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Die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts für die Verwahrung des Originals der Erbausschlagungserklärung der Beteiligten vom 17. August 2016 wird abgelehnt.
G r ü n d e:
2Die Voraussetzungen der vom Nachlassgericht Duisburg-Hamborn gewünschten Zuständigkeitsbestimmung, die sich nach § 5 FamFG richtet, sind – derzeit – nicht feststellbar.
31.
4Allerdings ist das Oberlandesgericht Düsseldorf grundsätzlich für diese zuständig.
5Nach § 5 Abs. 2 FamFG erfolgt die Bestimmung, falls das in Bezug auf die mit der Zuständigkeitsfrage befassten Gerichte nächsthöhere gemeinsame Gericht der Bundesgerichtshof ist, durch dasjenige Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
6Hier ist zwar faktisch mit der „Sache“ zunächst das Amtsgericht Charlottenburg befasst gewesen, nämlich infolge der Übersendung des Originals der Erbausschlagungserklärung der Beteiligten durch den diese beglaubigenden Notar. Dabei ist das Nachlassgericht Charlottenburg jedoch ausschließlich als für die Entgegennahme der Erklärung zuständiges Gericht, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, nach § 344 Abs. 7 Satz 1 FamFG angegangen worden. Als zuständiges Nachlassgericht im Sinne des § 344 Abs. 7 Satz 2 FamFG ist vom Amtsgericht Charlottenburg das Amtsgericht Duisburg angesehen worden. Indes besteht, wie die formlose Abgabe vom 21. Oktober 2016 zeigt, zwischen den Nachlassgerichten bei den Amtsgerichten Duisburg und Duisburg-Hamborn Einigkeit, dass, falls überhaupt eine Zuständigkeit im Duisburger Bezirk gegeben sein sollte, diese beim Amtsgericht Duisburg-Hamborn liegt. Demgegenüber ist das Amtsgericht Schöneberg, welches das vorlegende Nachlassgericht als zuständig ansieht, erst von den Duisburger Gerichten angeschrieben worden. Insgesamt ist damit das Amtsgericht Duisburg-Hamborn als im Rechtssinne erstbefasstes Nachlassgericht anzusehen, das Amtsgericht Schöneberg als später befasstes. Deren nächsthöheres gemeinsames Gericht wäre der Bundesgerichtshof, so dass das Oberlandesgericht Düsseldorf als dasjenige Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das Amtsgericht Duisburg-Hamborn liegt, zur Zuständigkeitsbestimmung berufen ist.
72.
8Sachlich kommt als Grundlage der Zuständigkeitsbestimmung nur § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG in Betracht. Nach dieser Vorschrift wird das zuständige Gericht durch das nächsthöhere gemeinsame Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für das Verfahren zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
9In gefestigter Rechtsprechung, an der nach Überprüfung festgehalten wird, hat sich der Senat dem in der obergerichtlichen Rechtsprechung herrschenden Standpunkt angeschlossen, dass im Interesse einer raschen Klärung sogenannter negativer Kompetenzkonflikte der Begriff der rechtskräftigen Unzuständigerklärung weit auszulegen ist. Es genügt, dass jedes der beteiligten Gerichte seine Kompetenz ausdrücklich und förmlich geleugnet hat, wobei jedoch unerlässliche Voraussetzung die Bekanntgabe der kompetenzleugnenden Entscheidungen an die Beteiligten ist (OLG Hamm MDR 2016, 333 f.; OLG München, Beschluss vom 11. April 2016 in Sachen 34 AR 41/16; Senat, NJW-RR 2013, 520 f. sowie Beschluss vom 7. Juni 2016 in Sachen I-3 Sa 5/15 m.w.Nachw. = FGPrax 2016, 240).
10Selbst diese Erfordernisse sind nach Aktenlage derzeit nicht feststellbar. Dass sich das Amtsgericht Schöneberg unter dem 13. Oktober 2016 anders als durch ein bloßes, eine reine Stellungnahme auf die Zuschrift des Nachlassgerichts Duisburg vom 30. September 2016 darstellendes Schreiben an dieses Gericht geäußert hätte, ergibt sich aus der vorliegenden Akte nicht, noch weniger, dass die Beteiligte hiervon Kenntnis erhalten hätte. Die Duisburger Gerichte betreffend, hatte das Nachlassgericht Duisburg zunächst mit Schreiben vom 16. September 2016 seine Absicht kundgetan, das Verfahren an das Amtsgericht Duisburg-Hamborn zu verweisen, hernach – mit Schreiben vom 30. September 2016 – jedoch die Absicht, die Verweisung an das Amtsgericht Schöneberg auszusprechen. Geschehen ist alsdann weder das eine, noch das andere; vielmehr hat das Nachlassgericht Duisburg die Sache formlos dem Nachlassgericht in Duisburg-Hamborn „zuständigkeitshalber übersandt“ und hiervon unter der Bezeichnung „Abgabenachricht“ auch die Beteiligte unterrichtet. Eine seine Zuständigkeit ausdrücklich und förmlich leugnende Entscheidung des Amtsgerichts Duisburg-Hamborn ist in der Folgezeit nicht feststellbar, wenngleich sich der Rechtsstandpunkt dieses Nachlassgerichts aus seinem Vorlagebeschluss vom 28. Oktober 2016 ergibt. Hinsichtlich dieses Beschlusses findet sich jedoch ausschließlich dessen beglaubigte Abschrift in der Nachlassakte, so dass seine Bekanntgabe nicht beurteilt werden kann.
11Es ist auch nicht Aufgabe des Bestimmungsgerichts, eine fehlende Bekanntgabe nachzuholen und dadurch die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung erst zu schaffen (BGH NJW-RR 1995, 641 f.; OLG München a.a.O.).
123.Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung bemerkt der Senat außerdem, dass das vorlegende Nachlassgericht seiner Pflicht zur Ermittlung der zuständigkeitsbegründenden Tatsachen, § 26 FamFG, vor Einleitung des Bestimmungsverfahrens nach § 5 FamFG bislang nicht ausreichend nachgekommen ist (trotz des Hinweises auf die Notwendigkeit amtswegiger Ermittlungen im Schreiben des Amtsgerichts Schöneberg sowie des Hinweises des Nachlassgerichts Duisburg in der Übersendungsverfügung auf Bl. 28 der Nachlassakte).
13Nach dem bis zum 17. August 2015 geltenden Recht bestimmte sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Erblassers zur Zeit des Erbfalls, hilfsweise nach dessen Aufenthalt. In der Rechtspraxis bestand im Ergebnis weitgehend Einigkeit, dass die Dauer des Aufenthaltes – sogar dessen Freiwilligkeit und Bewusstheit – ohne Belang sei, deshalb der Aufenthaltsort zur Zeit des Erbfalls regelmäßig mit dem Sterbeort zusammenfalle (vgl. Keidel-Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 214, § 343 Rdnr. 45 m. Nachw.). Die zum 17. August 2015 in Kraft getretene Europäische Erbrechtsverordnung sieht hingegen als grundlegendes Merkmal für die Anknüpfung gerichtlicher Zuständigkeiten in Erbsachen den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes vor (Art. 4 EuErbVO). Dementsprechend bestimmt heute § 343 Abs. 1 FamFG, örtlich zuständig sei das Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; hatte er in diesem Zeitpunkt gar keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (mehr), ist hilfsweise gemäß § 343 Abs. 2 FamFG dasjenige Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Herkömmlich hat die höchstrichterliche Rechtsprechung an den gewöhnlichen Aufenthalt keine geringen Anforderungen gestellt und insbesondere einen Aufenthalt von einer Dauer verlangt, die zum Unterschied von dem einfachen oder schlichten Aufenthalt nicht nur gering oder vorübergehend sein dürfe (eingehend: BGH NJW 1993, 2047 ff.). Ob an dieser Begriffsbestimmung im vorliegenden Zusammenhang uneingeschränkt festgehalten werden kann, erscheint nicht zweifelsfrei, denn aus Sicht des Senats muss vermieden werden, dass das Amtsgericht Schöneberg in einer unübersehbaren Vielzahl von Fällen verstorbener Erblasser ohne festen Wohnsitz nach § 343 Abs. 3 Satz 1 FamFG jedenfalls primär zuständig wird. Diese Erwägungen können im gegebenen Fall indes letztlich auf sich beruhen.
14Denn wenn man davon ausgeht, die Erblasserin habe keinen festen Wohnsitz gehabt, lässt sich selbst auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung sagen, dass sie ein Heim zum Mittelpunkt, mindestens Schwerpunkt, ihrer Lebensverhältnisse gemacht hätte, und würde – gerade angesichts ihrer vorangegangenen, durch Bindungslosigkeit gekennzeichneten Lebensweise – ein Heimaufenthalt auch hinreichende Dauer aufweisen (wie im übrigen der Senat in der Vergangenheit den Aufenthalt jedenfalls in einem Pflegeheim/Pflegewohnzentrum „sogar“ als für die Begründung eines Wohnsitzes ausreichend angesehen hat, NJW-RR 2013 a.a.O.).
15Danach mag hier davon ausgegangen werden, dass sich die Erblasserin im Johannes-Hospital in Hamborn nur in der Form eines reinen, keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründenden Krankenhausaufenthaltes befand. Jedoch ergeben sich aus dem Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg – Bürger- und Ordnungsamt – vom 1. August 2016 zwingende Anhaltspunkte zumindest für die Möglichkeit von Heimaufenthalten der Erblasserin. Diese, vor allem deren zeitliche Lage und Dauer sowie örtliche Belegenheit, wären vom Nachlassgericht vor Einleitung eines Bestimmungsverfahrens zu klären.
164.
17Nebenentscheidungen sind nicht veranlasst.