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Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen z w e i W o c h e n ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der für den 3. Juli 2012 geplante Senatstermin entfällt.
G r ü n d e
2Die Berufung des Klägers hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Zutreffend ist das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Beklagte als Vermieterin des vom Kläger genutzten Stellplatzes durch die unterlassene Anbringung von Schutzgittern weder vertragliche Pflichten verletzt hat noch eine deliktische Haftung begründet wurde. Schadensersatzansprüche für die vom Kläger behauptete Beschädigung seines Fahrzeugs am 12. Dezember 2010 durch eine Schneelawine bestehen deshalb nicht. Das Vorbringen des Klägers in der Berufungsbegründung vom 17. Oktober 2011 und im Schriftsatz vom 4. Januar 2012 rechtfertigt keine für ihn günstigere Beurteilung.
3I.
4Eine Verpflichtung der Beklagten, zum Schutz der auf den vermieteten Stellplätzen stehenden Pkw eine Vorsorge gegen Dachlawinen durch Anbringung eines Schutzgitters zu treffen, besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
51.
6Eine entsprechende mietvertragliche Verpflichtung, etwa aus §§ 535, 241 BGB, besteht nicht, weshalb dem Kläger auch keine Schadensersatzansprüche aus dem Mietvertrag zustehen.
7a.
8Ein Anspruch aus § 536 a Abs. 1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil der Stellplatz als solcher keinen Mangel aufwies. Der Umstand, dass durch äußere Einwirkungen, wie hier durch den Abgang von Schnee, ein auf der Mietfläche befindlicher Pkw beschädigt wurde, führt nicht zu einem Mangel des Mietobjekts (vgl. auch BGH NJW 2009, 142 f.; AG Hannover ZMR 2011, 138 f.).
9b.
10Ein Schadensersatzanspruch folgt auch nicht aus einer Verletzung von Schutzpflichten (§ 241 BGB). Im Einzelfall können besondere Umstände eine Verpflichtung des Vermieters begründen, den Mieter vor drohenden Schäden zu warnen. Solche sind hier jedoch nicht ersichtlich. Das winterliche Wetter und der überall, also auch auf den Hausdächern, liegende Schnee war dem Kläger in gleicher Weise ersichtlich wie der Beklagten. Die grundsätzliche Gefahr, dass sich Dachlawinen lösen können, musste deshalb bekannt sein und ein Warnschild hätte keinen zusätzlichen Informationswert gehabt.
11c.
12Die Beklagte hat auch keine mietvertraglichen Verkehrssicherungspflichten verletzt, indem sie es unterließ, im Bereich der Dachfläche, die sich über den Stellplätzen befand, ein Schutzgitter anzubringen. Eine Haftung wegen Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 535 ff. BGB scheidet deshalb ebenfalls aus. Zwar trifft einen Vermieter grundsätzlich die nebenvertragliche Pflicht, Störungen des Mieters und Beschädigungen der von diesem eingebrachten Sachen zu unterlassen (Fürsorgepflicht; vgl. BGH NJW 2009, 142 f.; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearbeitung 2011, § 535 Rn. 82 m.w.N.). Hiervon umfasst ist ganz allgemein die Pflicht des Vermieters, dafür zu sorgen, dass der Mieter von der Mietsache den vertragsgemäßen Gebrauch machen kann und nicht ohne Grund geschädigt oder gestört wird (Staudinger/Emmerich, a.a.O.). Sie stellt einen Unterfall sowohl der allgemeinen Überlassungs- und Erhaltungspflicht als auch der Verkehrssicherungspflicht des Vermieters dar (Schmidt/Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, § 535 Rn. 91 m.w.N.). Hier kann nichts anderes gelten als für die Verkehrssicherungspflicht im Deliktsrecht. Im Rahmen dieser Pflicht war die Beklagte indes nicht gehalten, oberhalb der Stellplätze am Dach ein Schutzgitter anzubringen.
13Grundsätzlich kann ein Hauseigentümer nur dann aus einem Unterlassen in Anspruch genommen werden, wenn er die Rechtspflicht hatte, einen durch Schnee- oder Eissturz entstehenden Schaden abzuwenden (BGH VersR 1955, 82; OLG Jena WuM 2007, 138 f.; AG Hannover, a.a.O.). Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung muss der Hauseigentümer nur bei besonderen Umständen Schutzmaßnahmen gegen die durch den Schnee verursachte Gefahr treffen (BGH VersR 1955, 82; OLG Jena, a.a.O.; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1463; OLG Dresden OLG-Report 1997, 121; OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 1404; OLG Köln VersR 1988, 1244). Bei der Beurteilung dessen ist auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen.
14Eine Ortssatzung oder baurechtliche Vorschriften, die dieses vorschreiben würden, werden vom Kläger nicht genannt, sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Für die Frage der Erforderlichkeit von Schneeschutzvorrichtungen ist jedoch wesentlich auf das Kriterium der Ortsüblichkeit abzustellen (vgl. OLG Naumburg NJW-RR 2011, 1535 f.; OLG Jena a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O., OLG Karlsruhe NJW 1983, 2946; OLG Köln, a.a.O.; OLG Saarbrücken VersR 1985, 299; OLG Stuttgart MDR 1983, 316; OLG Zweibrücken OLG-Report 2000, 7). Dem Vorbringen des Klägers ist nichts dazu zu entnehmen, dass Schneefanggitter auf Dächern in Wuppertal üblich sind. Auch dem Senat ist derartiges nicht bekannt. Fehlt indes die allgemeine Üblichkeit, so stellt es keinen Pflichtenverstoß dar, wenn entsprechende Schutzmaßnahmen fehlen (OLG Naumburg NJW-RR 2011, 1535 f.; OLG Jena, NJW-RR 2009, 168). Vielmehr ist es Aufgabe eines jeden, sich selbst vor solchen Gefahren zu schützen. Eine Rechtspflicht entsteht erst dann, wenn besondere Umstände Sicherungsmaßnahmen zum Schutze der Mieter oder Dritter gebieten. Solche können nach der allgemeinen Schneelage des Ortes, der Beschaffenheit und Lage des Gebäudes, den konkreten Schneeverhältnissen und der Art und des Umfangs des gefährdeten Verkehrs ergeben (vgl. OLG Hamm NJW-RR 2003, 1463 f.; OLG Dresden, r+s 1997, 369). Auch diese Kriterien führen jedoch nicht zu einer Verpflichtung der Beklagten zur Anbringung von Schutzgittern. Die allgemeine Schneelage in Wuppertal erfordert dies nicht. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren darauf verweist, dass Wuppertal aufgrund der eingetretenen Klimaveränderungen nicht mehr zu den schneeärmeren Regionen Deutschlands zähle, so folgt der Senat dem nicht. An der Schneearmut der Region um Wuppertal (vgl. insoweit auch OLG Düsseldorf, OLGR Düsseldorf 1993, 131) hat sich nichts dadurch geändert, dass in Deutschland (und nicht nur in Wuppertal) nacheinander zwei Winter folgten (2009/2010 und 2010/2011), die mehr Schneefälle als im Durchschnitt vieler Jahre aufwiesen. Vielmehr gehört Wuppertal nach wie vor zur Schneelastzone 1. In diesen Gebieten sind deutschlandweit die geringsten Schneefälle zu verzeichnen (vgl. http://www.schneelast.info/snowzones).
15Auch die Dachneigung des Hauses der Beklagten erfordert eine Schutzvorrichtung nicht. Schon auf den Fotos, die der Kläger vorgelegt hat, ist zu erkennen und mit Hilfe eines Geodreiecks nachzumessen, dass die Neigung keinesfalls einen Winkel von 45 Grad oder mehr aufweist. Vielmehr ist die Neigung deutlich geringer. Auch deshalb ist grundsätzlich keine Schutzvorrichtung gegen Schnee erforderlich.
16Etwas Gegenteiliges folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte – aus welchen Gründen auch immer – auf der Dachfläche über dem Hauseingang ein Schneefanggitter angebracht hat. Hier ist sie überobligatorisch tätig geworden. Das verpflichtet sie jedoch nicht dazu, die gesamte Dachfläche in dieser Weise zu gestalten. Soweit der Kläger meint, durch diese Anbringung habe sie die Gefahr erhöht, dass in benachbarten Bereichen des Daches Schneelawinen abgingen, ist dies nicht nachvollziehbar. Die sich auf einem Dach sammelnde Schneemasse wird nur durch die Menge der Niederschläge beeinflusst und nicht durch den Umstand, ob Schutzgitter angebracht sind oder nicht.
172.
18Auch Ansprüche aus deliktischer Haftung bestehen nicht.
19a.
20Eine Haftung aus § 836 BGB kommt nicht in Betracht, da diese Bestimmung auf Dachlawinen keine Anwendung findet (BGH VersR 1955, 82; OLG Jena WuM 2007, 138 f.; OLG Hamm NJW-RR 2003, 1463; OLG Hamm NJW-RR 1987, 412; OLG Stuttgart MDR 1983, 316).
21b.
22Des Weiteren scheidet eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 1 BGB aus. Sie hat keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Insoweit darf auf die obigen Ausführungen I. 1. c. verwiesen werden. Die aus Deliktsrecht folgende Verkehrssicherungspflicht eines Grundstückseigentümers geht nicht weiter als diejenige aus einem Mietvertrag im Rahmen der "Fürsorgepflicht".
23c.
24Eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Öffentlich-rechtliche Schutzgesetze, gegen die die Beklagte verstoßen haben könnte, sind nicht ersichtlich. Wie bereits ausgeführt, ist es in Wuppertal ordnungsbehördlich nicht vorgeschrieben, zum Schutz gegen herabfallenden Schnee und Eis bauliche Vorrichtungen (Schneefanggitter) anzubringen. Soweit § 7 der Wuppertaler Straßenordnung vom 15. Dezember 2000 vorsieht, dass gefährlicher Schneeüberhang sowie Eiszapfen an Gebäuden unverzüglich zu entfernen sind, sofern dies möglich ist, andernfalls der Ordnungspflichtige den Gefahrenbereich abzusperren hat, folgt daraus nichts anderes. Dass sich derartige Gefahren im Streitfall verwirklicht haben, lässt das Vorbringen des Klägers, der allein auf eine "Dachlawine" abgestellt hat, nicht erkennen. Insbesondere ist nicht vorgetragen und auch nichts dafür ersichtlich, dass dieser ein für die Beklagte erkennbarer Schneeüberhang am Dach vorausgegangen war.
25II.
26Die weiteren in § 522 Abs. 2 Nrn. 2, 3 und 4 ZPO genannten Voraussetzungen liegen ebenfalls vor.
27Der Senat weist darauf hin, dass die Rücknahme der Berufung vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an (OLG Brandenburg MDR 2009, 1363 = AGS 2009, 553 f.; Senat ZIP 2010, 1852 f.).
28Düsseldorf, den 17. Februar 2012
29Oberlandesgericht, 24. Zivilsenat