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Die Berufung der Kläger gegen das am 30. Juni 2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal (1 O 23/15) wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Wert: 25.150,63 €
Gründe:
2I.
3Die Kläger schlossen am 17.02.2011 zur Fortsetzung laufender Finanzierungen ihrer Immobilie einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über eine Nettodarlehenssumme von 75.000,00 €. Als effektiven Jahreszins vereinbarten die Parteien einen Zinssatz von 4,65 % p. a., wobei der Sollzinssatz bis zum 30.12.2023 in Höhe von 4,55 % p. a. gebunden sein sollte. Zudem wurde den Klägern das Recht eingeräumt, das Darlehen zeitlich flexibel bis spätestens zum 30.12.2013 anzufordern. Eine entsprechende Bereitstellung des grundschuldgesicherten Annuitätendarlehens erfolgte auf den Auszahlungsauftrag des Klägers zu 2.) vom 17.12.2013 zum 27.12.2013 durch die Beklagte.
4Der streitgegenständliche Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsinformation, deren Inhalt dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Muster entspricht, jedoch abweichend hiervon keine Umrandung aufweist. Auch ansonsten besteht keine besondere drucktechnische Hervorhebung im Vergleich zum sonstigen Darlehensvertrag.
5Mit Schreiben vom 16.08.2014 erklärten die Kläger den Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrages. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger einen Betrag von 8.178,16 € an die Beklagte zurückgezahlt.
6Die Kläger haben die Ansicht vertreten, mangels deutlicher Hervorhebung entspreche die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen. Durch den wirksamen Widerruf zum 17.08.2014 habe sich daher das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis verwandelt, so dass die Kläger der Beklagten zu dem Zeitpunkt des Widerrufs nach Berücksichtigung gegenseitiger Zinsansprüche nur noch maximal einen Betrag von 68.729,27 € schulden würden.
7Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, ihre Widerrufsinformation sei ordnungsgemäß. Zudem verstoße die Ausübung des Widerrufsrechts durch die Kläger gegen das Gebot von Treu und Glauben, da dies als rechtsmissbräuchlich zu bewerten, jedenfalls aber das Ausübungsrecht verwirkt sei.
8Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass sich die Beklagte zwar nicht auf die Gesetzlichkeitsfunktion des Musters berufen könne, weil ihre Widerrufsbelehrung nicht ausreichend hervorgehoben sei. Die Ausübung des Widerrufsrechts sei jedoch treuwidrig und verstoße daher gegen § 242 BGB, weil das Verhalten der Kläger von dem eigentlichen Zweck eines Widerrufsrechts nicht umfasst sei. Hinzu komme, dass die Vertragsparteien durch die lange Festzinsvereinbarung das Prognoserisiko der wirtschaftlichen Entwicklung bewusst beidseitig verteilt hätten. Auch habe die Beklagte nicht inhaltlich falsch belehrt, und die ungenügende Hervorhebung habe sich nicht ausgewirkt, weil die Kläger in Kenntnis des Darlehensvertrages erst Ende 2013 das Darlehen angefordert hätten.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach – und Streitstandes und der Urteilsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (Bl. 51 ff. GA).
10Mit ihrer Berufung machen die Kläger im Wesentlichen geltend, entgegen der landgerichtlichen Wertung sei ihr Widerruf nicht rechtsmissbräuchlich.
11Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Abänderung des angefochtenen Urteils
121. festzustellen, dass der Darlehensvertrag, geschlossen zwischen den Parteien unter der Darlehensnummer 0020143405, mit Widerrufsschreiben der Kläger vom 16.08.2014 wirksam widerrufen wurde sowie
132. festzustellen, dass die Kläger der Beklagten zum 17.08.2014, dem Tag des Eingangs des Widerrufs der Kläger bei der Beklagten, nicht mehr als 68.729,27 € schulden.
14Die Beklagte beantragt,
15die Berufung zurückzuweisen.
16Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
17Der Senat hat den Klägern mit Beschluss vom 23. November 2015 (Bl. 117 ff. GA) folgende Hinweise erteilt:
18„Das zulässige Rechtsmittel hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordern die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 ZPO).
19Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Das landgerichtliche Urteil erweist sich im Ergebnis als richtig.
20Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet.
21Den Klägern stand zum Zeitpunkt ihres Widerrufs am 16.08.2014 kein Widerrufsrecht mehr zu. Zu diesem Zeitpunkt war die vertragliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages bereits abgelaufen.
22Auf den Vertrag der Parteien findet das BGB in der Fassung vom 15.12.2010 bis 22.02.2011 sowie das EGBGB in der Fassung vom 30.07.2010 bis 22.02.2011 Anwendung. Die zitierten Paragraphen beziehen sich auf diese Fassungen.
23Die Beklagte hat die Kläger über das ihnen gemäß §§ 495 Abs. 1, 355 BGB zustehende Widerrufsrecht unter Ziffer 11 des Darlehensvertrages ordnungsgemäß informiert. Diese Information wird den inhaltlichen Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB gerecht.
24Zwar kann sich die Beklagte nicht auf die Fiktion der Gesetzlichkeit der Angaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen. Dies setzt, wie das Landgericht insoweit zutreffend festgestellt hat, nicht nur voraus, dass der Wortlaut der Widerrufsbelehrung mit dem Muster in Anlage 6 übereinstimmt, sondern erfordert darüber hinaus, dass die entsprechende Vertragsklausel hervorgehoben und deutlich gestaltet ist. An einer solchen Hervorhebung fehlt es hier. Die Widerrufsinformation unterscheidet sich drucktechnisch nicht von den übrigen Ziffern des Darlehensvertrages.
25Jedochentsprechen die in Ziffer 11 des Darlehensvertrages enthaltenen Angaben den Anforderungen an eine wirksame Widerrufsbelehrung gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB bzw. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6-13 EGBGB. Insbesondere enthält sie die nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1, 2,4 EGBGB erforderlichen Pflichtangaben. Sie beinhaltet Angaben zur Frist und anderen Umständen für die Erklärung des Widerrufs, einen Hinweis auf die Verpflichtung der Kläger, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten, wobei auch der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag genannt wird. Auch die erforderlichen Hinweise zum effektiven Jahreszins und zum Gesamtbetrag sind enthalten.
26Dass die Widerrufsinformation nicht besonders drucktechnisch hervorgehoben ist, sondern in ihrer Gestaltung den übrigen Ziffern des Vertrages entspricht, ist in diesem Zusammenhang unschädlich. Außerhalb des Musters wird vom Gesetzgeber keine hervorgehobene Form verlangt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.04.2015, AZ: I – 17 U 127/14, zitiert nach juris). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 EGBGB, der, anders als die Regelung zur wirksamen Verwendung des Musters in S. 3, das Erfordernis einer hervorgehobenen Form nicht enthält. Der 17. Zivilsenat des Hauses hat hierzu in der vorgenannten Entscheidung folgendes ausgeführt
27„Der Gesetzgeber hat ausweislich der Gesetzesmaterialien ganz bewusst die Information zum Widerrufsrecht außerhalb der Verwendung des Musters nur unter die Prämisse der Klarheit und Verständlichkeit aus Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB gestellt. Denn bei der Einführung des Musters zur Information über das Widerrufsrecht hat er sich darauf berufen, die Regelung sei trotz des Vollharmonisierungsgrundsatzes der Verbraucherkreditrichtlinie europarechtlich zulässig, weil die Verwendung des Musters dem Unternehmer freigestellt ist (BT-Drucksache 17/1394, S. 21). Diese Argumentation fußt auf der europarechtlichen Vorgabe, dass u.a. die im Darlehensvertrag dem Verbraucher zu erteilenden Informationen wie diejenige zum Widerrufsrecht voll harmonisiert sind, d.h. dass der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung weder zu Lasten noch zugunsten des Verbrauchers von den Regelungen in der Richtlinie abweichen darf (vgl. Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG). Die vertragliche Information zum Widerrufsrecht (Art. 10 Abs. 2 lit. p) der Richtlinie) steht aber nur unter der für alle vertraglichen Informationen geltenden einleitenden Regelung, dass sie in klarer und prägnanter Form zu erteilen ist. Eine besondere Hervorhebung oder andere äußere Gestaltung ist nicht vorgesehen.“
28Dem schließt sich der Senat an.
29Die streitgegenständliche Widerrufsinformation genügt den vorstehenden Anforderungen, insbesondere ist sie klar und verständlich formuliert. Die vertragliche Widerrufsfrist war damit im August 2014 bereits abgelaufen, der erklärte Widerruf folglich verspätet.“
30Dem sind die Kläger mit Schriftsatz vom 07.12.2015 entgegengetreten. Sie halten die erfolgte Widerrufsbelehrung nicht für ausreichend, da diese nur einzelne der erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB beispielhaft aufführe. Die Bezugnahme auf die gesetzliche Vorschrift des § 492 Abs. 2 BGB sei nicht ausreichend, weil diese und die dort enthaltenen Verweise den durchschnittlichen Verbraucher bei weitem überforderten. Auch fehle es an der erforderlichen hervorgehobenen und deutlichen Form der Widerrufsbelehrung.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
32II.
331.
34Die Berufung der Kläger ist aus den uneingeschränkt fortgeltenden Gründen des Hinweisbeschlusses des Senats vom 23. November 2015, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, offensichtlich unbegründet.
35Die Einwendungen der Kläger geben dem Senat lediglich Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:
36Wie bereits ausgeführt, streitet für die Beklagte zwar nicht die Fiktion der Gesetzlichkeit der Angaben nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB, da es an der erforderlichen deutlichen Hervorhebung der Klausel fehlt. Der Senat bleibt jedoch dabei, dass außerhalb des Musters eine solche besondere Hervorhebung nicht erforderlich ist.
37Die von der Beklagten gewählte Formulierung
38„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angaben zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
39reicht entgegen der Ansicht der Kläger aus, um dem Darlehensnehmer zu verdeutlichen, wann die 14 tägige Widerrufsfrist beginnt. Der Senat verkennt nicht, dass dies in der Rechtsprechung teilweise anders gesehen wird (so OLG München, Urteil vom 21.05.2015, Az. 17 U 334/15; zitiert nach juris), vermag sich dem aber nicht anzuschließen.
40Die vertraglichen Bestimmungen über das dem Verbraucher zustehende Widerrufsrecht müssen so gestaltet sein, dass sie für einen durchschnittlichen Verbraucher klar und verständlich sind. Hätte die Beklagte alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB genannt, wäre ihre Belehrung zwar umfassend, aber unübersichtlich.
41Der Gesetzgeber hat dieses Spannungsfeld zwischen möglichst umfassender Belehrung einerseits und der erforderlichen Nachvollziehbarkeit für den Verbraucher andererseits dahingehend aufgelöst, dass er den oben zitierten Passus, wie ihn die Beklagte verwandte, sowohl zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als auch noch heute wortgleich in dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB verwendet. Zwar kann sich, wie ausgeführt, die Beklagte auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters nicht berufen, gleichwohl lässt sich diesem aber entnehmen, welche Angaben der Gesetzgeber im Rahmen einer Widerrufserklärung für erforderlich, aber auch ausreichend hält.
42Dass insoweit auf eine gesetzliche Regelung, § 492 Abs. 2 BGB, verwiesen wird, und nur einige der Pflichtangaben beispielsweise genannt werden, steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Kommt es für den Beginn einer Frist auf bestimmte Voraussetzungen an, ist es ausreichend, die gesetzlichen Voraussetzungen in kurzer Form anzugeben und auf die entsprechenden Vorschriften zu verweisen, da dem Verbraucher dadurch verdeutlicht wird, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2009, Az. VIII ZR 219/08, Rz. 16, zitiert nach juris). Dass die in der vorgenannten Entscheidung anzugebenden Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in der damals geltenden Fassung Verweisungen enthielten, wie dies auch bei dem hier streitgegenständlichen § 492 Abs. 2 BGB der Fall ist, wurde vom Bundesgerichtshof offensichtlich als unschädlich erachtet.
432.
44Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Regelungen in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigen sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
453.
46Zur Begründung der Streitwertfestsetzung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.