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Der Antrag der Kläger vom 10.02.2015 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen
I.
2Das am 08.09.2014 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Kläger ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 09.09.2014 zugestellt worden. Mit dem am 01.10.2014 beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz hat der jetzige Prozessbevollmächtigte der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Unter dem 10.11.2014 hat dieser beantragt, die Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 09.12.2014 zu verlängern und diesen Antrag ua. mit einer Erkrankung begründet. Die Frist ist mit Verfügung vom 11.11.2014 antragsgemäß verlängert worden. Mit dem am 09.12.2014 eingegangenen Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat beantragt, weil er seit dem 01.12.2014 wieder akut erkrankt und deswegen seit dem 08.12. bis zum 23.12.2014 auch krank geschrieben sei. Die weitere Fristverlängerung ist in Ermangelung einer Einwilligung des Gegners nicht bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 10.02.2015 hat der Prozessbevollmächtigte beantragt, den Klägern wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei vom 08.12.2014 bis zum 09.01.2015 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Er hätte geplant, die Berufungsbegründung in der 49. KW (01.-05.12.14) und in der 50. KW (08. bis 12.12.14) anzufertigen, mit den Klägern abzustimmen und hiernach am 09.12.2014 fristgerecht bei Gericht einzureichen. Bereits zu Beginn der 49. KW hätten sich bei ihm stundenweise Ermüdungszustände, die mit Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Antriebslosigkeit, Sprachstörungen und Störungen beim Sehen einhergingen, eingestellt. Diese Symptome hätten ihn nicht vollständig am Arbeiten gehindert, da sie nur stundenweise aufgetreten seien, sich danach aber wieder gelegt hätten. Bei einem gleichgelagerten Vorfall im Jahr zuvor seien die Erschöpfungszustände innerhalb weniger Tage wieder vorüber gegangen und er sei dadurch nicht arbeitsunfähig geworden. In diesem Fall sei trotz des Wochenendes 06./07.12.2014 keine wesentliche Besserung eingetreten, vielmehr habe er am 08. und 09.12.2014 an massiven Erschöpfungszuständen mit den zuvor beschriebenen Symptomen gelitten, es sei ihm nur noch darum gegangen, den unmittelbaren Belastungsdruck zu vermeiden. Er habe keine Kraft und keinen Antrieb gehabt, die rechtlichen Voraussetzungen einer weiteren Fristverlängerung zu prüfen. Nachdem ihm durch das Gericht mitgeteilt worden sei, dass die weitere Fristverlängerung nur bei einer Einwilligung des Gegners erfolgen könne, habe seine Sekretärin in seinem Auftrag bei der Beklagtenvertreterin angerufen, die nach Rücksprache mit ihrer Partei erklärt habe, selbst grundsätzlich bereit zu sein, einer Fristverlängerung im Krankheitsfall zuzustimmen, der Beklagte sich jedoch dagegen ausgesprochen habe. Dabei sei der Beklagtenvertreterin nicht bekannt gewesen, dass die (verlängerte) Berufungsbegründungsfrist bereits abgelaufen war. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger ist der Ansicht, wegen seiner Erkrankung sei die Frist zur Berufungsbegründung unverschuldet versäumt worden. Die unterbliebene Einholung der Einwilligung des Beklagten für eine weitere Fristverlängerung könne ihm nicht angelastet werden, denn der Beklagte hätte die Einwilligung auch verweigert, wenn er versucht hätte, sie vor der beantragten weiteren Fristverlängerung einzuholen. Er habe vielmehr alle ihm zumutbaren und möglichen Maßnahmen zur Wahrung der Frist ergriffen.
3II.
4Der Antrag der Kläger auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht eingereicht worden. Gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO beträgt die Frist im Falle einer Berufungsbegründung einen Monat, beginnend mit dem Tag, der auf den Wegfall des Hindernisses folgt. Aus den vom Klägervertreter mit Schriftsatz vom 09.12.2014 und 08.01.2015 zur Akte gereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ergibt sich, dass er vom 08.12.2014 bis zum 09.01.2015 arbeitsunfähig erkrankt war. Die in § 234 ZPO bestimmte Frist für den Wiedereinsetzungsantrag begann somit am 10.01.2015 und lief am 10.02.2015 ab. Sie ist durch den am 10.02.2015 per Fax eingereichten Schriftsatz gewahrt. Zugleich ist die versäumte Prozesshandlung – die Berufungsbegründung – nachgeholt worden (§ 236 ZPO).
5Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist jedoch nicht begründet, denn die Kläger haben nicht dargelegt, dass die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist unverschuldet war. Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten müssen sie sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Ein Rechtsanwalt hat im Rahmen seiner Organisationspflichten grundsätzlich auch Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle seiner Erkrankung ein Vertreter die notwendigen Prozesshandlungen vornimmt (BGH Beschluss vom 05.03.2014, Aktenzeichen XII ZB 736/12, zitiert nach juris, dort Rn.9 m.w.N.). Der Bundesgerichthof hat in der vorzitierten Entscheidung ausgeführt, dass sich der Rechtsanwalt auf einen krankheitsbedingten Ausfall durch konkrete Maßnahmen vorbereiten muss, wenn er eine solche Situation vorhersehen kann; nur dann, wenn er unvorhergesehen erkrankt, gereicht ihm eine unterbleibende Einschaltung eines Vertreters nicht zum Verschulden, soweit ihm diese weder möglich noch zumutbar war (vgl. wie vor). Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hatte bereits den ersten, mit Schriftsatz vom 10.11.2014 gestellten Fristverlängerungsantrag mit einer Erkrankung begründet; in dem weiteren Schriftsatz vom 09.12.2014 hat er ausgeführt, seit dem 01.12.2014 wieder akut erkrankt zu sein. In seinen Schriftsätzen vom 20.01. und 10.02.2015 hat er ausgeführt, unter Ermüdungszuständen, die mit Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Antriebslosigkeit, Sprach- und Sehstörungen einhergingen, gelitten zu haben. Dann war er aber gerade nicht plötzlich oder unvorhergesehen erkrankt, vielmehr war die Situation vorhersehbar. Selbst wenn die Symptome in der 49. KW noch nicht so grawierend gewesen sein sollten, dass sie ihn vollständig an der Erledigung seiner Arbeit hinderten, musste er angesichts des nahenden Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist Vorkehrungen für den Fall treffen, dass sich seine Erkrankung nicht verbesserte oder gar verschlimmerte. Mit Blick auf die geschilderten Symptome, insbesondere den Schwindel mit einhergehenden Seh- und Sprachstörungen, durfte er sich nicht darauf verlassen, dass diese von selbst wieder verschwinden und seine vollständige Arbeitskraft so rechtzeitig wiederhergestellt sein würde, dass er die Berufungsbegründungsfrist würde einhalten können. Dem Klägervertreter ist im konkreten Fall einerseits vorzuwerfen, dass er sich unter diesen Umständen nicht rechtzeitig um die Einwilligung der Gegenpartei zu einer weiteren Verlängerung der Berufungsbegründung gekümmert hat (vgl. dazu: BGH Beschluss vom 01.07.2013, Aktenzeichen VI ZB 18/12, zitiert nach juris, dort Rn. 11). Da in der Verfügung vom 11.11.2014, durch die die Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.12.2014 verlängert worden ist, ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass eine weitere Verlängerung der Frist nur bei Einwilligung des Gegners bewilligt werden kann, bedurfte es auch nicht etwa einer juristischen Recherche für die Voraussetzungen der weiteren Verlängerung, sondern lediglich eines Blicks in die gerichtliche Verfügung; dass dies dem Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht möglich oder zumutbar war, ist nicht ersichtlich. Dass der Beklagte auch bei rechtzeitiger Bitte in eine weitere Fristverlängerung nicht eingewilligt hätte, ist nicht glaubhaft gemacht. Die von dem Klägervertreter mit einer telefonischen Nachfrage beauftragte Mitarbeiterin S... hat in ihrer Eidesstattlichen Versicherung lediglich erklärt, aus der Tatsache, dass die Beklagtenvertreterin erklärt habe, zunächst bei der Partei nachfragen zu müssen, zu schließen, dass ihr im Zeitpunkt des Telefonats nicht bekannt gewesen sei, dass die (verlängerte) Berufungsbegründungsfrist bereits am 09.12.2014 abgelaufen war. Diese Schlussfolgerung ist indes keinesfalls zwingend oder auch nur naheliegend; hinzu kommt, dass sich selbst dann nicht ergibt, dass der Gegenpartei in dem Zeitpunkt, in dem die Einwilligung verweigert wurde, nicht bekannt gewsen ist, dass die verlängerte Frist abgelaufen war. Dass eine Partei nach Ablauf der Frist eine Zustimmung zu einer weiteren Fristverlängerung verweigert, lässt keinen Rückschluss darauf zu, ob sie dies im Fall rechtzeitiger Nachfrage vor Ablauf der Frist auch getan hätte (vgl. dazu: BGH Beschluss vom 01.07.2013, Aktenzeichen VI ZB 18/12, zitiert nach juris, dort Rn. 18). Dem Klägervertreter ist weiterhin vorzuwerfen, dass er mit Blick auf seine bereits tagelang andauernde Erkrankung keinen Vertreter mit der Anfertigung der Berufungsbegründung beauftragt hat. Er durfte weder berechtigterweise darauf vertrauen, dass der Beklagte in eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist einwilligen würde noch dass das Gericht ohne eine solche dem Fristverlängerungsantrag stattgeben würde. Alternativ zu einem Bemühen um Einholung einer Einwilligung hätte er deshalb zumindest versuchen müssen, einen Vertreter zu beauftragen. Dass dies erfolgt ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies gilt gleichermaßen für die Frage, aus welchem Grunde die Einschaltung eines Vertreters evtl. nicht möglich oder zumutbar gewesen sein soll.
6Die Berufungsbegründungsfrist ist mithin am 09.12.2014 abgelaufen. Eine weitere Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist konnte in Ermangelung eines Vortrags oder einer Vorlage der Einwilligung des Gegners nicht erfolgen (vgl. BGH Beschluss vom 01.07.2013, Aktenzeichen VI ZB 18/12, zitiert nach juris, dort Rn. 25).