Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
G r ü n d e :
2I.
3Eingetragene Eigentümerin des im Rubrum bezeichneten Grundstücks ist die M. Limited, in Guernsey (MITCO).
4Durch Beschluss des Royal Court of Guernsey vom 20.06.2014 (Anlage A zur Urkunde vom 21.11.2014 = Sonderband I/186 f.) hat dieser gemäß § 374 des Gesetzes der Vogtei Guernsey betreffend die Kapitalgesellschaften von 2008 mit Wirkung ab dem 19.06.2014 über die M. (und sechs Schwesterngesellschaften M. Two – M. Seven) Administration angeordnet und die Beteiligten zu 1) zum gemeinsamen Insolvenzverwalter der Gesellschaften (mit der Berechtigung zur Einzelvertretung) bestellt. Ihnen wurde erlaubt, alle Befugnisse und Funktionen eines Insolvenzverwalters auszuüben.
5Durch notarielle Urkunde vom 21.11.2014 – Nr. 2398 für 2014, Notar Dr. W. in München – veräußerte die Eigentümerin handelnd durch die Beteiligten zu 1) u.a. den vorgenannten Grundbesitz (vgl. Anlage 1.2 zum Kaufvertrag – Sonderband I, 100 ff.) an die Beteiligte zu 2).
6Gemäß § 6 des Kaufvertrages bewilligte die Beteiligte zu 1) als Verkäuferin die Eintragung einer Auflassungsvormerkung (6.1), deren Eintragung die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten (6.2).
7Der beurkundende Notar hat mit Schreiben vom 24.11.2014 gemäß § 15 GBO die Eintragung der Auflassungsvormerkung beantragt.
8Am gleichen Tag reichten Rechtsanwälte B. B. beim Grundbuchamt für die „C. Limited, in Guersey“ und die „M. M. Limited, in Guernsey“ als „wirtschaftliche Eigentümer der Anteile an der M.“ eine Schutzschrift ein, mit der sie geltend machen, dass die vorgenannte Eröffnungsentscheidung des royal Court of Guernsey vom 20.06.2014 – mangels internationaler Zuständigkeit – in Deutschland nicht anerkennungsfähig sei.
9Durch die Zwischenverfügung 27.11.2014 hat das Amtsgericht –Rechtspfleger- den fehlenden Nachweis der Anerkennung der Insolvenzeröffnung durch das zuständige inländische Insolvenzgericht beanstandet, die für die Legitimation des Insolvenzverwalters notwendig sei, und unter Fristsetzung die Einreichung der „Anerkennung der Insolvenzeröffnung bzw. des Ersuchens auf Eintragung eines Insolvenzvermerkes durch das zuständige inländische Insolvenzgericht“ angefordert.
10Die Beteiligten zu 1) haben durch anwaltlichen Schriftsatz vom 17.12.2014 bezugnehmend auf die Zwischenverfügung die Auffassung geäußert, dass ein separater Antrag auf Bestätigung durch das Insolvenzgericht nicht erforderlich sei, gleichwohl um Fristverlängerung gebeten, die ihnen gewährt worden ist.
11Die Beteiligte zu 2) hat unter dem 25.02.2015 gegen die Zwischenverfügung Beschwerde eingelegt. Sie hat geltend gemacht, die Durchführung eines besonderen Anerkennungsverfahrens sei nicht erforderlich, weil die ausländischen Insolvenzverfahren in Deutschland gemäß § 343 Abs. 1 Satz1 InsO automatisch anerkannt seien, dies im Einzelnen näher ausgeführt und auf die Entscheidung des OLG Bamberg, Beschluss vom 12.02.2015 – 8 W 2/15 – (Anlage 3 zum Schriftsatz der Beteiligten zu 2) vom 25.02.2015 Sonderband II/251, 263) verwiesen, die in einem vergleichbaren Grundbuchverfahren der Schwestergesellschaft M. Two Limited ergangen ist.
12Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 04.03.2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
13Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
14II.
15Die gemäß §§ 71 Abs.1, 72, 73 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
161.
17Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, welches allein Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, besteht nicht.
18Das Grundbuchamt kann zum Nachweis der Bewilligungsbefugnis nicht die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens durch ein nationales Insolvenzgericht verlangen (OLG Bamberg, a.a.O.).
19a)
20Da Guernsey nicht zu den Mitgliedstaaten der EuInsO gehört, finden vorliegend die Vorschriften der §§ 343 ff. InsO Anwendung.
21Gemäß § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO wird die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt. Die Wirkungen des ausländischen Insolvenzverfahrens werden mithin auf das Inland erstreckt, ohne dass es eines gesonderten Anerkennungs- oder Exequaturverfahrens bedarf (Kindler in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 215, § 343 InsO, Rnr. 34. m.w.N.; Thole in: Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl. 2014, § 343, Rnr. 67 m.w.N.).
22Das jeweils mit der Sache befasste Gericht oder die Behörde haben, sofern eine Rechtsfolge des ausländischen Verfahrens für ein hier anhängig gemachtes Verfahren von Bedeutung ist, die sich daraus ergebenden Vorfragen eigenständig zu prüfen (vgl. AG Duisburg, Beschluss vom 13.01.2010, 62 IE 1/10, Rpfleger 2010, S. 323).
23Nichts anderes ergibt sich aus §§ 345, 346 InsO.
24In den vorgenannten Vorschriften wird eine abgespaltene sachliche Teilzuständigkeit des Insolvenzgerichts begründet für Vorgänge, die - abstrakt gesehen - über einen einzelnen Anwendungsfall hinausgehen und sich an eine größere Öffentlichkeit wenden. Die Vorschrift ist nicht – analog - auf andere Fälle anzuwenden, in denen das Grundbuchamt anlässlich einer einzelnen Entscheidung vor der Frage steht, welche Rechtswirkungen die Eröffnung eines bestimmten ausländischen Insolvenzverfahrens hat (vgl. Thole in: Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl. 2014, § 346, Rnr. 6.)
25Bei der vom Gesetzgeber in §§ 345, 346 InsO konzipierten konzentrierten besonderen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts handelt es sich um Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz, dass die Gerichte bei der Rechtsanwendung auch entscheidungserhebliche rechtliche Vorfragen in eigener Zuständigkeit zu prüfen und zu beurteilen haben, sofern nicht gesetzlich etwas anderes vorgeschrieben oder zugelassen ist. Gesetzliche Ausnahmen sind in aller Regel eng auszulegen. Mag auch die besondere Sachkunde der Insolvenzgerichte über grenzüberschreitende Insolvenzverfahren in Grundbuchverfahren im Zusammenhang mit anderen Eintragungen nützlich sein, so bedeutet doch das Fehlen einer allgemeinen Zuständigkeitsregelung des Insolvenzgerichts noch keine Lücke im Gesetz.
26Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Senats in seinem Beschluss vom 02.03.2012 (I – 3 Wx 329/11, Rpfleger 2012, 515). In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der englische Treuhänder - anders als vorliegend – die Eintragung eines Insolvenzvermerks beantrag (vgl. auch OLG Bamberg a.a.O.).
27Daraus folgt, dass grundsätzlich jedes Gericht im Einzelfall in eigener Zuständigkeit die Anerkennungsvoraussetzungen zu prüfen und zu beurteilen hat.
28Nach alledem war die Zwischenverfügung aufzuheben.
29b)
30Für das weitere Verfahren wird das Grundbuchamt folgendes zu beachten haben (vgl. hierzu auch OLG Bamberg, a.a.O.).
31(1)
32Gemäß § 343 Abs. 1 Satz 1 InsO wird die Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens anerkannt. Dies gilt dann nicht, wenn einer der in § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 InsO aufgeführten Fälle vorliegt.
33Ob der Ausnahmefall des in § 343 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO genannten Falles vorliegt, wonach die Eröffnung nicht anerkannt wird, „wenn die Gerichte des Staates der Verfahrenseröffnung nach deutschem Recht nicht zuständig sind“, wie von Rechtsanwälten B. B. in der Schutzschrift vom 24.11.2014 geltend gemacht, wird das Grundbuchamt anhand von § 3 Abs. 1 InsO analog zu prüfen haben, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Eingang des Eröffnungsantrages ist.
34(2)
35Der ausländische Insolvenzverwalter weist seine Bestellung durch eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung nach, durch die er bestellt worden ist, oder durch eine andere von der zuständigen Stelle ausgestellten Bescheinigung, § 347 Abs. 1 Satz 1 InsO.
362.
37Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
38Insbesondere besteht kein Bedürfnis für eine Kostenerstattung gemäß § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.