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Bei fortbestehenden ehebedingten Nachteilen ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts regelmäßig nicht auszusprechen, kommt jedoch unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht (Anschluss an BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09).
Außergewöhnliche Umstände können gegeben sein, wenn der Unterhaltspflichtige durch die nacheheliche Betreuung gemeinsamer Kinder in seiner beruflichen Entwicklung eingeschränkt ist. Hier kann die Befristung eines Unterhaltsanspruchs trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile auf Seiten des Unterhaltsberechtigten rechtfertigen, weil die fehlgeschlagene Lebensplanung bei beiden Ehegatten zu beruflichen Nachteilen geführt hat.
I. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 15.12.2011 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 15.12.2011 im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird unter Zurückweisung des weitergehenden Unterhaltsantrags verpflichtet, beginnend am 01.05.2012 und befristet bis zum 31.03.2015 an die Antragsgegnerin einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 728 €, davon 132 € Altersvorsorgeunterhalt, jeweils bis zum dritten Werktag eines jeden Monats zu zahlen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller 18 % und die Antragsgegnerin 82 %. Hinsichtlich der erstinstanzlichen Kosten bleibt es bei der Entscheidung des Amtsgerichts.
IV. Die sofortige Wirksamkeit wird angeordnet.
V. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 27.072 € festgesetzt. Hiervon entfallen 18.744 € auf die Beschwerde des Antragstellers und 8.328 € auf die Beschwerde der Antragsgegnerin.
Gründe:
2I.
3Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 09.05.1997 die Ehe miteinander geschlossen, leben seit dem 15.03.2009 voneinander getrennt und sind durch den Verbundbeschluss des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 15.12.2011, der bezüglich Scheidung und Versorgungsausgleich seit dem 24.04.2012 rechtskräftig ist, geschieden worden. Die Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin bis einschließlich April 2012 haben die Beteiligten im Verfahren II-8 UF 17/12 durch Vergleich geregelt.
4Die Beteiligten sind die Eltern der Kinder T., geboren am ...1994, A., geboren am ...1997, und L., geboren am ...2001. T. und A. leben im Haushalt des Antragstellers; L. lebt im Haushalt der Antragsgegnerin.
5Der Antragsteller ist Diplom-Ingenieur für Maschinenbau. Er ist bei der Firma S. beschäftigt.
6Die Antragsgegnerin ist Volljuristin. Sie hat ihr Studium der Rechtswissenschaften im Wintersemester 1986/87 aufgenommen und die erste juristische Staatsprüfung am 8.03.1993 mit der Note voll befriedigend (9,84 Punkte) bestanden. Während des Referendariats wurde der Sohn T. geboren. Nach der Geburt setzte die Antragsgegnerin mit Unterstützung des Antragstellers und einer Kinderfrau ihre Ausbildung fort und legte die zweite juristische Staatsprüfung am 6.08.1996 mit der Note befriedigend (8,62 Punkte) ab. Danach widmete sich die Antragsgegnerin der Kinderbetreuung und Haushaltsführung und war während des weiteren Zusammenlebens nicht mehr berufstätig. Am 15.04.2010 – rund 14 Monate nach der Trennung – nahm sie eine Halbtagsbeschäftigung bei der Firma R. GmbH in M. auf. Das Arbeitsverhältnis endete am 31.12.2011 durch die Kündigung des Arbeitgebers. Im Januar 2012 war die Antragsgegnerin arbeitslos. Seit dem 01.02.2012 übt sie eine Halbtagsbeschäftigung als Syndikat-Anwältin für die Firma B. GmbH aus. In den Monaten Februar bis Mai 2012 sind 39 Überstunden angefallen, die durch Freizeitausgleich abgegolten werden sollen. Eine zeitliche Ausweitung des Beschäftigungsverhältnisses ist der Antragsgegnerin in Aussicht gestellt worden.
7Das Amtsgericht hat den Antragsteller befristet bis März 2015 zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von 1.562 €, davon 345 € Altersvorsorgeunterhalt, verpflichtet.
8Diese Entscheidung greifen beide Beteiligten mit der Beschwerde an.
9Die Antragsgegnerin rügt, dass das Amtsgericht das Einkommen des Antragstellers zu gering bemessen habe.
10Ihr selber könne nur ihr tatsächliches aus einer Halbtagstätigkeit erzieltes Einkommen zugerechnet werden, da sie wegen der Betreuung der bei ihr lebenden Tochter zur Ausweitung ihrer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage sei. Die Tochter L. werde im Sommer auf das Gymnasium wechseln, obwohl sie nur eine Realschulempfehlung habe. Das Kind benötige deshalb viel Unterstützung.
11Auch Zinseinkünfte erziele sie nicht in der vom Amtsgericht zugerechneten Höhe. Ihre Unterhaltsverpflichtung gegenüber den beim Antragsteller lebenden Kindern dürfe nur in der von ihr freigegebenen Höhe mit ihrem nachehelichen Unterhaltsanspruch verrechnet werden.
12Darüber hinaus wendet sich die Antragsgegnerin gegen die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruchs. Sie ist der Auffassung, dass sie durch die ehebedingte Unterbrechung ihrer Erwerbstätigkeit Nachteile erlitten habe, die sie in ihrem weiteren Berufsleben nicht mehr ausgleichen könne.
13Ohne die ehebedingte Erwerbspause könne sie heute ein Nettoeinkommen zwischen 4.000 und 5.000 € erzielen.
14Die Antragsgegnerin beantragt zuletzt,
15den Beschluss des Familiengerichts vom 15.12.2011 unter Ziffer 3) zu ändern und den Antragsteller zu verpflichten, an sie ab Mai 2012 unbefristet einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 2.256,00 €, davon 531,00 € Altersvorsorgeunterhalt, jeweils zum dritten Werktag eines jeden Monats im Voraus zu zahlen.
16Der Antragsteller beantragt,
17den Beschluss des Amtsgerichts vom 15.12.2011 dahingehend abzuändern, dass ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Nachscheidungsunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung nicht mehr besteht.
18Beide Beteiligten beantragen zudem, die Beschwerde der Gegenseite zurückzuweisen.
19Der Antragsteller ist der Auffassung, dass der Antragsgegnerin bereits dem Grunde nach kein nachehelicher Unterhalt zustehe, weil sie bereits eine angemessene Tätigkeit ausübe. Zudem habe sie während der Ehe ihren Beruf nicht ausüben wollen und keine Bewerbungsbemühungen entfaltet. Die Erwerbsabstinenz während der Ehe sei deshalb kein ehebedingter Nachteil. Sie habe im Gegenteil bei der Vermögensauseinandersetzung einen Betrag von insgesamt 130.000 € erhalten und damit sogar finanzielle Vorteile aus der Ehe gezogen. Bei der Ermittlung des Bedarfs sei nicht auf die ehelichen Lebensverhältnisse, sondern auf die fiktive Situation der Antragsgegnerin ohne die Eheschließung abzustellen. Durch die Betreuung der Kinder T. und A. sei er – der Antragsteller – örtlich gebunden und könne bei seinem Arbeitgeber keine Aufgaben übernehmen, die mit transatlantischer Verantwortung verbunden seien.
20II.
211.Die Beschwerde des Antragstellers hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg, weil das Amtsgericht die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers zu hoch bemessen hat.
22Der eheangemessene Elementarbedarf der Antragsgegnerin ist nur in Höhe der sog. relativen Sättigungsgrenze mit 2.200 € anzusetzen. Einen darüber hinaus gehenden konkreten Bedarf hat die Antragsgegnerin nicht substantiiert dargetan. Zwar beziffert und berechnet sie ihren konkreten Bedarf mit 3.961,25 €. Bereits aufgrund der Einnahmesituation der Familie ist aber nicht ersichtlich, dass ausreichende Einkünfte für die Deckung eines über der Sättigungsgrenze liegenden Bedarfs überhaupt zur Verfügung standen. Das durchschnittliche Einkommen des Antragstellers lag in den Jahren 2005 bis 2007 einschließlich Steuererstattung bei knapp 5.500 €. Das Jahr 2008 – das letzte Jahr vor der Trennung – hat der Senat in diese Betrachtung nicht einbezogen, weil der Antragsteller hier krankheitsbedingt ein geringeres Einkommen erzielte.
23Von dem Einkommen sind noch berufsbedingte Aufwendungen in Abzug zu bringen. Zudem wurden zur möglichst schnellen Rückführung der zur Finanzierung der gemeinsam angeschafften Immobilie aufgenommenen Verbindlichkeiten Sondertilgungen in Höhe von 5.000 € jährlich geleistet. Der für die Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs der fünfköpfigen Familie verbleibende Betrag reichte ersichtlich nicht aus, um einen weit überdurchschnittlichen Lebensstandard zu finanzieren.
24Ein über der relativen Sättigungsgrenze liegender Elementarbedarf kann auch aus der Bedarfsberechnung der Antragsgegnerin, mit der sich diese einen konkreten Bedarf von 3.961,25 € errechnet, nicht abgeleitet werden.
25Die in der Bedarfsberechnung enthaltenen Aufwendungen zur Sicherung und zum Erhalt der Einkünfte (Beiträge zur Rechtsanwaltskammer, Berufshaftpflicht sowie berufsbedingte Fahrten mit dem Auto) erhöhen nicht den Bedarf der Antragsgegnerin, sondern sind als Werbungskosten einkommensmindernd zu berücksichtigen.
26Da die gesamte Familie mit 5 Personen in einer 147 qm großen Wohnung lebte, ist der von der Antragsgegnerin nach der Trennung angesetzte Wohnbedarf für eine 95 qm große Wohnung zu hoch bemessen. Selbst wenn man zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt, dass der Flächenbedarf pro Person bei einer fünfköpfigen Familie geringer ist als bei einer zweiköpfigen Familie, entspricht für die Antragsgegnerin und die Tochter Laura Marie eine Wohnungsgröße von allenfalls 75 qm den ehelichen Lebensverhältnissen. Nach Abzug des auf das Kind entfallenden Wohnbedarfs, der bereits durch den Kindesunterhalt abgedeckt ist, verbleibt für die Antragsgegnerin ein eheangemessener Wohnbedarf von höchstens 800 €.
27Auch die Haushaltskosten hat die Antragsgegnerin zu hoch angesetzt. Eine Haushaltshilfe hat der Familie während des ehelichen Zusammenlebens nicht zur Verfügung gestanden und ist deshalb nicht eheprägend. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die gesamte Familie während des Zusammenlebens mit einem Haushaltsgeld von zuletzt 1.300 € ausgekommen ist. Unter Berücksichtigung dieser Umstände schätzt der Senat die eheangemessenen Haushaltskosten der Antragsgegnerin auf höchstens 500 €.
28Die Position Beratungskosten (rund 233 € pro Monat), mit der die Antragsgegnerin die Kosten für die im Zuge der Trennung und Scheidung erforderliche Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe in Ansatz gebracht haben dürfte, können nicht bedarfsprägend berücksichtigt werden, weil dieser Beratungsbedarf nicht eheprägend war und nicht regelmäßig anfiel. Zudem sind diese Kosten nach dem im Trennungsunterhaltsverfahren ergangenen Beschluss in Höhe von 1.580,04 € vom Antragsteller zu tragen.
29Auch die Position „Rücklage für größere Anschaffungen“ hat die Antragsgegnerin überhöht angesetzt. Nach der Aufstellung des Antragstellers hat die gesamte Familie neben der Rückführung der Verbindlichkeiten allenfalls 800 € pro Monat angespart. Auf die Antragsgegnerin entfällt – wenn man die Rücklagen nach Köpfen aufteilt und die Kinder hälftig berücksichtigt – ein Betrag von 800 € / 3,5 = rund 229 €.
30Zudem beziffert die Antragsgegnerin ihre monatlichen Urlaubskosten mit 450 € und legt die Urlaubskosten während des Zusammenlebens ausführlich dar. Der Ansatz von Urlaubskosten neben der Position „Rücklagen“ ist jedoch nicht unproblematisch, weil die Antragsgegnerin selbst vorträgt, dass „sowohl Reparaturrücklagen als auch Rücklagen für die Urlaube angespart“ worden seien (Schriftsatz vom 12.9.2011, Seite 2). Vor dem Hintergrund, dass die Kosten für Urlaube im eheprägenden Umfang und auf dem eheprägenden Niveau durch die Trennung gestiegen sein dürften, kann der Antragsgegnerin über die Rücklagen hinaus allenfalls noch ein zusätzlicher Betrag von 200 € für Urlaubszwecke bedarfserhöhend zugerechnet werden.
31Die Aufwendungen für die Altersvorsorge sind nicht Bestandteil des Elementarunterhaltsbedarfs der Antragsgegnerin. Ein über 2.200 € liegender konkreter Bedarf ist damit – wie sich aus der nachfolgenden Aufstellung ergibt – nicht ersichtlich:
32Auto | 127,58 € |
Wohnkosten | 800,00 € |
Telefon | 50,00 € |
Haushalt | 500,00 € |
Beratungskosten | 0,00 € |
Bank | 11,17 € |
Versicherungen | 216,37 € |
Urlaub | 200,00 € |
Gesundheit | 8,33 € |
Vereinsbeträge | 3,00 € |
Sparrücklagen, Reparaturen, Neuanschaffungen | 229,00 € |
Summe | 2.145,45 € |
2.
34Den eheangemessen Bedarf könnte die Antragsgegnerin durch das aus einer Vollzeittätigkeit erzielbare Einkommen sowie durch Zinseinkünfte zumindest teilweise decken.
35Das Amtsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin jedenfalls ab Rechtskraft der Scheidung auch neben der Betreuung der Tochter L. eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ausüben kann. Nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs ist der Betreuungsbedarf des Kindes, der für den betreuenden Elternteil die Einschränkung seiner Erwerbstätigkeit erforderlich macht, konkret darzulegen.
36Gemessen an diesen Anforderungen hat die Antragsgegnerin nicht hinreichend dargelegt, dass ihr die Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit neben der Betreuung des bei ihr lebenden Kindes nicht möglich wäre. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass zum einen die Ganztagsbetreuung des Kindes sowohl während der noch bis zum Schuljahresende andauernden Grundschulzeit als auch nach dem Wechsel auf das Gymnasium sichergestellt ist. Zudem wird die Antragsgegnerin durch die großzügigen Umgangszeiten des Antragstellers, der neben dem Wochenendumgang an jedem zweiten Wochenende auch an den Montagen der umgangsfreien Wochen die Betreuung des Kindes übernimmt, erheblich entlastet.
37Unter diesen Gesamtumständen kann es der Antragsgegnerin zugemutet werden, ihrer Tochter auch neben der Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit die notwendige Unterstützung bei der Anfertigung ihrer Hausaufgaben zukommen zu lassen.
38Auch ausreichende Bemühungen um eine vollschichtige Arbeitsstelle hat die Antragsgegnerin nicht dargetan. Ihr muss zwar zu Gute gehalten werden, dass sie in den Monaten Dezember 2011 und Januar 2012 ausreichende Bewerbungsbemühungen gezeigt hat. Diese Bemühungen fallen jedoch zeitlich zusammen mit dem Verlust der Arbeitsstelle bei der Firma R. GmbH. Bemühungen, sich aus dem seit dem 01.02.2012 bestehenden Arbeitsverhältnis heraus auf eine neue, vollschichtige Arbeitsstelle zu bewerben, hat die Antragsgegnerin überhaupt nicht dargetan. Auch ihre Bemühungen in der Zeit bis November 2011 sind quantitativ unzureichend. Die Gesamtsituation vermittelt den Eindruck, dass die Antragsgegnerin mit einer halbschichtigen Erwerbstätigkeit zufrieden ist und eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit nicht mit der erforderlichen Zielstrebigkeit anstrebt.
39Der Senat geht davon aus, dass sich der Antragsgegnerin bei dauerhaft hinreichenden Bemühungen Möglichkeiten zu einer vollschichtigen Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf eröffnet hätten. Auf der Grundlage ihres derzeitigen Einkommens in Höhe von 2.000 € brutto schätzt der Senat das erzielbare Bruttoeinkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit auf 4.000 €. Nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben verbliebe der Antragsgegnerin in Lohnsteuerklasse II mit 1,5 Kinderfreibeträgen ein Nettoeinkommen von rund 2.447 €. Zusätzlich sind – entsprechend der tatsächlich erzielten und belegten Zinseinkünfte – monatliche Kapitalerträge von (gerundet) 165 € bedarfsdeckend einzusetzen. In Abzug zu bringen sind berufsbedingte Aufwendungen, die die Antragsgegnerin in Höhe von 316 € konkret beziffert, sowie die Kosten für eine Kinderbetreuung, die der Senat mit 400 € in gleicher Höhe wie beim Antragsteller in Abzug bringt. Es verbleibt ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.896 €.
40Dieses Nettoeinkommen ist noch um den Kindesunterhalt für die im Haushalt des Antragstellers lebenden Kinder zu bereinigen. Den Kindesunterhalt bringt der Senat – der Rüge der Antragsgegnerin entsprechend – nur mit 145 € pro Kind in Abzug, da sich die Antragsgegnerin nur Kindesunterhalt in dieser Höhe auf ihren eigenen Unterhaltsanspruch anrechnen lässt und auch ansonsten keine weitergehenden Zahlungen erbringt.
41Zudem ist der Anteil der Antragsgegnerin am Mehrbedarf des Kindes L., den das Amtsgericht mit 2 € berechnet hat, in Abzug zu bringen.
42Es verbleibt ein Einkommen in Höhe von
432.447 € + 165 € - 316 € - 400 € - 2 x 145 € - 2 € = 1.604 €
44und ein ungedeckter Bedarf in Höhe von 2.200 € - 1.604 € = 596 €.
45Um in Höhe des zusätzlichen Elementarbedarfs angemessen Altersvorsorge betreiben zu können, wird ein monatlicher Vorsorgeunterhaltsbetrag in Höhe von
46596 € x 113 % x 19,6 % = (gerundet) 132 €
47benötigt. Insgesamt errechnet sich ein Unterhaltsbedarf in Höhe von 728 €.
483.
49Die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung des Unterhaltsanspruchs bis März 2015 erscheint auch dem Senat im Ergebnis angemessen.
50Ein Unterhaltsanspruch ist gem. § 1578b Abs. 2 BGB zu befristen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen.
51Zwar geht der Senat davon aus, dass die Rollenverteilung in der Ehe bei der Antragsgegnerin zu beruflichen Nachteilen geführt hat, die auch über den Zeitraum der vom Amtsgericht vorgenommenen Befristung hinaus fortwirken können. Die vorgenommene Befristung entspricht gleichwohl der Billigkeit, weil auch der Antragsteller aufgrund der nachehelichen Betreuung der Kinder T. und A. Einschränkungen in seinen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten hinnehmen muss.
52a)
53Ehebedingte Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
54Vorliegend hat die Antragsgegnerin ihr erstes Kind noch vor der Eheschließung zur Welt gebracht. Sie hat nach der Geburt des Kindes mit Unterstützung des Antragstellers ihre Ausbildung fortgesetzt, die zweite juristische Staatsprüfung erfolgreich abgelegt und war anschließend fast 14 Jahre nicht erwerbstätig.
55Aus den Belastungen durch die Schwangerschaft und Geburt während der Ausbildung und der Erwerbspause bis zur Eheschließung können bei dieser Sachlage zwar keine ehebedingten Nachteile hergeleitet werden, weil diese Ereignisse nicht in die Ehezeit fallen. Die Fortsetzung der Erwerbspause nach der Eheschließung wegen der Betreuung des ersten Kindes und der beiden weiteren, während der Ehe geborenen Kinder kann jedoch zu unterhaltsrelevanten berufsbedingten Nachteilen führen (BGH, Urteil vom 7.3.2012, Az. XII ZR 25/10).
56Ob die Erwerbspause während des ehelichen Zusammenlebens gegen den Willen des Antragstellers erfolgte, ist dabei nicht von Bedeutung. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen; ob mangelndes Interesse der Antragsgegnerin an einem beruflichen Wiedereinstieg mitursächlich für die tatsächliche Ausgestaltung der ehelichen Rollenverteilung war, spielt nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Rolle (BGH, Urteil vom 20.10.2010, Az. XII ZR 53/09; FamRZ 2010, 2059 m.w.N).
57b)
58Ein ehebedingter Nachteil liegt jedoch nur dann vor, wenn die Ehegestaltung ursächlich zu einem Erwerbsnachteil geführt hat. Die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtbestehen solchen Nachteils trägt der Antragsteller. Die Antragsgegnerin trifft jedoch eine sekundäre Beweislast; sie muss der Behauptung des Antragstellers, dass sie keine ehebedingten Nachteile erlitten habe, substantiiert entgegentreten (BGH, Urteil vom 24.3.2010, Az. XII ZR 175/08, ständige Rechtsprechung).
59c)
60Auf der Grundlage des Vortrags der Antragsgegnerin sowie des weiteren Akteninhalts geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin ehebedingt eine Einkommenseinbuße hinnehmen muss, aber die vom Amtsgericht vorgenommene Befristung aufgrund besonderer Umstände gleichwohl der Billigkeit entspricht.
61(1)
62Mit ihrer Behauptung, sie hätte bei durchgehender Erwerbstätigkeit 4.000 € bis 5.000 € netto erzielen können, genügt die Antragstellerin ihrer Darlegungslast nicht, da ihrem Vortrag insoweit jede Substanz fehlt.
63Auch der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Artikel aus der Süddeutschen Zeitung vom 03.05.2007 über die Verdienstmöglichkeiten von Volljuristen im Anwaltsberuf bildet keine taugliche Schätzungsgrundlage.
64Nach dem Inhalt des Artikels schwanken die Einstiegsgehälter zwischen unter 20.000 € und 52.000 € brutto pro Jahr. Die erzielbare Höhe hängt neben der Examensnote sehr stark vom Einsatzort und dem Tätigkeitsfeld des Absolventen ab, wobei eine frühe Spezialisierung bereits während des Studiums oder des Referendariats den Einstieg erleichtert. Eine tragfähige Abschätzung der Verdienstmöglichkeiten der Antragsgegnerin, die nach ihren Angaben bei Abschluss ihrer Ausbildung noch keine praktischen Erfahrungen gesammelt und eine konkrete Vorstellung über den Fortgang ihrer beruflichen Entwicklung noch nicht gebildet hatte, ist aufgrund der in dem Artikel genannten Kriterien nicht möglich, zumal der Senat auch nicht abschätzen kann, wie groß die örtliche Flexibilität der Antragsgegnerin ohne die Eheschließung gewesen wäre.
65(2)
66Die erfolgreiche berufliche Entwicklung nach der Trennung und die in den Abschlussprüfungen gezeigte Leistung, die bei der ersten Staatsprüfung über den durchschnittlichen Anforderungen lag und bei der zweiten Staatsprüfung den durchschnittlichen Anforderungen in jeder Hinsicht entsprach, lassen jedoch keinen Raum für vernünftige Zweifel, dass sich die Antragsgegnerin ohne die Eheschließung jedenfalls eine ihrer Qualifikation entsprechende berufliche Position mit durchschnittlichem Einkommen hätte erarbeiten können.
67In ihrer derzeitigen Tätigkeit erzielt die Antragsgegnerin bereits ein Einkommen, das dem Tariflohn der Einkommensstufe 4 der Tarifgruppe TVöD 13 oder der Einkommensstufe 3 der Tarifgruppe TVöD 14 entspricht.
68Ohne die in die Ehezeit fallende Erwerbspause hätte sich nach Einschätzung des Senats bei einer durchschnittlich verlaufenden beruflichen Entwicklung die dann größere berufliche Erfahrung auch in einem höheren Einkommen niedergeschlagen. Die Antragsgegnerin hat deshalb einen derzeit noch fortwirkenden ehebedingten Nachteil, der sich – sofern sie ihre Erwerbsobliegenheit erfüllt – in den nächsten Jahren jedoch sukzessive verringern wird, weil die zunehmende berufliche Erfahrung nur bis zu einer bestimmten Grenze durch ein höheres Einkommen honoriert wird.
69Dass die Antragsgegnerin bereits bei Ablauf der Befristung den ehebedingten Nachteil ausgeglichen haben kann, erscheint jedoch nicht sicher.
70d)
71Trotzdem entspricht die vorgenommene Befristung der Billigkeit.
72Bei bestehenden ehebedingten Nachteilen ist eine Befristung des nachehelichen Unterhalts zwar regelmäßig nicht auszusprechen. Eine Befristung trotz fortbestehender ehebedingter Nachteile kommt jedoch unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht (so BGH, Urteil vom 2. Februar 2011 - XII ZR 11/09).
73Solche außergewöhnlichen Umstände sind vorliegend gegeben.
74Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Antragsteller durch die Betreuung und Versorgung der Kinder T. und A. sowie durch die "Montagsbetreuung" von L. nachehelich einen gewichtigen Teil der gemeinsamen Elternverantwortung trägt. Hierdurch ist er örtlich gebunden und deshalb mindestens bis Ende 2015 daran gehindert, eine berufliche Position, die mit "transatlantischer Verantwortung" verbunden ist, zu übernehmen.
75Bei dieser Sachlage kann und muss der Antragsgegnerin zugemutet werden, teilweise auf den Ausgleich ihrer ehebedingten beruflichen Nachteile zu verzichten, weil so die aus der fehlgeschlagenen gemeinsamen Lebensplanung wechselseitig resultierenden Nachteile angemessen ausgeglichen werden.
76e)
77Den Befristungszeitpunkt hat das Amtsgericht angemessen gewählt.
78Bei der Billigkeitsabwägung ist das im Einzelfall gebotene Maß der nachehelichen Solidarität festzulegen, wobei insbesondere die in § 1578b BGB genannten Kriterien zu berücksichtigen sind.
79Vorliegend haben die Beteiligten eine Alleinverdienerehe geführt, deren Dauer im mittleren Bereich anzusiedeln ist. Die Antragsgegnerin hat im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung bereits einen erheblichen Geldbetrag von 130.000 €, der ihr Anfangsvermögen (rund 44.615 €) deutlich überstieg, vereinnahmt. Während der mehr als drei Jahre andauernden Trennungszeit ist der Antragsteller durch erhebliche Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Antragsgegnerin bereits stark belastet worden.
80Unter Berücksichtigung dieser Umstände und der vorstehend dargestellten gewichtigen Beteiligung des Antragstellers bei der Wahrnehmung der nachehelichen Elternverantwortung erscheint die mit fast drei Jahren bemessene Befristungsdauer angemessen. Ein hierüber hinausgehender Unterhaltsanspruch wäre unbillig im Sinne des § 1578 b BGB.
81Aber auch die vom Antragsteller angestrebte zeitnähere Befristung wäre im Hinblick auf die geschuldete nacheheliche Solidarität nicht angemessen.
824.
83Die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der diese eine Erhöhung des erstinstanzlich festgesetzten Unterhaltsbetrages und den Wegfall der Unterhaltsbefristung anstrebt, ist aus den vorstehenden Gründen nicht erfolgreich.
845.Die Nebenkostenentscheidungen beruhen auf §§ 150, 243, 116 Abs. 3 FamFG.
85Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Eine Rechtsmittelbelehrung ist deshalb nicht zu erteilen.