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Die Berufung des Klägers gegen das am 05. Februar 2014 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (12 O 336/12) wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
2I.
3Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Risikoausschlussklausel in den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) der Beklagten.
4Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte hat gegenüber ihren Kunden in privaten Rechtsschutzversicherungsverträgen ihre Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2002) verwendet und sich zur Ablehnung ihrer Einstandspflicht auf die unter § 3 (2) f) bezeichnete Klausel berufen. Diese lautet:
5„Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin-, Options- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften, Gewinnversprechen sowie Kapitalanlagegeschäften aller Art.“
6Der Kläger wendet sich mit der Unterlassungsklage aus § 1 UKlaG gegen die Verwendung dieser Klausel, soweit es um den Ausschluss des Rechtsschutzes für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Kapitalanlagegeschäften aller Art geht, und sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer).
7Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
8Das Landgericht hat die auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klausel sei wirksam, insbesondere liege kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und § 305c BGB vor.
9Die Klausel sei im Hinblick auf den Begriff des „Kapitalanlagegeschäfts“ nicht unklar formuliert. Zwar existiere für den Begriff keine Legaldefinition, er sei aber dennoch hinreichend fest umrissen, um Aufschluss über den Umfang der Ausschlussklausel und die Reichweite von Versicherungsschutz zu geben. Während die Verwendung der Begriffe „Kapitalanlage“ sowie „Kapitalanleger“ in der Rechtssprache üblich sei, trete durch den Zusatz „-geschäft“ auch für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nach seinem Sprachverständnis deutlich hervor, dass es sich bei „Kapitalanlagegeschäften“ um Verträge über Kapitalanlagen handele. Ein anderes Verständnis werde nicht durch den direkten Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen etc. erzielt. Auch sei die Nennung von Geschäftsarten, die in der Regel mit einem hohen Risiko verbunden seien, nicht dahin zu verstehen, dass nur Geschäfte mit einer vergleichbaren Risikostufe erfasst werden sollten. Schließlich sei die von der Beklagten verwendete Formulierung nicht vergleichbar mit derjenigen, die der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 2013, 2739) zugrunde liege, da sie verständlicher sei und vergleichbare Einschränkungen nicht enthalte.
10Die Klausel stelle sich auch nicht als überraschend dar. Die Verwendung von Ausschlussklauseln für bestimmte Rechtsgebiete sei im Rahmen von Rechtsschutzversicherungsverträgen grundsätzlich nicht als ungewöhnlich zu beurteilen. Zwar handele es sich um einen weitgefassten Leistungsausschluss, dieser stehe aber nicht im Widerspruch zu dem Zweck eines Rechtsschutzversicherungsvertrages. Aus der konkreten Formulierung ergebe sich kein Überraschungsmoment, weder aus der systematischen noch aus einer „versteckten“ Position. Beides sei nicht der Fall. Der Leistungsausschluss werde im Zusammenhang mit weiteren, nach Rechtsgebieten unterteilten Ausschlusstatbeständen genannt. Die Klausel sei noch vergleichsweise kurz und damit überschaubar gefasst. Trotz der Erwähnung erst am Ende der Klausel werde eine hinreichend deutliche Information des Verbrauchers erreicht. Für den Kunden sei auch bei oberflächlicher Lektüre noch erkennbar, dass Kapitalanlagegeschäfte generell vom Versicherungsschutz ausgenommen seien, wobei davon auszugehen sei, dass auch der letzte Teil der kurz gehaltenen Klausel üblicherweise noch mit der erforderlichen Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen werde.
11Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens seine Anträge weiterverfolgt.
12Er vertritt weiter die Auffassung, die Klausel erweise sich aufgrund der fehlenden Konkretisierung des Begriffs „Kapitalanlagegeschäfte aller Art“ als intransparent und genüge daher nicht den AGB-rechtlichen Anforderungen. Das Landgericht habe übersehen, dass die verwenderfeindlichste Auslegung heranzuziehen sei und beziehe sich auf die Ausnahmesituation, dass die Bedeutung juristischer Fachbegriffe zu Grunde zu legen sei, sofern sie fest umrissene Begriffe der Rechtssprache seien. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien die Begriffe „Kapitalanlage“ und „Kapitalanleger“ aber nicht in der Rechtssprache deutlich herausgearbeitet. § 264a StGB spreche seinem Wortlaut nach nicht von Anlagegeschäften. Auch die Regelungen in § 8b Abs. 2 Ziffer 8 HGB und § 1 Abs. 1 Nr. 4 EAEG gäben für das Begriffsverständnis nichts her. Ein einheitlicher Begriff der Kapitalanlage oder des Kapitalanlagegeschäfts existiere nicht. Des Weiteren habe das Landgericht die Bedeutung der Aufzählung für das Verständnis des Verwenders übersehen. Die Klausel fasse diverse Vertragstypen, die inhaltlich nicht zusammengehörten, in einer Klausel zusammen. Auch gelte der Grundsatz, dass Risikoausschlüsse nach ihrem Wortlaut eng auszulegen seien. Dem Erfordernis, Risikoausschlüsse so transparent wie möglich darzustellen, genüge ein derart nebliger Begriff wie der des Kapitalanlagegeschäfts nicht.
13Unrichtig sei auch die Annahme, die Klausel sei nicht überraschend. Zwar sei es richtig, dass Ausschlussklauseln im Rechtsschutzversicherungsvertrag nicht ungewöhnlich seien. Aufgrund der Unbestimmtheit des verwendeten Begriffs könne ein derart weitgehender Ausschluss wie der vorliegende jedoch nicht mit einer Klausel erfolgen, die einfach laute „Versicherungsschutz für alle Kapitalanlagegeschäfte ist ausgeschlossen.“ Aufgrund der fehlenden Greifbarkeit des Begriffs habe es vielmehr einer Definition und enumerativen Aufzählung bedurft, was als Kapitalanlagegeschäft im Sinne des Risikoausschlusses zu verstehen sein solle. Dem genüge die vorliegende Klausel nicht. Dies gelte umso mehr, als dass der Risikoausschluss am Ende einer Klausel stehe, die sich nur teilweise mit Kapitalanlagen beschäftige. Durch die Art der Aufzählung und die Stellung in der Klausel werde der Eindruck vermittelt, dass es sich bei Termins- und Optionsgeschäften und sonstigen Spekulationsgeschäften um etwas anderes als Kapitalanlagen handele, was jedoch unrichtig sei. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer müsse nicht damit rechnen, dass ein derart weit gefächerter Risikoausschluss sich am Ende einer Aufzählung mit nicht verwandten ausgeschlossenen Rechtsgeschäften, die nur einen sehr engen Anwendungsbereich hätten, finde. Außerdem suggeriere die Stellung des Ausschlusses am Ende der Klausel, dass es sich bei Kapitalanlagegeschäften aller Art um ähnlich eng gefasste Verträge handele, wie sie den vorgenannten Geschäften entsprächen. Schon die Platzierung des wirtschaftlich bedeutsamsten Ausschlusstatbestandes am Ende der Klausel sei überraschend, was schon alleine zur Unwirksamkeit führe.
14Der Kläger beantragt (sinngemäß),
15die Beklagte unter Abänderung des am 05. Februar 2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (Az. 12 O 336/12) zu verurteilen,
161. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft, zu unterlassen, die nachfolgenden oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf Rechtsschutzversicherungsverträge zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, sofern nicht der Vertrag mit einer Person abgeschlossen wird, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
17„Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin-, Options- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften, Gewinnversprechen sowie Kapitalanlagegeschäften aller Art.“
182. an ihn 250,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 03.08.2012 zu zahlen.
19Die Beklagte beantragt,
20die Berufung zurückzuweisen.
21Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist der Auffassung, das Landgericht sei mit Recht von der Transparenz der Klausel sowie deren Wirksamkeit ausgegangen. Sie habe umfassend, allerdings auch präzise und mit klarem Wortlaut dargestellt, dass Kapitalanlagegeschäfte aller Art unter den Risikoausschluss fielen. Der klare Wortlaut ihrer Klausel enthalte - anders als die „Effekten- und Prospekthaftungsklauseln“ anderer Rechtsschutzversicherer - gerade kein umfangreiches und kompliziertes Zusammenspiel von sekundären und tertiären Risikobegrenzungen, die zu der Annahme ihrer Intransparenz geführt hätten.
22Mit Recht habe das Landgericht die Klausel auch als nicht überraschend eingestuft. Die vom Kläger geforderte enumerative Aufzählung würde gerade die Gefahr begründen, dass Intransparenzansätze erst entstehen könnten. Angesichts der knapp und klar gehaltenen Klausel könne von einem Überraschungsmoment nicht ausgegangen werden, der zweite Klauselteil sei nicht zu übersehen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 30. Oktober 2014 und die in diesem Urteil getroffenen Feststellungen verwiesen.
24II.
25Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Dem Kläger steht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG kein Anspruch gegen die Beklagte zu, es zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern die in § 3 (2) f) ARB 2002 enthaltene Klausel zu verwenden
261. Der Kläger ist kraft Eintragung in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 UKlaG aktivlegitimiert. Den Ausschluss seiner Prozessführungsbefugnis gemäß § 3 Abs. 2 UKlaG hat der Kläger beachtet, er macht den Anspruch aus § 1 UKlaG nur hinsichtlich der Verwendung gegenüber Verbrauchern geltend.
272. Bei der beanstandeten Klausel handelt es sich um eine kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.
28a) Nach dieser Vorschrift ist lediglich die Leistungsbeschreibung, die den unmittelbaren Gegenstand der geschuldeten Hauptleistung festlegt und ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, einer Überprüfung entzogen. In allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltene Risikobeschreibungen sind nicht kontrollfähig, soweit sie den Typ des Versicherungsvertrages konstituieren und den Kernbereich des versicherten Risikos festlegen. Die Vorschrift hindert eine richterliche Inhaltskontrolle hingegen nicht, wenn die betreffende Klausel nach ihrem Wortlaut und erkennbaren Zweck das vom Versicherer gegebene Hauptleistungsversprechen lediglich einschränkt, verändert, ausgestaltet oder sonst modifiziert (BGH, Urt. v. 26. September 2007 – IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189-192/juris Tz 13).
29b) Die in § 3 (2) f) enthaltene Klausel schränkt nach ihrem objektiven und klaren Inhalt das in §§ 1 und 2 i.V.m. §§ 21-29 der ARB beschriebene Hauptleistungsversprechen der Beklagten ein, dafür zu sorgen, dass der Versicherungsnehmer im Umfang der jeweiligen Vereinbarungen seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann und die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten zu tragen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse wird bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges verstehen, dass die Beklagte Versicherungsschutz gemäß § 1 ARB in dem gemäß § 2 i.V.m. §§ 21-29 ARB vereinbarten Umfang in all denjenigen Rechtsangelegenheiten nicht gewähren wird, die unter § 3 ARB aufgeführt sind. Dabei wird er auch erkennen, dass Rechtsschutz nicht gewährt wird für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang sowohl mit den genannten Spiel- oder Wettverträgen und spekulativen Geschäften als auch mit Kapitalanlagegeschäften aller Art.
30c) § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB steht einer Kontrolle ohnehin nicht entgegen, soweit es um die Anforderungen des Transparenzgebotes geht, § 307 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 BGB.
313. Eine inhaltliche Kontrolle des objektiven Inhalts von § 3 (2) f) ARB 2002 ergibt, dass die Klausel die Versicherungsnehmer der Beklagten nicht unangemessen benachteiligt und daher auch nicht unwirksam ist.
32a) Die Klausel entspricht den Erfordernissen des Transparenzgebotes. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar, präzise und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, Urt. v. 26. September 2007 – IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189-192; Urt. v. 30. September 2009 – IV ZR 47/09, NJW 2010, 294-297). Der Verwender muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht (BGH, Urt. v. 09. Juni 2011 – III ZR 157/10, WM 2011, 1678-1684/juris Tz 27). Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein. Anerkannt ist andererseits auch, dass die Transparenzanforderungen nicht überspannt werden dürfen. Die Verpflichtung, den Klauselinhalt klar und verständlich zu formulieren, besteht nur im Rahmen des Möglichen (BGH a.a.O.). Die notwendig generalisierenden Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen brauchen nicht einen solchen Grad an Konkretisierung anzunehmen, dass alle Eventualitäten erfasst sind und im Einzelfall keinerlei Zweifelsfragen auftreten können. Allgemeine Geschäftsbedingungen müssen ausreichend flexibel bleiben, um künftigen Entwicklungen und besonderen Fallgestaltungen Rechnungen tragen zu können, ohne dass von ihnen ein unangemessener Benachteiligungseffekt ausgeht (BGH a.a.O.). Die im Einzelfall an die Formulierung zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der möglichen Konkretisierung hängen auch von der Komplexität des zu regelnden Sachverhalts ab, der mitunter abstrakte oder generalisierende Formulierungen geradezu erfordert. Denn auch das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender nicht dazu, die sich aus dem Gesetz oder ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen ergebenden Rechte und Pflichten ausdrücklich zu regeln oder den Verbraucher insoweit zu belehren. Allgemeine Geschäftsbedingungen dienen nicht dazu, dem Kunden durch ihre Lektüre ein vollständiges Bild der gesamten für den Vertrag relevanten Rechtslage zu verschaffen (BGH, Urt. v. 09. Juni 2011 – III ZR 157/10, WM 2011, 1678-1684/juris Tz 44). Der Verwender darf grundsätzlich auch unbestimmte Rechtsbegriffe übernehmen oder sich abstrakter Begriffe bedienen (vgl. etwa BGH, Urt. v. 09. Dezember 2009 – XII ZR 109/08, BGHZ 183, 299-309 = NJW 2010, 671-673/juris Tz 25 und statt aller Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auflage, § 307 Rn 18).
33b) Bei der Auslegung Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und - auch – auf seine Interessen an (BGH Urt. v. 26. September 2007 – IV ZR 252/06/juris Tz 11 m.w.N.; Urt. v. 21. Mai 2003 – IV ZR 327/02, WM 2003, 1363-1365). Dieser Grundsatz erfährt jedoch eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen festumrissenen Begriff verbindet. Trifft dies zu, so ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen (BGH Urteile v. 8. Mai 2014 - IV ZR 84/12, WM 2013, 1214 ff., und IV ZR 174/12, RuS 2013, 334 ff.). Im Übrigen sind Begriffe in Allgemeinen Versicherungsbedingungen nach dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens auszulegen, sofern der allgemeine Sprachgebrauch mit dem verwendeten Begriff eine bestimmte, klar umrissene Bedeutung verbindet und dieser Begriff nicht erkennbar aus der Fachwissenschaft übernommen wurde.
34c) Den dargestellten Anforderungen wird die Formulierung der Klausel gerecht. Ob ein anderes Verständnis von der Reichweite des Ausschlusstatbestandes als dasjenige des Landgerichts, der Rechtsschutz sei ausnahmslos für sämtliche Kapitalanlagegeschäfte ausgeschlossen, überhaupt möglich ist, mag offen bleiben. Mit dem Landgericht ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Klausel mit der gebotenen und nach den Umständen möglichen Klarheit verdeutlicht, hinsichtlich welcher Kapitalanlagegeschäfte die Gewährung von Rechtsschutz ausgeschlossen ist, nämlich schlicht und ergreifend für alle. Für die Beklagte besteht insofern keinerlei Beurteilungsspielraum und dementsprechend kann auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer die Reichweite des Ausschlusses überblicken und abschätzen, welche Vor- und vor allem welche Nachteile der Abschluss eines Versicherungsvertrages mit dieser Klausel bei Kapitalanlagegeschäften für ihn hat.
35aa) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird – wie schon unter 2. erwähnt – ohne weiteres erkennen, dass der in §§ 1 und 2 ARB zugesagte Rechtsschutz durch die Regelungen in § 3 ARB wieder eingeschränkt werden soll. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird ausgehend vom Wortlaut der gesamten Ausschlussklausel auch erkennen, dass es der Beklagten darum geht, die zugesagte Interessenwahrnehmung für solche Risiken auszuschließen, welche zu besonders kostenträchtigen und häufigen Rechtsstreitigkeiten führen sowie, dass dies aus Gründen der Prämienkalkulation erfolgt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird schließlich auch erkennen, dass die Beklagte für Rechtsfälle in ursächlichem Zusammenhang mit den genannten Geschäften keinen Rechtsschutz übernimmt. Präziser als unter Verwendung des Wortes „alle“ lässt sich ein Risikoausschluss nämlich schlechterdings nicht formulieren, wie die Beklagte mit Recht hervorhebt. Daher bedarf es auch entgegen der Auffassung der Berufung keiner enumerativen Aufzählung der erfassten Kapitalanlagegeschäfte, „alle“ meint „alle“, „keine“ „Null“.
36bb) Das Landgericht hat im Hinblick auf die Verwendung des vom Kläger beanstandeten Begriffs „Kapitalanlagegeschäft“ auch den zutreffenden Prüfungsmaßstab angelegt.
37(1) Angesichts des auch vom Senat für eindeutig und klar sowie für ohne weiteres verständlich gehaltenen Wortlauts der Klausel spricht allerdings bereits Einiges dafür, dass die Reichweite des Ausschlusstatbestandes schon nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers hinreichend klar umrissen ist. Mit dem Begriff „Kapitalanlagegeschäft“ wird er schon aufgrund des täglichen Sprachgebrauchs die vom Landgericht erwähnte Vorstellung, dass es sich um Verträge über Kapitalanlagen handelt, verbinden.
38(2) Jedenfalls erscheinen dem Senat die vom Kläger für möglich gehaltenen Zweifel über die Bedeutung des verwendeten Begriffs eher fernliegend. Der Begriff „Kapitalanlagegeschäft“ ist zwar gesetzlich nicht definiert. Es handelt sich aber um einen Ausdruck, der zumindest auch in den Bereich der Rechtssprache verweist und mit dem die Rechtssprache, wie schon das Landgericht überzeugend begründet hat, einen hinreichend festumrissenen Begriff verbindet, auch wenn er, was der Kläger geltend macht, keine wortwörtliche Erwähnung in gesetzlichen Bestimmungen findet. Die Einwände des Klägers wirken konstruiert, er versucht eine Verständnismöglichkeit aufzuzeigen, die von dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer unschwer erkennbaren Bedeutungsgehalt des Begriffs abweicht. Ergänzend zu den Erwägungen des Landgerichts, die sich der Senat zu eigen macht, mag der Hinweis darauf genügen, dass nach seiner Überzeugung jedermann weiß, was „Kapital“ ist, nämlich nicht zum täglichen Lebensunterhalt benötigtes also zur Verfügung stehendes Geldvermögen, und was dementsprechend mit dem Begriff der „Kapitalanlage“ gemeint ist, nämlich die Investition dieses Geldvermögens beispielsweise zum Zwecke der Erwirtschaftung von Erträgen, des Vermögensaufbaus oder aber der Erzielung von Steuerspareffekten.
39(3) Anderes folgt auch nicht daraus, dass in der Klausel verschiedene riskantere Anlagegeschäfte im Einzelnen aufgeführt werden. Insbesondere lässt sich hiermit schon aufgrund der gleichzeitigen Verwendung des Wortes „alle“ in Kombination mit dem allgemeinen Begriff der Kapitalanlagegeschäfte nicht das Verständnis begründen, nur vergleichbar riskante Kapitalanlagegeschäfte seien von der Rechtschutzgewährungsverpflichtung ausgenommen. Für dieses Verständnis fehlt es dem Wortlaut der Klausel nach an Anhaltspunkten, zumal sie beginnend mit hoch riskanten Geschäften wie Spiel und Wette über riskante Geschäfte bis hin zu den sonstigen Kapitalanlageprodukten eine absteigende Risikokurve beschreibt.
40(4) Schließlich hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die streitgegenständliche Klausel von den Ausschlussklauseln anderer Rechtsschutzversicherer dadurch unterscheidet, dass sie gerade keine auslegungsbedürftigen Begriffe enthält und deshalb auch nicht interpretationsfähig und interpretationsbedürftig ist, wie etwa die Effekten- und Prospekthaftungsklausel, die den Urteilen des Bundesgerichtshofs vom 08.05.2013 (IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12) sowie der Entscheidung des Senats vom 13.09.2012 (I-6 U 198/11) zugrunde lag. In einer weiteren Entscheidung vom 08.05.2013 (IV ZR 233/11) hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf den dort beanstandeten Begriff der „Beteiligung“ ausgeführt, dieser könne von einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer zutreffend erfasst werden (BGH a.a.O./juris Tz. 43). Für den hier in Rede stehenden Begriff der Kapitalanlagegeschäfte kann aus den genannten Gründen nichts anderes gelten.
414. Eine Unwirksamkeit der Klausel folgt auch nicht aus § 305c Abs. 1 BGB. Überraschend ist eine Klausel nur, wenn sie eine Regelung enthält, die von den Erwartungen des typischerweise damit konfrontierten Versicherungsnehmers - hier also eines rechtsschutzversicherten Verbrauchers - in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Es muss sich um eine objektiv ungewöhnliche Klausel handeln, was nach den Gesamtumständen zu beurteilen ist. Als zweite Voraussetzung muss hinzukommen, dass der andere Teil mit der Klausel „nicht zu rechnen braucht“. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn sie im Vertragstext falsch eingeordnet und dadurch geradezu „versteckt“ wird. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, an welcher Stelle sich die Klausel im Bedingungswerk befindet (BGH, Urt. v. 21. Juli 2011 – IV ZR 42/10, NJW 2011, 3718 ff./juris Tz. 16 m.w.N.).
42a) Die Klausel ist nicht objektiv ungewöhnlich i.S. dieser Vorschrift. Die Verwendung von Risikoausschlussklauseln in den Versicherungsbedingungen ist auch bei Rechtsschutzversicherungsverträgen üblich. Dies gilt auch für den Ausschluss bestimmter Rechtsgebiete (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 1994, 1506). Die Ungewöhnlichkeit lässt sich auch nicht damit begründen, dass das Rechtsgebiet Kapitalanlagerecht vollständig ausgeschlossen wird. Dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer erwartet, gerade für dieses Rechtsgebiet Versicherungsleistungen in Anspruch nehmen zu können, behauptet auch der Kläger nicht. Durch diesen vollständigen Ausschluss wird auch der Leistungsumfang einer Rechtsschutzversicherung nicht so weit eingeschränkt, dass deren Zweck gefährdet ist, was der Kläger möglicherweise ergänzend geltend gemacht werden will. Es verbleibt eine Vielzahl von Rechtsangelegenheiten, für die von der Beklagten Rechtsschutz gewährt werden würde, wie sich aus § 2 ARB 2002 ergibt. Eine Leistungsbegrenzung bedeutet für sich genommen noch keine Vertragszweckgefährdung, sondern bleibt zunächst grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Versicherers überlassen, soweit er nicht mit der Beschreibung der Hauptleistung beim Versicherungsnehmer falsche Vorstellungen erweckt (BGH, Urt. v. 11. Februar 2009 – IV ZR 28/08, NJW-RR 2009, 746 ff./juris Tz. 19 m.w.N.). §§ 125 – 129 VVG enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass es der Beklagten etwa unter Leitbildaspekten verboten wäre, das Rechtsgebiet des Kapitalanlagerechts auszuschließen. Da die Klausel den Ausschluss für alle Kapitalanlagegeschäfte klar und eindeutig vorsieht, kann der am Abschluss einer Rechtsschutzversicherung interessierte Verbraucher, auch und gerade soweit er gleichzeitig Kapitalanleger ist, abschätzen, ob er einen Versicherungsvertrag zu den vorgegebenen Konditionen mit der Beklagten abschließen oder hiervon aufgrund seiner privaten Interessenslage lieber absehen möchte.
43b) Überraschenden Charakter hat der Ausschluss auch nicht. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Auf dieser Grundlage ist lediglich zu ergänzen, dass der Ausschluss durch seine Stellung am Ende der Klausel sogar hervorgehoben wird. Dabei spielt auch nach dem Dafürhalten des Senats der Umstand eine entscheidende Rolle, dass die in Rede stehende Klausel sehr kurz gehalten ist, sodass der wohl in der Tat wirtschaftlich bedeutsamste Tatbestand kaum überlesen werden kann. Womöglich wird der Verbraucher, der Kapitalanlagegeschäfte abgeschlossen hat, sogar gerade aufgrund der erwähnten Tatbestände aufmerksam werden und die gesamte Regelung besonders gründlich lesen, um in Erfahrung zu bringen, ob auch die von ihm gehaltene Anlageform von dem Ausschluss erfasst ist.
445. Erweist sich demnach die Abmahnung vom 14.03.2012 als unbegründet, scheidet auch die Erstattung hierfür aufgewendeter Kosten des Klägers aus.
45III.
46Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10, 711,713 ZPO.
47Streitwert des Berufungsverfahrens: 2.500,00 EUR.
48Dies entspricht dem Wert, mit dem der Senat regelmäßig den Streit um die Wirksamkeit einer Klausel im Verfahren nach dem UKlaG bemisst.
49Die Revision ist nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Auslegung und Wirksamkeit der Klausel ist nicht umstritten. Fragen grundsätzlicher Bedeutung werden nicht aufgeworfen, die Entscheidung beruht auf der zitierten BGH-Rechtsprechung und berücksichtigt insbesondere die beiden Urteile vom 08. Mai 2014. Anders als in jenen Verfahren geht es hier um eine Klausel, die gerade keine in hohem Maße interpretationsfähigen und interpretationsbedürftigen Formulierungen enthält.