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I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klägerin – der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4c Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28.04.2017 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Vergleichs vor dem Landgericht Düsseldorf vom 17.01.2017 sind von der Beklagten 3.054,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 26.01.2017 an die Klägerin zu erstatten.
II. Die Anschlussbeschwerde der Beklagten wird zurückgewiesen.
III.Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Klägerin 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen; die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt.
IV.Der Beschwerdewert wird auf 1.950,08 EUR festgesetzt, wovon auf die Beschwerde der Klägerin 1.777,58 EUR und auf die Anschlussbeschwerde der Beklagten 172,50 EUR entfallen.
G r ü n d e:
2Die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie sich dagegen wendet, dass die Rechtspflegerin im Rahmen der Kostenfestsetzung die von ihr angemeldeten Kosten des Patentanwalts nicht berücksichtigt hat, ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO, 569 ZPO statthaft und auch ansonsten zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16.05.2017 zugestellt worden (Bl. 86 GA). Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 17.05.2017 ist am 22.05.2017 und damit innerhalb der 2-wöchigen Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO beim Landgericht eingegangen. Der Beschwerdeantrag der Klägerin, der darauf gerichtet ist, den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts insoweit aufzuheben bzw. abzuändern, als dieser die von ihr angemeldeten Patentanwaltskosten im Höhe von 2.370,11 EUR absetzt und diese Kosten ebenfalls zu den erstattungsfähigen Kosten hinzuzufügen, ist dahin zu verstehen, dass nicht eine Erhöhung des vom Landgericht festgesetzten Erstattungsbetrages von 1.574,47 EUR um weitere 2.370,11 EUR, sondern eine Erhöhung um denjenigen Betrag begehrt wird, der sich ergibt, wenn die von der Klägerin angemeldeten Patentanwaltskosten in Höhe von 2.370,11 EUR in die vom Landgericht angestellte Berechnung als ausgleichsfähige Kosten eingestellt werden. In diesem Fall würde sich der vom Landgericht festgesetzte Betrag von 1.574,47 EUR um 1.177,58 EUR (= 2.370,11 EUR abzüglich von der Klägerin zu tragender 25 %) auf 3.352,05 EUR erhöhen. Die mit diesem Begehren zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist in dem aus der Beschlussformel zu I. ersichtlichen Umfang begründet. Zu Unrecht hat das Landgericht sämtliche von der Klägerin angemeldeten Patentanwaltskosten bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin handelt es sich bei den von der Klägerin zur Kostenfestsetzung angemeldeten Gebühren ihres Patentanwalts um ausgleichsfähige Kosten, deren Erstattung die Klägerin – unter Berücksichtigung der von ihr anteilig zu tragenden Kosten – verlangen kann. Etwas anderes gilt allerdings für die von der Klägerin auch angemeldeten Reisekosten ihres Patentanwaltes. Diese sind nicht erstattungsfähig; insoweit bleibt ihre Beschwerde ohne Erfolg.
3Zu entscheiden ist auch darüber, ob das Landgericht die von der Beklagten ihrerseits angemeldeten „Patentanwaltskosten“ in Höhe von 690,00 EUR zu Recht bei der Kostenfestsetzung nicht berücksichtigt hat. Denn insoweit hat die Beklagte eine zulässige Anschlussbeschwerde eingelegt. Ihre Beschwerdeerwiderung ist als eine solche auszulegen. Irrelevant ist, dass die Beklagte ihren Schriftsatz, mit dem sie auf die Beschwerde der Klägerin erwidert hat, nicht explizit auch als „Anschlussbeschwerde“ bezeichnet hat. Denn der Rechtsmittelgegner muss sein Anschlussrechtsmittel nicht ausdrücklich als solches bezeichnen (BGH, NJW 2008, 1953 Rn. 16; GRUR 2012, 180 Rn. 26 – Werbegeschenke; GRUR 2015, 1108 Rn. 27 – Grenn-IT; Senat, GRUR-RR 2006, 118, 120; OLG Düsseldorf, [15. ZS] GRUR-RR 2017, 249 Rn. 24); der Anschluss kann auch konkludent erfolgen. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17.08.2017 im Übrigen ausdrücklich erklärt, dass es sich bei ihrem Begehren um eine (Hilfs-)Anschlussbeschwerde handelt. Die Anschlussbeschwerde der Beklagten ist gemäß § 567 Abs. 3 ZPO statthaft. Wie im Falle der Anschlussberufung (§ 524 ZPO) kann sich der Beschwerdegegner hiernach der Beschwerde anschließen. Dass die Anschlussbeschwerde für den Fall des Erfolges der Beschwerde der Klägerin eingelegt worden ist, steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen. Eine Anschließung kann unter der Bedingung erfolgen, dass der in erster Linie gestellte Antrag auf Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels ohne Erfolg bleibt (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 874, 875 f.; DtZ 1997, 229, 230 f.; Senat, GRUR-RR 2006, 118, 120; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 524 Rn. 17; Musielak/Voit/Ball, ZPO, 14. Aufl., § 524 Rn. 12; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 5. Aufl., § 524 Rn. 28 BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 25. Edition, § 524 Rn. 11). Die Anschlussbeschwerde der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Sie kann wie die Beschwerde beim Untergericht oder beim Beschwerdegericht (§ 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) eingelegt werden. Für sie gilt auch die Abhilfemöglichkeit des § 572 Abs. 1 ZPO. Ist dieses Verfahren durch Vorlage der Akten an das Beschwerdegericht abgeschlossen, ist sie jedoch – wie hier geschehen – beim Beschwerdegericht einzulegen (OLG Köln, FamRZ 2000, 1027); ein erneutes Abhilfeverfahren wird in diesem Fall nicht eröffnet (BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, § 567 Rn. 36). Die Einlegung muss – wie vorliegend geschehen – bis zum Abschluss des Verfahrens über die Hauptbeschwerde erfolgen. Im Übrigen sieht das Gesetz eine Einlegefrist für die Anschlussbeschwerde nicht vor (BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, § 567 Rn. 36). § 567 Abs. 2 ZPO gilt für die Anschlussbeschwerde nicht. Über die danach zulässige Anschlussbeschwerde der Beklagten ist zu entscheiden, weil der Antrag auf vollständige Zurückweisung der Beschwerde der Beklagten ohne Erfolg geblieben ist. In der Sache erweist sich die Anschlussbeschwerde der Beklagten jedoch als unbegründet, weil die Rechtspflegerin die von der Beklagten angemeldeten „Patentanwaltskosten“ zu Recht nicht berücksichtigt hat. Diese Kosten sind nämlich nicht erstattungsfähig.
4Hinsichtlich der Begründetheit der Beschwerde der Klägerin und der Anschlussbeschwerde der Beklagten gilt im Einzelnen Folgendes:
51.Die von der Klägerin angemeldeten Gebühren ihres Patentanwalts sind gemäß § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig, weshalb die Rechtspflegerin diese zu Unrecht nicht in die Kostenfestsetzung einbezogen hat. Etwas anderes gilt jedoch in Bezug auf die ebenfalls angemeldeten Reisekosten des Patentanwalts der Klägerin.
6a)
7Nach § 143 Abs. 3 PatG sind die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache entstandenen Kosten in Höhe der dem Rechtsanwalt nach § 13 RVG i.V.m. dem Vergütungsverzeichnis erwachsenen Gebühren zu erstatten.
8Bezüglich der Kosten für die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Patentstreitsache ist nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung i.S. des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig war (vgl. BGH, GRUR 2003, 639, 640 – Kosten des Patentanwalts I; GRUR 2011, 754 Rn. 17 – Kosten des Patentanwalts II; GRUR 2012, 756 Rn. 20 – Kosten des Patentanwalts III [jew. zu § 140 III MarkenG]; Senat, GRUR-RR 2012, 305, 307 – Unberechtigte Patentberühmung; GRUR-RR 2012, 308 f. – Fahrbare Betonpumpen). Auf die sachliche Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts kommt es für die Erstattungsfähigkeit der Gebühren auf Grund der Regelung des § 143 Abs. 3 PatG damit nicht an; die für die Mitwirkung des Patentanwalts geschuldeten Gebühren sind in Patentstreitsachen stets erstattungsfähig. Ob der Patentanwalt im Rahmen seiner Mitwirkung auch technische oder patentrechtliche Fragen zu beantworten hatte, ist ohne Belang (Senat, GRUR-RR 2012, 305, 307; GRUR-RR 2012, 308, 309).
9aa)Bei der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Klage auf Erstattung der Kosten für ein vorgerichtliches Abwehrschreiben im Anschluss an eine Abmahnung wegen Patentverletzung handelte es sich um eine Patentstreitsache im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG.
10Patentstreitsachen sind nach § 143 Abs. 1 PatG alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der im Patentgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Der Begriff der Patentstreitsache ist grundsätzlich weit auszulegen (BGH, GRUR 2011, 662 – Patentstreitsache; Senat, GRUR-RR 2012, 305 – Unberechtigte Patentberühmung; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl., § 143 PatG Rn. 1). Zu den Patentstreitsachen zählen alle Klagen, die einen Anspruch auf eine Erfindung oder aus einer Erfindung zum Gegenstand haben oder sonst wie mit einer Erfindung eng verknüpft sind (BGH, GRUR 2011, 662 Rn. 9 – Patentstreitsache; GRUR 2013, 756 Rn. 10 – Patentstreitsache II). Hierzu können insbesondere Klagen gehören, deren Anspruchsgrundlage sich aus einem Patent oder einer nicht geschützten Erfindung ergibt (BGH, GRUR 2011, 662 Rn. 9 – Patentstreitsache; GRUR 2013, 756 Rn. 10 – Patentstreitsache II), wobei aber auch Klagen, deren Anspruchsgrundlage sich nicht aus dem Patentgesetz ergibt, unter den Begriff der Patentstreitsache fallen können (Senat, GRUR-RR 2012, 305). Daher unterfallen z.B. auch wettbewerbsrechtliche oder deliktsrechtliche Klagen gegen Patentberühmungen oder Anspruchsberühmungen § 143 Abs. 3 PatG (vgl. hierzu Senat, GRUR-RR 2012, 305).
11Um eine Patentstreitsache handelt es sich auch bei einer Klage auf Erstattung der Kosten für eine Abmahnung wegen Patentverletzung (vgl. OLG Frankfurt, GRUR-RR 2012, 307; GRUR-RR 2001, 199; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2006, 302 [jew. zu § 140 III MarkenG]; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Aufl., Kap. C Rn. 35; Schulte/Rinken/Kühnen, PatG, 9. Aufl., § 143 Rn. 9 Ziff. 21; BeckOK Patentrecht, Fitzner/Lutz/Bodewig/Kircher, Edition 5, § 143 Rn. 15; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 11; a.A. Busse/Kaess, PatG, 8. Aufl., § 143 Rn. 67). Denn die Abmahnung diente der Durchsetzung von Ansprüchen nach §§ 139 ff PatG. Der Streit geht bei einer anschließenden Klage auf Kostenerstattung zwar nur noch um die Kosten der Abmahnung. Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten – aus dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB) und/oder aus § 139 Abs. 3 PatG – besteht aber nur dann, wenn die in Rede stehende Abmahnung berechtigt war. Bei einer entsprechenden Kostenerstattungsklage ist daher regelmäßig die Berechtigung der Abmahnung und sind damit auch die ihr zugrunde liegenden patentrechtlichen Ansprüche zu prüfen. Muss der Anspruch auf Erstattung der Kosten einer Abmahnung wegen Patentverletzung im Wege einer Klage geltend gemacht werden, handelt es sich deshalb bei einer solchen Erstattungsklage stets um eine Patentstreitsache im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG. Dies gilt unabhängig davon, ob der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten als Schadensersatzanspruch auf § 139 Abs. 3 PatG oder auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt wird (vgl. zum MarkenG: OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2006, 302, 303; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 140 Rn. 11). Denn es ist – wie ausgeführt – nicht erforderlich, dass der jeweils geltend gemachte Anspruch auf eine patentrechtliche Vorschrift gestützt wird.
12Eine Kostenerstattungsklage gegen den Schutzrechtsverletzer ist vor diesem Hintergrund nicht mit einer Honorarklage eines Rechts- oder Patentanwalts gegen seinen Mandanten aus patentrechtlicher Beratungs- oder Vertretungstätigkeit vergleichbar (vgl. auch Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 140 Rn. 11), bei der es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2013, 756 – Patentstreitsache II) nicht notwendigerweise schon deswegen um eine Patentstreitsache handelt, weil der Gegenstand des zugrunde liegenden Auftrags sich auf eine Erfindung bezogen oder ein Patent oder eine Patentanmeldung betroffen hat. Die für eine solche Honorarklage geltenden Grundsätze finden auf eine Kostenerstattungsklage daher keine Anwendung.
13Handelt es sich damit bei einer Klage auf Erstattung von Abmahnkosten um eine Patentstreitsache, wenn es sich bei der Abmahnung um eine solche aus einem Patent handelte und Gegenstand der Abmahnung folglich eine patentrechtliche Angelegenheit war, so kann für eine Klage auf Erstattung der Kosten für ein vorgerichtliches Abwehrschreiben gegen eine solche Abmahnung, wie sie vorliegend von der Klägerin erhoben wurde, nichts anderes gelten. Mit einer solchen Klage wird ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter Abmahnung aus einem Patent geltend gemacht. Klagen auf Schadensersatz wegen unberechtigter Geltendmachung patentrechtlicher Ansprüche gehören ebenso wie Klagen auf Unterlassung der Geltendmachung patentrechtlicher Ansprüche zu den Patentstreitsachen im Sinne von § 143 Abs. 1 PatG (Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 143 Rn. 9 Ziff. 4). Dies gilt insbesondere für Klagen wegen unberechtigter Verwarnung (vgl. OLG Hamburg, Mitt. 1982, 154; LG Düsseldorf, Urt. v. 9.4.2014 – 4a O 121/14, BeckRS 2015, 15909; LG Frankfurt, Mitt. 2014, 30, 32; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 4; Busse/Kaess, a.a.O., § 143 Rn. 62; Schulte/Rinken/Kühnen, a.a.O., § 143 Rn. 9 Ziff. 16; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 4). Bei einer Klage auf Ersatz der Kosten für ein Abschlussschreiben auf eine patentrechtliche Abmahnung handelt es sich um eine Schadensersatzklage wegen unberechtigter Schutzrechtsverwarnung. Diese ist zwar nur auf den Ersatz der durch die Abwehr der Abmahnung entstandenen Anwaltskosten gerichtet. Voraussetzung für einen entsprechenden Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB (unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), wie er hier von der Klägerin geltend gemacht wurde, ist jedoch, dass die vorausgegangene Abmahnung unberechtigt war. Vor diesem Hintergrund ist auch bei einer solchen Kostenerstattungsklage regelmäßig die Berechtigung der Abmahnung und sind damit auch die ihr zugrunde liegenden patentrechtlichen Ansprüche zu prüfen.
14Der Senat verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass im Einzelfall die Situation eintreten kann, dass die Kosten des für das außergerichtliche Abmahn- oder Abwehrschreiben zusätzlich beauftragten Patentanwalts nicht erstattungsfähig sind, während im nachfolgenden Prozess, in dem (nur noch) die Kosten für das Abmahn- bzw. Abschlussschreiben eingeklagt werden, die Kosten des in diesem Rechtsstreit mitwirkenden Patentanwalts nach § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig sind. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann, wenn neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abmahnung wegen einer Patentverletzung mitgewirkt hat, die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB oder § 139 PatG nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war (BGH, GRUR 2011, 754 Rn. 13 – Kosten des Patentanwalts II [Markensache]). Ebenso kann, wenn neben einem Rechtsanwalt auch ein Patentanwalt an der Abwehr einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung mitgewirkt hat, die Erstattung der durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Kosten nach §§ 677, 683 S. 1, § 670 BGB nur beansprucht werden, wenn der Anspruchsteller darlegt und nachweist, dass die Mitwirkung des Patentanwalts erforderlich war (BGH, GRUR 2012, 756 – Kosten des Patentanwalts III [Markensache]). Die Regelung des § 143 Abs. 3 PatG, die nur für Kosten gilt, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einem Rechtsstreit entstanden sind und nicht für Kosten, die– wie Abmahnkosten oder Kosten für die Abwehr einer Schutzrechtsverwarnung – durch die Mitwirkung eines Patentanwalts außerhalb eines Rechtsstreits angefallen sind, ist insoweit weder unmittelbar noch analog anwendbar. Darin, dass deshalb der Fall eintreten kann, dass die Kosten des für das Abmahn- oder Abwehrschreiben zusätzlich beauftragten Patentanwalts nicht erstattungsfähig sind, während im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren, in dem die Kosten für das außergerichtliche Abmahn- bzw. Abschlussschreiben eingeklagt werden, die Kosten des in diesem Rechtsstreit mitwirkenden Patentanwalts nach § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig sind, mag ein gewisser „Wertungswiderspruch“ liegen. Dies allein kann es jedoch nicht rechtfertigen, die Regelung des § 143 Abs. 3 PatG auf Kostenerstattungsklagen nicht anzuwenden (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2006, 302, 303 [zu § 140 III MarkenG]).
15bb)
16Da es sich bei der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Kostenerstattungsklage um eine Patentstreitsache handelte, kommt es für die Erstattungsfähigkeit der angemeldeten Patentanwaltsgebühren nicht darauf an, ob die Mitwirkung des Patentanwalts der Klägerin hier zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sachlich notwendig war. Es ist daher ohne Belang, dass sich die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 20.09.2016 nur noch gegen die Höhe des von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gegenstandswerts und die Höhe der ersetzt begehrten Geschäftsgebühr gewandt und sie außerdem die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die zusätzliche Hinzuziehung eines Patentanwalts für die Abwehr der Abmahnung bestritten hat, sie hingegen dem Vortrag der Klägerin, wonach die Abmahnung vom 05.06.2010 mangels einer Patentbenutzung unberechtigt war, nicht entgegengetreten ist.
17cc)Eine Mitwirkung ihres Patentanwalts an dem zugrunde liegenden Rechtsstreit hat die Klägerin hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht. Für die Mitwirkung des Patentanwalts bei der Vorlage der Klage genügt hier, dass dessen Mitwirkung zu Beginn des Verfahrens in der Klageschrift (S. 2 [Bl. 2 GA]) angezeigt worden ist und die Klägerin zuletzt eine auf das vorliegende Verfahren bezogene Kostenrechnung ihres Patentanwaltes vorgelegt hat. Wie sich aus dem Sitzungsprotokoll des Landgerichts vom 17.01.2017 (Bl. 37 GA) ergibt und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, hat der Patentanwalt außerdem an der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, in der auch der Prozessvergleich geschlossen worden ist, teilgenommen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin ist er auch in die Vergleichsverhandlungen mit einbezogen worden, die zum Abschluss des Vergleichs geführt haben. Einer näheren Darlegung der konkreten Tätigkeit des Patentanwalts, insbesondere bei der Vorlage der Klageschrift, bedarf es unter diesen Umständen nicht. Aufgrund der dargetanen Mitwirkung ist auch für den Patentanwalt sowohl eine Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) als auch eine Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG) als auch eine Einigungsgebühr (Nr. 1003 VV RVG) entstanden.
18b)
19Nicht erstattungsfähig sind jedoch die von der Klägerin ebenfalls angemeldeten Auslagen ihres Patentanwalts (Reisekosten einschließlich Abwesenheitsgeld) für die Terminswahrnehmung vor dem Landgericht. Denn diese waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.
20aa)
21Die Erstattungsfähigkeit der Auslagen des Patentanwalts hängt nach § 143 Abs. 3 PatG davon ab, ob sie im Sinne des § 91 Abs. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren (Senat, GRUR-RR 2012, 308, 311 – Fahrbare Betonpumpe; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 11. Aufl., § 143 PatG Rn. 26). Die Kosten einer Reise des Patentanwalts zum Verhandlungstermin in einer Patentstreitsache sind zwar in aller Regel als erstattungsfähig anzusehen (Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 26). Etwas anderes kann aber ausnahmsweise gelten, wenn bereits vorher verlässlich feststeht, dass in dem Termin überhaupt keine technischen und/oder patentrechtlichen Fragen zu erörtern sind (vgl. hierzu auch Senat, GRUR-RR 2012, 308, 311 – Fahrbare Betonpumpe).
22So verhält es sich hier. Denn die Beklagte hat sich in ihrer Klageerwiderung vom 20.09.2016 nur noch gegen die Höhe des von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gegenstandswerts und die Höhe der ersetzt begehrten Geschäftsgebühr gewandt sowie außerdem bloß die Erstattungsfähigkeit der Kosten für die zusätzliche Hinzuziehung eines Patentanwalts für die Abwehr der Abmahnung bestritten. Dem Vortrag der Klägerin, wonach die Abmahnung vom 05.06.2010 mangels einer Patentbenutzung unberechtigt war, ist sie hingegen nicht entgegengetreten. Sie hat vielmehr in ihrer Klageerwiderung ausgeführt, dass das mit der Abmahnung beanstandete Produkt der Klägerin keine Verriegelungsstifte aufweise, welche in dem Abmahnpatent jedoch eine übergeordnete Rolle spielten (Bl. 28 GA). Sie hat damit eingeräumt, dass die mit der Abmahnung angegriffene Ausführungsform der Klägerin von der technischen Lehre dieses Patents keinen Gebrauch macht, und hiermit zugleich zugestanden, dass ihre Abmahnung mangels Vorliegens einer Patentverletzung durch die Klägerin unberechtigt war. Gegenteiliges hat sie auch in der Folge nicht geltend gemacht. Unter diesen Umständen war hier auszuschließen, dass im Verhandlungstermin vor dem Landgericht technische und/oder patentrechtliche Fragen noch irgendeine Rolle spielen. Unter diesen Umständen bestand für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins durch den Patentanwalt der Klägerin neben ihrem Rechtsanwalt keine Notwendigkeit mehr.
23bb)
24Von den angemeldeten Patentanwaltskosten in Höhe von insgesamt 2.370,11 EUR sind damit die Kosten (Bahnkosten; Hotelkosten; Abwesenheitsgeld) für die Wahrnehmung des Termins vor dem Landgericht in Abzug zu bringen. Diese belaufen sich auf insgesamt 397,11 EUR.
25cc)
26Die erstattungsfähigen Patentanwaltskosten der Klägerin belaufen sich folglich auf 1.973,00 EUR. Die in diesem Betrag enthaltene Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,00 EUR ist ausgleichsfähig. In entsprechender Anwendung von Nr. 7001 VV RVG sind Entgelte des Patentanwalts für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in einer Patentstreitsache regelmäßig in voller Höhe erstattungsfähig, wobei anstelle der tatsächlichen Auslagen die Pauschale in Höhe von 20 % der Gebühren bis zu höchstens 20,00 EUR nach Nr. 7002 VV RVG gewählt werden kann (Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 143 PatG Rn. 26). Das gilt auch im Streitfall. Zwar hatte die Beklagte auf das anwaltliche Abwehrschreiben der Klägerin mit Schreiben vom 29.06.2015 die Abmahnung hinsichtlich sämtlicher mit dieser geltend gemachter Ansprüche zurückgenommen und sich dazu verpflichtet, aus der Abmahnung keine weiteren Rechte gegen die Klägerin herzuleiten. Gleichzeitig hatte die Beklagte in diesem Schreiben jedoch erklärt, dass sämtliche wechselseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit der Angelegenheit abgegolten und die Sache erledigt sei. Einen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin hatte sie vorprozessual dem Grunde nach nicht anerkannt. Außerdem hatte sie mit anwaltlichem Schreiben vom 14.07.2015 noch ausgeführt, dass es sich keinesfalls um unberechtigte Vorwürfe gehandelt habe, welche eine Zahlungspflicht von ihr begründen würden (Bl. 5 GA). Vor diesem Hintergrund musste die Klägerin vorprozessual noch damit rechnen, dass es in einem Rechtsstreit auf Erstattung der Kosten für die Abwehr der gegnerischen Abmahnung auf die Berechtigung der Abmahnung ankommt und damit technische und/oder patentrechtliche Fragen eine Rolle spielen können.
27c)
28Die von der Klägerin angemeldeten Patentanwaltskosten sind damit in Höhe von 1.973,00 EUR erstattungsfähig, so dass sich der festzusetzende Betrag unter Zugrundelegung der Berechnung des Landgerichts wie folgt berechnet:
29ausgleichsfähigen Kosten:Kläger - Seite: 4.488,96 EURBeklagten - Seite: 1.973,00 EURAusgleichsfähige Kosten insgesamt: 6.461,96 EURVon den ausgleichsfähigen Kosten trägt die Klägerin 25%: 1.615,49 EURAbzüglich der eigenen Kosten der Klägerin: 4.488.96 EURErstattungsanspruch der Klägeringegen die Beklagte: 2.873,47 EUR
30Erstattungsanspruch Gerichtskosten der Klägeringegen die Beklagte: 180,75 EURErstattungsanspruch außergerichtliche Kosten der Klägeringegen die Beklagte: 2.873,47 EURGesamter Erstattungsanspruch der Klägeringegen die Beklagte: 3.054,22 EUR
31Über den vom Landgericht festgesetzten Betrag von 1.574,47 EUR kann die Klägerin damit die Erstattung weiterer 1.479,75 EUR von der Beklagen verlangen.
32d)
33Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin war der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss daher – unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Klägerin – entsprechend abzuändern.
342.Die von der Beklagten ihrerseits angemeldeten Kosten der Patentanwälte F. in Höhe von 690,00 EUR hat die Rechtspflegerin bei der Kostenfestsetzung zu Recht nicht berücksichtigt.
35Diese Kosten sind nicht nach § 143 Abs. 3 PatG erstattungsfähig. Denn die Beklagte hat eine Mitwirkung der Patentanwälte F. im vorliegenden Rechtsstreit weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Weder hat sie die Mitwirkung eines Patentanwalts im Rahmen des Rechtsstreits angezeigt, noch hat ein solcher für sie am Verhandlungstermin vor dem Landgericht teilgenommen.
36Bei den von der Beklagten angemeldeten Kosten handelt es sich ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Rechnung um Kosten für die Einholung einer gutachterlichen Äußerung. Diese sind nicht erstattungsfähig. Zu den nach § 91 Abs. 1 ZPO zu erstattenden Kosten können zwar auch die Aufwendungen einer Partei für ein von ihr eingeholtes Privatgutachten gehören. Auch die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten setzt aber voraus, dass die Beauftragung des Gutachters zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO war. Dies kann dann der Fall sein, wenn einer Partei die notwendige Sachkunde fehlt, um ihren Anspruch schlüssig zu begründen oder sich gegen die geltend gemachten Ansprüche sachgemäß zu verteidigen. Auch muss das Privatgutachten stets objektiv geeignet sein, die Rechtsstellung einer Partei tatsächlich zu unterstützen.
37Vorliegend ist nicht feststellbar, dass die Einholung eines Privatgutachtens durch die Beklagte im Sinne des § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Das eingeholte Privatgutachten, das die Beklagte weder im Rechtsstreit noch im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren vorgelegt hat, betraf ausweislich der zur Akte gereichten Rechnung die Überprüfung einer möglichen Patentverletzung. Eine solche hatte die Beklagte hier allerdings selbst mit ihrer vorausgegangenen Abmahnung gegenüber der Klägerin geltend gemacht. Die Abmahnung hatte sie sodann – wie bereits erwähnt – auf das Abwehrschreiben der Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 29.06.2015 ausdrücklich „zurückgenommen“. Im vorliegenden Rechtsstreit hat sie sich demgemäß nicht damit verteidigt, dass ihre Abmahnung – entgegen der Auffassung der Klägerin – berechtigt gewesen sei. Sie hat vielmehr im Ergebnis selbst eingeräumt, dass die Klägerin mit der von ihr beanstandeten Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, weshalb es hier zu dem betreffenden Zeitpunkt der Einholung eines Privatgutachtens zur Überprüfung einer möglichen Patentverletzung bedurft haben sollte.
38Die Anschlussbeschwerde der Beklagten erweist sich damit als unbegründet.
393.Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO und KV GKG Nr. 1812.
40Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzung des §§ 574 ZPO nicht gegeben sind.