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Auf die Berufung des Klägers wird das am 05.06.2014 verkündete Urteil des Vorsitzenden der 18c. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf als Einzelrichter unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 56.638,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.09.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 67 % und die Beklagte 33 %.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Zwangsvollstreckung des Gegners gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn der jeweilige Gegner nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
2I.
3Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter des Architekten V… R… die Beklagte auf Zahlung von Architektenhonorar in Höhe von 171.506,36 € aus der Schlussrechnung des Insolvenzschuldners vom 26.03.2009 in Anspruch. Dieser liegen Architektenleistungen zugrunde, die der Insolvenzschuldner für zwei Bürogebäude im Rahmen des Bauvorhabens G…-Straße/L…-Straße in K… erbracht hat. Die Beklagte ist gemeinsam mit ihrem Ehemann W… Sch… Gesellschafterin der W…-Bauträger GmbH (im Folgenden WI…), für die der Insolvenzschuldner seit dem Jahr 1998 in erheblichem Umfang tätig war.
4Der Insolvenzschuldner und die Beklagte hatten unter dem 03./05.01.2008 einen schriftlichen Vertrag geschlossen, der ein Pauschalhonorar von 117.000,-- € für die Leistungsphasen 1-8 vorsah. Auf „Planung, Baugesuch und Werkplanung“ sollte ein Anteil von 61.000,-- € entfallen. Nach Erbringung der Leistungsphase 4 hat die Beklagte von einem im Vertrag unter Ziffer 1.4.2 eingeräumten ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht. Wenn die Maßnahme weitergeführt wird, sollte der Architekt nach der genannten Bestimmung Anspruch auf Beauftragung mindestens der Leistungsphase 5 und der baukünstlerischen Überwachung haben. Unter dem 11.12.2008 kündigte die Beklagte die Zusammenarbeit. Die von den vertraglichen Regelungen erfassten Bürogebäude wurden in der Folgezeit errichtet. Die Beklagte hat an den Insolvenzschuldner insgesamt 40.000,-- € an Vergütung gezahlt.
5Wegen der Prozessgeschichte und der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
6Das Landgericht hat durch Urteil vom 05.06.2014 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger einen weiteren Vergütungsanspruch gemäß §§ 631, 632 Abs. 2 BGB, 10 ff. HOAI 1996 i.V.m. § 80 Abs. 1 InsO gegen die Beklagte angesichts der wirksamen Pauschalhonorarvereinbarung und der wegen der vorzeitigen Beendigung des Vertrages notwendigen Verhältnisrechnung nicht dargetan habe. Für die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung könne dahinstehen, ob der in dem Vertrag angeführte Festbetrag eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI um rund 35 % beinhalte, da eine solche Unterschreitung jedenfalls gemäß § 4 Abs. 2 HOAI a.F. dann zulässig sei, wenn sich das Vertragsverhältnis deutlich von den übrigen Vertragskonstellationen unterscheide und deswegen ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar gleichwohl angemessen erscheine. Dies sei bei einer ständigen Geschäftsbeziehung gegeben, durch die für den Auftraggeber eine gewisse Sicherheit und Stabilität begründet und darüber hinaus dem Auftragnehmer die Leistung durch Teilleistung oder auch Koordinationstätigkeiten erleichtert worden sei. Dabei habe der BGH zwar die Voraussetzungen bei einer langjährigen Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Aufträgen, deren Anteil am Jahresumsatz von bis zu 20 % gelegen habe, noch nicht ausreichen lassen. Hier hätten die Anteile der Aufträge der Beklagten bzw. des von ihrem Ehemann vertretenen Bauunternehmens an den Jahresumsätzen des Insolvenzschuldners in der Zeit von 1999-2007 durchschnittlich deutlich 50 % überstiegen, was sich aus den von dem Kläger selbst angeführten Zahlen ergebe. Lediglich im Anfangsjahr 1998 und gegen Ende des Kontaktes (2008) habe der Anteil deutlich drunter gelegen, wobei aber zu berücksichtigen sei, dass der Insolvenzschuldner im Jahr 2008 erkrankt gewesen sei. Aufgrund dessen sei ein Ausnahmefall im Sinne des § 4 Abs. 2 HOAI a.F. anzunehmen.
7Der Kläger habe auch nicht substantiiert vorgetragen, dass die Pauschalvereinbarung erst nachträglich, d.h. nach der Erbringung von Architektenleistungen, geschlossen worden sei. Denn aus den von dem Kläger selbst vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass es sich hierbei lediglich um Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit der Erreichung eines geeigneten Bebauungsplanes bei der Stadt K… gegangen sei und nach dem Willen der Beteiligten eine Beauftragung des Insolvenzschuldners mit der konkreten Planung und Errichtung des Gebäudes erst danach erfolgen sollte, wenn die Vorstellungen bezüglich der Erlangung eines Bebauungsplanes gegenüber der Stadt K… durchgesetzt werden konnten.
8Der Kläger könne auch nicht mit Erfolg vorbringen, die Pauschalpreisabrede sei im Hinblick auf § 138 Abs. 2 BGB unwirksam. Dabei könne dahinstehen, ob ein erforderliches auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vom Kläger hinreichend dargelegt worden sei, jedenfalls fehle es aber an dem zusätzlichen Erfordernis, dass die Honorarvereinbarung seitens der Beklagten unter Ausbeutung einer Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels des Urteilsvermögens oder der erheblichen Willensschwäche des Insolvenzschuldners in Kenntnis von etwaigen Beschränkungen der Willensstärke des Insolvenzschuldners erfolgt sei.
9Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er den erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Zur Begründung führt er an, dass das Landgericht das Vorliegen eines Ausnahmefalls des § 4 Abs. 2 HOAI a.F. zu Unrecht angenommen habe, da der Insolvenzschuldner lediglich in 5 Kalenderjahren aus der Geschäftsbeziehung zu WI… Umsätze erwirtschaftet habe, die oberhalb von 50 % seines Gesamtumsatzes gelegen hätten. In den letzten 3 Jahren habe die Zusammenarbeit deutlich abgenommen.
10Auch habe der Insolvenzschuldner für die Beklagte bereits vor Abschluss des Vertrages vergütungspflichtige Architektenleistungen erbracht. Es handele sich hierbei nicht um (kostenfreie) Unterstützungsleistungen im Zusammenhang mit der Erreichung eines geeigneten Bebauungsplans bei der Stadt K…. Dies ergebe sich bereits aus dem Architektenvertrag vom 3./05.01.2008 selbst, wo im § 1.2 festgehalten werde, dass die Beklagte auch die Leistungsphasen 1-3 zu vergüten habe, die von dem Insolvenzschuldner unstreitig bereits in 2007 erbracht worden seien. Hinsichtlich des als Wankel bezeichneten Gebäudes habe der Insolvenzschuldner insgesamt 5 Vor- bzw. Entwurfsplanungen erstellt. Die Planungsvarianten 1 und 2 seien schon Anfang September 2007 erstellt worden. Die Beklagte habe sich die Leistungen des Insolvenzschuldners für Herrn W… Sch… zu eigen gemacht. Ohne diese Varianten wäre der bauvorhabenbezogene Bebauungsplan der Stadt K… nicht in der Form ausgefallen, der es der Beklagten ermöglicht habe, den „Wankel“ wie geschehen nach der Planungsvariante 3 zu bauen. Diese unterscheide sich von den vorhergehenden Varianten im Hinblick auf die Kubatur und die Verlegung des Treppenhauses mit Fahrstuhl nach außen. Parallel zu dieser Variante sei die Variante 4 erstellt worden, die 3 Vollgeschosse und 1 Quasi-Staffelgeschoss vorgesehen habe. Das Treppenhaus mit Fahrstuhl hätte deshalb um den Rücksprung des Staffelgeschosses nach innen verlegt werden müssen. Es hätten aufgrund des Quasi-Staffelgeschosses völlig neue statische Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen; auch seien Stellplatznachweise, der Brandschutz und das Fluchtwegekonzept neu zu entwerfen gewesen. Das Bauamt habe signalisiert, das „Quasi-Staffelgeschoss“ zu akzeptieren, wenn die Gestaltung des „Wankels“ gefälliger werde. Daher habe der Insolvenzschuldner statt der geplanten Glas-/Steinfassade eine Pfosten-Riegel-Konstruktion mit sog. Schwertern entworfen und dabei das Quasi-Staffelgeschoss so vergrößert, dass dieses allenfalls noch angedeutet worden sei.
11Die Mindestsätze der HOAI würden durch die Honorarvereinbarung um deutlich mehr als 50 % (tatsächlich rund 71 %) unterschritten, so dass der Architektenvertrag jedenfalls aufgrund Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig sei. Während der Architektenvertrag für die Leistungsphasen 1 bis 5 ein Pauschalhonorar von 61.000 € brutto festlege, betrage das Mindesthonorar nach der HOAI 211.506,36 €. Der Insolvenzschuldner sei gezwungen gewesen, den Architektenvertrag zu schließen, um sich den Honoraranspruch gegen die Beklagte zu sichern, weil er die Leistungsphasen 1-3 und damit rund 40 % der Gesamtleistung bereits erbracht habe. Diese Zwangssituation sei zudem durch den den Eheleuten Sch… bekannten Gesundheitszustand des Insolvenzschuldners, der seit Oktober 2005 unter anhaltender Depression mit Suizidneigung verbunden mit massiven Existenzängsten leide, verschärft. Von daher sei die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit des Vertrages indiziert, aber auch durch den Vortrag dargelegt und unter Beweis gestellt.
12Der Insolvenzschuldner sei von der Beklagten mit der Leistungsphase 5 betraut worden. Mit der E-Mail vom 27.05.2008 habe die Beklagte über ihren Ehemann die Erstellung der 1:50 Pläne erbeten. Im Folgenden sei dann festgelegt worden, wie das Gebäude mit welchen Materialien gestaltet werden sollte. Unter dem 02.09.2008 habe Herr Sch… angefragt, wie weit die Werkpläne für das „Rechteck“ seien. Für den „Wankel“ habe der Insolvenzschuldner infolge der Kündigung keine Leistungen der Leistungsphase 5 mehr erbringen können. Da der Insolvenzschuldner infolge der Kündigung keinen Kostenanschlag gefertigt haben, seien die anrechenbaren Kosten auch für die Leistungsphase 5 nur nach der Kostenberechnung zu bestimmen.
13Der Kläger beantragt,
14das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 171.506,36 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15Die Beklagte beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ihr erstinstanzliches Vorbringen vertiefend vor, es sei nicht zutreffend, wenn der Kläger behaupte, die Planungen der Leistungsphasen 1 bis 3 für das streitgegenständliche Bauvorhaben seien bereits vor Abschluss des schriftlichen Vertrages erbracht gewesen. Unrichtig seien auch die Berechnungen zum prozentualen Anteil der Einkünfte des Insolvenzschuldners, der auf Aufträge der Beklagten, ihres Ehemannes und der WI… Bauträger GmbH zurückgehe. Diese Beträge seien von ihr erstinstanzlich substantiiert und unter Beweisantritt vorgetragen worden, ohne dass der Kläger dem mit erheblichem Gegenvortrag entgegengetreten sei. Nach der Rechtsprechung des BGH liege ein Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI bei einer engen wirtschaftlichen Beziehung vor; das schiere Maß an Auslastung des Architekten mit Aufträgen des Auftraggebers reiche für die Annahme einer engen wirtschaftlichen Beziehung. Hier sei der Insolvenzschuldner über ein Jahrzehnt in Höhe von regelmäßig über 50 % mit Aufträgen der Beklagten und ihres Ehemanns ausgelastet gewesen.
18Vor Abschluss des schriftlichen Vertrages sei der Insolvenzschuldner aufgrund eines gesonderten Auftrages des Ehemannes der Beklagten tätig geworden und habe dafür eine Vergütung erhalten. Es sei zwischen den Beteiligten stets unmissverständlich kommuniziert worden, dass eine Beauftragung des Insolvenzschuldner seitens der Beklagten mit den streitgegenständlichen Architektenleistungen überhaupt nur dann erfolgen werde, wenn das Vorhaben, die Stadt K… zum Erlass eines günstigen Bebauungsplans zu bewegen, geglückt sei.
19Die sog. Kostenberechnung des Insolvenzschuldners sei keine taugliche Grundlage für eine Berechnung des Honorars nach den Mindestsätzen. Maßgeblich seien die in den Bauanträgen angegebenen Baukosten von brutto 540.000 € für den „Wankel“ und 330.000 € für das „Rechteck“. Die von ihrem Steuerberater zusammengestellten tatsächlich angefallenen Kosten betrügen für den „Wankel“ 1.066.095,50 € und für das „Rechteck“ 784.048 €. Die nun vorgelegte an der DIN 276 in der Fassung von 1981 orientierte Kostenberechnung sei nicht prüfbar, weil sich daraus weder Kostenansätze noch Massen entnehmen ließen. Es fehle hinsichtlich der Positionen 3.1.2.1. und 3.1.3.1. für die tragenden und nichtragenden Außenwände sowie auch für die tragenden und nichttragenden Innenwände eine gesonderte Angabe der darauf entfallenden Kosten. Die tatsächlich für den „Wankel“ angefallenen Baukosten beliefen sich auf 1.411.855,02 € brutto. Im Vergleich zu den von dem Kläger angesetzten Einzelpositionen ergäben sich signifikante Abweichungen von 37 %. Die tatsächlich für das „Rechteck“ aufgelaufenen Kosten beliefen sich auf 908.202,11 € brutto. Dies ergebe eine Abweichung von den von dem Kläger angegebenen Werten um 24 %. Der Insolvenzschuldner habe im Rahmen der Leistungsphase 5 keine Leistungen erbracht und habe insoweit auch keinen Auftrag erhalten. Die E-Mails gäben nur einen Dialog über den Fortgang der Baumaßnahme wieder.
20Zu den von dem Senat den Parteien erteilten Hinweisen wird auf seine Beschlüsse vom 07.05.2015, 21.01.2016 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die dort zu den Akten gereichten Schriftsätze und Urkunden verwiesen.
21II.
22Dem Kläger steht gegen die Beklagte nach Abzug bereits geleisteter 40.000 € ein noch offenstehender Vergütungsanspruch gemäß § 631 Abs. 1 BGB i.V.m. § 80 InsO in Höhe von 56.638,54 € zu.
231.
24Der Vergütungsanspruch ist nach § 8 Abs. 1 HOAI (Fassung 1996 der 5. HOAI Novelle) fällig. Der Insolvenzschuldner hat für das Bauvorhaben der Beklagten Architektenleistungen erbracht und diese unter dem 26.03.2008 abgerechnet. Es kann für die Frage der Fälligkeit dahinstehen, ob die Abrechnung „prüfbar“ war, denn die Beklagte ist mit Einwendungen zur Prüfbarkeit ausgeschlossen. Sie hat nämlich die Prüfbarkeit nicht innerhalb eines Zeitraums von zwei Monaten nach Zugang der Rechnung gerügt (vgl. BGH BauR 2004, 316; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Auflage, § 8 Rdn. 17). Es ist für die Prüfbarkeit der Rechnung unerheblich, ob das Vertragsverhältnis vorzeitig durch Kündigung beendet oder ordnungsgemäß abgewickelt worden ist (vgl. Locher/Koeble/Frik a.a.O. § 8 Rdn. 30, 38). Jedenfalls ist auch bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses der § 8 Abs. 1 HOAI maßgebend.
25Der Insolvenzschuldner hat seine Leistungen bis zur Kündigung vertragsgemäß erbracht. Seine Leistung war insoweit abnahmereif; sie ist auch konkludent abgenommen worden. Denn die Beklagte hat dem Insolvenzschuldner gegenüber nach ihrer Kündigung keine Mängel gerügt oder ihn zur Mängelbeseitigung aufgefordert. Sie hat seine Planungen durch ihre neue Architektin Knelleken fortführen lassen. Lediglich pauschal beruft sich die Beklagte auf Schwächen und Fehler des Insolvenzschuldners, die letztlich zur Beendigung der Zusammenarbeit geführt hätten. Dies werden aber nicht konkret benannt.
262.
27Die Vergütung des Insolvenzschuldners bemisst sich nicht nach der schriftlich vereinbarten Pauschalvergütung, sondern nach den Mindestsätzen der HOAI.
28Verlangt der Architekt ein Honorar nach den Mindestsätzen der HOAI und wendet der Auftraggeber die Vereinbarung eines niedrigeren Pauschalhonorars unterhalb des Mindestsatzes ein, an das der Architekt gebunden sei und auf das er sich auch eingerichtet habe, trägt der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für eine solche Pauschalhonorarvereinbarung (BGH, Beschluss v. 25.07.2002 – VII ZR 143/01 –, NJW-RR 2002, 1597; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.03.2008 – 22 U 2/08 –, BeckRS 2010, 05779; OLG Hamm, Urt. v. 17.05.2001 – 21 U 178/99 –, BeckRS 2006, 02960; Werner in: Werner / Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Kap 4 Rn 1087; Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage 2014, Teil 12, Rn. 421 und 633. Zu begründen ist dies mit § 4 Abs. 4 HOAI (1996/2002), wonach grundsätzlich eine Vergütung im Rahmen der Mindestsätze als vereinbart gilt. Der Auftraggeber muss darlegen und beweisen, dass die abweichende Vereinbarung schriftlich bei Auftragserteilung getroffen worden ist und ein Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI vorliegt. Dies ist der Beklagten nicht gelungen.
29a.
30Ohne Erfolg behauptet der Kläger allerdings, dass bereits im September 2007 vor dem Abschluss des schriftlichen Vertrags vom 05.01.2008 der Insolvenzschuldner mit der Planung der Gebäude beauftragt worden sei. Bei einem vorzeitigen mündlichen Auftrag würden gemäß § 4 Abs. 4 HOAI die Mindestsätze gelten und es wäre unerheblich, ob die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI vorlägen.
31Der Kläger hat aber nicht schlüssig dargelegt, mit der Beklagten einen mündlichen Architektenvertrag im September 2007 geschlossen zu haben. Sein Auftraggeber war nach seinem eigenen Vorbringen der Ehemann der Beklagten. Dass dieser damals in Vollmacht der Beklagten für diese als ihr Vertreter aufgetreten ist, hat der Kläger nicht dargetan. Zu den Voraussetzungen der Stellvertretung gemäß § 164 Abs. 1 BGB zählt es aber, dass diese offenkundig gemacht wird. Zur Beauftragung durch die Beklagte verweist der Kläger nur einmal kursorisch darauf, sie habe sich durch ihren Ehemann vertreten lassen. Eine Vertretungsmacht hat die Beklagte nicht bestritten; sie behauptet indes, vor dem schriftlichen Vertragsschluss sei der Insolvenzschuldner nur für ihren Ehemann tätig geworden (bspw. „Unterstützung für Zeugen W… Sch…“) und habe von diesem eine Vergütung erhalten und stellt damit ein Vertreterhandeln in Abrede. Ihrem erstinstanzlichen Vortrag zu einer Beauftragung mit Unterstützungsleistungen durch den Zeugen W… Sch…, den sie in der Berufungsbegründung wiederholt und noch ein wenig zugespitzt hat, ist der Kläger nur mit dem Argument der Weiterverwendung seiner Leistungsergebnisse entgegengetreten. Zu dem mit der Berufungserwiderung wiederholten Vortrag, es habe sich um einen separaten Auftrag des Zeugen W… Sch… gehandelt, von dem der Insolvenzschuldner eine Vergütung erhalten habe, und es sei darüber hinaus unmissverständlich klar gewesen, dass nur bei Erfolg der Unterstützungsleistung ein Architektenauftrag durch die Beklagte erteilt werden würde, hat der Kläger nicht mehr Stellung genommen. Dies war jedoch veranlasst, weil die Beklagte im September 2007 das Grundstück noch gar nicht erworben hatte und als Bauherrin noch überhaupt nicht im Gespräch war. Nach dem Akteninhalt zeichnete sich der Grundstückserwerb durch die Beklagte und dem folgend ihre Bauherreneigenschaft erst Anfang Dezember 2007 ab. Damit ist das klägerische Vorbringen nicht schlüssig.
32b.
33Ist ein Vertragsschluss vor Abschluss der schriftlichen Vereinbarung nicht festzustellen, kommt es auf die Wirksamkeit der Pauschalhonorarvereinbarung an, für die die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet ist. Maßgebend ist, ob ein Ausnahmefall im Sinne von § 4 Abs. 2 HOAI (1996/2002) gegeben ist, der eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigt. Dies ist dann der Fall, wenn enge Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer und persönlicher Art oder sonstige besondere Umstände vorliegen. Zu dieser Frage hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss vom 07.05.2015 Stellung genommen. Hierauf wird Bezug genommen. Die Einwände der Beklagten rechtfertigen keine andere Bewertung.
34Eine Beziehung persönlicher Art des Insolvenzschuldners und der Beklagten liegt nicht vor. Dafür genügt es nicht, dass sie über die Zusammenarbeit sich näher kennengelernt und geduzt haben; der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass man privat keinen Umgang gepflegt habe. Die Beklagte und ihr Ehemann wollen nicht von der Erkrankung des Insolvenzschuldners gewusst haben, obgleich jener damit offen umgegangen sein will.
35Auch von einer engen Beziehung wirtschaftlicher Art, die einen Ausnahmefall i.S.d. § 4 Abs. 2 HOAI rechtfertigt, ist hier nicht auszugehen. Diese ist aber nicht bereits deshalb abzulehnen, weil zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten vor dem Abschluss des streitgegenständlichen Vertrags keine Vertragsbeziehungen bestanden. Da die Beklagte Mitgesellschafterin der WI… Bauträger GmbH und Ehefrau des Geschäftsführers Sch… ist, dürfte ihr die intensive wirtschaftliche Zusammenarbeit des Insolvenzschuldners mit der WI… Bauträger GmbH bzw. dem Ehemann der Beklagten zugutekommen.
36Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine enge Beziehung wirtschaftlicher Art in Betracht kommt, wird in der Literatur und Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. Nach der Entscheidung des BGH (Urt. v. 22.05.1997– VII ZR 290/95 –, NJW 1997, 2329 [2330]) ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
37„Bei der Bestimmung eines Ausnahmefalles sind der Zweck der Norm und die berechtigten Interessen der Beteiligten zu berücksichtigen. Die zulässigen Ausnahmefälle dürfen einerseits nicht dazu führen, dass der Zweck der Mindestsatzregelung gefährdet wird, einen “ruinösen Preiswettbewerb” unter Architekten und Ingenieuren zu verhindern. Andererseits können alle die Umstände eine Unterschreitung der Mindestsätze rechtfertigen, die das Vertragsverhältnis in dem Sinne deutlich von den üblichen Vertragsverhältnissen unterscheiden, dass ein unter den Mindestsätzen liegendes Honorar angemessen ist. Das kann der Fall sein, wenn die vom Architekten oder Ingenieur geschuldete Leistung nur einen besonders geringen Aufwand erfordert, sofern dieser Umstand nicht schon bei den Bemessungsmerkmalen der HOAI zu berücksichtigen ist. Ein Ausnahmefall kann ferner beispielsweise bei engen Beziehungen rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art oder sonstigen besonderen Umständen gegeben sein. Solche besonderen Umstände können etwa in der mehrfachen Verwendung einer Planung liegen.“
38Nicht genügend ist jedenfalls, dass ein Ingenieur als Nachunternehmer über längere Zeit eine Vielzahl von Aufträgen zu einem unter dem Mindestsatz liegenden Pauschalhonorar ausführt (BGH, Urteil v. 27.10.2011 – VII ZR 163/10 –, NJW 2012, 848). In der Zusammenschau mit weiteren Sachverhaltselementen, die der BGH in der genannten Entscheidung als nicht ausreichend erachtet hat (dass der Auftragnehmer bis zu 20 % seines Jahresumsatzes aus diesen Aufträgen ziehe und möglicherweise Leistungen teilweise kostengünstig im Ausland erbringen könne), wird in der Kommentierung angenommen, dass es damit nur noch seltene Fälle geben dürfte, in denen Rahmenverträge oder ständige Geschäftsbeziehungen zwischen einem Auftraggeber und einem Auftragnehmer einen Ausnahmefall rechtfertigen können (Koeble in: Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 12. Auflage 2014, § 7 HOAI Rn 124; ders. in: Kniffka/Koeble aaO., Kap 12 Rn 426; Stassen, FS Koeble, S. 563).
39In der Literatur wird vertreten, dass es als Grund für einen »Rabatt« ausreichen müsse, wenn durch ständige Geschäftsbeziehungen für den Auftragnehmer eine gewisse Sicherheit und Stabilität geschaffen wird und wenn darüber hinaus noch dem Auftragnehmer Teilleistungen oder auch die Koordinierungstätigkeit erleichtert oder gar erspart werden (Koeble in: Locher/Koeble/Frik, aaO.). Der Abschluss eines bloßen Rahmenvertrags ohne Verbindlichkeit für weitere Beauftragung genügt dabei für eine ständige Geschäftsbeziehung als Ausnahmefall nicht, weil damit keine Sicherheit oder Stabilität für den Auftragnehmer und auch keine Synergieeffekte für ihn verknüpft sind (Koeble in: Kniffka/Koeble aaO.).
40Ein Rahmenvertrag zwischen dem Insolvenzschuldner und der Beklagten bestand nicht; auch zwischen Insolvenzschuldner und WI… Bauträger GmbH ist ein solcher nicht vorgetragen. Allerdings hat der Kläger eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen dem Insolvenzschuldner und der WI… eingeräumt. Dass durch diese ständige Geschäftsbeziehung für den Insolvenzschuldner eine gewisse Sicherheit und Stabilität begründet wurde, hat der Kläger unter Hinweis darauf bestritten, dass der Insolvenzschuldner durch die teilweise Unterschreitung des Mindestsatzes um die Hälfte lediglich Kostendeckung erreicht habe. Auch hinsichtlich der Erleichterung von Teilleistungen oder auch einer Übernahme der Koordinationstätigkeit für den Auftragnehmer hat der Kläger die pauschale Behauptung der Beklagten bestritten.
41Unter Berücksichtigung der von den Parteien vorgetragenen Umsatzanteile des von der Beklagten, ihrem Ehemann und der WI… Bauträger GmbH gezahlten Honorars an den gesamten Umsätzen des Insolvenzschuldner, deren Einzelheiten streitig sind, ergeben sich zwar einerseits vermeintlich hohe Anteile. Andererseits offenbaren die Zahlen – unabhängig davon, welche letztlich zutreffend sind – auch erhebliche Schwankungen, mehrfach um 20 Prozentpunkte bis hin zu 35 Prozentpunkten. Dies lässt schon an einer Begründung von Sicherheit und Stabilität zweifeln, zumal unklar ist, auf wie vielen Projekten der Umsatzanteil jeweils beruhte und in welchem Maße dabei mindestsatzunterschreitende Pauschalhonorare eine Rolle spielten.
42Zweifelhaft erscheint das Erreichen von Synergieeffekten. Der Kläger hat vorgetragen, die Umsätze 2000-2005 seien auf sich wiederholende Einfamilien-Reihenhäuser in Neubaugebieten entfallen. Bei solchen liegen Synergieeffekte nahe, nicht aber bei einem sich davon deutlich abhebenden Bürokomplex, der im vorliegenden Fall von dem Insolvenzschuldner zu planen war.
43Ohne Erfolg behauptet die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 05.10.2015, es bedürfe nach der Rechtsprechung des BGH keiner (zusätzlichen) besonderen Umstände, vielmehr genüge das schiere Maß an Auslastung der vom Architekten angebotenen Leistungsfähigkeit mit Aufträgen des Auftraggebers für die Annahme einer besonderen engen wirtschaftlichen Beziehung und damit zur Annahme eines Ausnahmefalls. Entscheidend ist, dass die Ausrichtung an den Mindestsätzen einen „ruinösen Preiswettbewerb“ unter den Architekten, der die Qualität der Planungsleistung beeinträchtigt, verhindern soll (vgl. BGH a.a.O.). Die Sicherung und Verbesserung der Qualität der Tätigkeit der Architekten stellt ein legitimes Ziel dar. Zu seiner Herbeiführung sind verbindliche Mindesthonorarsätze geeignet, da sie den Architekten jenseits von Preiskonkurrenz den Freiraum schaffen, hochwertige Arbeit zu erbringen, die sich im Leistungswettbewerb der Architekten bewähren muss (BVerfG BauR 2005, 1946). Um dieses Ziel nicht zu gefährden, ist von einem Ausnahmefall nur dann auszugehen, wenn eine besondere Situation vorliegt, die trotz der Preiskonkurrenz nicht zu einem minderwertigen Ergebnis führt. Diesen Ausnahmefall bejaht das BVerfG bei der Teilnahme an einem Architektenwettbewerb. Der Bundesgerichtshof sieht einen solchen Ausnahmefall z.B. bei einem besonders geringen Arbeitsaufwand oder bei einer engen Beziehung rechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer oder persönlicher Art. (vgl. BGH a.a.O.).
44Hier bestand eine intensive wirtschaftliche Beziehung des Insolvenzschuldners mit der WI…. Allerdings muss diese wirtschaftliche Beziehung im Lichte des Gesetzeszwecks betrachtet werden. Wird die Arbeitskraft eines Architekten einseitig durch einen Bauträger gebunden und gerät er dadurch in eine wirtschaftliche Abhängigkeit, so muss diese wirtschaftliche Beziehung eine Qualität haben, die die Unterschreitung der Mindestsätze kompensiert. Für den bei einer wiederkehrenden Zusammenarbeit stets als Nachunternehmer tätigen Ingenieur hat der BGH entschieden, dass auch in diesen Fällen der als Nachunternehmer eingesetzte Ingenieur den Schutz verdient, der ihm die HOAI durch die Mindestsatzregelung verschafft (vgl. BGH a.a.O.). Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass gerade Ingenieure, die eine dauerhafte Zusammenarbeit auf der Basis von zu niedrigen Honorarsätzen anbieten und praktizieren, sich in gesteigertem Maß der Gefahr unauskömmlicher Honorierung aussetzen (vgl. BGH a.a.O). Diese Gefahr hat sich im Verhältnis der WI… zu dem Insolvenzschuldner realisiert. Es ist weder ein geringerer Arbeitsaufwand noch eine stabile soziale Absicherung mit der Tätigkeit für die Beklagte verbunden gewesen.
453.
46Die Vergütung des Insolvenzschuldners bestimmt sich somit nach den Mindestsätzen. Dass die Honorarzone III maßgebend ist, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Auf die Erstattung von Nebenkosten hat der Kläger keinen Anspruch. Gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 HOAI sind Nebenkosten nach Einzelnachweis abzurechnen, sofern nicht bei Auftragserteilung eine pauschale Abrechnung schriftlich vereinbart worden ist. Der schriftliche Architektenvertrag bezeichnet keine konkrete Pauschale für die Nebenkosten. Ein Einzelnachweis wurde von dem Kläger nicht vorgelegt.
47Da der Architektenvertrag durch die Kündigung der Beklagten vom 11.12.2008 beendet worden ist, hat der Kläger seine Abrechnung nach erbrachten und nicht erbrachten Leistungen zu differenzieren. Für eine Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund, die eine Vergütung der nicht erbrachten Leistungen ausschließen würde, ist kein Raum. Weder das Kündigungsschreiben noch der Vortrag der Beklagten geben Anhaltspunkte dafür, dass das Vertragsverhältnis so zerrüttet war, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar war.
48a.
49Dem Insolvenzschuldner steht für die im Rahmen der Leistungsphasen 1- 4 erbrachten Leistungen eine Vergütung gemäß § 631 Abs. 1 BGB zu, während er für die Leistungsphase 5 seine Vergütung nur nach § 649 S. 2 BGB abrechnen kann, weil er – nunmehr unstreitig – infolge der Kündigung keine Ausführungsplanung erbracht hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Insolvenzschuldner damit beauftragt, für sie die Ausführungsplanung zu erstellen.
50Gemäß Ziff.1.4.1 des Vertrags war eine stufenweise Beauftragung vereinbart. Die erste Stufe, die die Leistungsphasen 1 – 4 des § 15 HOAI erfasste, ist unstreitig beauftragt und von dem Insolvenzschuldner auch erledigt worden. Nach der Stufe 1 erlaubt die Regelung unter Ziff. 1.4.2. des Vertrags eine Kündigung ohne Angabe von Gründen. Wird das Bauvorhaben aber fortgeführt, so hat der Architekt gemäß Ziff. 1.4.2. Abs. 2 einen Anspruch auf Beauftragung mindestens der Leistungsphase 5, sowie der baukünstlerischen Überwachung. Da hier das Bauvorhaben über die Leistungsphase 4 hinaus fortgeführt worden ist, hatte der Insolvenzschuldner einen Anspruch auf Beauftragung mit der Leistungsphase 5. Die baukünstlerische Überwachung zählte unstreitig nicht zu seinem Leistungsspektrum.
51Ohne Erfolg rügt die Beklagte, Ziff. 1.4.2. sei dahin auszulegen, dass eine weitere Beauftragung nur dann in Betracht komme, wenn nach Abschluss der Stufe 1 und vor der Kündigung schon Leistungen erbracht worden seien, die über den in Stufe 1 geschuldeten Umfang hinausgingen. Für diese eingeschränkte Auslegung bietet der Vertragstext keinen Anhalt. Der Wortlaut sieht diese Einschränkung nicht vor. Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich dies nicht. Die Regelung unter Ziff. 1.4.2, 1. Absatz sollte den Parteien des Vertrags nach der Genehmigungsplanung die Möglichkeit geben, sich ohne Angabe von Gründen und ohne Kostenfolge voneinander zu trennen. Damit war insbesondere der Bauherr in seiner Entscheidung frei, ob er das Bauvorhaben überhaupt oder mit dem ursprünglich beauftragten Architekten fortsetzte. Auch der Architekt konnte sich neu orientieren. Allerdings sollte ihm – so Abs. 2 – die Option bleiben, die Ausführungsplanung zu erstellen, falls die Baumaßnahme über die Stufe 1 hinaus fortgeführt wird.
52Das Bauvorhaben ist unstreitig weitergeführt und beendet worden. Dass der Architekt nur dann einen Anspruch auf die Beauftragung mit der Leistungsphase 5 haben sollte, wenn das Bauvorhaben vor der Kündigung weitergeführt worden ist, ist in keiner Weise nachvollziehbar. Da sich ein Bauvorhaben naturgemäß nach der Leistungsphase 4 noch in der Planungsphase befindet, kann es nur „weitergeführt“ werden, wenn weitere Planungen erfolgen. Demnach könnte nach der Auffassung der Beklagten der Architekt nur dann einen Anspruch auf eine Beauftragung mit der Ausführungsplanung haben, wenn er ungefragt – direkt nach der Genehmigungsplanung – mit der Ausführungsplanung beginnt. Dem steht aber gerade die Regelung in Abs. 1 der Ziff. 1.4.2 entgegen, wonach der Bauherr die Möglichkeit haben soll, nach der Leistungsphase 4 zu entscheiden, ob er mit dem konkreten Architekten nach der Leistungsphase 5 bis zur Leistungsphase 9 weiterarbeiten will. Es nicht nachvollziehbar, warum ein Architekt nur dann einen Anspruch auf Beauftragung der Ausführungsplanung haben soll, wenn er die Entscheidung des Bauherrn, das Projekt mit ihm fortzusetzten, nicht abwartet und eigenmächtig die Planung fortsetzt. Maßgebend ist, ob der Bauherr signalisiert, das Bauvorhaben überhaupt fortführen zu wollen. Hier hat die Beklagte das Projekt fortgeführt und den Insolvenzschuldner auch mit Leistungen der Ausführungsplanung betraut, bevor sie sich für die Kündigung des Vertragsverhältnisses entschied.
53Wie der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 21.01.2016 ausgeführt hat, hat der Kläger eine Beauftragung mit der Leistungsphase 5 schlüssig vorgetragen. Die Leistungsphase 5 zeichnet sich dadurch aus, dass die Ergebnisse der Leistungsphasen 3 und 4 durchgearbeitet, das Objekt präziser in einem Maßstab 1:50 zeichnerisch dargestellt und Grundlagen für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten erarbeitet werden sollen (vgl. Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Auflage § 15 Rdn 127 ff). Hier wurden von dem Insolvenzschuldner Pläne im Maßstab 1:50 angefordert. Die konkrete Planung der Außenfassade, des Dachs, die Art der Verglasung, der Fensteranlagen etc. wurde erörtert und sollten von dem Insolvenzschuldner bei seinen Planungen berücksichtigt werden. Die vorgelegte E-Mail vom 06.08.2008 lässt erkennen, welche konkreten Planungsschritte, die überwiegend der Leistungsphase 5 zuzuordnen sind, von dem Insolvenzschuldner erwartet worden sind.
54Der Auftrag der Beklagten an den Insolvenzschuldner, auch die Ausführungsplanung zu erstellen, war nicht auf ein Gebäude beschränkt. In der E-Mail vom 27.05.2008 wurde der Insolvenzschuldner allgemein aufgefordert, „mit den 50-tel Plänen zu beginnen“ und seine Arbeit schnellst möglich zu erledigen. Lediglich die Reihenfolge wurde festgelegt. Erst sollte die Ausführungsplanung für das sog. Rechteck erstellt werden, dann für den „Wankel“.
55Trotz des erteilten Auftrags hat der Insolvenzschuldner für die Beklagte im Rahmen der Leistungsphase 5 keine Leistungen erbracht. Unstreitig hatte der Insolvenzschuldner für den „Wankel“ noch keine Ausführungspläne erstellt, deshalb berechnete er seinen Vergütungsanspruch gemäß § 649 S. 2 BGB. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 macht sich der Kläger nun den Vortrag der Beklagten zu eigen, wonach der Insolvenzschuldner auch für das „Rechteck“ im Rahmen der Leistungsphase 5 keine Leistungen erbracht habe. Demnach ergibt sich für die Leistungsphase 5 für beide Gebäude ein Vergütungsanspruch nur nach § 649 S. 2 BGB für die nicht erbrachten Leistungen.
56b.
57Auf dieser Basis steht dem Kläger für das Gebäude „Wankel“ ein Vergütungsanspruch in Höhe von 52.345,90 € zu.
58aa.
59Für die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 – 4 bemisst sich das Honorar nach der Planung 3 des Insolvenzschuldners. Ohne Erfolg begehrt der Kläger eine Vergütung für geänderte Planungen. Es handelt sich insoweit um die Planungen 1, 2, 4, 5. Diese unterscheiden sich nach dem Vorbringen des Klägers wie folgt:
60Planung 1: 3 Vollgeschosse, ein Staffelgeschoss;
61Planung 2: 5 geschossige Bauweise, Wandhöhe 16,45 m, 4. und 5. Geschoss als Staffelgeschosse;
62Planung 3: 4 geschossiges Gebäude, Verlegung des Treppenhauses mit Fahrstuhl nach außen;
63Planung 4: 4. Geschoss als Quasi-Staffelgeschoss; springt leicht zurück; Fläche des 4. Geschosses liegt über ¾ der des unteren Geschosses, so dass es baurechtlich als Vollgeschoss anzusehen war;
64Planung 5: Das Quasi-Staffelgeschoss wurde nur angedeutet, die Fassade sollte mit sog. Schwertern ausgeführt werden, von Glas-/Steinfassade wurde zugunsten einer Pfosten-Riegel-Konstruktion abgerückt.
65(1).
66Für die ersten beiden Planungen kann der Kläger von der Beklagten keine gesonderte Vergütung verlangen, weil diese Planungen nach seinem eigenen Vorbringen schon im September 2007 für den Ehemann der Beklagten erstellt worden waren, um eine Grundlage für die Verhandlungen mit der Stadt Kaarst über die Ausgestaltung des Bebauungsplans zu haben. Bereits damals wurde um die umfassendste Gebäudeausnutzung gerungen und die Möglichkeit von 2 Staffelgeschossen diskutiert. Erst danach schloss die Beklagte mit dem Insolvenzschuldner den Architektenvertrag.
67Da die Planung 3 die erste Planung nach dem Abschluss des Architektenvertrags mit der Beklagten darstellt, sind die vorhergehenden Planungsvarianten 1 und 2 naturgemäß keine Änderungen einer schon fertig gestellten Planung. Nur dann, wenn bereits mit einer Planung die damaligen Anforderungen des Auftraggebers angemessen berücksichtigt worden sind, ist eine weitere geänderte Planung vergütungspflichtig. Gerade im Rahmen der Vorplanungsphase ist der Architekt nach Treu und Glauben gehalten, gewisse vom Auftraggeber gewünschte Varianten auch bei geringfügig verschiedenen Anforderungen anzubieten. Er kann dem Auftraggeber nicht nur einen Vorentwurf unterbreiten und jede Änderung aufgrund anderer Anforderungen ablehnen (Locher/Koeble/Frik, a.a.O., § 20 Rn. 17). Jeder Planungsprozess ist ein dynamischer Vorgang. Nur im Zusammenspiel und Dialog zwischen Bauherrn und Architekten und den damit verbundenen Planungsänderungen und -anpassungen wird das gewünschte Planungsziel erreicht (Klärungsprozess).
68(2).
69Auch die weiteren Planungen rechtfertigen kein zusätzliches Honorar. Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, dass seine Planungen durchgreifende Änderungen erfahren haben, die es rechtfertigen, ein zusätzliches Honorar für Planungsvarianten bzw. Planungsalternativen zu berechnen. Zwar sieht § 20 HOAI vor, dass dann, wenn für dasselbe Gebäude auf Veranlassung des Auftraggebers mehrere Vor- oder Entwurfsplanungen nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gefertigt werden, für die umfassendste Vor- oder Entwurfsplanung die vollen Vomhundertsätze dieser Leistungsphasen nach § 15 HOAI und außerdem für jede andere Vor- oder Entwurfsplanung die Hälfte dieser Vomhundertsätze berechnet werden können. Im Übrigen gilt, dass nochmals zu erbringende Teilleistungen, die aufgrund von Änderungen der Planung anfallen, erneute Grundleistungen sind, die zusätzlich zur vertraglichen Vergütung abgegolten werden können (Kniffka/Koeble a.a.O. 12. Teil Rdn. 508 m.w.Nachw.).
70Die Voraussetzungen für die doppelte Berechnung - eine neue Planung nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen auf Veranlassung des Auftraggebers - liegen nach dem Vorbringen des Klägers nicht vor. Bei Planungen für dasselbe Gebäude ist von einer neuen Planung bzw. einer „Alternative“ nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen auszugehen, wenn sich das Raum- oder Funktionsprogramm wesentlich ändert oder wenn das Bauvolumen durch andere Anforderungen des Auftraggebers in erheblichem Umfang vergrößert bzw. verkleinert wird. Derartige „Alternativen“ schuldet der Architekt im Rahmen der Grundleistungen des § 15 – Leistungsphase 1 bis 4 – HOAI nicht. Hiervon abzugrenzen ist die zentrale Leistung im Rahmen der Vorplanung und zwar das Erarbeiten eines Planungskonzepts einschließlich der Untersuchung der alternativen Lösungsmöglichkeiten nach gleichen Anforderungen mit zeichnerischer Darstellung. Alternativen nach gleichen Anforderungen sind lediglich „Varianten“ (vgl. Locher/Koeble/Frik, a.a.O., § 15 Rn. 36, 37).
71Ein Abgleich der vorgelegten Pläne ergibt, dass es sich bei den Planungen 4 und 5 im Verhältnis zur Planung 3 nicht um grundsätzlich verschiedene Anforderungen i.S.v. § 20 HOAI handelt, weil sich das Raum- oder Funktionsprogramm nicht wesentlich geändert hat (vgl. Locher/Koeble/Frik a.a.O., § 20 Rdn. 25). Der geringfügige Rücksprung des Quasi-Staffelgeschosses wirkt sich zwar auf die Kubatur und ggf. auf die Statik aus. Diese Abweichungen führen aber nicht zu Nutzungsänderungen oder einer Änderung der Funktion des Gebäudes. Der damit verbundene Planungsaufwand war gering und überdies von dem Insolvenzschuldner auch zu kalkulieren. Denn der Kläger berichtet selbst von einem sog. System des Ehemanns der Beklagten, welches die WI… mit den Bauämtern praktiziere. Durch stetige Veränderung der Planung solle eine optimale Gebäudeauslastung erreicht werden. Es werde eine sog. Salamitaktik verfolgt, dass Planungen immer weiter in Richtung eines größeren und damit eines rentableren Baukörpers abgeändert werden. Da dem Insolvenzschuldner dieses Vorgehen bekannt war, konnte er sich darauf einstellten. Zu seinen Planungsaufgaben zählte es, verschiedene Auslastungsvarianten zu entwickeln und dem Bauamt zu präsentieren. Für den selbstverständlichen Optimierungsvorgang einer Planungsabwicklung kann ein Architekt kein zusätzliches Honorar verlangen. In welchem Umfang der Architekt zu „optimieren“ hat, d.h. wie oft er Planungsleistungen nach unterschiedlichen Anforderungen im Sinne von Varianten/Alternativen erbringen muss, ist eine Frage des Einzelfalles. Erst wenn die Entwurfsplanung durch wiederholte Anpassung an die Wünsche des Bauherrn von diesem akzeptiert und somit als abgeschlossen angesehen werden kann, stellt es eine vergütungspflichtige Mehrfachleistung dar, wenn der Bauherrn dann später erneute Änderungen von Gewicht verlangt (so Senatsurteil vom 26.10.2006 - 5 U 100/02; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Auflage Rn. 867, 869). Hier gehörte es zu den – dem Insolvenzschuldner bekannten – Anforderungen des Bauherrn verschiedenste Kubaturen, die eine umfassende Nutzung ermöglichen, zu planen und variabel zu gestalten. Daher gestalteten sich die Planungsvarianten auch nicht als Nachträge, die eine gesonderte Vergütung rechtfertigen könnten.
72bb.
73Die anrechenbaren Kosten bestimmen sich gemäß § 10 Abs. 2 HOAI unter Zugrundelegung der Kostenermittlungsarten nach DIN 276 in der Fassung von April 1981 für die Leistungsphasen 1 – 4 nach der Kostenberechnung und für die Leistungsphase 5 nach dem Kostenanschlag bzw. solange dieser nicht vorliegt, nach der Kostenberechnung. Die Verweisung der HOAI auf die DIN 276 ist eine statische Verweisung auf die Fassung 1981. Liegt – wie hier - der Architektenrechnung zunächst die DIN 276 in der Fassung von 1993 zugrunde, so ist sie deshalb in aller Regel nicht prüffähig (vgl. BGH BauR 1998, 354; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 12. Teil Rdn. 278). Auf den Hinweis des Senats hat der Kläger nunmehr die anrechenbaren Kosten nach der DIN 276 in der Fassung von April 1981 ausgerichtet (s. Anlagen zum Schriftsatz vom 07.09.2015).
74Für die Leistungsphase 5 bestimmen sich die anrechenbaren Kosten grundsätzlich nach dem Kostenanschlag. Ein solcher ist unstreitig nicht gefertigt worden. Der Insolvenzschuldner hat aber auch keine Grundleistungen der Leistungsphase 5 erbracht, weil das Vertragsverhältnis vorzeitig gekündigt worden ist. Zwar sind für die Berechnung des Honorars jeweils die Kostenermittlungsarten maßgebend, die in der jeweiligen Leistungsphase der HOAI dem Leistungsumfang entsprechen, der vertraglich vereinbart ist (vgl. BGH BauR 1999, 1467 ff). Dies gilt auch, wenn der Leistungsumfang durch eine Kündigung verkürzt wird. Da dem Insolvenzschuldner aber vor dem Kostenanschlag gekündigt wurde, war er nicht mehr verpflichtet, den Kostenanschlag vorzunehmen. Er hat daher zu Recht für die Leistungsphase 5 die anrechenbaren Kosten nach der Kostenberechnung angesetzt (vgl. BGH a.a.O.).
75Hinsichtlich der Höhe der anrechenbaren Kosten hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 die von der Beklagten behaupteten anrechenbaren Kosten aus ihrem Schriftsatz vom 29.04.2016 zu eigen gemacht. Darin hat die Beklagte eine Auflistung der konkreten Baukosten vorgelegt. Darin sind Bruttokosten von 1.411.855,02 €, also anrechenbare Nettokosten von 1.186.432,79 €, aufführt.
76Daher ist es unerheblich, dass in dem Bauantrag erheblich geringere Baukosten angegeben worden sind. Die Zahlenberechnung im Bauantrag enthält regelmäßig keine für den Bauherrn bestimmte Willenserklärung (vgl. BGH MDR 2003, 738). Die dortige Aufstellung der Kosten berechnet sich gerade nicht nach Maßgabe der DIN 276 und schlüsselt die Kosten nicht nach den einzelnen Gewerken auf, sondern wählt mit der Kubikmeterberechnung den gröbsten Maßstab, der den Besonderheiten der konkreten technischen Ausstattung des Gebäudes in keiner Weise Rechnung trägt (vgl. Saarländisches OLG IBR 2007, 1195). In einem solchen Antrag werden die angegebenen Kosten oftmals bewusst niedrig gehalten, um die Gebühren gering zu halten.
77Hat ein Architekt allerdings keine Kostenschätzung erstellt, kann er an die Zahlen gebunden sein, die im Bauantrag angegeben worden sind, wenn sich der Bauherr der falschen Kostenermittlung im Bauantrag nicht bewusst ist (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 12. Teil Rdn. 269). Indes hat die Beklagte nicht schlüssig dargelegt, dass sie ihre Investitionsentscheidung von den in den Bauanträgen bezeichneten anrechenbaren Kosten abhängig gemacht und auf diese Angaben des Insolvenzschuldners vertraut hat. Hier handelte es sich nicht um ein privates Bauvorhaben eines bauunerfahrenen Bauherrn, sondern um die Errichtung von gewerblichen Immobilien durch einen bauerfahrenen Investor. Die Beklagte ist gemeinsam mit ihrem Ehemann Gesellschafterin der W…-Bauträger GmbH. Wie sich aus der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz ergibt, verantwortete diese GmbH vertreten durch den Ehemann der Beklagten das Projekt. Ein gewerblicher Investor trifft in der Regel vor der Einreichung des Bauantrags und den dort benannten Kosten eine Entscheidung, in welcher finanziellen Größenordnung das Kostenvolumen sich entwickeln darf. Die Aktivitäten und Verhandlungen bereits vor Abschluss des Architektenvertrags mit der Beklagten im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Bebauungsplans lassen darauf schließen, dass die W…-Bauträger GmbH und die für sie Handelnden sehr konkrete Vorstellungen von dem Umfang, der Nutzung und der Wirtschaftlichkeit des geplanten Objekts hatten. Insbesondere die Versuche, eine Baugenehmigung für eine möglichst große Raumauslastung zu erreichen, geben zu erkennen, dass für die bauerfahrenen Praktiker die Wirtschaftlichkeit des Projekts im Vordergrund stand. Die Beklagte hat selbst in ihrem Schriftsatz vom 22.10.2012 vorgetragen, dass Herr Sch… bereits vor der Beauftragung des Insolvenzschuldners durch die Beklagte ein umfangreiches Konzept über die Positionierung der zu errichtenden Gebäude, der beabsichtigten räumlichen Nutzung inklusive der angestrebten Geschosszahl hat erarbeiten lassen. Diese Investitionserwägungen wurden daher nicht erst im Zusammenhang mit der Bemessung der Baukosten im Bauantrag sondern bereits bei der Ausgestaltung des Bebauungsplans angestellt. Überdies hatte der Insolvenzschuldner der Beklagten bereits vor der Einreichung des Bauantrags, wie sich den Anlagen zu seinem Schriftsatz vom 14.01.2013 entnehmen lässt, deutlich höhere Baukosten als im späteren Bauantrag angegeben mitgeteilt. Im Übrigen war für die auf der Beklagtenseite tätigen bauerfahrenen Praktiker erkennbar, dass die im Bauantrag bezeichneten Kosten angesichts der geplanten Qualität und des Umfangs der Gebäude in keiner Weise realistisch waren. Dass die Baukostenschätzung im Bauantrag offensichtlich äußerst ungenau war und bei weitem nicht mit den tatsächlichen Baukosten übereinstimmte, zeigt schließlich auch die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung der eigentlichen Baukosten. Die im Bauantrag bemessenen Kosten beliefen sich auf weniger als die Hälfte der tatsächlichen Baukosten. Diese Kostenabweichung beruhte nicht auf einer späteren aufwändigeren Planung.
78cc.
79Auf der Basis der Abrechnung nach den Mindestsätzen, berechnet sich bei anrechenbaren Kosten von 1.186.432,79 € bei einem Gebäude der Honorarzone III für die aus den Leistungsphasen 1- 4 erbrachten Leistungen (27% bei einem Vonsatz: 92.289,53 €) ein Honorar von 29.652,62 € brutto (s. IBR-HOAI-Rechner (HOAI 1996)).
80Interpolation:
81
nächstniedriger Tabellenwert: |
1.000.000,00€ |
(a) |
Mindestsatz: |
79.193,00€ |
(b) |
Höchstsatz: |
99.682,00€ |
(c) |
nächsthöherer Tabellenwert: |
1.500.000,00€ |
(aa) |
Mindestsatz: |
114.317,00€ |
(bb) |
Höchstsatz: |
143.592,00€ |
(cc) |
Interpolation Mindestsatz: b + [(anrechenbare Kosten - a) * (bb-b)] / (aa-a) 79.193,00 + (186.432,79 * 35.124,00) / 500.000,00 = 92.289,53€ |
Für Grundleistungen der Leistungsphase 5 ergibt sich ein Vergütungsanspruch des Klägers aus § 649 S. 2 BGB in Höhe von 22.693,28 €. Unstreitig hatte der Insolvenzschuldner infolge der Kündigung der Beklagten für diese Leistungsphase noch keine Tätigkeiten entfaltet. Da aber – wie bereits oben erörtert – dem Insolvenzschuldner ein Auftrag hierfür erteilt worden war, kann er die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen abrechnen. Die Höhe der ersparten Aufwendungen von 379,10 € ist von der Beklagten nicht angegriffen worden.
83Auf der Basis der Abrechnung nach den Mindestsätzen, ergibt sich daher bei anrechenbaren Kosten von 1.186.432,79 € bei einem Gebäude der Honorarzone III für die aus der Leistungsphasen 5 anfallenden Leistungen (25 % bei einem Vonsatz: 92.289,53 €) ein Honorar von 23.072,38 netto (s. IBR-HOAI-Rechner (HOAI 1996)). Hiervon sind die oben genannten ersparten Aufwendungen zu subtrahieren.
84c.
85Für das als „Rechteck“ bezeichnet Gebäude ergibt sich ein Honoraranspruch in Höhe von 44.292,64 €.
86aa.
87Dass der Insolvenzschuldner für dieses Gebäude die Grundleistungen der Leistungsphasen 1 – 4 erbracht hat, ist unstreitig. Die Beklagte bestreitet aber, dass der Insolvenzschuldner die Ausführungsplanung hierfür erbracht hat. Jedenfalls lässt sich - wie bereits bei dem Gebäude „Wankel“ erörtert - aus der von dem Kläger vorlegten E-Mail-Kommunikation auf eine entsprechende Beauftragung schließen. Es bedarf keiner Aufklärung, ob und wieweit der Insolvenzschuldner eine Ausführungsplanung erstellt hat, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 sich das Vorbringen der Beklagten zu eigen gemacht hat, dass keine Leistungen im Rahmen der Leistungsphase 5 ausgeführt worden sind. Daher kann der Kläger gemäß § 649 S. 2 BGB – wie beim „Wankel“ – die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen geltend machen.
88bb.
89Es ist von anrechenbaren Kosten gemäß der Kostenberechnung in der Schlussrechnung des Insolvenzschuldners von 1.000.000 € auszugehen. Der Richtigkeit des Kostenansatzes steht nicht entgegen, dass die Beträge glatt gerundet worden sind. Da die Kostenberechnung meist auf Erfahrungswerten beruht, steht dem Architekten ein nicht unbeachtlicher Spielraum zur Seite, zumal im Zeitpunkt der Entwurfsplanung noch nicht alle Quantitäten, insbesondere aber nicht alle Qualitäten des auszuführenden Bauvorhabens feststehen. Daher kann der Einwand des Bauherrn nur dann zum Erfolg führen, wenn der Architekt schuldhaft die Kosten deutlich über den allgemeinen Erfahrungswerten ansetzt. Nur bei groben (schuldhaften) Fehleinschätzungen der Kosten, die deutlich über den allgemeinen Erfahrungswerten liegen, kann eine Korrektur erfolgen (Werner in: Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Aufl. 2015, Rn 980a mwN).
90Während der Insolvenzschuldner seiner Schlussrechnung einen Betrag von 1.000.000 € zugrunde gelegt hat, behauptet die Beklagte Bruttobaukosten von 908.202,11 €, also 763.195,10 € an anrechenbaren Nettobaukosten. Die Abweichung beläuft sich also auf 24 %. Diese Abweichung liegt noch im tolerablen Bereich liegen. Die überschlägige Berechnung der Baukosten vom 04.03.2008, die der Kläger als Anlage zu seinem Schriftsatz vom 14.01.2013 zu den Akten gereicht hat, ist nachvollziehbar. Denn der Insolvenzschuldner berechnete die Nutzfläche bzw. Bruttogeschossfläche und multiplizierte diese mit dem durchschnittlichen Kostenkennwert, den das Baukosteninformationszentrum der Deutschen Architektenkammern für das Jahr 1998 herausgegeben hatte. Diese Berechnung hat die Beklagte nicht konkret angegriffen. Daher ist für das Gebäude „Rechteck“ von der Kostenberechnung des Insolvenzschuldners auszugehen.
91Wie bereits zuvor erörtert, ist es unerheblich, dass in dem Bauantrag erheblich geringere Baukosten als in der Abrechnung des Insolvenzschuldners angegeben worden sind. Maßgeblich ist, dass dem Ehemann der Beklagten, als ihrem Vertreter und als bauerfahrenem Geschäftsmann, bekannt gewesen sein dürfte, dass die Baukostenschätzung im Bauantrag äußerst ungenau war und bei weitem nicht mit den tatsächlichen Baukosten übereinstimmte. Dies zeigt schließlich auch die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung der eigentlichen Baukosten, die mit 763.195,10 € an anrechenbaren Nettobaukosten abschließt.
92Zu Recht weist die Beklagte auf tatsächliche Schwächen der Kostenberechnung des Klägers nach DIN 276 in der Fassung von April 1981 hin. Die Auflistung des Klägers stimmt nicht mit der bei Locher/Koeble/Frik im Anhang 1 aufgeführten Fassung der Kostenberechnung überein. Im Rahmen der „Baukonstruktion“ ist nicht nach Tragkonstruktion und nach nichttragender Konstruktion, bei der Rubrik 3.2 „Installationen“ nicht zwischen Wasser und Abwasser differenziert worden. Da die Beklagtenseite aber bauerfahren ist und über die tatsächlichen Baukosten informiert war, führen diese Ungenauigkeit nicht zur Unschlüssigkeit der Rechnung. Angesichts der bei der Beklagtenseite vorauszusetzenden Erfahrung mit der Kostenentwicklung bei Bauvorhaben, genügt die klägerische Abrechnung den Informations- und Kontrollinteressen der Bauherrin. Es ist nicht dargelegt worden, dass die formalen Schwächen der Abrechnung zu Ungenauigkeiten oder Unsicherheiten bei der Höhe der anrechenbaren Kosten geführt haben.
93cc.
94Aufgrund der vorstehenden Angaben ergibt sich auf der Basis der Abrechnung nach den Mindestsätzen, bei anrechenbaren Kosten von 1 Mio. € bei einem Gebäude der Honorarzone III für die aus den Leistungsphasen 1- 4 erbrachten Leistungen (27% bei einem Vonsatz: 79.193 €) ein Honorar von 25.444,71 € brutto (s. IBR-HOAI-Rechner (HOAI 1996)).
95Interpolation:
96
nächstniedriger Tabellenwert: |
500.000,00€ |
(a) |
Mindestsatz: |
44.243,00€ |
(b) |
Höchstsatz: |
55.876,00€ |
(c) |
nächsthöchster Tabellenwert: |
1.000.000,00€ |
(aa) |
Mindestsatz: |
79.193,00€ |
(bb) |
Höchstsatz: |
99.682,00€ |
(cc) |
Interpolation Mindestsatz: b + [(anrechenbare Kosten - a) * (bb-b)] / (aa-a) 44.243,00 + (500.000,00 * 34.950,00) / 500.000,00 = 79.193,00€ |
Für die nicht erbrachten Leistungen der Leistungsphase 5 ist das nach § 649 S. 2 BGB geschuldete Honorar auf den von dem Kläger geltend gemachten Betrag von 18.847,93 € begrenzt. Zwar ergäbe sich auf der Basis der Abrechnung nach den Mindestsätzen bei anrechenbaren Kosten von 1 Mio. € bei einem Gebäude der Honorarzone III für die aus der Leistungsphasen 5 anfallenden Leistungen (25 % bei einem Vonsatz: 79.193 €) ein Nettohonorar von 19.798,25 € (s. IBR-HOAI-Rechner (HOAI 1996)). Auch bei Berücksichtigung von ersparten Aufwendungen von 379,10 € würde der verbleibende Betrag den von dem Kläger ursprünglich für die im Rahmen der Leistungsphase 5 erbrachten Leistungen überschreiten. Insoweit hat der Kläger, der sich in der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 das Vorbringen der Beklagten, keine Leistungen im Rahmen der Leistungsphase 5 erbracht zu haben, zu Eigen gemacht hat, auch seine Vergütungsforderung auf den ursprünglich berechneten niedrigeren Betrag von 18.847,93 € beschränkt.
984.
99Insgesamt beläuft sich dann das Honorar auf 96.638,54 €. Diese Forderung ist gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch die Zahlung in Höhe von 40.000 € erfüllt worden. Demnach sind noch 56.638,54 offen.
1005.
101Der Verzugszinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Da die Beklagte als Verbraucherin anzusehen ist, ist der sich aus § 288 Abs. 2 BGB ergebende höhere Zinssatz nicht begründet.
1026.
103Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
104Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO, die es gebieten, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor. Die Frage, ob ausnahmsweise die Mindestsätze gemäß § 4 Abs. 2 HOAI durch die hier getroffene Pauschalpreisvereinbarung hätten unterschritten werden dürfen, ist - orientiert an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - aufgrund einer Einzelfallbetrachtung erörtert worden und lässt eine grundsätzliche Bedeutung oder die Notwendigkeit der Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erkennen.
105Streitwert für das Berufungsverfahren: 171.506,36 €