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Oberlandesgericht Düsseldorf, I-23 U 112/11

Datum:
23.10.2012
Gericht:
Oberlandesgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
23. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
I-23 U 112/11
ECLI:
ECLI:DE:OLGD:2012:1023.I23U112.11.00
 
Vorinstanz:
Landgericht Düsseldorf, 14e O 56/10
Leitsätze:

L e i t s ä t z e

1. Sieht die Abnahmeklausel in den AGB eines Bauträgervertrages vor, dass der Erwerber unwiderruflich eine bestimmte Person (insbesondere den Erstverwalter) bevollmächtigen muss bzw. darin bereits tatsächlich bevollmächtigt, ist sie unwirksam. Eine solche "verdrängende" Abnahmeklausel greift in das originäre Abnahmerecht des Erwerbers ein, weil er ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes, der auch zum Widerruf einer an sich unwiderruflichen Vollmacht berechtigt, faktisch keine Möglichkeit hat, eine Abnahme durch den vorab notarvertraglich bevollmächtigten Verwalter zu verhindern.

2. Eine Abnahmevollmacht muss daher zwangsläufig widerruflich erteilt werden. Um dem Erwerber nicht zu suggerieren, dass nur der bevollmächtigte Verwalter abnehmen darf, muss die Klausel i.S. des Transparenzgebots gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zusätzlich ausdrücklich klarstellen, dass die Vollmacht nicht nur frei widerruflich ist, sondern der Erwerber jederzeit auch selbst die Abnahme erklären (bzw. verweigern) kann.

3. In einer als AGB vorformulierten Abnahmeklausel kann jedenfalls nur eine Person mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums betraut werden, die nicht aus dem potentiellen Lager des Bauträgers stammt, d.h. neutral ist. Damit scheiden regelmäßig ein vom Bauträger bestellter oder gar mit ihm personenidentischer bzw. von ihm abhängiger Erstverwalter als taugliche Abnahmeperson aus.

4. Welchen Schallschutz die Parteien eines Vertrages über den Erwerb eines Bauwerks (hier: "Reihenhaus") vereinbart haben, richtet sich in erster Linie nach der im Vertrag getroffenen Vereinbarung, wobei die im Vertrag zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen von der Qualität des Schallschutzes (d.h. der Beeinträchtigung durch Geräusche) maßgeblich sind. Dabei ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, in die nicht nur der Vertragstext einzubeziehen ist, sondern bei der auch die erläuternden und präzisierenden Erklärungen der Vertragsparteien, die sonstigen vertragsbegleitenden Umstände, die konkreten Verhältnisse des Bauwerks und seines Umfeldes, der qualitative Zuschnitt, der architektonische Anspruch sowie die Zweckbestimmung des Gebäudes zu berücksichtigen sind.

5. Für die Beurteilung des notwendigen Schallschutzes kommt es grundsätzlich nicht auf die Rechtsform des Objekts an (Realteilung bzw. eigenes Grundbuchblatt oder Wohnungseigentum), sondern auf die vertragliche Sollbeschaffenheit bzw. die bautechnischen Gegebenheiten.

 
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 14e. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 04. August 2011 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihres Verwalters  261.580,18 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2010 zu zahlen.

2.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die darüber hinausgehenden Aufwendungen zu erstatten, die dieser entstehen für die Beseitigung der vom Sachverständigen M im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens LG Düsseldorf 14 e OH 9/98 in den Gutachten vom 08.04.2008 und 04.12.2009 festgestellten Mängel der Eigentumswohnanlage H in D betreffend die Beseitigung der Dachundichtigkeiten an den Häusern sowie bei den Häusern die Herstellung eines Luftschallschutzes von mindestens 63 dB und eines Trittschallschutzes von weniger als 42 dB (einschließlich der Mehrwertsteuer auf vom Sachverständigen M insoweit mit 102.276,00 EUR netto bezifferten Mängelbeseitigungskosten) mit der Maßgabe, dass die Beklagte, für den Fall, dass die Nachbesserungsarbeiten nicht zu einer vollständigen Beseitigung der Mängel geführt haben, zur Zahlung einer angemessenen Minderung verpflichtet ist.

3.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

4.a.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 5 % und die Beklagte zu 95 %. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens trägt die Beklagte in vollem Umfang.

b.

Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte in vollem Umfang.

5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beide Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreck-baren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Voll-streckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

              Die Revision wird nicht zugelassen.

 
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