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Auf die Berufung des Klägers wird das am 08.04.2016 verkündete Urteil der8. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (8 O 73/15) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 34.000,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.04.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen die Übertragung der Beteiligung des Klägers an der A „1“ GmbH und Co. KG in Höhe von 50.000,00 EUR.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1. mit der Annahme der vorgenannten Beteiligung in Verzug befindet.
Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, den Kläger von berechtigten Ausschüttungsrückforderungen freizustellen, die von Gläubigern der Fondsgesellschaft oder einem Insolvenzverwalter gemäß den §§ 171, 172 HGB gegenüber dem Kläger geltend gemacht werden.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und das weitergehende Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des ersten Rechtszugs und des zweiten Rechtszugs werden dem Kläger und der Beklagten zu 1. zu jeweils 50 % auferlegt.
Von den im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte zu 1. 50 % zu tragen. Die im ersten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. werden dem Kläger auferlegt. Die im zweiten Rechtszug entstandenen außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte zu 1. zu 70 % zu tragen. Im Übrigen haben die Parteien – mit Ausnahme der durch Senatsbeschluss vom 11.01.2017 verteilten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. – ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den betroffenen Parteien wird gestattet, die Vollstreckung der jeweils vollstreckenden Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:
bis zum 10.01.2017: 34.000,00 EUR
ab dem 11.01.2017: 40.000,00 EUR
Gründe:
2Die Parteien streiten über Schadenersatz im Zusammenhang mit einer Beteiligung des Klägers an dem streitgegenständlichen Schifffahrtsfonds.
3Diesbezüglich hat das Landgericht im angefochtenen Urteil folgende Feststellungen getroffen:
4„Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärung vom 03.02.2005 (Anlage K2) über die Beklagte zu 1. eine Kommanditbeteiligung an der A „1“ GmbH & Co. KG mit einer Einlage von € 50.000 zuzüglich 5 % Agio. … Am 11.02.2005 nahm die B Treuhandgesellschaft mbH & Co. KG die Beitrittserklärung des Klägers an. Der Unterzeichnung der Beitrittserklärung vorangegangen war ein Beratungsgespräch zwischen dem Kläger und einem Berater der Beklagten zu 1., in dessen Verlauf der Berater dem Kläger die Beteiligung anhand des Verkaufsprospekts vorgestellt hatte.“
5Die vom Kläger am 11.02.2015 beim Landgericht Düsseldorf anhängig gemachte Klage ist den Beklagten am 15.04.2015 zugestellt worden.
6Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten seien dem Kläger aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt heraus zur Leistung von Schadenersatz im Zusammenhang mit der von ihm abgegebenen Beitrittserklärung verpflichtet. Alle etwaigen Ansprüche des Klägers seien verjährt, weswegen die Beklagten gemäß § 214 Abs. 1 BGB zur Verweigerung einer ihnen etwa obliegenden Leistung berechtigt seien.
7Wegen der weiteren Einzelheiten der landgerichtlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil verwiesen (Bl. 123 ff. GA).
8Gegen das klageabweisende Urteil wendet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, die zehnjährige Verjährungshöchstfrist sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verstrichen. Es komme insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Beitrittserklärung an, sondern den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also den Zeitpunkt, in dem seine Beitrittserklärung angenommen worden sei, mit der Folge, dass die Klageforderung erst mit Ablauf des 11.02.2005 verjährt wäre. Seine am 11.02.2005 eingereichte und alsbald zugestellte Klage habe mithin den Ablauf der Verjährung gehemmt.
9Der Kläger hat seine Berufung am 02.12.2016 zurückgenommen, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 2. richtete. Insoweit hat der Senat mit Beschluss vom 11.01.2017 den Kläger des eingelegten Rechtsmittels für verlustig erklärt und ihm die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. auferlegt (Bl. 230 GA).
10Der Kläger beantragt – unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung – nunmehr
111. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an ihn 34.000 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der A „1“ GmbH und Co. KG in Höhe von 50.000 EUR darüber hinaus zur Zahlung von weiteren Zinsen in Höhe von 3 % p. a. für einen Betrag von 52.500 EUR ab dem 18.05.2005 bis zum 15.12.2005, in Höhe von 3 % p. a. für einen Betrag in Höhe von 48.500 EUR ab dem 16.12.2005 bis zum 31.10.2006, in Höhe von 3 % p. a. für ein Betrag in Höhe von 44.500 EUR ab dem 01.11.2006 bis zum 29.11.2007, in Höhe von 3 % p. a. für einen Betrag in Höhe von 40.500 EUR ab dem 30.11.2007 bis zum 27.11.2008, in Höhe von 3 % p. a. für einen Betrag in Höhe von 36.500 EUR ab dem 28.11.2008 bis zum 27.11.2009 sowie in Höhe von 3 % p. a. für einen Betrag in Höhe von 34.000 EUR ab dem 28.11.2009 bis zur Rechtshängigkeit;
122. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1. mit der Übertragung der Beteiligung an der vorgenannten Beteiligung in Annahmeverzug befinde,
133. festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, ihn von berechtigten Ausschüttungsrückforderungen freizustellen, die von den Gläubigern der
14Fondsgesellschaft oder einem Insolvenzverwalter gemäß §§ 171, 172 HGB geltend gemacht werden.
15Die Beklagte zu 1. beantragt,
16die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
17Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
18Die stellvertretende Senatsvorsitzende hat die Parteien mit Schreiben vom 02.11.2011 auf folgendes hingewiesen (Bl. 179 f. GA):
19„1. Zur Verjährung:
20Entgegen der Auffassung des Landgerichts dürften die streitgegenständlichen etwaigen Schadensersatzansprüche des Klägers im Zusammenhang mit den von ihm behaupteten Auskunfts-/Beratungsfehlern bzw. mit den von ihm geltend gemachten Ansprüchen entsprechend den Grundsätzen über die Prospekthaftung im weiteren Sinne bei Klageeinreichung noch nicht verjährt gewesen sein (§§ 195, 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB).
21Nach den vorgenannten Bestimmungen verjähren die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände in zehn Jahren von ihrer Entstehung an gerechnet. Ein Anspruch im Sinne des §§ 199 BGB ist entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (vgl. Grote, in: Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2015, § 199 Rn. 4; Henrich/Spindler, in: Beck‘scher Online-Kommentar BGB, Bamberger/Roth, 40. Edition, Stand: 01.08.2016, § 199 Rn. 4; Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, 14. Aufl. 2014, § 199 Nr. 4).
22Wird der Schadensersatzanspruch, wie es hier der Fall ist, auf die Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung gestützt, ist der Anleger aufgrund der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2013 - XI ZR 498/11, juris). Der auf eine Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung gestützte Schadensersatzanspruch entsteht im Zeitpunkt der „rechtlichen Bindung“ des Klägers an seine Beteiligungsentscheidungen, also im Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsschlusses (BGH, Urteil vom 24.03.2015 - XI ZR 278/14, juris; BGH, Urteil vom 11.04.2013 - III ZR 80/12, juris; BGH, Urteil vom 01.03.2004 - II ZR 88/02, juris). Maßgeblich ist insoweit nicht ein etwaiges dingliches Ausführungsgeschäft, sondern der schuldrechtliche Vertragsschluss (BGH, Urteil vom 24.03.2015 - XI ZR 278/14, a.a.O.). Der auf die Beteiligung des Klägers an der Fondsgesellschaft gerichtete Vertragsabschluss, auf den mithin abzustellen ist, ist jedoch erst dadurch zustande gekommen, dass das Vertragsangebot („Beteiligungserklärung“) des Klägers vom 03.02.2005 am 11.02.2005 durch die Gesellschaft angenommen wurde. Der streitgegenständliche Schaden ist nicht bereits herbeigeführt worden, dass der Kläger für die Dauer der Angebotsbindungsfrist an seine Vertragserklärung gebunden war (§§ 145, 146 BGB). Er ist erst dadurch verursacht worden, dass die Fondsgesellschaft das Angebot des Klägers innerhalb der Angebotsfrist angenommen hat. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in einer insoweit vergleichbaren Fallkonstellation (Entscheidung vom 14.04.2013, III ZR 80/12, a.a.O.) auch nicht auf den Zeitpunkt der Abgabe der Beitrittserklärung durch den Anleger (dort: 27.12.2000) abgestellt, sondern den Zeitpunkt der Annahmeerklärung (dort: Anfang 2001).
232. Zur Haftung der Beklagten zu 1.:
24a) Der Kläger ist, nachdem er seine Klage im Laufe des Rechtsstreits nur noch auf die im Tatbestand des angefochtenen Urteils mitgeteilten angeblichen Pflichtverletzungen gestützt hat, also auf den angeblich fehlenden Hinweis in Bezug auf das Risiko der Rückzahlung von Ausschüttungen sowie den fehlenden Hinweis auf ein im Prospekt nicht erläutertes Haftungsrisiko analog §§ 30, 31 GmbHG, mit der Geltendmachung der übrigen – streitigen - Pflichtverletzungen, auf die er die Klage zunächst auch gestützt hatte, ausgeschlossen (§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 S. 1 ZPO).
25Bei den erst im Berufungsverfahren wieder aufgenommenen weiteren Angriffsmitteln, handelt es sich um neue Angriffsmittel im Sinne von § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO. „Neu“ ist, was in erster Instanz nicht in der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist. Davon erfasst werden auch die Angriffs- und Verteidigungsmittel, die in der ersten Instanz zwar bereits vorgetragen waren, bis zur entscheidenden mündlichen Verhandlung aber wieder fallen gelassen worden sind (vgl. Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 531 Rn. 14a). Solche Angriffsmittel dürfen nur unter den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO im Berufungsverfahren zugelassen werden. Deren Voraussetzungen sind vom Kläger weder substantiiert dargetan worden, noch sonst ersichtlich.
26b) Prospektmängel hat der Kläger nicht schlüssig dargetan. Einer Aufklärung des Klägers in Bezug auf eine mögliche Haftung analog §§ 30, 31 GmbHG bedurfte es nicht (vgl. dazu OLG Hamm, Beschluss vom 31.03.2015 - I-34 U 149/14, juris; OLG Köln, Urteile vom 05.03.2015, I-24 U 159/14, juris und vom 26.02.2015 - I-24 U 112/14, juris). Das abstrakte Risiko, dass die Verwirklichung eines Anlagekonzepts bei Pflichtwidrigkeiten von Personen, in deren Händen die Geschicke der Anlagegesellschaft liegen, gefährdet ist, ist allgemein bekannt und stellt daher regelmäßig kein spezifisches aufklärungsbedürftiges Risiko einer Kapitalanlage dar (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2014 - III ZR 365/13, juris).
27c) Dagegen hat der Kläger schlüssig dargetan, dass er im Rahmen des mit dem Zeugen C, den für die Beklagte zu 1. tätigen Anlagevermittler, geführten Vermittlungsgesprächs über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung nicht unterrichtet worden sei und davon auch nicht im Rahmen einer vorhergehenden Zeichnung Kenntnis erlangt habe.
28Dass dem Kläger der Fondsprospekt, der das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung hinreichend umschreibt (S. 57 des Prospekts), rechtzeitig vor Zeichnung der Anlage vorlag, lässt sich im derzeitigen Verfahrensstadium nicht feststellen. Der vom Kläger unterzeichneten Erklärung über den Erhalt der Prospektunterlagen ist nicht zu entnehmen, wann die Aushändigung der Prospektunterlagen erfolgt sein soll, sodass sich aus der Erklärung nicht herleiten lässt, dass ihm die Prospektunterlagen so rechtzeitig überreicht worden sind, dass sie von ihm noch vor Zeichnung der Beteiligung zur Kenntnis genommen werden konnten. Auch muss sich der Kläger die in dem Zeichnungsschein enthaltene Angabe, er habe den Emissionsprospekt voll inhaltlich zur Kenntnis genommen, nicht entgegenhalten lassen. Die entsprechende – von der Fondsgesellschaft für eine Vielzahl von Fällen vorformulierte – Erklärung ist gemäß § 307 Nr. 12 a) und b) BGB unwirksam. …“
29Der Senat hat Beweis erhoben, durch Vernehmung der Zeugen D und C sowie durch Anhörung des Klägers. Wegen des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss vom 11.01.2017 (Bl. 230 GA) Bezug genommen. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2017 verwiesen (Bl. 229 ff. GA).
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
31II.
32Die zulässige Berufung des Klägers ist – soweit er sie nicht zurückgenommen hat – ganz überwiegend begründet.
33Die Beklagte zu 1. schuldet dem Kläger gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Anlageberatungsvertrag den zuerkannten Betrag.
34a) Zwischen den Parteien ist – wie vom Landgericht festgestellt und von der Beklagten zu 1. nicht erheblich angegriffen – ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen.
35Dieser verpflichtete die Beklagte zu 1. zur vollständigen und richtigen Anlageberatung. Während die dem Beratenen geschuldete Aufklärung über die für seine Anlageentscheidung relevanten Umstände richtig und vollständig sein muss, muss die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen Umstände ex ante betrachtet lediglich vertretbar gewesen sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, trägt dagegen der Beratene. Die von dem Berater geschuldete Aufklärung kann grundsätzlich sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen. Die Aushändigung eines Verkaufsprospekts ist eines von mehreren Mitteln für den Berater, die ihm obliegende Informationspflicht zu erfüllen. Sofern das übergebene Material nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und es dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass dessen Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann, genügt der Berater mit der rechtzeitigen Übergabe des Informationsmaterials seiner Aufklärungspflicht, solange er nicht mit von den Prospektangaben abweichenden mündlichen Erklärungen ein Bild der Anlage zeichnet, das die schriftlichen Hinweise entwertet oder deren Wert für die Entscheidungsbildung des Anlegers mindert.
36b) Gemessen daran, muss die Beklagte zu 1. sich vorhalten lassen, den Kläger fehlerhaft beraten zu haben, indem sie ihn nicht ordnungsgemäß über das mit der Anlage verbundene Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung unterrichtet hat.
37aa) Der Senat kann unentschieden lassen, ob der Kläger die Prospektunterlagen, die grundsätzlich dazu geeignet waren, die Anleger ordnungsgemäß über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung aufzuklären, so rechtzeitig vor Vertragsschluss erhalten hat, dass diese von ihm vor Zeichnung der Anlage noch hätten zur Kenntnis genommen werden können.
38Darauf, dass sich dies nicht aus den vom Kläger unterzeichneten Erklärungen ergibt, hat die stellvertretende Senatsvorsitzenden mit Schreiben vom 02.11.2016 hingewiesen. Auch wenn der Prospekt dem Kläger, wie es der Zeuge C bekundet hat, bereits aus Anlass eines ersten Gesprächs rund 14 Tage vor Zeichnung der Anlage überreicht worden sein sollte, würde es im Ergebnis an einer ordnungsgemäßen Aufklärung des Klägers über das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung fehlen. Denn jedenfalls hat der die Anlageberatung durchführende Zeuge C im Rahmen der Anlageberatung hierzu irreführende Angaben gemacht, die dazu geeignet waren, beim Kläger den Eindruck zu erwecken, ein solches Risiko bestehe nicht.
39bb) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest (§ 286 Abs. 1 S. 1 ZPO), dass der Zeuge C im Rahmen der streitgegenständlichen Anlageberatung, aber auch bereits zuvor, im Rahmen der Anlageberatung bezüglich des E-Fonds „…..“ (künftig: E-Fonds) irreführende Angaben zur „Verbrauchbarkeit“ der Ausschüttungen gemacht hat, die bei dem Kläger und dessen Ehefrau, der Zeugin D, den Eindruck erweckten, die Ausschüttungen der Fondsgesellschaften würden ihnen endgültig verbleiben.
40Der Zeuge C hat im Rahmen seiner Anlageberatung bezüglich des E-Fonds den Liquiditätsplan der Fondsgesellschaft überreicht (Anlage - 2 - zur Sitzungsniederschrift vom 11.01.2017), die er, wie vom ihm und der Zeugin D bekundet, handschriftlich ergänzt und erläutert hat. Die vorgedruckte Auflistung der Ausschüttungen hat der Zeuge C um handschriftliche Angaben ergänzt, darunter um zwei Spalten mit den Überschriften „verlebt“ und „angelegt“. Die Auflistung schließt mit folgenden handschriftlichen Anmerkungen des Zeugen C:
41Die Zeugin D, die der Senat aufgrund des im Rahmen der Beweisaufnahme gewonnenen persönlichen Eindrucks auch unter Berücksichtigung des Eigeninteresses der Zeugin am Ausgang des Rechtsstreits für uneingeschränkt glaubwürdig erachtet, hat bekundet, es sei den Eheleuten wichtig gewesen, eine sichere Anlage zu erhalten. Sie habe nach den Risiken gefragt. In dem Zusammenhang sei auch angesprochen worden, welcher Teil der Ausschüttungen verbraucht werden könne. Hierzu habe der Zeuge C im Rahmen der Anlageberatung bezüglich des ersten Schiffs, also bezüglich des E-Fonds, detaillierte Angaben gemacht. Der Zeuge C habe, so die Zeugin D, anhand der Anlage - 2 - erläutert, dass die Ausschüttungen verlebt werden könnten. Es sei im Rahmen der beiden Anlageberatungen an denen sie teilgenommen habe nicht zur Sprache bekommen, dass eventuell etwas von den erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen sei. Diese Bekundung der Zeugin D, an der sie auch nach Vorhalt der gegenteiligen Angaben des Zeugen C festgehalten hat, ist glaubhaft. Die Aussage der Zeugin D ist nicht nur in sich widerspruchsfrei und überzeugend, sondern – dies unterscheidet sie von der gegenteiligen Bekundung des Zeugen C – auch unschwer mit dem Inhalt der detaillierten handschriftlichen Angaben zur Verwendbarkeit der prognostizierten Ausschüttungen vereinbar.
43Wenn es dort heißt, jährlich könne ein Teilbetrag von 7.980,00 EUR, also der Großteil der seinerzeit geplanten Ausschüttungen, verlebt werden, ohne dass das Kapital angetastet werde, spricht dies entscheidend dafür, dass der Zeuge C, wie von der Zeugin D bekundet, bei den Eheleuten F/D, im Rahmen der vorhergehenden Anlageberatung den unzutreffenden Eindruck erweckt hat, die Ausschüttungen der Fondsgesellschaften könnten risikolos von den Anlegern für deren laufende Lebensführung verwendet („verlebt“) werden, ohne dass das angelegte Kapital „angetastet“ werden würde. Das Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung, das in dem Zusammenhang zur Vermeidung von Unklarheiten hätte dargestellt werden müssen, blendet die handschriftliche Aufstellung des Zeugen C aus. Ihr ist nicht zu entnehmen, dass die prognostizierten Ausschüttungen, soweit sie nicht aus Gewinnen der Gesellschaft geleistet werden, im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft dazu führen, dass die Kapitalanlage insoweit nicht als geleistet gilt und die Kommanditistenhaftung insoweit wiederauflebt (§§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB). Vielmehr erweckt die handschriftliche Darstellung bei einem unbefangenen Leser den Eindruck, dass mit dem Verbrauch der prognostizierten Ausschüttungen keinerlei Risiken verbunden seien, zumal dort zugleich aufgeführt ist, dass das Kapital durch die Ausschüttungen nicht angetastet werde.
44Dementsprechend hat der Kläger im Rahmen seiner glaubhaften Schilderung der streitgegenständlichen Anlageberatung ausgeführt, der Zeuge C habe jeweils erläutert, welcher Betrag der Ausschüttung verlebt werden könne und welcher wieder angelegt werden müsse, damit das angelegte Kapital im Stamm erhalten bleibe. Dagegen habe Herr C nichts davon gesagt, dass gegebenenfalls ein Teil der Ausschüttungen wieder zurückgezahlt werden müsse, was ihn davon abgehalten haben würde die streitgegenständliche Anlage zu zeichnen.
45Dagegen vermochte die Bekundung des Zeugen C, dessen ausweichendes Aussageverhalten Zweifel an der Zuverlässigkeit seines Erinnerungsvermögens und seiner Angaben aufkommen ließ, den Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Zeuge die Eheleute F/D im Rahmen der Erläuterung des Liquiditätsplans des E-Fonds bzw. anlässlich der streitgegenständlichen Anlageberatung unmissverständlich darüber unterrichtet hat, dass die prospektierten Ausschüttungen der jeweiligen Fondsgesellschaften mit dem Risiko des Auflebens der Kommanditistenhaftung behaftet waren.
46Der Zeuge hat zwar bekundet, er habe im Rahmen der Anlageberatung in Bezug auf die Fonds ausgeführt, dass es sich um unternehmerische Beteiligungen mit dem Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung handele. Er vermochte dem Senat allerdings nicht nachvollziehbar zu erläutern, wie und auf welche Weise er dies konkret vorgenommen haben will. Auch vermochte er nicht plausibel zu machen, dass sich seine angeblichen Angaben in Bezug auf das Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung mit seinen handschriftlichen Erläuterungen zum Liquiditätsplan des E-Fonds vereinbaren lassen, die suggerieren, die prognostizierten Ausschüttungen stünden den Anlegern zum Verleben zur Verfügung, ohne dass das Kapital hierdurch angetastet werde, sofern nur ein geringer Teilbetrag der ausgeschütteten Summe zurückgelegt („angelegt“) werde. Eine entsprechende Einschränkung ist dem Wortlaut seine handschriftlichen Erläuterungen nicht zu entnehmen. Da der Zeuge sich auch nicht konkret dazu erklärt hat, welche ergänzenden und klarstellenden Angaben er insoweit mündlich gemacht haben will, ist seine Bekundung nicht dazu geeignet zu belegen, dass er – anders als von der Zeugin D überzeugend bekundet – jeweils unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, dass die von ihm als „verlebbar“ beschriebenen Ausschüttungen mit dem Risiko des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung behaftet waren und deren Verwendung für Zwecke der Lebensführung, anders als es im Rahmen seiner schriftlichen Erläuterung anklang, tatsächlich nicht frei von Risiken war.
47c) Der aufgezeigte Beratungsfehler des für sie tätigen Zeugen C, den sich die Beklagte zu 1. gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss, ist schuldhaft erfolgt (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) und war, was zugunsten des Klägers vermutet wird, für dessen Anlageentscheidung ursächlich.
48d) Für die infolge des vorgenannten Beratungsfehlers gezeichnete Anlage hat der Kläger Aufwendungen in Höhe von 52.500 EUR getätigt, worauf er Ausschüttungen in Höhe von 18.500,00 EUR erhalten hat, die er sich im Wege der Vorteilsanrechnung auf seinen Schaden anrechnen lassen muss, weswegen ein Anlageschaden in Höhe von 34.000,00 EUR verbleibt.
49e) Dass der Kläger, für den Fall, dass er die streitgegenständliche Anlage nicht gezeichnet hätte, eine Anlage getätigt haben würde, bei der er einen gewissen Mindestgewinn erzielt haben würde, ist von ihm weder hinreichend substantiiert dargetan noch in geeigneter Weise unter Beweis gestellt worden. Auch sonst fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten, die es rechtfertigen könnten, einen gewissen Mindestbetrag als entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) zu schätzen.
50f) Seit Rechtshängigkeit stehen dem Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf die Hauptforderung zu (§§ 291 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB).
51g) Als Schädiger hat die Beklagte zu 1. den Kläger von den ihm im Falle des Wiederauflebens der Kommanditistenhaftung drohenden Ansprüchen des Insolvenzverwalters bzw. der Gläubiger der Gesellschaft freizustellen, was – zur Vermeidung der Verjährung dieses Anspruchs – auf Antrag des Klägers festzustellen ist.
52h) Die Beklagte zu 1., die Klageabweisung beantragt hat, befindet sich hinsichtlich der Annahme der Übertragung der Beteiligung in Verzug (§§ 293, 295 BGB), was ebenfalls auf Antrag des Klägers festzustellen ist.
53i) Die vom Kläger mit der Klage verfolgten Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Anlageberatung, einschließlich des mit Schriftsatz vom 11.01.2017 erstmals verfolgten Feststellungsantrags, sind nicht gemäß § 199 Abs. 3 verjährt.
54Die am 11.02.2015 anhängig gemachte Klage, die den Beklagten aufgrund von Verzögerungen im Geschäftsbetrieb des Landgerichts, die der Kläger sich nicht zurechnen lassen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2016 - II ZR 280/14, juris), erst am 15.04.2015 zugestellt wurde, ist im Sinne des Gesetzes „demnächst“ zugestellt worden. Sie hat mithin den Ablauf der Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Verbindung mit §§ 253 Abs. 1, 167 ZPO). Auch insoweit nimmt der Senat auf das Schreiben der stellvertretenden Senatsvorsitzenden vom 02.11.2016 Bezug, dessen Gründe uneingeschränkt weitergelten.
552. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit rechtfertigen sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Veranlassung die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO) besteht nicht.