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Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 13. August 2014 wird zurückgewiesen.
Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren gegen den Beschluss vom 13. August 2014: 5.000 €.
G r ü n d e :
2I.
3In dem verfahrensgegenständlichen Geburtsregistereintrag ist das Kind mit dem Namen der Beteiligten zu 1.a), H., mit dem Zusatz „Namensführung nicht nachgewiesen“ eingetragen, die Beteiligte zu 1.a) als Mutter mit dem Zusatz „Identität nicht nachgewiesen“ und sind die Rubriken zum „Vater“ unausgefüllt. Der Beteiligte zu 1.b) hatte vor der Geburt die Anerkennung der Vaterschaft erklärt, die Beteiligte zu 1.a) hat im August 2013 ihre Zustimmung zu diesem Anerkenntnis erteilt. Ausweislich eines von den Beteiligten in Ablichtung vorgelegten Trauscheins einer dänischen Gemeinde haben sie am 10. August 2012 dort die Ehe geschlossen.
4Zu Protokoll der Rechtsantragstelle haben die Beteiligten zu 1. am 5. September 2012 beantragt, den Registereintrag dahingehend zu berichtigen bzw. zu ergänzen, dass eingetragen werde: der Beteiligte zu 1.b) als Vater, der Geburtsname des Kindes laute K., sowie, die Eltern des Kindes seien verheiratet. Hierzu haben sich die Beteiligten darauf berufen, die vom Beteiligten zu 3. verlangten Urkunden seien für die Beteiligte zu 1.a) unmöglich zu beschaffen, da sie in Syrien geboren sei und die Dokumente dort besorgt werden müssten. Die Beteiligten zu 2. und 3. sind dem entgegengetreten.
5Nachdem das Amtsgericht zunächst mit Beschluss vom 13. August 2014 die Anträge zurückgewiesen hatte, hat es durch die nunmehr angefochtene Entscheidung einer dagegen eingelegten Beschwerde der Beteiligten zu 1.a) abgeholfen und den Anträgen entsprochen.
6Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 3. mit seiner Beschwerde, die die Beteiligten zu 1. zurückgewiesen sehen möchten und der das Amtsgericht mit weiterem Beschluss vom März 2016 nicht abgeholfen hat.
7Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
8II.
9Der amtsgerichtliche Beschluss vom 13. August 2014 ist wiederherzustellen.
101.
11Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3. ist nach der vom Amtsgericht mit Beschluss vom März 2016 erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. FamFG.
12Durch den besagten Beschluss ist das Nichtabhilfeverfahren abgeschlossen worden. Der Wirksamkeit der Entscheidung steht nicht entgegen, dass – im Übrigen wie bei sämtlichen Beschlüssen des Amtsgerichts, auch denjenigen zur Hauptsache – entgegen § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle nicht vermerkt worden ist. Denn dieser Vermerk soll die genannte Übergabe dokumentieren, weshalb seine Existenz keine Voraussetzung für die Wirksamkeit des Beschlusses ist, wenn dessen Übergabe an die Geschäftsstelle zum Zwecke der Hinausgabe aus dem inneren Geschäftsbetrieb an die Verfahrensbeteiligten feststeht (OLG München RNotZ 2017,43 ff; Keidel – Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 38 Rdnr. 90 f und 93 ). So liegt es hier. Die Richterin hat die Übersendung der Beschlussabschriften an die Beteiligten unter dem 10. März 2016 ausdrücklich verfügt, und mit Datum vom 14. März 2016 hat die Geschäftsstellenkraft die Ausführung dieser Verfügung gezeichnet; damit war eine Übergabe an die Geschäftsstelle spätestens am 14. März 2016 erfolgt.
132.Das Rechtsmittel des Beteiligten zu 3. ist gemäß §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 (i.V.m. 53 Abs. 2, 1. Fall PStG), 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig.
143.
15In der Sache hat die Beschwerde des Beteiligten zu 3. Erfolg. Das Amtsgericht hätte der Beschwerde der Beteiligten zu 1.a) gegen den Beschluss vom 13. August 2014 nicht abhelfen dürfen, weil diese Entscheidung nicht zu beanstanden ist. Zu Recht hat das Amtsgericht seinerzeit die Anträge der Beteiligten zu 1. vom 5. September 2012 zurückgewiesen.
16a)Ein abgeschlossener Registereintrag – wie hier – darf zunächst in den Fällen des § 47 PStG vom Standesamt berichtigt werden. Außer in diesen Fällen darf die Berichtigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 PStG nur auf Anordnung des Gerichts erfolgen; den Antrag auf diese Anordnung können unter anderem alle Beteiligten stellen, § 48 Abs. 2 Satz 1 PStG. Voraussetzung für die Anordnung der Berichtigung ist die Überzeugung des Gerichts (nicht allein von der Unrichtigkeit der vorhandenen, sondern) von der Richtigkeit der beantragten Eintragung; an den Nachweis dieser Richtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Es ist der volle Beweis erforderlich, eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht (KG FGPrax 2013, 170 f und StAZ 2015, 208 ff sowie StAZ 2016, 174 f; OLG Hamm StAZ 2015, 110 ff; SchlHOLG FGPrax 2014, 28 ff; OLG Köln StAZ 2007, 178 f).
17Jede Beurkundung – und damit auch eine Berichtigung – setzt voraus, dass die Identität der Beteiligten festgestellt wird. Ereignisse und Erklärungen sind bestimmten Personen zuzuordnen. Das Beurkundungssystem des Personenstandsgesetzes unterliegt dem Wahrheitsgrundsatz (OLG Nürnberg FGPrax 2014, 233 f m.w.Nachw.). Dementsprechend fordert § 33 Satz 1 PStV, dass bei einer Geburtsanzeige das Standesamt verlangen soll, dass ihm neben den Geburtsurkunden der Eltern, gegebenenfalls der Eheurkunde oder der Erklärung über die Vaterschaftsanerkennung unter anderem ein Personalausweis, Reisepass oder ein anderes anerkanntes Passersatzpapier der Eltern vorgelegt werden; jedoch kann nach § 33 Satz 3 PStV das Standesamt die Vorlage weiterer Urkunden verlangen, wenn dies zum Nachweis von Angaben erforderlich ist. Allgemein bestimmt § 9 Abs. 2 PStG, dass, falls den zur Beibringung von Nachweisen Verpflichteten die Beschaffung öffentliche Urkunden nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist, auch andere Urkunden als Beurkundungsgrundlage dienen können und dass, falls auch diese nicht einfacher zu beschaffen sind oder die für die Beurkundung erheblichen tatsächlichen Behauptungen der Betroffenen weder durch öffentliche noch durch andere Urkunden nachgewiesen werden können, der Standesbeamte zum Nachweis dieser Tatsachen Versicherungen an Eides statt der Betroffenen oder anderer Personen verlangen und abnehmen kann. Darüber hinaus ist der Möglichkeit einer Beweisnot der Eltern in § 35 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. PStV Rechnung getragen. Danach ist, falls dem Standesamt bei der Beurkundung der Geburt keine geeigneten Nachweise zu Angaben über die Eltern des Kindes vorliegen, hierüber im Geburtseintrag ein erläuternder Zusatz aufzunehmen; hierdurch wird erkennbar, dass die Angaben zur Person der Eltern nicht auf gesicherten Erkenntnissen beruhen und die Personenstandsurkunde hinsichtlich dieser Angaben nicht an der hohen Beweiskraft personenstandsrechtlicher Beurkundungen teilhat (SchlHOLG a.a.O.).
18b)aa)Im vorliegenden Fall ist bereits fraglich, inwieweit die Beteiligten zu 1. überhaupt eine Berichtigung im technischen Sinne begehren. Zwar fällt unter diesen Begriff nicht nur die Richtigstellung von etwas Falschem, sondern auch das Hinzufügen von etwas Fehlendem, doch muss die Unrichtigkeit von Anfang an bestehen (Gaaz/Bornhofen, PStG, 3. Aufl. 2014, § 47 Rdnr. 7 m.w.Nachw.). Jedoch könnte sich der Antrag zumindest überwiegend auf Folgebeurkundungen richten.
19Diese eher formellen Fragen können indes auf sich beruhen. Denn zum einen kann das Standesamt jedenfalls nach § 49 Abs. 1 PStG auf Antrag der Beteiligten vom Gericht zur Vornahme einer vom Amt abgelehnten Amtshandlung angewiesen werden.
20bb)Zum anderen und vor allem müsste sich in jedem Fall das Gericht – hier das Beschwerdegericht – die Überzeugung von der Richtigkeit der beantragten Eintragungen bilden können. Das aber ist nach den aufgezeigten Grundsätzen nicht möglich.
21(1)Alle drei beantragten neuen Eintragungen – zur Person des Vaters, zum Geburtsnamen des Kindes und zur Ehe der Eltern – setzen voraus, dass der Beteiligte zu 1.b) als Vater des Kindes festgestellt werden kann. Das ist bislang nicht möglich.
22Die Abstammung des Kindes unterliegt nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB zumindest auch deutschem Recht. Zum Zeitpunkt der Geburt waren die Beteiligten zu 1. unstreitig nicht miteinander verheiratet. Dann kommt für die Vaterschaft des Beteiligten zu 1.b) gemäß § 1592 Nr. 2 BGB alles auf die Wirksamkeit seiner Vaterschaftsanerkennung an. Zwar liegt inzwischen die erforderliche (§ 1595 Abs. 1 BGB) Zustimmung der Beteiligten zu 1.a) vor. Jedoch ist die Wirksamkeit zu verneinen, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, § 1594 Abs. 2 BGB (in diesem Fall ist die Anerkennung schwebend unwirksam), mithin auch dann, wenn die Beteiligte zu 1.a) zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet gewesen ist. Deshalb hat der Beteiligte zu 3. zu Recht einen diesbezüglichen Ledigkeitsnachweis gefordert; dieser wiederum setzt zugleich wegen der notwendigen Identitätsprüfung, also des Nachweises der Identität der Beteiligten zu 1.a), die Vorlage einer Geburtsurkunde oder eines gültigen Reisepasses durch die Beteiligte zu 1.a) voraus.
23(2)
24Was speziell die Beurkundung als eheliches Kind, mithin die Eintragung der Eheschließung anbelangt, folgt zudem aus der ungeklärten Identität der Beteiligten zu 1. a) zugleich, dass es aus diesem Grunde auch an dem Nachweis dieser Eheschließung fehlt.
25Um die „Anerkennung“ der formellen Rechtmäßigkeit der standesamtlichen Heirat geht es nicht; entscheidend ist, dass ein Trauschein nicht zum Nachweis der Identität hier der Beteiligten zu 1.a) geeignet ist. Im gegebenen Fall tritt hinzu, dass, sollte die Trauung auf der Grundlage des Reiseausweises erfolgt sein, dessen Inhalt ausweislich eines dahingehenden ausdrücklichen Vermerks allein auf den eigenen Angaben der Beteiligten beruhte. Überdies hat sich die Beteiligte zu 1.a) in der Urkunde über ihre Zustimmung zur Vaterschaftsanerkennung vom 27. August 2013, also über ein Jahr nach der Trauung in Dänemark, als „ledig“ bezeichnet.
26(3)
27Sind die Vorlageverlangen des Beteiligten zu 3. danach im Ansatz berechtigt, könnte den Anträgen der Beteiligten zu 1. allein aufgrund bestehender Aktenlage nur dann nachgekommen werden, wenn die Beteiligte zu 1.a) sich im Sinne der oben wiedergegebenen Grundsätze in einer Beweisnot befände.
28Von einer solchen kann jedoch schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Beteiligten zu 1. sich in keiner Weise zu ergebnislosen Bemühungen um den Erhalt aussagekräftiger Dokumente geäußert haben. Der bloße Verweis auf die Lage „in Syrien“ hilft nicht weiter. Denn nach den Erklärungen der deutschen Auslandsvertretung in Syrien sowie des Auswärtigen Amtes – und zwar auch aus neuester Zeit, also unter Berücksichtigung der Gegebenheiten aufgrund des Bürgerkrieges – kann gerade nicht ohne weiteres angenommen werden kann, die gewünschten Urkunden seien landesweit in keinem Fall zu beschaffen, noch nicht einmal sei dies Personen verwehrt, die Syrien ohne Ausreisegenehmigung verlassen hätten, weil sie sich Dritter bei der Beschaffung bedienen könnten; auch seien allgemein Vorlegalisationen diskriminierungsfrei zu erhalten; die deutsche Botschaft nehme nach wie vor sogar Legalisationen jedenfalls von Personenstandsurkunden vor. Dies hat der Beteiligte zu 3. in der Beschwerdebegründung und mit Schriftsatz vom 11. November 2015 im einzelnen dargestellt und durch Ausführungen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums sowie des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Inneren belegt. Darüber hinaus sind die Beteiligten zu 1. auch den Darlegungen des Beteiligten zu 3. nicht entgegengetreten, wegen ihres langjährigen Aufenthalts in Deutschland wäre es der Beteiligten zu 1.a) schon vor Geburt des Kindes und unter stabileren Verhältnissen in Syrien unschwer möglich gewesen, sich eine Geburtsurkunde aus Syrien zu beschaffen oder sich einen Reisepass ausstellen zu lassen.
29III.
30Eine Kostenentscheidung ist weder im Verfahren der Beschwerde gegen den Beschluss vom 8. Mai 2015, noch in demjenigen gegen den Beschluss vom 13. August 2014 veranlasst. Anfall und Tragung der Gerichtskosten ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG). Für eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten zugunsten der Beteiligten zu 3. oder 2. besteht bereits deshalb keinen Grund, weil ausgeschlossen werden kann, dass diesen Beteiligten solche erwachsen sind.
31Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor. Der Senat hat auf den gegebenen Fall nur rechtliche Grundsätze angewendet, die in der Rechtsprechung bereits entwickelt worden sind.
32Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.