen die D1 GmbH & Co. KG durch schreiben des Bundeskartellamtes vom 7. Februar 2008,
981(b) dem Bestellungsschreiben und Akteneinsichtsantrag des Rechtsanwalts N16 vom 8. Februar 2008,
982(c) dem Schreiben des Bundeskartellamtes vom 13. Februar 2008 an Rechtsanwälte S11 mit „Bezug: Ihre Schreiben vom 08. und 12.02.2008 …“,
983(d) der Aufstellung des Bundeskartellamtes „Voraussichtlicher Zeitplan für die Durchsicht der IT-Asservate“ vom 11. Juni 2008,
984(e) dem Schreiben des Bundeskartellamtes vom 19. November 2009 an Rechtsanwälte S11 mit Anlage „Kurzdarstellung der Vorwürfe gegen die D1 GmbH & Co. KG“ vom 16. November 2009,
985(f) dem Bl. 1 des Schreibens des Rechtsanwalts N17 (Akteneinsichtsantrag) vom 23. November 2009 an das Bundeskartellamt,
986(g) dem Schreiben des Bundeskartellamtes vom 25. November 2009 an Rechtsanwälte S11 mit „Betr.: … Hier: Akteneinsicht“,
987(h) dem Ausdruck der E-Mail von Rechtsanwalt S12 vom 18. Mai 2010 (15:04) an A3 mit dem „Betreff: Settlement D1; B 11-11/08“,
988(i) dem Schreiben des Rechtsanwalts M16 (Akteneinsichtsantrag) vom 5. Juli 2010 an das Bundeskartellamt,
989(j) der E-Mail von A3 vom 9. Juli 2010 (14:37) an „M16“ mit dem „Betreff: B11-11/08-19 (D1) – Antrag auf Akten-einsicht vom 5. Juli 2010“,
990(k) der ersten Seite des Schreibens des Bundeskartellamtes vom 16. Oktober 2012 an Rechtsanwälte S11,
991(l) dem Schreiben des Rechtsanwalts S12 (Akteneinsichtsantrag) vom 22. Oktober 2012 an das Bundeskartellamt,
992(m) dem Schreiben des Bundeskartellamtes vom 25. Oktober 2012 an Rechtsanwälte S11 mit „Betr.: … hier: Akteneinsicht der Verteidigung gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 147 StPO“,
993(n) dem Schreiben des Bundeskartellamtes vom 5. November 2012 an Rechtsanwälte S11 mit „Betr.: … hier: Akteneinsicht der Verteidigung gemäß § 46 Abs. 1 OWiG, § 147 StPO, hier: Ergänzung der bereits übersandten Datenträger“,
994(o) der ersten Seite des Faxes „26/11/2012 22:26 S11 …“ an das Bundeskartellamt,
995(p) den Seiten 1 und 2 des Bußgeldbescheides des Bundeskartellamtes, B11-28120-Kh-11/08-19, gegen Herrn T1 und die D1 GmbH & Co. KG vom 30. Januar 2013,
996(q) den Seiten 1 und 2 des Schreibens des Bundeskartellamtes vom 19. Juli 2013 an Rechtsanwalt S12 mit Geschäftszeichen B11-11/08-12 und die Betreffzeile „Umsatzdaten der wirtschaftlichen Einheit D1 GmbH & Co KG“,
997(r) der ersten Seite eines Vermerks vom 2. Oktober 2013 mit Kopf „Az. B11-11/08 Bearbeiter: T19“,
998(s) dem Fax „14/10/2013 17:36 S11 …“ an das Bundeskartellamt mit dem Inhalt eines von Rechtsanwalt S12 gezeichneten und an das Bundeskartellamt adressierten Schreibens vom 14. Oktober 2013 mit u.a. der Betreffzeile „Umsatzdaten der wirtschaftlichen Einheit D1 GmbH & Co. KG, Ihr Schreiben vom 19. Juli 2013“,
999(t) dem Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts ... – 50 GS 1722/13 – vom 20. November 2013,
1000(u) dem Vermerk der seinerzeitigen Berichterstatterin der Beschlussabteilung des Amtes N14 vom 2. Juni 2014 „über die Rücknahme von Bußgeldbescheiden“,
1001(v) dem Übersendungsschreiben des Bundeskartellamtes vom 19. Dezember 2014 an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf,
1002(w) der Verfügung der Staatsanwältin … vom 17. Juli 2015 nebst Ab-schlussvermerk in der Hauptakte und
1003(x) der weiteren Verfügung der Staatsanwältin … vom 18. August 2015.
1004III.
1005Rechtliche Würdigung
1006In der spätestens in der Gemeinsamen Sitzung des Vorstands und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung am 5. Juni 2003 – zwischen teils Wettbewerbern und teils Nicht-Wettbewerbern - bestehenden Grundübereinkunft über den Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel lag (a) jedenfalls im Verhältnis der bereits damals und fortan bis Februar 2008 beständig dort repräsentierten Nebenbetroffenen C1 und H1 von vornherein eine nach § 1 GWB verbotene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung auf dem bundesweiten Süßgebäckmarkt und erwuchs (b) längstens mit Beitritt der durch den Betroffenen T1 repräsentierten Nebenbetroffenen D1 am 22. November 2006 bei gleichzeitiger Teilnahme insbesondere der T2 GmbH & Co. KG und der L4 GmbH und Co. Kommanditgesellschaft am Informationsaustauschkreis eine weitere, ebenso nach § 1 GWB verbotene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung auf dem bundesweiten Bonbonmarkt (hierzu nachfolgend A.).
1007Indem die Betroffenen und weitere Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 mit unterschiedlichen Beteiligungszeiträumen während des gesamten Tatzeitraums von 5. Juni 2003 bis 7. Februar 2008 gemeinsam mit Repräsentanten weiterer Herstellerunternehmen der Süßwarenbranche an der Aufrechterhaltung und Umsetzung dieser kartellrechtswidrigen Vereinbarungen mitwirkten, verwirklichten sie jeweils den Tatbestand einer vorsätzlich begangenen Kartellordnungswidrigkeit und zwar
1008(a) im Fall des vormals die Nebenbetroffene C1 bis einschließlich Juni 2003 im Verkaufsleiterausschuss repräsentierenden C3 nach §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB i.d. bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung,
1009(b) im jeweiligen Fall der Betroffenen B1, S1 und M2 sowie des früheren Country Managers Deutschland der Nebenbetroffenen C1, X2, und des früheren Vertriebsleiters der Nebenbetroffenen H1, I1, nach – soweit es den Tatzeitraum bis zum 30. Juni 2005 betrifft - §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB i.d. bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung sowie – soweit es den Tatzeitraum ab dem 1. Juli 2005 anbelangt - §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB i.d.F. vom 7. Juli 2005 und
1010(c) im jeweiligen Fall der Betroffenen W1, T1 und M1 sowie des Zeugen K1 als früherer Group Account Manager der Nebenbetroffenen C1 und ferner der Zeugin F3 als zwischenzeitliche Repräsentantin der Nebenbetroffenen H1 nach §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB i.d.F. vom 7. Juli 2005 (zu allem nachfolgend B.).
1011Die Nebenbetroffenen müssen sich die Zuwiderhandlungen ihrer jeweiligen Leitungspersonen nach § 30 OWiG in dessen bis zum 29. Juni 2013 geltenden Fassung (nachfolgend a.F.) kartellbußgeldrechtlich zurechnen lassen, im Einzelnen also – jeweils in zeitlich aufeinanderfolgender Reihenfolge -
1012(a) die Nebenbetroffene C1 die Zuwiderhandlungen ihres damaligen European Relationship Managers C3, ihres Country Managers X2, ferner des Zeugen K1 als einen ihrer seinerzeitigen Group Key Account Manager und schließlich des in seiner damaligen Funktion als ihr Group Key Account Manager handelnden Betroffenen W1,
1013(b) die Nebenbetroffene D1 die Zuwiderhandlung ihres damaligen Prokuristen und Leiters des Key Account Managements, des Betroffenen T1,
1014(c) die Nebenbetroffene H1 die Zuwiderhandlungen ihres damaligen Vertriebsleiters I1 und des diesem in derselben Funktion nachfolgenden Betroffenen M1,
1015(d) die Nebenbetroffene G1 die Zuwiderhandlung ihres ehemals in der Funktion als deren Key Account Manager handelnden Betroffenen B1 und
1016(e) der Nebenbetroffene C2 die Zuwiderhandlung seines mit besonderer Handlungsvollmacht nach § 30 BGB ausgestatteten Hauptgeschäftsführers, des Betroffenen S1;
1017eine Zurechnung der dem Betroffenen M2 und der Zeugin F3 zur Last fallenden Zuwiderhandlungen kommt demgegenüber nicht in Betracht, weil es sich bei beiden im jeweiligen Beteiligungszeitraum nicht um Leitungspersonen im bußgeldrechtlichen Sinne handelte (zu alldem nachfolgend C.).
1018Bei alldem ist die Rechtslage sowohl vor als auch nach der 7. GWB-Novelle zu beachten. Für die Ahndung findet das bei Beendigung der Handlung geltende Gesetz Anwendung (§ 4 Abs. 2 OWiG). Soweit die Handlung vor Inkrafttreten des GWB i.d.F. vom 7. Juli 2005 (nachfolgend: GWB 2005) zwar begonnen, die Tat aber erst danach beendet wurde, ist für die entscheidungserhebliche Frage, ob die vor Inkrafttreten der letztlich für die Ahndung anzuwendenden Gesetzesfassung begangenen Handlungsteile bereits sanktionsrechtliche Relevanz aufwiesen und deshalb in die zu beurteilende Taten einzubeziehen sind, der Rechtsmaßstab in der bis zum 30. Juni 2005 geltende Fassung der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB (nachfolgend: GWB 1999) zugrunde zu legen.
1019A. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung i.S. des § 1 GWB
1020Das im Verkaufsleiterausschuss ab spätestens dessen Sitzung vom 5. Juni 2003 bestehende und bis jedenfalls zu seiner Zäsur durch die Durchsuchungsmaßnahmen des Bundeskartellamtes am 7. Februar 2008 tradierte Gentlemen´s Agreement, vertrauliche Informationen zum Stand der Konditionenverhandlungen mit bestimmten Handelskunden in Jahresgesprächen und unterjährigen Verhandlungen über Sonderforderungen sowie in Unterhandlungen von Preiserhöhungen zwischen den im Gremium repräsentierten Herstellerunternehmen künftig wenigstens überschlägig auszutauschen, unterfällt zumindest (a) im Verhältnis zwischen den dort von vornherein in Gestalt der Nebenbetroffenen C1 und H1 repräsentierten Anbietern des bundesweiten Süßgebäckmarkts und darüber hinaus (b) spätestens seit dem 22. November 2006 auch im Verhältnis zwischen den vor allem in Gestalt der Nebenbetroffenen D1 und der T2 GmbH & Co. KG, aber auch weiterer Bonbonhersteller im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Anbietern auf dem bundesweiten Bonbonmarkt jeweils dem nationalen Kartellverbotstatbestand des § 1 GWB in dessen Fassung sowohl vom 26. August 1998 als auch vom 7. Juli 2005.
10211. Anwendbarkeit des § 1 GWB
1022Vorliegend ist auf das nationale Kartellverbot des § 1 GWB abzustellen, weil ein Verstoß gegen den infolge des Art. 3 Abs. 1 und 2 der VO (EG) Nr. 1/2003 des Rates vorrangig (vgl.: Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 1 Rz. 6; Bechtold, GWB, 5. Aufl., Einführung, Rz. 62) anzuwendenden Art. 81 EGV (nunmehr Art. 101 AEUV) von vornherein wegen der fehlenden Eignung des vereinbarten Informationsaustauschs zur Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nicht in Betracht kommt. Eine Maßnahme ist zur Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedsstaaten geeignet, wenn sich anhand objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell den Warenverkehr zwischen Mitgliedsstaaten in einer Weise beeinflusst, die befürchten lässt, dass sie dadurch die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen Mitgliedstaaten behindert (EuGH, Urteil v. 17. Juli 1997 – C-219/95, Slg 1997, I-4411- 4448, Entscheidungsgründe 20 m.w.N. - Ferriere Nord). Für die mithin erforderlichen objektiven – rechtlichen oder tatsächlichen – Anhaltspunkte genügt im vorliegenden Fall noch nicht allein der Umstand, dass die Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss auf dem Boden der Grundvereinbarung auch Informationen zum Stand der Verhandlungen mit den europäischen Handelskooperationen B8 und D5 austauschten; ohne nähere Kenntnis über den Gegenstand dieser Verhandlungen, die darin gestellten Forderungen des Handels und die diesbezüglich ausgetauschten Informationen können über bloße Spekulationen hinaus keine belastbaren Rückschlüsse auf eine Berührung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs im Binnenmarkt gezogen werden; hierfür haben sich indes in der Hauptverhandlung auch nicht im Ansatz Feststellungen ergeben. Die Eignung zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels ergibt sich jedenfalls im Entscheidungsfall auch nicht allein aufgrund des weiteren Umstandes, dass sich der vereinbarte Informationsaustausch gerade auch mit seinen Bezügen zum jeweils bundesweiten Süßgebäckmarkt und Bonbonmarkt auf das ganze Bundesgebiet erstreckte. Zwar sind Maßnahmen, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates erstrecken, in der Regel zur Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels geeignet, weil sie schon ihrem Wesen nach die Abschottung nationaler Märkte verfestigen und die gewünschte Marktintegration verhindern können (EuGH, Urteil vom 17.10.1972 – C-8/72, Slg. 1972 S. 977, Entscheidungsgründe 28/30 - Vereeniging van Cementhandelaren / Kommission; EuGH, Urteil vom 16.06.1981 – C-126/80, Slg. 1981, 1563, Entscheidungsgrund zu 4. - Salonia/Poidomani; Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 2 Europäisches Kartellrecht, 10. Aufl., Art 81 Rz. 129 m.w.N.). Jedoch verbietet sich eine bloß schematische Zugrundelegung dieses Regelsatzes. Stets ist die zu untersuchende Vereinbarung oder andere Koordinierungsmaßnahme im Einzelfall unter Berücksichtigung vor allem ihres Gegenstandes, der Zahl und Bedeutung der beteiligten Unternehmen sowie des wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem die Vereinbarung steht, in Hinsicht auf ihre Eignung zur Abschottungswirkung zu würdigen (vgl.: Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 2 Europäisches Kartellrecht, 10. Aufl., Art 81 Rz. 130 m.w.N.; Roth/Ackermann in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand Mai 2009, EG Art. 81 Abs. 1 Grundfragen Rz. 443). Vorliegend darf daher trotz der jedenfalls auf dem deutschen Süßgebäck- wie auch Bonbonmarkt starken Marktstellung einerseits der Nebenbetroffenen C1 und H1 und andererseits der Nebenbetroffenen D1 und des weiter beteiligten Bonbonherstellers T2 nicht übersehen werden, dass das mit der Grundübereinkunft koordinierte Verhalten ein identifizierender Informationsaustausch überschlägigen Charakters war, der in erster Linie das Betroffensein von Handelsforderungen sowie den ungefähren Stand der Konditionenverhandlung und sich für die Süßwarenhersteller tendenziell zeigende Verhandlungsspielräume zum Gegenstand hatte, ohne einen Anreiz zu konformem Verhalten gegenüber der Marktgegenseite zu entfalten. Mit diesem Gegenstand kommt den auf den bundesweiten Süßgebäckmarkt wie auch auf den bundesweiten Bonbonmarkt sich beziehenden Vereinbarungen keine den Wettbewerb von Drittunternehmen behindernde oder gar ausschließende Eignung zu.
10232. Verwirklichung des Verbotstatbestandes
1024Soweit von der Grundübereinkunft im Verkaufsleiterausschuss als deren Facetten jeweils eine Verständigung zum einen zwischen den Süßgebäckherstellern, namentlich zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1, und zum anderen zwischen den Bonbonherstellern, insoweit vor allem zwischen der Nebenbetroffenen D1 und den weiteren Herstellern T2 sowie L4 und Q5, umfasst war, stellt sich diese in beiden Fällen als eine nach § 1 GWB in dessen Fassung sowohl vom 26. August 1998 als auch vom 7. Juli 2005 verbotene Vereinbarung zwischen (miteinander im Wettbewerb stehenden) Unternehmen, die eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs bezweckt, dar.
1025a) Vereinbarung
1026Unter dem in § 1 GWB formulierten Tatbestandsmerkmal einer Vereinbarung ist die inhaltlich übereinstimmende Äußerung des Willens zu einem bestimmten Marktverhalten zu verstehen (vgl. zum Gemeinschaftsrecht wie auch zum GWB: Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., § 1 Rz. 81 f. m.w.N.). Der entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben weit auszulegende Vereinbarungsbegriff (vgl. Krauß in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1 Deutsches Kartellrecht, 12. Aufl., § 1 GWB Rz. 64) erfordert keine bestimmte Form, insbesondere kann sich eine tatbestandliche Vereinbarung auch durch konkludentes Verhalten der Beteiligten ergeben (Krauß, a.a.O., § 1 GWB Rz. 65; Zimmer, a.a.O., § 1 Rz. 81). Die übereinstimmenden Willensäußerungen müssen auch nicht im Sinne eines einheitlichen Aktes nach außen in Erscheinung treten, vielmehr kann sich die Willensübereinkunft auch aus einer Reihe von Akten, einem kontinuierlichen Verhalten oder einer Gesamtheit von Absprachen, Abstimmungen und Regelungen ergeben, sofern sie sich in einen – sich zumindest im Lauf der Zeit ergebenden - Gesamtplan einfügen (vgl. Krauß, a.a.O., § 1 GWB Rz. 75 m.w.N.). Entscheidend ist allein, wie die ausdrückliche oder stillschweigende Willensäußerung unter den tatsächlichen Umständen von den Empfängern zu verstehen war (Krauß, a.a.O., § 1 GWB Rz. 65 m.w.N.). Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann sich aus einem regelmäßig – und deshalb eben nicht mehr zufällig – praktizierten Austausch sensibler Geschäftsdaten ein entsprechendes Einverständnis bezüglich dieser Praxis als Grundvereinbarung entwickeln (vgl. Krauß, a.a.O., § 1 GWB Rz. 75).
1027Dies ist hier der Fall. Der im Verkaufsleiterausschuss unter den dort teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten immer wieder aufkommende Informationsaustausch über den individualisierten und inhaltlich zumindest überschlägig mitgeteilten Stand und Inhalt von Konditionenverhandlungen mit bestimmten Handelspartnern des Lebensmitteleinzelhandels verfestigte sich aufgrund seiner beständigen und nicht mehr nur gelegentlichen, sondern in den Sitzungen geradezu schon zu erwartenden Wiederholung in einem hier nicht näher festgestellten Zeitpunkt zu dem gemeinsamen Einverständnis, so im Verkaufsleiterausschuss immer wieder verfahren zu wollen. Die stillschweigende Willensäußerung der einzelnen Unternehmensrepräsentanten lag dabei in ihrer teils aktiven, aber auch schon in ihrer widerspruchslosen passiven Beteiligung an diesem wiederkehrenden Informationsaustausch. Denn aufgrund der im Verlauf der Zeit verfestigten Verhaltensübung stellte man sich ernsthaft in Aussicht, diese Praxis im Verkaufsleiterausschuss beibehalten zu wollen, wobei schon das bloß passive Zugegensein in Sitzungen, die eine Wiederholung des Informationsaustauschs erwarten ließen, ohne deutliche Distanzierung aus Sicht der jeweils anderen Unternehmensrepräsentanten verständiger Weise nur als Bestätigung des Konsenses verstanden werden konnte. Im Gegenteil war aus Sicht anderer verständiger Beteiligten für eine Aufkündigung der Praxis eine ausdrückliche Erklärung der Abstandnahme hiervon zu erwarten. Das mit diesem stillschweigenden Einigsein koordinierte Marktverhalten war der Informationsaustausch selbst, namentlich der Austausch von Daten insbesondere über das individuelle Betroffensein von bestimmten Forderungen des Handels sowie über den individuellen Gegenstand und Inhalt der an den einzelnen Hersteller gerichteten Handelsforderung, ferner über die diesbezügliche Positionierung des einzelnen Herstellers sowie über die eventuell Verhandlungsspielräume aufzeigenden oder ausschließenden Reaktionen des Handels hierauf und nicht zuletzt über den Stand der Konditionenverhandlungen in Jahresgesprächen oder Sonderforderungskampagnen des Handels. Mit diesem Inhalt betraf die Verständigung auf einen Informationsaustausch das Marktverhalten zumindest daran beteiligter, miteinander im Wettbewerb stehender Unternehmen sowohl in dem Aspekt, wie man als Wettbewerber miteinander umgeht, als auch in dem Aspekt des Handlungsspielraums gegenüber der Marktgegenseite, nämlich mit welchem Wissensstand der einzelne Hersteller der gemeinsamen Marktgegenseite in Verhandlungen gegenübertritt und sein diesbezügliches Marktverhalten hieran ausrichten kann. Die so verstandene Grundübereinkunft bestand in Anbetracht der bis dahin in jedem Fall über vier Sitzungen wiederholten und nach der vorab übersandten Tagesordnung nun abermals zu erwartenden Praxis spätestens während der Sitzung des Verkaufsleiterausschusses am 5. Juni 2003.
1028Dass der stillschweigend geschlossenen Grundübereinkunft keine rechtliche Bindungswirkung zukam, ist unerheblich. Der tatbestandlich weite Vereinbarungsbegriff erfordert keinen Rechtsbindungswillen, zumal ein solcher bei Kartellverträgen, die häufig gerade in Kenntnis ihrer aus dem Kartellverbot resultierenden rechtlichen Unwirksamkeit geschlossen werden, typischerweise nicht zu erwarten ist; ausreichend ist vielmehr eine durch Beweggründe gesellschaftlicher, moralischer oder wirtschaftlicher Art gesicherte tatsächliche Bindungswirkung und ein darauf gerichteter Wille (vgl. Zimmer, in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., § 1 Rn. 83 – 85 m.w.N. unter anderem auch zum entsprechenden Verständnis im Gemeinschaftsrecht; vgl. ferner Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 1 Rn. 11 m.w.N.). Ohne dass es einer Sicherung der Kartelldisziplin durch vorgesehene wirtschaftliche oder faktische Sanktionen bedarf, genügt hierfür allein schon die moralische Bindung im Sinne eines sogenannten Gentlemen´s Agreements (vgl.: Zimmer, a.a.O., § 1 Rn. 83; Krauß in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1 Deutsches Kartellrecht, 12. Aufl., § 1 GWB Rz. 69). Eine dementsprechende tatsächliche Bindungswirkung durch Anstand lag hier auch der Grundübereinkunft im Verkaufsleiterausschuss zugrunde. Sie ergab sich vor allem aus dem Solidaritätsbewusstsein unter den Unternehmensrepräsentanten, welches zum einen daraus resultierte, dass sich die von ihnen repräsentierten Hersteller schon auf dem Boden des legitimierten Konditionenkartells von 1970, aber auch in Ansehung darüber hinaus immer neu gestellter Handelsforderungen nach Konditionszugeständnissen gleichsam einer Schicksalsgemeinschaft gegenüber den allgemein als übermächtig empfundenen Handelsunternehmen und Handelsorganisationen des Lebensmitteleinzelhandels verbunden sahen. Zum anderen wurzelte das Solidaritätsbewusstsein aber in der im Verkaufsleiterausschuss gepflegten und bestehenden Atmosphäre einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Es widerspräche dem Schutzzweck des § 1 GWB, den Wettbewerb als Institution gegenüber planmäßigen Koordinierungsmaßnahmen von Wettbewerbern lückenlos zu schützen, würde man eine faktisch zwar unverbindliche, aber dennoch übereinstimmend ernsthaft gewollte Verhaltenskoordinierung nicht dem Kartellverbot unterstellen.
1029b) zwischen (miteinander im Wettbewerb stehender) Unternehmen
1030Die Grundübereinkunft an sich wie auch der davon umfasste Konsens im jeweiligen Einzelverhältnis der beteiligten Süßgebäckhersteller und Bonbonhersteller war eine Verständigung zwischen Unternehmen, an die sich das Kartellverbot des § 1 GWB richtet. Die an der Grundübereinkunft beteiligten natürlichen Personen handelten, soweit sie von Unternehmen entsandt waren, lediglich in ihrer jeweiligen Funktion als Unternehmensrepräsentanten für das Interesse des jeweiligen Unternehmens sowie in Bezug auf dessen Marktverhalten. Sämtliche auf diese Weise im Informationskreis repräsentierten Herstellerunternehmen unterfielen dem funktionalen Unternehmensbegriff, der im Anwendungsbereich des § 1 GWB in all dessen in Rede stehenden Fassungen gilt (hierzu: Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., § 1 Rn. 27 ff.). Dem Charakter einer Vereinbarung zwischen (hauptsächlich) Unternehmen stehen weder die weitere Beteiligung erkennbar privat an den Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses teilnehmender Personen, wie etwa im Fall des inzwischen verstorbenen C3 nach dessen Pensionierung, noch die begleitende Beteiligung der keinem Unternehmen, sondern der Konditionenvereinigung und zugleich dem Nebenbetroffenen C2 zuzuordnenden Betroffenen M2 und S1 entgegen, zumal der jeweilige Mitwirkungsbeitrag der Betroffenen M2 und S1 nicht durch eine Beteiligung als Vereinbarungspartner, sondern durch ein die Vereinbarungspartner (organisatorisch) begleitendes und unterstützendes Verhalten charakterisiert wird.
1031Die über ihre Repräsentanten an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen standen – was im zeitlichen Anwendungsbereich des § 1 GWB i.d.F. vom 26. August 1998 tatbestandlich zu fordern ist und im Übrigen die mit dem Informationsaustausch verbundene horizontale Wettbewerbsbeschränkung kennzeichnet – zumindest teilweise miteinander im Wettbewerb. Dies gilt nach den getroffenen Feststellungen jedenfalls in Hinsicht zum einen auf die Nebenbetroffenen C1 und H1, die auf dem bundesweiten Süßgebäckmarkt (der vorgelagerten Marktstufe) als Anbieter in einem engen Wettbewerb miteinander standen, und zum anderen spätestens mit Beitritt des Betroffenen T1 zur Grundvereinbarung im November 2006 auch in Hinsicht auf die Nebenbetroffene D1 und die weiteren Hersteller T2 sowie L4 und Q5, die auf dem bundesweiten Bonbonmarkt (der vorgelagerten Marktstufe) als Anbieter konkurrierten. Der somit im Verhältnis einerseits zwischen den Süßgebäckherstellern und andererseits zwischen den Bonbonherstellern bestehende Wettbewerbsbezug des vereinbarten Informationsaustauschs entfiel nicht deshalb, weil die diese Verhältnisse umfassende Grundübereinkunft auch Nicht-Wettbewerber einbezog. Anderes widerspräche dem Schutzzweck des § 1 GWB, den Wettbewerb als Institution gegenüber planmäßigen Koordinierungsmaßnahmen von Wettbewerbern lückenlos zu schützen. Darüber hinaus war dem mit der Grundübereinkunft zukunftsgerichtet vereinbarten Informationsaustausch von vornherein die Möglichkeit immanent, dass in dem Informationskreis im Verlauf der Zeit miteinander im Wettbewerb stehende Anbieter desselben Produktmarktes zeitgleich repräsentiert waren. Als Gremium der Konditionenvereinigung sollte der Verkaufsleiterausschuss nach seiner Konzeption für Anbieter aller Fachsparten des C2 und damit der verschiedenen Produktmärkte der Süßwarenbranche offen bleiben, womit zwar die Vorstellung verbunden war, möglichst kaum Wettbewerber gleichzeitig einzubinden, was aber auch von vornherein nicht ausgeschlossen war und in der Praxis – wie gerade die gleichzeitige Beteiligung der Nebenbetroffenen C1 und H1 sowie der Nebenbetroffenen D1 und die weiteren Bonbonhersteller aufzeigt – nicht umgesetzt wurde.
1032c) Bezwecken einer Wettbewerbsbeschränkung
1033Mit ihrem Inhalt, den künftigen Austausch zwischen den Unternehmensrepräsentanten über vertrauliche Geschäftsdaten ihrer Unternehmen zu und aus Konditionenverhandlungen mit individualisierten Handelspartnern des Lebensmitteleinzelhandels in einem identifizierenden und zumindest überschlägigen Umfang als stehende Praxis im Verkaufsleiterausschuss zu verankern und beizubehalten, bezweckten die von der Grundübereinkunft umfassten Vereinbarungen zum einen zwischen den Süßgebäckherstellern und später daneben zum anderen zwischen den Bonbonherstellern eine Einschränkung des zwischen ihren jeweiligen Unternehmen bestehenden Geheimwettbewerbs.
1034Bei den Informationen, die nach der Grundübereinkunft Gegenstand des künftigen Informationsaustauschs sein sollten und in der Umsetzung des vereinbarten Informationsaustauschs auch tatsächlich ausgetauscht wurden, handelt es sich um vertrauliche Geschäftsdaten, die dem Geheimwettbewerb unterfielen. Zwar ist ein Informationsaustausch zwischen Wettbewerbsunternehmen nicht schon an sich kartellrechtlich unzulässig. Vielmehr sind Marktinformationssysteme, bei denen sich Wettbewerber u.a. über Konditionen ihrer Geschäftsabschlüsse und Umsätze informieren, kartellrechtlich dann unbedenklich, wenn lediglich Auskünfte über Durchschnittswerte erteilt werden und eine Identifizierung einzelner Kunden oder Lieferanten sowie Rückschlüsse auf einzelne Geschäftsvorgänge ausgeschlossen sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.07.2002 – VI-Kart 37/01 (V), WuW/E DE-R 949 – 952, zitiert nach juris Rz. 14 – Transportbeton Sachsen). Indes bezog sich der vereinbarte Informationsaustausch im vorliegenden Fall von vornherein auf unternehmensbezogene Geschäftsdaten mit identifizierendem Inhalt und mit konkretem Bezug zu einzelnen Geschäftsvorgängen, nämlich in jedem Fall auf die Information (a) über das individuelle Betroffensein von bestimmten Forderungen des Handels sowie (b) über den – möglicherweise von Hersteller zu Hersteller unterschiedlichen - individuellen Gegenstand und wesentlichen Inhalt der an den einzelnen Hersteller gerichteten Handelsforderung (beispielsweise Eurobetrag oder prozentualer Umsatzanteil), ferner (c) über die diesbezügliche Positionierung des einzelnen Herstellers sowie (d) über die eventuell Verhandlungsspielräume aufzeigenden oder ausschließenden Reaktionen des Handels hierauf und nicht zuletzt (e) über den Entwicklungsstand solcher Konditionenverhandlungen in Jahresgesprächen oder Sonderforderungskampagnen des Handels. Darüber hinaus umfasste der vereinbarte Informationsaustausch – wie etwa TOP 4. der Tagesordnung vom 20. Februar 2003 („Geplante Preiserhöhungen / Handelsresonanz“) verdeutlicht - von vornherein auch sowohl den Hersteller als auch den Handelspartner identifizierende Angaben zum Stand von Unterhandlungen beabsichtigter Preiserhöhungen, deren Größenordnung in ungefähren Spannen ebenfalls mitgeteilt werden sollte. Dass bei alldem lediglich überschlägige, grob kennzeichnende Informationen ausgetauscht werden sollten, lässt den Vertraulichkeitscharakter dieser Geschäftsdaten nicht entfallen. Selbst in ihrer Pauschalität können solche inhaltlichen und verhandlungsstrategischen Informationen für das betreffende Unternehmen unabhängig vom Ausmaß einer Offenlegung einen wettbewerblichen Vor- oder auch Nachteil gegenüber konkurrierenden Herstellern widerspiegeln, so dass sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für das betreffende Herstellerunternehmen schon ihrer Natur nach vertraulich sind. Mit diesem die jeweiligen Verhandlungspartner identifizierenden und Rückschlüsse auf den konkreten Geschäftsvorgang erlaubenden Inhalt waren die Informationen für andere Hersteller weder aus allgemein zugänglichen Quellen wie etwa der Presseberichterstattung noch sonst zugänglich. Vielmehr bestand der aufgrund der Zeugenaussagen im vorliegenden Verfahren festgestellte Mehrwert des vereinbarten Informationsaustauschs gerade in der Identifizierung, Verifizierung und Konkretisierung in Hinsicht insbesondere auf die vorgenannten Informationsinhalte und Geschäftsvorgänge.
1035Die Offenlegung solcher Informationen jedenfalls zwischen Wettbewerbern führt zu einer Einschränkung des Geheimwettbewerbs zwischen diesen. Typischerweise führt der einzelne Hersteller die Konditionenverhandlungen mit den Handelsunternehmen in Unkenntnis des Inhalts und Standes paralleler Verhandlungen seiner Wettbewerber und letztlich auch in Unkenntnis des Umstandes, welche konkreten Wettbewerber überhaupt parallel zu ihm verhandeln oder verhandelt haben. Diese Ungewissheit beseitigte der vereinbarte Informationsaustausch. Desgleichen war der vereinbarte Informationsaustausch geeignet, die Ungewissheit über eventuelle Verhandlungsspielräume in den eigenen Verhandlungen zu beseitigen. Auf diese Weise wurde der einzelne Hersteller in die Lage versetzt, sein Verhalten gegenüber dem Verhandlungspartner zu ändern. Er konnte mit dem Handelsunternehmen nunmehr in Kenntnis der Lage paralleler Konditionenverhandlungen und sich aus den Verhandlungserfahrungen anderer Hersteller wohlmöglich zeigender Handlungs- und Verhandlungsspielräume verhandeln und sich auf die Verhandlungsstrategie des Handelsunternehmens besser einrichten. Die Art und die Intensität des Wettbewerbs und die Art des Auftretens der Marktpartner auf dem Markt erfuhr dadurch eine Veränderung (vgl. BGH, Beschluss vom 18.11.1986 – KVR 1/86, zitiert nach juris Rz.13 – Baumarkt-Statistik).
1036Diese Einschränkung des Geheimwettbewerbs war mit der Grundübereinkunft im Verhältnis der miteinander im Wettbewerb stehenden Hersteller bezweckt. Das Tatbestandsmerkmal des Bezweckens einer Wettbewerbsbeschränkung erfordert eine objektive wettbewerbsbeschränkende Tendenz der gemeinsamen Maßnahme (vgl. sowohl zum Gemeinschaftsrecht als auch zum GWB: Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., § 1 Rn. 157, 158 m.w.N.). Dies ist hier zu bejahen, weil der vereinbarte Informationsaustausch gerade auf die gegenseitige Offenlegung vorgenannter Daten und damit zumindest auf eine Dämpfung des Geheimwettbewerbs objektiv wie auch subjektiv gerichtet war. Es war gerade Ziel der Grundübereinkunft, mittels des vereinbarten Informationsaustauschs die im Informationskreis repräsentierten Unternehmen in die Lage zu versetzen, die Betroffenheit und Positionierung des auskunftserteilenden Herstellerunternehmens im Hinblick auf die identifizierten Verhandlungen sowie die Breite eines diesbezüglichen Verhandlungsspielraums bei dem bestimmten Handelskunden einschätzen und anhand dieses Wissens die eigene Positionierung in Verhandlungen mit demselben Handelskunden über dieselben Themen besser ausrichten zu können. Mit dieser Ausgestaltung ist eine Wettbewerbsbeschränkung dahin bezweckt, dass die Teilnehmer des Informationskreises auf die im Hinblick auf solche konkreten Geschäftsdaten üblicherweise bestehende Geheimhaltung insoweit verzichten. Mit dieser bezweckten wettbewerbsbeschränkenden Ausgestaltung bezog sich der Konsens – entgegen der seitens der Verteidigung verschiedentlich vorgebrachten Sichtweise – auf ein Marktverhalten. Das Verhalten von – jedenfalls hier – Anbietern am selben Markt wird nicht allein dadurch definiert, wie sie gegenüber der Marktgegenseite agieren. Entscheidend ist vielmehr, ob eine Verhaltensweise Wettbewerbsbezug hat, was – in Fällen von Marktinformationssystemen gerade typisch – auch dann der Fall ist, wenn Marktteilnehmer derselben Marktseite untereinander agieren und – mit mehr oder weniger Intensität - Fühlung nehmen. Bereits dies ist geeignet, das weitere Marktverhalten zu beeinflussen. Gerade darum ging es im vorliegend zu beurteilenden Informationsaustausch, mit dem insbesondere die ständige Möglichkeit zu Klärung geschaffen werden sollte, ob man als Anbieter im selben Boot saß.
1037d) Spürbarkeit
1038Die mit der vereinbarten Praxis des Informationsaustauschs bezweckte Einschränkung des Geheimwettbewerbs war auch geeignet, die Marktverhältnisse zum einen auf dem Süßgebäckmarkt und zum anderen auf dem Bonbonmarkt spürbar zu beeinflussen.
1039Mit dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal der Spürbarkeit soll das Kartellverbot auf solche Vereinbarungen beschränkt werden, die geeignet sind, die Verhältnisse auf den Märkten mehr als in nur unbedeutendem Umfang und über ein lediglich theoretisch denkbares Gewicht hinaus zu beeinflussen (vgl.: BGH, Beschluss vom 13.01.1998 – KVR 40/96, WuW/E DE-R 115-121, zitiert nach juris Rz. 29 – Carpartner; BGH, Beschluss vom 09.03.1999 – KVR 20/97, WuW/E DE-R 289-296, zitiert nach juris Rz. 33 – Lottospielgemeinschaft). Dies ist im Einzelfall unter Berücksichtigung insbesondere der Art der Wettbewerbsbeschränkung, der Stellung der beteiligten Unternehmen am Markt, insbesondere ihrer Marktanteile, und des zahlenmäßigen Verhältnisses kartellbeteiligter zu nicht beteiligten Unternehmen zu beurteilen (vgl.: Roth/Ackermann in Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Band IV, Loseblattsammlung, Stand Januar 2011, § 1 GWB 2005 Rz. 93 m.w.N.; Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., § 1 Rz. 166 – 170). Dies führt im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Stellung der am Informationskreis Beteiligten auf dem Markt zu einer Spürbarkeit jedenfalls hinsichtlich der Produktmärkte zum einen für Süßgebäck und zum anderen für Bonbons.
1040Hinsichtlich des Süßgebäckmarktes bestand die Vereinbarung wenigstens seit ihrem hier zugrunde zu legenden Bestehen spätestens ab Juni 2003 zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1, bei denen es sich zu jenem Zeitpunkt wie auch während des gesamten hier in Rede stehenden Zeitraums bis 2008 um die beiden marktführenden Markenhersteller von Süßgebäck gehandelt hat, auf die zusammen durchgehend mindestens zwischen einem Viertel und einem Drittel der Marktanteile entfielen. Der Rest des Marktes war unter einer Vielzahl kleinerer Anbieter verteilt, hinsichtlich derer im Wesentlichen nur die M12-Gruppe mit einem Marktanteil bis etwa 5 % während desselben Zeitraums und das neben C1 und H1 zwischen 2003 und 2006 ebenfalls an der Vereinbarung im Verkaufsleiterausschuss beteiligte Herstellerunternehmen T11, für welches lediglich für 2006 ein zudem schon mit dem es übernehmenden Unternehmen D9 zusammengefasster Marktanteil von rund 3 % festzustellen gewesen ist, hervorzuheben sind. Unter Berücksichtigung all dessen war die Vereinbarung eines Informationsaustauschs zwischen den beiden mit Abstand marktführenden Markenanbietern ohne weiteres geeignet, die Wettbewerbsverhältnisse des Süßgebäckmarktes mehr als nur unbedeutend zu beeinflussen.
1041Von den Anbietern am Bonbon-Markt war bereits im Jahr 2003 neben kleineren Anbietern mit geringfügigen Marktanteilen wie L4, Q6 und S7 vor allem der Marktführer T2 an der Grundübereinkunft beteiligt. T2 verfügte während des gesamten hier in Rede stehenden Tatzeitraums über einen Marktanteil zwischen mindestens 20 und 30 %. Es kann auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Spürbarkeit auch dann bejaht werden kann, wenn an der in Rede stehenden horizontalen Wettbewerbsbeschränkung neben einem marktführenden Unternehmen nur kleinere, weder einzeln noch in ihrer Zusammenrechnung wesentlich ins Gewicht fallende Marktteilnehmer beteiligt sind. Denn die Eignung zur Beeinflussung dieses Marktes war spätestens mit Hinzutreten des Betroffenen T1 als Repräsentant der Nebenbetroffenen D1 im November 2006 entstanden. Die Nebenbetroffene D1 war zwischen 2006 und 2008 der zweitstärkste Bonbon-Anbieter mit einem Marktanteil etwa zwischen 7 % und 10 %, so dass bei gleichzeitiger Mitwirkung von T2 während dieses Zeitraums in jedem Fall ein wirtschaftlich beträchtlicher Teil von Anbietern des Bonbonmarktes an der Vereinbarung beteiligt war, während ihre nächstfolgenden kartellfreien Wettbewerber wie etwa G4 und I12 jeweils über Marktanteile um die 8 % bis 10 % bzw. 4 % bis 6 % verfügten.
1042Unerheblich ist, ob bei einem – zugunsten der Betroffenen und Nebenbetroffenen einmal unterstellten – früheren Vereinbarungszeitpunkt jegliche Spürbarkeit unter diesen Gesichtspunkten eventuell zu verneinen wäre; auch eine ursprünglich keine Spürbarkeit aufweisende wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung kann im Laufe ihres Fortbestehens aufgrund Veränderungen etwa in der Zusammensetzung ihrer Beteiligten oder in der Entwicklung deren Marktstellung in die Kartellrechtswidrigkeit mit der Folge erwachsen, dass ihre Aufrechterhaltung jedenfalls ab diesem Zeitpunkt dem Kartellverbot unterliegt.
1043e) Dauer des Kartells
1044Die von vornherein die Verständigung der Nebenbetroffenen C1 und H1 umfassende Grundübereinkunft bestand – wie festgestellt - als Zustand des Einigseins über den vereinbarten Informationsaustausch ohne das Erfordernis eines von Sitzung zu Sitzung immer wieder neu herzustellenden Konsenses und unabhängig von gelegentlichen Nichtteilnahmen an Sitzungen wie auch von der im Verlauf der Zeit wechselnden personellen Zusammensetzung im Verkaufsleiterausschuss von spätestens der Sitzung vom 5. Juni 2003 bis zu ihrer Zäsur von außen durch die Durchsuchungsmaßnahmen des Bundeskartellamtes am 7. Februar 2008. Während dieses Zeitraums erwuchs spätestens mit dem Beitritt der durch den Betroffenen T1 repräsentierten Nebenbetroffenen D1 zur Grundübereinkunft in der Sitzung vom 22. November 2006 – insoweit ist der Beitrittszeitpunkt von der ersten Teilnahme des Betroffenen T1 an einer Sitzung des Verkaufsleiterausschusses am 12. September 2006 mit Blick auf seinen erst zur Folgesitzung gefassten Vorsatz zum Anschluss an die Grundübereinkunft und zu deren weiteren Mittragung zu unterscheiden – die kartellrechtswidrige Verständigung zwischen nunmehr den im Informationskreis beteiligten Bonbonherstellern als weitere Facette der Grundübereinkunft.
10453. Keine Freistellung
1046Die Grundübereinkunft wie auch ihre Umsetzung im Zeitraum von Juni 2003 bis zum 7. Februar 2008 waren weder gemäߠ §§ 2 – 10 GWB 1999 freigestellt noch erfüllen sie die Freistellungsvoraussetzungen der §§ 2, 3 GWB 2005. Für eine Freistellung ergeben sich keine Anhaltspunkte.
1047B. Die einzelnen Zuwiderhandlungen
1048Die Betroffenen wie auch die weiteren Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 verwirklichten jeweils den Tatbestand einer Kartellordnungswidrigkeit, indem sie mit unterschiedlichen Beteiligungszeiträumen während des gesamten Kartellzeitraums vom 5. Juni 2003 bis zum 7. Februar 2008 mit teils unterschiedlich zu bewertenden Mitwirkungsbeiträgen an der Umsetzung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zum einen zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 und zum anderen zwischen der Nebenbetroffenen D1 und der T2 GmbH & Co. KG sowie weiteren im Verkaufsleiterausschuss im Verlauf der Zeit repräsentierten Bonbonherstellern mitwirkten.
1049Nach der während des gesamten Kartellzeitraums bis zum 30. Juni 2005 greifenden Regelung in § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB 1999 wie auch nach der ab dem 1. Juli 2005 geltenden Regelung in §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig – was vorliegend allein von Relevanz ist: – dem Kartellverbot des § 1 GWB in der jeweils geltenden Fassung zuwiderhandelt.
1050Die tatbestandliche Verweisung auf das Kartellverbot des § 1 GWB erfordert im Ausgangspunkt die Anwendung des § 9 OWiG. Denn in den blankettartigen Bußgeldtatbestand ist das von ihm in Bezug genommene außerbußgeldrechtliche Verbot mit der Folge hineinzulesen, dass sich der Bußgeldtatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999 bzw. des §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 wegen des ausschließlich an Unternehmen als Verbotsadressaten gerichteten Kartellverbots als Sonderdelikt darstellt und – soweit nicht der Unternehmensinhaber als natürliche Person selbst handelt - sich der Kreis tauglicher Täter der Ordnungswidrigkeit daher aus § 9 OWiG ergibt (vgl. Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2 GWB, 4. Aufl., Vor § 81 Rz. 64). Von Relevanz gerade im vorliegenden Fall ist insoweit die Erweiterung des Täterkreises nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG auf die mit der Leitung oder Teilleitung des Betriebs beauftragten Personen. Hierzu genügt die Leitung von verselbständigten Teilbereichen innerhalb des Betriebs, was nicht die Zugehörigkeit des Beauftragten zur obersten Führungsebene, aber es erfordert, dass ihm nach der konkreten Betriebsorganisation eine leitende Funktion mit sachlicher Verantwortung für einen Betriebsteil von gewisser Selbständigkeit und Bedeutung zukommen muss (vgl. zu allem: Rogall in Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 4. Aufl., § 9 Rz. 85; König in Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 14. Aufl., § 9 Rz. 20 f.).
1051Allerdings kennt das Ordnungswidrigkeitenrecht abweichend von der strafrechtlichen Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme (Anstiftung und Beihilfe) nur den Einheitstäterbegriff (§ 14 Abs. 1 OWiG) mit der Folge, dass der Täterkreis über den Anwendungsbereich des § 9 OWiG hinaus ausgedehnt werden kann: Auch die einer Teilnahme im strafrechtlichen Sinne entsprechende Beteiligung an der (fremden) Tat eines nach § 9 OWiG tauglichen Täters führt aufgrund des Einheitstäterbegriffs zur täterschaftlichen Zuwiderhandlung und Ahndung als Täter (vgl. Raum in Langen/Bunte, Kartellrecht, Band 1 Deutsches Kartellrecht, 12. Aufl., § 81 GWB Rz. 19). Dies setzt voraus, dass zumindest bei einem Beteiligten die Zurechnungsvoraussetzungen des § 9 OWiG erfüllt sind (KG, Urteil v. 17.03.1993 – Kart 16/91, WuW/E OLG 5121, 5129 f.). Als – auch in der Form des Unterlassens denkbare - Beteiligungshandlung genügt grundsätzlich die Förderung der Bezugstat im Sinne einer mitwirkenden (zumindest psychischen) Kausalität hinsichtlich der Ermöglichung, Erleichterung, Intensivierung oder Absicherung der Tatbestandsverwirklichung (Dannecker/Biermann, a.a.O., § 81 Rz. 70 m.w.N.).
1052Die im Sinne der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999 bzw. des §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 tatbestandliche Zuwiderhandlung umfasst sowohl den Abschluss einer nach § 1 verbotenen Vereinbarung als auch deren Praktizierung (vgl.: Dannecker/Biermann, a.a.O., § 81 Rn. 54; Bechtold, GWB, 5. Aufl., § 81 Rn. 8 m.w.N.). Solange die vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung praktiziert wird, liegt dieselbe Verletzung des durch § 1 GWB als Institution geschützten Wettbewerbs vor, so dass die verschiedenen der Kartelldurchführung dienenden Akte und Handlungen durch die Grundabsprache zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst werden und nur eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen (vgl.: BGH, Beschluss v. 28.06.2005 – KRB 2/05, JW 2006, 163, 164 – ...er Transportbeton I; Dannecker/Biermann, a.a.O., § 81 Rz. 54).
1053Dies alles vorausgeschickt ergeben sich die von den Betroffenen und weiteren Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1 und H1 verwirklichten Zuwiderhandlungen im Einzelnen wie folgt:
10541. Die Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1
1055Von den im Verlauf des Kartellzeitraums aufeinander folgenden Vertriebsrepräsentanten der Nebenbetroffenen C1 verwirklichten jeweils vorsätzlich
1056 ihr Repräsentant C3 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999,
1057 ihr vormaliger Country Manager X2 den Tatbestand – soweit es den Zeitraum seiner Tatbeteiligung bis zum 30. Juni 2005 betrifft - der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999 sowie – soweit es seine darüber hinaus fortgesetzte Tatbeteiligung bis zu seiner letzten Sitzungsteilnahme am 18. Januar 2006 anbelangt - §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 und
1058 der Zeuge K1 sowie der Betroffene W1 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005.
1059Während des Gesamtzeitraums war einem jeden von ihnen im Betrieb der Nebenbetroffen C1 die Leitung eines Betriebsteils mit einem selbständig und eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgabenbereich übertragen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). C3 leitete seinerzeit bis mindestens einschließlich Juni 2003 das europäische Key Account Management der Nebenbetroffenen. X2 war zunächst die sachliche Ressortverantwortung für ein oder mehrere nationale Key Accounts mit eigenverantwortlicher und selbständiger Wahrnehmung der damit verbundenen Vertriebsgeschäfte unter Handlungsvollmacht übertragen, bevor ihm ab Januar 2005 bis etwa Mai 2006 als handlungsbevollmächtigter Country Manager Deutschland die sachliche Gesamtverantwortung für den nationalen Vertrieb zukam; diese Funktion, in der er unmittelbar dem Vertriebs-Geschäftsführer Europa der Nebenbetroffenen nachgeordnet war und damit zur zweiten Führungsebene des Unternehmens zählte, umfasste insbesondere die Leitung des nationalen Key Account Managements in personeller sowie vor allem sachlicher Hinsicht. Sowohl der Zeuge K1 als auch des Betroffene W1 leiteten jedenfalls während der Zeit ihrer Teilnahme im Verkaufsleiterausschuss jeweils als Group Account Manager ein Team von mehreren ihnen unterstellten nationalen Key Account Managern mit personeller und sachlicher Ressortverantwortung; sie berichteten ebenfalls unmittelbar dem Geschäftsführer Vertrieb Europa und waren mit Handlungsvollmacht ausgestattet.
1060In dieser jeweiligen Funktion für die Nebenbetroffene C1 handelten sie alle dem somit auch an sie gerichteten Kartellverbot dadurch zuwider, dass sie unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes im Verkaufsleiterausschuss an der Praktizierung und Umsetzung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen ihrem Unternehmen und der Nebenbetroffenen H1 mit wirkten. Im Einzelnen lag ihr Mitwirkungsbeitrag darin, dass
1061 der frühere C1-Repräsentant C3 jedenfalls in der Sitzung des Verkaufsleiterausschusses am 5. Juni 2003 Informationen aus den Konditionsverhandlungen der Nebenbetroffenen zu den auf der Tagesordnung stehenden Sonderforderungen einbrachte, zumindest aber durch seine widerspruchslose Teilnahme zur Aufrechterhaltung der Grundübereinkunft und vor allem der davon umfassten wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den Süßgebäckherstellern beitrug,
1062 der vormalige Country Manager X2 in der Zeit von Juni 2004 bis Januar 2006 in den Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses Informationen aus den Konditionsverhandlungen der Nebenbetroffenen zu inkriminierten Themen in den Informationsaustausch beibrachte, in mindestens zwei Fällen selbst inkriminierte Themen – nämlich mit E-Mail vom 26. Januar 2005 den Gesprächswunsch „Jahresgespräche 2005 (insbes. S2)“ für die Sitzung am 9. Februar 2005 und mit E-Mail vom 11. Mai 2005 eine Abfrage von Sonderforderungen im Zusammenhang mit der „T4-Übernahme durch F1“ für die Sitzung am 31. Mai 2005 – für die Tagesordnung anmeldete und im Übrigen durch seine widerspruchslose Teilnahme und Entgegennahme von Informationen der anderen Teilnehmer die Beibehaltung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 beförderte,
1063 der Zeuge K1 im Zeitraum von Mai bis zum 6. November 2006 bei mindestens zwei Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses zu inkriminierten Themen seinerseits Informationen aus den Konditionsverhandlungen der Nebenbetroffenen beisteuerte, darüber hinaus mit E-Mail vom 6. November 2006 für die Sitzung am 22. November 2006 mehrere inkriminierte Themen für die Tagesordnung vorschlug und im Übrigen schon durch seine widerspruchslose Gegenwart während des Informationsaustauschs die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den Süßgebäckhersteller mittrug
1064 und der Betroffene W1 im Zeitraum vom Februar 2007 bis Februar 2008 mit E-Mails vom 12. Februar 2007 für die Sitzung am 28. Februar 2007 und vom 23. April 2007 für die Sitzung vom 8. Mai 2007 inkriminierte Themen auf die Tagesordnung setzen ließ und in insgesamt 5 Sitzungen ab dem 28. Februar 2007 Informationen aus den Konditionsverhandlungen der Nebenbetroffenen mitteilte, zumindest aber durch seine widerspruchslose Teilnahme zum Fortbestand der verbotenen Grundabsprache und zu deren Umsetzung beitrug.
1065Im Fall des Betroffenen W1 ist dabei zu unterscheiden, dass er im Zeitpunkt, als er die Versendung der E-Mail vom 12. Februar 2007 mit inkriminierten Themenanmeldungen an das Büro des Betroffenen M2 veranlasste, zwar – was nicht anders verstanden werden kann – bereits Vorsatz gefasst und mit Veranlassung der E-Mail auch einen davon getragenen tatbestandlichen Handlungsteil geleistet hatte, seine stillschweigende Willensäußerung zum Anschluss an die Grundübereinkunft gegenüber den anderen Unternehmensrepräsentanten jedoch frühestens in der Sitzung vom 28. Februar 2007 durch seine Teilnahme zum Ausdruck brachte.
10662. Die Repräsentanten der Nebenbetroffenen H1
1067Von den im Verlauf des Kartellzeitraums aufeinander folgenden Vertriebsrepräsentanten der Nebenbetroffenen H1 verwirklichten durch Zuwiderhandlung gegen das nach § 9 OWiG auch an sie gerichtete Kartellverbot jeweils vorsätzlich
1068 I1 den Tatbestand – soweit es den Zeitraum seiner Tatbeteiligung bis zum 30. Juni 2005 betrifft - der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999 sowie – soweit es seine darüber hinaus fortgesetzte Tatbeteiligung bis zu seiner letzten Sitzungsteilnahme am 30. November 2005 anbelangt - der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 und
1069 der Betroffene M1 mit seiner Tatbeteiligung erst ab dem 21. November 2007 den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005.
1070Da der weiteren Repräsentantin der Nebenbetroffenen H1 im Verkaufsleiterausschuss, der Zeugin F3, nach den Feststellungen weder ein eigenverantwortlich wahrzunehmender Entscheidungsspielraum noch Vertretungsmacht und damit von vornherein keine Leitungsfunktion zukam, ist mangels ihrer Verfahrensbeteiligung die rechtliche Beurteilung ihrer Handlung für den Entscheidungsfall nicht von Relevanz.
1071Während ihrer jeweiligen Teilnahme im Verkaufsleiterausschuss waren sowohl I1 als auch dem Betroffenen M1 im Betrieb der Nebenbetroffen H1 die Leitung eines Betriebsteils mit einem selbständig und eigenverantwortlich wahrzunehmenden Aufgabenbereich übertragen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Beide bekleideten nacheinander die in der Betriebsorganisation der Nebenbetroffenen zur zweiten Führungsebene nach der Geschäftsführung zählende Position eines Vertriebsleiters Deutschland (Leitung Vertrieb Kunden Inland). In dieser Position und Funktion kam ihnen mit entsprechender personeller und sachlicher Verantwortung die Gesamtleitung der Ressorts des Nationalen Verkaufsleiters, dem wiederum die Gebietsverkaufsleiter unterstanden, ferner der Abteilung Sales Support und der verschiedenen Key Account Manager zu. I1 verfügte über Gesamtprokura, der Betroffene M1 vor dem 18. April 2008 lediglich über Handlungsvollmacht.
1072Jeweils in der Funktion als Vertriebsleiter der Nebenbetroffenen H1 wirkten sowohl I1 als auch der Betroffene M1 unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes an der Praktizierung und Umsetzung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen ihrem Unternehmen und der Nebenbetroffenen C1 mit, indem
1073 der Vertriebsleiter I1 in der Zeit vom 5. Juni 2003 bis zu seiner letzten Sitzungsteilnahme am 30. November 2005 bei mindestens sieben Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses und
1074 der Betroffene M1 ab seiner zweiten feststellbaren Sitzungsteilnahme am 21. November 2007, zu der erst sein Vorsatz festgestellt worden ist, bis zum Ende des Kartellzeitraums am 7. Februar 2008 bei insgesamt zwei Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses
1075Informationen aus den Konditionsverhandlungen der von ihnen repräsentierten Nebenbetroffenen zu den auf der jeweiligen Tagesordnung stehenden inkriminierten Themen beisteuerten, zumindest aber durch ihre widerspruchslose Teilnahme am Informationsaustausch zur Aufrechterhaltung der Grundübereinkunft und vor allem der davon umfassten wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den Süßgebäckherstellern beitrugen. Für eine Mitgestaltung der jeweiligen Tagesordnung durch eine Meldung von Themenwünschen ergeben sich im Falle der beiden H1-Repräsentanten keine Anhaltspunkte.
10763. Der Betroffene T1
1077Mit seinem erst am 22. November 2006 einsetzenden Tatbeitrag verwirklichte der Betroffene T1 in seiner Funktion als Prokurist und Leiter des Key Account Managements der Nebenbetroffenen D1 vorsätzlich den Tatbestand der §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005, indem er dem nach § 9 OWiG auch an ihn gerichteten Kartellverbot zuwider an der Praktizierung und Umsetzung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen der von ihm repräsentierten Nebenbetroffenen D1 und den weiteren im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Bonbonherstellern T2, L4 und Q5 mitwirkte. Als Mitglied der Geschäftsleitung kam ihm in seiner vorgenannten Position und Funktion eine eigenverantwortliche Leitungsfunktion in Hinsicht auf einen Betriebsteil von gewisser Selbständigkeit und Bedeutung innerhalb der Betriebsorganisation der Nebenbetroffenen D1 zu (§9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). In dieser Funktion wirkte er im Zeitraum vom 22. November 2006 bis zum 7. Februar 2008 unter billigender Inkaufnahme des darin liegenden Kartellverstoßes an der Umsetzung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Bonbonhersteller mit, indem er bei den sechs Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses während dieses Zeitraums Informationen aus den Konditionsverhandlungen der Nebenbetroffenen D1 zu den auf der jeweiligen Tagesordnung stehenden inkriminierten Themen beitrug, zumindest aber durch seine widerspruchslose Teilnahme am Informationsaustausch die Aufrechterhaltung der Grundübereinkunft und vor allem der davon umfassten wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung zwischen den Bonbonherstellern beförderte. Auch in seinem Fall ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Mitgestaltung der jeweiligen Tagesordnung durch eine Meldung von Themenwünschen.
10784. Der Betroffene B1
1079Der Betroffene B1 handelte über den gesamten Kartellzeitraum vom 5. Juni 2003 bis zum 7. Februar 2008 dem Kartellverbot dadurch vorsätzlich zuwider, dass er die kartellrechtswidrigen Übereinkünfte anderer, nämlich zum einen die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 und zum anderen die ab November 2006 hinzugekommene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zwischen der Nebenbetroffenen D1 und den weiteren im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Bonbonherstellern förderte. Als Repräsentant der im Bereich Schokoladenwaren als Anbieterin in Erscheinung tretenden Nebenbetroffenen G1 war der Betroffene B1 zwar an der Umsetzung der umfassenden Grundübereinkunft zum Informationsaustausch beteiligt, aber keinem der hier inkriminierten Produktmärkte für Süßgebäck und Bonbons zuzuordnen. Indes förderte er die Praktizierung dieser beiden von der Grundübereinkunft umfassten kartellrechtswidrigen Übereinkünfte, vor allem indem er
1080(a) durch seine widerspruchslose Teilnahme an dem marktübergreifenden Informationsaustausch einen zumindest psychischen Unterstützungsbeitrag zur Aufrechterhaltung auch dieser Übereinkünfte leistete, ferner
1081(b) mehrfach – wie etwa für die Sitzung am 9. Februar 2005 das Thema „L1 – massive Forderungen für Jubiläum“, für die Sitzung am 28. September 2005 u.a. das Thema „ Generelle Forderungen der S2, ...“, für die Sitzung am 17. Mai 2006 das Thema „E1/S2 Abgleich“ und für die Sitzung am 22. November 2006 das Thema „N2 / X1 Forderungen“ - inkriminierte Themen mit Relevanz auch für die betroffenen Produktmärkte für Süßgebäck und Bonbons als Gegenstand des Informationsaustauschs einbrachte und nicht zuletzt
1082(c) mit seiner aktiven Kundgabe von Informationen aus den Konditionsverhandlungen der Nebenbetroffenen G1 das allseits gewünscht branchenumfassende Gesamtbild ergänzte und damit den Informationsaustausch einerseits zwischen den Süßgebäckherstellern und andererseits zwischen den Bonbonherstellern abrundete.
1083Sein dies alles tragender Vorsatz bezog sich dabei sowohl auf die Umsetzung der von ihm billigend in Kauf genommenen kartellrechtswidrigen Vereinbarungen durch die an diesen unmittelbar beteiligten Süßgebäck- bzw. Bonbonhersteller wie auch auf seinen eigenen Förderbeitrag hierzu, hinsichtlich dessen er eine unterstützende Kausalität für die kartellrechtswidrigen Übereinkünfte zumindest ernstlich in Betracht zog, sich damit aber billigend abfand.
1084Aufgrund des hier zugrunde zu legenden Einheitstäterbegriffs fällt dem Betroffenen B1 somit eine vorsätzliche Zuwiderhandlung nach – soweit es den Zeitraum seiner Tatbeteiligung bis zum 30. Juni 2005 betrifft - §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999 sowie – soweit es seine darüber hinaus fortgesetzte Tatbeteiligung bis zu, 7. Februar 2008 anbelangt - §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005 zur Last, ohne dass es in seinem Fall auf die Voraussetzungen des § 9 OWiG ankommt. Ausreichend ist hier vielmehr, dass die Zurechnungsmerkmale des § 9 OWiG in der jeweiligen Person der Betroffenen W1, T1 und M1 sowie der weiteren C1-Repräsentanten C3, X2 und K1 sowie des H1-repräsentanten I1 in Hinsicht auf die Bezugstaten vorliegen.
10855. Die Betroffenen M2 und S1
1086Aufgrund des bußgeldrechtlichen Einheitstäterbegriffs verwirklichten schließlich auch die Betroffenen M2 und S1 im Zeitraum vom 5. Juni 2003 bis zum 7. Februar 2008 jeweils vorsätzlich den Tatbestand einer Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot nach – soweit es den Zeitraum ihrer jeweiligen Tatteilnahme bis zum 30. Juni 2005 betrifft - §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB 1999 sowie – soweit es ihre darüber hinaus fortgesetzte Tatteilnahme bis zu, 7. Februar 2008 anbelangt - §§ 81 Abs. 2 Nr. 1, 1 GWB 2005, indem sie die Praktizierung der einerseits zwischen den im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Süßgebäckherstellern und andererseits zwischen den im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Bonbonherstellern bestehenden wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen unterstützten und förderten.
1087Der Betroffene M2 nahm an den Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses nicht als Repräsentant eines Herstellers, sondern in seiner Funktion als Geschäftsführer der Konditionenvereinigung teil. In dieser Funktion bereitete er während des gesamten Kartellzeitraums die Sitzungen insbesondere durch Einladung der Gremiumsmitglieder und Gastteilnehmer, Zusammenstellung und Übersendung der Tagesordnung aus den Themenmeldungen der Gremiumsteilnehmer und Organisation der Sitzungsräumlichkeiten vor. Hierdurch leistete er zugleich in organisatorischer Hinsicht einen Förderbeitrag zur Umsetzung des mit der auch von ihm erkannten Grundübereinkunft vereinbarten Informationsaustauschs und der davon umfassten wettbewerbsbeschränkenden Übereinkünfte zwischen sowohl den Süßgebäckherstellern als auch den Bonbonherstellern im Verkaufsleiterausschuss. Über diese die Umsetzung des vereinbarten Informationsaustauschs organisatorisch ermöglichende Unterstützung hinaus förderte er durch seine widerspruchslose und keinerlei Bedenken aufzeigende Tätigkeit wie auch seine Anwesenheit in den Verkaufsleiterausschuss-Sitzungen den Willen der beteiligten Unternehmensrepräsentanten zur Beibehaltung dieser Praxis. Dabei bezog sich sein Vorsatz sowohl auf die kartellrechtswidrigen Bezugstaten, als auch auf seinen Förderbeitrag und dessen Kausalität für die Praktizierung der wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen.
1088Der Betroffene S1 nahm im Zeitraum von Juni 2003 bis Februar 2008 ebenfalls nicht als Unternehmensrepräsentant, sondern als Vorstandsmitglied der Konditionenvereinigung an einzelnen Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses teil. Schon indem er in Sitzungen, die einen Informationsaustausch zwischen den Unternehmensrepräsentanten zu inkriminierte Themen umfassten, anwesend war, ohne Widerspruch oder Bedenken in Hinsicht auf die auch von ihm erkannte Grundübereinkunft und deren Bedeutung im Verhältnis zwischen den im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Süßgebäckherstellern bzw. Bonbonherstellern zu verlautbaren, bestärkte er die Unternehmensrepräsentanten in ihrem fortbestehenden Willen zur Beibehaltung des vereinbarten Informationsaustauschs. Dieser Förderbeitrag gewann aus Sicht der Unternehmensrepräsentanten noch mehr Gewicht aufgrund der ihnen bekannten Doppelfunktion des Betroffenen S1 als Vorstandsmitglied der Konditionenvereinigung und zugleich Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2. Zudem blieb der Betroffene S1 als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 auch im Rahmen der entgeltlichen Mitarbeiterüberlassung an die Konditionenvereinigung Vorgesetzter des auch in diesem Überlassungszusammenhang als Angestellter des entleihenden C2 tätig werdenden Betroffenen M2, so dass der Betroffene S1 jeder Zeit auf die Art und Weise der Geschäftserledigung durch den Mitbetroffenen M2 hätte Einfluss nehmen können, durch das Unterlassen dessen aber ebenso kausal die entsprechende organisatorische Förderung des Informationsaustauschs unterstütze. Bei all dem handelte der Betroffene S1, der als erfahrener Verbandsjurist die Kartellrechtswidrigkeit der Grundabsprache jedenfalls im Verhältnis der miteinander im Wettbewerb stehenden Süßgebäckhersteller bzw. Bonbonhersteller ebenso wie die Kausalität seines die Umsetzung dessen unterstützenden Förderungsbeitrages zumindest billigend in Kauf nahm, vorsätzlich sowohl in Hinsicht auf die Praktizierung der Kartellabsprachen durch die daran beteiligten Unternehmensrepräsentanten als auch hinsichtlich seiner diesbezüglich eigenen Mitwirkung.
1089Unerheblich ist, dass weder der Betroffene M2 noch der Betroffene S1 in Hinsicht auf die Bezugstaten Normadressaten des Kartellverbots waren, da die Voraussetzungen des § 9 OWiG in der jeweiligen Person der die Bezugstat verwirklichenden Repräsentanten der Nebenbetroffenen C1, H1 und D1 vorliegen.
10906. Kein Verbotsirrtum
1091Die getroffenen Feststellungen lassen keinen Raum für die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums, der nach § 11 Abs. 2 OWiG (nicht den Vorsatz, aber) die Vorwerfbarkeit des Handelns entfallen ließe. Die Betroffenen W1, T1, M1 sowie B1 nahmen die Kartellrechtswidrigkeit ihres Handelns zumindest in Kauf, weshalb schon ein Mangel an dem Bewusstsein, Unrecht zu tun, nicht angenommen werden kann. In jedem Fall aber fehlt es an einer Unvermeidbarkeit eines etwaigen Irrtums: Dass die Unternehmensrepräsentanten – wie die Verteidigung verschiedentlich geltend gemacht hat – allein aufgrund der Mitwirkung von Verbandsjuristen irrtümlich von der Rechtmäßigkeit ihres Tuns im Verkaufsleiterausschuss ausgegangen seien, reicht für die Annahme einer Vermeidbarkeit nicht aus. Die nach der Sachlage objektiv zu fordernde und den Betroffenen W1, T1, M1 und B1 nach ihrer kaufmännischen Erfahrung und ihren persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt hätte es geboten, die Frage der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit des Informationsaustauschs in seiner konkreten Ausgestaltung entweder gegenüber den Verbandsjuristen bilateral oder im Kreise des Verkaufsleiterausschusses zur Sprache zu bringen und klären zu lassen oder außerhalb dieses Kreises bei unternehmenszugehörigen Juristen oder externen Rechtsberatern diesbezüglich Auskunft einzuholen. Für entsprechende Erkundigungen ergeben sich nach dem festgestellten Sachverhalt auch nicht ansatzweise Anhaltspunkte. Im Gegenteil steht hiernach fest, dass die Frage der Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit im Verkaufsleiterausschuss auch nicht im Ansatz aufgeworfen wurde.
1092C. Bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit der Nebenbetroffenen
1093Mit Ausnahme der durch den Betroffenen M2 verwirklichten Zuwiderhandlung müssen sich die Nebenbetroffenen C1, H1, D1 und G1 die Zuwiderhandlungen ihrer jeweiligen Unternehmensrepräsentanten und der Nebenbetroffene C2 die durch den Betroffenen S1 als dessen Hauptgeschäftsführer begangene Zuwiderhandlung nach § 30 OWiG in dessen bis zum 29. Juni 2013 geltenden Fassung (nachfolgend a.F.) kartellbußgeldrechtlich zurechnen lassen.
1094Dies gilt zu Lasten der Nebenbetroffenen C1 hinsichtlich der Bezugstaten ihres vormaligen Leiters des europäischen Key Account Managements C3, ihres früheren Key Account Managers und Country Managers X2, des Zeugen K1 und des Betroffenen W1. Bei all diesen Repräsentanten der Nebenbetroffenen im Verkaufsleiterausschuss handelt es sich aus den im Einzelnen im Zusammenhang mit deren Tätertauglichkeit nach § 9 OWiG ausgeführten Gründen um handlungsbevollmächtigte Leitungspersonen der Nebenbetroffenen i.S. des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG, die jeweils in dieser Funktion auch im Verkaufsleiterausschuss sich am Informationsaustausch beteiligten.
1095Die Nebenbetroffene H1 muss sich die Zuwiderhandlungen zum einen ihres vormaligen Vertriebsleiters I1 als Prokurist in leitender Funktion nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 OWiG und zum anderen des Betroffenen M1 als handlungsbevollmächtigte Leitungsperson nach § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG zurechnen lassen. Wegen der eine Leistungsfunktion dieser beiden Repräsentanten begründenden Umstände einschließlich ihrer Vertretungsbefugnisse wird auf die entsprechenden Ausführungen zur Erstreckung der Normadressatenschaft auf sie nach Maßgabe des § 9 OWiG verwiesen. Sowohl der vormalige Vertriebsleiter I1 als auch der Betroffene M1 beteiligten sich im Verkaufsleiterausschuss gerade in ihrer leitenden Funktion für die Nebenbetroffene am Informationsaustausch.
1096Dass sich die Nebenbetroffene D1 die Zuwiderhandlung des Betroffenen T1 zurechnen lassen muss, beruht auf dessen die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 OWiG ausfüllenden Funktion als Prokurist und Leiter des Key Account Managements der Nebenbetroffenen. Wegen der Einzelheiten zur Ausgestaltung als leitende Funktion wird auf die Ausführungen zur Stellung des Betroffenen in der Betriebsorganisation der Nebenbetroffenen im Rahmen der rechtlichen Würdigung seiner Zuwiderhandlung Bezug genommen. Auch der Betroffene T1 handelte im Verkaufsleiterausschuss nicht gelegentlich seiner leitenden Funktion für die Nebenbetroffene, sondern gerade in deren Wahrnehmung.
1097Die Nebenbetroffene G1 muss sich die Zuwiderhandlung des Betroffenen B1 als deren verantwortlich handelnden Leitungsperson i.S. des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG zurechnen lassen. Als Key Account Manager mit sachlicher Ressortverantwortung für die ihm zugewiesenen Handelskunden kam dem Betroffenen ein nicht unerheblicher selbständiger und eigenverantwortlicher Entscheidungsspielraum in der Wahrnehmung der damit verbundenen Vertriebsgeschäfte der Nebenbetroffenen zu. Insbesondere gilt dies in Hinsicht auf die ihm seinerzeit obliegende eigenverantwortliche Vorbereitung und Führung von Konditionenverhandlungen in den Jahresgesprächen. Der Betroffene verfügte über Handlungsvollmacht. Die Beschränkung dieser Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis, insbesondere in Gestalt des bei der Nebenbetroffenen G1 damals praktizierten Vieraugenprinzips, ist unerheblich. Unschädlich ist ferner, dass dem Betroffenen B1 in der Position eines Key Account Managers keine Personalverantwortung oblag, weil die Personalverantwortung kein prägendes Merkmal der gerade auf einer gewissen Sachentscheidungskompetenz und sachlichen Verantwortung gründenden Leitungsbefugnis ist. Der Betroffene B1 handelte im Verkaufsleiterausschuss gerade in seiner Funktion für die Nebenbetroffene.
1098Die den Nebenbetroffenen C1, H1, D1 und G1 zurechenbaren Zuwiderhandlungen ihrer Repräsentanten verletzten in allen Fällen das an Unternehmen gerichtete Kartellverbot und damit eine unternehmensbezogen Pflicht.
1099Der Nebenbetroffene C2 muss sich die durch den Betroffenen S1 als dessen Leitungsperson i.S. des § 30 Abs. 1 Nr. 5 OWiG zurechnen lassen, weil der Betroffene S1 bei der Zuwiderhandlung gerade in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen und dessen Besonderer Vertreter nach § 30 BGB handelte. Für die Frage der Zurechnung war vorliegend nicht maßgeblich, ob und inwieweit die Konditionenvereinigung organisatorisch, personell und im Hinblick auf ihre sachlichen Ressourcen in die Verbandstätigkeit des Nebenbetroffenen C2 eingebunden war. Entscheidend ist vielmehr, dass der Betroffene S1 gerade aufgrund und in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 in den Vorstand der Konditionenvereinigung gewählt wurde und in dieser Tätigkeit für den Nebenbetroffenen dem Kartellverbot zuwiderhandelte. Nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Betroffene S1 die Aufgaben eines Vorstandsmitglieds der Konditionenvereinigung subjektiv wie objektiv nicht in einem eigenen persönlichen, sondern gerade im Interesse des von ihm vertretenen Bundesverbandes als dessen Hauptgeschäftsführer übernahm und ausübte. Das Kartellverbot traf die im Nebenbetroffenen C2 bestehende Unternehmensvereinigung als Normadressat; die Befolgung des Verbots betraf als Pflicht somit gerade den Wirkungskreis des Nebenbetroffenen, der als eingetragener Verein eine juristische Person im Sinne des § 30 OWiG ist. Die Verletzung dieser Pflicht durch ihre Leitungsperson ist dem Nebenbetroffenen C2 daher zurechenbar.
1100Zugunsten der Nebenbetroffenen C1 und H1 ist das sachlich und zeitlich aneinander anschließende kartellrechtswidrige Verhalten ihrer Repräsentanten zu jeweils einer einzigen Bewertungseinheit im Sinne einer zusammenhängenden Tat zusammenzufassen. Zeitliche Lücken in den Repräsentanzen unterbrachen die Kontinuität der dem Unternehmen zurechenbaren Mitwirkung am Informationskreis nicht, zumal die infolge verfestigter Praxis begründete und weiter tradierte Verhaltensübung – wie bereits ausgeführt – einer ausdrücklichen Aufkündigung seitens des repräsentierten Unternehmens erfordert hätte. Dementsprechend wirkt sich im Falle der Nebenbetroffenen H1 auch die interimsweise Repräsentation durch die für eine Zurechnung ungeeignete Zeugin F3 nicht als Zäsur aus.
1101IV.
1102Bußgeldbemessung
1103Die Geldbuße bestimmt sich gemäß § 4 Abs. 1 und 2 OWiG nach dem Gesetz, das bei Beendigung der Handlung gilt. Verlangt eine Ordnungswidrigkeit zu ihrer Verwirklichung mehrere Zuwiderhandlungen, weil der Gesetzgeber mehrere Handlungen, die in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang stehen, zu einer Bewertungseinheit verknüpft hat, ist die Tat erst mit Beendigung der letzten Zuwiderhandlung beendet (vgl. Weller in Boujong, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl., § 31 Rz. 23 m.w.N.). Nichts anderes gilt im Ergebnis, wenn – wie hier – mehrere der Verwirklichung derselben Kartellabsprache dienende Handlungen zu einer tatbestandlichen Bewertungseinheit zusammenzufassen sind. Die einheitliche Zuwiderhandlung ist dann mit Abschluss der (zeitlich) letzten tatbestandsmäßigen Handlung beendet (vgl. Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 81 Rz. 481). Im vorliegenden Fall ist somit auf die im Zeitpunkt der Unterbrechung der Informationskartelle durch die Durchsuchungsmaßnahmen des Bundeskartellamtes am 7. Februar 2008 geltende Bußandrohung in den §§ 17 Abs. 1 OWiG i.d.F. vom 13.12.2001, 30 Abs. 2 Satz 2 und 3 OWiG i.d. vom 30.08.2002 bis zum 29.06.2013 geltenden Fassung vom 22.08.2002, 81 Abs. 4 Satz 1 bis 3 GWB i.d. vom 22.12.2007 bis zum 11.11.2010 geltenden Fassung vom 18. Dezember 2007 (nachfolgend: GWB 2007) abzustellen. Das Meistbegünstigungsprinzip des § 4 Abs. 3 OWiG kommt vorliegend nicht zum Tragen, da die späteren Fassungen des § 81 GWB vom 4. November 2010, 5. Dezember 2012 und 26. Juni 2013 zu keiner inhaltlichen Änderung der Bußgelddrohung geführt haben.
1104Die Betroffenen W1, T1, M1, B1, M2 und S1 waren daher nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 GWB 2007, § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG wegen der ihnen jeweils zur Last fallenden Zuwiderhandlung gegen § 1 GWB mit einem Bußgeld zu belegen (hierzu nachfolgend A.).
1105Des Weiteren waren (a) die Nebenbetroffene C1 wegen der ihr zurechenbaren – und für ihre Ahndung zu einer Bewertungseinheit zusammengefassten - Kartellordnungswidrigkeiten ihrer früheren Leitungspersonen C3, X2, K1 und des Betroffenen W1, (b) die Nebenbetroffene D1 wegen der durch den Betroffenen T1 als deren Leitungsperson begangenen Kartellordnungswidrigkeit, (c) die Nebenbetroffene H1 wegen der ihr zurechenbaren – und zu ihrer Ahndung ebenfalls zu einer Bewertungseinheit zusammengefassten - Kartellordnungswidrigkeiten, die ihr vormaliger Vertriebsleiter I1 und der Betroffene M1 als ihre damaligen Leitungspersonen begangen haben, und die Nebenbetroffene G1 aufgrund der ihr zurechenbaren Kartellordnungswidrigkeit des Betroffenen B1 als ihre vormalige Leitungsperson jeweils gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i.d.F. vom 22. August 2002 i.V.m. § 81 Abs. 4 Satz 2 – 4 GWB 2007 mit einer Geldbuße zu belegen (hierzu nachfolgend B.). Mit einer Geldbuße war unter Anwendung des § 30 Abs. 1 Nr. 1 OWiG i.d.F. vom 22. August 2002 schließlich auch der Nebenbetroffene C2 wegen der ihm zurechenbaren Kartellordnungswidrigkeit des Betroffenen S1 als dessen Leitungsperson zu belegen, wobei sich deren Bemessung gegen den nicht wirtschaftlichen Verein jedoch wiederum nach § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB 2007 richtet (hierzu nachfolgend C.).
1106Die gegen die Betroffenen und Nebenbetroffenen auf diesen Grundlagen verhängten Geldbußen dienen allein der Ahndung (hierzu nachfolgend D.). In Hinsicht auf die Betroffenen und die Nebenbetroffenen C1, D1 oder H1 ist eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung während des kartellbehördlichen Ermittlungsverfahrens zwar festzustellen, jedoch ist insoweit in keinem Fall eines Betroffenen oder der genannten Nebenbetroffenen eine Kompensation im Wege der Anrechnung auf die Geldbuße geboten (hierzu nachfolgend E.).
1107Bußgeldbemessung gegen die Betroffenen
Der Bemessung der gegen jeden einzelnen Betroffenen festzusetzenden Geldbuße war der Regelbußgeldrahmen der § 17 Abs. 1 OWiG, § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB 2007 zugrunde zu legen, der im Fall einer – hier bei allen Betroffenen zu ahndenden – vorsätzlichen Zuwiderhandlung gegen § 1 GWB von mindestens 5 Euro bis zu 1 Million Euro reicht.
1110Bei der konkreten Bußgeldbemessung innerhalb dieses Bußgeldrahmens hat der Senat in jedem Einzelfall insbesondere die Schwere der Zuwiderhandlung und deren Dauer berücksichtigt. Dabei war von vornherein die den einzelnen Betroffenen unterschiedlich zur Last zu legende Beteiligungsform im Blick zu halten. Die Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme kommt aufgrund des hier nach § 14 Abs. 1 OWiG geltenden einheitlichen Täterbegriffs zwar keine rechtliche Bedeutung für die Tatbestandsverwirklichung zu, jedoch ist die konkrete Beteiligungsform bei der Bußgeldzumessung zu berücksichtigen, um die nach § 17 Abs. 3 OWiG für jede Bußgeldzumessung grundlegenden Kriterien der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und deren Vorwerfbarkeit vollständig und angemessen individuell zu erfassen (vgl. Gürtler in Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 16. Aufl., § 14 Rz. 7 m.w.N.). Unter Berücksichtigung dessen hat der Senat insbesondere folgende im Falle eines jeden Betroffenen gleichermaßen greifende Bemessungsgesichtspunkte (hierzu nachfolgend 1.) und individuelle Bemessungserwägungen (hierzu nachfolgend 2.) zugrunde gelegt:
1111Im Falle jedes Betroffenen gleichermaßen greifende Bemessungsgesichtspunkte
Bei der Bußgeldbemessung für und gegen jeden einzelnen Betroffenen waren als im Wesentlichen gleichermaßen in jedem Einzelfall greifende Bemessungsgesichtspunkte vor allem der Grad der mit dem vereinbarten Informationsaustausch bezweckten und verbundenen Wettbewerbsbeeinträchtigung, ferner der den Zuwiderhandlungen bei allen Beteiligten im Kern übereinstimmende Beweggrund und die alle Betroffenen im Wesentlichen gleichermaßen treffende Verfahrensdauer zu berücksichtigen.
1114a) Grad der Wettbewerbsbeeinträchtigung
1115Unter dem Bemessungskriterium der Schwere der Zuwiderhandlung war speziell die objektive Bedeutung des Kartellverstoßes im Hinblick auf den durch § 1 GWB geschützten Wettbewerb zu beurteilen. Der hiermit bezeichnete objektive Unrechtsgehalt des vereinbarten Informationsaustauschs und dessen Praktizierung wird vor allem durch den Grad der damit bezweckten wie auch tatsächlich erreichten Wettbewerbsbeeinträchtigung gekennzeichnet, der unter weiterer Berücksichtigung insbesondere (a) der Art und Bedeutung sowie der kartellrechtlichen Schutzbedürftigkeit des durch den Informationsaustausch eingeschränkten Wettbewerbsfaktors bzw. unternehmerischen Aktionsparameters (hier: Geheimwettbewerb), (b) des Organisationsgrades seiner Ausführung und nicht zuletzt (c) der Größe sowie wirtschaftlichen Bedeutung des betroffenen Marktes zu bemessen ist. Die sich hiernach ergebende Bedeutung des Kartellverstoßes prägt den Unrechtsgehalt jeder der hier in Rede stehenden Zuwiderhandlungen unabhängig davon, ob diese in der Praktizierung der unter Beteiligung des eigenen Unternehmens bestehenden Kartellabsprache oder in der Förderung der zwischen anderen getroffenen und praktizierten Kartellabsprache besteht. Unter Berücksichtigung aller diesbezüglich relevanten Umstände des vorliegenden Falles ist der Unrechtsgehalt der praktizierten wie auch geförderten Kartellabsprachen zum Austausch vertraulicher Geschäftsdaten zu und aus Konditionenverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel eher im unteren Bereich denkbarer Verstöße gegen § 1 GWB einzuordnen:
1116aa) Dabei war mildernd zu berücksichtigen, dass der vereinbarte wie auch vereinbarungsgemäß vollzogene Informationsaustausch sich zwar auf nach Verhandlungspartner und Gegenstand identifizierte Geschäftsvorgänge bezog, den Wettbewerbsparameter Geheimwettbewerb diesbezüglich jedoch nur in einem Teilbereich einschränkte, ohne Details über die Konditionenverhandlungen mit dem bezeichneten Handelskunden offenzulegen. Denn der Informationsaustausch hatte in erster Linie Angaben (a) zum individuellen Betroffensein von bestimmten Forderungen des Handels sowie (b) zu dem – möglicherweise von Hersteller zu Hersteller unterschiedlichen - individuellen Gegenstand der an den einzelnen Hersteller gerichteten Handelsforderung (beispielsweise Eurobetrag oder prozentualer Umsatzanteil), ferner (c) zu der diesbezüglichen Positionierung des einzelnen Herstellers sowie (d) zu der eventuell Verhandlungsspielräume aufzeigenden oder ausschließenden Reaktion des Handelskunden hierauf und nicht zuletzt (e) zum Entwicklungsstand solcher Konditionenverhandlungen in Jahresgesprächen oder Sonderforderungskampagnen zum Gegenstand. Die hierzu nach der Grundübereinkunft geforderten wie auch gelieferten Angaben waren grundsätzlich überschlägigen Charakters mit einem verabredungsgemäß nur grob tendenziellen Aussagegehalt und ließen regelmäßig einen Interpretationsraum offen. Es war gerade nicht beabsichtigt, detailliertere Rückschlüsse auf den Inhalt umfangreich verhandelter sowie unter den Herstellern ohnehin kaum vergleichbarer Konditionenpakete zu ermöglichen; vielmehr war angestrebt, dem Informationsempfänger die Möglichkeit zur ungefähren Einschätzung seiner Lage in den eigenen Konditionsverhandlungen mit demselben Handelskunden und sich darin eventuell bietender Verhandlungsspielräumen zu verschaffen. Dabei ging es vielfach nur um die Verifizierung aufgrund der sonst bestehenden Marktransparenz bereits bekannter allgemeiner Informationen sowie um die nähere Identifizierung des davon betroffenen Herstellerkreises.
1117Im Wesentlichen nichts anderes galt, soweit der Informationsaustausch vereinbarungsgemäß auch die Höhe bereits angekündigter oder noch beabsichtigter Herstellerpreiserhöhungen umfasste. Auch insoweit ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zugrunde zu legen, dass diesbezüglich wiederum bloß grobe sowie sortimentsübergreifende Spannen mitgeteilt wurden, die keine Vergleichbarkeit der Preissetzung unter den Herstellern ermöglichte, sondern lediglich Tendenzen preislicher Reaktionen der Hersteller auf insbesondere Rohstoffpreiserhöhungen und vor allem deren Verhandelbarkeit in den jeweiligen Konditionenverhandlungen erkennen lassen sollten und ließen.
1118Dies alles korreliert mit dem – nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zu-grunde zu legenden – Zweck des verabredeten wie auch dementsprechend vollzogenen Informationsaustauschs, den Wettbewerb zwischen den beteiligten Herstellerunternehmen nicht ganz oder in Teilen auszuschließen, sondern lediglich zu dämpfen, soweit dies zu einer wechselseitigen Rückenstärkung in den Verhandlungen mit den als übermächtig empfundenen Handelsriesen von den Herstellern als notwendig erachtet wurde.
1119bb) Demgegenüber fiel unrechtserhöhend ins Gewicht, dass sich die von der Grundübereinkunft umfassten wettbewerbsbeschränkenden Verständigungen zum einen zwischen den beteiligten Süßgebäckhersteller und zum anderen zwischen den beteiligten Bonbonherstellern auf jeweils bundesweite Produktmärkte der vorgelagerten Marktstufe bezogen. Dabei handelte es sich um gewichtige Teilbereiche des deutschen Süßwarenabsatzes, der sich nach seinem Umsatzanteil an der deutschen Ernährungsindustrie als ein bedeutender Wirtschaftsbereich der Konsumgüterindustrie darstellt.
1120Desgleichen war unrechtsverschärfend zu gewichten, dass die Ausführung des kartellrechtswidrigen Informationsaustauschs nicht zuletzt aufgrund seiner Einbettung in das legitimierte Konditionenkartell der Konditionenvereinigung mit deren Organisations-, Geschäftsführungs- und Gremienstruktur einen hohen Organisationsgrad aufwies. Dieser war vor allem durch die Regelmäßigkeit der mehrfach im Jahr stattfindenden Sitzungen des Verkaufsleiterausschusses als Forum des Informationsaustauschs, seiner organisatorische Vorbereitung durch die Geschäftsführung der Konditionenvereinigung und darin insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens von Tagesordnungen zu diesen Sitzungen sowie die stehende Übung einer allgemeinen Reihum-Beteiligung der jeweiligen Sitzungsteilnehmer am Informationsaustausch, dem man sich üblicherweise nur durch Fernbleiben vom Termin entziehen konnte, gekennzeichnet.
1121b) Beweggrund / Hemmschwelle
1122Unter dem Gesichtspunkt des den Täter treffenden Vorwurfs war bei allen Betroffenen bußgeldmindernd zu berücksichtigen, dass jeder einzelnen Zuwiderhandlung im Wesentlichen derselbe, verständliche Beweggrund zugrunde lag.
1123Dieser bestand – wovon nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung auszugehen ist – bei allen Betroffenen mehr oder weniger einheitlich darin, dass mit der starken und weiter wachsenden Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel nach der unter den überwiegend mittelständisch geprägten Süßwarenherstellern allgemein verbreiteten Einschätzung eine zunehmende Minderung der eigenen Verhandlungsstärke in Konditionenverhandlungen mit den führenden Handelsunternehmen und Handelsorganisationen einhergehe. Man sah sich in den Konditionenverhandlungen mit als übermächtig empfundenen Verhandlungspartnern konfrontiert, die mit großem Ideenreichtum immer wieder neue, letztlich den Netto-Netto-Preis mindernde Konditionszugeständnisse verlangen und beharrlich verhandeln würden. Diese Entwicklung erfuhr aus Sicht der Herstellerunternehmen durch die volatile, vor allem seit Beginn des neuen Millenniums im Mittel aber steigende Preisentwicklung verschiedener, für die meisten Hersteller der Branche wichtigen Rohstoffe eine weitere Verschärfung. Aus dieser Motivationslage heraus wuchs bei den Repräsentanten der im Verkaufsleiterausschuss vertretenen Unternehmen plausibel die Bereitschaft, diesen subjektiven Nachteil durch die wechselseitige Verschaffung eines für die Konditionenverhandlungen nützlichen Wissensvorsprungs gegenüber dem Handel auszugleichen.
1124Dieser Beweggrund wurde – wovon nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung zugunsten aller Betroffenen auszugehen ist – von allen Unternehmensrepräsentanten im Verkaufsleiterausschuss der praktizierten Grundübereinkunft insgesamt zugrunde gelegt, wobei man sich gerade marktübergreifend abrundende und ergänzende Informationen entsprechenden Inhalts aus allen Segmenten der Süßwarenbranche erhoffte. Deshalb trug der Beweggrund nicht nur die Praktizierung der Grundübereinkunft in deren kartellrechtswidrigen Teilverhältnissen zum einen der Süßgebäckhersteller und zum anderen der Bonbonhersteller. Vielmehr lag der Beweggrund für die Beteiligung an dem vereinbarungsgemäß übergreifenden Informationsaustausch auch der zwangsläufig damit verbundenen Förderung der von der Grundübereinkunft umfassten kartellrechtswidrigen Teilverständigungen zugrunde. Darüber hinaus teilten – wovon insoweit zu ihren Gunsten auszugehen ist – auch die Betroffenen M2 und S1 diesen Beweggrund, indem sie als in erster Linie Mitarbeiter des Nebenbetroffenen C2 es gerade als eine Verbandsaufgabe betrachteten, bei gleicher Einschätzung der wirtschaftlichen Lage der Herstellerunternehmen deren Interessen als Verband zu unterstützen und zu fördern.
1125Bei der Gewichtung dieses mildernden Aspekts ist indes zu bedenken, dass der geschilderte wirtschaftliche Anreiz auch nicht ansatzweise einem ökonomischen Zwang zum Kartell gleichkam. Es war allen Betroffenen und übrigen Beteiligten möglich und zumutbar, sich diesem Anreiz nicht zu ergeben, sondern die trotz einer gewissen Transparenz der Märkte verbleibende Restunsicherheit hinzunehmen.
1126Mildernd war in diesem Zusammenhang ferner zu berücksichtigen, dass die Hemmschwelle zur Umsetzung dieses Beweggrundes bei den Betroffenen, zumindest soweit es sich um Unternehmensrepräsentanten handelte, plausibel herabgesetzt war. Insoweit ist zugunsten der Betroffenen und im Übrigen beteiligten Unternehmensrepräsentanten davon auszugehen, dass in dem durch die Konditionenvereinigung verkörperten legitimierten Kartell ohnehin bereits eine Fühlungnahme und ein Solidaritätsbewusstsein zwischen den Mitgliedsunternehmen gegenüber der als übermächtig empfundenen Marktgegenseite bestand, weshalb einer Überschreitung der noch zulässigen Grenzen dieses Kartells in dessen Gremium >Verkaufsleiterausschuss< bei seiner Natur nach gleichem Beweggrund nachvollziehbar eine nur geringe Hemmschwelle entgegenstand.
1127Als eigenständiger Teilaspekt aus den Erwägungen zur schwierigen wirtschaftlichen Lage war bußgeldmindernd ferner einzustellen, dass es den Beteiligten im gesamten Kartellzeitraum nicht um die Erzielung übermäßiger Gewinne ging.
1128c) Verfahrensdauer
1129In die Bußgeldbemessung war ferner jeweils zugunsten jedes Betroffenen einzubeziehen, dass die Zuwiderhandlung (in ihrem Beendigungszeitpunkt 7. Februar 2008) bereits nahezu 9 Jahre zurückliegt (Januar 2008 bis Januar 2017) und das Verfahren mit einer Gesamtlänge von derselben Dauer sowie mit einer Vielzahl von Hauptverhandlungstagen für den jeweiligen Betroffenen belastend war.
11302. Konkrete Bußgeldbemessung
1131a) Der Betroffene W1
1132In die Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen W1 waren die bereits angeführten bußgeldmindernden und –erhöhenden Bemessungsgesichtspunkte, die bei allen Betroffenen gleichermaßen und daher auch in seinem Fall zugrunde zu legen sind, und darüber hinaus folgende weiteren für und gegen ihn sprechenden Erwägungen einzustellen:
1133Bußgeldmindernd wiegt im Übrigen die – gemessen am gesamten Kartellzeitraum – relativ kurze Dauer seiner Beteiligung und der darin liegenden Zuwiderhandlung von einem Jahr (Februar 2007 bis Februar 2008).
1134Bußgelderhöhend fällt demgegenüber ins Gewicht, dass der unter seiner Beteiligung praktizierten wettbewerbsbeschränkenden Verständigung zwischen den im Verkaufsleiterausschuss repräsentierten Süßgebäckherstellern ein besonderes Gefährdungspotential für den Wettbewerb auf dem Süßgebäck—Beschaffungsmarkt zukam. Denn an ihr waren mit den Nebenbetroffenen C1 und H1 die beiden mit Abstand marktführenden Anbieter des bundesweiten Süßgebäck-Beschaffungsmarktes mit einer gemeinsamen Marktabdeckung von mindestens 25 % bis 30% zwischen 2002 und 2008 beteiligt. In Anbetracht dieser Marktstellung beider Süßgebäckhersteller und ihrer deshalb hohen Bedeutung für die Handelspartner war die Kenntnis jeder noch so vagen Information insbesondere darüber, (a) ob der engste Wettbewerber – in Jahresgesprächen oder Sonderforderungskampagnen des Handels – mit derselben oder zumindest einer vergleichbaren Handelsforderung konfrontiert war, (b) ob sich die diesbezügliche Verhandlungssituation in Etwa gleichverlaufend darstellte oder eventuelle Unterschiede Rückschlüsse auf Verhandlungsstrategien zuließen und (c) ob der engste Wettbewerber in den fraglichen Verhandlungen etwas herausverhandeln konnte, was möglicherweise Rückschlüsse auf die eigene Verhandlungsstrategie erlaubt, in erhöhtem Maße geeignet, die Art und Intensität des Wettbewerbs zwischen diesen beiden Süßgebäckherstellern zu verändern. Bei der Gewichtung dieses Gesichtspunkts hat der Senat indes abschwächend zum einen berücksichtigt, dass eine Weitergabe des in den Verkaufsleiterausschuss-Sitzungen erlangten Kenntnisstandes im jeweiligen Unternehmen der Nebenbetroffenen C1 und H1 nicht festgestellt werden konnte und deshalb eine wesentliche Verwendung und Auswirkung der gewonnenen Erkenntnisse bei Konditionenverhandlungen, an denen die im Verkaufsleiterausschuss teilnehmenden Unternehmensrepräsentanten der beiden Nebenbetroffenen nicht persönlich beteiligt waren, nicht zugrunde gelegt werden kann. Zum anderen war dabei zu berücksichtigen, dass während des dem Betroffenen W1 zur Last fallenden Zuwiderhandlungszeitraums nicht bei jeder von ihm besuchten Sitzung des Verkaufsleiterausschusses zugleich auch ein Repräsentant der Nebenbetroffenen H1 anwesend war.
1135Des Weiteren fiel sanktionsschärfend ins Gewicht, dass in der Praktizierung der wettbewerbsbeschränkenden Verständigung zwischen den Süßgebäckherstellern wegen deren Umfassung durch die Grundübereinkunft ab November 2006 zugleich ein Förderungsbeitrag in Hinsicht auf die als weitere Facette von der Grundübereinkunft ebenfalls umfasste kartellrechtswidrige Verständigung zwischen den im Verkaufsleiterausschuss vertretenen Bonbonherstellern lag.
1136Der Senat hat bei der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen W1 dessen wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 17 Abs. 3 Satz 2 OWiG) zur Zeit der Entscheidung (Steindorf in Karlsruher Kommentar, 2. Aufl., § 17 Rz. 85) wie folgt berücksichtigt:
1137Der Betroffene selbst hat hierzu in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht. Ausgehend von den Feststellungen zu seiner derzeitigen Beschäftigung als Vertriebsdirektor der F4 Deutschland GmbH hat der Senat das aktuelle Jahresgehalt des Betroffenen W1 auf mindestens 190.000 Euro brutto geschätzt.
1138Dieser Schätzung hat der Senat insbesondere (a) die mit Ausdruck vom 17. Mai 2016 in die Hauptverhandlung eingeführte Online-Veröffentlichung „Was verdient ein Vertriebsleiter und was sind die wichtigsten Bestimmungsfaktoren für das Gehalt als Vertriebsleiter?“ auf gehaltsreporter.de, (b) die als Ausdruck vom 28. Oktober 2016 eingeführte Unternehmensinformation der F4 Deutschland GmbH auf deren Internetseite und (c) eine Ablichtung des Schreibens von M9 (Nebenbetroffene H1) vom 4. Dezember 2009 an Rechtsanwältin C15 zugrunde gelegt. Laut der Online-Veröffentlichung „Was verdient ein Vertriebsleiter und was sind die wichtigsten Bestimmungsfaktoren für das Gehalt als Vertriebsleiter?“ [oben (a)] beträgt das Jahresgehalt eines Vertriebsleiters in Führungsposition je nach Dauer seiner Berufspraxis und Größe des Unternehmens
1139 nach eigener Recherche zwischen 160.000 und 195.000 Euro, wobei der Jahresdurchschnitt im Bereich der Konsum- und Gebrauchsgüter bei 125.000 Euro liege, und
1140 nach den dort wiedergegebenen Untersuchungsergebnis der Fa. L11 zwischen 40.000 und bis zu 300.000 Euro, wobei der Jahresdurchschnitt bei 100.000 Euro liege.
1141Die Veröffentlichung begegnet in Anbetracht der schlüssigen, nach Wirtschaftsbereichen differenzierten und auf abweichende Ermittlungen (L11) deutlich hinweisenden Darstellung jedenfalls in der mitgeteilten tendenziellen Größenordnung keinen durchgreifenden Zweifeln. In Hinsicht auf die in der Veröffentlichung benannten Bestimmungsfaktoren eines Jahresgehalts (Dauer der Berufspraxis und Größe des Unternehmens) ist der Senat zum einen aufgrund der bereits getroffenen Feststellungen zur Person und beruflichen Entwicklung des Betroffenen W1 [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. a)] von dessen mehr als zehnjährigen Berufspraxis im höheren Verkaufs- und Vertriebsmanagement und zum anderen aufgrund der Selbstdarstellung in der Unternehmensinformation der F4 Deutschland GmbH [oben (b)] davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Unternehmen – wie dort ausgeführt wird – um den unangefochtener Marktführer im deutschen Markt für fruchthaltige Getränke mit einem Marktanteil von mehr als 14 % (2015) handelt. Deutlich über den in der Online-Veröffentlichung auf gehaltsreporter.de als eigenes Rechercheergebnis benannten wie auch aus anderen Quellen wiedergegebenen Durchschnittsgehältern liegen demgegenüber die Angaben im Schreiben von M9 vom 4. Dezember 2009 an Rechtsanwältin C15 [oben (c)], in welchem das Jahresgehalt des Mitbetroffenen M1 bei der Nebenbetroffenen H1 im Jahr 2009 mit ca. 194.000 Euro inklusive Prämie angegeben wird. In Anbetracht einer gewissen wirtschaftlichen Vergleichbarkeit der Nebenbetroffenen C1 und H1 geht der Senat davon aus, dass in der gleichen Größenordnung seinerzeit auch das Jahresgehalt des Betroffenen W1 bei der Nebenbetroffenen C1 lag. Es ergeben sich unter Berücksichtigung der Eigendarstellung der F4 Deutschland GmbH keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlechterung der Einkommensverhältnisse des Betroffenen W1. Im Gesamtbild hat der Senat daher das aktuelle Jahresgehalt des Betroffenen W1 auf mindestens 190.000 Euro brutto geschätzt.
1142Nach Abwägung aller relevanten Umstände hält der Senat im Fall des Betroffenen W1 ein Bußgeld in Höhe von
114330.000,00 Euro
1144für tat- und schuldangemessen.
1145b) Der Betroffene T1
1146Bei der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen T1 hat der Senat neben den bereits angeführten bußgeldmindernden und –erhöhenden Bemessungsgesichtspunkten, die bei allen Betroffenen gleichermaßen und daher auch in seinem Fall zugrunde zu legen sind, ferner insbesondere noch die – gemessen am gesamten Kartellzeitraum – relativ kurze Dauer der Beteiligung des Betroffenen und der darin liegenden Zuwiderhandlung von rund 14 Monaten (22. November 2006 bis 7. Februar 2008) bußgeldmindernd, demgegenüber aber bußgelderhöhend berücksichtigt, dass in der Praktizierung der wettbewerbsbeschränkenden Verständigung zwischen den Bonbonherstellern wegen deren Umfassung durch die Grundübereinkunft zugleich ein Förderungsbeitrag in Hinsicht auf die als weitere Facette von der Grundübereinkunft ebenfalls umfasste kartellrechtswidrige Verständigung zwischen den Nebenbetroffenen C1 und H1 lag.
1147Hinsichtlich der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen T1 hat der Senat im Schätzwege ein Jahreseinkommen in Höhe von rund 125.000 Euro zugrunde gelegt. Wie bereits festgestellt, war der Betroffene T1 von 2006 bis März 2014 als Prokurist und Leiter des Key Account Managements bei der Nebenbetroffenen D1 und im Anschluss daran bis März 2016 als Geschäftsführer eines Distributionsunternehmens für Markenartikel tätig. Feststellungen zu seiner aktuellen Erwerbs-, Einkommens- und Vermögenslage konnten nicht getroffen werden. Insbesondere hat der Betroffene T1 in der Hauptverhandlung keine diesbezüglichen Angaben zu seinen derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht. In Ermangelung entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat indes schon aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon aus, dass der Betroffene T1 derzeit entweder aus seiner letzten Beschäftigung noch fortgezahlte Arbeitsentgelte bezieht und / oder seinen Lebensunterhalt aus einer daran orientierten Abfindung bestreitet oder einer neuen Erwerbstätigkeit in einer Führungsposition nachgeht, aus der er in Anbetracht seiner mehrjährigen Berufserfahrung in leitender Stellung ein seinen bisherigen Einkommensverhältnissen mindestens entsprechendes monatliches Einkommen bezieht. Ausgehend hiervon hat der Senat die Höhe seines aktuellen Einkommens oder dem entsprechender, zu seinem Lebensunterhalt einzusetzender finanzieller Mittel unter Zugrundelegung der bereits bei dem Mitbetroffenen W1 erläuterten Schätzungsgrundlage (Veröffentlichung „Was verdient ein Vertriebsleiter und was sind die wichtigsten Bestimmungsfaktoren für das Gehalt als Vertriebsleiter?“ auf gehaltsreporter.de) in der Größenordnung eines Jahresdurchschnittsgehalts für Vertriebsleiter in Führungsposition in Höhe von 125.000 Euro zu überschlagen.
1148Unter Abwägung aller relevanten Umstände hält der Senat im Fall des Betroffenen T1 ein Bußgeld in Höhe von
114925.000,00 Euro
1150für tat- und schuldangemessen.
1151c) Der Betroffene M1
1152In die Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen M1 waren neben den bereits angeführten bußgeldmindernden und –erhöhenden Bemessungsgesichtspunkten, die bei allen Betroffenen gleichermaßen und daher auch in seinem Fall zugrunde zu legen sind, insbesondere noch folgende Erwägungen einzustellen:
1153Bußgeldmindernd fiel in seinem Fall die nur sehr kurze Dauer seiner Beteiligung und der darin liegenden Zuwiderhandlung von noch nicht einmal 3 Monaten (21. November 2007 bis 7. Februar 2008) mit nur zwei Sitzungsteilnahmen deutlich ins Gewicht. Allerdings hat der Senat dabei nicht übersehen, dass diese kurze Dauer nicht auf eine freiwilligen Distanzierung seitens des Betroffenen M1, sondern auf die Unterbrechung der Kartellabsprachen von außen durch das kartellbehördliche Verfahren zurückzuführen ist.
1154Ebenfalls bußgeldmindernd hat der Senat im Fall des Betroffenen M1 berücksichtigt, dass die Nebenbetroffene H1 unter seiner maßgeblichen Mitwirkung einen erheblichen Beitrag zur Tataufklärung im kartellbehördlichen Bußgeldverfahren geleistet hat. Dieser Aufklärungsbeitrag bestand vor allem darin, dass die Nebenbetroffene H1 über die Rechtsanwältin C15 in einem relativ frühen Stadium des Ermittlungsverfahrens mit verschiedenen Eingaben im Zeitraum Dezember 2009 und Januar 2010 freiwillig zahlreiche elektronisch gespeicherte Schriftstücke betreffend die Themenkomplexe Konditionenvereinigung und Gemeinsame Sitzungen des Vortandes und des Verkaufsleiterausschusses der Konditionenvereinigung dem Amt zugänglich machte. Dies belegen die in die Hauptverhandlung eingeführten Aktenbestandteile aus dem Vorgang des Bundeskartellamtes B11-11/08-21, namentlich
1155(a) das Schreiben des Bundeskartellamtes an die Nebenbetroffene H1 vom 19. November 2009, mit welchem unter Zusammenfassung des Vorwurfs im Hinblick auf eine eventuelle Verständigung um freiwillige Mitteilung verschiedener Umsatzangaben mit den großen Handelskonzernen im Zeitraum 2006 bis 2008 sowie zu den Einkünften u.a. des Betroffenen M1 gebeten wurde,
1156(b) der Vermerk des seinerzeitigen Berichterstatters der Beschlussabteilung des Amtes X7 vom 2. Dezember 2009, in welchem u.a. eine Markersetzung für die Nebenbetroffene, die Ankündigung schriftlichen Informationsmaterials zu den Sitzungen und die Mitteilung der Bereitschaft des Betroffenen M1, als Zeuge zum Inhalt des Informationsaustauschs aussagen zu können, vermerkt ist,
1157(c) der Ausdruck einer E-Mail der Rechtsanwältin C15 an A3 (Bundeskartellamt) vom 4. Dezember 2009 (14:58 Uhr), laut der in der Anlage die gewünschten Umsatzangaben übersandt wurden,
1158(d) das Schreiben des Bundeskartellamtes an Rechtsanwältin C15 vom 10. Dezember 2009, mit welchem das Amt u.a. den für erforderlich gehaltenen Umfang einer Informationsoffenlegung für das Eingreifen einer Bonusregelung erläuterte,
1159(e) der Ausdruck einer E-Mail der Rechtsanwältin C15 an A3 (Bundeskartellamt) vom 10. Dezember 2009 mit den Anlagen „20091124-3ck Mit-glieder KV.pdf; Ordner 1, Anlagen zum Schreiben Konditionenvereinigung.zip“,
1160(f) der Ausdruck einer E-Mail der Rechtsanwältin C15 an A3 (Bundeskartellamt) vom 16. Dezember 2009, mit welchem weitere Unterlagen übersandt wurden,
1161(g) das Schreiben der Rechtsanwältin C15 an das Bundeskartellamt vom 22. Januar 2010 (in die Hauptverhandlung eingeführt insoweit nur Seiten 1 und 2 dieses Schreibens), mit welchem weitere zahlreiche Unterlagen als Anlagen zu den Amtsakten gereicht wurden, und
1162(h) der Ausdruck einer E-Mail der Rechtsanwältin C15 an A3 (Bundeskartellamt) vom 25. Januar 2010, mit welcher weitere den Vorwurf betreffende, umfangreiche Unterlagen in elektronisch gespeicherter Form dem Amt übersandt wurden.
1163Dass diese Aufklärungsbeiträge nicht nur der Nebenbetroffenen H1, sondern zugleich auch dem Betroffenen M1 zuzurechnen sind, ergibt sich schon aus dem bereits erwähnten Vermerk des seinerzeitigen Berichterstatters der Beschlussabteilung des Amtes X7 vom 2. Dezember 2009, da hierin die Mitwirkung des Betroffenen M1 bei der Informationssammlung im Hause der Nebenbetroffenen und sein Zeugnisangebot deutlich zutage tritt.
1164Der Aufklärungsbeitrag des Betroffenen M1 und der Nebenbetroffenen H1 hat bis in die Hauptverhandlung fortgewirkt und die gerichtliche Sachaufklärung in beträchtlichem Maße erleichtert, indem und soweit die von der Nebenbetroffenen zu den Akten gereichten zahlreichen Schriftstücke im Wege des Urkundenbeweises in die Hauptverhandlung eingeführt und verwertet werden konnten. Dies gilt vor allem im Hinblick auf zahlreiche aussagekräftige Dokumente, wie
1165(a) Einladungsschreiben, Tagesordnungen und Anwesenheitslisten zu den Gemeinsamen Sitzungen des Vorstandes und des Verkaufsleiter-Ausschusses der Konditionenvereinigung aus dem Zeitraum November 2000 bis April 2009 sowie
1166(b) Mitgliedslisten der Konditionenvereinigung,
1167(d) die Satzung der Konditionenvereinigung und nicht zuletzt
1168(e) den Sitzungsteilnehmern vorab übersandte Sitzungsunterlagen betreffend Marktdaten.
1169Der Aufklärungsbeitrag des Betroffenen und der Nebenbetroffenen im kartellbehördlichen Bußgeldverfahren zeichnet sich – soweit er sich auch in der Hauptverhandlung ausgewirkt hat - nicht nur durch seinen beträchtlichen Umfang und einer nahezu lückenlose Dokumentation der Sitzungen zwischen November 2000 und Januar 2009 aus. Vielmehr gewinnt seine bußgeldmildernde Bedeutung ferner dadurch Gewicht, dass er im Sinne eines erkennbar überschießenden Aufklärungswillens über den im kartellbehördlichen Ermittlungsverfahren vom Bundeskartellamt bezeichneten Vorwurfszeitraum von Dezember 2003 bis Januar 2008 hinaus zeitlich noch weiter zurückreichende (bis November 2000) wie auch spätere Sitzungen (bis April 2009) des Verkaufsleiterausschusses umfasst hat.
1170Der dem Betroffenen M1 zuzurechnende Aufklärungsbeitrag wird weder dadurch gemindert, dass ein Teil der zu den Akten gereichten Schriftstücke den von anderen Tatbeteiligten freiwillig ausgehändigten oder vom Bundeskartellamt bei anderen Nebenbetroffenen bzw. Tatbeteiligten sichergestellten und beschlagnahmten Dokumente entspricht, noch deshalb relativiert, weil der Betroffene seine ursprüngliche Settlement-Erklärung widerrufen hat, zumal die zu den Akten gereichten Dokumente weiterhin im Verfahren zu Beweiszwecken zur Verfügung standen.
1171Bußgelderhöhend war im Fall des Betroffenen M1 demgegenüber – spiegelbildlich zum Fall des Mitbetroffenen W1 – das erhöhte Gefährdungspotential der Kartellverständigung zwischen den Süßgebäckherstellern zu berücksichtigen. Selbst in seinem nur tendenziellen und überschlägigen Inhalt war der Informationsaustausch gerade zwischen den marktführenden und im engen Wettbewerbsverhältnis stehenden Nebenbetroffenen C1 und H1 mit der erstrebten Abfrage, vor allem ob man von derselben oder zumindest einer vergleichbaren Handelsforderung betroffen ist, wie der Stand der daher parallelen Konditionenverhandlungen ist und ob sich Rückschlüsse auf eventuelle Verhandlungsspielräume ergeben, in erhöhtem Maße geeignet, die Konditionenverhandlungen dieser beiden engen Wettbewerber zu beeinflussen und damit die Art und Intensität des Wettbewerbs zwischen diesen beiden Süßgebäckherstellern zu verändern. Im Übrigen wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im Zusammenhang mit der konkreten Bußgeldbemessung gegen den Mitbetroffenen W1 einschließlich der abschwächenden Erwägung zur Gewichtung verwiesen.
1172Sanktionsschärfend fiel ferner ins Gewicht, dass in der Praktizierung der wettbewerbsbeschränkenden Verständigung zwischen den Süßgebäckherstellern wegen deren Umfassung durch die Grundübereinkunft zugleich ein Förderungsbeitrag in Hinsicht auf die als weitere Facette von der Grundübereinkunft ebenfalls umfasste kartellrechtswidrige Verständigung zwischen den im Verkaufsleiterausschuss vertretenen Bonbonherstellern lag.
1173Hinsichtlich der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen M1, zu denen der Betroffene in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht hat, ist der Senat aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen, dass der Betroffene seinen Lebensunterhalt entweder aus seinem Vermögen zu bestreiten vermag oder einer neuen Erwerbstätigkeit nachgeht, die zumindest dem Wesen nach mit seiner früheren Beschäftigung bei der Nebenbetroffenen H1 vergleichbar ist. Es haben sich auch nicht im Ansatz dem entgegenstehende Anhaltspunkte ergeben, wobei zu erwarten gewesen wäre, dass der Betroffene in Anbetracht des mit dem angefochtenen Bußgeldbescheid im Raum stehenden Bußgeldes zumindest über seine Verteidiger auf eine wesentliche Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Situation aufmerksam gemacht hätte. Aufgrund dessen sowie unter weiterer Berücksichtigung der bereits im Zusammenhang mit der Bußgeldbemessung der Mitbetroffenen W1 und T1 angeführten Veröffentlichung „Was verdient ein Vertriebsleiter und was sind die wichtigsten Bestimmungsfaktoren für das Gehalt als Vertriebsleiter?“ auf gehaltsreporter.de war im Schätzwege davon auszugehen, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse denen eines Vertriebsleiters in Führungsposition mit mindestens durchschnittlichem Jahreseinkommen in Höhe von brutto 125.000 Euro entspricht. Soweit mit dem Schreiben des Herrn M9 vom 4. Dezember 2009 an Rechtsanwältin C15 das Jahresgehalt des Betroffenen M1 für das Jahr 2009 mit ca. 194.000 Euro inklusive Prämie offengelegt worden ist, konnte dieses weit über dem erwähnten Jahresdurchschnittseinkommen liegende Niveau ohne nähere Feststellung dazu, in welcher Branche und bei welcher Art von Unternehmen der Betroffene in welcher Stellung, der Schätzung nicht zugrunde gelegt werden.
1174Nach Abwägung aller relevanten Umstände hält der Senat im Fall des Betroffenen M1 ein Bußgeld in Höhe von
11757.500,00 Euro
1176für tat- und schuldangemessen.
1177d) Der Betroffene B1
1178Auch der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen B1 waren die bereits erläuterten bußgeldmindernden und –erhöhenden Bemessungsgesichtspunkte, die bei allen Betroffenen gleichermaßen greifen, und darüber hinaus folgende Erwägungen zugrunde zu legen:
1179Im Fall des Betroffenen B1 wog unter den Gesichtspunkten sowohl der Bedeutung konkret seiner Zuwiderhandlung als auch des ihn treffenden Vorwurfs bußgeldmindernd, dass seine Zuwiderhandlung in der Beteiligung an der Kartellordnungswidrigkeit anderer liegt. Demgegenüber wirkte sich bußgelderhöhend aus, dass der Betroffene B1 während des gesamten Kartellzeitraums von Juni 2003 bis Februar 2008, mithin etwa vier ein halb Jahre an der Praktizierung der zwischen den Süßgebäckherstellern bestehenden wettbewerbsbeschränkenden Verständigung beteiligt war. Spezialpräventive Gesichtspunkte entfielen im Fall des seit 2009 im Ruhestand befindlichen Betroffenen B1.
1180Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen B1 hat der Senat dessen jährliches Renteneinkommen auf etwa 26.600 Euro geschätzt. Dies beruht zum einen auf dem Schreiben der Rechtsanwälte X8 und I16 – dem Verteidiger des Betroffenen – an das Bundeskartellamt vom 22. November 2012 mit der Angabe, dass der Betroffene B1 zu jener Zeit über ein monatliches Renteneinkommen in Höhe von 1.849,00 Euro zuzüglich einer Betriebsrente in Höhe von 371,00 Euro monatlich verfüge. Für die Richtigkeit dieser Angaben spricht, dass der Zeuge O2 zumindest einen Betriebsrentenbezug des Betroffenen in eben dieser Höhe bestätigt hat. In Ermangelung entgegenstehender Anhaltspunkte hat der Senat daher das aktuelle Renteneinkommen des Betroffenen B1 in mindestens einer seinem Renteneinkommen aus dem Jahr 2012 entsprechenden Höhe, also auf (1.849 + 371 =) 2220,00 Euro monatlich und damit 26.640 Euro – gerundet 26.600 Euro – geschätzt.
1181Für tat- und schuldangemessen hält der Senat nach Abwägung aller relevanten Umstände im Falle des Betroffenen B1 eine Geldbuße in Höhe von
11825.000,00 Euro.
1183e) Der Betroffene M2
1184Bei der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen M2 hat der Senat neben den bereits angeführten bußgeldmindernden und –erhöhenden Bemessungsgesichtspunkten, die bei allen Betroffenen gleichermaßen und daher auch in seinem Fall zugrunde zu legen sind, insbesondere noch folgende Erwägungen für und gegen den Betroffenen berücksichtigt:
1185Im Fall des Betroffenen M2 wog unter den Gesichtspunkten sowohl der Bedeutung konkret seiner Zuwiderhandlung als auch des ihn treffenden Vorwurfs bußgeldmindernd, dass seine Zuwiderhandlung in der Beteiligung an der Kartellordnungswidrigkeit anderer liegt. In Hinsicht auf sanktionsmildernde Umstände war zugunsten des Betroffenen ferner anzunehmen, dass er im Jahr 2001 als Referent des Nebenbetroffenen C2 auf Weisung die Funktion eines Geschäftsführers der Konditionenvereinigung mit der zu dieser Zeit bereits bestehenden Praxis des Informationsaustauschs nebst der Gepflogenheit, jeden Themenwunsch der Gremiumsteilnehmer ohne Beanstandung auf die Tagesordnung zu setzen, übernommen und schlicht fortgeführt hat.
1186Demgegenüber war bußgelderhöhend die erhebliche Zeitdauer seiner Teilnahme von vier ein halb Jahren - Juni 2003 bis Februar 2008 – zu berücksichtigen.
1187Auch im Fall des Betroffenen M2 waren dessen Einkommensverhältnisse zu schätzen. Unter Berücksichtigung zum einen (a) der Lohnsteuerbescheinigung 2009 für den Betroffenen M2, ausweislich derer er damals ein Brutto-Jahreseinkommen in Höhe von 83.971,08 Euro bezogen hat, und zum anderen (b) der E-Mail des Rechtsanwalts Dr. Auler an das Bundeskartellamt vom 15. März 2013, mit welcher das Bruttogehalt des Betroffenen M2 im Jahr 2012 mit 85.000,00 Euro beziffert wurde, sowie schließlich (c) der als Ausdruck vom 19. Mai 2016 ebenfalls eingeführten Online-Veröffentlichung „Gehalt Funktionär“ auf gehaltsreporter.de, laut der – im Wesentlichen im Einklang mit vorgenannten Daten – ein Verbandsmanager mit der Stellung eines – was bei dem Betroffenen der Fall ist - Geschäftsführers der zweiten Ebene durchschnittlich 90.000 Euro verdiene, ist der Senat im Schätzweg von einem mindestens den Angaben für 2012 entsprechenden aktuellen Jahreseinkommen in Höhe von 85.000,00 Euro ausgegangen. Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen M2 gehören auch seine Unterhaltsverpflichtungen, wobei hier zugunsten des Betroffenen unter Berücksichtigung der weiteren Angaben zu seiner Person in der bereits angesprochenen E-Mail des Rechtsanwalts B16 vom 15. März 2013 davon auszugehen war, dass er vier minderjährige Kinder unterhält.
1188Nach Abwägung aller für und gegen den Betroffenen M2 sprechenden Gesichtspunkte erachtet der Senat ein Bußgeld in Höhe von
11897.500,00 Euro
1190für tat- und schuldangemessen.
1191f) Der Betroffene S1
1192Bei der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen S1 kommen die bereits angeführten bußgeldmindernden und –erhöhenden Bemessungsgesichtspunkten, die bei allen Betroffenen gleichermaßen und daher auch in seinem Fall zugrunde zu legen sind, und darüber hinaus insbesondere folgende Erwägungen zum Tragen:
1193Im Fall des Betroffenen S1 fiel bußgeldmindernd ins Gewicht, dass seine Zuwiderhandlung in der Beteiligung an der Kartellordnungswidrigkeit anderer liegt. Dabei war zu seinen Gunsten ferner davon auszugehen, dass sich sein Förderungsbeitrag auf eine von ihm bereits vorgefundene Praxis des Informationsaustauschs bezog. Ebenfalls war zugunsten des Betroffenen S1 zugrunde zu legen, dass er sich als Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 veranlasst sah, im vermeintlichen Interesse der Süßwarenindustrie den vorgefundenen Zustand einer kartellrechtswidrigen Praxis der C2- wie auch Konditionenvereinigungs-Mitgliedsunternehmen hinzunehmen und weiter zu unterstützen.
1194Bußgelderhöhend wirkte sich jedoch aus, dass ihm in seiner Doppelfunktion als Vorstandsmitglied der Konditionenvereinigung und zugleich Hauptgeschäftsführer des Nebenbetroffenen C2 eine herausgehobene Stellung zukam, aufgrund derer er im besonderen Maße Sorge für die Einhaltung der kartellrechtlichen Vorschriften gerade auch im Verkaufsleiterausschuss tragen musste. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der ihm als Vorgesetzten innerhalb der Organisationsstruktur des Nebenbetroffenen C2 obliegenden Überwachung der im Rahmen einer entgeltlichen Mitarbeiterüberlassung ausgeübten Tätigkeit des Betroffenen M2 für die Konditionenvereinigung, ebenso wie in Hinsicht auf die von ihm als Vorstandsmitglied der Konditionenvereinigung zu erwartende Aufsicht über die Gremiumsarbeit im Verkaufsleiterausschuss, in Bezug auf die sich wegen der von vornherein damit konzipierten unmittelbaren Kommunikation zwischen Unternehmensrepräsentanten eine Beobachtung auf Einhaltung deren kartellrechtlichen Grenzen naheliegend empfahl. Hierfür Sorge zu tragen, war dem Betroffenen S1 auch möglich und zumutbar, zumal er aufgrund der ihm als Mitglied des Vorstandes stets übersandten Tagesordnungen zu den Gemeinsamen Sitzungen des Vorstands und des Verkaufsleiterausschusses wie auch aufgrund seiner verschiedenen Sitzungsteilnahmen über den vereinbarten Informationsaustausch im Bilde war. Bei verständiger Würdigung wäre in Anbetracht seiner Doppelstellung der Betroffene S1 sogar am ehesten in der Position und Lage gewesen wäre, die Kartellrechtswidrigkeit des Informationsaustauschs aufzuklären und seine weitere Umsetzung zu unterbinden.
1195Bußgelderhöhend war ferner die beträchtliche Zeitdauer der dem Betroffenen S1 zur Last fallenden Zuwiderhandlung von vier ein halb Jahren (Juni 2003 bis Februar 2008) zu berücksichtigen. Insoweit ist unerheblich, dass der Betroffene S1 nicht durchgängig an jeder Sitzung teilnahm, zumal in seinen Nicht-Teilnahmen kein Distanzierungswille gegenüber einem abgelehnten kartellrechtswidrigen Verhalten zum Ausdruck kam, sondern im Gegenteil das widerspruchslose Gesamtverhalten des Betroffenen S1 nur als seine fortwährende Zustimmung zu den kartellrechtswidrigen Verständigungen zum Informationsaustausch verstanden werden konnte und verstanden wurde.
1196Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Betroffene S1 in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht. Im Wege der deshalb gebotenen Schätzung hat der Senat insoweit ein Jahreseinkommen von mindestens 169.000,00 Euro zugrunde gelegt. Diese Schätzung beruht auf (a) der Lohnsteuerbescheinigung 2009 für den Betroffenen S1, ausweislich derer er damals ein Brutto-Jahreseinkommen in Höhe von 161.106,31 Euro bezogen hatte, und auf (b) der E-Mail des Rechtsanwalts … an das Bundeskartellamt vom 15. März 2013, mit welcher das Bruttogehalt des Betroffenen S1 im Jahr 2012 mit 169.000 Euro beziffert wurde. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, aufgrund derer von einer Verschlechterung des Einkommensniveaus des Betroffenen seither auszugehen wäre. Im Gegenteil legt die Gehaltsentwicklung zwischen 2009 und 2012 eine weitere Gehaltssteigerung auch in dem vergleichbaren Zeitabstand bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt nahe. Nach alledem kann das aktuelle Brutto-Jahresgehalt auf mindestens seinem im Jahr 2012 erzielten Arbeitseinkommen gleichkommend veranschlagt werden.
1197Unter Abwägung aller für und gegen den Betroffenen S1 sprechenden Gesichtspunkte erachtet der Senat ein Bußgeld in Höhe von
119825.000,00 Euro
1199für tat- und schuldangemessen.
1200B. Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1
12011. Bestimmung des Bußgeldrahmens
1202Der für die Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1 zugrunde zu legende Bußgeldrahmen war den §§ 17 Abs. 1 OWiG, 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB 2007 zu entnehmen. Hiernach reicht der Bußgeldrahmen von 5 Euro bis zu 10 vom Hundert des im der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes des Unternehmens (§ 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2007), wobei zur Ermittlung des Gesamtumsatzes der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen ist, die als wirtschaftliche Einheit operieren (§ 81 Abs. 4 Satz 3 GWB 2007).
1203Das für die Bestimmung der umsatzbezogenen Obergrenze des Bußgeldrahmens nach § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB 2007 zugrunde zu legende Geschäftsjahr war in Hinsicht auf jede der vorgenannten Nebenbetroffenen das Jahr 2013. Denn die maßgebliche Behördenentscheidung i.S. der Vorschrift ist der gegen die genannten Nebenbetroffenen jeweils am 16. Juni 2014 erlassene Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes. Soweit das Bundeskartellamt bereits in den Jahren 2012 und 2013 wegen derselben Tat gegen jede der in Rede stehenden vier Nebenbetroffenen einen Bußgeldbescheid erlassen hatte, wurde dieser jeweils nach Einlegung eines Einspruchs vom Bundeskartellamt nach Maßgabe des § 69 Abs. 2 Satz 1 OWiG aufgehoben und damit gegenstandslos. Die in § 69 Abs. 2 Satz 1 OWiG als mögliche Folge des Einspruchs ausdrücklich vorgesehene Rücknahme eines Bußgeldbescheides bewirkt, dass das jeweilige Bußgeldverfahren in den Stand vor Erlass des Bußgeldbescheides zurückversetzt wird (Seitz in Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 14. Aufl., § 69 Rz. 25), so als sei bisher kein Bescheid ergangen (zu allem: Bohnert in Boujong, Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl., § 69 Rz. 19). Da der zurückgenommene Bußgeldbescheid mithin nicht mehr wirksam und existent ist, fehlt es insoweit an einer „Behördenentscheidung“ im Sinne des § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB. Diese liegt hier vielmehr in den – infolge der Zurückversetzung in den Stand vor Erlass des zurückgenommenen Bußgeldbescheides zulässigen (vgl. Seitz in Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 14. Aufl., § 69 Rz. 26, 29) – neuen Bußgeldbescheiden vom 16. Juni 2014.
1204Bei der Ermittlung der umsatzabhängig zu bestimmenden Obergrenze ist – wie § 81 Abs. 4 Satz 3 GWB 2007 klarstellt – der weltweite Umsatz aller natürlichen und juristischen Personen zugrunde zu legen, die als wirtschaftliche Einheit operieren. Eine wirtschaftliche Einheit bilden alle im Sinne von § 36 Abs. 2 GWB verbundenen und in diesem Konzernverbund im Sinne des § 18 AktG unter einheitlicher Leitung stehenden Unternehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.02.2013 – KRB 20/12, WuW/E DE-R 3861-3879, zitiert nach juris Tz. 69 – Grauzementkartell). Das Merkmal der einheitlichen Leitung kennzeichnet (in Anlehnung an § 308 AktG) im Kern die zumindest faktische Einflussnahme des Mutterunternehmens auf die Geschäftsleitung und wirtschaftliche Tätigkeit des Tochterunternehmens, wobei die Leitung sich auch in der Einflussnahme auf einzelne Unternehmensbereiche erschöpfen kann (vgl. Vetter in Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl. 2015, § 18 Rz. 11 f.). Eine einheitliche Leitung ist in der Regel bei 100-prozentigen Beteiligungen der originär verantwortlichen Gesellschaft an anderen Gesellschaften anzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.02.2013 – KRB 20/12, WuW/E DE-R 3861-3879, zitiert nach juris Tz. 71 – Grauzementkartell). Ähnlich fordert auch die gemeinschaftsrechtliche Praxis für die – dort im Hinblick weniger auf bußgeldrechtliche Folgen als auf die Zurechnung bußgeldrechtlicher Verantwortlichkeit thematisierte – wirtschaftliche Einheit neben einer mehrheitlichen Kapitalbeteiligung, dass die Tochtergesellschaften ihr Vorgehen am Markt nicht wirklich autonom bestimmen können, sondern Anweisungen der sie kontrollierenden Muttergesellschaft befolgen (vgl. EuGH, Urteil vom 24.10.1996 – C-73/95 P, Slg 1996, I-5457-5499, Tz. 15 f. m.w.N. - Viho; vgl. ferner Roth/Ackermann in Frankfurter Kommentar, Kartellrecht, Band II EG-Kartellrecht (Teil 1), Loseblattsammlung Stand Januar 2009, Art. 81 Abs. 1 Rz. 123). Für die Annahme eines bestimmenden Einflusses auf das Verhalten des Tochterunternehmens besteht aber auch nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte bei einer 100%-igen Kapitalbeteiligung eine einfache Vermutung, die durch den Nachweis einer Selbständigkeit der Tochtergesellschaft entkräftet werden kann (EuG (2. Kammer), Urteil vom 12.12.2007 – T-112/05, Slg 2007, II-5049-5087, Tz. 60 m.w.N. – Akzo Nobel; vgl. EuGH, Urteil vom 16.11.2000 - C-286/98 P, Slg 2000, I-9925-9989, Tz. 29 – Stora Kopparbergs Berslags) .
1205Dies alles vorausgeschickt ergaben sich für die jeweilige Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffenen C1, D1, H1 und G1 folgende Bußgeldrahmen:
1206a) Die Nebenbetroffene C1
1207Im Fall der Nebenbetroffenen C1 war ein Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 52,6 Mio. Euro zugrunde zu legen.
1208Wie im Einzelnen festgestellt [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. a)], hält die Nebenbetroffene C1 100%-ige Beteiligungen an verschiedenen Unternehmen der Süßwarenbranche, während ihre eigene Gesellschafterstruktur über ihre Komplementär-GmbH hinaus in den natürlichen Personen der Herren C5 (Gesellschafter der Komplementär-GmbH und einziger Kommanditist der Nebenbetroffenen) und H2 (Gesellschafter der Komplementär-GmbH) mündet und damit keine weiteren Unternehmensverflechtungen erkennen lässt.
1209Die aus der Nebenbetroffenen C1 und den von ihr unmittelbar oder mittelbar zu 100 % gehaltenen Tochterunternehmen bestehende wirtschaftliche Einheit erzielte im Geschäftsjahr 2013 weltweite Umsatzerlöse in Höhe von insgesamt 526.102.000 Euro. Dies ergibt sich aus dem von der Nebenbetroffenen C1 – nach eigener Darstellung – als „Mutterunternehmen“ aufgestellten Konzernabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013, in den neben ihr selbst 11 inländische und 16 ausländische Tochterunternehmen, an denen die Nebenbetroffene zu dieser Zeit eine 100%-ige unmittelbare oder mittelbare Kapitalbeteiligung hielt, vollkonsolidiert einbezogen sind. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, welche die nach den eingangs dargestellten Rechtsgrundsätzen begründete Vermutung einer einheitlichen Leitung in dieser Unternehmensgruppe entkräften. Zugrunde zu legen war somit der genannte weltweite Umsatz in Höhe von rund 526 Mio. Euro, so dass sich eine Bußgeldobergrenze nach § 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 (10 %) in Höhe von 52,6 Mio. Euro ergibt.
1210b) Die Nebenbetroffene D1
1211Im Fall der Nebenbetroffenen D1 war unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Einheit mit weiteren Unternehmen der multinationalen Q2-Gruppe, soweit diese in den Jahresabschluss 2013 der Konzerngesellschaft Q2 Group B.V. mit einem weltweiten Gesamtumsatz in Höhe von 2,487 Mrd. Euro vollkonsolidiert einbezogen worden sind, ein Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 248.700.000 Euro zugrunde zu legen.
1212aa) Der Befund einer wirtschaftlichen Einheit mit der unter der Q2 Group B.V. strukturierten Unternehmensgruppe ergibt sich unter folgenden Feststellungen und Erwägungen:
1213(1) Wie im Einzelnen bereits ausgeführt [Gründe zu I. Gliederungspunkt A. 2. b)], stellt sich die Gesellschafterstruktur der Nebenbetroffenen D1 seit dem 1. Januar 2005 wie folgt dar:
1214Einziger persönlich haftender Gesellschafter der Nebenbetroffenen ist die D1 Verwaltungs GmbH mit Sitz in .... Sowohl das Stammkapital der Komplementär-GmbH als auch das Kommanditkapital der Nebenbetroffenen D1 werden nominell zu je 1/3 von der D4 Süßwarenhandels GmbH, der Q2 GmbH und der J2 Ltd. gehalten, wobei jedoch seit Juni 2007 die D4 Süßwarenhandels GmbH ein 100%-iges Tochterunternehmen der Mitgesellschafterin Q2 GmbH ist, die ihrerseits mittelbar im 100%-igen Anteilsbesitz der niederländischen Q2 Group B.V. steht.
1215Darüber hinaus hat der Senat folgende Feststellungen mit Relevanz für die Bußgeldbemessung getroffen:
1216(1.1) Laut Gesellschaftsvertrag der D1 Verwaltungs-GmbH vom 15. Dezember 2004 ("Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung") ist Gegenstand des Unternehmens die Geschäftsführung und Vertretung anderer Handelsgesellschaften, insbesondere die Beteiligung als persönlich haftende Gesellschafterin an der Nebenbetroffenen D1 (§ 2.1 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung). Die Gesellschafter der D1 Verwaltungs-GmbH sollen nach § 3.3 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung am Stammkapital der Gesellschaft stets im Verhältnis ihrer Kommanditbeteiligungen an der Nebenbetroffenen D1 beteiligt sein, was nach § 4.1 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung dadurch abgesichert wird, dass die Übertragung eines Geschäftsanteils nur gleichzeitig mit einer entsprechenden Übertragung des Kommanditanteils des übertragenden Gesellschafters zulässig ist, um das gleichmäßige Beteiligungsverhältnis zu erreichen. Jeweils 100 Euro des Stammkapitals gewähren eine Stimme für die Beschlussfassung der Gesellschafter (§ 6.2 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung). Die Gesellschafterversammlung ist nach § 6.3 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung beschlussfähig, wenn sämtliche Gesellschafter bzw. unter den Voraussetzungen der Sätze 2 bis 3 dieser Satzungsregelung mindestens zwei Gesellschafter anwesend oder vertreten sind. Beschlussfassungen der Gesellschafter bedürfen grundsätzlich nur der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 6.4 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung); Einstimmigkeit ist demgegenüber - insoweit abschließend –
1217(a) nach § 5 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung für die Bestimmung sowie Abberufung eines Geschäftsführers
1218und
1219(b) in den Fällen des § 6.5 Gesellschaftsvertrag D1 Verwaltung (Änderungen des Gesellschaftsvertrags, Änderungen in der Art der Geschäftstätigkeit, Verschmelzung oder Auflösung der Gesellschaft sowie alle Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter oder einem Unternehmen, das einen Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar kontrolliert oder von diesem kontrolliert wird)
1220erforderlich. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist seit Mai 2006 C16.
1221(1.2) Die Nebenbetroffene D1 verfügt über einen Aufsichtsrat (§ 8 des Gesellschaftsvertrags der Kommanditgesellschaft, nachfolgend: Gesellschaftsvertrag D1 KG), welcher aus je zwei Repräsentanten von D4, Q2 GmbH und J2 bestehen soll (§ 8.1 Gesellschaftsvertrag D1 KG). Der Aufsichtsrat tagt vierteljährlich (§ 8 Abs. 6 Gesellschaftsvertrag D1 KG). Aufgabe des Aufsichtsrates ist es, die Komplementärin in ihrer Funktion als Geschäftsführer zu kontrollieren und zu beraten (§ 9.1 Satz 1 Gesellschaftsvertrag D1 KG).
1222Bestimmte Entscheidungen und Handlungen der Geschäftsführung, namentlich u.a.
1223 der Kauf oder Verkauf sowie jede Verfügung über Sachanlagen im Wert von mehr als 50.000 Euro pro Jahr (§ 9.2.1 und 9.2.2 Gesellschaftsvertrag D1 KG),
1224 sämtliche Maßnahmen oder Geschäftsvorgänge, deren Kosten einzeln oder in Summe 50.000 Euro übersteigen (§ 9.2.3 Gesellschaftsvertrag D1 KG),
1225 die Erteilung von Prokura oder Generalvollmacht (§ 9.2.5 Gesellschaftsvertrag D1 KG) und
1226 der Abschluss von Arbeitsverträgen mit Mitarbeitern mit einem Gesamtjahres-gehalt über 50.000 Euro (§ 9.2.6 Gesellschaftsvertrag D1 KG)
1227bedürfen im Grundsatz der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Aufsichtsrates, wobei die einfache Mehrheit im Aufsichtsrat zur Zustimmung genügt, soweit für jeden Gesellschafter mindestens ein von ihm ernanntes Aufsichtsratsmitglied zustimmt.
1228In den in § 9.3 beschriebenen Fällen ist die einstimmige Zustimmung des Aufsichtsrates erforderlich, dies insbesondere im Hinblick auf
1229 den Vertrieb von Produkten unter einem weiteren Markennamen der Kommanditisten oder Dritter,
1230 die Einstellung des Vertriebs von Produkten,
1231 jede Umsetzung der von den Kommanditisten definierten Marketingstrategie betreffende Handlung oder Entscheidung,
1232 die Personalpolitik in der obersten Führungsschiene („Vertriebsleiter, Leiter Finanzen“) und im Marketing-Mitarbeiterstab,
1233 jede Maßnahme und Handlung, bei denen davon auszugehen ist, dass sie zu einer Abweichung von mehr als 10 Prozent pro Jahr vom genehmigten Etat in Bezug auf Gesamtumsatz und Gesamtkosten führt,
1234 jeder Abschluss eines Vertrages mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr.
1235Schließlich kann der Aufsichtsrat generell oder im Einzelfall nach Gutdünken verpflichtende Anweisungen an den Komplementär und seine Geschäftsführer geben (§ 9.5 Gesellschaftsvertrag D1 KG).
1236Seit der Übernahme der D4-Gruppe durch Q2 im Jahr 2006 tagt der Aufsichtsrat jedenfalls in der Praxis nur noch mit je 2 Vertretern der Gesellschafter J2 und Q2, teilweise auch nur eines Vertreters für Q2. Tatsächlich lassen sich mit dieser Zusammensetzung für den Zeitraum April 2007 bis Oktober 2013 mindestens 20 Sitzungen des Aufsichtsrates, davon jeweils vier in den Jahren 2010 und 2013, drei in den Jahren 2007 und 2008 sowie zwei in den Jahren 2009, 2011 und 2012 feststellen. Hingegen konnte nicht festgestellt werden, ob die ab 2006 übliche Beschränkung auf vier teilnehmende anstatt der satzungsmäßig vorgesehenen sechs Aufsichtsratsmitglieder faktische Änderungen gegenüber den für die Beschlussfassung im Aufsichtsrat maßgeblichen und unverändert fortbestehenden Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der Nebenbetroffenen zur Folge hatte, insbesondere ob sich hierdurch etwas an dem zuvor sechs Stimmen umfassenden Stimmenverhältnis im Aufsichtsrat geändert hat.
1237Zu den Mitgliedern des Aufsichtsrates zählte im Zeitraum der vorgenannten Aufsichtsratssitzungen als Repräsentant der Kommanditistin J2 Ltd. Herr M7, der seinerzeit wie auch noch aktuell einer der Direktoren der M6 Ltd. War bzw. ist.
1238(2) Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den in die Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln, insbesondere:
1239Die Feststellungen zur Satzungslage der D1 Verwaltungs GmbH ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag der D1 Verwaltungs GmbH. Der Feststellung zur Bestellung von C16 zum Geschäftsführer der Komplementär-GmbH liegt das Protokoll der Gesellschafterversammlung der D1 Verwaltungs GmbH mit dem Sitz in ..., eingetragen im Handelsregister des AG ... unter HRB … am 24. Mai 2006, zugrunde.
1240Die Feststellungen zur Einrichtung eines Aufsichtsrates bei der Nebenbetroffenen D1 sowie zu dessen satzungsmäßigen Zusammensetzung, Zusammentreten, Aufgaben und Zustimmungserfordernissen sowie Stimmregelungen und Regelungen seiner Entscheidungsfassungen beruhen vor allem auf der eingeführten Übersetzung des Gesellschaftsvertrags der D1 GmbH & Co. KG.
1241Die Feststellungen zur Anzahl nach 2006 an Sitzungen des Aufsichtsrates teilnehmenden Aufsichtsratsmitgliedern sowie zur Anzahl von Aufsichtsratssitzungen im Zeitraum von April 2007 bis Oktober 2013 und der Zusammensetzung des Aufsichtsrates in diesen Sitzungen erschließen sich aus der jeweils eingeführten Ablichtung der Seite 1 des – in englischer Sprache verfassten - „D1 GmbH & Co. KG Supervisory Board Meeting DRAFT…“ (Protokoll der Aufsichtsratssitzung) vom 23.04.2007, 17.07.2007, 23.10.2007, 21.02.2008, 21.04.2008, 27.10.2008, 04.02.2009, 29.07.2009, 02.02.2010, 29.04.2010, 06.08.2010, 29.10.2010, 01.02.2011, 03.11.2011, 31.01.2012, 19.10.2012, 29.01.2013, 25.04.2013, 19.07.2013 und 17.10.2013. Die bezeichneten Schriftstücke umfassen jeweils im Kopf eine mit „MINUTES“ überschriebene Tabelle, die unter anderem mit den Angaben „Date“ und „Place“ Zeit und Ort der Aufsichtsratssitzung angibt sowie unter „Participants:“ und darunter in der jeweils linken Spalte mit „Name:“ die Teilnehmer aufzählt und diese in der rechten Spalte daneben Unternehmen („Company“) zuordnet. Hiernach nahmen neben der mit der Zuordnung „D1 GmbH“ gekennzeichneten Geschäftsleitung der Komplementär-GmbH die den Unternehmen „M6 Ltd“, J2 Ltd“ und „Q2 BLX“ zugeordneten Aufsichtsratsmitglieder teil. Sämtliche Mitglieder des Senats verfügen über die zum Verständnis dieser Angaben in den Schriftstücken erforderlichen Kenntnisse in der englischen Sprache.
1242Dass Herr M7 im festgestellten Zeitraum zu den Aufsichtsratsmitgliedern zählte ergibt sich zum einen
1243(a) aus vorgenannten Schriftstücken „D1 GmbH & Co. KG Supervisory Board Meeting DRAFT…“, die ihn immer wieder unter den Teilnehmern („Participants:“) mit der „Company“-Zuordnung „M6 Ltd“ erwähnen,
1244und zum anderen
1245(b) aus der Ablichtung eines Auszugs aus dem Unternehmensregister vom 19.03.2015 „D1 GmbH & Co. KG … Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013“, insoweit aus den „„V. Sonstige Angaben“ auf Seite 6 des Jahresabschlusses mit dem Inhalt unter Ziffer 26. „Die Gesellschaft hat einen Aufsichtsrat. Mitglieder des Aufsichtsrates waren im Geschäftsjahr 2013: … Herr M7 …“.
1246(3) Nach den Feststellungen bildete die Nebenbetroffene D1 im Jahr 2013 jedenfalls mit denjenigen Konzerngesellschaften der Q3 – N7-Gruppe eine wirtschaftliche Einheit, die – wie die Nebenbetroffene auch selbst - in den Jahresabschluss 2013 der Konzernzwischengesellschaft Q2 Group B.V., ..., vollkonsolidiert einbezogen worden sind:
1247(3.1) Die Nebenbetroffene D1 war im Geschäftsjahr 2013 aufgrund ihrer gemeinsamen Beherrschung durch die Q3 – N7-Gruppe und der J2 Ltd. (§ 36 Abs. 2 Satz 2 GWB) ein mit beiden Mutterunter-nehmen verbundenes Unternehmen (§ 36 Abs. 2 Satz 1 GWB).
1248Wie der Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat, findet auch im Hinblick auf die mit § 81 Abs. 4 Satz 3 GWB 2007 implizierten Voraussetzung eines Konzernverbundes die Regelung des § 36 Abs. 2 GWB Anwendung: Verbundene Unternehmen sind nach § 36 Abs. 2 Satz 1 GWB die abhängigen und herrschenden Unternehmen im Sinne des § 17 AktG, wobei als herrschendes Unternehmen gemäß der sog. Mehrmütterklausel des § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB auch jedes von mehreren Unternehmen gilt, die derart zusammenwirken, dass sie gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben können [Senat, Urteil vom 15.04.2013 – VI-4 Kart 2 – 6/10 (OWi), zitiert nach juris Rz. 2039]. Die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit und die Zurechnung deren Gesamtumsätze kommt daher sowohl bei Allein- (§ 36 Abs. 2 Satz 1 GWB) als auch bei Mitbeherrschung (§ 36 Abs. 2 Satz 2 GWB) in Betracht (Senat, a.a.O., zitiert nach juris Rz. 2052 und 2090). Denn auch bei Eingreifen der sog. Mehrmütterklausel ist das Gemeinschaftsunternehmen unteilbar und als Ganzes Teil der (jeweiligen) wirtschaftlichen Einheit (vgl. Senat, a.a.O., zitiert nach juris Rz. 2090).
1249Die gemeinsame Beherrschung nach § 36 Abs. 2 Satz 2 GWB erfordert ein – aufgrund einer (Stimmrechtsausübungs-) Vereinbarung oder in sonstiger Weise - abgesichertes Zusammenwirken der Gesellschafter, aufgrund dessen anstatt nach Anteilsverhältnissen wechselnder Mehrheitsentscheidungen im Wesentlichen vielmehr nur die einheitliche Willensbildung einer Gruppe von Gesellschaftern oder ihrer Gesamtheit und damit die Ausübung eines gemeinsam beherrschenden Einflusses auf das Gemeinschaftsunternehmen auf Dauer zu erwarten ist. Dazu reicht es typischerweise aus, wenn gleichgerichtete Interessen dauerhaft eine gemeinsame Unternehmenspolitik gewährleisten; denn dadurch ist regelmäßig schon sichergestellt, dass die paritätisch Beteiligten ihrem Gemeinschaftsunternehmen gegenüber eine herrschende Einheit bilden. Dies gilt namentlich im Hinblick auf eine gleichgerichtete Interessenlage, die auf einer Tätigkeit in demselben oder einem vorgelagerten Markt beruht (sogenanntes Absatzinteresse). Entscheidend sind aber stets die Umstände des Einzelfalls, die insbesondere im Hinblick darauf zu würdigen sind, ob der gemeinsame Einfluss auf das Wettbewerbspotential des abhängigen Unternehmens die Möglichkeit gibt, die eigenen Wettbewerbsinteressen im Verhältnis zueinander und gegenüber dem abhängigen Unternehmen abzustimmen und durchzusetzen
1250(zu allem: BGH, Beschluss v. 22.06.1981 – KVR 7/80, WuW/E BGH 1810 (1811) – Transportbeton Sauerland; Beschluss v. 18.11.1986 – KVR 9/85, BGHZ 99, 126 – 133, zitiert nach juris Rz. 11 m.w.N. – Hussel-Mara; vgl. fer-ner: BGH, Beschluss v. 07.11.2006 – KVR 39/05, WuW/E DE-R 1890 -. 1893, zitiert nach juris Rz. 11 – Radio TON; Senat, Urteil vom 15.04.2013 – VI-4 Kart 2 – 6/10 (OWi), zitiert nach juris Rz. 2043; Mestmäcker/Veelken in Immen-ga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB, 4. Aufl., § 36 Rz. 70; Paschke in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand November 2014, § 36 Rz.104 m.w.N.).
1251Diese Voraussetzungen lagen im Fall der Nebenbetroffenen D1 vor.
1252Bei den Gesellschaftern/Kommanditisten bestand eine gleichgerichtete Interessenlage, die eine gemeinsame Unternehmenspolitik im Hinblick auf das Gemeinschaftsunternehmen gewährleistete, im gemeinsamen Absatzinteresse an Zuckerwaren. Insoweit waren die einzelnen Absatzinteressen der an für sich konkurrierenden Gesellschafter/Kommanditisten durch das gemeinsame, langfristig strategische Interesse, den Vertrieb ihrer Zuckerwarenprodukte in Deutschland exklusiv auf die Nebenbetroffene als gemeinsame und alleinige Vertriebsgesellschaft zu bündeln, einheitlich gekennzeichnet und verknüpft.
1253Neben dieser auf Dauer angelegten Interessengleichheit war eine nur einheitliche Einflussnahme durch die Gesamtheit der Gesellschafter/Kommanditisten auf die Nebenbetroffene vor allem durch die gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung des Aufsichtsrats, seiner Aufgaben, Zustimmungsvorbehalte und Stimmrechtsausübung gesichert:
1254In der personellen Zusammensetzung des Aufsichtsrates war (bei gleich-gestellter Stimmverteilung) die gleichgewichtete Einflussnahmemöglichkeit jedes Kommanditisten und damit die Notwendigkeit einer Verständigung auf eine gemeinsame Willensausübung gesichert. Der Gesellschaftsvertrag gewährleistete eine paritätische Beteiligung jedes Kommanditisten (§ 8.1 Gesellschaftsvertrag D1 KG). Dabei war jeder Kommanditist in der Ausübung seines jeweiligen Entsendungsrechts völlig frei (§ 8.1 Satz 2 Gesellschaftsvertrag D1 KG), so dass infolge dieser Personalentscheidungsgewalt eine von den Mit-Kommanditisten unbeeinflussbare Einbringung der eigenen Wettbewerbs- und Unternehmensinteressen des jeweiligen Kommanditisten in die Aufsichtsratsentscheidungen durch die von ihm entsandten und jederzeit abberufbaren Repräsentanten mit hoher Wahrscheinlichkeit gewährleistet war. Dass mit dieser Ausgestaltung der personellen Zusammensetzung und Stimmenverhältnisse Interessenkonflikten zwischen den Gesellschaftern noch nicht ausgeräumt sind, schließt eine gemeinsame Beherrschung nicht aus, zumal für die eine gemeinsame Beherrschung widerspiegelnde Koordination der Einflussnahme nicht die Verhinderung von Interessenkonflikten, sondern gerade die Fähigkeit, diese Konflikte unter Wahrung der wettbewerblichen und unternehmerischen Einzelinteressen im Verhältnis zueinander sowie gegenüber dem Gemeinschaftsunternehmen durch Entscheidung zu lösen, ausschlaggebend ist (vgl. Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB, 4. Aufl., § 36 Rz. 69 und Rz. 70 a.E. m.w.N.).
1255§ 9 Gesellschaftsvertrag D1 KG band die Geschäftsführung der Nebenbetroffenen in einem gravierenden Umfang des Geschäftsbetriebs an die Zustimmung des Aufsichtsrates. Haben die Gesellschafter einen sehr weitgehenden, auch das laufende Geschäft umfassenden Katalog von zustimmungsbedürftigen Vorgängen aufgestellt, durch den zum einen die Geschäftsführung in ihrer eigenen Entscheidungsfreiheit beengt wird und zum anderen die Gesellschafter sich selbst insoweit dem Zwang zur dauernden Einigung in Fragen des laufenden Geschäfts ausgesetzt haben, kann sich daraus eine gemeinsame Beherrschung ergeben (Paschke in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand November 2014, § 36 Rz. 105; vgl. ferner Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB, 4. Aufl., § 36 Rz. 68 a.E. m.w.N. und Rz. 71 m.w.N.).
1256Dabei unterlag die Zustimmung des Aufsichtsrates nach § 9.3 Gesellschaftsvertrag D1 KG im Hinblick auf wesentliche Vorgänge des gewöhnlichen und darüber hinausgehenden Geschäftsbetriebs einem Einstimmigkeitserfordernis, was für sich genommen ebenfalls ein starkes Indiz für ein praktisches Zusammenwirken der – hier letztlich hinter den Aufsichtsratsmitgliedern stehenden – Kommanditisten ist (Mestmäcker/Veelken in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2. GWB, 4. Aufl., § 36 Rz. 68). Dies betraf insbesondere die Genehmigung des den Umfang der Geschäftstätigkeit bestimmenden Jahresetats der Nebenbetroffenen (§ 9.3.1) und die vorherige Zustimmung zu allen (unterjährigen) Maßnahmen und Handlungen, die eine wesentliche Abweichung vom genehmigten Etat erwarten lassen (§ 9.3.8). Eine grundsätzlich einstimmige Zustimmung benötigte die Geschäftsführung ferner für nahezu sämtliche sonstigen Maßnahmen, welche die Unternehmens- und Geschäftspolitik beeinflussen könnten. Dies galt etwa für jede Vertragsbindung mit Laufzeit von mehr als einem Jahr, womit vor allem eine langfristige Positionierung der Nebenbetroffenen im Wettbewerb und am Markt in der Entscheidung nicht mehr der Geschäftsführung, sondern der Gesamtheit der Gesellschafter lag.
1257Soweit zum anderen die in § 9.2 Gesellschaftsvertrag D1 KG vorgesehene vorherige Zustimmung des Aufsichtsrates lediglich einer Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit bedurfte, war diese indes dahin qualifiziert, dass für jeden Gesellschafter mindestens ein von ihm ernanntes Aufsichtsratsmitglied zustimmen muss. Dies sicherte jeden Kommanditisten vor einer Überstimmung. Ein insoweit ebenfalls nur gemeinsames Zusammenwirken der Kommanditisten erstreckte sich insbesondere auf (a) jede – die allgemeine Geschäftstätigkeit der Nebenbetroffenen berührende – Erteilung von Prokura oder Generalvollmacht (§ 9.2.5), womit sich der Entscheidungsspielraum der Geschäftsführung auf die Erteilung bloßer Handlungsvollmachten beschränkte, und im Wesentlichen auf (b) alle im Gegenstandswert über 50.000 Euro hinausgehende Verträge einschließlich Arbeitsverträge, womit in Anbetracht der geringen Betragsgrenze eine zustimmungsfreie Tätigkeit der Geschäftsführung selbst im gewöhnlichen und laufenden Tagesgeschäft eingeengt war.
1258Insgesamt bestand in dem Gemeinschaftsunternehmen mithin für jeden Kommanditisten eine Blockademöglichkeit, die seine Übergehung bei der gemeinschaftlichen Willensbildung verhinderte. Das Bestehen einer solchen Blockademöglichkeit ist ein starkes Indiz für ein praktisches Zusammenwirken; es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass dennoch dem einen oder anderen Gesellschafter / Kommanditisten eine herausragende Stellung zukam die es ihm ermöglichte, im Wesentlichen ohne Mitwirkung der anderen auf das Gemeinschaftsunternehmen Einfluss zu nehmen.
1259Dem allem steht nicht entgegen, dass die Q2 GmbH (vormals N7 Deutschland GmbH) über ihre nominelle 33,33%-ige Beteiligung hinaus seit Juni 2007 faktisch 2/3 bzw. 66,66 % der Anteile sowohl am Kommanditkapital der Nebenbetroffenen als auch an den Stammeinlagen deren Komplementär-GmbH vereint. Dabei besteht nach den eingangs dargestellten Rechtsgrundsätzen die - nach derzeit zugrunde zu legender Sachlage nicht entkräftete - Vermutung einer gemeinschaftlich operierenden wirtschaftlichen Einheit mit der von ihr zu 100% der Stammeinlage gehaltenen D4 Süßwarenhandels GmbH. Trotz der daraus resultierenden faktischen Mehrheit in der Kapitalbeteiligung und den Stimmenanteilen sowohl in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH als auch im Aufsichtsrat der Kommanditgesellschaft verblieb es bei der für jeden Gesellschafter gesellschaftsvertraglich gesicherten Blockademöglichkeit, insbesondere in Gestalt der Einstimmigkeitserfordernisse und Mitwirkungsobliegenheiten bei Entscheidungsprozessen des Aufsichtsrates.
1260(3.2) Die Gesellschafter/Kommanditisten übten tatsächlich ihren beherrschenden Einfluss auf das Gemeinschaftsunternehmen gemeinsam aus. Hiervon ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung auszugehen. Insbesondere:
1261In der Nebenbetroffenen D1 waren im Geschäftsjahr 2013 (wie bereits zuvor und auch aktuell) die Absatzinteressen sowohl der Q3 – N7-Gruppe als auch des wirtschaftlich hinter der Beteiligung der J2 Ltd. stehenden Herstellerunternehmens M6 Ltd. im Hinblick auf den Vertrieb ihrer Produkte auf dem gesamten deutschen Markt konzentriert. Da der Nebenbetroffenen der Vertrieb sämtlicher Produkte beider Unternehmen in Deutschland exklusiv überlassen war, ohne dass die beteiligten Unternehmen selbst oder andere Distributeure insoweit mit ihr in Wettbewerb traten, hing von der Umsetzung der gleichgerichteten Absatzinteressen der Mutterunternehmen in der Geschäftstätigkeit der Nebenbetroffenen ganz entscheidend der wirtschaftliche Erfolg des deutschen Absatzes ihrer Produkte ab. Für eine Absicherung dieses wirtschaftlich ganz erheblichen gemeinsamen Interesses bestand aus Sicht der Gesellschafter allein das in den Gesellschaftsverträgen festgelegte Einflussinstrumentarium, vor allem durch die Kontrolle sowie Zustimmung im Aufsichtsrat des Gemeinschaftsunternehmens. Gleichzeitig trugen nur die beteiligten Mutterunternehmen das wirtschaftliche Risiko des operativen Geschäfts der Nebenbetroffenen. Schon in Anbetracht dieser Sach- und Interessenlage liegt die Annahme fern, dass die Mutterunternehmen trotz bestehender Einflussmöglichkeiten der Nebenbetroffenen die autonome, d.h. von der Leitung der in den Mutterunternehmen umgesetzten Interessen unabhängige Bestimmung der Vorgehensweise am Markt beließen; vielmehr ist umgekehrt einzig die Schlussfolgerung erlaubt, dass einerseits die Mutterunternehmen von den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die Geschäftstätigkeit der Nebenbetroffenen fortlaufend Gebrauch machen wollten sowie auch Gebrauch machten und andererseits die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH einheitlichen Anweisungen der Gesellschafter Folge leistete. Hierauf weisen vor allem auch die zahlenmäßig häufigen und zeitlich engmaschigen Zusammenkünfte des Aufsichtsrates hin. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände einzig die Schlussfolgerung vernünftig, dass die Q3 – N7-Gruppe und die J2 Ltd. eine einheitliche Leitung ausübten. Unerheblich ist hierbei, ob sich die tatsächlich ausgeübte Überwachung und Leitung auch auf das operative Tagesgeschäft erstreckte; selbst wenn dies nicht der Fall war, steht dies der Annahme einheitlicher Leitung (Beherrschung) nicht entgegen (Senat, Urteil vom 15.04.2013 – VI-4 Kart 2 – 6/10 (OWi), zitiert nach juris Rz. 2038).
1262(3.3) Da nach § 36 Abs. 2 GWB ein Konzernverbund zwischen der Nebenbe-troffenen und sowohl der Q2 GmbH als auch der J2 Ltd. vermutet wird und ferner beide Mutterunternehmen eine einheitliche Leitung auch tatsächlich gemeinsam ausübten, ist die Nebenbetroffene D1 im Grundsatz zugleich jeder durch die beiden mitbeherrschenden Mutterunternehmen jeweils vermittelten wirtschaftlichen Einheit zuzurechnen. Jedenfalls sind hiernach der bußgeldrechtlich verantwortlichen Nebenbetroffenen D1 nach § 81 Abs. 4 Satz 3 GWB 2007 die weltweiten Umsätze der zur Q3 – N7-Gruppe zählenden Gesellschaften, soweit diese – wie die Nebenbetroffene auch - im Konzernabschluss der Q2 Group B.V. einbezogen worden sind, zuzurechnen. Denn auf die so definierte Q3 – N7-Gruppe erstreckt sich die über den Gesellschafterstamm, den die mitbeherrschende Q2 GmbH repräsentierte, bestehende wirtschaftliche Einheit zumindest. Zwar bestehen Anhaltspunkte für einen noch weiterreichenden globalen Konzernverbund unter der luxemburgischen D10 S.A.; insoweit fehlt es jedoch an hinreichenden Feststellungen insbesondere zur Zusammensetzung, zu den weiteren Beteiligungsverhältnissen und Leitungsverhältnissen innerhalb dieses weitergehenden Unternehmensgeflechts sowie zu der geschäftlichen Ausrichtung und Tätigkeit darin noch weiter eingebundener Unternehmenseinheiten. Hinreichende Feststellungen fehlen ferner zu den weltweiten Umsätzen der die Nebenbetroffenen ebenfalls mitbeherrschenden J2 Ltd. sowie vor allem zu deren gesellschaftsrechtlichen oder wirtschaftlichen Verflechtungen mit der M6 Ltd., so dass eine Zurechnung von Umsätzen aus diesem – wohlmöglichen – Gesellschafterstamm außen vor bleiben muss. Soweit in dem vorbeschriebenen Umfang keine Feststellungen getroffen werden konnten, ist eine weitere Erforschung des Sachverhalts auch nicht durch die richterliche Sachaufklärungspflicht geboten, zumal
1263(a) das Bundeskartellamt weder im Rahmen seiner ursprünglichen Ermittlungen noch im Wege der Nachermittlungen, die das Amt im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens auch insoweit umfangreich sowie unter Ausnutzung seiner Kontakte zu verschiedenen ausländischen Kartellbehörden vorgenommen hat, keine diesbezüglich weiterführenden Erkenntnisse zu gewinnen vermocht hat, und
1264(b) weitere Aufklärungsmaßnahmen schon deshalb keine weitergehende Erfolgsaussicht versprechen und auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Verfahrens sowie der festgestellten Zuwiderhandlung vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht geboten erscheinen.
1265bb) Der weltweite Gesamtumsatz der Q2 Group B.V., …/Niederlande, betrug unter Einbeziehung der in ihrem Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2013 konsolidierten unmittelbaren und mittelbaren Tochterunternehmen – so auch der Nebenbetroffenen D1 - im Geschäftsjahr 2013 2,487 Mrd. Euro. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Ablichtung des „Report on the annual accounts 2013“ der Q2 Group B.V., S. 4/46, 12/46, 33/46. Die tabellarische Darstellung auf Seite 4/46 mit der Bezeichnung „Key Figures profit and loss account“ bezeichnet als „Net turnover“ (Umsatz) für 2013 einen Betrag von „2,487,229“. Erläuternd heißt es im zweiten Satz des darüber stehenden Textes auf Seite 4/46: „Amounts are stated in thousends unless stated otherwise.“, was dahin zu übersetzen ist, dass Beträge in Tausend ausgewiesen werden, wenn nicht auf ein anderes Verständnis ausdrücklich hingewiesen wird. Demzufolge ist die zitierte Betragsangabe in der Tabelle unter Berücksichtigung dessen, dass die englischsprachige Betragsdarstellung mit Kommas im Deutschen der mit Punkt entspricht, als 2.387.229.000 zu lesen. Die weitere Tabelle auf Seite 12/46 „Consolidated profit and loss account 2013“ bezeichnet nunmehr unter der Angabe zur Darstellungsweise „€ 000“ als „Net turnover“ für 2013 erneut den Betrag von 2,487,229“, was somit als 2.487.229.000 € zu lesen ist. Gleiches gilt hinsichtlich des in der ersten Tabelle auf Seite 33/46 „Net turnover by geographic region“ als Ergebnis „Total“ ausgewiesenen Betrags „2,487,229“, der ausweislich der Darstellungsangabe unter dem Tabellenkopf „€ 000“ als Angabe in Tausend Euro zu lesen ist.
1266c) Die Nebenbetroffene H1
1267Im Fall der Nebenbetroffenen H1 war ein Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 54,5 Mio. Euro zugrunde zu legen.
1268Dies ergibt sich nach § 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB aufgrund des von der Nebenbetroffenen H1 im Geschäftsjahr 2013 weltweit erzielten Gesamtumsatzes in Höhe von 545 Mio. Euro. Diese Feststellung beruht auf (a) der Presseinformation der Nebenbetroffenen „H1 mit deutlichem Wachstum“ vom 6. Februar 2014 sowie (b) dem Online-Artikel in FinanzNach-richten.de „Kekshersteller H1 profitiert von neuen Produkten“ vom …., Ausdruck vom 18.02.2014.
1269Soweit festzustellen existierten im relevanten Geschäftsjahr 2013 – und auch aktuell – keine anderen umsatzgenerierende Unternehmen, die mit der Nebenbetroffenen als wirtschaftliche Einheit gemeinsam operierten bzw. operieren.
1270d) Die Nebenbetroffene G1
1271Der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene G1 ist unter Berücksichtigung der mit ihr als wirtschaftliche Einheit operierenden Unternehmen der U4-Gruppen ein Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 24,3 Mio. Euro zugrunde zu legen.
1272Wie bereits festgestellt, gehört die Nebenbetroffene G1 über ihre einzige Kommanditistin, die I3 GmbH mit Sitz in ..., die zugleich alleinige Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft I4-GmbH (...) ist, seit 2012 zu 100 % zur dänischen U4 Gruppen A/S. Die U4-Gruppe generierte unter Konsolidierung aller durch 100%-ige Anteils- bzw. Kapitalbeteiligungen (unmittelbar und mittelbar) mit ihr verbundenen Tochterunternehmen im Jahr 2013 einen weltweiten Gesamtumsatz in Höhe von rund 243,5 Mio. Euro. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund (a) des „U4 Gruppen A/S Annual Report 2013“ und (b) des ebenfalls eingeführten Ausdrucks „Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank“ („Deutsche Bundesbank Devisenkursstatistik Stand 6.1.2016“) fest. Der englisch-sprachige „U4 Gruppen A/S Annual Report 2013“ beziffert auf seinen Seiten 6 und 22 Gesamtumsatz mit 1.817,4 Mio. DKK, was unter Zugrundelegung der „Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank“ („Deutsche Bundesbank Devisenkursstatistik Stand 6.1.2016“) bei einem jahres-durchschnittlichen Wechselkurs im Jahr 2013 in Höhe von 7,4579 Euro umgerechnet 243.687.901,40 Euro entspricht. Der im Annual Report angegebene Umsatzbetrag versteht sich ausweislich der Angaben auf dessen Seite 5 als Gesamtumsatz unter Konsolidierung aller unmittelbar und mittelbar im 100%-igen Kapitalbesitz der U4Gruppen AS befindlichen Tochterunternehmen.
12732. Konkrete Bußgeldbemessung
1274a) Die Nebenbetroffene C1
1275Unter Zugrundelegung eines von 5 Euro bis 52,6 Mio. Euro reichenden Bußgeldrahmens war bei der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene C1 insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:
1276Von vornherein war zu beachten, dass der Nebenbetroffenen C1 die Bezugstaten ihrer vormaligen Leitungspersonen C3, X2 und K1 sowie des Betroffenen W1 unter Zusammenfassung zu einer Bewertungseinheit zugerechnet werden und deshalb eine einheitliche Tat mit einer Dauer von vier ein halb Jahren (Juni 2003 bis Februar 2008) zu bebußen war.
1277In die Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene C1 waren zunächst diejenigen Bemessungserwägungen einzustellen, die – mit Ausnahme seiner Beteiligungsdauer und wirtschaftlichen Verhältnisse – bei der Ahndung des Betroffenen W1 für und gegen diesen zum Tragen gekommen sind. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen. Es ist davon auszugehen, dass diese tat- und täterbezogenen Erwägungen im Wesentlichen auch die Teilabschnitte der der Nebenbetroffenen einheitlich zuzurechnenden Tat prägen, welche durch die Tatbeiträge der dem Betroffenen W1 zeitlich vorausgegangenen Unternehmensrepräsentanten C3, X2 und K1 verwirklicht wurden. Insoweit ergeben sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte, aufgrund derer die Bedeutung und Vorwerfbarkeit der einheitlich zugerechneten Zuwiderhandlung punktuell oder sogar insgesamt eine andere Gewichtung erfahren könnte. Vielmehr ähnelten sich sowohl die wirtschaftliche Lage des Unternehmens wie auch des Marktes, aus der heraus der vereinbarte Informationsaustausch jeweils praktiziert getragen wurde, als auch die jeweiligen Beteiligungsbeiträge zur Umsetzung des Kartells in ihrer Struktur und Bedeutung im Wesentlichen.
1278Ferner war bußgeldmindernd zu würdigen, dass Teile der tatbestandlichen Handlung unter Geltung einer milderen gesetzlichen Bußgelddrohung begangen wurden (vgl. hierzu Gürtler in Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 16. Aufl., § 4 Rn. 3 m.w.N.). Hiervon ist zugunsten der Nebenbetroffenen auszugehen, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich unter Anwendung des § 81 Abs. 2 GWB i.d. vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2005 geltenden Fassung vom 10. November 2001 eine niedrigere Bußgeldobergrenze als die hier zugrunde gelegte ergeben hätten. Nach jener Fassung sah das Gesetz für Zuwiderhandlungen gegen § 1 GWB inhaltlich übereinstimmend einen Bußgeldrahmen bis 500.000 € und über diesen Betrag hinaus bis zur dreifachen Höhe des durch die Zuwiderhandlung erlangten Mehrerlöses vor. In Anwendung des „in-dubio“-Grundsatzes zugunsten der Nebenbetroffenen C1 war davon auszugehen, dass eine nach der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Gesetzesfassung gebotene Mehrerlös-abhängige Bestimmung des Bußgeldrahmens zu einer milderen Bußgeldobergrenze geführt hätte.
1279Bußgeldmildernd war auch zu berücksichtigen, dass das Bußgeldverfahren gerade aufgrund seiner nahezu neunjährigen Verfahrensdauer bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung für die Nebenbetroffene mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden gewesen ist.
1280Demgegenüber fiel bußgelderhöhend die Dauer der ihr einheitlich zugerechneten Zuwiderhandlung ins Gewicht. Ebenfalls bußgelderhöhend war der finanzielle Vorteil zu berücksichtigen, der darin liegt, dass der Nebenbetroffenen C1 nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 16. Juni 2014 bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung über die Dauer von mehr als zwei Jahren die um die Geldbuße ungeschmälerte Liquidität zur Verfügung stand. Der damit verbundene finanzielle Vorteil war – wie schon allein ein Vergleich mit einem anhand § 81 Abs. 6 Satz 2 GWB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bemessenen entsprechenden Zinsvorteil aufzeigt – nicht unerheblich.
1281Die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen C1 stellen sich wie folgt dar:
1282Das Geschäftsjahr 2015 hat dem Unternehmen, welches sich mit einem Marktanteil von 11,7 % als Marktführer im deutschen Süßgebäckmarkt sieht, ein deutliches Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr um weltweit 3,9 % auf 535 Mio. Euro bzw. allein in Deutschland 4,2 % auf 274 Mio. Euro gebracht. Dabei ist die Umsatzsteigerung nicht lediglich auf Preissteigerungen zurückzuführen, zumal die Absatzmengen nach eigener Darstellung der Nebenbetroffenen diejenigen des Vorjahres um 5.200 Tonnen übertrafen. Den Grund für die positive Geschäftsentwicklung sieht die Nebenbetroffene C1 selbst vor allem in einer 2014 eingeleiteten Neuausrichtung des Unternehmens und der Entwicklung neuer Produkte.
1283Diese Feststellungen beruhen auf dem eingeführten Ausdruck der C1-Pressemitteilung vom 14. März 2016 „Auf Wachstumskurs – C1 zieht positive Geschäftsbilanz 2015“.
1284Unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen C1 hält der Senat nach Abwägung der genannten wie auch aller sonstigen für und gegen die Nebenbetroffene zu würdigenden Gesichtspunkte eine Geldbuße in Höhe von
12858.500.000,00 Euro
1286für tat- und schuldangemessen
1287b) Die Nebenbetroffene D1
1288Ausgehend von einem von 5 Euro bis 248,7 Mio. Euro reichenden Bußgeldrahmen waren bei der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene D1 im Wesentlichen die bei der Ahndung des für die Nebenbetroffene handelnden Betroffenen T1 – mit Ausnahme dessen wirtschaftlichen Verhältnisse – eingestellten Erwägungen zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der auch der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene mit rund 14 Monaten (22. November 2006 bis 7. Februar 2008) zugrunde zu legende Dauer der Zuwiderhandlung. Auf die Ausführungen zu diesen Zumessungsaspekten und deren Gewichtung wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
1289Bußgeldmildernd fiel ins Gewicht, dass das Bußgeldverfahren gerade aufgrund seiner nahezu neunjährigen Verfahrensdauer bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung für die Nebenbetroffene mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden gewesen ist.
1290Unternehmensbezogen wog darüber hinaus aber bußgelderhöhend der finanzielle Vorteil in Gestalt einer um die Geldbuße ungeschmälerten Liquidität zwischen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes und nunmehriger gerichtlicher Sachentscheidung.
1291Hinsichtlich der aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen D1 hat der Senat weder zum Geschäftsjahr 2015 noch zum Jahr 2016 Feststellungen treffen können. Zugrunde gelegt werden konnte hier lediglich der Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013, aus dem sich – isoliert von der wirtschaftlichen Einheit betrachtet – Umsatzerlöse in Höhe von rund 93.370.000,00 Euro, womit die Nebenbetroffene D1 das Vorjahresergebnis von rund 92.648.000 Euro übertraf, und ein rund 50.000 Euro über dem Vorjahr liegender Jahresüberschuss in Höhe von 544.889,36 Euro ergaben. In dem vom Jahresabschluss umfassten Lagebericht für das Geschäftsjahr 2013 verzeichnete die Nebenbetroffene sinngemäß u.a. eine trotz insgesamt rückläufigen Marktumfeldes positive Unternehmensentwicklung und prognostizierte Gleiches für das Folgejahr. Die Nebenbetroffene hat im Rahmen der ihr insoweit zukommenden Mitwirkungsobliegenheit weder Anhaltspunkte für eine – vor allem bilanzielle - Verschlechterung ihrer aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber insbesondere dem Geschäftsjahr 2013 weder vorgetragen, noch sind solche Anhaltspunkte sonst ersichtlich. Dies gilt auch im Hinblick auf die Markt- und Branchenlage. Aufgrund dessen ist der Senat davon überzeugt, dass die aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen D1 mindestens denen des Geschäftsjahres 2013 entsprechen.
1292Bei der Bußgeldgeldzumessung gegen die Nebenbetroffene D1 war zudem aufgrund des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips Folgendes zu berücksichtigen:
1293Kommt infolge der Eröffnung eines sehr weiten Bußgeldrahmens auch für einen eher gering gewichtigen Verstoß die Verhängung einer – im absoluten Betrag - besonders hohen Unternehmenssanktion in Betracht, gilt es unter Beachtung des Übermaßverbots eine rein schematische Einordnung der Zuwiderhandlung in die durch den Bußgeldrahmen vorgegebene Skala zu vermeiden und die Sanktion im besonderen Maße an den weiteren Zumessungsgesichtspunkten zu gewichten. Hierbei ist nicht nur zu prüfen, ob die Folgen, die mit einer an dem objektiven Unrecht und dem Vorwurf orientierten Einordnung im Bußgeldrahmen verbunden sind, noch in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Zweck eines nachdrücklichen Ordnungsrufes und der Beseitigung des begangenen Unrechts (vgl. hierzu Achenbach in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblatt-sammlung, Stand November 2014, § 81 Rz. 546) sowie zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des nebenbetroffenen Unternehmens stehen. Vielmehr muss vor allem der Grundsatz der Unrechts- und Schuldangemessenheit gewahrt bleiben (vgl. zu diesen Gesichtspunkten im Zusammenhang mit extrem hohen Geldbußen: Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 81 Rz. 356).
1294Vorliegend musste die festzusetzende Sanktion somit trotz des eröffneten sehr weiten Bußgeldrahmens insbesondere der objektiven Bedeutung der vom Betroffenen T1 begangenen Anlasstat, deren Bedeutung und Gewicht im Rahmen des gesamten Kartells sowie nicht zuletzt der Rolle, welcher im Gesamtzusammenhang des kartellrechtswidrigen Geschehens der zurechenbaren Beteiligung der Nebenbetroffenen D1 zukam, noch angemessen Rechnung tragen.
1295Unter Berücksichtigung der vorgenannten wie auch aller weiteren relevanten Umstände hält der Senat im Fall der Nebenbetroffene D1 eine Geldbuße in Höhe von
12965.000.000,00 Euro
1297für tat- und schuldangemessen.
1298c) Die Nebenbetroffene H1
1299Ausgehend von einem Bußgeldrahmen von 5 Euro bis 54,5 Mio. Euro waren in die Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene H1 die bei der Ahndung des für sie handelnden Betroffenen M1 zum Tragen gekommenen Erwägungen mit Ausnahme dessen Beteiligungsdauer und wirtschaftlichen Verhältnisse einzustellen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird mit der Maßgabe der benannten Einschränkung auf das im Zusammenhang mit der Bußgeldzumessung gegen den Betroffenen M1 diesbezüglich im Einzelnen bereits Ausgeführte verwiesen. Darüber hinaus war insbesondere zu berücksichtigen:
1300Auch im Fall der Nebenbetroffenen H1 war von vornherein zu beachten, dass ihr die Bezugstaten ihrer vormaligen Leitungsperson I1 und des Betroffenen M1 unter Zusammenfassung zu einer Bewertungseinheit zugerechnet werden und deshalb eine einheitliche Tat mit einer Dauer von vier ein halb Jahren (Juni 2003 bis Februar 2008) zu bebußen war. Dabei konnte auch im Fall der Nebenbetroffenen H1 zugrunde gelegt werden, dass die bei der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen M1 berücksichtigten tat- und täterbezogenen Erwägungen im Wesentlichen auch die durch den weiteren Unternehmensrepräsentanten I1 verwirklichten Teilabschnitte der der Nebenbetroffenen einheitlich zugerechneten Ordnungswidrigkeit prägen.
1301Sanktionsmildernd wog im Fall der Nebenbetroffenen H1 vor allem ihr - im Einzelnen bereits erörterter - erheblichen Beitrag zur Tataufklärung im kartellbehördlichen Bußgeldverfahren, der bis in die Hauptverhandlung fortgewirkt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die hier entsprechend geltenden Ausführungen zu diesem Bemessungsgesichtspunkt und dessen Gewichtung im Rahmen der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen M1 Bezug genommen.
1302Bußgeldmindernd wog ferner, dass Teile der tatbestandlichen Handlung unter Geltung einer milderen gesetzlichen Bußgelddrohung des § 81 Abs. 2 GWB i.d. bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung begangen wurden. Zugunsten der Nebenbetroffenen H1 ist dabei unter Anwendung des „in-dubio“-Grundsatzes davon auszugehen, dass eine nach hiernach gebotene Mehrerlös-abhängige Bestimmung des Bußgeldrahmens zu einer milderen Bußgeldobergrenze geführt hätte. Im Einzelnen wird diesbezüglich zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zu diesem Gesichtspunkt bereits im Zusammenhang mit der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene C1 ausgeführten Erwägungen verwiesen.
1303Bußgeldmildernd war auch zu berücksichtigen, dass das Bußgeldverfahren gerade aufgrund seiner nahezu neunjährigen Verfahrensdauer bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung für die Nebenbetroffene mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden gewesen ist.
1304Bußgelderhöhend wirkte sich demgegenüber zum einen die lange Dauer der Zuwiderhandlung über rund vier ein halb Jahre und zum anderen aus, dass der Nebenbetroffenen nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 16. Juni 2014 bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung über die Dauer von mehr als zwei Jahren die um die Geldbuße ungeschmälerte Liquidität zur Verfügung stand. Der damit verbundene finanzielle Vorteil war – wie schon allein ein Vergleich mit einem anhand § 81 Abs. 6 Satz 2 GWB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bemessenen entsprechenden Zinsvorteil aufzeigt – beträchtlich.
1305Zu den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen der Nebenbetroffenen H1 hat der Senat im Schätzwege zugrunde gelegt, dass sich der Geschäftsverlauf der Jahre 2015 und 2016 vergleichbar zu dem von der Nebenbetroffenen im Rahmen ihres eigenen Internetauftritts nach wie vor (Stand Oktober 2016) einzig mitgeteilten und hier nur feststellbaren Geschäftsverlauf des Jahres 2014 entwickelte:
1306Im Geschäftsjahr 2014 generierte die Nebenbetroffene H1 einen Umsatz von rund 534 Mio. Euro. Mit diesem Ergebnis sah sich die Nebenbetroffene selbst als marktführend. Dies alles ergibt sich aus (a) der als Ausdruck eingeführten Darstellung „Zahlen, Daten & Fakten – Umsatzentwicklung“ auf der Internetseite der Nebenbetroffenen H1 und (b) der als Ausdruck vom 5. Oktober 2016 eingeführten Darstellung „Zahlen, Daten & Fakten – TOP 10 DER SÜSSGEBÄCKHERSTELLER NACH AB-SATZ“.
1307Unter Berücksichtigung aller für und gegen die Nebenbetroffene H1 sprechenden Gesichtspunkte sowie ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hält der Senat eine Geldbuße in Höhe von
13087.000.000,00 Euro
1309für tat- und schuldangemessen.
1310d) Die Nebenbetroffene G1
1311Ausgehend von einem von 5 Euro bis 24,3 Mio. Euro reichenden Bußgeld-rahmen waren bei der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffene G1 folgende Erwägungen zu berücksichtigen:
1312Die bei der Ahndung des Betroffenen B1 mit Ausnahme dessen wirtschaftlichen Verhältnisse gewürdigten anlasstat- und täterbezogenen Zumessungsgesichtspunkte waren mit gleicher Gewichtung auch bei der Bußgeldbemessung gegen die Nebenbetroffenen G1 einzustellen.
1313Als unternehmensbezogene Bemessungsgesichtspunkte war in die Bußgeldbemessung nur gegen die Nebenbetroffene G1 zum einen sanktions-mildernd einzustellen, dass Teile der dem Betroffenen B1 zur Last fallenden tatbestandlichen Handlung unter Geltung der – für die Nebenbetroffene - milderen gesetzlichen Bußgelddrohung des § 81 Abs. 2 GWB i.d. bis zum 30. Juni 2005 geltenden Fassung vom 10. November 2001 begangen wurden. Dabei ist auch im Fall der Nebenbetroffenen G1 nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ davon auszugehen, dass die nach der bis zum 30. Juni 2005 geltenden Gesetzesfassung Mehrerlös-abhängige Bestimmung des Bußgeldrahmens zu einer milderen Bußgeldobergrenze geführt hätte.
1314Bußgeldmildernd wog ferner, dass das Bußgeldverfahren gerade aufgrund seiner nahezu neunjährigen Verfahrensdauer bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung für die Nebenbetroffene mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden gewesen ist.
1315Bußgelderhöhend wirkte sich demgegenüber zum Nachteil der Nebenbetroffenen G1 aus, dass ihr nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes vom 16. Juni 2014 bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung über die Dauer von mehr als zwei Jahren die um die Geldbuße ungeschmälerte Liquidität zur Verfügung stand. Der damit verbundene finanzielle Vorteil war – wie schon allein ein Vergleich mit einem anhand § 81 Abs. 6 Satz 2 GWB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB bemessenen entsprechenden Zinsvorteil aufzeigt – beträchtlich.
1316Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Nebenbetroffenen G1 ergeben sich keine Anhaltspunkte, aufgrund derer von einer mit Bußgeldverhängung zu befürchtender Existenzbedrohung auszugehen wäre. Im Gegenteil spricht alles dafür, dass sich in der Geschäftsentwicklung der Nebenbetroffenen G1 auch im Geschäftsjahr 2016 das bereits in den Jahren 2014 und 2015 fortwährend verzeichnete Umsatzwachstum fortgesetzt hat. Dies erschließt sich aus dem Annual Report 2015 der U4 Gruppen A/S, in dem auf Seite 13 ausdrücklich in Hinsicht auf die Nebenbetroffene G1 von einem fortwährenden jährlichen Umsatzwachstum während der Jahre 2014 und 2015 („During 2015, G1 continued ist revenue growth, now in the second year of consecutiv growth.“) die Rede ist.
1317Unter Berücksichtigung aller für und gegen die Nebenbetroffene G1 sprechenden Gesichtspunkte sowie ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hält der Senat eine Geldbuße in Höhe von
1318500.000,00 Euro
1319für tat- und schuldangemessen.
1320C. Bußgeldbemessung gegen den Nebenbetroffenen C2
13211. Anwendung des Regelbußgeldrahmens
1322Für den Nebenbetroffenen C2 war der zugrunde zu legende Bußgeldrahmen demgegenüber den §§ 17 Abs. 1 OWiG, 81 Abs. 4 Satz 1 GWB 2007 zu entnehmen.
1323Als eingetragener Verein ist der Nebenbetroffene C2 – wie nicht zuletzt die Einordnung der §§ 21 bis 79 BGB unter dem Titel „Juristische Personen“ und dem „Untertitel 1. Vereine“ klarstellt – eine juristische Person i.S. des § 30 OWiG. Es kann dahingestellt bleiben, ob § 81 Abs. 4 Satz 2 GWB trotz seines auf die Verhängung eines Bußgeldes gegen „ein Unternehmen oder eine Unternehmensvereinigung“ lautenden Wortlautes wegen der Diskrepanz zu der dem deutschen Ordnungswidrigkeitenrecht fremden Täterschaft von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen als Verweis auf § 30 OWiG mit der Folge zu interpretieren ist, dass seine tatbestandlichen Begrifflichkeiten „Unternehmen“ und „Unternehmensvereinigung“ in die Typik des Normadressatenkreises in § 30 OWiG, also juristische Person und Personenvereinigung, umzusetzen ist. (so etwa: Dannecker/Biermann in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Band 2. GWB, 4. Aufl., § 81 Rz. 335 f.; Achenbach in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand November 2014, § 81 Rz. 519 f.). Denn in jedem Fall muss eine Anwendung des § 81 Abs. 4 Satz 2 und 3 GWB 2007 hier daran scheitern, dass der Nebenbetroffene C2 als nichtwirtschaftlicher Verein i.S. von § 21 BGB keine Umsätze aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb erzielt, so dass sich auch jede Schätzung eines Umsatzes verbietet.
1324Im Hinblick auf den Nebenbetroffenen C2 verbleibt es daher bei dem Regelbußgeldrahmen des § 81 Abs. 4 Satz 1 GWB, der von 5 Euro bis zu einer Million Euro reicht.
13252. Konkrete Bußgeldbemessung
1326Bei der Bußgeldbemessung gegen den Nebenbetroffenen C2 innerhalb dieses Bußgeldrahmens waren die tat- und täterbezogenen Bemessungserwägungen, wie sie bei der Bußgeldbemessung gegen den Betroffenen S1 zugrunde gelegt worden sind, mit Ausnahme dessen wirtschaftlichen Verhältnisse, zu berücksichtigen.
1327Ferner war auch im Fall des Nebenbetroffenen C2 bußgeldmildernd zu berücksichtigen, dass das gegen ihn im Juli 2009 eingeleitete Bußgeldverfahren gerade aufgrund seiner nahezu achtjährigen Verfahrensdauer bis zur nunmehrigen gerichtlichen Sachentscheidung auch für ihn mit nicht unerheblichen Belastungen verbunden gewesen ist.
1328Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Nebenbetroffene C2 in der Hauptverhandlung keine Angaben gemacht. Indes ist der Nebenbetroffene, wie bereits festgestellt, ein bedeutender national wie auch international tätiger Wirtschafts- und Arbeitgeberverband, dem nach eigenen Angaben etwa 200 vorwiegend herstellende oder vertreibende Unternehmen mit rund 250 Betrieben als Mitglieder angehören, womit – wiederum nach eigenen Angaben - rund 90 % der deutschen Süßwarenproduktion in ihm organsiert und repräsentiert sind. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass die deutsche Süßwarenindustrie mit einem Anteil von etwa 10 % am Umsatz der deutschen Ernährungsindustrie teilnimmt und somit ihrerseits einen ganz bedeutenden Industriezweig darstellt.
1329Unter Abwägung aller in die Bußgeldbemessung einzubeziehender Erwägungen hält der Senat eine Geldbuße in Höhe von
1330130.000,00 Euro
1331für tat- und schuldangemessen.
1332D. Ahndungsgeldbuße
1333Die gegen die Betroffenen und Nebenbetroffenen auf diesen Grundlagen verhängten Geldbußen dienen in jedem Einzelfall allein der Ahndung der Zuwiderhandlungen. Der Senat hat insoweit von dem ihm durch § 81 Abs. 5 Satz 1 GWB eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht.
1334E. Verfahrensverzögerung
1335In keinem Fall eines Betroffenen oder einer der Nebenbetroffenen ist vorliegend eine Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung im Wege einer Anrechnung auf die Geldbuße veranlasst.
1336Kommt es in einem Verfahren zu einem außergewöhnlichen Abstand zwischen Tat und Urteil, so hat der Tatrichter grundsätzlich drei unterschiedliche Strafmilderungsgründe zu bedenken, nämlich (a) den langen zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil, (b) die Belastungen durch die lange Verfahrensdauer und (c) die Verletzung des Beschleunigungsgebots nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK (BGH, Beschluss vom 3. Juni 2014 – KRB 46/13, WuW/E DE-R 4317-4319, zitiert nach juris Rz. 9 m.w.N. – Silostellgebühren III). Da es sich um unterschiedliche Gesichtspunkte handelt, schließt die – wie hier in jedem Einzelfall bereits geschehen – Berücksichtigung der Verfahrensdauer und der sich daraus für die Betroffenen ergebenden Belastungen als Zumessungsfaktoren bei der Bemessung des Bußgelds es nicht aus, daneben auch eine Kompensation für eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung in den Blick zu nehmen (vgl. BGH, a.a.O.). Dabei erfolgt die Kompensation grundsätzlich im Wege der Anrechnungsentscheidung (BGH, Beschluss vom 3. Juni 2014 – KRB 46/13, WuW/E DE-R 4317-4319, zitiert nach juris Rz. 10 m.w.N. – Silostellgebühren III), d.h. der Tatrichter muss entscheiden, ob und inwieweit durch das Maß der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und der hierdurch eingetretenen Belastungen der Betroffenen die Geldbuße als vollstreckt anzurechnen ist (vgl. BGH, a.a.O.; vgl. ferner: Achenbach in Jaeger/Kokott/Pohlmann/Schroeder, Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, Loseblattsammlung, Stand November 2014, § 81 Rz. 513). Wann von einer überlangen, die Rechtsgewährung verhindernden und damit unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist, ist eine Frage der Abwägung im Einzelfall, die insbesondere die Natur des Verfahrens, die Bedeutung der Sache und die Auswirkungen einer langen Verfahrensdauer für die Beteiligten, die Schwierigkeit der Sachmaterie, das den Beteiligten zuzurechnende Verhalten, insoweit vor allem von ihnen zu verantwortende Verfahrensverzögerungen, sowie die gerichtlich nur begrenzt zu beeinflussende Tätigkeit Dritter (BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss vom 08.12.2015 – 1 BvR 99/11 – Vz 1/15, NJW 2016, 2021-2024, zitiert nach juris Rz. 27), aber auch das Verhalten der zuständigen Behörden und die Bedeutung des Rechtsstreits für den Beschwerdeführer (BVerfG, a.a.O., zitiert nach juris Rz. 28) berücksichtigen muss.
1337Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist es im vorliegenden Verfahren im kartellbehördlichen Ermittlungsverfahren zwischen Juli 2010 bis einschließlich September 2012 zu einer Verzögerung gekommen, die zwar – wenn auch nicht in voller Länge, so doch aber jedenfalls - im Umfang von 20 Monaten sachlich nicht zu rechtfertigen ist, aber keine Kompensation im Wege einer Anrechnungsentscheidung erfordert.
1338Soweit nach außen in Erscheinung getretene Maßnahmen des Bundeskartellamtes auch zwischen Oktober 2008 und Juli 2009 nicht festzustellen sind, lässt sich dies in Anbetracht des erheblichen Umfangs der einen mehrjährigen Vorwurfszeitraum und eine Vielzahl von tatverdächtigen natürlichen Personen und von ihnen repräsentierte Unternehmen umfassenden, komplexen Sachlage nachvollziehbar mit einer Sachbearbeitung innerhalb der Beschlussabteilung des Amtes erklären. Dabei ist zu bedenken, dass seinerzeit noch Vorwürfe gegen mindestens zehn weitere Unternehmen und deren Repräsentanten im Raum standen und das Ermittlungsverfahren damals noch relativ am Anfang stand; dies findet Bestätigung darin, dass der festgestellte Verfahrensgang nach Juli 2009 schrittweise Maßnahmen aufzeigt, die vernünftigerweise eine zeitaufwändige Sachbearbeitung und Vorbereitung sowie einen Entscheidungsprozess in der Beschlussabteilung des Amtes voraussetzen, namentlich die Verfahrenseinleitung und weitere Ermittlungsmaßnahmen gegen die zuvor noch nicht verfolgten Betroffenen S1 und M2 sowie den Nebenbetroffenen C2, ferner die Verfahrenseinstellungen gegen einige Unternehmen im Zeitraum September 2009 bis Mai 2010 und nicht zuletzt die Verfahrenseinleitung gegen die Nebenbetroffene G1 am 19. November 2009; der Zeitraum von etwa neun Monaten lässt eingedenk dessen sowie unter Berücksichtigung des Umfangs und der Komplexität der Sache eine unangemessene Verfahrensverzögerung nicht erkennen.
1339Keine Verfahrensverzögerung ist des Weiteren im kartellbehördlichen Zwischenverfahren zu erkennen. Zwar begann dieses im Fall des Betroffenen M1 und der Nebenbetroffenen H1 bereits mit deren Einspruch vom 8. Oktober 2012 und auch die Einsprüche der weiteren Betroffenen und Nebenbetroffenen gingen bis spätestens Mitte Februar 2013 beim Amt ein, während dieses erst zwischen Dezember 2013 und Februar 2014 die Verfahrensbeteiligten zur beabsichtigten Aufhebung der Bußgeldbescheide und Neubescheidung anhörte sowie erst im Juni 2014 die früheren Bußgeldbescheide aufhob und die zum vorliegenden Verfahren führenden Bußgeldbescheide erließ. Aber auch diese beträchtliche Länge des Zwischenverfahrens ist plausibel mit der weiteren Sachbearbeitung der im Hinblick auf Schwere und Umfang komplexen Sache zu erklären. Dies gilt zumal
1340(a) zum einen § 69 OWiG, ohne eine gesetzliche Frist für die Übersendung der Akten an das Gericht vorzuschreiben, in seinem Absatz 2 der Verwaltungsbehörde weitere – und zwar auch zeitlich anspruchsvollere - Ermittlungsmaßnahmen und die Entscheidung über eine eventuelle Rücknahme erlaubt, und zum anderen
1341(b) die Feststellungen zum Verfahrensgang in diesem Zeitraum auch umfangreiche weitere Ermittlungsmaßnahmen des Bundeskartellamtes aufzeigen.
1342Demgegenüber vermag der Gesichtspunkt einer nachvollziehbaren Dauer der Sachbearbeitung und (Zwischen-)Entschließung im zuständigen kollegialen Entscheidungsgremium des Bundeskartellamtes die Lücke in der Verfahrenschronologie zwischen Ende Juni 2010 und Ende September 2012 nur in einem weitaus geringeren Umfang zu erklären. Nachdem
1343(a) das Verfahren gegen alle hier Betroffenen und Nebenbetroffenen bis November 2009 bereits eingeleitet worden war, des Weiteren
1344(b) das Verfahren gegen einige andere seinerzeit noch verfolgte Unternehmen demgegenüber bis Mai 2010 bereits eingestellt war und schließlich
1345(c) bis Juni 2010 Settlement-Erklärungen einiger Unternehmen vorlagen,
1346kann im Hinblick auf den Stillstand des Verfahrens von insgesamt 26 Monaten, der erst mit Erlass der – auf die Settlement-Erklärungen fußenden - ersten Kurzbußgeldbescheide am 1. Oktober 2012 und anschließender weiterer Ermittlungsmaßnahmen (Zeugenvernehmungen) im November und Dezember 2012 beendet wurde, nicht ausgeschlossen werden, dass insoweit eine behördenbedingte, sachlich nicht zu rechtfertigende Verfahrensverzögerung vorliegt.
1347Dabei ist jedoch nicht der gesamte Zeitraum von 26 Monaten als unangemessen zu bewerten, zumal der Erlass der Kurzbußgeldbescheide und die weiteren Ermittlungsmaßnahmen eine durchaus zeitintensive Vorbereitung, insbesondere eine erneute Sichtung sowie Aufbereitung des umfangreichen Aktenmaterials, die Beratung und Abfassung der Bescheide und die Auswahl der weiteren Ermittlungsmaßnahmen sowie die Planung ihrer Art und Weise und nicht zuletzt eine angemessene Ladungsfrist für Zeugen nachvollziehbar bedurfte. Allerdings darf hierbei nicht unberücksichtigt bleiben, dass diese weitere Vorbereitung aus dem Sachstand des im Juni 2010 bereits seit nahezu zweieinhalb Jahren laufenden Ermittlungsverfahrens heraus zu erwarten war. Bei angemessener Verfahrensförderung ist daher von einer im Verhältnis zu den Betroffenen und Nebenbetroffenen nicht gerechtfertigten Verfahrensverzögerung von maximal 20 Monaten auszugehen.
1348Die 20-monatige Verfahrensverzögerung ist zwar vermeidbar und unangemessen, macht aber keine Kompensation im Wege einer Anrechnung auf die gegen die Betroffenen und Nebenbetroffenen festgesetzten Geldbußen erforderlich. Insoweit fällt insbesondere ins Gewicht, dass zu dieser Zeit das Bundeskartellamt noch keine Bußgelder verhängt hatte, sondern sich ersichtlich mit verschiedenen seinerzeitigen Verfahrensbeteiligten noch in Settlement-Gesprächen befand. Die durch die Verzögerung eingetretenen Belastungen für die Betroffenen und Nebenbetroffenen hielten sich in Anbetracht dessen in einem allenfalls geringfügigen Maße. Die Sach- und Aktenlage lässt auch keine Sachstandsanfragen der Verteidigung oder sonst auf eine weitere Verfahrensförderung drängende Maßnahmen der damaligen und auch heute noch Verfahrensbeteiligten bzw. deren Verteidigung erkennen, aufgrund derer etwa von einer gesteigerten Belastung durch das zum damaligen Zeitpunkt offene Ermittlungsverfahren auszugehen wäre und in welchen ein Bedürfnis nach einer zügigeren Klärung des Vorwurfs unter Ausnutzung des Rechtsbehelfsweges zutage getreten wäre. Dem mit diesem trotz der nicht unerheblichen zeitlichen Verzögerungsdauer letztlich aber noch geringfügig erscheinenden Unbill aus der Verfahrensverzögerung ist mit der bußgeldmildernden Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer und den damit unter weiterer Berücksichtigung des im Verzögerungszeitraum vorliegenden Verfahrensstandes (Ermittlungsverfahren) üblicherweise einhergehenden Belastungen sowie mit der bloßen Feststellung der unangemessenen Verfahrensverzögerung im Urteil ausreichend Rechnung getragen.
1349V.
1350Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 465 Abs. 1 StPO.