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Auf die sofortige Beschwerde der Beigeladenen wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 31.08.2016 (VK 2 – 79/16) aufgehoben.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer und die der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in diesem Verfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Aufwendungen sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 985.439,- € festgesetzt.
G r ü n d e
2I.
3Die Antragsgegnerin schrieb am 04.11.2015 den beabsichtigten Abschluss eines Rahmenvertrages „Gerätekraftwagen für die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk“ im offenen Verfahren europaweit aus. Für den Katastrophenschutz sollten zunächst 31 allradgetriebene Gerätekraftwagen mit Kofferaufbau, Dreifachfahrerhaus und hydraulischer Seilwinde beschafft werden. Innerhalb des vorgesehenen Vertragszeitraums von 4 Jahren sollten weitere 120 Fahrzeuge bestellt werden können.
4Nach Vorliegen der Angebote sollte ursprünglich die Antragstellerin den Zuschlag erhalten. Die hiergegen gerichtete Rüge der Beigeladenen fand bei der Antragsgegnerin kein Gehör, weshalb die Beigeladene einen Nachprüfungsantrag bei der 2. Vergabekammer des Bundes stellte und eine Verletzung des Geheimwettbewerbs geltend machte. Die Antragstellerin war an jenem Verfahren beteiligt und wurde, auch in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 13.04.2016, durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten. In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer wies diese die Verfahrensbeteiligten darauf hin, dass die von der Antragsgegnerin bekannt gemachte Wertungsmatrix intransparent erscheine. Die Antragsgegnerin erklärte daraufhin, das Vergabeverfahren zurückzusetzen und den Bietern auf der Basis überarbeiteter Vergabeunterlagen Gelegenheit zur erneuten Angebotsabgabe zu geben. Die Beigeladene erklärte ihren Nachprüfungsantrag im Anschluss an diese Erklärung mit Zustimmung der übrigen Beteiligten für erledigt.
5Mit Schreiben vom 11.05.2016 stellte die Antragsgegnerin den Bietern die überarbeiteten Vergabeunterlagen zur Verfügung. Danach sollte das den Zuschlag erhaltende wirtschaftlichste Angebot anhand der Wertungskriterien Nutzwert und Kosten nach der einfachen Richtwertmethode ermittelt werden. Den Zuschlag sollte das Angebot mit der höchsten Kennzahl Z erhalten, die aus dem Quotienten L (Nutzwert) und P (Kosten) gebildet werden sollte. „Kosten“ sollte der Angebotspreis für 31 Fahrzeuge sein. Der Nutzwert sollte gebildet werden aus Note und „Wichtung“.
6Zur Bestimmung des Nutzwerts hatte die Antragsgegnerin sieben Anforderungsblöcke vorgesehen und mit unterschiedlichen Prozentanteilen gewichtet. In die Anforderungsblöcke waren unterschiedliche Elemente aus der Leistungsbeschreibung aufgenommen. So war der mit 25 % gewichtete erste Leistungsblock beschrieben als „Erfüllung der Technischen Forderungen zu B2 bis B9 der LB Nr. 8010/15A“, wobei mit „LB“ auf die Leistungsbeschreibung Bezug genommen worden war.
7Die Qualität der Angebote der Bieter sollte innerhalb der einzelnen Anforderungsblöcke anhand einer Benotungstabelle bewertet werden. Es sollten Bewertungspunkte von 1 bis 5 vergeben werden. Folgende Punktevergabe war vorgesehen:
81 = nicht akzeptabel
92 = erhebliche Beanstandungen
103 = noch akzeptabel
114 = leichte Mängel
125 = ohne Mängel
13Die in den Anforderungsblöcken vergebenen Punkte sollten nach den für die jeweiligen Blöcke vorgesehenen Prozentanteilen gewichtet werden. 5 Punkte im ersten Anforderungsblock ergaben bei einer Gewichtung mit 25 % beispielsweise einen anteiligen Nutzwert von 1,25.
14Nachdem die Vergabeunterlagen bis zur ersten mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer die einzelnen Notenstufen nicht näher beschrieben, ergänzte die Antragsgegnerin die Unterlagen auf die Hinweise der Vergabekammer im Termin vom 13.04.2016 um Klammerzusätze wie folgt:
15nicht akzeptabel (Abweichungen, aufgrund dessen der Verwendungszweck nicht mehr erfüllt werden kann)
16erhebliche Beanstandungen (Abweichungen, die den Verwendungszweck stark beeinflussen)
17noch akzeptabel (Abweichungen, die den Verwendungszweck nicht maßgeblich beeinflussen)
18leichte Mängel (Abweichungen, die den Verwendungszweck nicht beeinflussen)
19Wegen der weiteren Einzelheiten der Vergabeunterlagen wird auf die Vergabeakten verwiesen.
20Nach erneuter Angebotsabgabe ergab sich für das Angebot der Antragstellerin aufgrund der Bewertung durch die Antragsgegnerin ein Nutzwert von insgesamt 4,75 und für das Angebot der Beigeladenen ein Nutzwert von insgesamt 4,95. Die Antragstellerin musste insoweit eine Abwertung im ersten Anforderungsblock hinnehmen, weil ihr Angebot nicht den Anforderungen unter B 4.9 der Leistungsbeschreibung genügte. Der Ruhestrom an der Batterie war mit 630 mA größer als 500 mA, so dass die Antragstellerin für den gesamten Anforderungsblock nur 4 Punkte erhielt. Die Beigeladene musste eine Abwertung auf 4 Punkte im sechsten Anforderungsblock hinnehmen, da sie ein bundesweites Service-Netz gemäß der Anforderung unter D 2. der Leistungsbeschreibung im Angebot nicht dargestellt hatte. Dass die Beigeladene keine höhenverstellbaren Kopfstützen angeboten hatte, wertete die Antragsgegnerin nicht als gravierenden Mangel. Dies und auch das unterbliebene Angebot von Feuerwehrhelmhaltern führte nicht zu Punktabzügen. Da die Beigeladene die Fahrzeuge zu einem günstigeren Preis anbot als die Antragstellerin und damit ihr Angebot insgesamt den günstigsten Nutzwert-Kosten-Quotienten (höchste Kennzahl Z) aufwies, teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 21.07.2016 mit, dass der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle. Die Antragstellerin erhob durch ihren Verfahrensbevollmächtigten ab dem 26.07.2016 in mehreren Schreiben Rügen gegen die Wertungsentscheidung, insbesondere machte sie geltend, dass die Wertungskriterien intransparent seien. Die Antragsgegnerin half den Rügen nicht ab.
21Mit einem am 02.08.2016 bei der 2. Vergabekammer des Bundes eingegangenen Schriftsatz beantragte die Antragstellerin die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens. Die Antragstellerin erhob eine Vielzahl von Beanstandungen gegen das durchgeführte Vergabeverfahren. Die Beigeladene habe ein unangemessen niedriges Angebot abgegeben, was von der Antragsgegnerin habe aufgeklärt werden müssen, mehrere Vorgaben in der Leistungsbeschreibung seien zu unbestimmt, das Wertungssystem sei intransparent, der Rahmenvertrag stelle ein ungewöhnliches Wagnis für den Bieter dar, eine gebotene Losaufteilung sei unterblieben, die für konzernverbundene Unternehmen vorgesehenen Einschränkungen unter 1.4 der Bewerbungsbedingungen seien vergaberechtswidrig. Die Abwertung ihres, der Antragstellerin, Angebots wegen des Ruhestroms an der Batterie sei nicht gerechtfertigt. Derweil habe das Angebot der Beigeladenen weiter abgewertet werden müssen. Dieser fehle es auch an der Eignung, sie unterhalte kein produktbezogenes Qualitätssicherungssystem, ihr Qualitätsmanagementzertifikat sei nicht mehr gültig, die Beigeladene könne den geforderten Prüfablaufplan nicht vorlegen, erfülle die Anforderung D 1. des Leistungsverzeichnisses nicht und unterhalte kein flächendeckendes Service-Netz. In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin ihre Rügen der unterbliebenen Losaufteilung, des ungewöhnlichen Wagnisses des Rahmenvertrages sowie der Einschränkungen für konzernverbundene Unternehmen fallen gelassen.
22Mit Beschluss vom 19.08.2016 hat die Vergabekammer der Antragsgegnerin im laufenden Vergabeverfahren untersagt, einen Zuschlag zu erteilen und ihr bei fortdauernder Beschaffungsabsicht aufgegeben, das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückzuversetzen, die Vergabeunterlagen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu überarbeiten und den interessierten Unternehmen Gelegenheit zu geben, auf der Basis überarbeiteter Vergabeunterlagen erneut Angebote abzugeben. Zur Begründung hat die Vergabekammer im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe ihrer Rügeobliegenheit Genüge getan und sei insbesondere mit ihrem Einwand mangelnder Transparenz des Bewertungssystems nicht präkludiert. Der Antragstellerin könne insoweit weder positive Kenntnis noch eine Erkennbarkeit des Vergaberechtsverstoßes vorgehalten werden. Das Bewertungssystem der Antragsgegnerin sei auch mangels ausreichender Transparenz vergaberechtswidrig. Es lasse nicht zu, im Vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad die Angebote bei den technischen Anforderungen aufweisen müssten, um mit den festgelegten Punktwerten bewertet zu werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass sich dies zulasten der Antragstellerin nicht ausgewirkt habe. Aufgrund der Zurücksetzungsbedürftigkeit des Vergabeverfahrens schon infolge des Transparenzmangels könnten etwaige weitere Vergaberechtsverstöße dahinstehen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsbegründung wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung des Beschlusses (Anlage Bf1) verwiesen.
23Der Beschluss der Vergabekammer ist der Beigeladenen am 31.08.2016 zugestellt worden. Mit einem am 13.09.2016 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz hat sie gegen die Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beigeladene macht geltend, dass die Antragstellerin mit ihrer Rüge fehlender Transparenz des Wertungssystems nach § 107 Abs. 3 GWB a.F. präkludiert sei. Das Wertungssystem sei im Übrigen auch ausreichend transparent. Die Anforderungen der Vergabekammer seien überzogen und stünden auch nicht im Einklang mit der Entscheidung des EuGH vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso). Im Übrigen habe die Antragstellerin wegen Nichterfüllung der Anforderungen zum Merkmal B 4.9 der Leistungsbeschreibung von der Wertung ausgeschlossen werden müssen.
24Die Beigeladene beantragt,
25den Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 31.08.2016, VK 2-79/16 aufzuheben, den Nachprüfungsantrag abzulehnen und der Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.
26Die Antragstellerin beantragt,
27die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
28Die Antragstellerin verteidigt die Entscheidung der Vergabekammer als richtig. Sie, die Antragstellerin, habe ihrer Rügeobliegenheit genügt und sei mit ihrem Vorbringen zur mangelnden Transparenz des Wertungssystems nicht präkludiert. Im Übrigen sei es auch zu weiteren Fehlern im Vergabeverfahren gekommen: Eine Losaufteilung sei unterblieben. Die Formulierungen im Leistungsverzeichnis seien vielfach zu unbestimmt. Die Einschränkungen für Angebote konzernverbundener Unternehmen seien vergaberechtswidrig. Die Beigeladene unterhalte kein produktbezogenes Qualitätssicherungssystem und ihr Qualitätsmanagementzertifikat sei nicht mehr gültig. Die Beigeladene habe keinen Prüfablaufplan vorgelegt, sie könne keine uneingeschränkte Ersatzteilversorgung über 15 Jahre sicherstellen und unterhalte kein flächendeckendes Service-Netz.
29Wegen des weiteren Vortrags der Verfahrensbeteiligten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 03.02.2017 weiter zur Sache vorgetragen.
30II.
31Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen ist zulässig und begründet.
321.
33Auf das Vergabeverfahren findet gemäß § 186 Abs. 2 GWB n.F. das bis zum 17.04.2016 einschließlich geltende Vergaberecht Anwendung. Nach § 186 Abs. 2 GWB n.F. werden Vergabeverfahren, die vor diesem Datum begonnen haben, nach dem Recht zu Ende geführt, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt. Das ist hier das Ende 2015 geltende Vergaberecht. Seinerzeit ist das Vergabeverfahren mit der europaweiten Ausschreibung eingeleitet worden. Eine erneute Ausschreibung und damit ein gänzlich neues Vergabeverfahren, das an die Stelle des alten getreten ist, hat es im vorliegenden Fall nicht gegeben. Im Anschluss an das erste Nachprüfungsverfahren ist das im Jahr 2015 eingeleitete Vergabeverfahren lediglich zurückgesetzt und damit fortgeführt worden.
342.
35Entgegen der Annahme der Vergabekammer muss das Vergabeverfahren nicht in den Stand vor Versendung der Vergabeunterlagen zurückversetzt werden. Vielmehr kann die Antragsgegnerin den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen. Es spricht zwar einiges dafür, dass die Wertungsentscheidung der Antragsgegnerin nicht frei von Fehlern war und damit den Anspruch der Antragstellerin auf Einhaltung der Bestimmungen des Vergabeverfahrens gemäß § 97 Abs. 7 GWB a.F. verletzte. Der mögliche Wertungsfehler der Antragsgegnerin bleibt jedoch im Ergebnis ohne Auswirkungen auf die Wertungsreihenfolge der Angebote. Auch ohne den möglichen Wertungsfehler, der der Antragsgegnerin zulasten der Antragstellerin unterlaufen sein könnte, bleibt das Angebot der Beigeladenen das wirtschaftlichste Angebot.
36a)
37Entgegen der Annahme der Vergabekammer, die hierauf die Untersagung der Zuschlagserteilung gestützt hat, war das Wertungssystem der Antragsgegnerin nicht aufgrund seiner Intransparenz vergaberechtswidrig.
38aa)
39Allerdings durfte die Vergabekammer entgegen der Ansicht der Beigeladenen über die entsprechende Rüge der Antragstellerin befinden. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war, soweit er auf diese Rüge gestützt worden ist, nicht nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 GWB a.F. unzulässig.
40(1)
41Eine positive Kenntnis des Vergaberechtsverstoßes durch die Antragstellerin im Sinne eines Erkennens gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB a.F. ist nicht feststellbar. Die Antragstellerin trägt unwiderlegt vor, zwischen dem 13.04.2016 und dem Mitteilungsschreiben der Antragsgegnerin vom 21.07.2016, also insbesondere zum Zeitpunkt der Übersendung der von der Antragsgegnerin überarbeiteten Vergabeunterlagen, nicht anwaltlich beraten gewesen zu sein. Darüber hinaus scheinen nicht einmal die Mitarbeiter der Antragsgegnerin die Ausführungen der Vergabekammer zur unzureichenden Transparenz des Wertungssystems im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.04.2016 im ersten Nachprüfungsverfahren verstanden zu haben. Anderenfalls hätten sie die Vergabeunterlagen weitergehend überarbeitet, als dies letztlich geschehen ist. Jede andere Annahme wäre lebensfremd.
42(2)
43Auch eine Erkennbarkeit des entsprechenden Vergaberechtsverstoßes anhand der überarbeiteten Vergabeunterlagen im Sinne von § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. lässt sich nicht bejahen.
44Für die Frage der Erkennbarkeit ist nach der Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit den europarechtlichen Vorgaben ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 01.06.2016 – VII-Verg 6/16, zitiert nach juris, dort Tz. 36; tendenziell ebenso OLG Naumburg, Beschluss vom 16.12.2016 – 7 Verg 6/16, zitiert nach juris). Hiernach ist auf einen durchschnittlich fachkundigen, die übliche Sorgfalt anwendenden Bieter abzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 12.03.2015 – C-538/13, zitiert nach juris, dort Tz. 55, 58). Die Erkennbarkeit muss sich auf die den Verstoß begründenden Tatsachen und auf deren rechtliche Beurteilung beziehen. Ein sorgfältig handelndes Unternehmen muss den Vergabeverstoß erkennen können, ohne besonderen Rechtsrat einholen zu müssen. Dafür müssen die Rechtsvorschriften, gegen die ggf. verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören (OLG München, Beschluss vom 22.10.2015 – Verg 5/15, zitiert nach juris, Tz. 43).
45Ob in den Fällen einer anwaltlichen Vertretung und Beratung des betroffenen Bieters ein höherer individueller Sorgfaltsmaßstab gilt, kann vorliegend dahinstehen. Dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im hier maßgeblichen Zeitpunkt der Übersendung der überarbeiteten Vergabeunterlagen für diese tätig war und sie beraten hat, steht nicht fest.
46Von einem durchschnittlichen Bieter konnte der von der Vergabekammer bejahte Transparenzverstoß ohne anwaltlichen Rat bei Anwendung üblicher Sorgfalt und bei üblichen Vergaberechtskenntnissen nicht erkannt werden. Für den Senat spricht viel dafür, dass dies schon aus der grundsätzlichen Erwägung heraus gilt, dass von einem durchschnittlichen Bieter keine Kenntnis der sich noch entwickelnden Rechtsprechung zur Transparenz von Bewertungsmaßstäben verlangt werden kann (siehe OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.06.2016 – 11 Verg 4/16, zitiert nach juris, dort Tz. 52). Die Diskussion um die Transparenzanforderungen bei Verwendung von Bewertungssystemen, die mit Notenstufen arbeiten, befindet sich noch immer sehr im Fluss (vgl. auch Senatsbeschluss vom 29.04.2015 – VII-Verg 35/14 = NZBau 2015, 440, 442). Ob gerade hieraus zulasten von Bietern abgeleitet werden kann, dass wegen der breit geführten öffentlichen Diskussion in den Bieterkreisen ein gewisses Problembewusstsein vorhanden sein muss, wie dies teilweise vertreten wird (so vom OLG Naumburg, Beschluss vom 16.12.2016 – 7 Verg 6/16, zitiert nach juris, dort Tz. 63), kann letztlich aber dahinstehen. Die Besonderheiten des Falles erlauben es, diese Streitfrage hier offen zu lassen. Die Antragsgegnerin hat ihr Benotungssystem auf die Hinweise der Vergabekammer mit erläuternden Klammerzusätzen versehen und angenommen, damit die von der Vergabekammer gerügte Intransparenz beseitigt zu haben. An die Erkennbarkeit eines etwaigen Vergaberechtsverstoßes für Bieter können in dieser besonderen Situation keine strengeren Anforderungen gestellt werden als an die Erkennbarkeit für eine erfahrene Vergabestelle. Auch ist zu berücksichtigen, dass es – soweit ersichtlich – bislang keine veröffentlichte Entscheidung eines Vergabesenats zu den Transparenzanforderungen bei Verwendung von Bewertungssystemen im Rahmen schwerpunktmäßig konstruktiver Ausschreibungen gibt, die der streitbefangenen ähneln. Soweit sich der Senat in der Vergangenheit mit sog. Schulnotensystemen befasst hat, ging es regelmäßig um Ausschreibungen mit funktionalem Schwerpunkt.
47bb)
48Gestützt auf die Rüge der Intransparenz des Wertungssystems ist der Nachprüfungsantrag jedoch nicht begründet. Das von der Antragsgegnerin im Rahmen der Qualitätsprüfung verwendete Wertungssystem, das sich an einem (verkürzten) Notensystem orientiert, begegnet im Ergebnis keinen vergaberechtlichen Bedenken.
49(1)
50Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit, insbesondere im Zusammenhang mit sog. Schulnotensystemen beziehungsweise Wertungssystemen, die an Schulnoten angelehnt sind, wiederholt entschieden, dass Bewertungsmaßstäbe intransparent sind, die es dem Bieter nicht ermöglichen, im Vorhinein zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad sein Angebot auf der Grundlage des aufgestellten Kriterienkatalogs oder konkreter Kriterien aufweisen muss, um mit den in einem Bewertungsschema festgelegten Punktwerten bewertet zu werden (Senatsbeschluss vom 29.04.2015 – VII-Verg 35/14 = NZBau 2015, 440, 445; Senatsbeschluss vom 21.10.2015 – VII-Verg 28/14, zitiert nach juris, dort Tz. 75; Senatsbeschluss vom 16.12.2015 – VII-Verg 25/15, zitiert nach juris, dort Tz. 40; Senatsbeschluss vom 01.06.2016 – VII-Verg 6/16, zitiert nach juris, dort Tz. 92). Der Senat hat insofern gefordert, dass die Anwendung eines Bewertungsmaßstabs nicht einem ungebundenen, völlig freien Ermessen des Auftraggebers überantwortet werden dürfe, weil dies objektiv willkürliche Bewertungen gestatten und die Gefahr von Manipulationen erzeugen würde (Senatsbeschluss vom 16.12.2015 – VII-Verg 25/15, zitiert nach juris, dort Tz. 44; Senatsbeschluss vom 02.11.2016 – VII-Verg 25/16, zitiert nach juris, dort Tz. 43). Er hat infolgedessen bei funktionalen Ausschreibungen sog. reine Schulnotensysteme aufgrund völliger Unbestimmtheit und Intransparenz der Bewertungsmaßstäbe als vergaberechtswidrig bewertet (Senatsbeschluss vom 02.11.2016 – VII-Verg 25/16, zitiert nach juris, dort Tz. 43 = NZBau 2017, 116, 117). Nur dann, wenn diese Systeme eine Aufgliederung erfahren, durch die Anhaltspunkte gegeben werden, an denen Bieter den geforderten Erfüllungsgrad erkennen können sowie, worauf es dem Auftraggeber ankommt, ist der Bewertungsmaßstab vom Senat als hinreichend aussagekräftig und bestimmt angesehen worden (Senatsbeschluss vom 02.11.2016 – VII-Verg 25/16, zitiert nach juris, dort Tz. 44 = NZBau 2017, 116, 117).
51Diese Senatsrechtsprechung, auf die sich die Antragstellerin beruft und mit der die Vergabekammer ihre Entscheidung im Wesentlichen begründet hat, hatte ihren Ausgangspunkt in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.02.2008 – C-532/06 (Lianakis). In dieser hatte der Gerichtshof gefordert, dass alle Kriterien, die vom Auftraggeber bei der Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots berücksichtigt werden, sowie ihre relative Bedeutung den potenziellen Bietern zum Zeitpunkt der Vorbereitung der Angebote bekannt sein müssen. Aus dieser Entscheidung hat der Senat seinerzeit gefolgert, dass Auftraggeber eine von ihnen entwickelte detaillierte Bewertungsmatrix, die Unterkriterien und Gewichtungskoeffizienten enthält, den Bietern in der Regel vorab bekanntzugeben haben, damit diese ihre Angebote darauf ausrichten können (Senatsbeschluss vom 09.04.2008 – VII-Verg 2/08, zitiert nach juris). Hieran hat sich eine inzwischen längere Reihe von Entscheidungen zur Transparenz des Bewertungsmaßstabs bei Verwendung sog. Schulnotensysteme angeschlossen, zuletzt der Beschluss vom 02.11.2016 – VII-Verg 25/16. Während die Frage des Verhältnisses dieser Rechtsprechung zu den europarechtlichen Vorgaben in der letztgenannten Entscheidung nicht geklärt werden musste, weil das dort streitgegenständliche Bewertungssystem auf der Grundlage bisheriger Senatsrechtsprechung nicht zu beanstanden war, ist die Frage nunmehr zu beantworten. Der Senat beantwortet sie für das bis zum 17.04.2016 einschließlich geltende Vergaberecht, das in Umsetzung der Richtlinie 2004/18/EG erlassen worden ist, mit einer Präzisierung seiner Rechtsprechung, und zwar auch nach Maßgabe der Ausführungen im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso).
52(2)
53Der Europäische Gerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso) zur Auslegung von Art. 53 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG mit der Bekanntgabe von Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung befasst und insoweit die in seiner Entscheidung vom 14.02.2008 – C-532/06 (Lianakis) aufgestellten Grundsätze bestätigt. Darin erschöpft sich die jüngere Entscheidung jedoch nicht. Von der Frage der Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung hat der Gerichtshof diejenige der Bekanntgabe der Bewertungsmethode unterschieden. Zwar dürfe eine Bewertungsmethode – im dortigen Fall ging es um eine Qualitätseinstufung als hoch, ausreichend oder niedrig – grundsätzlich nicht erst nach Öffnung der Angebote durch den öffentlichen Auftraggeber festgelegt werden. Allerdings begründe weder Art. 53 Abs. 2 noch eine andere Vorschrift der Richtlinie 2004/18/EG eine Pflicht zulasten des öffentlichen Auftraggebers, den potenziellen Bietern durch Veröffentlichung in der Bekanntmachung oder den Verdingungsunterlagen die Bewertungsmethode zur Kenntnis zu bringen, anhand derer er eine konkrete Bewertung der Angebote hinsichtlich der zuvor in den Auftragsdokumenten festgelegten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung vornimmt und eine Rangfolge für sie erstellt. Eine solche Pflicht ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs.
54Da sich nicht feststellen lässt, dass der die Richtlinie 2004/18/EG umsetzende deutsche Gesetzgeber über die Transparenzanforderungen des europäischen Rechts hinausgehen wollte (vgl. Höfler, NZBau 2010, 73, 75 ff.), hat dies auch Folgen für die Bewertung von sog. Schulnoten- und ähnlichen Bewertungssystemen am Maßstab des gesetzlich in § 97 Abs. 1 GWB a.F. geregelten Transparenzgrundsatzes. Bei solchen Bewertungssystemen handelt es sich letztlich um Bewertungsmethoden im Sinne des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso).
55Infolge dieser Entscheidung, wonach der Gegenstand öffentlicher Aufträge sowie die Kriterien für ihre Vergabe vom Beginn des Vergabeverfahrens an klar bestimmt sein müssen, ist aus der Perspektive der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung das Hauptaugenmerk auch im deutschen Recht auf die Leistungsbeschreibung sowie die Formulierung und Bekanntgabe der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung zu legen. Auf der Grundlage einer den vergaberechtlichen Anforderungen genügenden Leistungsbeschreibung müssen die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung so gefasst sein, dass die Bieter erkennen können, was der Auftraggeber von ihnen erwartet. Dies gilt insbesondere bei funktionalen Ausschreibungen, bei denen der öffentliche Auftraggeber – wie der Senat wiederholt entschieden hat und woran er festhält – die auf die Formulierung der Leistungsbeschreibung und der Zuschlagskriterien einschließlich ggf. notwendiger Unterkriterien und ihrer Gewichtung zu verwendende Aufmerksamkeit nicht durch die Verwendung eines reinen Schulnotensystems ersetzen kann (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 02.11.2016 – VII-Verg 25/16, zitiert nach juris, dort Tz. 43 = NZBau 2017, 116, 117).
56Daraus, dass der Europäische Gerichtshof eine Bekanntgabe der Bewertungsmethode nicht verlangt, ergibt sich darüber hinaus, dass es dem Bieter auch nach dem auf der Richtlinie 2004/18/EG beruhenden nationalen Recht nicht im Vorhinein möglich sein muss, zu erkennen, welchen bestimmten Erfüllungsgrad sein Angebot auf der Grundlage der Zuschlagskriterien erreichen muss, um mit einer bestimmten Notenstufe oder Punktzahl eines Notensystems bewertet zu werden. Eine solche Bestimmungsmöglichkeit würde eine europarechtlich und damit auch nach § 97 Abs. 1 GWB a.F. nicht geforderte Bekanntgabe der Bewertungsmethode voraussetzen. Soweit bisherige Entscheidungen des Senats abweichend hiervon dahin verstanden worden sind oder zu verstehen gewesen sein sollten, der Senat fordere eine solche Bestimmungsmöglichkeit ex ante, hält er hieran nicht fest.
57Dies gilt auch für den hier zu entscheidenden Fall, dass eine Bewertungsmethode nicht nur vor Öffnung der Angebote festgelegt, sondern den Bietern darüber hinaus auch bekanntgegeben worden ist. Auch für diesen Fall enthalten zur Überzeugung des Senats weder das europäische noch das deutsche Recht Vorgaben, welche verlangen, dass es den Bietern möglich sein muss, im Vorhinein zu bestimmen, welchen genauen Erfüllungsgrad ihre Angebote auf der Grundlage des aufgestellten Kriterienkatalogs oder konkreter Kriterien aufweisen müssen, um mit den in dem mitgeteilten Bewertungsschema festgelegten Noten oder Punktwerten bewertet zu werden.
58Der Senat übersieht nicht, dass der Europäische Gerichtshof diese konkrete Frage in seinem Urteil vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso) nicht zu beantworten hatte. Der Senat hält es allerdings nach dem Inhalt dieser Entscheidung für ausgeschlossen, dass der Gerichtshof die Rechtsfrage anders als im vorstehenden Sinn beantworten würde. Eine andere als die vom Senat hier gefundene Auslegung des Transparenzgrundsatzes würde sich nur schwerlich in den vom Gerichtshof mit seinen Äußerungen zur Bewertungsmethode gezogenen Rechtsrahmen einordnen lassen. Die insoweit richtige Anwendung des Unionsrechts ist für den Senat nach diesem Urteil derart offenkundig, dass für vernünftige Zweifel kein Raum bleibt (vgl. EuGH, EuZW 2016, 111, 114).
59(3)
60Für den hier gegebenen Fall einer vorherigen Bekanntgabe einer Bewertungsmethode wird im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2016 aus dem Transparenzgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB a.F. allerdings abgeleitet werden können, dass die Bekanntgabe der Bewertungsmethode nicht zu einer Irreführung der Bieter führen darf. Die Leistungsbeschreibung, die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung müssen in einem solchen Fall hinreichend klar bleiben (vgl. auch EuGH, Urteil vom 12.03.2015 – C-538/13, zitiert nach juris, dort Tz. 53). Bleibt die Bekanntgabe der Bewertungsmethode hierauf ohne Einfluss, ist die Bewertungsmethode unter diesem Gesichtspunkt vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
61Im Ergebnis ist hier Letzteres der Fall. Auch die Vergabekammer und die Verfahrensbeteiligten gehen nicht von einer Irreführung durch die Bekanntgabe der zu vergebenden Wertungspunkte anhand der von der Antragsgegnerin gewählten Bewertungsskala sowie der weiteren Beschreibung der Notenstufen in den Klammerzusätzen aus. Die Kritik der Antragstellerin wie auch der Vergabekammer entzündet sich vielmehr allein daran, dass das Bewertungsschema den Bietern nicht erlaubt, im Vorhinein zuverlässig zu bestimmen, welchen Erfüllungsgrad die Angebote auf der Grundlage des aufgestellten Kriterienkatalogs aufweisen müssen, um mit den in dem Bewertungsschema festgelegten Punktwerten bewertet zu werden. Das ist zwar richtig, aber solches muss den Bietern nach dem Vorstehenden auch nicht ermöglicht werden. Das stellt sie nicht schutzlos und setzt sie, wenn die Leistungsbeschreibung und die Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung hinreichend klar und bestimmt sind, so dass sie erkennen können, was von ihnen verlangt wird, nicht der Willkür aus. Lediglich hinsichtlich der Anwendung der Bewertungsmethode sind sie auf die Transparenz der individuellen Wertungsentscheidung ex post verwiesen. Die Wertungsentscheidung muss den an sie zu stellenden vergaberechtlichen Anforderungen genügen. Dazu gehört, dass das vorgeschriebene Verfahren für die Bewertung eingehalten und der Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt wird sowie die von der Vergabestelle selbst aufgestellten Vorgaben beachtet und keine sachwidrigen und gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßenden Erwägungen angestellt werden.
62(4)
63Gegen die von der Antragsgegnerin gewählte Bewertungsmethode, die Vergabe von Punkten anhand einer Bewertungsskala von „ohne Mängel“ bis „nicht akzeptabel“, bestehen hiernach für sich betrachtet keine vergaberechtlichen Bedenken. Die konkrete Ausgestaltung der Bewertungsmethode ist dem öffentlichen Auftraggeber überlassen, der insoweit über einen gewissen Freiraum verfügt (vgl. EuGH, Urteil vom 14.07.2016 – C-6/15, zitiert nach juris, Tz. 29; siehe auch Senatsbeschluss vom 27.05.2015 – VII-Verg 2/15, zitiert nach juris, dort Tz. 39). Soweit dieser Freiraum nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dadurch begrenzt wird, dass die gewählte Bewertungsmethode nicht dazu führen darf, dass sie eine Veränderung der bekanntgemachten Gewichtung der einzelnen Zuschlagskriterien bewirkt, wird dies im vorliegenden Fall nicht relevant. Eine entsprechende Fallkonstellation liegt hier nicht vor.
64b)
65Die Entscheidung der Vergabekammer kann auch nicht gestützt auf eine der weiteren von der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren erhobenen Rügen Bestand haben. Insoweit ist der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zum Teil schon unzulässig und zum Teil unbegründet. Für die von der Vergabekammer gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 GWB a.F. teilweise von Amts wegen getroffenen Anordnungen zur Durchführung eines rechtmäßigen Vergabeverfahrens verbleibt infolgedessen kein Raum (vgl. Senatsbeschluss vom 15.06.2005 – VII-Verg 5/05, zitiert nach juris, dort Tz. 19).
66aa)
67Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie die Antragstellerin sinngemäß rügt, der Antragsgegnerin bei Anwendung ihrer Bewertungsmethode ein individueller Wertungsfehler unterlaufen ist, indem sie der Antragstellerin im ersten Anforderungsblock einen Punkt abgezogen hat, weil der Ruhestrom an der Batterie der von ihr angebotenen Fahrzeuge mit 630 mA größer war als die geforderten maximal 500 mA. Manches spricht dafür, in diesem Punktabzug wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einen individuellen Wertungsfehler zu sehen. Letztlich kann die Frage aber dahinstehen. Die Antragstellerin vermag hieraus im Ergebnis nichts für sich herzuleiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, von der abzuweichen kein Anlass besteht, ist ein Nachprüfungsantrag unbegründet, wenn auszuschließen ist, dass es durch einen Verstoß gegen Vergabevorschriften zu einer Beeinträchtigung der Auftragschancen des Antragstellers gekommen ist (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 28.01.2015 – VII-Verg 31/14, vom 17.07.2013 – VII-Verg 10/13 und vom 15.06.2010 – VII-Verg 10/10, jeweils zitiert nach juris). So verhält es sich hier.
68Selbst wenn die Antragstellerin für den ersten Anforderungsblock die volle Punktzahl von 5 Punkten erhalten hätte, hätte dies am Wertungsergebnis insgesamt nichts geändert. Auch ohne jeglichen Punktabzug bei der Bewertung des Nutzwerts liegt das Angebot der Antragstellerin immer noch hinter demjenigen der Beigeladenen, das wegen des angebotenen günstigeren Fahrzeugpreises auch dann noch die höhere Kennzahl Z aufweist.
69bb)
70Dem Vorstehenden kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sich anderes aus einer fehlerhaft unterbliebenen weiteren Abwertung des Angebots der Beigeladenen ergeben würde. Für einen entsprechenden Wertungsfehler ist nichts ersichtlich.
71Die Beigeladene musste bei der Angebotswertung durch die Antragsgegnerin eine Abwertung um einen Punkt im sechsten Anforderungsblock hinnehmen, da sie das dort geforderte Service-Netz gemäß Gliederungspunkt D 2. der Leistungsbeschreibung nicht dargestellt hatte. Dies lässt für sich genommen keinen Bewertungsfehler erkennen.
72Weitere Mängel, die zu einer Abwertung des Nutzwerts des Angebots der Beigeladenen hätten führen müssen, sind weder aus dem Vermerk über die Vergabeentscheidung noch sonst ersichtlich. Zwar vermerkte die Antragsgegnerin, dass die Beigeladene nicht höhenverstellbare integrierte Kopfstützen anstelle möglichst höhenverstellbarer Kopfstützen angeboten habe und dass von ihr keine Feuerwehrhelmhalter angeboten worden seien. Insoweit innerhalb des gewählten Bewertungssystems von Punktabzügen abzusehen, wie es die Antragsgegnerin getan hat, ist jedoch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. In der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes liegt keine sachwidrige, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßende Erwägung. Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt darin nicht. Die Antragsgegnerin hat ausweislich der Dokumentation der Vergabeentscheidung Punktabzüge bei keinem Bieter auf derartige Abweichungen vom Leistungsverzeichnis gestützt. Die Antragstellerin bot ausweislich des besagten Vermerks ebenfalls nur nicht höhenverstellbare integrierte Kopfstützen an, ohne dass sie insoweit einen Punktabzug hat hinnehmen müssen.
73cc)
74Die Antragstellerin kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, die Beigeladene habe ein unangemessen niedriges Angebot abgegeben, welches die Antragsgegnerin gemäß § 19 EG Abs. 6 VOL/A a.F. näher habe aufklären müssen. Insoweit ist der Nachprüfungsantrag unbegründet. Aus der Differenz der angebotenen Fahrzeugpreise ergeben sich hier schon keine Anhaltspunkte dafür, dass das Angebot der Beigeladenen nicht auskömmlich sein könnte. Dafür ist die Preisdifferenz zwischen den Angeboten nicht groß genug. Keine der in der Rechtsprechung erörterten Aufgreifschwellen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 31.01.2017 – X ZB 10/16, zitiert nach juris) wird hier erreicht.
75dd)
76Soweit die Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren zunächst die Unzumutbarkeit der Kalkulation des ausgeschriebenen Rahmenvertrages gerügt hat, ist hierüber im Beschwerdeverfahren nicht mehr zu befinden. Die Antragstellerin hat diese Beanstandung in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer ausdrücklich fallen gelassen (vgl. S. 9 des Beschlusses der Vergabekammer). Im Beschwerdeverfahren greift sie diese Rüge – im Unterschied zur Rüge der unterbliebenen Losaufteilung – nicht wieder auf. Insofern bedarf es keiner Prüfung, ob die Antragstellerin mit dieser Rüge nicht nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. ausgeschlossen und ihr Nachprüfungsantrag insoweit teilweise unzulässig wäre. Dafür spricht hier vieles. Zweifelsfrei wäre die Rüge unzumutbarer Ausschreibungsbedingungen jedenfalls unbegründet. Die VOL/A in der hier maßgeblichen Fassung kennt das frühere Verbot der Überbürdung ungewöhnlicher Wagnisse nicht mehr (vgl. Senatsbeschluss vom 21.10.2015 – VII-Verg 28/14, zitiert nach juris, dort Tz. 14). Soweit losgelöst hiervon ein Verbot unzumutbarer Ausschreibungsbedingungen anzuerkennen ist, ist ein Verstoß hiergegen nicht erkennbar. Die Vergabeunterlagen enthielten mit der Leistungsbeschreibung, der Angabe der Bestellmenge nebst ihrer optionalen Erweiterung sowie den zeitlichen Vorgaben ausreichende kalkulatorische Anknüpfungspunkte für eine Angebotsabgabe. An einer solchen haben sich im Übrigen nicht nur alle anderen Bieter, sondern auch die Antragstellerin selbst in zwei Durchläufen nicht gehindert gesehen.
77ee)
78Nicht mehr zu befinden hat der Senat auch über die im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer noch streitgegenständliche Rüge fehlender Vergleichbarkeit der Angebote wegen der im Vertragsentwurf vorgesehenen Möglichkeit zur Anpassung des Lieferplans nach Abnahme des Musterfahrzeugs. Wie sich aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt, hält sie an dieser Rüge nicht mehr fest. Sie hat sie konkludent fallen gelassen. Nachdem die Vergabekammer diese Rüge im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen hat (vgl. S. 21 des Beschlusses der Vergabekammer), hat die Antragstellerin sie im Beschwerdeverfahren – im Unterschied zu der zwischenzeitlich fallen gelassenen Rüge der unterbliebenen Losaufteilung – an keiner Stelle wieder aufgegriffen. Insofern bedarf es auch diesbezüglich keiner Prüfung, ob die Antragstellerin mit dieser Rüge nicht nach § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. ausgeschlossen und ihr Nachprüfungsantrag insoweit teilweise unzulässig wäre. Dafür spricht hier ebenfalls vieles. Zweifelsfrei wäre die Rüge aus den zutreffenden Gründen der Entscheidung der Vergabekammer jedenfalls unbegründet. Die Vergleichbarkeit der Angebote leidet, wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, nicht darunter, dass alle Bieter nach Vertragsschluss und Abnahme des Musterfahrzeugs die Möglichkeit zur Anpassung des Lieferplans erhalten.
79ff)
80Im Umfang der von der Antragstellerin in der Beschwerdeinstanz ausdrücklich wieder aufgegriffenen Rüge unterbliebener Losaufteilung ist der Nachprüfungsantrag unzulässig. Die Antragstellerin hat den aus ihrer Sicht insoweit vorliegenden Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht binnen der in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. vorgesehenen Frist gerügt. Ob dies, wofür vieles spricht, schon deshalb gilt, weil eine zwischenzeitlich fallen gelassene Rüge als Rügerücknahme auszulegen ist, die wegen der nach § 107 Abs. 3 GWB a.F. zu beachtenden Fristen nicht beliebig umkehrbar ist (vgl. Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl., § 160 GWB Rn. 174), kann hier dahinstehen. Schon die ursprünglich erhobene Rüge ist nicht binnen der Frist des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. erhoben worden mit der Folge, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin, soweit er sich hierauf stützt, unzulässig ist.
81Wie oben bereits ausgeführt, ist für die Frage der Erkennbarkeit im Rahmen des § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. auf die Erkenntnismöglichkeiten des durchschnittlich fachkundigen, die übliche Sorgfalt anwendenden Bieters abzustellen. Hiernach konnte die Antragstellerin erkennen, dass bei den ausgeschriebenen Gerätekraftwagen eine Aufteilung in Teillose einerseits und Fachlose unterteilt in Fahrzeug bzw. Chassis und Kofferaufbau andererseits in Betracht kommt, von der Antragsgegnerin aber möglicherweise ohne ausreichende Rechtfertigung nicht vorgesehen war. Ein durchschnittlich fachkundiger Bieter kennt das in § 97 Abs. 3 Satz 2 GWB a.F. enthaltene Gebot zur losweisen Vergabe (OLG Celle, Beschluss vom 08.09.2011 – 13 Verg 4/11, zitiert nach juris, dort Tz. 41). Überdies kommt gerade die letztgenannte Aufteilung in Fachlose in der Praxis des relevanten Fahrzeugmarkts häufig vor. Auch der Gesichtspunkt, der hier für einen Verzicht auf eine losweise Vergabe sprechen und ihn nach § 97 Abs. 3 Satz 3 GWB a.F. eventuell rechtfertigen konnte, nämlich – wie im Vergabevermerk festgehalten – der Wunsch nach größtmöglicher Einheitlichkeit für den Dienst-, Ausbildungs- und Instandhaltungsbetrieb der Fahrzeuge durch identische Baumerkmale, war für einen durchschnittlich fachkundiger Bieter selbst ohne Kenntnis des Vergabevermerks offensichtlich. Gleiches gilt für den Umstand, dass dieser Aspekt als tragfähiger Grund für einen Verzicht auf die Bildung von Fachlosen zweifelhaft sein könnte. Auf die Streitfrage, ob die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes bei unterbliebener Losaufteilung auch die Erkennbarkeit der unzureichenden Rechtfertigung nach § 97 Abs. 3 Satz 3 GWB a.F. voraussetzt (vgl. Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl., § 160 GWB Rn. 277.1), kommt es daher nicht an.
82gg)
83Gleichfalls unzulässig ist der Nachprüfungsantrag, soweit er sich gegen einige aus Sicht der Antragstellerin zu unbestimmte Formulierungen im Leistungsverzeichnis wendet. Die Antragstellerin hat auch diesen aus ihrer Sicht vorliegenden Verstoß gegen Vergabevorschriften nicht binnen der in § 107 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB a.F. vorgesehenen Frist gerügt. Ein durchschnittlich fachkundiger, die übliche Sorgfalt anwendender Bieter konnte etwaige zu unbestimmte Formulierungen im Leistungsverzeichnis der vorliegend überwiegend konstruktiven Ausschreibung unschwer erkennen. Ein solcher Bieter kennt auch das Erfordernis ausreichender Bestimmtheit der ausgeschriebenen Leistung nach § 8 EG Abs. 1 VOL/A a.F. Entsprechende Mängel hätten die Erstellung seines Angebots zudem erschwert oder unmöglich gemacht.
84Angesichts dessen kann dahinstehen, ob der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hier sogar schon mangels Antragsbefugnis unzulässig ist. So wird angenommen, dass einem Bieter aus der Fehlerhaftigkeit eines Leistungsverzeichnisses kein Schaden entstanden sein kann und ihm deshalb die Antragsbefugnis fehlt, wenn er – wie hier – trotz des vermeintlichen Verstoßes in der Lage war, ein ordnungsgemäßes Angebot abzugeben (vgl. Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl., § 160 GWB Rn. 112).
85Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass er die Auffassung der Vergabekammer, Ausschluss- und Bewertungskriterien seien im Leistungsverzeichnis nicht hinreichend klar voneinander unterschieden, nicht teilt. Unter Zugrundelegung der allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB ist insoweit der objektive Empfängerhorizont eines in der Branche tätigen Bieters maßgeblich, der mit solchen Ausschreibungen vertraut ist. Einem solchen Bieter gab der für ein Ausschlusskriterium stehende Klammerzusatz „(A)“ einen hinreichenden Anhaltspunkt für das zutreffende Verständnis der Leistungsbeschreibung.
86hh)
87Die Rüge, welche die Antragstellerin gegen die unter Ziffer 1.4 der überarbeiteten Bewerbungsbedingungen erstmals enthaltene Regelung zum Angebotsausschluss von Angeboten von Konzerntöchtern erhoben hat, verhilft ihrem Nachprüfungsantrag ebenfalls nicht zum Erfolg. Ein Erfolg scheitert daran, dass es – wie schon ausgeführt – durch einen etwaigen Verstoß gegen Vergabevorschriften zu einer Beeinträchtigung der Auftragschancen des Antragstellers gekommen sein muss (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 17.07.2013 – VII-Verg 10/13 und vom 15.06.2010 – VII-Verg 10/10, jeweils zitiert nach juris). Dies ist hier jedoch auszuschließen. Das Angebot der Antragstellerin ist gestützt auf die Klausel nicht ausgeschlossen worden. Auch für einen sonstigen Einfluss auf das Angebot der Antragstellerin gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Es ist sogar weitergehend weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass die Klausel in dem Vergabeverfahren überhaupt irgendeine Wirkung hatte.
88ii)
89Soweit die Antragstellerin pauschal die Eignung der Beigeladenen rügt, ist diese Rüge unbegründet. Sie verhilft dem Nachprüfungsantrag nicht zum Erfolg. Der von der Antragstellerin zur fehlenden Eignung der Beigeladenen gehaltene Vortrag ist unbeachtlich. Er stützt sich nicht, was aber notwendig wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06; Senatsbeschluss vom 17.07.2013 – VII-Verg 10/13, jeweils zitiert nach juris), auf einen begründeten Verdacht. Das Vorbringen beruht allein auf einer ins Blaue hinein aufgestellten Behauptung.
90jj)
91Die Rüge der Antragstellerin, die Beigeladene unterhalte kein produktbezogenes Qualitätssicherungssystem, wie vom Leistungsverzeichnis verlangt, geht fehl. Der Nachprüfungsantrag ist, soweit er hierauf gestützt wird, unbegründet. Nach Gliederungspunkt C 1. des Leistungsverzeichnisses wurde von den Bietern ein produktbezogenes Qualitätssicherungssystem erwartet. Die damit verbundenen Erwartungen wurden im Leistungsverzeichnis näher beschrieben. Dass die Beigeladene diese Erwartungen entgegen ihrer Angabe im Angebot nicht wird erfüllen können, lässt sich nicht feststellen. Die Antragstellerin erwähnt selbst die Eigendarstellung der Beigeladenen, wonach deren Arbeitsabläufe nach DIN ISO 9001:2008 zertifiziert sind und eine herausragende Qualität ihrer Produkte garantieren. Nicht richtig ist die Darstellung der Antragstellerin, wonach die Beigeladene kein gültiges Qualitätsmanagementzertifikat vorlegen könne. Tatsächlich vermag diese ein bis zum 18.06.2019 gültiges Qualitätsmanagementzertifikat nach ISO 9001:2015 für den Bereich Herstellung von Sonderauf- und einbauten für Fahrzeuge vorzuweisen. Dass die von der Beigeladenen eingeschalteten Vorlieferanten – sie bezieht die mit Kofferaufbauten zu versehenden Lkw beispielsweise von … – keine produktbezogene Qualitätssicherung betreiben, behauptet die Antragstellerin selbst nicht.
92kk)
93Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin bleibt auch insofern erfolglos, als er auf die Rüge gestützt wird, die Beigeladene habe keinen Prüfablaufplan nach Gliederungspunkt C 2. des Leistungsverzeichnisses erstellt und vorgelegt. Diese Rüge ist unbegründet. Gleiches gilt für den Nachprüfungsantrag, soweit er sich hierauf stützt. Bereits aus dem Leistungsverzeichnis selbst ergibt sich, dass der Plan erst nach Auftragserteilung erstellt werden muss und nicht schon mit Angebotsabgabe vorgelegt werden musste.
94ll)
95Die Rüge der Antragstellerin, die Beigeladene erfülle die Anforderungen des Gliederungspunktes D 1. des Leistungsverzeichnisses – Sicherstellung einer Ersatzteilversorgung über 15 Jahre – nicht, ist nicht begründet. Dementsprechend ist dies auch der Nachprüfungsantrag nicht, soweit er sich auf diese Rüge stützt. Das Vorbringen der Antragstellerin ist unbeachtlich. Die Antragstellerin teilt keinerlei begründete Verdachtsumstände mit, auf die sie ihre Behauptung stützt. Vielmehr handelt es sich um eine willkürliche, ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung.
96mm)
97Soweit die Antragstellerin schließlich geltend macht, die Beigeladene unterhalte kein flächendeckendes Service-Netz entsprechend Gliederungspunkt D 2. des Leistungsverzeichnisses, trifft dieser Einwand zu. Dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin verhilft er gleichwohl nicht zum Erfolg. Die Antragsgegnerin hat den Umstand, dass die Beigeladene die Anforderung nach D 2. des Leistungsverzeichnisses nicht erfüllt, bei Wertung der Angebote berücksichtigt.
98nn)
99Ausreichende Anhaltspunkte für andere, ggf. von Amts wegen aufzugreifende Vergaberechtsverstöße hat der Senat hier nicht.
100III.
101Gründe für eine Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB a.F. bestehen nicht.
102Zum einen liegt mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso) nunmehr eine Entscheidung zu unionsrechtlichen Transparenzanforderungen an die vom öffentlichen Auftraggeber verwendete Bewertungsmethode vor, die im Zuge der gebotenen europarechtskonformen Anwendung nationalen Rechts auch der Bundesgerichtshof zu beachten hätte. In einem solchen Fall ist eine Divergenzvorlage nach dem Sinn und Zweck des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB a.F. überflüssig (vgl. Senatsbeschluss vom 06.02.2008 – VII-Verg 37/07, zitiert nach juris, dort Tz. 41).
103Zum anderen weicht der Senat mit der vorliegenden Entscheidung auch nicht in einer hier tragenden Erwägung von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs ab. Weder der Bundesgerichtshof noch ein anderes Oberlandesgericht haben bisher entschieden, dass es Bietern möglich sein muss, im Vorhinein zu erkennen, welchen bestimmten Erfüllungsgrad Angebote auf der Grundlage des aufgestellten Kriterienkatalogs oder konkreter Kriterien aufweisen müssen, um mit den in einem Bewertungsschema festgelegten Punktwerten bewertet zu werden. Soweit sich andere Oberlandesgerichte der Ansicht angeschlossen haben, dass für den Bieter erkennbar sein muss, auf welche Punkte der Auftraggeber Wert legt und welche Erwartungen ihn daher auch bei der Bewertung leiten (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 23.06.2016 – 11 Verg 4/16, zitiert nach juris, dort Tz. 55; OLG Celle, Urteil vom 23.02.2016 – 13 U 148/15, zitiert nach juris, dort Tz. 19; OLG Dresden, Beschluss vom 26.01.2016 – Verg 1/16, zitiert nach VERIS), entspricht dies – wie oben dargestellt – weiterhin der Rechtsprechung des Senats und wird von ihm anknüpfend an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.07.2016 – C-6/15 (Dimarso) zukünftig nur nicht mehr als eine Frage der Transparenz der Bewertungsmethode verstanden. Als primären Prüfungsgegenstand der diesbezüglichen Transparenz ex ante versteht der Senat infolge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nun vielmehr die Leistungsbeschreibung sowie die Formulierung der Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung.
104IV.
105Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78, 120 Abs. 2, 128 GWB a.F.
106Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 2 GKG; der Streitwert errechnet sich aus dem Angebot der Beigeladenen unter Berücksichtigung der in dem abzuschließenden Vertrag vorgesehenen Verlängerungsoption (vgl. BGH, Beschluss vom 18.03.2014 – X ZB 12/13, zitiert nach juris).
107Dicks, Dr. Anger, Barbian