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Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 30. April 2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 6.161,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2008 aus 2.056,38 € und aus 4.104,64 € seit dem 18.12.2008 jeweils bis zum 22.05.2009, danach, ab dem 23.05.2009, jeweils Zinsen in Höhe von 8,74 % sowie Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 603,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.12.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
2I.
3Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Pkw VW Golf in der Nacht vom 08.06. auf den 09.06.2008.
4Der Kläger hatte sein Fahrzeug in seiner, sich innerhalb einer Reihe von Fertiggaragen befindlichen, Einzelgarage vor seinem Wohnhaus in der XXX- Straße in XXX abgestellt. Zwei Garagen daneben befand sich die Garage der Beklagten zu 1. Diese stellte am Abend des 08.06.2008 ihren bei der Beklagten zu 1. haftpflichtversicherten Pkw BMW rückwärts in ihrer Garage ab, an deren rückwärtiges Ende sie eine Matte/Matratze abgestellt hatte, um bei einem möglichen Touchieren der Rückwand beim Einparken den Pkw nicht zu beschädigen. Gegen 2.00 Uhr morgens kam es zu einem Brand im Bereich der Rückwand der Garage der Beklagten zu 1. Ein Feuerwehrmann der Stadt XXX lief über die Dächer der an die Garage der Beklagten zu 1. angrenzenden Garagen und brach in das Dach der Garage des Klägers ein, wo er auf den abgestellten Pkw VW Golf des Klägers stürzte und diesen beschädigte.
5Der Kläger hat behauptet, dass Auslöser des Brandes der heiße Auspuff des Pkw BMW der Beklagten zu 1. gewesen sei. Dieser sei mit der Matratze in Berührung gekommen und habe diese in Brand gesetzt. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 1. habe fahrlässig gehandelt und verlangt Ersatz seines Fahrzeugschadens sowie weiterer Positionen. Wegen der Schadensberechnung im Einzelnen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
6Der Kläger hat beantragt,
7die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 6.161,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2008 sowie Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 693,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8Die Beklagten haben beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie haben ein Verschulden der Beklagten zu 1 bestritten und ferner die Auffassung vertreten, dass auch eine Haftung aus § 7 StVG nicht bestehe. Zudem haben sie geltend gemacht, dass dem Feuerwehrmann der Stadt XXX ein Fehlverhalten vorzuwerfen sei, der von Anwohnern vor Betreten des Daches auf die Einsturzgefahr hingewiesen worden sei.
11Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus § 7 StVG bestehe nicht. Der Brand sei nicht bei dem Betrieb des BMW der Beklagten zu 1. entstanden. Zwar sei der Begriff "bei dem Betrieb" weit zu fassen. Erforderlich sei aber jedenfalls ein naher zeitlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang des Kfz. Dieser könne nicht festgestellt werden. Der Pkw BMW habe sich zum Zeitpunkt, zu dem das Feuer ausgebrochen sei, nicht mehr in Betrieb befunden, sondern sei abgestellt gewesen. Zudem ende der Betrieb eines Kfz gemäß § 7 StVG jedenfalls dann, wenn das Fahrzeug - wie hier - außerhalb des öffentlichen Verkehrsbereichs in der privaten Garage abgestellt werde. Auch ein Anspruch aus § 823 BGB bestehe nicht. Ein Verschulden der Beklagten zu 1. könne nicht festgestellt werden, da nicht mehr hinreichend sicher feststellbar sei, wie es zu dem Brand gekommen sei. Bei den strafrechtlichen Ermittlungen sei festgestellt worden, dass die Brandentstehung nicht vorhersehbar gewesen sei. Die konkrete Brandursache könne heute auch durch Sachverständigengutachten nicht mehr ermittelt werden. Zudem bestünden Bedenken, ob das weitere Geschehen zu dem Kausalverlauf gehöre, für den die Beklagte einzustehen habe, auch unter der Voraussetzung, dass sie den Brand zumindest zurechenbar fahrlässig verursacht hat.
12Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner zulässigen Berufung, mit der er im Wesentlichen sein ursprüngliches Klageziel weiter verfolgt. Er hält die rechtliche Wertung des Landgerichts zu § 7 StVG und § 823 BGB für fehlerhaft.
13Der Kläger beantragt,
14unter Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 6.161,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2008 bis zum 22.05.2009 und ab dem 23.05.2009 Zinsen in Höhe von 8,74 % sowie Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 693,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2008 zu zahlen.
15Die Beklagten beantragen,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Sie machen geltend, dass der Brand für die Beklagte zu 1. nicht vorhersehbar gewesen sei. In der BRD werde eine Vielzahl von Pkw auf diese Art und Weise in Garagen abgestellt, um Anstoßbeschädigungen beim Einparken zu vermeiden. Es habe sich auch nicht um eine Matratze gehandelt, sondern entsprechend einer Iso-Matte vergleichbares Material.
18Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie die in dem Rechtsstreit gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
19II.
20Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend begründet.
21Der Kläger kann von den Beklagten seinen unfallbedingten Schaden in der zuerkannten Höhe aus §§ 7 Abs.1 StVG, 115 VVG ersetzt verlangen.
221.
23Der Pkw VW Golf des Klägers ist bei dem Betrieb des Pkw BMW der Beklagten zu 1. im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG beschädigt worden ist.
24a.
25Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst alle durch den Kfz-Verkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kfz mitgeprägt worden ist (vgl. BGH NJW-RR 2008, 764 unter Hinweis auf BGHZ 105, 65; 107, 359; 115, 84; VersR 2005, 566; VersR 2005, 992). Eine Berührung mit dem Kfz ist nicht erforderlich (BGH NJW 1988, 2802). Diese Auslegung des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" entspricht dem weiten Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG und findet darin ihre innere Rechtfertigung. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist sozusagen der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz – erlaubter Weise – eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahren verwirklicht haben.
26Dies ist vorliegend der Fall. Denn der Brand in der Garage ist durch den infolge des Betriebes des Pkw BMW im Straßenverkehr erhitzten Auspuffrohres entstanden und damit durch eine von dem Kfz selbst ausgehende Gefahr. Dies belegt zur Überzeugung des Senats der polizeiliche Brandbefundbericht (Bl. 6 BA), wonach sich "aufgrund der vorhandenen Hitze des Auspuffrohres des Fahrzeugs der Beklagten zu 1. ein Wärmestau gebildet hat, der letztlich zu dem Brand geführt hat".
27Der Umstand, dass der Pkw der Beklagten zu 1. in ihrer Privatgarage abgestellt war, steht der Wertung, dass sich der Unfall bei dem Betrieb des Fahrzeuges i.S. d. § 7 Abs. 1 StVG ereignet hat, nicht entgegen. Zwar wird in der Rechtsprechung vereinzelt die Auffassung vertreten, dass der Betrieb eines Fahrzeuges beendet sei, wenn es an einem Ort außerhalb des allgemeinen Verkehrs abgestellt werde (OLG München NZV 1996, 199: private Tiefgarage; OLG Nürnberg NZV 1997, 482; OLG Hamm NZV 1999, 469; OLG Karlsruhe NJW 2005, 2318; AG Ulm NJW-RR 2005, 972). Dem vermag der Senat jedoch jedenfalls nicht grundsätzlich und auch bei der vorliegenden Fallkonstellation nicht zu folgen. Denn der Wortlaut des § 7 Abs. 1 StVG enthält eine derartige Einschränkung nicht; zudem steht die weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb" dem entgegen. Schließlich erfordert der Betrieb eines Kraftfahrzeugs im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG nicht seinen Einsatz auf öffentlicher Verkehrsfläche (BGHZ 5, 318; VersR 1960, 635; VersR 1981, 252; NZV 1995, 19; OLG Saarbrücken SP 2000, 373; OLG München DAR 2010, 93; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 3 Rn 54).
28Entscheidend für eine Haftung bleibt daher auch insoweit, dass noch ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kraftfahrzeuges als einer der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine (§ 1 Abs. 2 StVG) besteht; eine Haftung nach § 7 Abs.1 StVG entfällt daher erst, wenn die Fortbewegungs- und Transportfunktion des Kraftfahrzeuges keine Rolle mehr spielt (Einsatz des Fahrzeugs als Arbeitsmaschine: BGH VersR 1975, 945). Das Abstellen und Parken des Fahrzeugs nach Beendigung der Fahrt auch in einer privaten Garage steht aber gerade im Zusammenhang mit der – hier erfolgten - Verwendung des Kfz als Verkehrsmittel.
29b.
30Der Betrieb des Pkw hat den Schaden an dem Pkw des Klägers zudem adäquat verursacht; das Schadensereignis kann dem Betrieb des Pkw BMW nach dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung auch zugerechnet werden. Für die Zurechnung entscheidend ist, ob der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht (BGH NJW 2005, 2081). Dies ist hier der Fall. Der Brand ist – wie dargelegt – durch eine bestimmte Betriebseinrichtung des Pkw BMW, nämlich den, infolge der Verwendung des Fahrzeugs als Transportmittel, erhitzten Auspuff, verursacht worden. Der Umstand, dass der Brand nicht unmittelbar, sondern die verunglückte Rettungsaktion der Feuerwehr zu der Beschädigung des Pkw VW Golf geführt hat, steht der Zurechnung nicht entgegen. Denn der Einsatz des Feuerwehrmans ist gerade wegen des durch den von dem Pkw BMW ausgehenden Brand in der Garage der Beklagten zu 1. erforderlich geworden. Unerheblich ist insoweit, ob der Feuerwehrmann etwaige Warnhinweise von Anwohnern zur Einsturzgefahr nicht beachtet hat. Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass bei eilbedürftigen und gefährlichen Brandrettungsaktionen Fehler passieren, die zu Schäden an Rechtsgütern Dritter führen. Daher besteht jedenfalls gegenüber dem geschädigten Kläger eine gesamtschuldnerische Mitverantwortung der Beklagten.
312.
32Angesichts der Haftung der Beklagten aus § 7 Abs. 1 StVG kann dahin stehen, ob hiervon unabhängig, eine Haftung der Beklagten zu 1. wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht aus § 823 Abs. 1 BGB besteht. Auch diese dürfte allerdings zu bejahen sein.
33Die Beklagte zu 1. hat mit der an der Rückwand aufgestellten Isomatte und ihrem dagegen abgestellten, durch den Betrieb erhitzten, Pkw unzweifelhaft eine Gefahrenquelle eröffnet. Dabei musste sich für sie – wenn sachkundig urteilend – die naheliegende Gefahr ergeben, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden konnten (vgl. BGH NJW 2004, 1449). Nach dem Brandbericht der Feuerwehr war die Schaumstoffmatte genauso brennbar wie Holz (Bl. 7 BA). Jedermann weiß, dass der Auspuff eines Pkw durch den Betrieb stark erhitzt wird. Es ist ferner allgemein vorhersehbar, dass, wenn ein stark erhitzter Metallgegenstand mit entzündlichen Gegenständen in Berührung kommt, die Gefahr der Inbrandsetzung besteht. Dies hätte die Beklagte zu 1. beachten und zumindest geeignete Vorsorge treffen müssen.
34Damit ist aber die Beklagte zu 1. auch gemäß § 823 BGB für das Entstehen des Brandes verantwortlich zu machen sowie den weiteren – keineswegs ungewöhnlichen – Verlauf, bei dem es erst durch das Eingreifen der löschungswilligen Feuerwehr zu dem Schaden an dem Pkw des Klägers gekommen ist.
353.
36Die Höhe des Schadens (wie in der Klageschrift spezifiziert, Bl. 4 GA) ist im Wesentlichen unstreitig. Die streitigen Mietwagenkoten in Höhe von 1.030,60 € sind dem Kläger gleichfalls zuzusprechen. Er hat unwidersprochen vorgetragen, dass sich sein Fahrzeug vom 08.07. bis zum 17.07.2008 zur Reparatur bei der Fa. XXX befunden habe (Bl. 72 GA). Demgegenüber greifen die Einwendungen der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 12.01.09 (Bl. 60 GA) nicht durch; insbesondere besteht ohne weiteres kein Grund im Hinblick auf ein Abkommen der Mietwagenfirma XXX und der Beklagten zu 2., die an den Kläger gerichtete Rechnung zu kürzen.
374.
38Die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung sind lediglich in zuerkannter Höhe (1,3 fache Geschäftsgebühr) ersatzfähig; eine Erhöhung ist nicht gerechtfertigt.
39Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB.
405.
41Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92, 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
42Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
43Der Streitwert für die Berufung wird auf 6.161,02 € festgesetzt.