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Der Antrag des Antragstellers vom 29.07.2014 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
2I.
3Der Antragsteller, der zur Zeit eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt in … verbüßt, wandte sich mit Schreiben vom 19.07.2013 an das Bundeskartellamt mit dem Ziel, dass gegen die N. GmbH, die in mehreren Justizvollzugsanstalten im Rahmen eines sog. Anstaltverkaufs Lebensmittel an die Inhaftierten verkauft, ein Verfahren wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung eingeleitet wird.
4Das Bundeskartellamt prüfte den Sachverhalt und machte von seinem Aufgreifermessen dahingehend Gebrauch, derzeit kein Verfahren einzuleiten. Es unterrichtete den Antragsteller hierüber mit Schreiben vom 11.09.2013. Der Antragsteller beantragte daraufhin mit Schriftsatz vom 29.07.2014 beim Amtsgericht Bamberg neben weiteren Anträgen mit dem Antrag zu Ziff. 6, das Bundeskartellamt zu verpflichten, ein Verfahren gegen die N. GmbH einzuleiten und ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen. Mit Beschluss vom 11.09.2014 lehnte das Amtsgericht Bamberg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hatte Erfolg. Das Landgericht Bamberg hob den angefochtenen Beschluss auf und verwies die Sache zur erneuten Verbescheidung an das Amtsgericht zurück. Mit Beschluss vom 12.12.2014 gab das Amtsgericht Bamberg das Verfahren bezüglich des Antrag zu Ziff. 6 zuständigkeitshalber an das Oberlandgericht Düsseldorf ab.
5II.
6Der Antrag des Antragstellers vom 29.07.2014, mit dem er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung eines Rechtsanwalts begehrt, hat keinen Erfolg.
7Die Voraussetzungen, unter denen nach §§ 114, 115 ZPO einer Partei, die nach ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens zu bestreiten, Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, sind nicht erfüllt.
81.
9Die in §§ 114, 115 ZPO enthaltenen Regelungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind auf das im GWB geregelte Verfahren vor dem Beschwerdegericht entsprechend anwendbar. Zwar wird in § 73 GWB die Anwendung der genannten Vorschriften nicht angeordnet. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats und der herrschenden Meinung in der Literatur gebietet jedoch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, dass einem Staatsbürger, der sich nur in einem Verfahren mit Anwaltszwang gegen staatliche Eingriffe wehren kann, in entsprechender Anwendung der §§ 114, 115 ZPO Prozesskostenhilfe zu gewähren ist (OLG Düsseldorf, WuW/E OLG, 1171; Lembach in Langen Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 12. Aufl., Bd. 1, § 78 Rn. 40 m.w.Nachw.).
102.
11Die von dem Antragsteller beabsichtigte Rechtverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).
12Das Begehren des Antragstellers, das Bundeskartellamt zur Einleitung eines Verfahrens gegen die N. GmbH zu verpflichten, ist als sog. allgemeine Leistungsbeschwerde gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GWB statthaft. Zwar ist die Beschwerde derzeit unzulässig, weil der Antragsteller das Rechtmittel nicht nur für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts sondern unbedingt eingelegt hat und sich entgegen § 68 Satz 1 GWB hierbei nicht von einem Rechtsanwalt hat vertreten lassen. Jedoch hätte auch eine durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Antragstellers eingelegte Leistungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf das begehrte Einschreiten des Bundeskartellamts.
13a.
14Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, steht Dritten ein Rechtsanspruch auf ein Tätigwerden der Kartellbehörden nicht zu (siehe nur BGH ZIP 2001, 807 Rn. 5 – Fachklinik für Herzchirurgie - m.w.Nachw.; Bornkamm in Langen/Bunte, aaO., § 32 Rn. 9). Nach § 32 Abs. 1 GWB „kann“ die Kartellbehörde Unternehmen oder Vereinigungen von Unternehmen verpflichten, eine Zuwiderhandlung gegen das GWB oder Art. 101 und 102 AEUV abzustellen. Das Einschreiten steht folglich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Eine Handlungspflicht gegenüber dem durch das kartellrechtswidrige Verhalten geschädigten Dritten wird damit grundsätzlich ausgeschlossen. Etwas anderes kann allenfalls in den Fällen gelten, in denen auf Grund der konkreten Sachlage als einzige richtige Ermessenausübung die begehrte Maßnahme in Betracht kommt (sog. Ermessenreduzierung auf Null; BGH WuW/E 2058, 2060 – Internord; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 545, 547 - Herzklinik).
15Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Der Antragsteller kann die N. GmbH gemäß § 33 Abs. 1 und 3 GWB im Zivilrechtsweg in Anspruch nehmen und von ihr verlangen, den geltend gemachten Verstoß gegen § 19 Abs. 2 und 3 GWB zu beseitigen bzw. bei Wiederholungsgefahr zu unterlassen. Wenn aber ein zivilrechtlicher Anspruch auf Abwehr eines rechtswidrigen Verhaltens sich hinsichtlich der Voraussetzungen und des Inhalts mit einer im Verwaltungsverfahren vorgesehenen Maßnahme deckt, besteht grundsätzlich kein schutzwürdiges Bedürfnis für ein Einschreiten der Behörde; vielmehr darf diese den Dritten auf seine zivilrechtlichen Möglichkeiten verweisen (BGH WuW/E BGH 2058, 2060 – Internord; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 545, 547 - Herzklinik).
16b.
17Das Bundeskartellamt hat seine Entscheidung, kein kartellbehördliches Verfahren gegen die N. GmbH einzuleiten, auch nicht ermessensfehlerhaft begründet, so dass ein Anspruch auf Neubescheidung ebenfalls ausscheidet. Das Amt hat den erforderlichen Aufwand eines Verfahrens unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen in der zuständigen Behörde, der wirtschaftlichen Bedeutung des betroffenen Marktes und der Möglichkeit des Antragstellers, das beanstandete Verhalten auf dem Zivilrechtsweg überprüfen zu lassen, abgewogen und seine Entscheidung auf mehreren Seiten ausführlich begründet. Insbesondere der Verweis auf den Zivilrechtsweg ist für die Kartellbehörde ein sachgerechter und von der Rechtsprechung anerkannter Grund, kein Missbrauchsverfahren einzuleiten (OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 545, 547 – Herzklinik; bestätigt durch BGH ZIP 2001, 807 – Fachklinik für Herzchirurgie; Bornkamm in Langen/Bunte, aaO., § 32 Rn. 9).