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Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichter - vom 21.03.2016 unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Kläger teilweise abgeändert. Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Berufungsinstanz tragen der Kläger zu 1) zu 51 Prozent, der Kläger zu 2) zu 20 Prozent, der Kläger zu 3) zu 21 Prozent und die Klägerin zu 4) zu 8 Prozent.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen soweit die Ansprüche der Kläger auf Freistellung von den Verbindlichkeiten aus den Kostenrechnungen vom 15.11.2013, Rechnungs-Nr. 2…, in Höhe von weiteren 394,00 Euro, vom 22.10.2013, Rechnungs-Nr. 2…, in Höhe von weiteren 442,44 Euro, vom 22.10.2013, Rechnungs-Nr. 2…, in Höhe von weiteren 215,39 Euro sowie aus den Kostenrechnungen jeweils vom 25.04.2014, Rechnungs-Nr. 1… in Höhe von 1855,21 Euro, Rechnungs-Nr. 1… in Höhe von 828,84 Euro und Rechnungs-Nr. 1… in Höhe von 893,10 Euro abgewiesen wurden.
G r ü n d e:
2I.
3Die Kläger machen gegen die Beklagte Ansprüche aus Rechtsschutzversicherungen geltend (Anlage K1), denen als Allgemeine Versicherungsbedingungen die ARB 75 (Anlage K2) zugrunde liegen.
4Die Kläger beteiligten sich während der Versicherungsdauer in den Jahren 1991 bis 1999 an verschiedenen Gesellschaften aus dem Unternehmensverbund der sogenannten Göttinger Gruppe (Anlage K3). Nach diversen Umstrukturierungen und Verschmelzungen wurde mit Beschluss vom 14.06.2007 über das Vermögen der S. AG und mit Beschluss vom 20.06.2007 über das Vermögen der G. Gruppe Vermögens- und Finanzholding KGaA das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Kläger wandten sich bereits vor Eröffnung der Insolvenzverfahren an ihre Prozessbevollmächtigten, um ihre Interessen wegen angeblicher Pflichtverletzungen beim Vertragsabschluss aufgrund unzutreffender Beratung und Risikoaufklärung gegen die Beteiligungsgesellschaften von den Anwälten wahrnehmen zu lassen; lediglich der Kläger zu 1) mandatierte die Prozessbevollmächtigten erst am 20.07.2007 (vgl. die Vollmachten in Anlage K6). Für die Vertretung der Kläger in den Insolvenzverfahren der Anlagegesellschaften erteilte die Beklagte den Klägern zu 1), 2) und 4) im August und September 2007 Deckungsschutz; für den Kläger zu 3) erteilte der Nachversicherer R. Rechtsschutz-Versicherungs-AG am 21.09.2007 Deckungsschutz (Anlage K7). Auch für ein Vorgehen gegen Konzeptanten, Initiatoren und ehemalige Vorstände von Unternehmen der Göttinger Gruppe wegen Betruges und anderer unerlaubter Handlungen gewährte die Beklagte den Klägern, die wieder durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten wurden, Kostenschutz, wobei die entsprechenden Deckungszusagen nicht vorgelegt sind.
5Aufgrund einer rund 200 Seiten umfassenden Darstellung aus März 2011, die sich mit einer Haftung dreier ehemals für die Unternehmen der Göttinger Gruppe tätiger Wirtschaftsprüfungsunternehmen wegen Beihilfe zum Betrug und Kapitalanlagebetrug sowie wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung befasst und auf die wegen ihrer Einzelheiten verwiesen wird (Anlage K8), begehrten die Kläger zu 1) bis 3) von der Beklagten Deckungsschutz für ein Vorgehen gegen diese Wirtschaftsprüfungsunternehmen. Sie waren von ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 29.03.2011 auf die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen hingewiesen worden (Anlage K10) und unterzeichneten kurz darauf die Vollmachten in Anlage K11, während die Klägerin zu 4) die Prozessbevollmächtigten erst unter dem 21.11.2012 mandatierte (Anlage K23). Bereits zuvor erbaten die Prozessbevollmächtigten für den Kläger zu 1) und den Kläger zu 2) mit Schreiben vom 28.03.2011 (Anlage K12) bei der Beklagten zunächst Deckungsschutz für eine außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegenüber den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften; für den Kläger zu 3) wandten sich die Prozessbevollmächtigten an die R. Rechtsschutz-Versicherungs-AG (Anlage K13). Die Deckungsanfragen verwiesen auf die von den Prozessbevollmächtigten der Kläger gefertigte Stellungnahme zur Haftung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nebst Entwurf einer Klageschrift gegen die drei Konzeptanten (Anlage K9 = Anlage WP1), welche die Prozessbevollmächtigten der Kläger der Beklagten bereits mit anderer Post übersandt hatten. Die R. Rechtsschutz-Versicherungs-AG lehnte Deckungsschutz mit Schreiben vom 22.07.2011 wegen Vorvertraglichkeit ab und verwies auf Versicherungsschutz bei der Beklagten (Anlage K14), die von den Prozessbevollmächtigten des Kläger zu 3) dann mit Schreiben vom 28.09.2011 um entsprechenden Deckungsschutz gebeten wurde (Anlage K15).
6Die Beklagte reagierte auf die Deckungsschutzanfragen hinsichtlich der Kläger zu 1) und zu 2) nach mehrfacher Korrespondenz letztlich mit Schreiben vom 29.07.2011 an die Prozessbevollmächtigten und die Kläger zu 1) und zu 2) (Anlagen BLD1 und BLD2). In den an die Kläger zu 1) und zu 2) persönlich gerichteten Schreiben hieß es unter anderem:
7„Ganz wichtig: Als Ihr Vertragspartner gehört es zu unseren Pflichten, Sie von Gebührenansprüchen Ihres Anwalts freizustellen. „Freistellung“ bedeutet bei berechtigten Gebührenforderungen Zahlung an den Anwalt und bei unberechtigten Forderungen Unterstützung bei der Abwehr dieser Gebührenforderung. Deshalb unsere dringende Bitte: Informieren Sie uns sofort, wenn Ihnen die Anwaltskanzlei für die außergerichtliche Tätigkeit gegen Wirtschaftsprüfer Kosten in Rechnung stellt.“
8Hinsichtlich des Klägers zu 3) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 04.10.2011 Deckungsschutz ab, weil der Rechtsschutzfall später als zwei Jahre nach Beendigung des Rechtsschutzvertrages gemeldet worden sei (Anlage K18).
9Mit Schreiben vom 19.12.2011 (Anlage K19) leiteten die Prozessbevollmächtigten der Kläger unter anderem gegen die beiden im Klageantrag genannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ein außergerichtliches Streitschlichtungsverfahren ein. Die Schreiben gingen am 31.12.2011 bei der Schlichtungsstelle, Rechtsanwalt D. aus L., ein (Anlage K113, 114). Unter dem 19.07.2012 lud der Schlichter zur Schlichtungsverhandlung am 11.09.2012 (Anlage K20); unter dem 24.08.2012 und 06.09.2012 teilte der Schlichter die Beendigung des Schlichtungsverfahrens mit, da die Antragsgegner kein Interesse an seiner Durchführung hätten (Anlagen K21 und K22).
10Mit Schreiben vom 02., 05., 07. und 26.11.2012 (Anlage K24) setzten die Prozessbevollmächtigten der Kläger die Beklagte hierüber in Kenntnis und baten sie um Kostenschutz für das Güteverfahren sowie für das gerichtliche Verfahren 1. Instanz. In den Schreiben hieß es insoweit wörtlich:
11„[…] Wir weisen darauf hin, dass nunmehr die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche Ihres Versicherungsnehmers erforderlich und angezeigt ist. Wir bitten Sie daher um Zusage von Kostenschutz für die 1. Instanz für ein gemeinsames Klageverfahren gegen die [Wirtschaftsprüfungsunternehmen]. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten für das beabsichtigte Vorgehen verweisen wir auf die bekanntermaßen zwischenzeitlich in einer Vielzahl von Verfahren gegen die Initiatoren, Konzeptanten und ehemaligen Vorstände durch das Landgericht Göttingen erlassenen Beweisbeschlüsse sowie auf die Ihnen seit dem vergangenen Jahr […] vorliegende, umfangreiche Stellungnahme betreffend die Haftung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. Die in der Stellungnahme angeführten Unterlagen wurden Ihnen vorsorglich ebenfalls bereits vollständig zur Verfügung gestellt, sodass Ihnen seit geraumer Zeit sämtliche zur Prüfung Ihrer Eintrittspflicht erforderlichen Informationen vorliegen. Ihre Zusage von Kostenschutz erbitten wir bis zum 20.11.2012 [bzw. 19.11.2012, 21.11.2012 oder 10.12.2012] (eingehend). […]“
12Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Deckungsanfragen wird auf die bei der Akte befindlichen Ablichtungen (Anlage K24) Bezug genommen.
13Die Beklagte reagierte darauf mit Schreiben vom 08., 12. und 29.11.2012, in denen sie hinsichtlich der Deckungsanfrage für das erstinstanzliche Vorgehen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen Bezug nahm auf ihr Schreiben vom 10.05.2012 in 24 Parallelverfahren (Anlage K26) und beanstandete, dass der mit diesem Schreiben übersandte Fragenkatalog nicht beantwortet worden sei und die Prozessbevollmächtigten der Kläger aufforderte, die Fragen bis zum 15.11.2012 (bzw. entsprechenden sogleich im Einzelnen aufgeführten Daten) zu beantworten. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K25 Bezug genommen.
14Die Prozessbevollmächtigten der Kläger nahmen darauf mit Schreiben vom 14.11, 16.11 und 03.12.2012 Stellung und teilten mit, dass weitere Angaben durch die Kläger nicht vorzutragen seien (Anlage K31). Während die Beklagte dem Kläger zu 1) und der Klägerin zu 4) am 17.11. bzw. 05.12.2012 (erfolglos) Deckungsvergleiche anbot, lehnte sie mit Schreiben vom 15.11., 23.11. und 23.12.2012 Deckung für eine Klage in der ersten Instanz wegen fehlender Erfolgsaussicht aufgrund fehlender Haupttat, fehlender Beihilfehandlung und kenntnisabhängiger Verjährung, wegen daraus resultierender Mutwilligkeit sowie wegen Obliegenheitsverletzung aufgrund Nichtbeantwortung der gestellten Fragen ab. Erstmalig in diesen Schreiben wies die Beklagte hinsichtlich der erstinstanzlichen Rechtsverfolgung auf die Möglichkeit eines Stichentscheids gemäß § 17 Abs. 2 ARB 75 hin. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K33 verwiesen.
15Der zeitliche Ablauf war hinsichtlich der Kläger zu 1) bis 4) wie folgt:
161. Kläger zu 1) (K.)
17Deckungsanfrage 05.11.2012, Frist: 20.11.2012
Nachfrage Beklagte 08.11.2012, Frist: 15.11.2012
Antwort Prozessbevollmächtigte 14.11.2012
Deckungsablehnung 15.11.2012
2. Kläger zu 2) (O.)
23Deckungsanfrage 07.11.2012, Frist: 21.11.2012
Nachfrage Beklagte 12.11.2012, Frist: 23.11.2012
Antwort Prozessbevollmächtigte 16.11.2012
Deckungsablehnung 23.11.2012
3. Kläger zu 3) (G.)
29Deckungsanfrage 02.11.2012, Frist: 19.11.2012
Nachfrage Beklagte 08.11.2012, Frist: 15.11.2012
Antwort Prozessbevollmächtigte 14.11.2012
Deckungsablehnung 15.11.2012
4. Klägerin zu 4) (F.-F.)
35Deckungsanfrage 26.11.2012, Frist: 10.12.2012
Nachfrage Beklagte 29.11.2012, Frist: 12.12.2012
Antwort Prozessbevollmächtigte 03.12.2012
Deckungsablehnung 13.12.2012
Die Kläger beauftragten daraufhin ihre Prozessbevollmächtigten mit der Erstellung einer Stellungnahme im Sinne von § 17 Abs. 2 ARB 75 sowie mit der Durchsetzung eines Anspruchs auf Kostenschutz gegen die Beklagte (vgl. die Originalaufträge und Vollmachten in Anlage K34). Unter dem 20.12.2012 erstellten die Prozessbevollmächtigten für die Kläger einen Stichentscheid, der zu dem Ergebnis kam, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht habe und nicht mutwillig sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K38 verwiesen. Mit Schreiben vom 24.01.2013 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass der Stichentscheid offensichtlich erheblich von der wirklichen Sach- und Rechtslage abweiche und daher nicht bindend sei; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K39 verwiesen.
41Die Kläger haben mittlerweile – vor dem 06.03.2013 – gegen die in den Klageanträgen bezeichneten Wirtschaftsprüfungsunternehmen vor dem Landgericht Göttingen Klage erhoben (16 O 2684/13, 16 O 2759/13, 16 O 2823/13 und 16 O 2831/13). Unter dem 25.04.2014 rechneten die Prozessbevollmächtigten einen Vorschuss für ihre gerichtliche Tätigkeit ab (Anlage K104). Die Beklagte reagierte darauf mit Schreiben vom 02.05.2014 und erklärte den Klägern, sie gegebenenfalls bei gerichtlicher Inanspruchnahme durch die Prozessbevollmächtigten durch Kostenübernahme zu unterstützen (Anlage BLD16, Bl. 157 ff. GA).
42Für ihre Erstellung der Stichentscheide rechneten die Prozessbevollmächtigten unter dem 22.10.2013 bzw. 15.11.2013 jeweils eine 1,6 Geschäftsgebühr ab (Anlage K82) und forderten die Beklagte mit Schreiben vom 15.11.2013 zum Ausgleich auf (Anlage K83). Während die Abrechnung hinsichtlich des Klägers zu 1) nicht weiter streitgegenständlich ist, zahlte die Beklagte auf die Rechnungen betreffend die Kläger zu 2) bis 4) nach Maßgabe ihrer Schreiben vom 09.12.2013 lediglich eine von ihr für angemessen gehaltene 0,5 Geschäftsgebühr und erteilte den Klägern hinsichtlich der Abwehr des Differenzbetrages Kostenschutz (Anlage K85).
43Die Kläger haben in der ersten Instanz zuletzt beantragt,
441. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger zu 1) aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer … für die gerichtliche Durchsetzung in l. Instanz im Zusammenhang mit seinen Beteiligungen an der Langenbahn AG (Vertrags-Nr. …, Vertrags-Nr. … und Vertrags-Nr. …), der G. Beteiligungs-AG (Vertrags-Nr. …) und der S. AG (Vertrags-Nr. … und Vertrags-Nr. …) gegen die E. & Y. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und gegen die E. Revision und Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kostenschutz zu gewähren hat;
452. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger 2) und seiner mitversicherten Ehegattin, Frau M. O., aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer … für die gerichtliche Durchsetzung in l. Instanz im Zusammenhang mit ihren Beteiligungen an der G. Beteiligungs-AG (Vertrags-Nr. … und Vertrags-Nr. …) und an der S. AG (Vertrags-Nr. …) gegen die E. & Y. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kostenschutz zu gewähren hat;
463. festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger zu 3) aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer … für die gerichtliche Durchsetzung in l. Instanz im Zusammenhang mit seinen Beteiligungen an der G. Vermögensanlagen AG (Vertrags-Nr. …) gegen die E. & Y. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kostenschutz zu gewähren hat;
474. festzustellen, dass die Beklagten der Klägerin zu 4) aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer … für die gerichtliche Durchsetzung in l. Instanz im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der S. AG (Vertrags-Nr. …) gegen die E. & Y. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kostenschutz zu gewähren hat;
485. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu 2) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 15.11.2013, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von weiteren 394,00 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2013 freizustellen;
496. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu 3) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 22.10.2013, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von weiteren 442,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.11.2013 freizustellen;
507. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu 4) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 22.10.2013, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von weiteren 215,39 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.11.2013 freizustellen.
51Die Beklagte hat beantragt,
52die Klage abzuweisen.
53Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, ein Deckungsschutz für die Kläger zu 2) und zu 3) scheide bereits deshalb aus, weil die sie betreffenden Deckungsanfragen nach Auslaufen der Versicherungsverträge zu spät im Sinne des § 4 Abs. 4 ARB 75 gewesen seien, da die Prozessbevollmächtigten der Kläger jedenfalls seit 2007 Kenntnis von einer möglichen Haftung der Wirtschaftsprüfungsunternehmen gehabt hätten und der Rechtsschutzfall daher bereits früher hätte nachgemeldet werden können und müssen. Dies gelte jedenfalls für den Kläger zu 3), da die Deckungsanfrage zunächst an einen anderen Rechtsschutzversicherer gerichtet wurde. Ferner habe sie die Deckungsanfrage der Kläger für ein gerichtliches Vorgehen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht verspätet unter Hinweis auf die mangelnden Erfolgsaussichten abgelehnt. Eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten der von den Klägern beabsichtigten Klage auf der Grundlage der von ihren Prozessbevollmächtigten gefertigten Stellungnahme (Anlage K8) sei nicht möglich gewesen, so dass sie die Kläger zulässigerweise um weitere Informationen gebeten habe. Ihre Deckungsablehnungen seien dann auch fristgerecht gewesen, zumal sie ohnehin innerhalb der angemessenen Frist von zwei bis drei Wochen ausgesprochen worden seien. Der Einwand der fehlenden Erfolgsaussicht bzw. Mutwilligkeit sei ihr daher nicht gemäß § 128 VVG / § 158n VVG a.F. abgeschnitten. Tatsächlich sei die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Kläger auch ohne hinreichende Erfolgsaussicht, da es an einer vorsätzlichen Haupttat für eine Beihilfe der Wirtschaftsprüfungsunternehmen fehle und auch weder eine objektive Beihilfehandlung noch der subjektive Tatbestand für eine Haftung der Wirtschaftsprüfungsunternehmen dargetan worden sei. Ohnehin seien Ansprüche der Kläger kenntnisabhängig aufgrund einer Zurechnung der Kenntnis ihrer Prozessbevollmächtigten verjährt, auch seien eventuelle Ansprüche der Kläger jedenfalls kenntnisunabhängig verjährt, da die geltend gemachten Ansprüche im Schlichtungsverfahren nicht hinreichend im Sinne der Anforderungen im Urteil des BGH vom 18.06.2015 (III ZR 198/14) individualisiert gewesen seien und die Kläger bzw. deren Prozessbevollmächtigte dieses Verfahren ohnehin rechtsmissbräuchlich genutzt hätten, indem sie tausende Güteanträge bei der aus einer einzigen Person bestehenden Gütestelle eingereicht und deren Überlastung wissentlich herbeigeführt hätten, so dass auch nicht von einer „demnächstigen“ Zustellung ausgegangen werden könne. Aufgrund dessen seien auch die Stichentscheide vom 20.12.2012 nicht bindend, wobei die Beklagte im Einzelnen auf ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 24.01.2013 (Anlage K39) verweist. Angesichts der nicht bestehenden Erfolgsaussicht und des voraussichtlich erheblichen Kostenaufwands sei die Rechtsverfolgung auch mutwillig. Da die Prozessbevollmächtigten der Kläger ihre Nachfragen zur Deckungsanfrage nicht vollständig beantwortet hätten, sei sie, die Beklagte, überdies wegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei. Schließlich habe sie die Ansprüche der Kläger zu 2) bis 4) hinsichtlich der überschießenden Beträge für die Erstellung des Stichentscheids dadurch erfüllt, dass sie ihnen Kostendeckung für eine Abwehr der Gebührenansprüche der Prozessbevollmächtigten zugesagt habe.
54Das Landgericht hat nach Hinweis- und Auflagenbeschluss vom 05.03.2015 (Bl. 339 ff. GA) durch Urteil vom 21.03.2016, auf das wegen der weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird (Bl. 497 ff. GA), den Feststellungsanträgen zu 1) bis 4) stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass den Ansprüchen der Kläger zu 2) und zu 3) § 4 Abs. 4 ARB 75 nicht entgegen stehe, da sie ohne Verschulden die Frist zur Nachmeldung des Versicherungsfalls versäumt hätten. Die Beklagte sei an die Stichentscheide gebunden, da sie nicht offenbar und erheblich von der wirklichen Sach- oder Rechtslage abwichen. Es bestünden hinreichende Erfolgsaussichten entsprechend § 114 ZPO für die beabsichtigte Rechtsverfolgung, und die Ausführungen in den Stichentscheiden seien jedenfalls nicht unvertretbar. Die Bindungswirkung sei auch nicht durch das Urteil des BGH vom 18.06.2015 (III ZR 198/14) entfallen, da die tatsächliche Ausgangslage unverändert geblieben und der Stichentscheid ohnehin nur eine Prognoseentscheidung sei. Die mit den Klageanträgen zu 5) bis 7) geltend gemachten Ansprüche hätten die Kläger indes nicht mehr, da die Beklagte die Freistellungsansprüche der Kläger bereits zuvor durch Gewährung von Abwehrschutz erfüllt hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 654 ff. GA) Bezug genommen.
55Mit ihrer gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten form- und fristgerechten Berufung der Beklagten und Anschlussberufung der Kläger wiederholen und vertiefen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen.
56Die Beklagte beantragt,
57die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2016 – Az. 9 O 376/13 – insgesamt abzuweisen,
58hilfsweise
59das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2016 – Az. 9 O 376/13 – und das Verfahren gemäß § 538 Abs. 2 ZPO aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen,
60sowie
61die Anschlussberufung der Kläger zurückzuweisen
62und
63die erweiterte Klage abzuweisen.
64Die Kläger beantragen,
651. die Berufung der Beklagten vom 31.03.2016 gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2016 – Az. 9 O 376/13 – kostenpflichtig zurückzuweisen;
662. die Beklagte auf die Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2016 - 9 O 376/13 - zu verurteilen, den Kläger zu 2) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 15.11.2013, Rechnungs-Nr. …., in Höhe von weiteren 394,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.11.2013 freizustellen;
673. die Beklagte auf die Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2016 - 9 O 376/13 - zu verurteilen, den Kläger zu 3) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 22.10.2013, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von weiteren 442,44 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.11.2013 freizustellen;
684. die Beklagte auf die Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 21.03.2016 - 9 O 376/13 - zu verurteilen, die Klägerin zu 4) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 22.10.2013, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von weiteren 215,39 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.11.2013 freizustellen;
695. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu 1) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 25.04.2014, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von 1855,21 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2013 freizustellen;
706. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu 2) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 25.04.2014, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von 828,84 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2013 freizustellen;
717. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu 3) von der Verbindlichkeit aus der Kostenrechnung der Kanzlei M. B. D. vom 25.04.2014, Rechnungs-Nr. …, in Höhe von 893,10 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.11.2013 freizustellen.
72Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
73II.
74Die Berufung der Beklagten ist begründet, während die Anschlussberufung der Kläger sowie ihre erweiterte Klage unbegründet ist.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kostenschutz für die gerichtliche Durchsetzung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche gegen die in den Klageanträgen genannten Wirtschaftsprüfungsunternehmen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aufgrund eingetretener Anspruchsverjährung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklagen bestehen angesichts der noch nicht abgeschlossenen erstinstanzlichen Verfahren, für die Deckungsschutz begehrt wird, keine Bedenken. Einen entsprechenden Berufungsangriff führt die Beklagte auch nicht.
In der Berufungsinstanz ist zwischen den Parteien auch nicht weiter streitig, dass hinsichtlich sämtlicher Kläger Versicherungsfälle eingetreten sind, die grundsätzlich von den zwischen den Parteien abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungen erfasst werden. Insbesondere führt die Beklagte keinen Berufungsangriff gegen die Feststellung des Landgerichts, dass die Kläger zu 2) und zu 3) ohne Verschulden die zwei-Jahres-Frist gemäß § 4 Abs. 4 ARB 75 nicht eingehalten haben.
Aufgrund der Schreiben der Beklagten vom 02.05.2014 (Anlage BLD16, Bl. 157 ff. GA) ist ein Deckungsanspruch der Kläger jedenfalls nicht insgesamt erfüllt worden, da die Beklagte lediglich im Falle einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch die Prozessbevollmächtigten hinsichtlich deren Kosten für die erstinstanzliche Rechtsverfolgung Abwehrschutz erklärt hat. Die Beklagte hat sich in den Schreiben ausdrücklich lediglich auf die „Gebührenthemen“ 1,8-fache Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit und 1,5-fache Geschäftsgebühr für das Güteverfahren bezogen. Hinsichtlich der übrigen Kosten für die erstinstanzliche Rechtsverfolgung hat die Beklagte keinerlei Erklärung abgegeben.
Die Beklagte ist mit ihren Einwendungen gegen die Erfolgsaussicht und dem Einwand der Mutwilligkeit nicht ausgeschlossen.
Zwar ist ein Rechtschutzversicherer für den Fall, dass er auf die Deckungsanfrage eines Versicherungsnehmers eine unverzügliche, mit Belehrung gemäß § 128 VVG n.F. bzw. § 158n VVG a.F. versehene schriftliche Mitteilung unterlässt, mit den Einwänden nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 ausgeschlossen, und das Rechtsschutzbedürfnis des Versicherungsnehmers gilt gemäß § 128 VVG n.F. bzw. § 158n Satz 3 VVG a.F. als anerkannt.
81Auch war die Beklagte zum Zeitpunkt der Deckungsanfragen zu einer Entscheidung über die Anfrage in der Lage. Die Kläger waren ihrer Informationsobliegenheit nach § 15 Abs. 1 a) ARB 75 in ausreichender Weise nachgekommen. Die Gewährung oder Ablehnung von Rechtsschutz muss innerhalb des Zeitraums erklärt werden, den der Versicherer bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entscheidung benötigt. Die Prüfungspflicht beginnt, sobald der Versicherungsnehmer vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Einzelfalls unterrichtet hat. Seiner Informationsobliegenheit nach § 15 Abs. 1 a) ARB 75 hinsichtlich des Rechtsschutzfalles sind die Kläger bereits mit den Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 02., 05., 07. und 26.11.2012 (Anlage K24) und dem darin enthaltenen Verweis auf die der Beklagten übersandte umfangreiche Stellungnahme zur Haftung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nachgekommen. Darin waren die Ansatzpunkte für die behauptete deliktische Haftung der Wirtschaftsprüfungsunternehmen umfassend dargestellt. Die Beklagte durfte eine Entscheidung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ARB 75 hiernach nicht mehr mit der Begründung aufschieben, die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung ließen sich nicht prüfen und es seien weitere Informationen nötig (vgl. zur Erfüllung der Informationsobliegenheit durch Vorlage eines Gutachtens auch OLG Karlsruhe, Urteile v. 15.01.2013 – 12 U 155/12 und 12 U 157/12, Juris). Dies gilt umso mehr, als die Beklagte nicht erstmals mit Haftungsfragen im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an Unternehmen der Göttinger Gruppe befasst war (so auch der Senat bereits in seinen Urteilen I-4 U 120/14, I-4 U 121/14, I-4 U 122/14 und I-4 U 124/14 vom 28.07.2016).
82Eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung kann die Beklagte den Klägern daher insoweit nicht vorhalten.
Allerdings war die Deckungsablehnung mit Schreiben vom 15.11., 23.11. und 23.12.2012 (Anlage K33) noch rechtzeitig.
Die Ablehnung muss innerhalb des Zeitraums vom Versicherer ausgesprochen werden, den er bei sachgerechter, nicht schuldhaft verzögerter Prüfung für seine Entschließung benötigt. Die Prüfungspflicht des Versicherers beginnt, sobald der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit nach § 15 Abs. 1 a ARB 75 erfüllt hat, den Versicherer unverzüglich vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalles zu unterrichten sowie Beweismittel und Unterlagen anzugeben und auf Verlangen zur Verfügung zu stellen (BGH, Urteil vom 19. März 2003 – IV ZR 139/01 –, Rn. 13, juris) – hier also entsprechend der vorstehenden Ausführungen mit Eingang der Deckungsanfragen für die erstinstanzliche gerichtliche Geltendmachung. Für die Prüfung wird in Rechtsprechung und Literatur im Allgemeinen ein Zeitraum von zwei bis drei Wochen angesetzt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. Dezember 2016 – 12 U 106/16 –, Rn. 34, juris m.w.N.).
85Diesen Zeitraum hat die Beklagte nicht überschritten. Hinsichtlich des Klägers zu 1) wurde die Deckungsablehnung nach zehn Wochentagen bzw. acht Werktagen, hinsichtlich des Klägers zu 2) nach 16 Wochentagen bzw. zwölf Werktagen, hinsichtlich des Klägers zu 3) nach 13 Wochentagen bzw. neun Werktagen und hinsichtlich der Klägerin zu 4) nach 17 Wochentagen bzw. 13 Werktagen ausgesprochen. Der nicht im Sinne einer starren Frist zu verstehende Zeitraum von zwei bis drei Wochen ist damit – auch noch bei der Klägerin zu 4) – eingehalten worden. Diese in Anspruch genommenen Zeiträume sind auch der Sache nach hier angemessen gewesen, da höchst komplexe und umfangreiche Verfahren in Rede stehen. Dem Senat ist zwar bekannt, dass die Rechtsstreitigkeiten zwischen von den Prozessbevollmächtigen der Kläger vertretenen Versicherungsnehmern und versicherten Personen mit der Beklagten eine Vielzahl von Parallelen aufweisen und unterstellt eine gewisse Vorbefassung der Beklagten. Dennoch ist jeder Fall individuell auf etwaige Besonderheiten zu prüfen, die – wie der Senat aus den bisher bei ihm anhängigen Verfahren weiß – auch immer wieder vorkommen; diese Prüfung nimmt bereits allein aufgrund des Umfangs der Sache eine gewisse Zeit in Anspruch.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die Beklagte innerhalb dieses Zeitraums mit Schreiben vom 08., 12. und 29.11.2012 (Anlage K25) Nachfragen bei den Klägern stellte und diese um weitere Informationen bat, obwohl der Sache nach dazu kein Anlass bestand und sie ihre Entscheidung auf der Basis der ihr bereits vorliegenden Informationen und Unterlagen treffen konnte, was sie einige Tage später dann auch getan hat.
87So ist die Deckungsablehnung von der Beklagten hinsichtlich des Klägers zu 1) und des Klägers zu 3) noch vor Ablauf der in den Deckungsanfragen von den Prozessbevollmächtigen der Beklagten gesetzten Frist zur Erklärung ausgesprochen worden, während diese Frist hinsichtlich des Klägers zu 2) und der Klägerin zu 4) lediglich um zwei bzw. drei Tage überschritten wurde. Der Kläger zu 1) und der Kläger zu 3) konnten daher ohnehin nicht eine Entscheidung der Beklagten vor der von ihnen gesetzten Frist erwarten, und es ist treuwidrig, wenn sie sich nunmehr darauf berufen, dass die von ihnen selbst der Beklagten eingeräumte Prüfungsfrist nicht hätte ausgeschöpft werden dürfen. Angesichts des ganz geringfügigen Überschreitens der von dem Kläger zu 2) und der Klägerin zu 4) gesetzten Fristen um lediglich zwei bzw. drei Tage gilt diesbezüglich im Ergebnis aufgrund der Gesamtumstände (umfangreiche Sache, keine derartige Eilbedürftigkeit, dass es auf Tage ankäme) nichts anderes.
88Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte durch diese Nachfrage ihre Entscheidung schuldhaft verzögert hat. So ist schon nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihre ablehnende Entscheidung ohne diese Nachfrage hätte früher fällen können und nicht auch ohne diese Nachfrage den Zeitraum bis zu ihrer dann ablehnenden Entscheidung zur Prüfung benötigt hätte. Aus dem Umstand, dass die Beklagte mit Schreiben vom 08., 12. und 29.11.2012 um weitere Informationen gebeten hat, kann jedenfalls noch nicht geschlossen werden, dass die Prüfung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war.
89Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte trotz der Nachfragen die im Allgemeinen angesetzte und auch hier jedenfalls angemessene Prüfungsfrist eingehalten hat. Hätte die Beklagte ihre Entscheidungen am 15.11., 23.11. und 23.12.2012 ohne ihre Nachfragen vom 08., 12. und 29.11.2012 getroffen, wäre von vorneherein kein Anlass für eine etwaige Verzögerung ersichtlich. Es ist bei dieser Sachlage der Beklagten jedenfalls nicht vorwerfbar, wenn sie den Klägern die Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags vor ihrer Entscheidung gegeben hat, um so zum Einen den Klägern die Möglichkeit zu geben, vielleicht doch den nach Ansicht der Beklagten unzureichend vorgetragenen Anspruch schlüssig darzutun, und sich auch nicht dem Vorwurf auszusetzen, möglicherweise verfrüht die Deckung abzulehnen, ohne den Klägern die Gelegenheit zur Nachbesserung zu geben, und dabei zum Anderen die übliche Entscheidungsfrist weiterhin einzuhalten. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass sich eine Verzögerung – wenn überhaupt – in einem ganz geringen zeitlichen Umfang von wenigen Tagen bewegt hätte, der angesichts der Dauer der rechtlichen Auseinandersetzung der Kläger mit der „Göttinger Gruppe“ im Allgemeinen und den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften im Besonderen nicht ins Gewicht gefallen wäre.
Unerheblich ist der Umstand, dass die Kläger bereits mit Schreiben vom 28.03.2011 (Anlage K12) für die Kläger zu 1) und zu 2) bzw. mit Schreiben vom 28.09.2011 (Anlage K15) für den Kläger zu 3) um Kostenschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gebeten haben. Zwar kann der Senat aufgrund dessen unterstellen, dass der zu prüfende Sachverhalt der Beklagten in weiten Teilen bereits bekannt war, als sie die Deckungsanfragen vom 02., 05., 07. und 26.11.2012 erhielt. Dies führt indes lediglich dazu, dass hier kein Anlass besteht, von der üblichen Prüfungsfrist abzuweichen, da ansonsten – also bei erstmaliger Befassung der Beklagten mit dem Sachkomplex – eine deutlich längere Prüfungsfrist angemessen gewesen wäre.
91Anlass für eine Prüfung, ob auch für ein gerichtliches Vorgehen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften Deckungsschutz zu erteilen wäre, boten die Schreiben vom 28.03.2011 (Anlage K12) und 28.09.2011 (Anlage K15) nicht, da ausdrücklich lediglich um Kostenschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung nachgesucht wurde und der Ausgang dieser Interessenwahrnehmung – und insbesondere auch etwaige Einwendungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften – noch nicht feststanden. Die Beklagte war nicht verpflichtet, einen von den Klägern ihr gegenüber noch gar nicht geltend gemachten Anspruch – quasi auf Verdacht bzw. auf Vorrat – zu prüfen.
92Darüber hinaus ist der Prüfungsmaßstab für die Deckungsbegehren unterschiedlich, da die außergerichtliche Interessenwahrnehmung zunächst die eingehende Prüfung des Sachverhaltes durch den Rechtsanwalt erfasst, die dazu führen kann, dass von weiterem Vorgehen abgeraten wird, während mit der Klageerhebung ein erhebliches Kostenrisiko verbunden ist. Unerheblich ist daher, dass die Beklagte die Erfolgsaussicht für das Vorgehen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen bereits im Zusammenhang mit der außergerichtlichen Rechtsverfolgung geprüft hat – zumal diesbezüglich auch eine Deckungszusage, wenn auch beschränkt auf Abwehrdeckung, erteilt wurde. Selbst eine Vorbefassung ändert grundsätzlich nichts daran, dass der Versicherer eine gewisse Prüfungsfrist von bis zu drei Wochen hat, da er beispielsweise auch prüfen muss, inwieweit sich der Sachverhalt zwischenzeitlich geändert hat und ob sich weitere rechtliche Entwicklungen ergeben haben. Eine derartige Prüfungsfrist belastet den Versicherungsnehmer jedenfalls in Fällen wie hier auch nicht übermäßig, da eine darüber hinausgehende besondere Beschleunigung aufgrund des Verfahrensgegenstandes nicht erforderlich ist.
Dass die Sachentscheidung der Beklagten schuldhaft durch die Erarbeitung von Deckungsvergleichen verzögert wurde, ist nicht feststellbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte mit ihren Entscheidungen zugewartet hat, bis Klarheit hinsichtlich ihrer Vergleichsvorschläge bestand. Soweit die Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 29.06.2017 behaupten, die Beklagte habe den Versuch unternommen, die Rechtsschutzmöglichkeit „abzukaufen“ und „erst sodann – in einem nächsten Schritt – gegenüber den Klägerparteien den Einwand mangelnder Erfolgsaussicht“ erhoben, tragen sie schon nicht konkret vor, dass die Beklagte erst auf eine Antwort der Kläger hinsichtlich ihres Vergleichsangebotes gewartet habe, bevor sie ihre Sachentscheidung getroffen und den Klägern mitgeteilt hat. Dies ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen gerade nicht: Gegenüber dem Kläger zu 1) wurde die Deckung am 15.11.2012 abgelehnt, während der Vergleichsvorschlag vom 17.11.2012 datiert. Gegenüber dem Kläger zu 2) wurde die Deckung am 23.11.2012 abgelehnt, während der Vergleichsvorschlag vom 17.12.2012 datiert. Gegenüber dem Kläger zu 3) wurde die Deckung unter dem 15.11.2012 abgelehnt, während der Vergleichsvorschlag ebenfalls vom 17.12.2012 datiert. Diesbezüglich ist der Vortrag der Kläger durch die selbst vorgelegten Unterlagen bereits widerlegt.
94Lediglich hinsichtlich der Klägerin zu 4) datiert der Vergleichsvorschlag vom 05.12.2012 und damit vor der Deckungsablehnung am 13.12.2012. Angesichts des zeitlichen Ablaufs hinsichtlich der Kläger zu 1) bis 3) ist es aber lebensfremd anzunehmen, dass die Beklagte gerade bei der Klägerin zu 4), die ohnehin das geringste finanzielle Risiko der vier Kläger darstellte, bis zu ihrer Entscheidung über den Vergleichsvorschlag mit der Deckungsablehnung gewartet haben sollte; wann und wie sich die Klägerin zu 4) zu dem Vergleichsvorschlag der Beklagten geäußert hat, ist darüber hinaus nicht dargetan.
Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 ARB 75 an die Stichentscheide der Prozessbevollmächtigen der Kläger vom 20.12.2012 (Anlage K38) gebunden, da diese offenbar von der wirklichen Sach- und Rechtslage erheblich abweichen. Eine erhebliche Abweichung des Stichentscheids von der Sach- und Rechtslage liegt immer dann vor, wenn die gutachterliche Stellungnahme die Sach- und Rechtslage gröblich oder erheblich verkennt (Senat, Urteil vom 13.09.2005, 4 U 164/04, Rn. 27, juris). „Offenbar“ ist eine solche Abweichung dann, wenn sie sich dem Sachkundigen, wenn auch erst nach gründlicher Prüfung, mit aller Deutlichkeit aufdrängt (Senat, a.a.O.). Vertritt ein Rechtsanwalt hingegen von mehreren Rechtsansichten diejenige, die zwar nicht der herrschenden Ansicht entspricht, aber doch nicht ganz abwegig erscheint, dann weicht seine Meinung noch nicht „offenbar“ von der wirklichen Sach- und Rechtslage ab (siehe dazu BGH, Urteil vom 20.04.1994, IV ZR 209/92, Rn. 14, Juris).
Hier sind die vermeintlichen Ansprüche der Kläger gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen verjährt.
Allerdings kann eine kenntnisabhängige Verjährung der Ansprüche der Kläger gemäß § 199 Abs. 1 BGB nicht festgestellt werden. Zwar führen die Prozessbevollmächtigen der Kläger in den Deckungsanfragen ohne weitere Begründung aus, dass gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Verjährung Anfang 2012 eintreten werde. Solches ist indes nicht ersichtlich. Die Kläger persönlich hatten erst ab Zugang der Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.03.2011 (Anlage K10) Kenntnis von möglichen Ansprüchen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen, jedenfalls hat die Beklagte eine frühere Kenntnis nicht dargetan. Eine Zurechnung der Kenntnis ihrer Prozessbevollmächtigen von einem möglichen Anspruch kommt erst ab einem entsprechenden, auch gerade diesen Anspruch betreffenden, Mandatsverhältnis in Betracht, da ansonsten die Grundlage für eine Zurechnung fehlt. Mit der Interessenvertretung gegenüber den Wirtschaftsprüfungsunternehmen sind die Prozessbevollmächtigen indes erst ab März 2011 (Kläger zu 1) bis zu 3), Anlage K11) bzw. November 2012 (Klägerin zu 4), Anlage K23) mandatiert worden; jedenfalls hat die Beklagte eine frühere diesbezügliche Mandatierung nicht vorgetragen.
98Aufgrund dessen ist unerheblich, ab wann die Prozessbevollmächtigen Kenntnis von etwaigen Ansprüchen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen hatten.
Ansprüche der Kläger sind aber nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB (zehn Jahre ab Entstehung) verjährt. Die Ansprüche der Kläger sind mit der Zeichnung der Anlagen entstanden, also zwischen 1991 und 1999. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB lief damit ab dem 01.01.2002 gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 die zehnjährige Verjährungsfrist, so dass mangels anderer von den Parteien nicht vorgetragener Hemmungstatbestände entscheidend ist, ob die Verjährung durch die Einleitung des Schlichtungsverfahrens Ende 2011 gehemmt wurde.
100Dies ist indes nicht der Fall. Zwar stellt die Verfahrensordnung der Schlichtungsstelle (Anlage K152) keine besonderen formellen Anforderungen an den Schlichtungsantrag. Davon unabhängig muss der Güteantrag für den Schuldner erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 –, BGHZ 206, 41-52, Rn. 22). Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung des III. Zivilsenats des BGH (vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 04. Februar 2016 – III ZR 356/14 –, Rn. 3, juris) fehlt es auch dem Güteantrag in diesem Verfahren an einer hinreichenden Beschreibung des angestrebten Verfahrensziels. Dazu gehört nach der Auffassung des BGH, dass das angestrebte Verfahrensziel zumindest insoweit umschrieben werden muss, dass dem Gegner (und der Gütestelle) ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist, auch wenn eine genaue Bezifferung der Forderung nicht enthalten sein muss (BGH NZG 2015, 1235, 1237). Der BGH hat dabei darauf abgestellt, dass Angaben, dem Antragsteller stünden wegen fehlerhafter Anlageberatung Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüche zu und die Antragstellerseite sei so zu stellen, wie sie gestanden hätte, wenn sie die Fondsbeteiligung nicht gezeichnet hätte, nicht genügen. Dies gilt auch, wenn zusätzlich vorgetragen wird, es sei der „entgangene Gewinn“ zu ersetzen, da „die Zeichnungssumme jederzeit festverzinslich zu einem Zinssatz von mindestens 4 %“ hätte angelegt werden können, und erhaltene „Ausschüttungen“ und „Steuervorteile“ seien in Abzug zu bringen. Der BGH hat ausdrücklich festgestellt, dass solche Angaben nicht genügen, die Größenordnung der geltend gemachten Ansprüche einschätzen zu können. Denn den Güteanträgen sei nicht zu entnehmen, ob das eingebrachte Beteiligungskapital fremdfinanziert war, so dass ein etwaiger Schaden auch oder gar in erster Linie in den aufgebrachten Zins- und Tilgungsleistungen bestand (BGH, Urteil vom 20. August 2015 – III ZR 373/14 –, Rn. 22, juris).
101Werden diese Grundsätze auf die hier streitgegenständlichen Güteanträge (Anlage K19) übertragen, so fehlt es gleichermaßen an einer ausreichenden Darlegung des angestrebten Klageziels und Individualisierung des Anspruchs. Es werden zunächst nur der Sachverhalt um die Göttinger Gruppe und die Beihilfehandlungen allgemein dargelegt, erst ganz am Ende (S. 17 Nr. 3) wird – nachdem zuvor kurz vorgetragen wurde, welche Beteiligungen gezeichnet wurden (S. 4) – ausgeführt, der antragstellenden Partei seien „alle im Zusammenhang mit den Beteiligten entstandenen Schäden zu ersetzen“. Der Schadensersatz umfasse „somit sämtliche aufgebrachten Kapitalbeträge sowie entgangenen Gewinn und ggf. vorhandene sonstige Schäden (z.B. aus Darlehnsfinanzierung oder Steuerrückzahlung“. Das genügt ganz eindeutig nicht den Anforderungen, die der BGH an die Individualisierung des Anspruchs jedenfalls der Größenordnung nach stellt. Wie hoch der entgangene Gewinn und „gegebenenfalls“ (!) die sonstigen Schäden sein würden, ist auch nicht ansatzweise erkennbar.
102Darüber hinaus hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben zu umreißen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 –, BGHZ 206, 41-52, Rn. 25). Auch wenn es bei den gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen geltend gemachten Ansprüche zunächst nicht um den Vorwurf der mangelhaften Anlageberatung im engeren Sinne geht, da die Wirtschaftsprüfungsunternehmen eine solche Anlageberatung selbst nicht vorgenommen haben, liegt den Verfahren eine vergleichbare Situation zugrunde, da die Kläger letztlich geltend machen, im Rahmen ihrer seinerzeitigen Anlageentscheidung nicht zutreffend beraten, sondern getäuscht worden zu sein. Aufgrund dessen sind die vom BGH entwickelten Grundsätze auch hier anzuwenden. Abgesehen von der Bezeichnung der Kapitalanlage und der Zeichnungssumme fehlt es aber an jeglichen Angaben zum Beratungszeitraum – in den Anträgen ist noch nicht einmal angegeben, wann die Beteiligungen gezeichnet wurden – sowie zu Hergang, Ablauf und Inhalt der Beratung.
103Die Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des BGH steht der des III. Zivilsenats nicht entgegen. Der IV. Zivilsenat hat zwar Güteanträge in den Verfahren gegen CMI als verjährungsunterbrechend angesehen. Er hat aber übereinstimmend mit dem III. Zivilsenat ebenfalls verlangt, dass die geltend gemachten Ansprüche – auch dem Umfang nach – ausreichend individualisiert sein müssen (BGH IV ZR 405/14, zit. nach Juris, dort Rz. 13, 15; IV ZR 211/15, zit. nach Juris, dort Rz. 16). Der IV. Zivilsenat hat die seinerzeitigen Güteanträge in den von ihm entschiedenen Fällen zwar für ausreichend gehalten, aber nur deshalb, weil sich aus einem Anspruchsschreiben – und zwar nur aus diesem – die erforderlichen Angaben ergaben. Ein solches, den Güteantrag ergänzendes Schreiben gibt es hier aber nicht.
104Ob die Einleitung des Schlichtungsverfahrens aus anderen Gründen bereits grundsätzlich nicht geeignet gewesen wäre, eine Verjährungshemmung herbeizuführen, insbesondere wegen Rechtsmissbrauchs oder wegen absichtlich herbeigeführter Überlastung der Schlichtungsstelle, so dass keine „demnächstige“ Zustellung vorliegen würde, kann der Senat offen lassen.
Die eingetretene Verjährung ist auch im Rahmen der Prüfung, ob die Stichentscheide der Prozessbevollmächtigten offenbar von der wirklichen Sach- der Rechtslage abweichen, zu prüfen.
106Der Stichentscheid muss nicht in jedem Fall eine umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage beinhalten und die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage in allen Einzelheiten prüfen. Der Stichentscheid darf sich vielmehr darauf beschränken, auf die Punkte einzugehen, die zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer im Streit sind und auf die der Versicherer seine Ablehnung gestützt hat (Senat, Urteil vom 13.09.2005, 4 U 164/04, Rn. 23, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 09.07.1997, 7 U 210/96, Rn. 7, juris; OLG Köln, Urteil vom 08.01.1987, 5 U 132/86, juris). Dies bedeutet umgekehrt für den Versicherer, dass er in seiner Ablehnungsentscheidung alle Gründe anführen muss, warum er keinen Rechtsschutz gewähren will. Räumt der vom Versicherungsnehmer beauftragte Rechtsanwalt die vom Versicherer ins Feld geführten Ablehnungsgründe aus, ohne dass der Stichentscheid von der Sach- und Rechtslage erheblich abweicht, dann ist dieser Stichentscheid bindend und der Versicherer muss Rechtsschutz gewähren. Er kann dann keine weiteren Ablehnungsgründe mehr nachschieben (OLG Hamm, Urteil vom 14. Oktober 2011, I-20 U 92/10, Rn. 20, juris).
107Hier hat sich die Beklagte in ihren Deckungsablehnungen (Anlage K33) ausdrücklich auch darauf bezogen, dass die von den Klägern geltend gemachten Forderungen gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen bereits verjährt seien und sich die Wirtschaftsprüfungsunternehmen in den Schlichtungsverfahren auch bereits auf die Einrede der Verjährung berufen haben (S. 11 der Deckungsablehnungen). Damit musste sich der Stichentscheid auch mit der Frage der Verjährung befassen und dazu – in zumindest vertretbarer Weise – Stellung beziehen. Angesichts der in Rede stehenden Erhebung der Verjährungseinrede war diese umfassend zu prüfen, wie auch ein Gericht sämtliche von den Parteien vorgetragenen tatsächlichen Umstände nach Erhebung der Verjährungseinrede daraufhin prüft, ob Verjährung eingetreten ist, auch wenn der konkrete Grund für die Verjährung von den Parteien nicht argumentativ aufbereitet wurde. Die Stichentscheide kamen indes zu dem Ergebnis, dass die Forderungen der Kläger nicht verjährt seien (S. 35 ff. der Stichentscheide, Anlage K38). Dabei haben die Prozessbevollmächtigen nicht allein die von der Beklagten in ihrer Deckungsablehnung näher ausgeführte kenntnisabhängige Verjährung geprüft (und verneint), sondern auch die kenntnisunabhängige Verjährung gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB (IV. 5., S. 38 der Stichentscheide, Anlage K38). Dabei haben die Prozessbevollmächtigen der Kläger ausgeführt, dass der Eintritt der Verjährung durch die Einleitung des Schlichtungsverfahrens gehemmt worden sei – was aus den vorstehenden Gründen nicht zutreffend ist. Selbst wenn sich der Stichentscheid zu dieser Frage möglicherweise nicht hätte verhalten müssen, was der Senat ausdrücklich offen lässt und wogegen spricht, dass die unstreitig erhobene Verjährungseinrede wie auch in einem Gerichtsverfahren umfassend zu prüfen sein dürfte, hat er es jedenfalls getan. Jedenfalls insoweit wich die Stellungnahme damit – entsprechend § 17 Abs. 2 Satz 2 ARB 75 – auch offenbar von der wirklichen Rechtslage erheblich ab.
108Nach höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung und einhelliger Meinung im Schrifttum muss der Rechtsanwalt, der mit der als Stichentscheid bezeichneten Stellungnahme beauftragt wird, die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Interessenwahrnehmung nach dem in einem Prozesskostenhilfeverfahren geltenden Maßstab darlegen und dabei die Grundlagen seiner gutachterlichen Entscheidung und den Weg, auf dem er zu ihr gelangt ist, angeben. Daher muss der Rechtsanwalt die Rechtsfragen unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Lehre herausarbeiten und zum Prozessrisiko Stellung nehmen, das heißt die Stellungnahme muss sich auch mit Argumenten befassen, die gegen die Erfolgsaussicht angeführt werden können (OLG Frankfurt, Urteil vom 25. März 2015 – 7 U 24/14 –, Rn. 23, juris). Dies ist im Stichentscheid nicht geschehen; vielmehr ist die Problematik der Individualisierung des geltend gemachten Anspruchs überhaupt nicht bearbeitet worden, obwohl sie angesichts der formularmäßigen Ausgestaltung der Güteanträge im Raume stand und anhand der Anträge in keiner Weise erkennbar war, in welcher Größenordnung sich der geltend gemachte Anspruch bewegt.
109Die Prozessbevollmächtigen der Kläger haben in den Stichentscheiden auch nicht lediglich ausgeführt, „dass für die Klägerparteien Ende 2011 jeweils ein Güteverfahren vor einer staatlich anerkannten Gütestelle“ eingeleitet wurde, wie auf S. 11 f. des Schriftsatzes vom 29.06.2017 ausgeführt wird; vielmehr haben die Prozessbevollmächtigen ausdrücklich die unmissverständliche Aussage getroffen:
110„Wie gegenüber der ARAG bereits dargelegt, wurde der Eintritt der Verjährung jedoch gehemmt, indem für den Versicherungsnehmer noch Ende 2011 ein Schlichtungsverfahren vor einer staatlich eingerichteten Schlichtungsstelle gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eingeleitet wurde (vgl. Antrag auf außergerichtliche Streitschlichtung vom 19.12.2011 – liegt bereits vor).“ (Anlage K38)
111Dieser Satz ist aus den vorstehenden Gründen weder ausreichend noch zutreffend.
112Da sich die Prozessbevollmächtigen der Kläger bereits von sich aus auch mit der Frage der kenntnisunabhängigen Verjährung befasst und abweichend von der wirklichen Rechtslage bearbeitet haben, kann der Senat offen lassen, wie zu entscheiden wäre, wenn sich der Stichentscheid allein mit der kenntnisabhängigen Verjährung befasst und diese zutreffend verneint hätte. Dass sich der Stichentscheid darauf beschränken darf, auf die Punkte einzugehen, die zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer im Streit sind und auf die der Versicherer seine Ablehnung gestützt hat, bedeutet nicht zugleich, dass es auf die übrigen Punkte nicht ankäme, wenn sie gleichwohl im Stichentscheid geprüft werden und offenbar von der wirklichen Sach- der Rechtslage erheblich abweichen.
Die Frage der Verjährung stellt auch im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH keinen neuen Umstand dar, der nicht zu berücksichtigen wäre; eine zunächst abweichende Auffassung der Beklagten ist diesbezüglich unerheblich, da es sich um eine von Amts wegen zu prüfende Rechtsfrage handelt.
114Bei der Prüfung, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht hat, ist zwar auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife abzustellen, hier also auf den Zeitpunkt November 2012. Ist im maßgeblichen Zeitpunkt die Rechtslage noch unklar und entfallen die Erfolgsaussichten erst später - etwa aufgrund höchstrichterlicher Klärung -, so kann sich der Rechtsschutzversicherer grundsätzlich nicht nachträglich auf die zwischenzeitliche Klärung berufen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 06. Dezember 2016 – 12 U 106/16 –, Rn. 40, juris).
115Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur fehlenden Individualisierung von Güteanträgen sind zu Güteanträgen, die dem hier streitgegenständlichen Güteantrag vergleichbar sind, zwar erst in jüngerer Zeit ergangen; insbesondere ist das oben in Bezug genommene Urteil des BGH vom 18. Juni 2015 – III ZR 198/14 –, BGHZ 206, 41-52, erst nach den Stichentscheiden der Prozessbevollmächtigen der Kläger vom 20.12.2012 ergangen. Dass Ansprüche ausreichend individualisiert werden müssen, damit sie die Verjährungshemmung gem. § 204 I Nr. 4 BGB herbeiführen, entsprach aber allgemeinen Rechtsgrundsätzen (vergl. BGH NJW 2009, 56 zum Mahnbescheid) und ist auch lange vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs für bei einer Gütestelle eingereichte Anträge in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bereits gefordert worden (vergl. OLG Hamm, BeckRS 2008, 10485, II 3 a cc; OLG München, BeckRS 2007, 32961), so dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger dies bei ihrem Stichentscheid hätten berücksichtigen können und müssen (vgl. Senat, Urteil vom 28. Juli 2016 – I-4 U 122/14 –, Rn. 114, juris).
116Auch wenn die konkreten Anforderungen an die Individualisierung eines Güteantrags noch nicht höchstrichterlich geklärt waren, bestand aufgrund des allgemein anerkannten Erfordernisses der hinreichenden Individualisierung einerseits und der hier von den Prozessbevollmächtigen der Kläger verwendeten Musteranträge, die lediglich in höchst rudimentärer Weise auf die individuelle Auseinandersetzung eingingen, hinreichender Anlass, sich im Stichentscheid mit den jeweiligen Argumenten auseinanderzusetzen und die entsprechenden Prozessrisiken aufzuzeigen. Im Stichentscheid wurde dieses Problem jedoch mit keinem Wort erwähnt, auch nicht die Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgericht, Urteil vom 03. März 2010 – 4 U 40/09 –, juris, die sich nicht mit der hier erheblichen Frage befasst, ob der dort gestellte Güteantrag überhaupt die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs zu hemmen vermag, sondern lediglich mit der Identität zwischen den im Güteverfahren und den in dem späteren Klageverfahren geltend gemachten Streitgegenständen. Vielmehr wurde die Sach- und Rechtslage so dargestellt, dass die Hemmung der Verjährung völlig problemlos durch den gestellten Antrag eingetreten sei, was, wie ausgeführt, so nicht zutreffend ist.
117Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der IV. Zivilsenat des BGH in seinem Hinweisbeschluss vom 07.09.2016 darauf abgestellt hat, dass er in seinen Urteilen vom 28.10.2015 grundsätzlich darüber entschieden habe, welche Anforderungen an die Individualisierung des Anspruchs zu stellen sind, da er insoweit lediglich auf seine eigene nunmehrige Rechtsprechung Bezug nimmt. Dass es sich um neue Anforderungen an die hinreichende Individualisierung handelt, die bislang nicht vertreten worden sind, ist dieser Entscheidung – und den anderen Entscheidungen des BGH – nicht zu entnehmen.
Der Senat verstößt auch nicht gegen den Beibringungsgrundsatz. Die tatsächlichen Umstände, die der Senat bei seiner Entscheidung zugrunde legt, sind von den Parteien vorgetragen. Der Inhalt der Stichentscheide ist unstreitig. Ob die Güteanträge hinreichend individualisiert sind und eine Verjährungshemmung eingetreten ist, ist allein eine Rechtsfrage.
Aus den vorstehenden Erwägungen hatte die seinerzeit beabsichtigte Rechtsverfolgung der Kläger jedenfalls zum Zeitpunkt der Deckungsanträge auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, und zwar offensichtlich.
Die die Geschäftsgebühr für den Stichentscheid betreffende Anschlussberufung der Kläger ist nicht begründet.
Ohnehin folgt aus dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck von § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB 75, dass der Versicherungsnehmer nicht selbst Gebührenschuldner des Rechtsanwaltes wird, sondern sich der Gebührenanspruch des Rechtsanwaltes unmittelbar gegen den Versicherer richtet. Dies hat zur Folge, dass die Kläger von vorneherein keinen entsprechenden Freistellungsanspruch haben, da sie auch nicht mit einem Anspruch ihres Rechtsanwaltes belastet sind, von dem sie freigestellt werden müssten.
122Nach dem Wortlaut der Klausel kann der Versicherungsnehmer den für ihn tätigen Rechtsanwalt „auf Kosten des Versicherers veranlassen, diesem gegenüber eine begründete Stellungnahme darüber abzugeben, daß die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.“ Damit ist von vorneherein klar, dass der Versicherungsnehmer mit den Kosten des Stichentscheids nicht belastet werden soll; auch ergibt sich aus der Klausel, dass der Stichentscheid nicht gegenüber dem Versicherungsnehmer, sondern ausschließlich gegenüber dem Versicherer abgegeben wird. Der Versicherungsnehmer ist an dem Verfahren des Stichentscheids – bis auf die „Veranlassung“ – nicht beteiligt. Darüber hinaus spricht die Klausel auch nicht von einer Beauftragung durch den Versicherungsnehmer, sondern lediglich von einer Veranlassung des Rechtsanwaltes. Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer liegt damit nahe, dass er mit den durch den Stichentscheid entstehenden Kosten nichts zu tun hat, sondern allein der Versicherer, was auch für den Rechtsanwalt ohne weiteres erkennbar ist, wenn er im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB 75 tätig wird. Eine entsprechende, den Versicherungsnehmer befreiende Kostenübernahmeerklärung hat der Versicherer bereits in den ARB abgegeben; durch seine Tätigkeit im Rahmen des § 17 Abs. 2 Satz 1 ARB 75 hat der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers dies akzeptiert und sich darauf eingelassen, den – im Übrigen zahlungskräftigeren – Versicherer als alleinigen Gebührenschuldner gegenüberstehen zu haben.
123Soweit die Kläger auf den entsprechenden Hinweis des Senates in der mündlichen Verhandlung Bezug auf mehrere Entscheidungen genommen haben, haben sich diese nicht mit der Frage befasst, ob der Rechtsanwalt eines Versicherungsnehmers einen Vergütungsanspruch gegen diesen oder unmittelbar gegen den Rechtsschutzversicherer hat; vielmehr war Kern der vorgelegten Entscheidungen, dass letztlich der Versicherer die Kosten zu tragen habe. Insoweit besteht kein Widerspruch zur Auffassung des Senates. Da die Frage der Passivlegitimation des Vergütungsanspruchs eines Rechtsanwaltes für den Stichentscheid bislang, soweit ersichtlich, nicht Gegenstand obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen ist, ist diesbezüglich auch nicht die Revision zuzulassen.
Sieht man dies anders, ist ein Anspruch der Kläger bereits durch die mit Schreiben vom 09.12.2013 (Anlage K85) erteilte Abwehrdeckung erfüllt.
125Erfüllungshandlung für den Anspruch des Versicherungsnehmers aus § 2 Abs. 1 lit. a) ARB 75 ist die Zusage des Rechtsschutzversicherers, Abwehrdeckung zu gewähren (vergl. BGH NJW 2016, 61, 63 Rz. 32; BeckRS 2015, 18764, dort Rz. 26). Der Versicherer kommt seiner Freistellungsverpflichtung entweder dadurch nach, dass er die Forderungen des Rechtsanwaltes erfüllt oder dadurch, dass er dem Versicherungsnehmer Kostenschutz für einen etwaigen Gebührenprozess zusagt (Abwehrdeckung). In seinen Entscheidungen über die Anhörungsrüge der Kläger in den Verfahren IV ZR 266/14 und IV ZR 267/14 vom 09.03.2016 (BeckRS 2016, 05282; 2016, 05283) hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich festgestellt, dass dann, wenn der Versicherer Abwehrdeckung zusagt, deren Rechtsfolge eintrete, ohne dass der Versicherer diese ausdrücklich anzugeben hat. Die Rechtsfolge der Zusage auf Abwehrdeckung ist die Erfüllung des Anspruchs des Rechtschutzversicherten auf Kostenübernahme bezüglich der Kosten des eigenen Rechtsanwaltes des Versicherungsnehmers (Senat, Urteil vom 28. Juli 2016 – I-4 U 122/14 –, Rn. 73, juris).
126Dies gilt für den Fall, dass sich der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts für die Erstellung des Stichentscheids überhaupt gegen den Versicherungsnehmer richten sollte. Falls dies – trotz der vorstehenden Ausführungen – zu verneinen sein sollte, ist eine diesbezügliche Abweichung von dem Anspruch des Versicherungsnehmers aus § 2 Abs. 1 lit. a) ARB 75 weder vom Wortlaut, noch von der Systematik oder Sinn und Zweck der Klausel geboten. Der Wortlaut der beiden Klauseln ist vergleichbar: Während der Versicherer einerseits die gesetzliche Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes trägt, wird der Rechtsanwalt andererseits auf Kosten des Versicherers zur Tätigkeit veranlasst. Dies bedeutet in der Sache nichts anderes, als dass der Versicherer die Kosten für den Stichentscheid – also die Vergütung des Rechtsanwaltes – trägt; daraus folgt dann aber eine Freistellungsverpflichtung des Versicherers (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2015 – IV ZR 266/14 –, Rn. 29, juris), die er nach seiner Wahl auch durch Abwehrdeckung erfüllen kann. Dies ist für den Versicherungsnehmer auch von Vorteil, da er so aus der Auseinandersetzung über die Höhe der von seinem Rechtsanwalt geltend gemachten Gebühr de facto herausgehalten wird, weil der Versicherer den Gebührenprozess für ihn führt und die von ihm für erheblich gehaltenen Einwendungen in dem maßgeblichen Rechtsverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Versicherungsnehmer für letzteren vorzubringen hat.
Da die mit der Klageerweiterung geltend gemachten Anträge entscheidungsreif sind, ist die Klageerweiterung als sachdienlich zuzulassen. Denn die erweiterte Klage ist aus den vorstehenden Gründen unbegründet. Die Kläger begehren die Freistellung von Rechnungen ihrer Prozessbevollmächtigten, mit denen diese ihre Tätigkeit im Rahmen des Güteverfahrens mit einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr abgerechnet haben. Diesbezüglich hat die Beklagte – anders, als es die Kläger im Schriftsatz vom 30.05.2017, Bl. 693R GA darstellen – indes mit Schreiben vom 02.05.2014 (Bl. 157 ff. GA) bereits Abwehrdeckung erteilt und somit einen Anspruch der Kläger erfüllt. In diesen Schreiben bezieht sich die Beklagte ausdrücklich auf die Gebührenrechnungen der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 25.04.2014 und die abgerechnete Geschäftsgebühr für das Güteverfahren. Diesbezüglich teilte die Beklagte mit:
128„Nach unserer Beurteilung sind die genannten Gebührenforderungen […] nicht berechtigt. […] Ihr Anspruch als Versicherungsnehmer geht – in eintrittspflichtigen Fällen – auf Befreiung von den bei der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen entstehenden Kosten. Er wird fällig bei Kosteninanspruchnahme des Versicherungsnehmers und umfasst typischerweise auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche […]. Diese Unterstützung stellen wir hiermit ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zur Verfügung […].“
129Mithin hat die Beklagte den Kläger eine Abwehrdeckung auch hinsichtlich des nunmehr geltend gemachten Anspruchs erteilt. Auf das von den Klägern herangezogene Schreiben der Beklagten vom 29.07.2011 (Anlage BLD2) kommt es daher nicht an.
Der Erfüllung ihrer Leistungspflicht aus der Rechtsschutzversicherung durch die Gewährung von Abwehrdeckung durch die Beklagte stehen auch europarechtliche Vorgaben nicht entgegen, die für bestimmte Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Rechtsschutzversicherungsvertrags ein Schiedsverfahren vorschreiben.
Der Senat ist, wie er dies bereits in dem Verfahren I-4 U 222/12 sowie in seinen Urteilen I-4 U 120/14, I-4 U 121/14, I-4 U 122/14 und I-4 U 124/14 vom 28.07.2016 ausgeführt hat, der Auffassung, dass § 158n VVG a.F bzw. § 128 VVG n.F. nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur anwendbar sind, wenn der Versicherer seine Leistungspflicht verneint, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig ist. Die Beklagte hat jedoch den Einwand der Erfüllung (durch Abwehrdeckung) erhoben. Damit aber ist der Anwendungsbereich des § 158n VVG a.F. bzw. § 128 VVG n.F. nicht eröffnet.
132Die Vorschriften des § 158n VVG a.F. bzw. § 128 VVG n.F. setzen die EG-Richtlinie vom 22.06.1987 (87/344/EWG) auch mit der Einschränkung des obligatorischen Schiedsverfahrens auf Meinungsverschiedenheit über die Erfolgsaussicht bzw. Mutwilligkeit richtlinienkonform um (ebenso Prölls/Martin-Armbrüster, § 128 VVG Rn. 1; Staudinger/Halm/Wendt/Brünger, Fachanwalts-Kommentar Versicherungsrecht 2013, § 128 Rn. 3 a.E.). Mit dem Begriff „Streitfall“ in Art. 6 der Richtlinie 87/344/EWG ist der Rechtsstreit des Versicherten mit seinem Streitgegner gemeint, für den er Deckungsschutz begehrt. Das ergibt sich aus der Formulierung des letzten Halbsatzes („…, nach dem die Haltung, die bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rechtsschutzversicherer und seinem Versicherten hinsichtlich des Vorgehens zur Beilegung des Streitfalles einzunehmen ist, entschieden wird.“). Damit aber ist europarechtlich ein obligatorisches Schiedsverfahren nur zwingend einzurichten, wenn es um die Entscheidung des Versicherers geht, dass keine Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung des Versicherungsnehmers gegen dessen Streitgegner bestehen. Die Auseinandersetzung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer darüber, ob dieser seine vertraglichen Pflichten auch dadurch erfüllt, dass er hinsichtlich der eigenen außergerichtlichen Anwaltskosten nur zur Gewährung der Abwehrdeckung bereit ist, wird von Art. 6 der Richtlinie 87/344/EWG nicht erfasst.
133Es bestehen - abgesehen vom recht weiten Wortlaut von Art. 6 („Meinungsverschiedenheiten […] hinsichtlich des Vorgehens zur Beilegung des Streitfalles“) und Art. 7 („Interessenkollision“, „Uneinigkeit in der Frage der Regelung des Streitfalls“) der Richtlinie - keine Anhaltspunkte dafür, dass die EG-Richtlinie 87/344/EWG über die bisher geübte Praxis hinausgehend eine Schiedsklausel für alle möglichen Meinungsverschiedenheiten ohne jegliche Einschränkung einführen wollte. Ein obligatorisches Schiedsverfahren für jede Meinungsverschiedenheit zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer ist auch sonst der Schadensversicherung fremd.
Fraglich ist, ob bei europarechtskonformer Auslegung des § 158n VVG a.F. ein Verhalten eines Rechtsschutzversicherers, das einer Deckungsablehnung gleich kommt, ebenfalls ein Gutachter- oder vergleichbares Verfahren auslösen muss. Das könnte der Fall sein, wenn das Verhalten des Versicherers den Versicherungsnehmer faktisch davon abhält oder abhalten soll, seine (vermeintlichen) Ansprüche gegen seinen Gegner weiter zu verfolgen, weil das finanzielle Risiko für ihn zu groß ist oder zu groß erscheint.
135Die Gewährung (nur) der Abwehrdeckung kommt in der Sache der Deckungsablehnung jedoch nicht gleich. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich ein Versicherungsnehmer allein deshalb von der Rechtsverfolgung abhalten lässt, weil der Versicherer hinsichtlich der Kosten des eigenen Anwalts nur Abwehrdeckung gewährt. Denn die Abwehrdeckung hinsichtlich der Gebührenansprüche des eigenen Anwalts erfüllt nur einen kleineren Teilbereich der Leistungspflichten des Rechtsschutzversicherers. Unberührt hiervon bleibt insbesondere die Pflicht zur Übernahme aller weiteren Kosten, so z.B.
136für das Gericht,
für gegnerische Anwälte,
für Sachverständige
und auch für die Kosten der Gütestelle. Ohnehin ist es so, dass der Versicherungsnehmer ein finanzielles Risiko im Ergebnis gerade nicht trägt, da bei erfolgloser Abwehrdeckung der Freistellungsanspruch gegen den Versicherer wieder auflebt.
141Dass die Gewährung (nur) der Abwehrdeckung für die Kosten des eigenen Anwalts der Deckungsablehnung nicht gleich kommt, zeigt auch der hier zu entscheidende Fall: Auch in diesem Verfahren sind die Klagen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ungeachtet der Auseinandersetzung der Parteien eingereicht worden. Insbesondere konnte hier die mit Schreiben vom 09.12.2013 (Anlage K85) erteilte Abwehrdeckung hinsichtlich der Kosten für den Stichentscheid und die mit Schreiben vom 02.05.2014 (Bl. 157 ff. GA) erteilte Abwehrdeckung hinsichtlich der Anwaltskosten für das Güteverfahren keinen Einfluss auf die Geltendmachung der Ansprüche der Kläger gegen die Wirtschaftsprüfungsunternehmen haben, da die Klagen gegen diese bereits zuvor, vor dem 06.03.2013, eingereicht worden waren.
142Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es den Versicherungsnehmern infolge der Gewährung von Abwehrdeckung nicht möglich ist, in Ausübung ihrer auch durch die Richtlinie 87/344/EWG geschützten freien Rechtsanwaltswahl einen Rechtsanwalt zur Durchsetzung seiner Ansprüche zu finden, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr waren hier die Prozessbevollmächtigten der Kläger gerade angesichts und trotz der gewährten Abwehrdeckung (weiterhin) für sie tätig. Die bloß abstrakte Gefahr einer Einschränkung der freien Rechtsanwaltswahl genügt nicht.
Der Sachverhalt gibt mit Blick auf die vom Senat zum Nachteil der Kläger entschiedenen Fragen, ob die Gewährung von Abwehrdeckung für die eigenen Anwaltskosten der Leistungsablehnung gleich kommt und falls ja, Europarecht erfordert, dass § 158n VVG a.F. Anwendung findet, Anlass, Leitsätze für die Auslegung materiellen Rechts aufzustellen und insoweit die Revision zuzulassen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage ist bislang nicht ergangen. In seinem Urteil vom 21.10.2015 - IV ZR 266/14 - hat der Bundesgerichtshof nur ausgeführt, dass die Vorschriften über die Rechtsschutzversicherung (§§ 158l -158o VVG a.F.) keine Aussage darüber treffen, wie der Versicherer den vertraglichen Anspruch erfüllen muss (BGH r+s 2015, 604 ff. Rz. 37). Zu der Frage, ob die Gewährung von Abwehrdeckung in einer Weise einschränkend ist, dass sie der Deckungsablehnung in ihren Auswirkungen gleich kommt und deshalb die Anwendung des § 158n VVG a.F. geboten ist, hat der Bundesgerichtshof bisher keine Stellung genommen. Eine ausreichende Klärung ist auch nicht durch den Beschluss vom 09.03.2016 (BeckRS 2016, 05282) erreicht. Zwar hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass die Beklagte den Deckungsschutz nicht abgelehnt habe, sondern dem Kläger Deckung in der Form zugesagt habe, ihm Kostenschutz gegen die Gebührenforderung seiner Rechtsanwälte zu gewähren. Ob eine solche Entscheidung aber in den Auswirkungen einer Deckungsablehnung gleich kommt und deshalb dem Verfahren nach § 158n VVG a.F. unterfällt – auch im Hinblick auf Art. 6 RL 87/344/EWG -, ist durch den Beschluss noch nicht geklärt.
Es bedarf wegen der Frage, ob § 158n VVG a.F. bzw. § 128 VVG n.F. europarechtswidrig ist, keiner Vorlage des Senats an den EuGH. Die Regelung in Art 6 der Richtlinie 87/344/EWG ist nach ihrem Inhalt so zu verstehen, dass nur die Ablehnung von Deckungsschutz mangels Erfolgsaussicht bzw. wegen Mutwilligkeit gemeint ist und nur in diesen Fällen ein Schiedsgutachterverfahren vorzusehen ist. Damit steht § 158n VVG a.F. bzw. § 128 VVG n.F. in Übereinstimmung mit der Richtlinie RL 87/344/EWG. Gründe, von der Vorlageberechtigung nach Art. 267 Abs. 1 AEUV Gebrauch zu machen, bestehen deshalb nicht.
145Eine Vorlagepflicht (Art. 267 Abs. 2 AEUV) besteht bereits deshalb nicht, weil der Senat die Revision der Kläger zugelassen hat.
146III.
147Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO. Der Kläger zu 1) ist in Höhe von 16.916,47 Euro, der Kläger zu 2) in Höhe von 6598,36 Euro, der Kläger zu 3) in Höhe von 7105,64 Euro und die Klägerin zu 4) in Höhe von 2629,05 Euro an dem Rechtsstreit beteiligt, so dass sie in diesem Verhältnis für die Kostenerstattung haften.
148Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
149In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang hat der Senat die Revision zugelassen. Insoweit liegt die Zulassungsvoraussetzung des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 1. Alt ZPO vor. Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Insoweit hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
150Der Streitwert wird auf 33.249,52 Euro festgesetzt. Die Kläger haben dargetan, dass die Streitwerte in den Verfahren vor dem Landgericht Göttingen wie folgt vorläufig festgesetzt wurden (Anlage K48):
151Kläger zu 1): 240.751,39 Euro
152Kläger zu 2): 35.629,82 Euro
153Kläger zu 3): 42.392,87 Euro
154Klägerin zu 4): 7724,18 Euro
155Soweit die Beklagte einwendet, dass die Kläger zu 1) und zu 3) lediglich geringere Beteiligungen gezeichnet hätten, schließt dies die Geltendmachung eines höheren Schadens nicht aus.
156Gegen die Berechnung der erstinstanzlichen Rechtsverfolgungskosten durch die Kläger hat die Beklagte lediglich hinsichtlich des Klägers zu 1) eingewandt, dass sich dessen Gegner durch eine Kanzlei vertreten lassen würden, so dass lediglich eine 0,3 Erhöhungsgebühr anfallen würde. Dem ist der Kläger zu 1) nicht weiter entgegen getreten.
157Insgesamt belaufen sich die erstinstanzlichen Prozesskosten geschätzt auf folgende Beträge, von denen ein Abschlag von 20 % aufgrund des Feststellungsantrags zu machen ist:
158Kläger zu 1): 18.826,58 Euro → abzgl. 20 % = 15.061,26 Euro
159Kläger zu 2): 6.719,40 Euro → abzgl. 20 % = 5.375,52 Euro
160Kläger zu 3): 7.212,63 Euro → abzgl. 20 % = 5.770,10 Euro
161Klägerin zu 4): 3.017,08 Euro → abzgl. 20 % = 2.413,66 Euro
162Gesamtsumme: 28.620,54 Euro
163Zu addieren sind noch die mit den Anträgen zu 2) bis 7) geltend gemachten Freistellungen in Höhe von insgesamt 4628,98 Euro, so dass sich ein Gesamtbetrag in Höhe von 33.249,52 Euro errechnet.
164…. …. ….