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Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. August 2009 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal wird zu-rückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
2I.
3Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Feststellung des Bestehens einer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung in Anspruch.
4Nachdem die Klägerin gegen den Beklagten als ehemaligen Geschäftsführer der D. GmbH am 05.11.1998 zunächst das Mahn- und in der Folgezeit am 20.12.2001 das streitige Verfahren wegen nicht abgeführter Arbeitnehmeranteile i.H.v. umgerechnet 17.785,87 € aus dem Zeitraum Januar 1995 bis Juni 1996 eingeleitet hatte, wurde am 02.08.2002 – vor Abschluss des Prozesses - das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet. Die von der Klägerin daraufhin im Insolvenzverfahren angemeldete Forderung wurde zur Insolvenztabelle festgestellt, allerdings versehen mit einem Widerspruch des Beklagten gegen den Forderungsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung. Nachdem sodann am 20.08.2004 das Insolvenzverfahren aufgehoben und in der Folgezeit am 22.09.2008 dem Beklagten die Restschuldbefreiung erteilt wurde, nahm die Klägerin den unterbrochenen Prozess gegen den Beklagten mit Schriftsatz vom 08.12.2008 wieder auf und änderte ihre Zahlungsklage in einen Feststellungsantrag, mit dem sie die Feststellung des Rechtsgrundes der zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung begehrte.
5Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 77 ff. GA) Bezug genommen.
6Das Landgericht hat – abgesehen von der Erledigungsfeststellung eines Teilbetrages von 3.067,76 € - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwar handele es sich bei der streitgegenständlichen Forderung der Klägerin tatsächlich um eine solche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung. Auch komme der Klägerin wegen des in der Insolvenztabelle eingetragenen Widerspruchs des Beklagten gegen den Rechtsgrund der Forderung und der Wirkung der Restschuldbefreiung das erforderliche Feststellungsinteresse zu. Der entsprechende Feststellungsanspruch der Klägerin sei jedoch verjährt, da die ursprüngliche Hemmung der Verjährungsfrist sechs Monate nach Abschluss des Insolvenzverfahrens geendet habe. Die später erfolgte Restschuldbefreiung habe entgegen der Auffassung der Klägerin auf den Lauf der Verjährung keinen Einfluss.
7Auf den weiteren Inhalt des Urteils wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen.
8Die Klägerin wendet sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung gegen das landgerichtliche Urteil und verfolgt ihren bereits erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag weiter. Sie führt zur Begründung aus, das Landgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es die Vorschrift des § 204 Abs. 2 BGB nicht richtig angewandt habe. Tatsächlich habe die Hemmung der Verjährung des Feststellungsanspruches erst 6 Monate nach Beendigung des Restschuldbefreiungsverfahrens geendet. Bei verständiger Würdigung der Besonderheit der Zweiteilung des Schadensersatzanspruches in einen Leistungs- und einen Feststellungsanspruch müsse über den Katalog des § 204 Abs. 1 BGB hinaus auch das Restschuldbefreiungsverfahren als eingeleitetes Verfahren i.S.d. § 204 Abs. 2 BGB angesehen werden.
9Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil. Er ist der Ansicht, entgegen der Auffassung der Klägerin falle das Restschuldbefreiungsverfahren gerade nicht unter die Regelung des § 204 BGB. Hierfür bestünde auch kein Bedürfnis, da es der Klägerin freigestanden habe, durch eine rechtzeitige Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens nach Beendigung des Insolvenzverfahrens gemäß § 184 Abs. 1 S. 2 InsO den Neubeginn der Verjährungshemmung zu bewirken.
10II.
11Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
12Die von ihr erhobene Feststellungsklage ist unbegründet, da der hierin geltend gemachte Feststellungsanspruch gegenüber dem Beklagten zwar besteht, wegen eingetretener Verjährung aber nicht mehr durchsetzbar ist, § 214 Abs. 1 BGB.
13Zur näheren Begründung kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden.
14Ergänzend und vertiefend ist insoweit lediglich Folgendes anzumerken:
151.
16In der Sache zutreffend verweist die Klägerin darauf, dass der ihr zukommende Schadensersatzanspruch gegenüber dem Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m.
17§ 266 a StGB neben einem Leistungsanspruch auch einen entsprechenden Feststellungsanspruch umfasst. Wenn - wie hier - aus vollstreckungsrechtlichen Gründen die Feststellung einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung angestrebt wird, ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dem Gläubiger neben dem eigentlichen Zahlungsanspruch auch ein Feststellungsanspruch zusteht, der Gegenstand eines gesonderten Antrages oder eines gesonderten Prozesses sein kann. Schon begrifflich nehmen die Vorschriften, aus denen der Gläubiger in einem solchen Fall sein Feststellungsinteresse herleitet (§ 302 Nr. 1 InsO, § 850 f ZPO), ausschließlich auf eine (vorsätzliche) unerlaubte Handlung i.S. der §§ 823 ff. BGB Bezug (BGH NZS 2007, 319 m.w.N.).
18Aus diesem engen Zusammenhang folgt aber auch, dass der Feststellungsanspruch ebenso wie der Zahlungsanspruch der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB (bzw. § 852 BGB a.F.) unterliegt (BGH a.a.O.).
192.
20Dies gilt auch im vorliegenden Fall. Trotz der Feststellung des Schadensersatzanspruches zur Insolvenztabelle unterliegt er insbesondere nicht der dreißigjährigen Verjährungszeit nach § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB, da es wegen des Widerspruchs des Beklagten an der hierfür erforderlichen Vollstreckbarkeit fehlt. Grundsätzlich steht ein Widerspruch des Schuldners einer Feststellung der Forderung zwar nicht entgegen, § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO. Nach dem Wortlaut von § 201 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Tabellenauszug dann jedoch nicht ein zum Zwecke der Zwangsvollstreckung geeigneter Titel, es kann keine Vollstreckungsklausel erteilt werden. Der anmeldende Gläubiger muss den Widerspruch durch Feststellungsklage beseitigen, § 184 InsO. Eine vom Widerspruch des Schuldners behaftete Forderung nimmt zwar an der Verteilung im Insolvenzverfahren teil, nach Aufhebung des Verfahrens hat die Eintragung in die Insolvenztabelle für den Gläubiger jedoch keine Vollstreckungswirkung (Hintzen in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Auflage 2008; § 201 Rn. 21).
213.
22Entgegen der Auffassung der Klägerin endete die Hemmung der Verjährungsfrist nach § 204 Abs. 2 BGB vorliegend nicht etwa erst 6 Monate nach Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens, sondern bereits 4 Jahre zuvor nach Beendigung des Insolvenzverfahrens. Auch insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt. Der Wortlaut des § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB stellt eindeutig auf das Insolvenzverfahren ab, welches entweder durch Aufhebung (§§ 200, 258 InsO) oder Einstellung (§ 207 InsO) endet. Das Restschuldbefreiungsverfahren ist ein von dem Insolvenzverfahren getrenntes Verfahren mit gänzlich anderer Zielrichtung und kann schon vor diesem Hintergrund nicht – auch nicht unter verjährungsrechtlichen Gesichtspunkten - als dessen Teil fingiert werden. Als eigenständiges Verfahren findet es in der gesetzlichen Auflistung der Hemmungstatbestände keine Erwähnung.
23Die von der Klägerin angestellten Überlegungen zu einer entsprechenden Anwendung des § 204 BGB auf das Restschuldbefreiungsverfahren tragen im Ergebnis nicht. Zwar ist der Katalog des § 204 Abs. 1 BGB nicht abschließend, sondern wird ergänzt durch weitere gesetzlich an anderer Stelle geregelte Hemmungstatbestände sowie durch Hemmungsgründe, die sich aus einer analogen Anwendung der Vorschrift des § 204 BGB ergeben (Palandt/Ellenberger, BGB, 69. A., § 204 Rn. 53 f. mit entspr. Bsp.). Allen Hemmungstatbeständen ist dabei aber gemein, dass sie aus einer – wie auch immer gearteten - Rechtsverfolgung des Gläubigers herrühren. Auch in dieser Natur der Hemmungstatbestände wird der Unterschied zum Restschuldbefreiungsverfahren evident.
24Es ist im Übrigen auch kein schützenswertes Bedürfnis des Gläubigers erkennbar, entgegen dem Wortlaut des § 204 BGB die Hemmungswirkung einer Rechtsverfolgungsmaßnahme über den Zeitpunkt der Beendigung des Insolvenzverfahrens hinaus bis auf das Ende des etwaig folgenden Restschuldbefreiungsverfahrens hinauszuschieben. Gerade für Konstellationen wie die vorliegende hat der Gesetzgeber dem Gläubiger die Möglichkeit der Feststellungsklage nach § 184 Abs. 1 InsO eingeräumt, mit deren Hilfe der der Vollstreckung entgegenstehende Widerspruch des Schuldners beseitigt und zudem der etwaige Verjährungslauf (erneut) gehemmt wird. Billigenswerte Gründe, warum der Gläubiger mit der Erhebung der Feststellungsklage bis zum Ende des Restschuldbefreiungsverfahrens zuwarten müsste, sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Es besteht kein sachlicher Grund, den Streit über die Rechtsnatur der angemeldeten und trotz Widerspruchs zur Tabelle festgestellten Forderung auf die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu verschieben. Die möglichst frühe Klärung dieser Frage liegt sowohl im Interesse des Gläubigers als auch der Schuldners (so auch Stephan in: Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 2. Auflage 2008, § 302 Rn. 20).
25Auch im hiesigen Streitfall bestand für die Klägerin kein zwingender Anlass, vor der Fortsetzung des Verfahrens im Wege der Feststellungsklage den Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens abzuwarten. Dessen Schicksal war ohne Relevanz für die von der Klägerin mit dem Feststellungsantrag verfolgte Beseitigung des Schuldnerwiderspruchs. Ziel dieser Rechtsverfolgung war die Herbeiführung der Vollstreckbarkeit des Tabellenauszuges, derer es im Übrigen auch im Falle einer Versagung der Restschuldbefreiung noch bedurft hätte, um die zur Insolvenztabelle festgestellten Ansprüche der Klägerin zu realisieren.
26Die Entscheidung des BGH vom 18.12.2008 (Az. IX ZR 124/08, veröffentlicht in NJW 2009, 1280) steht den vorstehenden Ausführungen nicht entgegen. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, das Gegenstand dieser Entscheidung im wesentlichen die Frage war, ob in Analogie zu § 189 Abs. 1 InsO eine Klagefrist für die Feststellungsklage des Gläubigers gilt. Die materiell-rechtliche Frage der Verjährung und ihrer Hemmung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wird dagegen von dieser Entscheidung nicht tangiert.
27III.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
29Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
30Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt 14.718,11 €.
31Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
32P. Dr. G. D.
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