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Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. September 2013
verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Land-
gerichts Duisburg (21 O 103/09) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig
vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Voll-
streckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihr
zu vollstreckenden Betrages leistet.
Ta t b e s t a n d
2Zwischen den Parteien bestand ab Dezember 2006 eine ständige Geschäftsbeziehung, in der die Beklagte die Klägerin fortlaufend mit dem Transport von Waren beauftragte. Aus 73 dieser Transporte, die sich über den Zeitraum vom 9. Dezember 2008 bis zum 18. Februar 2009 erstreckten, stehen der Klägerin gegen die Beklagte noch Frachtlohnansprüche in Höhe von 95.799,69 € gemäß den Sammelgutschriften der Beklagten (Anlagen K 1 bis 13) zu, die Gegenstand der Klage sind.
3Gegenüber diesen Frachtlohnansprüchen hat die Beklagte mit einer Schadensersatzforderung wegen Verlusts von Frachtgut in gleicher Höhe aufgerechnet. Dieser Aufrechnungsforderung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
4Die Beklagte ist der Hausspediteur von H…. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass die zu transportierende Ware hauptsächlich aus PC’s bestehe und der Warenwert je Sendung zwischen 250.000,- und 1 Mio. € liege.
5Mit Transportauftrag vom 6. Januar 2007 (Anlage B 12) beauftragte die Beklagte die Klägerin mit dem Transport von zwei Warensendungen, die von der Firma F… in Pardubice (Tschechische Republik) nach San Giuliano Milanese (Oberitalien) befördert werden sollten, wo die beiden Empfängerinnen, die Firmen D… und T… ansässig sind. Ausweislich des Auftrags sollte die Beladung am 8. Januar 2007 um 9.30 Uhr erfolgen. Die erste Entladung war für den 10. Januar um 9.00 Uhr bei der Firma D… vorgesehen. Für dieses Auftragsschreiben verwendete die Beklagte ein von ihr vorgehaltenes Formular, das unter anderem folgenden vorgedruckten Text enthält: „Bei Fahrten nach Italien sind Stand-/ Ruhe-/Pausenzeiten nur in Deutschland und in der Schweiz gestattet! Bei Nichteinhaltung im Schadenfall wird der Frachtführer/Auftragnehmer mit dem vollen Warenwert in Regress genommen.“
6Die Klägerin beauftragte ihrerseits die Firma C… mit dem Transport. Deren Fahrer, der Zeuge M…, erschien am 8. Januar 2007 mit einem Kofferfahrzeug bei der Firma F…. Deren Mitarbeiter beluden das Fahrzeug. Danach unterschrieb der Zeuge M… zwei von der Firma F… ausgefüllte und von einem Mitarbeiter dieser Firma unterschriebene CMR-Frachtbriefe. Ausweislich dieser Frachtbriefe wurden 16 Paletten, die für die Firma T… bestimmt waren und 7 Paletten, die für die Firma D… bestimmt waren, verladen. Ausweislich dieser Frachtbriefe wogen die 16 Paletten 7.964 kg und die 7 Paletten 3.278 kg. Der Frachtbrief über die für die Firma T… bestimmte Warensendung nimmt Bezug auf die Customer Consolidated Delivery Note von H…, Anlage B 10. Wegen des weiteren Inhalts dieser Frachtbriefe wird auf die Anlagen B 5 und B 6 verwiesen.
7Am 9. Januar 2007 parkte der Zeuge M… den LKW gegen 15.10 Uhr auf einem unbewachten Parkplatz an einer Autobahntankstelle Adige-Ovest der A 22, etwa 10 km vor Rovereto gelegen. Von dort brach er in den frühen Morgenstunden des 10. Januar 2007 gegen 3.10 Uhr auf. Gegen 5.30 Uhr traf er bei der Firma D… ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Firma D… aber noch nicht bereit, den LKW zu entladen. Deswegen stellte der Zeuge M… den LKW auf der Straße vor dem Firmengelände ab. Er blieb zwar im Fahrzeug, schlief jedoch kurze Zeit später ein.
8Gegen 7.41 Uhr konnte der Zeuge M… in das Firmengelände der Firma D… einfahren. Als der LKW gegen 8.30 Uhr entladen werden sollte, stellten die Mitarbeiter der Firma D… fest, dass die Plombe und das Vorhängeschloss beschädigt waren. Sie glichen daraufhin die im LKW befindliche Ware mit den Rechnungen der beiden Warensendungen ab und ermittelten, dass 180 Kartons aus der Warensendung für die Firma T… nicht vorhanden waren. Dieser Teil der Warensendung hatte ausweislich der Rechnung einen Wert von 95.799,69 €.
9Mit Schreiben vom 10. Januar 2007 (Anlage K 19) informierte die Klägerin die Beklagte über den Schadensfall und führte aus, dass bei der Kontrolle der Firma D… eine Fehlmenge von 6 Paletten festgestellt worden sei. Ferner heißt es in diesem Schreiben, der Zeuge M… habe sich hingelegt, nachdem er den LKW direkt vor der Firma D… geparkt gehabt habe.
10Am 22. Dezember 2008 übersandte die Beklagte der Klägerin wegen des hier in Rede stehenden Ladungsdiebstahls eine Schadensrechnung. Im Zahlungsavis vom 16. März 2009 verrechnete sie diesen Schaden mit den streitgegenständlichen Frachtlohnansprüchen der Klägerin.
11Die Klägerin hat beantragt,
12die Beklagte zu erurteilen, an sie, die Klägerin, 95.799,69 €
13nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basis-
14zinsatz
15aus 18.575,90 € seit dem 24.01.2009 bis zum 30.03.2009,
16aus 18.492,29 € seit dem 30.03.2009,
17aus 4.522,- € seit dem 29.01.2009,
18aus 2.963,10 € seit dem 17.02.2009,
19aus 6.759,20 € seit dem 17.02.2009,
20aus 33.082,- € seit dem 20.02.2009,
21aus 1.040,- € seit dem 20.02.2009,
22aus 6.164,20 € seit dem 12.03.2009,
23aus 1.040,- € seit dem 12.03.2009,
24aus 2.475,20 € seit dem 12.03.2009,
25aus 1.050,- € seit dem 25.03.2009,
26aus 15.934,10 € seit dem 25.03.2009,sowie
27aus 1.040,- € seit dem 25.03.2009 zu zahlen.
28Die Beklagte hat beantragt,
29die Klage abzuweisen
30sowie hilfsweise, nämlich für den Fall der Unzulässigkeit der Aufrechnung widerklagend,
31die Klägerin zu verurteilen, an sie, die Beklagte, 95.799,69 €
32nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
33Die Beklagte hat behauptet:
34Die in den Rechnungen ausgewiesenen Waren für die Firmen D… und T… seien bei der Firma F… vollständig in den LKW geladen worden.
35Wahrscheinlich seien die 180 Kartons aus dem LKW gestohlen worden, als der LKW auf dem Parkplatz vor Rovereto gestanden habe. Dieser Parkplatz sei nicht eingefriedet gewesen. Er liege sehr einsam, weil es rundherum nur Wälder und Felder gebe. Vor dem 9. Januar 2009 habe es auf diesem Parkplatz schon viele Diebstähle aus abgestellten Lastwagen gegeben. Im Übrigen kämen Ladungsdiebstähle in ganz Oberitalien sehr häufig vor. Die Warensendung habe aus PC’s bestanden, so dass es sich um besonders diebstahlsgefährdete Waren gehandelt habe, die von Dieben leicht absetzbar seien.
36Möglicherweise seien die Kartons auch erst gestohlen worden, als der LKW auf der Straße vor dem Gelände der Firma D… gestanden habe. Dieses Gelände befinde sich im Großraum Mailand. Gerade diese Region sei ebenfalls hinlänglich als extrem diebstahlsgefährdetes Gebiet bekannt. Rund um Mailand gebe es mehrere bewachte Parkplätze. Der Zeuge M… habe den LKW während dieser Standzeit nicht bewacht, weil er sich im LKW Schlafen gelegt habe. Dem Zeugen M… hätte auch klar sein müssen, dass er zu einer Zeit bei der Firma D… eintreffen werde, in der bei der Firma D… in der Regel noch nicht gearbeitet werde. Die übliche Geschäftszeit bei D… beginne erst um 8.00 Uhr. Dies sei der Klägerin auch aus vorangegangenen Transporten bekannt gewesen. Dies sei auch der Grund, warum im Transportauftrag erst eine Ablieferung gegen 9.00 Uhr vorgesehen sei. Daher habe der Zeuge M… auch nicht damit rechnen können, dass er vor 9.00 Uhr auf das Betriebsgelände der Firma D… gelassen werde.
37Die Klägerin hat gegenüber der Aufrechnungsforderung die Einrede der Verjährung erhoben. Sie meint, bei der im Auftragsschreiben enthaltenen Anweisung, Ruhe- und Pausenzeiten nur in Deutschland oder der Schweiz einzulegen, sei eine allgemeine Geschäftsbedingung, die unwirksam sei, weil sie einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB nicht standhalte.
38Die Klägerin hat behauptet:
39Dem Zeugen M… sei es nicht gestattet gewesen, bei der Verladung zugegen zu sein und eine Kontrolle durchzuführen. Der Anhänger sei bei der Firma F… abgekuppelt und sodann von Mitarbeitern dieser Firma beladen und verplombt worden. Danach sei der Zeuge M… aufgefordert worden, die CMR-Frachtbriefe zu unterschreiben. Es sei ihm auch verwehrt worden, einen Vorbehalt auf den CMR-Frachtbriefen wegen der nicht ermöglichten Kontrolle der Ladung zu vermerken.
40Der Ladungsdiebstahl müsse sich in der Zeit ereignet haben, als der Zeuge M… vor dem Betriebsgelände der Firma D… auf den Einlass gewartet habe. Denn die Fahrt nach Italien sei im Konvoi durchgeführt worden. Der Parkplatz Adige-Ovest sei beleuchtet und habe ca. 30 LKW-Stellplätze. Der Parkplatz werde von der örtlichen Polizei etwa alle 2 bis 3 Stunden kontrolliert. Auf dem Parkplatz Adige-Ovest sei der LKW des Zeugen M… von einem anderen Lastwagen der Firma C… so eingekeilt gewesen sei, dass ein Öffnen der Ladungstüren nicht möglich gewesen sei. Außerdem habe der Zeuge M… vor der Weiterfahrt den LKW kontrolliert. Zu diesem Zeitpunkt seien Plombe und Vorhängeschloss noch unversehrt gewesen.
41Aus vorangegangenen Transporten seien der Firma C… und dem Zeugen M… bekannt gewesen, dass bei der Firma D… auch schon in den frühen Morgenstunden LKW entladen würden. Als der Zeuge M… bei der Firma D… eingetroffen sei, hätten sich auch bereits mehrere Lastwagen zur Entladung auf dem Betriebsgelände befunden. Der Pförtner an der Einfahrt habe dem Zeugen M… die Einfahrt auf das Betriebsgelände verwehrt und ihn angewiesen, vor dem Betriebsgelände zu warten, bis er abgeholt werde. Bei der Straße vor dem Betriebsgelände der Firma D… handele es sich um eine Hauptstraße. Diese Straße sei beleuchtet und sei auch schon in den frühen Morgenstunden sehr belebt. In der Umgebung lägen zahlreiche andere Gewerbebetriebe und Wohnhäuser. Der stehende LKW sei von zahlreichen anderen LKW und PKW passiert worden. Der Zeuge M… habe im Führerhaus auf seine Abholung gewartet. Während des Wartens habe ihn der Schlaf übermannt.
42Hinsichtlich der Hilfswiderklage hat die Klägerin die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts gerügt und hat beantragt,
43die Hilfswiderklage abzuweisen.
44Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen d… R…, M…, K…, N… und V…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bl. 482 – 484 GA und Bl 534 – 537 GA sowie auf die Übersetzungen der schriftlichen Aussagen Bl. 591, 593 und 614 GA verwiesen.
45Sodann hat das Landgericht der Klage bis auf einen kleinen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünden gemäß § 407 Abs. 2 HGB Frachtlohnansprüche in der geltend gemachten Höhe zu. Diese Ansprüche seien durch die Aufrechnung der Beklagten nicht erloschen.
46Zwar habe die Beklagte wegen des hier in Rede stehenden Ladungsdiebstahls dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch aus Art. 29 CMR, weil die Klägerin diesen Warenverlust selbst nach dem von ihr vorgetragenen Sachverhalt leichtfertig mitverursacht habe. Die Höhe des eingetretenen Schadens könne jedoch nicht festgestellt werden und es sei auch nicht möglich, einen Mindestschaden zu schätzen.
47Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beklagte nicht bewiesen, dass die im Lieferschein aufgelistete Ware für die Firma T… tatsächlich verladen worden sei. Hierfür streite nicht die Vermutung des Art. 9 CMR berufen, weil der Frachtbrief nicht die Beklagte als Absenderin ausweise. Die Unterschrift des Zeugen M… auf diesem Frachtbrief sei zwar eine Empfangsquittung. Der Beweiswert dieser Quittung entfalle jedoch, weil die Klägerin nachgewiesen habe, dass der Zeuge M… vom Verladevorgang ausgeschlossen gewesen sei und ihm auch nach Verladung keine hinreichende Möglichkeit eingeräumt worden sei, den Umfang der Ladung zu prüfen. Dies habe der Zeuge M… glaubhaft bekundet.
48Auch ein Mindestschaden könne nicht festgestellt werden. Zwar habe der Zeuge M… bekundet, dass bei der Firma D… anhand der noch vorhandenen Paletten und des durchtrennten Verpackungsmaterials deutlich zu erkennen gewesen sei, dass Teile der Ladung entwendet worden seien. Da jedoch nicht festgestellt werden könne, welche Waren übergeben worden seien, sei ein Rückschluss darauf, welche Kartons mit welchem Inhalt in Verlust geraten seien, nicht möglich.
49Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
50Die Beklagte nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen. Zu Recht habe das Landgericht angenommen, dass die Klägerin für den durch den Ladungsdiebstahl verursachten Schaden gemäß Art. 29 CMR hafte, weil sie diesen Warenverlust leichtfertig mitverursacht habe. Dies folge schon daraus, dass der Zeuge M… sich schlafen gelegt habe, während er auf den Erlaubnis zur Einfahrt auf das Gelände der Firma D… gewartet habe. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe sie jedoch die Höhe des Schadens nachgewiesen.
51Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass im CMR-Frachtbrief der Lieferschein über die für die Firma T… bestimmte Warensendung (H…-P… Customer Consolidated Delivery Note, Anlage B 10) ausdrücklich erwähnt sei. Folglich erbringe der vom Zeugen M… quittierte CMR-Frachtbrief gemäß Art. 9 CMR den Beweis für die Übernahme dieser Waren. Es sei auch davon auszugehen, dass die Firma F… bei Unterzeichnung der CMR-Frachtbriefe mit ihrer, der Beklagten, Vollmacht gehandelt habe, auch wenn kein ausdrücklicher Vertretungszusatz angebracht worden sei. Es sei üblich, dass der Verlader den CMR-Frachtbrief ausstelle und unterschreibe. Dies tue er regelmäßig in Vertretung des Hauptfrachtführers mit dessen konkludent erteilter Vollmacht. Denn schließlich sei es im Interesse aller Ladungsbeteiligten, dass über den Transport ein wirksamer Frachtbrief ausgestellt werde.
52Das Landgericht habe des Weiteren nicht hinreichend berücksichtigt, dass bei Ankunft bei der Firma D… 6 Paletten leer gewesen seien und die Haltebänder noch lose im Laderaum gelegen hätten, was der Zeuge M… bekundet habe. Außerdem habe der Zeuge M… eingeräumt, dass er beim Verschließen des Lastwagens gesehen habe, dass palettierte Ware verladen worden sei und er die gesamte Ladung hätte überblicken können, wenn er in den LKW auf die Ladefläche gestiegen wäre, weil die Paletten lediglich ca. 1 m hoch bepackt gewesen seien. Mithin sei zumindest davon auszugehen, dass tatsächlich die in den CMR-Frachtbriefen aufgeführte Anzahl von bepackten Paletten verladen worden sei. Bei etwas gutem Willen hätte er auch die Anzahl der Kartons auf den Paletten zumindest überschlägig überprüfen können. Zumindest hätte er auf den Frachtbriefen einen Vorbehalt niederlegen müssen, dass er die Anzahl der Kartons nicht habe überprüfen können. Soweit ihm dies tatsächlich untersagt worden sei, hätte er sie, die Beklagte, hierüber informieren müssen.
53Die Beklagte beantragt,
54unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage
55insgesamt abzuweisen.
56Die Klägerin beantragt,
57die Berufung zurückzuweisen.
58Die Klägerin macht sich die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils zu Eigen. Das Landgericht habe zu Recht die Beweiswirkung gemäß § 9 CMR verneint, weil die CMR-Frachtbriefe keine Frachtbriefe über das zwischen ihr und der Beklagten bestehende Vertragsverhältnis seien. Zu Recht habe das Landgericht der Unterschrift des Zeugen M… auf diesen Frachtbriefen auch nicht die Beweiswirkung einer Übernahmequittung beigemessen. Die Beweiswirkung dieser Quittung könne sich ohnehin allenfalls auf die Anzahl der verladenen Paletten beziehen, nicht jedoch auf die Anzahl der Kartons und deren Inhalt. Aus der Aussage des Zeugen M… folge jedoch, dass er nicht einmal Gelegenheit gehabt habe, die Anzahl zu kontrollieren. Sein Einwand, er könne nichts quittieren, was er nicht überprüft habe, habe die Firma F… damit zerstreut, dass es über die Verladung eine Fotodokumentation gebe. Sodann hätten sie dem Zeugen gedroht, er werde die Frachtpapiere nicht bekommen, wenn er wegen der Unterschrift Probleme mache.
59Unabhängig von der Frage, ob die Schadenshöhe nachgewiesen sei, sei das Urteil des Landgerichts im Ergebnis auch deshalb richtig, weil sie, die Klägerin, den Ladungsdiebstahl nicht leichtfertig mitverursacht habe. In diesem Zusammenhang wiederholt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Soweit das Landgericht angenommen habe, wegen der im Transportauftrag angegebenen Zeit der Entladung sei sie verpflichtet gewesen, die Firma D… nicht vor 9.00 Uhr anzufahren, habe der Auftrag einen dahingehenden Inhalt nicht gehabt. Dieser sei vielmehr dahin zu verstehen, dass sie nicht später an der Entladestelle erscheinen solle. Es sei auch nicht möglich gewesen, in der Umgebung der Firma D… einen bewachten Parkplatz aufzusuchen, weil es in der näheren Umgebung keinen bewachten Parkplatz gegeben habe.
60Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
62Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache erfolglos, weil das Landgericht der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben hat. Im Einzelnen ist hierzu folgendes auszuführen:
63I.
64Die Beklagte wendet zu Recht ein, dass die tragende Begründung des landgerichtlichen Urteils, wonach eine Schadenshöhe nicht ermittelbar sei, nicht überzeugt, weil im vorliegenden Fall aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen ist, dass die für die Firma T… bestimmte Warensendung vollständig verladen worden ist.
65Insoweit greift zwar entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die Vermutung des Art. 9 CMR ein, weil es an einem formgültigen CMR-Frachtbrief im Sinne der CMR fehlt. Der CMR-Frachtbrief Anlage B 5 verhält sich nicht über den zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossenen Frachtvertrag, weil in diesem Frachtbrief weder die Beklagte als Absenderin noch die Klägerin als Frachtführer aufgeführt ist. Weil es hieran fehlt, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte bei Unterzeichnung des Frachtbriefs wirksam von der Firma F… und die Klägerin wirksam durch den Zeugen M… vertreten worden wäre, wenn im Frachtbrief die Klägerin und die Beklagte als Frachtführer und Absender ausgewiesen gewesen wären.
66Die Gesamtumstände lassen jedoch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Warensendung vollständig verladen worden ist. Wie die Beklagte zutreffend ausführt, standen bei der Öffnung des LKW bei der Firma D… 6 leere Paletten auf der Ladefläche und das Verpackungsmaterial für diese Paletten lag lose herum. Dies bedeutet, dass die Diebe nicht ganze Paletten gestohlen haben, sondern nur die Kartons entwendet haben, die sich auf den 6 Paletten befunden hatten. Hieraus folgt ebenfalls zwingend, dass die 6 leeren Paletten zum Zeitpunkt der Beladung mit Kartons bepackt waren. Die restlichen 10 Paletten der für die Firma T… bestimmten Warensendung waren unversehrt. Damit steht zweifelsfrei fest, dass tatsächlich insgesamt 16 für die Firma T… bestimmte mit Kartons bepackte Paletten verladen worden sind.
67Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass es sich die Firma F… als Lagerhalter für den H… Konzern nicht leisten kann, falsche oder, unvollständige Waren an Kunden von H… auszuliefern, so dass davon auszugehen ist, dass die Paletten gemäß dem Lieferschein Anlage B 10 gepackt worden sind, also tatsächlich die dort aufgeführten Waren kommissioniert und verpackt worden sind. Dass es im Einzelfall natürlich denkbar ist, dass versehentlich ein Karton zu wenig verpackt wird oder ein Karton mit einer falschen Ware oder ein von einem Angestellten zuvor leergeräumter Karton in den Versand geraten kann, ist zwar möglich. Dass dies ausgerechnet auch bei der hier in Rede stehenden Warensendung der Fall gewesen sein könnte und hiervon ausgerechnet die 180 fehlenden Kartons betroffen gewesen sein könnten, ist jedoch so unwahrscheinlich, dass diese abstrakt denkbaren Möglichkeiten einer fehlerhaften Warensendung keinen vernünftigen Zweifel begründet, dass die Warensendung tatsächlich gemäß dem Lieferschein vollständig verladen worden ist. Sonstige Umstände, die Zweifel an der vollständigen Verladung der Warensendung begründen könnten, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Sie behauptet insbesondere nicht, dass die 180 fehlenden Kartons nicht auf die 6 leeren Paletten gepasst hätten. Dies ist auch nicht anzunehmen. Die 6 Paletten sind 37,5 % der insgesamt verladenen Paletten. Die 180 fehlenden Kartons sind 36 % der gesamten Kartonanzahl.
68Die Schadenshöhe selbst ist somit anhand der Handelsrechnung, mit der der Firma T… die gesamte Warensendung in Rechnung gestellt worden ist, von der Beklagten zutreffend ermittelt worden, weil diese Handelsrechnung die Vermutung begründet, dass der Verkaufspreis dem Warenwert der Sendung zum Zeitpunkt der Übernahme entspricht.
69II.
70Der Beklagten steht wegen dieses Warendiebstahls aber kein Schadensersatzanspruch aus Art. 29 CMR in der geltend gemachten Höhe zu, weil die Klägerin den Ladungsdiebstahl nicht leichtfertig mitverursacht hat.
71Gemäß Art. 29 CMR gelten die in der CMR vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder einer seiner Gehilfen im Sinne des Art. 3 CMR leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird.
72Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Gehilfen in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. BGHZ 187, 141; BGH, TranspR 2011, 218).
73Um prüfen zu können, ob diese Voraussetzungen hinsichtlich des hier in Rede stehenden Ladungsdiebstahls gegeben sind, müsste feststehen, ob sich der Diebstahl auf dem Tankstellenparkplatz Adige-Ovest oder auf der Straße vor dem Betriebsgelände der Firma D… ereignet hat, so dass sich die Frage stellt, wer den konkreten Tatort im vorliegenden Fall beweisen muss. Diese Frage würde sich nur dann nicht stellen, wenn man für beide denkbare Tatorte feststellen könnte, dass die Klägerin den Verlust leichtfertig oder eben nicht leichtfertig verursacht hat. Eine gleichgelagerte Feststellung des Verschuldensgrades für beide Tatorte ist aber nicht möglich. Vielmehr geht der Senat davon aus, dass die Klägerin den Schaden leichtfertig verursacht hat, wenn der LKW auf dem Tankstellenparkplatz bestohlen wurde, dies jedoch nicht gilt, wenn sich der Diebstahl vor dem Betriebsgelände der Firma D… zugetragen hat. Im Einzelnen:
74Welche Sicherheitsvorkehrungen der Frachtführer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt nach ständiger Rechtsprechung des BGH von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den aktuell erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlsgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Pausen einzuhalten (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 21; BGH TranspR 2000, 407).
75Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen kann es im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die Klägerin den Ladediebstahl leichtfertig mitverursacht hätte, wenn sich der Diebstahl auf dem unbewachten Parkplatz am der Autobahntankstelle Adige-Ovest ereignet hätte, weil nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass sich der Diebstahl nicht an diesem Ort ereignet hat. Denn der Zeuge K… hat glaubhaft bekundet, dass er sich am 9. Januar 2009 ebenfalls mit einem Lastwagen auf diesem Parkplatz befunden habe. Um die Warenladungen der Lastwagen gegen Diebstahl zu sichern, hätten er und der Zeuge M… die beiden Lastwagen mit der Rückseite gegeneinander gestellt. Anhaltspunkte, dieser Aussage keinen Glauben zu schenken, sind nicht ersichtlich. Der Umstand, dass sowohl der Fahrer M… als auch der Zeuge bei der Firma C… (vom Landgericht ist insoweit im Protokoll fälschlicherweise ausgeführt, der Zeuge sei als Fahrer für die Firma F… tätig) angestellt sind, und die Firma C… wiederum mittelbar ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben könnte, vermag einen derartigen Zweifel nicht zu rechtfertigen. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Firma C… im Zuge der Planung von Transporten nach Italien den besagten Parkplatz an der Autobahntankstelle regelmäßig vorsehe, um die vorgeschriebenen nächtlichen Ruhezeiten einzuhalten. Mithin ist es glaubhaft, dass sich der Zeuge K… zur selben Zeit mit einem anderen Lastwegen der Firma C… ebenfalls auf diesem Parkplatz befunden hat. Dass der Fahrer M… und der Zeuge K… die gleichzeitige Anwesenheit von zwei Lastwagen in der vom Zeugen geschilderten Weise genutzt haben, um die Ladungen wechselseitig zu sichern, ist nachvollziehbar und plausibel. Damit scheidet ein Diebstahl der Warensendung an diesem Tatort aus, weil die Hecktüren des vom Fahrer M… gesteuerten Lastwagens nicht geöffnet werden konnten, solange die Rückseiten der beiden Lastwagen gegeneinander standen. Aufgrund des Schadensbildes steht jedoch fest, dass die Täter sich über die Hecktüren des Lastwagens Zugang zur Ladung verschafft haben.
76:
77Mithin ist in Übereinstimmung mit dem landgerichtlichen Urteil davon auszugehen, dass sich der Diebstahl zu der Zeit zugetragen hat, als der Lastwagen auf dem Parkstreifen der zum Firmengelände der Firma D… führenden Straße abgestellt war. Nach Auffassung des Senats ist es nicht gerechtfertigt, der Klägerin im Zusammenhang mit diesem Diebstahl vorzuwerfen, sie beziehungsweise der Fahrer M… habe diesen Diebstahl leichtfertig mitverursacht.
78Einen krassen Pflichtenverstoß der Klägerin vermag der Senat nicht zu erkennen. Hierzu hat das Landgericht ausgeführt, der Zeuge M… habe pflichtwidrig gehandelt, weil er bereits um 5.41 Uhr bei der Firma D… angekommen sei, obwohl es ihm möglich gewesen wäre, die im Auftrag genannte Entladezeit von 9.00 Uhr einzuhalten, wenn er zunächst an einem noch in der Schweiz gelegenen Parkplatz gewartet hätte, und von dort erst dann losgefahren wäre, dass er unter normalen Verkehrsbedingungen gegen 9.00 Uhr bei der Firma D… eingetroffen wäre. Die im Auftrag genannte Zeit für die Entladung könne nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin erst um 9.00 Uhr sicher habe davon ausgehen dürfen, dass der LKW sofort nach Ankunft sicher entladen werde. Selbst wenn bei vorangegangenen Transporten eine frühere Entladung stattgefunden habe, habe die Klägerin hierauf nicht vertrauen dürfen. Diese Bedeutung, die das Landgericht der im Auftrag genannten Entladezeit beigemessen hat, vermag der Senat nicht zu erkennen. Diese Zeitangabe besagt doch nur, dass die Versenderin bei Auftragserteilung erwartet hat, dass das Transportgut gegen 9.00 Uhr bei der Empfängerin eintreffen wird. Eine Verpflichtung, keinesfalls vor 9.00 Uhr das Transportziel zu erreichen, enthält diese Zeitangabe hingegen nicht, denn eine Vereinbarung einer Anlieferung „just in time“ enthält der Auftrag gerade nicht. Allenfalls könnte man dieser Zeitangabe die Bedeutung beimessen, dass die Klägerin die Ware nicht später als 9.00 Uhr abliefern darf, wenn man berücksichtigt, dass im vorgedruckten Text des Auftragsschreibens ausgeführt ist, dass Verspätungen bei der Zustellung mit einer Bearbeitungsgebühr von 39,- € berechnet werden.
79Im Übrigen ist auch erwiesen, dass der Entladebetrieb bei der Empfängerin tatsächlich schon angelaufen war, als der Zeuge M… dort eintraf, Denn selbst der von der Beklagten beauftragte Havariekommissar hat in seinem Gutachten (Anlage B 8) festgestellt, dass der LKW des Zeugen M… der vierte LKW war, der am 10. Januar 2007 auf das Betriebsgelände der Firma D… gelassen wurde. Die Feststellung des Landgerichts, der Zeuge M… habe nicht damit rechnen können, auch schon deutlich vor 9.00 Uhr entladen zu werden, entbehrt somit jeder Grundlage.
80Einen weiteren krassen Pflichtenverstoß hat das Landgericht darin gesehen, dass der Zeuge M… den LKW vor dem Betriebsgelände der Empfängerin geparkt habe, ohne das Fahrzeug besonders zu sichern oder für eine anderweitige Überwachung zu sorgen. Indem er eingeschlafen sei, habe er die Gefahr, dass Dritte Zugriff auf das Fahrzeug nehmen, noch weiter verschärft. Auch diese Ausführungen tragen nicht. Ein Wachmann oder ein Pförtner der Empfängerin hatte den Zeugen M… angewiesen, sich draußen vor dem Firmengelände bereit zu halten, bis er mit der Entladung dran sei; er werde dann dort abgeholt. Deswegen kann es dem Zeugen M… nicht als schwere Pflichtverletzung angelastet werden, dass er sich der Organisation, die die Empfängerin für den Be- und Entladeverkehr eingerichtet hat, gebeugt hat und gemäß dieser Weisung verfahren ist. Damit war ihm auch konkludent der Ort für das Abstellen des Fahrzeugs während der Wartezeit bis zum Aufruf vorgegeben. Die örtlichen Verhältnisse auf der Straße vor dem Firmengelände waren nicht so, dass der Zeuge M… dort eine gesteigerte Diebstahlsgefahr hätte annehmen müssen. Die von der Klägerin zu den Akten gereichten Lichtbilder belegen, dass es sich um eine Hauptstraße in einem Gewerbegebiet handelt. Ihr Vortrag, diese Straße sei zu diesem Zeitpunkt schon belebt und auch beleuchtet gewesen, erscheint mithin glaubhaft. Da der Zeuge M… während der Wartezeit im Fahrzeug geblieben ist, das Fahrzeug ein Kastenaufleger war und die Ladetüren durch Schlösser gesichert waren, waren auch hinreichende Sicherheitsvorkehrungen vorhanden, die einen Ladediebstahl während der kurzen Wartezeit unwahrscheinlich erscheinen ließen. Der Kastenwagen und das Vorhängeschloss erschwerten einen Diebstahl. Der rege Verkehr verhinderte einen von Dritten unbeobachteten Zugriff: Weil der Zeuge M… im Fahrzeug saß, war der LKW zudem bewacht. Die Beklagte behauptet auch nicht, dass es bereits zuvor zu einem Ladungsdiebstahl bei einem Lastwagen gekommen war, der vor dem Betriebsgelände der Empfängerin auf seine Entladung gewartet hatte. Sofern dieser Ort indes tatsächlich ein bekannter Tatort für derartige Diebstähle gewesen sein sollte, hätte der Fahrer erwarten können, dass ihn die Empfängerin hierauf aufmerksam machte.
81Dem Fahrer ist zwar vorzuwerfen, dass er während der Wartezeit eingeschlafen ist. Dieser Verstoß gegen seine Obhutspflicht rechtfertigt jedoch auch dann nicht den Vorwurf leichtfertigen Handelns, wenn man gemäß der Behauptung der Beklagten unterstellt, dass er willentlich eingeschlafen ist. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass aus der Sicht des Fahrers aufgrund der Gesamtumstände ein Diebstahl der Ladung an diesem Ort zu dieser Zeit als so unwahrscheinlich erscheinen musste, dass er selbst dann nicht leichtfertig gehandelt hätte, wenn er das dort abgestellte Fahrzeug für den kurzen Zeitraum der Wartezeit verlassen hätte. Verglichen hierzu war das Schlafen im Fahrzeug ein geringerer Verstoß, weil die Anwesenheit des – wenn auch schlafenden – Fahrers im Fahrzeug durchaus geeignet war, etwaige Täter abzuschrecken.
82Schließlich war das Abstellen vor dem Betriebsgelände auch kein Verstoß gegen die Vereinbarung aus dem Frachtvertrag, keine Ruhepausen in Italien einzulegen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob diese im Auftragsschreiben erteilte Weisung überhaupt rechtswirksam ist, obwohl es – worauf die Klägerin zu Recht hinweist – gar nicht möglich ist, jeden Transport nach Italien so zu organisieren, dass in Italien keine Lenk- oder Ruhepausen eingelegt werden müssen. Denn diese Weisung erfasst bereits von ihrem objektiven Regelungsinhalt nicht die hier in Rede stehende Wartezeit vor dem Eingang der Firma D…. Der Fahrer wollte dort nämlich keine Ruhepause einlegen, sie wurde ihm vielmehr aufgezwungen, weil er nicht auf das Betriebsgelände fahren durfte. Es handelt sich auch nicht um eine vom Frachtführer im Zuge der Transportorganisation vorgesehene Standzeit, da die Standzeit an diesem Ort allein durch die Weisung des Empfängers entstanden ist, dort auf die Entladung zu warten. Diese Weisung des Empfängers ist nicht der Sphäre der Klägerin, sondern vielmehr der Sphäre der Klägerin als Versenderin zuzurechnen.
83Die Ausführungen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. November 2014 enthalten keinen neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag, so dass dieser Schriftsatz dem Senat keinen Anlass gibt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
84III.
85Der Beklagten steht wegen des hier in Rede stehenden Warenverlusts auch keine Aufrechnungsforderung in Höhe der Höchstbetragshaftung nach der CMR zu, weil dieser Schadensersatzanspruch verjährt ist.
86Die einjährige Verjährungsfrist ist am 10. Januar 2008 abgelaufen. Hiervon ist auszugehen, weil die Beklagte nicht dargetan hat, dass sie den Lauf der Verjährungsfrist – etwa durch Ausbringen einer Haftbarhaltung – gehemmt hat.
87Weil die ersten streitgegenständlichen Frachtlohnansprüche erst im Dezember 2008 entstanden sind, standen sich die Frachtlohnansprüche und der Schadensersatzanspruch gemäß der CMR auch nicht unverjährter Zeit aufrechenbar gegenüber.
88IV.
89Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
90Ein Anlass, zugunsten der Beklagten die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO.
91Streitwert des Berufungsverfahrens: 95.799,69 €.