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1.
Wird in der Berufungsinstanz eine Patentverletzungsklage in einem als „Klageerweiterung“ überschriebenen Schriftsatz des erstinstanzlich obsiegenden Berufungsbeklagten auf weitere Ausführungsformen erstreckt, besteht regelmäßig kein Raum für eine berichtigende Auslegung, dass es sich um einen bloß deklaratorischen Hinweis auf kerngleiche Verletzungsformen handele. Vielmehr stellt eine solche Prozesshandlung regelmäßig eine „echte“ Klageerweiterung im Wege einer (verdeckten) Anschlussberufung dar.
a)
Eine Ausnahme kommt allenfalls dann in Betracht, wenn es sich bei den neuen Ausführungsformen offensichtlich um kerngleiche Verletzungsformen handelt.
b)
Vorstehendes scheidet jedenfalls dann aus, wenn das erstinstanzliche Urteil oder (hilfsweise) die Klagebegründung erster Instanz keine Ausführungen zur Auslegung der (vermeintlich) in abgewandelter Form verwirklichten Merkmale enthalten (etwa weil die Verletzung des Klagepatents durch die erstinstanzlich allein streitgegenständlichen Ausführungsformen von vornherein unstreitig war und nur der Rechtsbestand des Klagepatents in Frage stand).
2.
Aus §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 ZPO ist keine Pflicht des Berufungsgerichtsgerichts abzuleiten, den Berufungsbeklagten auch über die fristgebundene Möglichkeit einer Anschlussberufung zu belehren. Diese Regelungen beziehen sich aufgrund der gesetzlichen Systematik und ihrer Entstehungsgeschichte allein auf (etwaige) Belehrungspflichten betreffend die Anschlussberufungserwiderung (und ggf. –replik) im Zusammenhang mit der Zustellung der Anschlussberufungsbegründung.
3.
Werden weitere Patente erst nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist erteilt, ist eine Erstreckung der Klage auf diese Patente mittels einer Anschlussberufung wegen Fristversäumung (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) unzulässig. Abweichendes folgt auch nicht aus dem Zwang zur Klagenkonzentration (§ 145 PatG), weil der Berufungsbeklagte in einem solchen Fall ohne Verschulden gehindert ist, die weiteren Patente noch in dem ursprünglichen Rechtsstreit geltend zu machen.
4.
Erklärt sich der Berufungsbeklagte erst am letzten Tag der Berufungserwiderungsfrist mit einer Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits einverstanden, obliegt es seinem Prozessbevollmächtigten, dafür Sorge zu tragen, dass die Aussetzung noch innerhalb der Berufungserwiderungsfrist beschlossen und i.S.v. § 329 Abs. 2 ZPO mitgeteilt werden kann: Vorsorglich muss er einen expliziten Antrag auf (erneute) Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist stellen, um sicherzustellen, dass ein Neubeginn des Laufes der Berufungserwiderungsfrist nach § 249 Abs. 1 ZPO eintritt.
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 03.09.2013 wird zurückgewiesen.
II.
Die Anschlussberufungen der Klägerin gemäß Ziffer A. des Schriftsatzes vom 26.06.2015 (Erweiterung der Klage auf die angegriffene Ausführungsform G) sowie gemäß Ziffer A. des Schriftsatzes vom 03.07.2015 (Erweiterung der Klage auf die angegriffene Ausführungsform H) werden jeweils als unzulässig verworfen.
III.
Die Klägerin hat 29 % und die Beklagten haben 71 % der zweitinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen
Sicherheistleistung in Höhe von EUR 2.500.000,- abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
V.
Die Revision wird - beschränkt auf die Verwerfung der Anschlussberufungen (Ziffer II. des vorliegenden Urteils) - zugelassen.
G r ü n d e:
2A.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen einer Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents…(nachfolgend kurz: „Klagepatent A“) auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach sowie die Beklagte zu 2) zusätzlich auf Rückruf aus den Vertriebswegen und Vernichtung in Anspruch.
4Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 03.09.2013 (Blatt 249 – Blatt 279 GA) Bezug genommen. Im Übrigen ist zweitinstanzlich zu ergänzen: Das Bundespatentgericht (Az.: 2 Ni 11/12 (EP)) vernichtete das Klagepatent A mit einem der Klägerin am 24.09.2014 an Verkündungs statt zugestellten Urteil (vgl. Blatt 360 ff. GA). Im Berufungsnichtigkeitsverfahren (Az.: X ZR 96/14) hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Bundespatentgerichts mit Urteil vom 16.08.2016 auf und wies die diesem Verfahren zugrunde liegende Nichtigkeitsklage ab (Anlage TW 46).
5Das Landgericht hat wie folgt für Recht erkannt:
6„Die Beklagten werden verurteilt,
71. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die an dem Präsidenten bzw. dem Geschäftsführer der jeweiligen Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
8lichtemittierende Vorrichtungen, die ein lichtemittierendes Teil und einen Leuchtstoff enthalten, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichts zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet,
9in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
10wobei das besagte lichtemittierende Teil einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel … enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist;
112. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23.09.2000 begangen haben, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe
12a) der Menge der erhaltenen und bestellten zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer;
13b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und unter Angabe von Typenbezeichnungen sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und den Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
14c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die jeweilige Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist;
15d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, der Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume;
16e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns;
17wobei hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) jeweils in Kopie die Einkaufs- oder Verlaufsbelege (Rechnungen) oder, falls keine Rechnungen ausgestellt wurden, Lieferpapiere vorzulegen sind, und wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen.
18II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 23.09.2000 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
19III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt,
201. die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 01.09.2008 in den Verkehr gelangten und im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, schriftlich darüber informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents … erkannt hat, und sie ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 2) zurückzugeben, und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Verpackungs- und Transport- bzw. Versandkosten zugesagt wird;
212. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
22IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnerinnen auferlegt.“
23Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagten hätten zu Recht nicht bestritten, dass das Anbieten und der Vertrieb der erstinstanzlich allein angegriffenen Ausführungsformen A bis F eine widerrechtliche Benutzung des Klagepatents darstelle. Eine Aussetzung der Verhandlung erster Instanz komme mangels einer wahrscheinlichen Vernichtung des Klagepatents A nicht in Betracht.
24Gegen dieses Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt, wobei sie ausgeführt haben: Mit Blick auf den Vorwurf der Verletzung des Klagepatents A durch die angegriffenen Ausführungsformen A bis F sei nichts Ergänzendes vorzutragen. Gleiches gelte mit Blick auf die mit dem aus Anlage TW 46 ersichtlichen Urteil des Bundesgerichtshofs abgewiesene Nichtigkeitsklage (Az. BPatG 2 Ni 11/12 (EP)). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben die Beklagten eine Abschrift einer neuen Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 2) vom 13.12.2016 (Anlagenkonvolut BK 5) betreffend das Klagepatent A mit dem Hinweis überreicht, dass selbiges bloß „der Form halber“ erfolge.
25Mit Verfügung der Vorsitzenden vom 05.03.2014 ist die Klägerin ursprünglich aufgefordert worden, bis zum 30.05.2014 auf die Berufungsbegründung der Beklagten schriftlich zu erwidern. In dieser Verfügung (Blatt 333 – 336 GA) heißt es u.a. wörtlich:
26„…
275.
28Die Berufungsbeklagten werden auf Folgendes hingewiesen:
29a)
30Die Berufungsbeklagten müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, wenn sie eine Verteidigung gegen die Berufung beabsichtigen.
31b)
32Eine Versäumung der Frist zur Berufungserwiderung kann zu Rechtsnachteilen, insbesondere zum Ausschluss des Vortrags bei der Entscheidungsfindung führen. Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel erst nach Ablauf der gesetzten Frist vorgebracht, so lässt das Gericht sie nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird; verzichtbare Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, sind nur zuzulassen, wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. …“
33Die Berufungserwiderungsfrist ist der Klägerin in der Folgezeit mehrfach antragsgemäß verlängert worden und zwar letztmalig auf ihren Antrag vom 29.09.2014 hin bis zum 13.10.2014 (s. Verfügung vom 30.09.2014, Blatt 417 GA). Mit Schriftsatz vom 13.10.2014, vorab per Telefax am selbigen Tage beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangen, hat sich die Klägerin unter Hinweis auf das oben erwähnte Urteil des Bundespatentgerichts im ersten Nichtigkeitsverfahren mit einer Aussetzung des Verletzungsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss jenes Nichtigkeitsverfahrens betreffend das Klagepatent A einverstanden erklärt. Nach Anhörung der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 22.10.2014 das Verletzungsverfahren im Einverständnis der Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem ursprünglichen, gegen das Klagepatent A anhängigen Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt.
34Die Beklagten beantragen mit ihrer Berufung zuletzt,
35das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 3. September 2013, Aktenzeichen 4a O 56/12, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
36Die Klägerin beantragt,
37die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
38Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
39Unter dem Datum des 26.06.2015 hat die Klägerin einen als „Klageerweiterung“ bezeichneten Schriftsatz eingereicht, auf dessen Inhalt im Einzelnen verwiesen wird. Zwischen den Parteien ist streitig, ob mit diesem Schriftsatz die Klage auch dahingehend erweitert worden ist, dass auch eine Verletzung des Klagepatents A durch das LED-Produkt der Beklagten zu 1) mit der Artikelnummer „…“ („angegriffene Ausführungsform G“, Produktblatt gemäß Anlage TW 36) geltend gemacht worden ist. Jedenfalls hat die Klägerin mit diesem Schriftsatz (ursprünglich) klageerweiternd eine Verletzung des deutschen Teils ihres Europäischen Patents mit der Veröffentlichungsnummer … („Klagepatent B“) durch die angegriffene Ausführungsform G geltend gemacht.
40Unter dem Datum des 03.07.2015 hat die Klägerin einen weiteren, ebenfalls als „Klageerweiterung“ bezeichneten Schriftsatz eingereicht, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Diesbezüglich ist zwischen den Parteien streitig, ob mit diesem Schriftsatz die Klage auch dahingehend erweitert worden ist, dass auch eine Verletzung des Klagepatents A durch das LED-Produkt der Beklagten zu 1) mit der Artikelnummer „…“ („angegriffene Ausführungsform H“, Produktblatt gemäß Anlage TW 41) geltend gemacht worden ist. Jedenfalls hat die Klägerin mit diesem Schriftsatz (ursprünglich) klageerweiternd eine Verletzung des deutschen Teils ihres Europäischen Patents mit der Veröffentlichungsnummer … („Klagepatent C“) durch die angegegriffene Ausführungsform H geltend gemacht.
41Der Senat hat mit Beschluss vom 21.10.2015 angeordnet, dass über die auf die deutschen Teile der Klagepatente B und C gestützten Klageansprüche jeweils in gesonderten Verfahren verhandelt und entschieden werden soll: Das Klagepatent B ist fortan Gegenstand des Rechtsstreits mit dem Aktenzeichen I-15 U 61/15, das Klagepatent C Gegenstand des Rechtsstreits mit dem Aktenzeichen I-15 U 62/15 gewesen. In diesen Verfahren hat die Klägerin auf Hinweis des Senats, dass die Anschlussberufungsfristen jeweils nicht gewahrt worden seien, ihre Klageerweiterungen inzwischen zurückgenommen.
42Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Verwendung des Begriffs „Klageerweiterung“ in ihren Schriftsätzen vom 26.06.2015 und 03.07.2015 eine reine Falschbezeichnung gewesen sei, soweit es um die Erstreckung der Klage auf eine Verletzung des Klagepatents A auch durch die zweitinstanzlich in den Rechtsstreit eingeführten Ausführunsgformen G und H gehe. Nachdem sie mit Schriftsatz vom 25.10.2016 noch „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Klageerweiterungen vom 26. Juni 2015 (Verletzungsform G) bzw. 3. Juli 2015 (Verletzungsform H)“ beantragt hat, hat sie mit Schriftsatz vom 08.12.2016 schließlich erklärt, dass „die bezüglich der Verletzungsformen G und H geltend gemachten Ansprüche im vorliegenden Verfahren mit Rücksicht auf den Hinweisbeschluss des erkennenden Senats vom 02.12.2016 nicht weiter verfolgt [werden]“. Auf Nachfrage des Senats, ob sie damit die Rücknahme entsprechender Anschlussberufungen erklären wolle, hat die Klägerin dem ausdrücklich widersprochen (s. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 15.12.2016). Die Verletzung des Klagepatents A sei bereits anhand der Verletzungsformen A bis F in ausreichendem Maße exemplifiziert worden, so dass es einer Beurteilung der weiteren (nahezu identischen) Verletzungsformen G und H nach der Kernbereichslehre ohnehin nicht bedurft habe, um diese gleichfalls als vom zu bestätigenden Tenor des erstinstanzlichen Urteils erfasst anzusehen. Die Aufnahme der Ausführungsformen G und H habe in erster Linie der Klarheit für ein etwaig erforderliches Vollstreckunsverfahren sowie als Grundlage für die Klageerweiterungen auf die weiteren Patente B und C gedient. Hilfsweise macht sie geltend, dass die in etwaigen den Klageerweiterungen enthaltenen Anschlusberufungen jedenfalls zulässig seien. Aufgrund der besonderen prozessualen Konstellation mit dem Hintergrund des Gebots der Klagenkonzentration des § 145 PatG sei sie mit ihren Klageerweiterungen nicht an die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO gebunden gewesen. Jedenfalls sei diese jeweils als gewahrt anzusehen, da sie schon nicht (ordnungsgemäß) über die Möglichkeit einer (fristgebundenen) Anschlussberufung belehrt worden sei. Die auf die angegriffenen Ausführungsformen G und H bezogenen Verletzungshandlungen seien mit denjenigen im Ausgangsverfahren gleichartig und die Erhebung einer gesonderten Klage sei insoweit prozessökonomisch sinnlos gewesen.
43Die Klägerin beantragt - hilfsweise für den Fall, dass die oben beschriebenen Einführungen der angegriffenen Ausführungsformen G und H in den vorliegenden Rechtsstreit jeweils als Klageerweiterungen zu verstehen seien - im Wege der Anschlussberufung,
44die Beklagten auch in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen G und H in der vom Landgericht bereits in Bezug auf die Ausführungsformen A – F zuer-kannten (oben im Wortlaut wiedergegebenen) Weise zu verurteilen.
45Die Beklagten beantragen,
46die auf das Klagepatent A bezogenen Anschlussberufungen als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen.
47Die Beklagten meinen, die Klägerin habe die Klage zweitinstanzlich auch auf eine Verletzung des Klagepatents A durch die Ausführungsformen G und H erweitert. Die damit verbundenen Anschlussberufungen seien unzulässig: Die Klägerin habe die Anschlussberufungsfrist nicht gewahrt; eine Wiedereinsetzung sei nicht statthaft. Ferner fehle es an der Sachdienlichkeit der Klageerweiterungen, welchen sie widersprechen. Die angegriffenen Ausführungsformen G und H seien überdies nicht ihre eigenen Produkte, sondern Fälschungen Dritter. Jedenfalls fielen ihnen insoweit keine Verletzungshandlungen zur Last: Original-Produkte dieser Typen hätten sie in den vergangenen fünf Jahren nicht in der Bundesrepublik Deutschalnd verkauft. Die Ergebnisse der von der Klägerin mit den Ausführungsformen G und H durchgeführten Produkttests bestreiten sie mit Nichtwissen.
48Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt verwiesen.
49B.
50Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die mit Einführung der neuen angegriffenen Ausführungsformen G und H verbundenen Anschlussberufungen der Klägerin sind wegen Versäumung der Anschlussberufungsfrist unzulässig.
51I.
52Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht im oben wiedergegebenen Umfang wegen der bereits erstinstanzlich unstreitigen Patentverletzung des Klagepatents A durch das Anbieten und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen A bis F verurteilt. Dem sind die Beklagten auch in zweiter Instanz zu Recht nicht entgegen getreten. Daher kann insoweit vollumfänglich auf das angefochtene Urteil verwiesen werden.
53II.
54Die Anschlussberufungen der Klägerin waren jeweils mangels Wahrung der Anschlussberufungsfrist (§ 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) als unzulässig zu verwerfen.
551.
56Bei den Klageerweiterungen auf die Ausführungsform G (mit Schriftsatz vom 26.06.2015, s. dort insbesondere Ziffer A.) und die Ausführungsform H. (mit Schriftsatz vom 03.07.2015, s. dort insbesondere Ziffer A.) handelt es sich um (ursprünglich „verdeckte“) Anschlussberufungen:
57a)
58Ein in erster Instanz obsiegender Kläger muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Berufung der Gegenseite anschließen, wenn er sich nicht nur auf die Abwehr der Berufung beschränken, sondern seinerseits eine Klageerweiterung vornehmen oder neue Ansprüche einführen will. Daher ist im Fall einer Klageerweiterung die Einlegung einer Anschlussberufung erforderlich (BGH, NJW 2009, 1870 Rn. 22; BGH, GRUR 2012, 180 Rn. 22 - Werbegeschenke; BGH, NJW 2015, 2812 Rn. 28). Demzufolge kann auch der in erster Instanz obsiegende Kläger, der in der Berufungsinstanz dieselben Ansprüche wegen Patentverletzung auf eine weitere Ausführungsform erstrecken möchte, die nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, dieses Ziel (jedenfalls dann, wenn die Frist für eine selbständige Berufung, die eine eigene Beschwer erfordert, abgelaufen ist) nur dadurch erreichen, dass er eine Anschlussberufung einlegt. Irrelevant ist, dass die Klägerin ursprünglich ihre betreffenden Anträge nicht explizit als „Anschlussberufung(en)“ bezeichnet hat, da allein der objektive Inhalt ihres Begehrens maßgeblich ist (vgl. BGHZ 204, 134 Rn. 16 = NJW 2015, 12; vgl. Senat, Urteil vom 09.10.2014 - I-15 U 27/14, Rn. 41 = GRUR 2015, 299 = BeckRS 2014, 21714 – Kupplungsvorrichtung m.w.N.).
59b)
60Soweit die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 02.12.2016 (sinngemäß) geltend gemacht hat, die Erstreckung ihrer Klage auf die angegriffenen Ausführungsformen G und H sei keine Klageerweiterung gewesen, weil sie vor dem Hintergrund der Kernbereichslehre in erster Linie der Klarstellung für eine etwaige Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils sowie als Grundlage für die erfolgten Klageerweiterungen auf die Patente B und C gedient habe, ist dieser - retrospektiven - rechtlichen Einordnung entgegen zu treten.
61aa)
62Prozesshandlungen bzw. Prozesserklärungen – wie insbesondere (Klage-)Anträge einer Partei – sind grundsätzlich der Auslegung nach den Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB fähig. Klageanträge sind daher im Zweifelsfalle (und nur dann) so auszulegen, wie es dem Inhalt damit verfolgten materiellen Anspruchs entspricht, und mit der Maßgabe, dass die Partei mit ihnen das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (statt aller: BGH, NJW-RR 1995, 1183 (1184); BGH, NZM 2015, 218 Rn. 9; BGH, NJW 2016, 708 Rn. 10; BGH, NJW 2016, 863 Rn. 9; Zöller/Greger, ZPO, 31. A. 2016, v. §§ 128 ff. Rn. 25). Im Hinblick auf die gebotene Rechtssicherheit im Prozessrecht ist auch hier allerdings auf den objektiven Erklärungswert aus Sicht des Empfängers abzustellen: Bei der Auslegung bestimmen daher nicht allein die tatsächlichen Interessen der erklärenden Partei das Verständnis der in Rede stehenden Erklärung; vielmehr müssen sich diese aus den im Zeitpunkt der Erklärung äußerlich in Erscheinung tretenden Umständen ersehen lassen (BGH, BeckRS 2012, 22980 m.w.N.). Nur bei offensichtlichem Irrtum (z.B. Schreibfehler) ist eine berichtigende Auslegung selbst eindeutiger Erklärungen denkbar (BGH, NJW 2003, 3418 f; Zöller/Greger, a.a.O., v. §§ 128 ff. Rn. 25). Prozesshandlungen einer anwaltlich vertretenen Partei, die sich ausdrücklich auf ein nicht verwechselbares Prozessinstitut beziehen, sind regelmäßig nicht abweichend auslegungsfähig (BGH, NJW 1986, 588 (589); BGH, BeckRS 2015, 10768). Nicht zulässig ist es auch, einer eindeutigen Prozesserklärung nachträglich den Sinn zu geben, der dem Interesse des Erklärenden am besten entspricht (OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1720 (1720); Zöller/Greger, a.a.O., v. §§ 128 ff. Rn. 25).
63bb)
64Gemäß vorstehenden Maßgaben können im vorliegenden Fall die jeweils mit Schrift-sätzen der Klägerin vom 26.06.2015 und 03.07.2015 in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen G und H verfolgten Rechtsbegehren nicht als bloß klarstellende Einführung zwischenzeitlich entdeckter kerngleicher Verletzungsformen ausgelegt werden. Sowohl das Gericht als auch die Beklagten mussten aus folgenden Gründen annehmen, dass die Klägerin eine Titulierung auch in Bezug auf diese neuen Ausführungsformen mittels Klageerweiterungen erstrebte:
65(1)
66Die betreffenden anwaltlichen Schriftsätze der Klägerin lassen nach Auffassung des Senats schon keinen Raum für eine Berichtigung der eindeutigen, mehrfach als Klageerweiterung bezeichneten Erstreckung der Klage auf die neuen Ausführungsformen. Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die zuletzt vertretene Auslegung der Klägerin in diametralem Gegensatz zu dem steht, was eindeutig in den betreffenden Schriftsätzen vom 26.06.2015 und vom 03.07.2015 zum Ausdruck kam. Vorstehendes manifestiert sich insbesondere in folgenden Passagen der genannten Schriftsätze:
67Im explizit als „Klageerweiterung“ überschriebenen Schriftsatz vom 26.06.2015 hat die Klägerin zunächst einleitend zum Ausdruck gebracht, dass es ihr nunmehr darum ging, „im Wege der Klageerweiterung“ die Klage auf die angegriffene Ausführungsform G „zu erstrecken“. Schon das ließ für Gericht und insbesondere die Beklagten als Empfänger dieses Schriftsatzes keinen Zweifel, dass es der Klägerin nicht bloß darum ging, im Interesse einer Klarstellung für ein etwaiges Vollstreckungsverfahren bloß das Auffinden kerngleicher Verletzungsformen festzuhalten, sondern ihr Begehren war eindeutig darauf gerichtet, auch in Bezug auf die Ausführungsform G einen Vollstreckungstitel im Wege der Verurteilung im Erkenntnisverfahren zu erhalten. Ferner schätzte die Klägerin unter dem 2. Absatz des Gliederungspunktes A. dieses Schriftsatzes, dass sich „durch diese Klageerweiterung“ auf die angegriffene Ausführungsform G der Streitwert um EUR 500.000 erhöhe (die im selben Schriftsatz vorgenommene - unstreitige - weitere Klageerweiterung auf das Klagepatent B erhöhte nach der Darlegung der Klägerin den Streitwert um weitere EUR 500.000).
68Vorstehendes gilt entsprechend für die neue angegriffene Ausführungsform H, die erstmals Gegenstand des klägerischen Schriftsatzes vom 03.07.2015 war. Dort finden sich die gleichen Formulierungen in Bezug auf die Ausführungsform H wie zuvor im Schriftsatz vom 26.06.2015 für die Ausführungsform G.
69(2)
70Selbst wenn man die betreffenden Anträge der Klägerin entgegen dem zuvor Ausgeführten als nicht eindeutig und daher einer Auslegung zugänglich erachtet, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Nach dem objektiven Empfängerhorizont mussten das Gericht und die Beklagten auch unter Zugrundelegung der betreffenden Begründungen zu der Auffassung gelangen, dass die Klage formal erweitert werden sollte:
71(2.1)
72Die Klägerin hat in Bezug auf die neue Ausführungsform G auf S. 2 oben des Schriftsatzes vom 26.06.2015 erläutert, es sei „zur Vermeidung eines neuen Verletzungsverfahrens sachdienlich, die weitere Verletzungsform im Wege der Klageerweiterung in das vorliegende Verletzungsverfahren einzuführen, …“ (Blatt 445 GA, Unterstreichungen durch Senat hinzugefügt). Die Klägerin machte also geltend, dass die Alternative zur Klageerweiterung in zweiter Instanz allein darin bestanden hätte, in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform G ein neues Erkenntnisverfahren vor dem Landgericht einzuleiten. Darin kam unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie diese Ausführungsform gerade nicht als „kerngleich“ einstufte. Dies hat sie im Schriftsatz vom 21.08.2015 nochmals bekräftigt, indem sie sie die „Erhebung einer gesonderten Klage im Hinblick auf die weiteren Verletzungsformen [als] prozessökonomisch sinnlos“ bezeichnet hat. In diesem Zusammenhang hat sie zudem die Sachdienlichkeit der Klageerweiterung in zweiter Instanz (§ 533 Nr. 1 ZPO) gerade darauf gestützt, dass es bei der Beurteilung der Unterschiede zwischen den Ausführungsformen im Wesentlichen darum gehe, aus der Ermittlung des Sinngehalts der Anspruchsmerkmale mit Blick auf die abgewandelte Ausführungsform die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, InstGE 10, 248 – Occluder). Sie hat also geltend gemacht, dass die Ausführungsform G (wie auch die Ausführungsform H) zwar nicht kerngleich, aber technisch gleichartig sei.
73Für die Frage, ob die Klägerin den Willen hatte, ihre Klage zu erweitern, kommt es nicht darauf an, ob die Ausführungsform G objektiv kerngleich ist oder nicht. Ausreichend ist vielmehr, dass die Klägerin selbst im Zeitpunkt der Antragstellung den Standpunkt mangelnder Kerngleichheit vertreten hat und dass diese Bewertung keineswegs evident verfehlt war (nur dann wäre Raum für eine etwaige berichtigende Auslegung, vgl. oben). Die Klägerin hat die angegriffene Ausführungsform G vor der Klageerweiterung sachverständig untersuchen lassen und hat auf dieser Basis geltend gemacht, dass diese Ausführungsform abgewandelte Merkmale (s. S. 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 21.08.2015 unter Ziffer 5.) im Vergleich zu den Ausführungsformen A bis F aufweist, wobei sich laut Darlegung der Klägerin im betreffenden Schriftsatz aber ein enger technischer Zusammenhang mit den bisherigen Verletzungsformen aufdränge und ihr deshalb ein gesonderter Prozess erspart werden müsse.
74In der Tat weist die Ausgestaltung der angegeriffenen Ausführungsform G diverse unstreitige Unterschiede zu den Ausführungsformen A bis F auf, die für die Frage der Verletzung des Klagepatents A und eines Verstoßes gegen den Verbotstenors des Landgerichts von Bedeutung sind, da sie nämlich zumindest für die Merkmale 2.3 und 3 gemäß Anspruch 1 des Klagepatents A von Relevanz sind (vgl. die Merkmalsgliederung im angefochtenen Urteil, dort S. 17 f.). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ein Ordnungsmittelverfahren nach § 890 ZPO als Alternative zu einer gesonderten Klage nicht schon dann zulässig ist, wenn die Abwandlung im Wortsinn des betreffenden Patentanspruchs liegt, sondern es vielmehr darauf ankommt, dass das Ordnungsmittelverfahren gerade der Vollziehung des ergangenen Urteils dient: Materiellrechtliche Erwägungen, die über die im Erkenntnisverfahren getroffenen Feststellungen hinausgehen, sind daher untersagt (Grabinski/Zülch, in: Benkard, PatG, 11. A., § 139 Rn. 161). Im vorliegenden Fall hat das Landgericht in erster Instanz keine Erläuterungen zur Auslegung des Anspruchs 1 des Klagepatents A vorgenommen, sondern - aufgrund der von Anfang an völlig unstreitigen Verletzungsfrage in Bezug die Ausführungsformen A bis F – zutreffend von jedweden näheren Ausführungen abgesehen. Eine Kerngleichheit lässt sich hier auch nicht (vgl. etwa zur Situation eines echten Versäumnisurteils auf der Basis des § 331 Abs. 2 ZPO: Grabinski/Zülch, in: Benkard, PatG, 11. A., § 139 Rn. 161) unter dem Aspekt feststellen, dass das Landgericht sich die unstreitigen Ausführungen in der Klagebegründung zu Eigen gemacht hat. Denn jedenfalls zur Auslegung der Merkmale 2.3 und 3 finden sich auch dort (s. Klageschrift, S. 29 f.) keine entsprechenden Erläuterungen, sondern bloß die Wiedergabe reiner Tatsachen, so dass sich ein etwaiger Verstoß gegen den Urteilstenor durch die abgewandelten Ausführungsformen gerade nicht ohne einen (im Verfahren nach § 890 ZPO nicht statthaften) zusätzlichen Blick in die Klagepatentschrift A feststellen lässt. Allein vor diesem Hintergrund entsprach eine entsprechende Klageerweiterung dem objektiven Interesse der Klägerin, so dass ihr Ansinnen, die Klage zu erweitern (abgesehen davon, dass sie selbiges trotz abgelaufener Anschlussberufungsfrist in der zweiten Instanz anstatt in einem neuen Erkenntnisverfahren erster Instanz vornahm, s. unten) prozessual nachvollziehbar war.
75Der erstmals mit Schriftsatz vom 02.12.2016 vertretene Standpunkt der Klägerin erweist sich daher als untauglicher Versuch, die mit der Einführung der neuen angegriffenen Ausführungsform G verbundenen Kosten einer - unzulässigen - Anschlussberufung auf die Gegner abzuwälzen, nachdem der Senat zu erkennen gegeben hatte, dass auch die Anschlussberufung betreffend die Ausführungsform G verfristet war.
76(2.2)
77Das unter Ziffer 2.1 Ausgeführte gilt entsprechend für die mit Schriftsatz vom 03.07.2015 in der Berufungsinstanz in den Rechtsstreit eingeführte Ausführungsform H.
78(3)
79Die Klägerin hat die auf die Ausführungsformen G und H bezogenen Anschlussberufungen - soweit es um das Klagepatent A geht - trotz mehrerer Hinweise des Senats (s. u.a. den Beschluss vom 02.12.2016) ausdrücklich nicht wieder zurückgenommen.
80Eine (Anschluss-)Berufungsrücknahme muss zwar nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden, aber eindeutig sein; im Zweifelsfall muss das Gericht nach § 139 ZPO auf eine Klarstellung hinwirken (MüKo ZPO/Rimmelspacher, ZPO, 5. A., § 516 Rn. 8 m.w.N.). Die Klägerin hat auf ausdrückliche Frage des Senats, ob ihre Formulierung im Schriftsatz vom 02.12.2016 („die bezüglich der Verletzungsformen G und H geltend gemachten Ansprüche … nicht weiter verfolgt“) als eine entsprechende Teilrücknahme verstanden werden solle, ausdrücklich erklärt, an ihrem betreffenden Klagebegehren (hilfsweise) festzuhalten, wenn der Senat (weiterhin) von entsprechenden Klageerweiterungen ausgehe. Die betreffende Formulierung habe - so die Klägerin - bloß ausdrücken sollen, dass sie die Ausführungsformen G und H als kerngleich mit den Ausführungsformen A bis F erachte.
81c)
82Gemäß § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO ist eine Anschlussberufung nur bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig.
83aa)
84Die der Klägerin antragsgemäß zuletzt mit Verfügung vom 29.09.2014 verlängerte Berufungserwiderungsfrist endete am 13.10.2014. Aus § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO folgt, dass eine Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist zugleich eine Verlängerung der Anschlussberufungsfrist bewirkt (s. statt aller BeckOK ZPO/Wulf, a.a.O, § 524 Rn. 19). Da die hier in Rede stehenden Anschlussberufungen erst am 26.06.2015 respektive am 03.07.2015 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangen sind, war die der Klägerin gesetzte Berufungserwiderungsfrist in beiden Fällen bereits seit vielen Monaten abgelaufen.
85Abweichendes folgt hier auch nicht etwa aus § 249 Abs. 1 ZPO, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für die dort angeordnete Wirkung einer Aussetzung auf den Fristenlauf nicht vorliegen: Nach dieser Vorschrift hat die Ausetzung des Verfahrens die Wirkung, dass der Lauf einer jeden Frist aufhört und nach Beendigung der Aussetzung die volle Frist von neuem zu laufen beginnt. Vorgenannte Wirkung konnte vorliegend deshalb nicht eintreten, weil im Zeitpunkt des Aussetzungsbeschlusses des Senats vom 22.10.2014 die Berufungserwiderungsfrist (und damit zugleich die Anschlussberufungsfrist, § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO) bereits abgelaufen war. Eine zwischen dem Eingang des Aussetzungsantrages (hier: 13.10.2014, 13.53 Uhr) und der nach § 329 Abs. 2 ZPO verlautbarten Aussetzungsentscheidung (hier: frühestens am 22.10.2014) ablaufende (Anschlussberufungs)-Frist (hier: 13.10.2014, 24.00 Uhr) wird von der Aussetzungswirkung des § 249 Abs. 1 ZPO mangels Rückwirkung der Aussetzung auf den Zeitpunkt der Antragsstellung nicht mehr erfasst (vgl. BGH, NJW 1987, 2379, 2380; vgl. BGH, NJW-RR 2011, 1282; vgl. BeckOKZPO/Jaspersen, a.a.O., § 246 Rn. 12; vgl. MüKoZPO/Stackmann, a.a.O., § 246 Rn. 19).
86bb)
87Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, mangels einer ordnungsgemäßen Belehrung durch den Senat sei die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO für die Anschlussberufung(en) gar nicht erst in Gang gesetzt worden. Zwar beginnt die in § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO bestimmte Anschlussberufungsfrist in der Tat dann nicht zu laufen, wenn eine Belehrung des Berufungsbeklagten über die Folgen einer Versäumung der Berufungserwiderungsfrist unterblieben oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist (vgl. BGHZ 86, 218 = NJW 1983, 822; BGH, NJW 2009, 515 Rn. 4 u. 6; BGH, GRUR 2011, 831 Rn. 45 – BCC; BGH, NJW 2015, 1608 Rn. 19 m.w.N; Cassardt, in: Cepl/Voß, 1. A., 2015, § 524 Rn. 20; MüKo ZPO/Himmelpacher, a.a.O., § 524 Rn. 32 jew. m.w.N.). Die der Klägerin im vorliegenden Fall erteilte Belehrung genügt jedoch allen einschlägigen Anforderungen. Auch aus den §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO ist keine Pflicht des Berufungsgerichts herzuleiten, den Berufungsbeklagten auch über die Möglichkeit zu belehren, (nur) innerhalb der Berufungserwiderungsfrist könne eine etwaige Anschlussberufung eingelegt werden.
88Soweit die betreffende Rechtsfrage in Rechtsprechung und Literatur bislang überhaupt explizites Thema gewesen ist, hat sie keine einheitliche Beantwortung erfahren: Das Bundesarbeitsgericht und die Literatur zum arbeitsgerichtlichen Verfahren verneinen eine derart weitgehende Belehrungspflicht und führen zur Begründung aus, dass es insoweit allein um die Klarstellung gehe, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO (i.V.m. § 66 Abs. 1 S. 3 ArbGG) in Gang gesetzt werde (BAG, NZA 2012, 1223; dem folgend: Germelmann, in: Germelmann/Matthes/Prütting, Arbeitsgerichtsgesetz, 8. A. 2013 Rn 105; Koch, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 17. A., 2017 Rn. 15). Einer anderen Auffassung zufolge (OLG Karlsruhe, GRUR 2016, 482 Rn. 73 – Abdichtsystem; OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.02.2016 - 6 U 51/14 = BeckRS 2016, 14986 - Hubwagen) ist zwingend auch über die fristgebundene Möglichkeit der Anschlussberufung zu belehren.
89Der Senat schließt sich aus folgenden Gründen - im Ergebnis - der erstgenannten Auffassung an. Die in § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO enthaltene Legalverweisung, welche die entsprechende Geltung der §§ 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO bestimmt, ordnet keine Belehrung über die Folgen einer Versäumung der Frist zur Einlegung der Anschlussberufung an:
90(1)
91Dafür spricht zunächst die Systematik des § 524 ZPO:
92Während der § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO die Frist für die Einlegung der (zur Berufung akzessorischen) Anschlussberufung regelt und diese an die Berufungserwiderungsfrist koppelt, widmet sich der § 524 Abs. 3 ZPO allein der Anschlussberufungsbegründung: Insoweit postuliert zunächst § 524 Abs. 3 S. 1 ZPO, dass diese bereits in der Anschlussschrift enthalten sein muss. Alsdann ordnet § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO die entsprechende Geltung u.a. des § 521 ZPO an. Insoweit muss beachtet werden, dass § 521 ZPO in seinem direkten Anwendungsbereich Fragen im Zusammenhang mit der Zustellung der (beim Berufungsgericht bereits eingereichten) Berufungsschrift und der Berufungsbegründung betrifft. Analog dazu geht es also im Zusammenhang mit der durch § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO angeordneten entsprechenden Geltung u.a. des § 521 ZPO für die Anschlussberufung um Anforderungen, die das Berufungsgericht anlässlich der Zustellung der Anschlussberufungsschrift zu beachten hat: Die Regelung betrifft also wiederum verfahrensleitende Maßnahmen zu einem Zeitpunkt, in dem die Anschlussberufung / Anspuchsberufungsbegründung bereits eingegangen sind und eine Belehrungspflicht über die Anschlussberufungsfrist daher - jedenfalls regelmäßig - gar nicht mehr von Interesse ist. Insoweit schreibt § 524 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 521 Abs. 1 ZPO vor, dass die Anschlussberufungsschrift von Amts wegen zuzustellen ist.
93Die in § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO ferner angeordnete entsprechende Geltung des § 521 Abs. 2 S. 1 ZPO für die Anschlussberufung meint indes Folgendes: Der Vorsitzende / das Berufungsgericht kann der Gegenpartei (d.h. übertragen auf die Parteirollenverteilung im Anschlussberufungsverfahren: dem Berufungskläger und Anschlussberufungsbeklagten) eine Frist für die Anschlussberufungserwiderung und dem Berufungsbeklagten (= Anschlussberufungskläger und Berufungsbeklagter) eine Frist für die Anschlussberufungsreplik setzen. Wenn der Vorsitzende / das Berufungsgericht im Rahmen des ihm insoweit eingeräumten Ermessens Fristen für die Anschlussberufungserwiderung und –replik setzt, dann muss er / es zwingend eine dem - über § 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2 ZPO entsprechend geltenden - § 277 Abs. 2 ZPO genügende Belehrung über die Folgen einer Versäumung dieser (und zwar nur dieser) Fristen vornehmen (vgl. auch MüKo ZPO/Himmelspacher, a.a.O., § 524 Rn. 47).
94Die Anschlussberufungs(begründungs)frist ist also ebenso wenig wie die Berufungserwiderungsfrist Gegenstand der §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO. Wenn der Gesetzgeber neben der Belehrung über die Berufungserwiderungsfrist zusätzliche eine gerichtliche Belehrungspflicht über die Folgen einer Versäumung der akzessorischen Anschlussberufungsfrist hätte etablieren wollen, hätte er dies etwa durch Schaffung einer dem § 232 ZPO vergleichbaren Vorschrift (die indes eine Belehrung selbst betreffend die Berufungsfrist nur für nicht durch Rechtsanwälte vertretene Parteien vorsieht) auch für die Anschlussberufung vorgenommen bzw. vornehmen müssen.
95Dass eine unterbliebene bzw. nicht ordnungsgemäß erfolgte Belehrung über die Folgen einer Versäumung einer (fakultativ) nach § 521 Abs. 2 ZPO gesetzten Berufungserwiderungsfrist - wie eingangs erläutert - zugleich die Wirkung hat, dass dann (auch) eine Anschlussberufung noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung wirksam erfolgen kann, ist daher nicht etwa aus der Kette der §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO zu schließen, sondern ergibt sich unmittelbar bereits aus § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO und dem damit verbundenen akzessorischen Gleichlauf von Berufungserwiderungs- und Anschlussberufungs(-begründungs)frist, der nur für die in § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO genannten Leistungen eine Ausnahme erfährt.
96(2)
97Die vorstehende, der gesetzlichen Systematik geschuldete Auslegung wird durch die einschlägigen Gesetzesmaterialien bestätigt.
98Die Regelung des § 524 Abs. 3 ZPO hat erstmals mit dem am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Reformierung des Zivilprozesses Eingang in die Zivilprozessordnung gefunden (s. Gesetz v. 27.07.2001, BGBl. I S. 1887). Der mit diesem Gesetz insgesamt neu gefasste § 524 n.F. ZPO trat an die Stelle des zuvor die Anschlussberufung regelnden § 521 a.F. ZPO. Wie dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Reformierung des Zivilprozesses (s. BT-Dr. 14/4722, Entwurf der Bundesregierung vom 24.11.2000, S. 98 f.) zu entnehmen ist, war es Ziel der Reformierung des Rechts der Anschlussberufung, die frühere selbständige Anschlussberufung abzuschaffen und sicherzustellen, dass die mittels Anschließungserklärung eingelegte Berufung stets in Abhängigkeit vom Hauptrechtsmittel steht. Daneben war Gegenstand der Reform nur eine redaktionelle Änderung, mit der die zuvor in § 521 Abs. 2 a.F. ZPO enthaltene Regelung über die Anfechtung eines Versäumnisurteils im Wege der Anschlussberufung nunmehr in § 514 Abs. 2 ZPO eingestellt worden ist. In den Erläuterungen zum vorgenannten Gesetzesentwurf heißt es auf S. 98, re. Sp., 4. Abs. sodann wörtlich:
99„Im Übrigen ist eine Änderung der geltenden Rechtslage in Bezug auf die (unselbständige) Anschlussberufung nicht beabsichtigt.“
100Da eine Belehrung über die Versäumung einer Frist für die Anschlussberufung nach der alten Rechtslage des § 521 a.F. ZPO unbekannt war und die Etablierung einer solchen Belehrungspflicht gerade nicht zu den Reformzielen gehörte, besteht auch vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, den §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO eine solche Bedeutung beizumessen. Dies gilt umso mehr, als es auf S. 99 des betreffenden Entwurfs der Bundesregierung in Bezug auf § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO heißt:
101„Satz 2 erklärt die Vorschriften über den Inhalt der Berufungsschrift und der Berufungsbegründungsschrift sowie deren Zustellung in Ansehung der Anschlussberufung für entsprechend anwendbar.“ (Unterstreichung durch Senat vorgenommen)
102Während der erste Teil des vorstehenden Zitats die in § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO enthaltenen Verweise auf § 519 Abs. 2, 4 und § 520 Abs. 3 ZPO betrifft, findet sich im zweiten Halbsatz die Bestätigung der oben vorgenommenen systematischen Auslegung: Der Verweis auf §§ 521 Abs. 2, 277 Abs. 2 ZPO bezieht sich allein auf Vorgaben, die der Vorsitzende / das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Zustellung der (ihm dann bereits vorliegenden) Anschlussberufungsschrift zu beachten hat und normiert daher keine Pflicht zur Belehrung über die Folgen einer Versäumnis der Anschlussberufungsfrist.
103Spätere Änderungen des § 524 ZPO betrafen weder die Regelung des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO noch des § 524 Abs. 3 ZPO, so dass sich aus selbigen kein Anlass für ein abweichendes Verständnis ergeben kann.
104(3)
105Soweit sich das OLG Karlsruhe (s. die Nachweise unter bb) zu seiner gegensätzlichen Auslegung der §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S.2, 277 Abs. 2 ZPO durch die Rechtsprechung des I. Zivilsensenats des Bundesgerichtshofs gehalten sah, vermag sich der Senat diesem Argument nicht anzuschließen.
106Es ist - erstens - zumindest zweifelhaft, ob den sogleich zitierten Ausführungen des I. Zivilsenats des BGH entnommen werden kann, dass dieser eine Belehrung über die fristgebundene Möglichkeit einer Anschlussberufung für erforderlich hält (nachfolgend sind auszugsweise die Randnummern 28 – 31 der Entscheidung BGH, GRUR 2012, 180 - Werbegeschenke wiedergegeben; Hervorhebung durch Fettdruck durch Senat hinzugefügt):
107„Gleichwohl bleibt die Rüge der Revision, die Bekl. habe sich innerhalb der Berufungserwiderungsfrist dem Rechtsmittel der Kl. nicht angeschlossen, ohne Erfolg. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Frist zur Berufungserwiderung wirksam bestimmt und die Bekl. über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis gem. §§ 524 Absatz III 2, 521 Absatz II 2, 277 Absatz II ZPO belehrt worden ist. Der Senat kann dem Akteninhalt nicht entnehmen, dass eine beglaubigte Abschrift der richterlichen Verfügung, mit der die Frist für die Berufungserwiderung gesetzt worden ist, gem. §§ 329 Absatz II 2, 169 Absatz II ZPO zugestellt worden ist (vgl. hierzu BGHZ 76, Seite 236 = NJW 1980, Seite 1167). Gleiches gilt für die Frage, ob die Bekl. über die Rechtsfolgen einer Fristversäumnis nach §§ 524 Absatz III 2, 521 Absatz II 2, 277 Absatz II ZPO belehrt worden ist.
108In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass bei einem Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 277 Absatz II ZPO eine Anwendung der Präklusionsvorschriften nicht in Betracht kommt (…).Das hat auch für die Frage der Rechtzeitigkeit der Anschlussberufung zu gelten, wenn die Frist zur Berufungserwiderung nicht wirksam bestimmt und die erforderliche Belehrung nach §§ 524 Absatz III 2, 521 Absatz II 2, 277 Absatz II ZPO unterblieben ist (…).
109…
110Nachdem die Berufungserwiderungsfrist nicht wirksam bestimmt worden war, konnte sich die Bekl. bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz am 8. 10. 2009 dem Rechtsmittel der Kl. anschließen … .
111Zwar zitiert der I. Zivilsenat des BGH - was aus o.g. Gründen indes nicht angezeigt erscheint - im Zusammenhang mit der diskutierten Belehrungspflicht durchaus die §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO. Jedoch scheint der I. Zivilsenat des BGH insoweit gerade nicht auf die Anschlussberufungsfrist abzustellen, sondern seine Ausführungen (s. jeweils Fettdruck in der zitierten Passage) dürften allein auf die Frist zur Berufungserwiderung bezogen sein. Entsprechendes gilt auch für weitere Entscheidungen des I. Zivilsenats des BGH, in welchen ebenfalls auf die Kette der §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO abgestellt wurde (GRUR 2011, 831 Rn. 44 – BCC; NJW 2015, 1608 Rn. 18).
112Falls der I. Zivilsenat des BGH gleichwohl in dem Sinne zu verstehen sein sollte, dass eine Pflicht zur Belehrung auch über die fristgebundene Möglichkeit der Anschlussberufung bestehe, wäre dem jedenfalls nach Auffassung des Senats aus den oben erläuterten Gründen nicht zu folgen.
113bb)
114Die Verfügung vom 05.03.2014 ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unstreitig in Form einer beglaubigten Abschrift zugestellt worden (vgl. das anwaltliche Empfangsbekenntnis vom 10.03.2014, Blatt 338 GA), so dass die Anforderungen der §§ 525, 329 Abs. 3 S. 2, 169 Abs. 2 ZPO gewahrt sind.
115cc)
116Die Klägern ist in der betreffenden Verfügung unstreitig auch über die notwendige Bestellung eines Rechtsanwalts belehrt worden (§§ 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 Hs. 1 ZPO); die Belehrung erschöpfte sich also nicht etwa in einem (allein nicht ausreichenden) Hinweis auf §§ 530, 296 Abs. 1, Abs. 4 ZPO (vgl. dazu BGH, NJW 2015, 1608 Rn. 18).
117dd)
118Schließlich geht auch der Einwand der Klägerin, dass die Verfügung vom 05.03.2014, mit denen die Klägerin über die Folgen einer Versäumung der Berufungserwiderungfrist belehrt worden ist, nicht den maßgeblichen Anforderungen der §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO genüge, ins Leere. In Bezug auf die allein (s. oben) erforderliche Belehrung über die Folgen der Versäumnis der Berufungserwiderungsfrist genügt die konkret erteilte Belehrung den einschlägigen Anforderungen: Die Regelung in §§ 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 Hs. 2 ZPO verlangt, dass der Partei in aller Deutlichkeit klar zu machen ist, dass sie sich grundsätzlich nur innerhalb der gesetzten Berufungserwiderungsfrist gegen die Berufungsangriffe verteidigen kann und ihr sonst im Allgemeinen jede Verteidigung abgeschnitten ist (vgl. BGHZ 86, 218, 226 = NJW 1983, 822; BGH, NJW 1991, 2773; vgl. Schilling, in: Cepl/Voß, a.a.O., § 277 Rn. 7 m.w.N.). Die hier maßgebliche Belehrung erschöpfte sich gerade nicht in einer formelhaften Wiedergabe der gesetzlichen Anforderungen, sondern der Klägerin ist unmissverständlich vor Augen geführt worden, dass ihr ein Ausschluss ihres Berufungsvorbringens droht, wenn sie die gesetzte Berufungserwiderungsfrist versäumen sollte. Jeder vernünftigen Partei ist mit Zugang einer solchen Belehrung daher klar, dass im Falle einer Versäumung der Berufungserwiderunsgfrist schlimmstenfalls allein deshalb der Prozessverlust drohen könnte.
119ee)
120Entgegen der Ansicht der Klägerin war sie im vorliegenden Fall auch nicht nach dem Sinn und Zweck einer Anschlussberufung sowie dem verfassungsrechtlichen Gebot der Waffengleichheit vom Erfordernis der Einhaltung der Berufungserwiderungsfrist in Bezug auf die Anschlussberufung entbunden. Solches ist insbesondere nicht schon deshalb anzunehmen, weil die ihre Anschlussberufung begründenden Umstände (also die Entdeckung (vermeintlich) neuer Ausführungsformen der Beklagten sowie die zwischenzeitliche Erteilung der Klagepatente B und C) allesamt erst nach Ablauf der für die Berufungserwiderung gesetzten Frist eintraten.
121Der Gesetzgeber hat sich mit dem oben bereits erwähnten Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 dafür entschieden, die Einlegung einer Anschlussberufung nur binnen einer bestimmten Frist zuzulassen, um auf diese Weise das nach der Neukonzeption in erster Linie der Fehlerkontrolle dienende Berufungsverfahren zu straffen und zu beschleunigen (vgl. BT-Drs. 14/4722, 64, 98 f.; vgl. auch BT-Drs. 15/3482, 18). Daran hat er - trotz erheblicher Kritik in Rechtsprechung und Literatur - im 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004 (BGBl. I 2004, 2198) festgehalten und eine Ausnahme allein für wiederkehrende Leistungen i.S.v. § 323 ZPO geschaffen (s. § 524 Abs. 2 S. 3 ZPO). Vor diesem Hintergrund ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit guten Gründen eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO im Wege der teleologischen Reduktion sowohl für klageerweiternde als auch für klageändernde Anschlussberufungen abgelehnt worden (BGH, NJW 2008, 1953 Rn. 17 ff; BGH, NJW 2009, 1870 Rn. 22; zuletzt offen gelassen von BGH, NJW 2015, 2812 Rn. 33).
122Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat - nach eigener Prüfung - auch für die hier maßgebliche Konstellation an. Eine abweichende Beurteilung ist insbesondere nicht vor dem Hintergrund des Gebotes der Klagenkonzentration gemäß § 145 PatG geboten. In diesem Zusammenhang verkennt der Senat nicht, dass grundsätzlich spätestens im Berufungsverfahren weitere Schutzrechte geltend gemacht werden müssen, wenn gegen den Beklagten wegen derselben oder einer gleichartigen Handlung auf Grund eines anderen Patents eine Klage erhoben werden soll. Diese Verpflichtung steht jedoch selbstverständlich unter dem Vorbehalt des prozessrechtlich Möglichen und Zulässigen: Das auf Einrede des Beklagten zu beachtende Prozesshindernis des § 145 PatG hindert die Erhebung einer weiteren, auf ein anderes Patent gestützten Klage nur dann, wenn der Kläger es schuldhaft versäumt hat, auch das / die weitere(n) Patent(e) in dem vorherigen Rechtsstreit geltend zu machen.
123Mit Blick auf die Frage der Verletzung des von Anfang an streitgegenständlichen Klagepatents A durch die neu entdeckten Ausführungsformen G und H bestand von vornherein keine Situation, die eine Klageerweiterung unter dem Blickwinkel des § 145 PatG erforderlich machte. Denn § 145 PatG verlangt gerade nicht, alle Verletzungen desselben Patents (etwa durch alle unterschiedlichen Verletzungsformen) in ein und derselben Klage zu verfolgen (Grabinski/Zülch, a.a.O., § 145 Rn. 6 m.w.N.).
124Soweit es der Klägerin andererseits auch darum gegangen sein mag, die (gegenüber den Ausführungsformen A bis F zusätzliche Merkmale aufweisenden) Ausführungsformen G und H deshalb in den Rechtsstreit einzuführen, weil diese als Basis für die Erweiterung der Klage auf die Patente B und C dienen sollten, gilt jedenfalls: Hätte die Klägerin diese - unstreitig erst nach Ablauf der Anschlussberufungsfrist erteilten - Patente zum Gegenstand eines neuen (erstinstanzlichen) Verfahrens gemacht, wäre dies nicht ernstlich mit dem Risikio einer mit beachtenswerten Gründen auf § 145 PatG gestützten Prozesseinrede der Beklagten verbunden gewesen. Es kann einem Kläger nämlich denknotwendig nicht als schuldhaft angelastet werden, wenn er davon absieht, Patente, die bis zum Ablauf der Anschlussberufungsfrist mangels Erteilung noch gar nicht existent waren, klageerweiternd in der Berufungsinstanz geltend zu machen und somit eine Verwerfung zu riskieren.
125Eine Zulassung der Anschlussberufungen der Klägerin trotz abgelaufener Anschlussberufungsfrist würde das mit § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO verfolgte gesetzgeberische Ziel daher contra legem aushebeln.
126ff)
127Der Klägerin, die nach alledem die Anschlussberufungsfrist nicht gewahrt hat, ist schließlich auch nicht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
128Diesbezüglich kann dahinstehen, ob - wie die Beklagten geltend machen - eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 233 (analog) ZPO schon deshalb ausgeschlossen ist, weil es sich bei der Anschlussberufungsfrist nicht um eine Notfrist handelt (gegen die analoge Anwendung des § 233 ZPO: BGH, NJW 2005, 3067, 3068; offen gelassen von BGH, NJW 2015, 2812 Rn. 37 f. m.w.N.; befürwortend die herrschende Literaturmeinung: s. statt aller MüKo ZPO/Himmelspacher, a.a.O., § 524 Rn. 33 und Jacobs, in: Cepl/Voß, a.a.O., § 233 Rn. 7 jew. m.w.N.).
129Selbst wenn man nämlich eine (analoge) Anwendbarkeit des § 233 ZPO anzunehmen hätte, liegen jedenfalls hier die maßgeblichen Anforderungen für eine Wiedereinsetzung nicht vor. Die Klägerin war nämlich nicht unverschuldet an der Einhaltung der Anschlussberufungsfrist gehindert.
130(1)
131Zunächst ist festzuhalten, dass für ein fehlendes Verschulden der Klägerin nicht etwa die gesetzliche Vermutung des § 233 S. 2 ZPO streitet. Denn eine Rechtsbehelfsbelehrung ist vorliegend weder pflichtwidrig unterblieben noch fehlerhaft erfolgt; wie oben im Einzelnen ausgeführt, bedarf es keiner gerichtlichen Belehrung über die fristgebundene Möglichkeit der Anschlussberufung.
132(2)
133„Verschulden“ i.S.v. § 233 ZPO ist ein solches im Sinne eines Obliegenheitsverstoßes: Es ist zu bejahen, wenn die Prozesspartei in zurechenbarer Weise gegen ihr eigenes wohlverstandenes Interesse handelt, wobei schon ein (einfach) fahrlässiges Verhalten schadet (MüKoZPO/Stackmann, a.a.O., § 233 Rn. 32 m.w.N.). Ein Anwalt hat die übliche, berufsbedingt strenge Sorgfalt eines ordentlichen Rechtsanwalts zu wahren (BGH, NJW 1985, 1710; vgl. BGH, GRUR 2001, 411, 412 (zum Patentanwalt); vgl. BGH, NJW 2013, 3181 Rn. 4 ff; eingehend zum Verschuldensmaßstab Jacobs, in: Cepl/Voß, a.a.O., § 233 Rn. 16 ff.).
134Den Prozessbevollmächtigten der Klägerin fällt im Zusammenhang mit der Versäumung der Anschlussberufungsfrist ein fahrlässiges Verhalten zur Last, welches der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist und einer Wiedereinsetzung daher entgegen steht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 69, 395 = BeckRS 1977, 31206286) gilt im Zusammenhang mit einer Aussetzung eines Rechtsstreits nach § 246 Abs. 1 ZPO folgende - auf die Aussetzung nach § 148 ZPO entsprechend anzuwendende - Maßgabe: Stellt ein Prozessbevollmächtigter während der Frist zur Begründung eines Rechtsmittels den Antrag, den Rechtsstreit auszusetzen, gehört zu seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht die Überwachung, dass die begehrte Aussetzung noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgt. Er darf keinesfalls darauf vertrauen, dass dem Antrag noch innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist stattgegeben wird.
135Für ein solches Vertrauen bestand im konkreten Einzelfall schon deshalb kein Anlass, weil der Aussetzungsantrag erst am letzten Tag der Berufungserwiderungs- / Anschlussberufungsfrist um 13.53 Uhr bei der Wachtmeisterei des Oberlandesgerichts Düsseldorf einging. Diesbezüglich ist zu beachten, dass allgemein im Falle der Fristausschöpfung bis zum letzten Tag nochmals erhöhte Sorgfaltsanforderungen gelten (BGH, NJW 1989, 2393 (2394); BGH; NJW 2006, 2637). Zwar darf eine Partei selbstredend ihr eingeräumte Fristen bis zur Grenze ausschöpfen. Anknüpfungspunkt für das Verschulden ist hier jedoch die Frage, wem die Überwachung obliegt, dass eine Aussetzungsentscheidung noch vor Ablauf von Rechtsmittel(begründungs)fristen bzw. –erwiderungsfristen erfolgt bzw. erfolgen kann: Dies ist Aufgabe des Prozeßbevollmächtigten, der bei drohendem Ablauf der Fristen die erforderlichen Maßnahmen (z.B. ein (erneueter) Antrag auf Fristverlängerung) zu ergreifen hat (BGH, NJW 1987, 2379, 2380). Nichts Anderes gilt für die Anschlussberufungsfrist, die zwar keine echte Rechtsmittelfrist, jedoch gemäß § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO an die Berufungserwiderungsfrist gekoppelt ist.
136Vor diesem Hintergrund beruhte es auf jedenfalls einfacher Fahrlässigkeit, den vorab per Telefax eingereichten Schriftsatz der Klägerin vom 13.10.2014 nicht einmal mit dem Vermerk „Eilt sehr!“ oder in einer anderweitig geeigneten Weise als eilbedürftig zu kennzeichnen. Bei einer derartigen Vorgehensweise musste die Klägerin von vornherein damit rechnen, dass der Schriftsatz bzw. das Telefax den zuständigen Richtern (frühestens) am nächsten Werktag (und damit nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist) vorgelegt wird. Hinzu kommt, dass den Beklagten vor der Entscheidung über die Aussetzung ohnehin noch rechtliches Gehör zu gewähren war, so dass zumindest deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bestehen konnte, der Senat werde dem Aussetzungsantrag noch innerhalb der - bereits wenige Stunden nach Eingang des Aussetzungsbegehrens ablaufenden - Berufungserwiderungsfrist stattgeben. Die Klägerin hätte sich nach alledem um eine abermalige Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist bemühen müssen, wenn sie sichergehen wollte, dass die Aussetzung vor Fristablauf erfolgte und gem. § 329 Abs. 2 ZPO kundgegeben werden konnte. Einen entsprechenden Versuch unternahm die Klägerin unstreitig nicht. Soweit sie zuletzt den Standpunkt eingenommen hat, der Senat habe übersehen, dass in ihrem Schreiben vom 13.10.2014 ein „konkludenter“ Antrag auf Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist enthalten gewesen sei, ist dem zu widersprechen: Einem bloßen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens kann nicht entnommen werden, dass bei drohendem Ablauf einer Frist vor dem Wirksamwerden der Aussetzung diese Frist (hilfsweise) verlängert werden möge (so explizit BGH, NJW 1987, 2379, 2380). Der Inhalt des klägerischen Schriftsatzes vom 13.10.2014 erschöpfte sich (sinngemäß) in der reinen, knapp fünfzeiligen Mitteilung, die Klägerin sei nunmehr mit Blick auf die erstinstanzliche Vernichtung des Klagepatents A mit der Aussetzung des Verletzungsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens einverstanden. Diese - grundsätzlich der Auslegung zugängliche Prozesshandlung (s. nur BGH, NJW 1987, 2379, 2380) - konnte unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als ein (konkludenter) Antrag auf eine weitere Verlängerung der Berufungserwiderungsfrist verstanden werden, erst recht nicht vor dem Hintergrund, dass die Klägerin in erster Instanz des Verletzungsprozesses vollauf obsiegt hatte und durch das angefochtene Urteil demzufolge nicht einmal beschwert war. Der Senat konnte - im Gegensatz zur Klägerin, der zumindest die laufenden Erteilungsverfahren betreffend die Patente B und C bekannt waren - seinerzeit ersichtlich nicht antizipieren, dass die Klägerin / Berufungsbeklagte ihre Klage über ein Jahr später im Wege der Anschlussberufung auf (seinerzeit noch unbekannte) Ausführungsformen und (seinerzeit noch nicht einmal erteilte) weitere Klagepatente würde erstrecken wollen.
137III.
138Eine Aussetzung nach § 148 ZPO wegen des kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat anhängig gewordenen neuen Nichtigkeitsverfahrens betreffend das Klagepatent A haben die Beklagten nicht beantragt, sondern eine Kopie der neuen, unter dem Datum des 13.12.2016 eingereichten Nichtigkeitsklage im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat mit dem bloßen Bemerken überreicht, diese „nur der Form halber“ zum Gegenstand des Rechtsstreits zu machen. Zu einer Aussetzung von Amts wegen besteht ersichtlich ebenfalls kein Anlass:
139Dies gilt schon deshalb, weil der Klägerin aufgrund des geschilderten zeitlichen Ablaufs keine angemessene Erwiderung (erst recht nicht im Nichtigkeitsverfahren selbst) möglich war.
140Den ohne einen erläuternden Schriftsatz im Verletzungsverfahren überreichten Unterlagen zur neuen Nichtigkeitsklage lässt sich zudem nicht ohne Weiteres entnehmen, ob und – wenn ja – welche neuen Angriffe (im Vergleich zur rechtskräftig durch den BGH abgewiesenen ersten Nichtigkeitsklage, s. Anlage TW 45) nunmehr vorgenommen werden. Insbesondere werden keine evidenten Fehler in der vorgenannten BGH-Entscheidung im ersten Nichtigkeitsverfahren aufgezeigt.
141IV.
142Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.
143Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
144Die Revision war - allerdings beschränkt auf die Frage der Zulässigkeit der Anschlussberufungen - zuzulassen. Eine beschränkte Zulassung ist möglich, wenn es sich um einen abtrennbaren Teil des Streitgegenstandes handelt, über den mittels Teil- oder Zwischenurteil entschieden werden könnte (Bacher, in: Cepl/Voß, a.a.O., § 543 Rn. 36 m.w.N.). So liegt der Faqll hier: Über die Zulässigkeit einer Anschlussberufung kann grds. (in geeigneten Fällen) im Wege einer Teilentscheidung nach § 522 Abs. 1 S. 3 ZPO befunden werden (str., wie hier: MüKo ZPO/Himmelspacher, § 522 Rn. 51 m.w.N; BeckOK ZPO/Wulf, a.a.O., § 524 Rn. 21; aA Cassardt, in: Cepl/Voß, a.a.O., § 524 Rn. 31).
145Die Befassung des Bundesgerichtshofs mit der Frage der Zulässigkeit der Anschlussberufungen ist jedenfalls zwecks Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Wie oben erläutert, divergiert die vorliegende Entscheidung, welche sich - im Ergebnis - auf der Linie des Bundesarbeitsgerichts bewegt, von der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe zum maßgeblichen Verständnis der §§ 524 Abs. 3 S. 2, 521 Abs. 2 S. 2, 277 Abs. 2 ZPO. Die gegensätzliche Auffassung des OLG Karlsruhe beruht wiederum auf einer abweichenden Interpretation der oben erörterten Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur betreffenden Normenkette.
146Streitwert: EUR 3.500.000,- (Berufung: EUR 2.500.000,-; Anschlussberufungen: jeweils EUR 500.000,- pro neu angegriffener Ausführungsform).
147... … …