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Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss der Beschlusskammer 7 der Bundesnetzagentur vom 20. August 2007 (BK 7-06-067) wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000,00 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
G r ü n d e:
2A.
3Die Beschwerdeführerin ist in ihrem Gasversorgungsgebiet der Grundversorger i. S. d. § 36 Abs. 2 S. 1 EnWG.
4Mit Beschluss vom 20. August 2007 (BK 7-06/067) hat die Bundesnetzagentur die "Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel Gas (GeLi Gas)" zur Anwendung ab dem 1. August 2008 festgelegt. Die GeLi Gas wurde der A als Netzbetreiber am 27. August 2007 zugestellt und im Amtsblatt der Bundesnetzagentur vom 29. August 2007 "zustellungshalber" und unter Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung veröffentlicht. Eine förmliche Zustellung an die Beschwerdeführerin ist nicht erfolgt.
5Die GeLi Gas regelt in Unterabschnitt C.1.3. der Anlage Prozesse für Entnahmestellen, die keinem Lieferanten zugeordnet sind, wie folgt:
6"Zunächst prüft der Netzbetreiber, ob sich die Entnahmestelle im Niederdruck befindet (Unterabschnitt 1.3.1). Ist dies der Fall, so meldet er die Entnahmestelle an den Grundversorger unter Mitteilung des Zuordnungswechsels sowie der Namen und Adressen des Anschlussnehmers und des Anschlussnutzers, sofern diese ihm bekannt sind (Unterabschnitt 1.3.2). Unverzüglich nach Eingang der Meldung des Netzbetreibers prüft der Grundversorger u.a., ob es sich bei den Entnahmestellen um Grund- oder Ersatzversorgung handelt. Spätestens bis zum Ablauf des 5. Werktages nach Eingang der Meldung des Netzbetreibers meldet er dem Netzbetreiber, ob und ggf. für welchen Zeitraum die Entnahmestelle der Ersatz- oder Grundversorgung zuzuordnen ist (Unterabschnitt 1.3.4). Gemäß der Meldung ordnet der Netzbetreiber die Entnahmestelle unverzüglich zu. Die Zuordnung hat ggf. rückwirkend auf den mitgeteilten Termin zu erfolgen. Meldet sich der Grundversorger nicht fristgerecht, ordnet der Netzbetreiber die Entnahmestelle dem Grundversorger zu (Unterabschnitt 1.3.5)."
7Diese Regelung hat zur Folge, dass Entnahmestellen, die nicht nur keinem Lieferanten, sondern auch keinem Anschlussinhaber zugeordnet sind, ebenfalls dem Grundversorger zugeordnet werden. Solche nicht belegten Entnahmestellen entstehen, wenn eine Wohneinheit nach dem Auszug des bisherigen Bewohners und Anschlussnehmers leer steht, aber auch wenn der neue Bewohner den Bezug nicht offenbart.
8Die Beschwerdeführerin hält die Regelung für nicht gesetzeskonform. Der Begriff der Liefer- oder Entnahmestelle finde sich im Gesetz nicht, es werde durchgehend auf die Energieentnahme abgestellt. Erst mit dieser entstehe eine Versorgungspflicht des Grundversorgers, eine Zuordnung entnahmeloser Entnahmestellen entbehre schon von daher jeder Grundlage. Die Zuordnung sei auch nicht nur datentechnisch relevant. Das vom Versorger für jede Entnahmestelle zu zahlende Netznutzungsentgelt enthalte einen verbrauchs-unabhängigen Grundbetrag. Ihr würden daher Kosten aufgebürdet, für die sie keine Gegenleistung erhalte. Dem Wesen nach handele es sich um allgemeine Netzkosten, die auf alle Netznutzer umzulegen seien. Im Übrigen könne der Grundversorger bei einer verwaisten Entnahmestelle dem Netzbetreiber zwangsläufig keinen Letztverbraucher und keinen prognostizierten Verbrauch benennen. Werde an der verwaisten Entnahmestelle doch Gas entnommen, dann habe sie dieses infolge der Zuordnung zwar zu liefern, sie könne es aber nicht abrechnen, weil ihr die Person des Verbrauchers unbekannt sei. Ihr werde eine Verpflichtung zur Ermittlung der eventuellen Anschlussnutzer und im Falle der Feststellung einer Nichtnutzung die Beantragung einer Sperrung des Anschlusses auferlegt. Dies setze aufwendige Ermittlungen voraus, für die sie keinen wirtschaftlichen Gegenwert erhalte. Dabei sei all dies Angelegenheit des Netzbetreibers. Er sei für den Netzbetrieb verantwortlich. Der Gesetzgeber habe nicht ihr als Grundversorger, sondern dem Netzbetreiber in § 4 Abs. 1 GasNDAV die Möglichkeit zur Identifikation des Anschlussnutzers gegeben und diesen in § 3 Abs. 3 GasNDAV zur Anzeige der Nutzungsaufnahme gegenüber dem Netzbetreiber verpflichtet. Von daher dürften ihr nur solche Entnahmestellen zugeordnet werden, bei denen der Netzbetreiber ihr die Person des Anschlussinhabers benennen könne. Die Kosten entnahmeloser Anschlüsse und das Risiko der Entnahme durch unbekannte Personen hätten beim Netzbetreiber zu verbleiben, der diese Kosten als Netzkosten auf alle Nutzer umlegen könne. Ansonsten werde sie als Grundversorger auch gegenüber anderen Erdgaslieferanten unangemessen benachteiligt.
9Die Beschwerdeführerin beantragt,
10die Festlegung GeLi Gas insoweit aufzuheben, als darin
11Die Bundesnetzagentur beantragt,
15die Beschwerde zurückzuweisen.
16Sie hält die Beschwerde für unzulässig, es fehle an der Beschwerdebefugnis. Sie macht geltend, dass die Zuordnung einer nicht belegten Entnahmestelle beim Grundversorger der gesetzlichen Wertung der §§ 36 Abs. 1, 38 Abs. 1 Satz 2 EnWG entspreche. Werde an der Entnahmestelle doch Gas entnommen, beispielsweise durch den Makler, löse dies die Ersatzversorgung aus, zu der der Grundversorger verpflichtet sei. Wegen dieser Pflicht zur Ersatzversorgung sei es sachgerecht, die Entnahmestelle gleich dem Grundversorger zuzuordnen. Der Grundversorger verfüge in seinem Gebiet über eine überragende Marktstellung, weshalb es gerechtfertigt sei, ihm zusätzliche Pflichten aufzuerlegen. Eine Zuordnung erst mit der Entnahme sei oft gar nicht möglich. Die Entnahme werde unter Umständen erst geraume Zeit später bekannt. Eine Koppelung der Zuordnung an die Entnahme liefe daher auf eine nachträgliche Zuordnung hinaus, die für den Bilanzkreis irrelevant sei. Die Kosten seien dann bereits umgelegt.
17Die Beschwerdeführerin ist am 26. November 2008 fernschriftlich darauf hingewiesen worden, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen. Die zum Zwecke der Zustellung erfolgte Veröffentlichung der Festlegung sei geeignet gewesen, eine Heilung der Zustellungsmängel durch Kenntnisnahme zu bewirken. Auf den Hinweis, Bl. 97 f d. A., wird Bezug genommen.
18Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich vorgetragen, sie erhalte das Amtsblatt der Bundesnetzagentur nicht. Ihr Mitarbeiter B habe am 25. oder 26. September 2007 durch ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der A von der Entscheidung erfahren und daraufhin den Beschluss von der Internetseite der Bundesnetzagentur heruntergeladen. Die Geschäftsleitung habe er am 8. Oktober 2007 unterrichtet.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien mit Anlagen, das Protokoll der Senatssitzung sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
20B.
21I.
22Die Beschwerde ist zulässig.
23Die Beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin ist gegeben. Neben den am Verfahren Beteiligten kommt in entsprechender Anwendung von § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls demjenigen ein Beschwerderecht zu, der geltend machen kann, durch die Entscheidung in seinen (subjektiven öffentlichen) Rechten verletzt zu sein (BGH, NJW 2007, 607, 608 - pepcom), also jedem, den die Entscheidung materiell beschwert (Saljie, EnWG, § 75 Rn. 26; Schmidt in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 63 Rn 22, Rn 27). Die Beschwerdeführerin ist als Grundversorger i. S. d. § 36 Abs. 2 Satz 1 EnWG formell und materiell beschwert. Die angefochtenen Geschäftsprozesse legen nicht nur dem Netzbetreiber, sondern auch dem Grundversorger Handlungspflichten auf.
24Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde vom 19. Oktober 2007 auch rechtzeitig eingelegt. Der Schriftsatz weist in der Faxkennung den 19. Oktober 2007 aus, der Eingangsstempel der Bundesnetzagentur datiert vom 22. Oktober 2007. Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 EnWG beginnt die einmonatige Frist zur Beschwerdeeinreichung mit der Zustellung an den Betroffenen. Eine förmliche Zustellung an die Beschwerdeführerin ist nicht erfolgt. Einer Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung nach § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG steht § 73 Abs. 1 Satz 1 EnWG entgegen, wonach Entscheidungen der Regulierungsbehörde den Beteiligten nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen sind (BGH, Beschluss vom 19. Juni 2007, Az.: KVR 17/06). Die fehlende förmliche Zustellung kann jedoch nach § 8 VwZG durch Kenntnisnahme von der veröffentlichten Entscheidung geheilt werden (BGH a.a.O.). Dies ist vorliegend jedoch frühestens am 25. September 2007 geschehen, an dem der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin die Festsetzung GeLi Gas von der Internetseite der Bundesnetzagentur heruntergeladen hat. Die Beschwerdefrist endete demnach nicht vor dem 25. Oktober 2007. Ob der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin Empfangsvollmacht hatte und ob die Beschwerde am 19. oder am 22. Oktober 2007 eingegangen ist, kann daher offen bleiben.
25II.
26In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
27Die Zuordnung der nicht belegten Entnahmestellen zum Grundversorger ist nicht zu beanstanden. Dies hat der Senat bereits mit Beschluss vom 16. Juli 2008, VI-3 Kart 207/07 (V), Versorgungswirtschaft 2008, 286, entschieden. Der vorliegende Sachverhalt gibt keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
28Die GeLi Gas ist auf der Grundlage des § 42 Abs. 1, 7 Nr. 4 GasNZV zur "Abwicklung des Lieferantenwechsels nach § 37" ergangen. Der Begriff ist in einem weiten Sinne zu verstehen. Er umfasst den Lieferantenwechsel im Rahmen der Ersatz- und Grundversorgung einschließlich des von den angefochtenen Geschäftsprozessen geregelten Sachverhalts, dass eine weiterhin aktive Entnahmestelle keinem Gaslieferanten zugeordnet werden kann.
29Der Regulierungsbehörde steht für den Erlass einer Festlegung gemäß § 42 Abs. 7 Nr. 4 GasNZV ein weites, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Ermessen zu. Die Ermessensausübung kann durch das Beschwerdegericht nur auf Ermessensfehler überprüft werden, insbesondere dahin, ob die Netzagentur von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, ob sie durch die konkrete Ermessenentscheidung Sinn und Zweck des Gesetzes verfehlt oder bei der Ermessensabwägung Interessen eines Beteiligten in erheblicher Weise außer Acht gelassen hat. Die in der GeLi Gas geregelte Zuordnung einer unbelegten aktiven Entnahmestelle zum Bilanzkreis des Grundversorgers lässt keine Ermessensfehler erkennen.
30Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist eine möglichst durchgängige Zuordnung einer aktiven Entnahmestelle zum Bilanzkreis des Grundversorgers nach den Wertungen der §§ 36, 38 EnWG und der auf der Grundlage von § 39 Abs. 2 in Verbindung mit § 115 Abs. 2 S. 3 EnWG ergangenen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (Gasgrundversorgungsverordnung – GasGVV) angezeigt.
31Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 EnWG gilt die Energie als von dem Unternehmen geliefert, das nach § 36 Abs. 1 EnWG als Grundversorger berechtigt und verpflichtet ist, sofern Letztverbraucher über das Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung in Niederdruck Energie beziehen, ohne dass dieser Bezug einer Lieferung oder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden kann. Entsprechend kommt gemäß § 2 Abs. 2, 1. HS GasGVV ein Grundversorgungsvertrag dadurch zustande, dass Gas aus dem Gasversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung entnommen wird, über das der Grundversorger die Grundversorgung durchführt. Der Grundversorger ist dann berechtigt, die nach § 38 Abs. 1 EnWG bezogene Energiemenge zu schätzen und dem Kunden den ermittelten Verbrauch in Rechnung zu stellen, § 38 Abs. 2 Satz 2 EnWG. Die Regelungen des EnWG und der GasGVV bestimmen somit, dass der Grundversorger schon dann zur Gaslieferung verpflichtet sein soll, wenn ihm die Identität des Kunden noch unbekannt ist. Ungeachtet der Meldepflicht des Kunden, dem Grundversorger die Entnahme des Gases unverzüglich in Textform mitzuteilen (§ 2 Abs. 2, 2. HS GasGVV), ist der Grundversorger zunächst mit dem Vergütungsrisiko eines anonymen Gasbezugs belastet.
32Dieser gesetzgeberischen Wertentscheidung würde es widersprechen, aktive Entnahmestellen, die keinem anderen Lieferanten zugeordnet sind, nicht dem Grundversorger zuzuordnen. In diesem Fall könnte es zu einer Belastung der Transportkunden kommen. Bliebe der entnehmende Kunde unbekannt, ergäbe sich eine Fehlmenge im Ausspeisenetz, für die Regelenergie beschafft werden müsste. Die Beschaffung der Regelenergie obliegt dem Bilanzkreisnetzbetreiber, der die Kosten auf die Transportkunden umlegen kann (§§ 22 Abs. 1, 20 Abs. 1b Satz 7, 23 EnWG). Damit würde das Vergütungsrisiko eines anonymen Gasbezugs vom Grundversorger über den Netzbetreiber auf die Transportkunden abgewälzt. Die Risikozuweisung zum Grundversorger in §§ 36, 38 EnWG würde so unterlaufen. Zur Vermeidung dieses Effekts regelt die GeLi Gas eine möglichst zeitnahe Zuordnung der unbelegten Entnahmestelle zum Bilanzkreis des Grundversorgers.
33Die Zuweisung des Risikos des anonymen Gasbezugs bedingt die generelle Zuordnung nicht belegter, aber aktiver Entnahmestellen zum Grundversorger. Eine übermäßige Belastung des Grundversorgers liegt darin nicht. Eine sichere Voraussage, ob an einer solchen Entnahmestelle Gas entnommen werden wird, ist nicht möglich. Neben dem von der Bundesnetzagentur angeführten Beispiel des Maklers, der im Vorfeld eines Besichtigungstermins die Heizung anstellt, ist auch denkbar, dass neue Bewohner "vergessen", einen Versorgungsvertrag abzuschließen. Ein solcher Bezug erfolgt zunächst unbemerkt. Ohne die Zuordnung zum Grundversorger würde er als Verlustenergie auf die Transportkunden umgelegt, eine rückwirkende Umbuchung auf den Grundversorger ist für abgeschlossene Bilanzzeiträume praktisch nicht möglich.
34Auch die dem Grundversorger aufgegebene Prüfung der Verhältnisse an der Entnahmestelle begegnet keinen Bedenken. Die GeLi Gas belastet nicht einseitig den Grundversorger, sondern sieht eine Arbeitsteilung zwischen Grundversorger und Netzbetreiber vor. Die Feststellung und Meldung einer nicht belegten Lieferstelle im Niederdruckbereich obliegt dem Netzbetreiber; erst nach der Meldung des Netzbetreibers an den Grundversorger schließt sich die Prüfung des Grundversorgers an. Ihm wird keine Ermittlungspflicht auferlegt, von ihm wird nur eine Prüfung verlangt. Wie intensiv diese ausfällt, bleibt ihm überlassen, einschließlich der Entscheidung für eine Ermittlung vor Ort. Diese Prüfungspflicht ist ebenfalls Ausfluss der gesetzgeberischen Risikozuweisung, nach der der Grundversorger für einen ungeklärten Gasbezug an einer unbelegten Entnahmestelle einzustehen hat. Die Prüfung dient der Vermeidung eines solchen ungeklärten Gasbezugs, es ist daher sachgerecht, sie dem Grundversorger aufzuerlegen. Er kann und muss beurteilen, ob sich aufwendige Ermittlungen vor Ort lohnen oder ob die Inkaufnahme eines anonymen Bezugs letztendlich wirtschaftlicher ist. Eine Verlagerung der Prüfungskosten auf den Netzbetreiber und damit letztendlich auf die Transportkunden liefe daher der Wertung der §§ 36, 38 EnWG ebenfalls entgegen. Im Übrigen ist zweifelhaft, ob der Netzbetreiber tatsächlich die besseren Prüfmöglichkeiten hätte, weil ihm aus dem Anschlussverhältnis ein Auskunftsanspruch gegen den Anschlussnehmer zustehe. Ob ein solcher Auskunftsanspruch im Einzelfall zum Erfolg führt, ist ungewiss; möglicherweise ist auch der Anschlussnehmer über die Nutzungsverhältnisse nicht informiert.
35Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sprechen auch die strengen Voraussetzungen für die Erreichung einer Anschlusssperrung nicht für eine Unverhältnismäßigkeit der Regelung. Im Gegenteil deckt sich die Auferlegung der Prüfung auf den Grundversorger mit den gesetzlichen Vorgaben für eine Anschlusssperrung in § 19 Abs. 2 GasGVV. Gerade der Umstand, dass der Grundversorger den Anschluss nur bei Zahlungsverzug sperren lassen kann, zeigt, dass die Prüfung der Verhältnisse vor Ort in seinem eigenen Interesse liegt. Nur durch die Identifizierung des anonymen Nutzers kann er diesen in Verzug setzen und über die dann mögliche Sperrung das ihm durch die §§ 36, 38 EnWG zugewiesene Risiko begrenzen.
36Soweit die Beschwerdeführerin als alternative Lösung der Problematik eine Verpflichtung des Netzbetreibers zur Sperrung von Entnahmestellen, für die kein Liefervertrag besteht, vorschlägt, wird dadurch die getroffene Regelung nicht rechtswidrig. Bei Ermessensentscheidungen ist es Sache der Behörde, aus verschiedenen sachgerechten Lösungen eine auszuwählen. Davon abgesehen begegnet die von der Beschwerdeführerin in den Raum gestellte Lösung aber auch rechtlichen Bedenken. Durch eine Verpflichtung der Netzbetreiber zur generellen Sperrung nicht belegter Entnahmestellen würde die Risikozuweisung anonymen Gasbezugs zum Grundversorger faktisch abgeschafft. Stattdessen fielen beim Netzbetreiber Kosten für die Sperrung der Entnahmestellen an. Diese dürften nicht unbeträchtlich sein, da in allen Fällen, in denen bei einem Bewohnerwechsel keine unmittelbare Übernahme der Lieferbeziehung stattfindet, die Entnahmestellen zunächst gesperrt werden müssten. Dies, obwohl in den meisten Fällen kurze Zeit später ein neuer Liefervertrag vorliegen dürfte und der Anschluss wieder entsperrt werden müsste. Diese Kosten würde der Netzbetreiber auf die Transportkunden umlegen. Die Sperrverpflichtung liefe daher im Ergebnis ebenfalls auf eine Verlagerung von Kosten vom Grundversorger auf die Transportkunden hinaus, die mit der gesetzgeberischen Wertentscheidung in §§ 36, 38 nicht zu vereinbaren wäre.
37Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 2 EnWG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO.
38Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG haben.