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Die Berufung des Klägers gegen das am 20. Februar 2008 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
G r ü n d e :
2I.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks M in D-R. Das Grundstück ist mit dem D K, ein Gebäude, das aus dem 18. Jahrhundert stammt, bebaut. Einige Gebäudeteile sind vermietet.
4Der K liegt im Einwirkungsbereich des Steinkohleabbaus, den die Zeche S-J GmbH von 1986 bis März 1997 im E Steinkohlerevier betrieb. Die Zeche S-J GmbH legte die Grubenbilder im Sinne des § 63 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BBergG an. Im Rahmen der Einstellung des Bergbaus stellte die S-J GmbH 1997 die Grubenwasserpumpen ab (sog. Einstellung der Wasserhaltung).
5Mit Vertrag vom 29. Dezember 1999 wurde die S-J GmbH auf die Beklagte zu 2. verschmolzen. Die Verschmelzung wurde am 29. März 2000 ins Handelsregister eingetragen. Die S-J GmbH wurde im Handelsregister gelöscht.
6Der Kläger hatte schon seit Anfang der 90iger Jahre mit der S-J GmbH Korrespondenz über das Vorhandensein und die Entschädigung von sog. Bergschäden geführt. Nach Löschung der S-J GmbH übernahm der E Bergwerksverein AG (R AG) die Korrespondenz.
7Die Beklagte zu 1. (als GmbH) entstand ausweislich des Handelsregisterauszugs HRB 19621 des Amtsgerichts Essen durch formwechselnde Umwandlung der R I AG. Diese war seit 13.10.2000 die Rechtsnachfolgerin der R AG. Diesbzgl. wird auf HRB 6911 AG Aachen (Anlage 103) sowie HRB 14328 AG Essen (Anlage 33 GA II 459) verwiesen.
8Zur Zeit ihrer Existenz war die Gewerkschaft S-J als Eigentümerin in das Bergbaugrundbuch eingetragen. Sie ist später in die S J GmbH umgewandelt worden (vgl. § 63 BBergG). Am 21.05.1999 wurde die E A H AG als Eigentümerin in das Bergbaugrundbuch eingetragen. Am 12.09.2007 erfolgte im Wege der Grundbuchberichtigung die Eintragung der Beklagten zu 1. in das Bergbaugrundbuch von E (betreffend das Grundstück des Klägers).
9Die Beteiligten führten über Jahre hinweg eine umfangreiche Korrespondenz. Mit Schreiben vom 12.11.2004 wandte sich der Klägervertreter an das AG Essen und bat um einen Handelsregisterauszug für die S-J GmbH (Anlage A 21). Das Amtsgericht antwortete mit Schreiben vom 16.11.2004 (Anlage 22) und übersandte einen Handelsregisterauszug für die Beklagte zu 2..
10Im Wesentlichen hat der Kläger geltend gemacht, dass der Steinkohleabbau unter seinem Grundstück zu einer Vielzahl von Bergschäden an seinem Gebäude geführt habe. Weiterhin habe der mit der Einstellung der Wasserhaltung verbundene Wiederanstieg des Grundwassers zu einer Vertiefung dieser Schäden und zu neuen Schäden geführt. Aus den von ihm eingeholten Gutachten ergebe sich, dass mit einem Ende der Schadensverursachung bezogen auf seine Gebäude nicht zu rechnen sei, weswegen sich das ganze für ihn als ein wirtschaftlicher Totalschaden darstelle. Er begehrt daher die Zahlung des sog. "fiktiven Verkehrswert" für sein Grundstück in Höhe von ca. 900.000 € nebst aufgewendeter vorgerichtlicher Gutachterkosten Zug um Zug gegen Übertragung des entsprechenden Grundstücks an die Beklagten.
11Er hat beantragt,
12Die Beklagten haben beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Sie haben sich auf die fehlende Passivlegitimation der Beklagten zu 1. sowie auf Verjährung berufen.
17Das Landgericht hat, nachdem es entsprechende Hinweise erteilt hat, die Klage abgewiesen und ausgeführt, dass die Beklagte zu 1. nicht passivlegitimiert sei, da sie weder Unternehmerin im Sinne von § 115 BBergG , dies sei nämlich die Beklagte zu 2., noch Bergbauberechtigte im Sinne der Vorschrift des § 116 BbergG sei. Bezüglich der am 18.10.2005 eingegangenen Klage gegen die Beklagte zu 2. sei der Anspruch entsprechend der Vorschriften des BBergG i.V.m dem BGB verjährt. Wegen der Feststellungen und der Einzelheiten im übrigen wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.
18Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Bezüglich der Passivlegitimation der Beklagten zu 1. ist er der Auffassung, diese folge zum einen aus § 116 BBergG, da die Beklagte zu 1. als aktuelle Inhaberin der Bergbauberechtigung für die Schäden hafte, die im Zeitraum ihrer Eigentümerstellung offenbar/entdeckt worden seien. Insoweit komme es nicht auf den Zeitpunkt der Verursachung an. Sollte man dieses aber nicht annehmen, so hafte die Beklagte zu 1. aufgrund der vorgerichtlichen Korrespondenz nach Rechtsscheingesichtspunkten bzw. sei in der von ihr veranlassten Korrespondenz eine Schuld (Mit-) Übernahme bzgl. der Schuld der Beklagten zu 2. zu sehen.
19Bezüglich der Beklagten zu 2. macht der Kläger geltend, dass keine Verjährung vorliege, da die Verjährung aufgrund von Vergleichsverhandlungen bis weit in das Jahr 2003 gehemmt gewesen sei, was die vorgerichtliche Korrespondenz belege. Sollte man dies nicht so sehen, läge jedoch in dem Schreiben der E AG an ihn vom 29.06.2000 (Anlage 44) ein Anerkenntnis, das nach altem Recht die Verjährung unterbrochen habe. Im übrigen beginne der Lauf der Verjährungsfrist bzgl. der durch den Anstieg des Grubenwassers verursachten Schäden erst im Jahr 2004, da er erst zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Einstellung der Wasserhaltung und der dadurch bedingten Schadensverursachung erhalten habe.
20Der Kläger beantragt,
21unter Aufhebung des am 20.02.2008 verkündeten Urteils des Landgerichts Mönchengladbach
22Die Beklagten beantragen,
25die Berufung zurückzuweisen.
26Die Beklagten verteidigen das landgerichtliche Urteil als richtig. Hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten zu 1. führen sie aus, dass es für die Haftung nach § 116 BBergG nicht auf den Zeitpunkt des Offenbarwerdens der Schäden, sondern auf den Zeitpunkt der Verursachung ankomme. Eine Haftung unter Rechtsscheingesichtspunkten komme nicht in Betracht, da der Kläger, dokumentiert durch seine vorprozessuale Anfrage beim Handelsregister, nicht auf einen ggfs. gesetzten Rechtsschein, dass die Beklagte zu 1. Unternehmerin oder Bergbauberechtigte sei, vertraut habe. Bezüglich der Verjährung der Klage gegen die Beklagte zu 2. führen die Beklagten aus, dass allerspätestens im Schreiben der E AG an den Kläger vom 25.04.2002 (Anlage 18) ein Abbruch der vorherigen Vergleichsverhandlungen zu erblicken sei, mit der Folge, dass die Verjährung noch vor Klageerhebung gegen die Beklagte zu 2. eingetreten sei. Ein Anerkenntnis habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.
27Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
28II.
29Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Beklagte zu 1. nicht Schuldnerin eines etwaigen Anspruchs des Klägers aus § 115 BBergG oder § 116 BBergG ist. Ein u.U. gegebener Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2. ist verjährt.
30A. Klage gegen die Beklagte zu 1
311. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 1. kein Anspruch auf Ersatz der ihm ggfls. entstandenen Bergschäden aus § 115 Abs. 1, § 4 Abs. 5, § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BBergG zu.
32Schuldner eines Schadensersatzanspruchs für Bergschäden ist danach der Unternehmer. Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 4 Abs. 5 BBergG jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit des Aufsuchens, Gewinnens, Aufbereitens und Wiedernutzbarmachens der Oberfläche (§ 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BBergG) auf eigene Rechnung durchführt oder durchführen lässt. Bei verbundenen Unternehmen soll die herrschende oder leitende, also die den Betrieb maßgeblich beeinflussende Gesellschaft und nicht eine bloße Betriebsführungsgesellschaft Unternehmerin sein (so die Begründung zum BBergG, BT-Drucksache 8/1315 S. 8, vgl. Bolt/Weller, Komm. zum BBergG, § 4 Rn. 21). Aus § 63 Abs. 1 und 2 i.V.m. Abs. 4 BBergG ergibt sich weiter, dass der Unternehmer das Grubenbild anfertigen muss. Ein vom Bergschaden Betroffener kann Einsicht in das Grubenbild nehmen und erfährt so die Identität des Unternehmers.
33Unstreitig ist, dass bis zum Zeitpunkt ihres Erlöschens die S-J GmbH Unternehmerin i.S.d. Bundesberggesetzes war. Die S-J GmbH ist mit Vertrag vom 29.12.1997 auf die Beklagte zu 2. verschmolzen worden (Anlage B 1). Damit ist die Beklagte zu 2. Rechtsnachfolgerin der S-J GmbH und damit als Unternehmerin i.S.d. § 115 Abs. 1 BBergG anzusehen.
342.
35Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 1. folgt auch nicht aus § 116 Abs. 1 BBergG, da die Beklagte zu 1. zum Zeitpunkt der Verursachung der hier in Rede stehenden Bergschäden nicht Bergbauberechtigte im Sinne dieser Vorschrift war.
36a)
37Nach § 116 BBergG haftet für Bergschäden (neben dem Unternehmer) der Inhaber der Bergbauberechtigung, d.h. der Inhaber der dem Bergbaubetrieb zugrunde liegenden Berechtigung zur Aufsuchung und Gewinnung. Unter Bergbauberechtigung sind zum einen die sog. Erlaubnis (§ 7 BBergG), die Bewilligung (§ 8 BBergG) und das sog. Bergwerkseigentum (§ 9 BBergG) zu verstehen. Die Erlaubnis und die Bewilligung sind Verwaltungsakte, durch die die Berechtigung zur Betreibung des Bergbaus begründet wird. Das Bergwerkseigentum wird durch einen Verleihungsverwaltungsakt begründet. Das Bergwerkseigentum wird darüber hinaus ins Grundbuch eingetragen (§ 17 BBergG).
38Im Grundbuch eingetragen war sei 1957 die "Gewerkschaft S-J" (später S-J GmbH), durch Auflassung vom 07.12.1998 und Eintragung vom 21.05.1999 ist als Eigentümerin die R AG in H, d.h. die R I AG, d.h. nunmehr die Beklagte zu 1. eingetragen worden. Unstreitig ist, dass der Bergbau im Jahre 1997 eingestellt worden ist, und damit vor der Zeit, zu der die jetzige Beklagte zu 1. zur Bergwerkseigentümerin geworden ist. Gleiches gilt für die Einstellung der Wasserhaltung, d.h. die Einstellung des Abpumpens des Grundwassers.
39b)
40Zwischen den Parteien ist die Frage umstritten, ob der Bergbauberechtigte, der zum Zeitpunkt des Auftretens von Bergschäden Inhaber der Bergbauberechtigung ist, haftbar ist oder ob der Bergbauberechtigte (weiter) haftet, der zum Zeitpunkt der Verursachung der Bergschäden Bergbauberechtigter i.S.d. § 116 Abs. 1 BBergG war.
41Zu Recht hat das Landgericht § 116 BBergG wie § 115 BbergG ausgelegt, wonach für die Bestimmung der Person des haftenden Unternehmers es auf denjenigen ankommt, der zur Zeit der Verursachung des Bergschadens die Unternehmerstellung innehatte (siehe den Wortlaut "zur Zeit"), da Anknüpfungspunkt der Haftung die schadensauslösende Handlung ist. Gleiches gilt für die Bestimmung der Person des Bergbauberechtigten nach § 116 BBergG, auch wenn dort die Formulierung "zur Zeit" nicht enthalten ist. Mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des jetzigen Gesetzes lässt sich aufgrund der Begründung zum Gesetzesentwurf eine Auslegung nicht mehr aufrechterhalten, die über den Verursachungszeitpunkt hinaus die Haftung auf den Zeitpunkt des Sichtbarwerdens von Schäden ausdehnt (so, mit Einschränkungen, Preuss/Schulte/Vietzthum, Kommentar zum BBergG, § 116 Rn. 3). Nach der amtlichen Begründung für die Einführung der Haftung des Bergbauberechtigten soll der zum Zeitpunkt der Verursachung Bergbauberechtigte haftbar sein (BT-Drucksache 8/1315, S. 143; vgl. auch Dabricht/Römermann, BBergG, § 116 Ziff. 3). Mit der Novellierung soll "eine der tatsächlichen Verursachung von Bergschäden angepasste Bestimmung der Person des Schadensersatzpflichtigen" erreicht werden (S. 137). Dies bedeutet eine explizite Abkehr von dem vorherigen System, welches bezüglich der Person des ersatzpflichtigen Bergwerkseigentümers auf den Zeitpunkt der Entstehung des Schadens abstellte. Die Argumentation des Klägers in der Berufungsbegründung, es komme auf den Zeitpunkt des Eintretens des Schadens an (und zu diesem Zeitpunkt sei die Beklagte zu 1. bergbauberechtigt gewesen), greift daher nicht. Die Einschränkung in § 116 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BBergG betrifft den vorliegenden Fall nicht und lässt auch eine "Erst-Recht" Interpretation nicht zu, da sich aus der Begründung zum BBergG ergibt, dass es um die "Aufrechterhaltung" der Mithaftung des Bergbauberechtigten geht, wenn aufgrund eines nachfolgenden Verwaltungsaktes trotz Weiterführung des Bergbaues die Bergbauberechtigung rückwirkend entzogen wird und damit im Schadensverursachungszeitpunkt eine formale Berechtigung nicht mehr vorliegt. Soweit der Kläger zu seiner erweiternden Auslegung ein Verkürzungsargument heranzieht mit der Begründung, die im Grundbuch eingetragene Gewerkschaft S-J habe sich in Luft aufgelöst, greift dies nicht, da die "Gewerkschaft" S-J gem. § 163 BBergG in die S-J GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 2. ist, umgewandelt worden ist. Das Problem des Wegfalls des oder der Verpflichteten hat der Gesetzgeber gesehen und in § 122 BBergG das Instrument einer Bergschadenausfallkasse eröffnet.
42c)
43Schadensverursachende Handlungen nach dem 21.05.1999 (Eintragung der Beklagten zu 1. bzw. der anderslautenden identischen Vorgängerin ins Grundbuch), an die die Haftung der Beklagten zu 1. anknüpfen könnte, liegen nicht vor.
44Schadensverursachende Handlungen sind die in § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1 bis 3 BBergG bezeichneten Handlungen, die die in § 114 Abs. 1 BBergG bezeichneten Schäden verursachen, nämlich das Aufsuchen, das Gewinnen, das Aufbereiten von Bodenschätzen, einschließlich der damit verbundenen Nebentätigkeiten, sowie Handlungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 4 BBergG, nämlich das Wiedernutzbarmachen der Oberfläche.
45Die eigentlichen Abbauhandlungen unter Tage kommen grundsätzlich als schadensverursachende Handlungen in Betracht. Sie wurden jedoch schon vor Eintragung der Berechtigung der Beklagten zu 1., nämlich spätestens im März 1997 eingestellt (Abbau im Flöz R). Als schadensverursachende Handlung kommt desweiteren das Einstellen der Wasserhaltung in Betracht, was gleichbedeutend mit dem Unterlassen des weiteren Abpumpens des Grundwassers ist.
46Das Einstellen der Wasserhaltung ist unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 bis 3 BBergG in der Alternative des Gewinnens von Bodenschätzen einschließlich der Nebentätigkeiten zu subsumieren, da hierzu alle Tätigkeiten, die dem Gewinnen nachfolgen, wie die Wasserhaltung und die Grubenbewetterung zählen. Unstreitig sind die Pumpen im Jahre 1997 abgestellt worden.
47d)
48Der rechtsgeschäftliche Rechtsnachfolger im Bergwerkseigentum und damit der Nachfolger in der Bergwerksberechtigung (hier die Beklagte zu 1.) tritt auch nicht mit dem rechtsgeschäftlichen Erwerb des Bergwerkseigentums in die in der Person des früheren Bergbauberechtigten entstandene Haftung ein. Eine solche Haftungsübernahme ist, wie sich aus der Begründung zum BBergG ergibt, nicht gewollt, zum anderen ist dem zivilrechtlichen Schadenersatzrecht ein solcher Übergang fremd.
49e)
50Die Beklagte zu 1.haftet dem Kläger nicht unter Rechtsscheingesichtspunkten.
51Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beklagten zu 1. die Berufung auf die fehlende Passivlegitimation nicht unter dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens verwehrt (vgl. grds. BGH NJW-RR 1990, 417). Danach ist die Rechtsausübung unzulässig, wenn das Verhalten des Berechtigten einen Vertrauenstatbestand begründet und der andere Teil im Hinblick hierauf Dispositionen getroffen hat. Hierzu zählt der vom Bundesgerichtshof entschiedene Fall, wonach derjenige, der jahrelang den Irrtum unterhalten hat, er sei der richtige Schuldner, nicht nachträglich seine Passivlegitimation bestreiten darf.
52Die S-J GmbH hat Verhandlungen mit dem Kläger über aufgetretene Bergschäden und deren Beseitigung zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem sie sowohl Unternehmerin i.S.d. § 115 BBergG als auch Bergbauberechtigte i.S.d. § 116 BBergG war. Mitte 1999 sind diese Funktionen sodann auseinandergefallen, indem die S-J GmbH ihre Bergbauberechtigung in Form des Bergwerkseigentums 1998 durch Rechtsgeschäft auf die Rechtsvorgängern der Beklagten zu 1., die E AG H, übertragen hat und diese am 21.05.1999 ins Bergwerksgrundbuch eingetragen worden ist. In der Folgezeit hat dann die E AG die Verhandlungen über Bergschäden und deren Beseitigung mit dem Kläger weitergeführt und am 25.04.2002 (Anlage 18) ein Regulierungsangebot übermittelt, obwohl sie in ihrer Stellung als Bergbauberechtigte, erworben durch eine Rechtsnachfolge qua Rechtsgeschäft, nach ihrer eigenen Rechtsauffassung für solche Schäden nicht haftete. Insgesamt hat sie– soweit dokumentiert – vom 29.06.2000 an unter der Bezeichnung E AG "handelnd im Namen und auf Rechnung der R I AG" bis zum 25.10.2004 mit dem Kläger korrespondiert. Nachdem die Vergleichsverhandlungen gescheitert waren (dazu vgl. unten), hat der Kläger durch seinen Rechtsanwalt bei der E AG angefragt (vgl. Anlage B 2), ob die S-J GmbH noch existiert, welcher Unternehmer i.S.v. § 115 Abs. 1 BBergG den Bergbau betrieben hat oder für eigene Rechnung hat betreiben lassen und mitgeteilt, nach seinem Kenntnisstand habe die E AG das Risswerk für die oben genannten Flöze als Unternehmer i.S.v. § 63 Abs. 1 BBergG angefertigt. Auf diese Anfrage hat die E AG mit Schreiben vom 25.10.2004 (Anlage B 3) geantwortet und mitgeteilt, in vorbezeichneter Angelegenheit handele die Gesellschaft im Namen und für Rechnung der R I AG. Weiter heißt es: "Auch gehen wir weiter davon aus, dass durch den Schriftverkehr vom 16.12.2003 mit Ihnen und unserem abschließenden Angebot vom 17.12.2001 bzw. 25.04.2002 alle Informationen dem Eigentümer bekannt sind. Hinsichtlich ihrer Anfrage können sie eine Einsichtnahme ins Handelsregister sowie des Grubenbildes beim zuständigen Bergamt vornehmen." Der Kläger hatte am 19.11.2003 (Anlage 24) in das Grubenbild Einsicht genommen. Aus dem Einsichtnahmeprotokoll ergibt sich, dass Betreiberin des Bergwerks die S-J GmbH war. Als Reaktion auf das Schreiben der E AG vom 25.10.2004 hat der Klägervertreter am 12.11.2004 einen Handelsregisterauszug für die S-J GmbH angefordert (Anlage 21) und als Antwort hierauf am 16.11.2004 (Anlage 22) den Handelsregisterauszug für die Beklagte zu 2. bekommen, bei dem notiert ist, dass die S-J GmbH mit der Beklagten zu 2. im Dezember 1999 verschmolzen worden ist.
53Betrachtet man den Sachverhalt bis einschließlich 25.10.2004, nämlich der Anfrage des Klägervertreters bei der E AG nach dem Schicksal der S-J GmbH und der Frage nach dem Unternehmer i.S.d. § 115 BBergG, ist dieser durchaus geeignet, einen haftungsrelevanten Rechtsschein zu setzen, da die Beklagte zu 1. übergangslos und soweit ersichtlich ohne weitere Erklärungen die Korrespondenz auf Seiten der S-J GmbH übernommen und in der Korrespondenz selbst auch keine Einschränkungen hinsichtlich ihrer Schuldnerstellung gemacht hat, insbesondere in dem Abfindungsangebot vom 25.04.2002 keine Einschränkungen aufgenommen und keinen Verweis auf die Beklagte zu 2. vorgenommen hat. Diesen Rechtsschein hat die Beklagte zu 1. durch ihre Antwort auf die Frage des Klägers vertieft oder neu gesetzt, wenn sie schreibt, dass sie der Auffassung sei, dass durch den Schriftverkehr vom 16.12.2003 und das abschließende Angebot vom 17.12.2001 bzw. 25.04.2002 alle Informationen bekannt seien. Diese Antwort war geeignet bei dem Kläger eine falsche Vorstellung darüber zu bestätigen, dass die E AG, handelnd im Rahmen und auf Rechnung für die R I AG, Schuldnerin eines bergschadensrechtlichen Anspruches sein könnte.
54Eine Rechtsscheinhaftung der Beklagten zu 1. scheitert jedoch, was auch das Landgericht so gesehen hat, daran, dass es für die Annahme eines zugunsten des Klägers wirkenden Vertrauenstatbestandes erforderlich ist, dass der Kläger selber auf den gesetzten Rechtsschein vertraut hat. Dies ist schon aufgrund des Anfrageschreibens des Klägervertreters fraglich, das belegt, dass der Kläger im Zweifel über und auf der Suche nach dem richtigen Anspruchsgegner nach § 115 BBergG war. Durch das im November 2004 folgende Verhalten, das als Reaktion auf das Schreiben der Beklagten vom 25.10.2004 zu sehen ist, hat der Kläger endgültig dokumentiert, dass er auf einen möglichen Rechtsschein nicht vertraut hat. Seine Anfrage beim Handelsregister zum Schicksal der S-J GmbH und die (Fehl-)Interpretation des erhaltenen Grundbuchauszugs, der die erforderlichen Auskünfte und auch den Hinweis auf die Beklagte zu 2. als Unternehmerin in deutlicher Weise enthält, belegen, dass der Kläger(vertreter) bei der von ihm angestellten, grundsätzlich in seinem eigenen Verantwortungsbereich liegenden Suche nach dem richtigen Anspruchsgegner den falschen ermittelt hat. Erhebt er dann die Klage gegen die Beklagte zu 1. beruht dieses nicht auf einem weiterhin fortwirkenden, von der Beklagten zu 1. in zurechenbarer Weise gesetzten Rechtsschein, sondern auf seiner eigenen (Fehl-)Entscheidung.
55e)
56Die Beklagte zu 1. haftet nicht nach §§ 115 oder 116 BBergG aus dem Gesichtspunkt einer Schuldmitübernahme.
57Beim Schuldbeitritt tritt der Mitübernehmer zusätzlich neben den bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis ein, beide werden Gesamtschuldner i.S.d. §§ 421 ff BGB. Die rechtsgeschäftliche Schuldmitübernahme ist im BGB nicht geregelt. Sie ist aber als reiner Verpflichtungsvertrag nach § 311 Abs. 1 BGB zulässig. Der Vertrag kann zwischen dem Gläubiger und dem Beitretenden abgeschlossen werden. Die Schuldmitübernahme ist grundsätzlich formfrei. Die Korrespondenz zwischen der E AG und dem Kläger bietet für eine solche Schuldmitübernahme keinen hinreichenden Anhaltspunkt. Das gilt insbesondere für den Schriftwechsel ab dem 29.06.2000, in dem erstmals die E AG in Erscheinung tritt. Mitteilungen der E AG darüber, dass sie anstelle der S-J GmbH eintrete oder ähnliches liegen nicht vor. Der weiteren, die Entschädigungsangebote enthaltenen Korrespondenz sind keine Erklärungen zu einer Schuldmitübernahme zu entnehmen. Der Auffassung des Klägers, dass eine solche insbesondere in der Formulierung im Schreiben vom 25.04.2002 (Anlage 18) sowie im Schreiben der E AG vom 17.12.2001 (Anlage 13), in dem es heißt, dass "wir" nunmehr bereit seien, eine endgültige Schadensregulierung dieser Angelegenheit durchzuführen…. "…gleichwohl zahlen wir vergleichsweise für zerrungsbedingte Schäden an anderen Stellen einen pauschalen Entschädigungsbetrag in Höhe von 20.000 DM. Zur Abgeltung sämtlicher Ersatzansprüche, die sich aus den reparablen und nicht reparablen Gebäudeschäden (…) ergeben, sind wir vergleichsweise bereit, eine Pauschalabgeltung von DM 260.000 für das obige Anwesen zu zahlen (…) Mit diesem Angebot sind alle Bergschäden und sämtliche Bergschadenersatzansprüche einschließlich Folgeschäden aus unserer ehemaligen untertätigen bergbaulichen Abbautätigkeit endgültig abgegolten und ausgeglichen" ist nicht zu folgen. Es lässt sich nicht feststellen, dass das Angebot der "Bergschadensabteilung" im Unternehmen "E AG", welches "im Namen und für Rechnung der R I AG" handelt, darauf gerichtet sein sollte, dem Kläger neben und zusätzlich zu dem wahren Schuldner, nämlich der R AG als Rechtsnachfolgerin der Unternehmerin und ehemaligen Bergbauberechtigten, eine weitere Schuldnerin zur Verfügung zu stellen und dies konnte auch der Kläger nach § 133 BGB als Empfänger dieser Erklärung nicht annehmen. Dies hat er auch nicht angenommen, da anderenfalls seine Suche nach dem richtigen Anspruchsgegner nicht verständlich ist.
58B. Klage gegen die Beklagte zu 2.
59Ein ggfls. durchgreifender Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2. ist, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, verjährt.
601.
61Die Beklagte zu 2. ist passivlegitimiert. Sie ist als Rechtsnachfolgerin der S-J GmbH Unternehmerin i.S.v. § 115 BBergG und als Rechtsnachfolgerin der ehemals bergbauberechtigten S-J GmbH auch Haftende im Sinn des § 116 BBergG.
622.
63Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. sind nach § 117 Abs. 2 BBergG i.V.m. § 194 ff BGB, § 170 a BBergG, Art. 229 § 6 EGBG verjährt.
64a)
65Zunächst ist die Verjährungsregelung nach altem Recht festzustellen. Nach § 117 Abs. 2 BBergG a.F. verjährten bergrechtliche Schadensersatzansprüche in 3 Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Ersatzberechtigte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat.
66Am 06.08.1999 jedenfalls hatte der Kläger Kenntnis vom Vorliegen von Bergschäden, da er zuvor das Gutachten des Sachverständigen O bezüglich der Schäden an seinen Gebäuden und der Frage ihrer Bergbaubedingtheit eingeholt hatte. Er hatte auch Kenntnisse des Ersatzpflichtigen, der zu diesem Zeitpunkt die S-J GmbH war, mit der der Kläger schon spätestens seit Anfang der 90er Jahre in Korrespondenz über Bergschäden an seinem Anwesen stand. Das gilt sowohl bezüglich der S-J GmbH als Unternehmerin als auch bezüglich der S-J GmbH als Bergbauberechtigte. An der Kenntnis des Ersatzpflichtigen hat sich nicht dadurch etwas geändert, dass die S-J GmbH zum Ende des Jahres 1999 aufgelöst und mit der Beklagten zu 2. verschmolzen worden ist. Die Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen erfordert nicht die Kenntnis der Person des Rechtsnachfolgers (MünchKomm/Grothe, § 199 BGB, Rdnr. 27).
67Daraus ergibt sich, dass ohne das Dazwischentreten weiterer Ereignisse der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2. frühestens am 06.08.2002 verjährt gewesen wäre.
68b)
69Aufgrund des nach dem 31.12.2001 liegenden Verjährungseintritts greift § 170 a BBergG i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ein. Für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist bedeutet dies nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, dass weiterhin das alte Recht Anwendung findet, d.h. die Verjährung am 06.08.1999 zu laufen begann und nicht erst am Jahresende.
70c)
71Bezüglich einer ggfs. vorliegenden Hemmung, deren Ablauf und dem Neubeginn der Verjährung bezogen auf den Zeitraum bis zum 31.12.2001 beurteilt sich die Rechtslage ebenfalls nach altem Recht. Das heißt: Nach § 117 Abs. 2 Satz 2 BBergG a.F. tritt eine Hemmung der Verjährung bei Vergleichsverhandlungen ein, bis einer der Beteiligten die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Verhandlungen bedeuten in dem Zusammenhang, dass der Inanspruchgenommene die Forderung nicht gleich ablehnt, sondern sich auf eine Erörterung einlässt und zu erkennen gibt, er werde unter bestimmten Voraussetzungen bereit sein, Ersatz zu leisten. Verweigerung liegt dann vor, wenn ein Teilnehmer der Verhandlungen eindeutig zu erkennen gibt, dass er eine weitere Verhandlung über die Forderung ablehnt. Bei Beginn des Laufs der Verjährung am 06.08.1999 ergeben sich folgende Hemmungszeiten wegen laufender Verhandlungen:
72Aufgrund der im Schreiben der S-J GmbH vom 11.08.1998 (Anlage 17) in Aussicht gestellten Beauftragung des Sachverständigen L unter Ankündigung eines Entschädigungsangebots und dem Rückstellungsersuchen bezüglich der Beauftragung eines eigenen Sachverständigen durch die Klägerin, nämlich des Sachverständigen O, war der am 06.08.1999 beginnende Lauf der Verjährungsfrist schon direkt am 06.08.1999 gehemmt und blieb dies bis zum Schreiben vom 17.12.2001 (Anlage A 13), in dem die E AG dem Kläger ein Entschädigungsangebot für den Wald und das Bauwerk übermittelte. Unter Hinzurechnung von drei Tagen bis zum Erhalt des Schreibens auf Klägerseite, ergibt sich, dass die Verjährung jedenfalls vom 06.08.1999 bis zum 31.08.1998 (25 Tage), vom 01.09.1999 bis 30.11.2001 (27 Monate) sowie vom 01.12.2001 bis 20.12.2001 (20 Tage) gehemmt war. Weiterhin war die Verjährung gehemmt für die Zeit nach Erhalt des Angebots, in der eine Stellungnahme des Klägers zu diesem Angebot erwartet werden konnte, bis die Beklagte zu 1. am 25.04.2002 - nachdem der Kläger wohl eine ablehnende Antwort verfasst hatte - schrieb, dass das Regulierungsangebot nicht erhöht werde (beim unterstellten Eingang am 28.04.2002 beim Kläger). Hieraus ergibt sich eine Hemmung der Verjährung vom 21.12.2001 bis zum 31.12.2001 (11 Tage), vom 01.01.2002 bis zum 31.03.2002 (3 Monate) und vom 01.04.2001 bis zum 28.04.2001 (28 Tage). Zusammengerechnet ergibt sich eine Hemmung der Verjährung für 30 Monate = 903 Tage zuzüglich weiterer 84 Tage, d.h. insgesamt von 987 Tagen, was 2 Jahren und 257 Tagen entspricht.
73Anders als der Kläger meint, kann die nach dem 25.04.2002 liegende Korrespondenz zwischen den Parteien nicht als ein Weiterlaufen dieser Verhandlungen interpretiert werden. Nach dem Schreiben vom 25.04.2002 hat sich in dieser Angelegenheit über ein Jahr lang nichts getan, bis schließlich der Kläger am 21.05.2003 bei der E AG an eine "unerledigte Angelegenheit" erinnerte (Anlage A 43) und sodann am 16.12.2003 die E AG dem Kläger mitteilte, das Angebot vom 17.12.2001 sei ausreichend bemessen, weitere gebe es nicht. Unterstellt man den Inhalt des von dem Kläger behaupteten Telefonats vom 06.01.2004 (GA II 635) als richtig, kann auch diesem kein Verhandeln über den Anspruch und dessen vergleichsweise Erörterung entnommen werden, insbesondere geht daraus eindeutig hervor, dass die Beklagtenseite nicht zu einer Verhandlung bereit war, sondern den Kläger nur vor die Alternative stellte, dieses Angebot anzunehmen oder es bleiben zu lassen.
74Daraus ergibt sich folgende Berechnung: Ausgehend von einem regulären Verjährungsende am 06.08.2002 folgt ein Verjährungsfristende für die zwei vollen Jahre der Hemmung auf den 06.08.2004 und sodann für die verbleibenden 257 Tage auf den 20.04.2005. Da für die Verjährung ab dem 01.01.2002 gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB auch die neuen Verjährungsvorschriften gelten, die bezüglich des Tatbestands "Vergleichsverhandlungen" in § 203 BGB nichts anderes vorsehen als § 117 Abs. 2 Satz 2 BBergG a.F., ergibt sich, dass nach § 203 Satz 2 BGB zu diesem Verjährungsfristende noch weitere 3 Monate hinzuzurechnen sind, so dass sich ein Fristablauf zum 21.07.2005 vorliegt. Die Klage gegen die Beklagte zu 2. ist aber erst am 18.10.2005 bei Gericht eingegangen.
75d)
76Es liegt kein Fall des § 208 BGB a.F.(= Unterbrechung) oder § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. (= Neubeginn der Verjährung) durch Anerkenntnis vor. Der Kläger meint, dies mit einem Schreiben der E AG an ihn vom 29.06.2000 (Anlage 44) belegen zu können, in dem die E AG zur Vermeidung des Auftretens weitergehender Schäden eine Verpressung von Rissen anbietet.
77Nach § 208 BGB a.F. bzw. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. beginnt die Verjährung erneut, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Das Anerkenntnis in diesem Sinne ist ein rein tatsächliches Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs unzweideutig ergibt (vgl. Palandt/Heinrichs, § 212 BGB Rn. 2 m.w.N.). Einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung bedarf es nicht. Bei der Auslegung sind die Interessenslage und ggfs. auch außerhalb des Erklärungsakts liegende Begleitumstände, wie insbesondere die Korrespondenz der Parteien, zu berücksichtigen. Ein Vergleichsangebot kann ein Anerkenntnis darstellen, wenn sich aus ihm ergibt, dass der Anspruchsgrund nicht bestritten werden soll. In der Regel ist aber davon auszugehen, dass Vergleichsverhandlungen unter Aufrechterhaltung der beiderseitigen Rechtsstandpunkte geführt werden, die dabei abgegebenen Erklärungen haben nach Scheitern der Verhandlungen keine Wirkung mehr (vgl. dazu BGH NJW RR 2002, 1433; Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 4 m.w.N.).
78Aus dem Schriftwechsel der Parteien ergibt sich kein Anerkenntnis der Beklagten zu 1. oder Beklagten zu 2. im oben dargestellten Sinne. Die Beklagte zu 1. mag u.U. anerkannt haben, dass es grundsätzlich zu Bergschäden am Eigentum des Klägers gekommen sein kann, aber sie hat von Anfang an den Standpunkt vertreten, dass überwiegend altersbedingte Schäden vorlägen und damit bezüglich jedes einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadens die Qualifizierung als Bergschaden im Streit stehe und damit auch die Haftung dem Grunde nach, nicht nur der Höhe nach (vgl. Schreiben der E AG an den Kläger vom 17.12.2001 (A 13), vom 25.04.2002 (A 18) und 16.12.2003 (A 14)). Auch zuvor hatte es schon zurückweisende Schreiben bzgl. geltend gemachter Ansprüche gegeben, so am 22.07.1999 die Zurückweisung der vom Kläger geltend gemachten (und auch hier streitgegenständlichen) Ansprüche bezüglich Schäden am Torbogen des Gebäudes. Darüber hinaus erfolgte das Angebot der Rissverpressung zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger zugleich darum kämpfte, das von der Beklagten eingeholte Gutachten L zu den Schäden und ihren Ursachen umfänglich zur Kenntnis gebracht zu bekommen, so dass dem Verhalten der Beklagten in der Gesamtschau gerade kein Anerkenntnis beizumessen ist.
79e)
80Entgegen der Auffassung des Klägers ist bzgl. des Tatbestandsmerkmal der "Kenntnis vom Schaden" – weder bzgl. des ganzen noch eines Teils des Schadens - auf einen späteren Zeitpunkt als dem vom Kläger behaupteten Zeitpunkt der Kenntnisnahme am 06.08.1999 abzustellen.
81Der Kläger trägt hierzu vor, dass er erst durch das eingeholte Sachverständigengutachten I im November 2003 davon Kenntnis erhalten habe, dass Ursache für einen Teil der Bergschäden das Einstellen der Wasserhaltung im Jahre 1997 gewesen sei, von dieser selbst habe er auch erst durch das Gutachten erfahren.
82Im Rahmen des § 199 BGB zur Feststellung des Beginns der Verjährungsfrist kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs an. Entstanden ist ein Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Speziell für Schadensersatzansprüche beginnt der Lauf der Verjährung mit der Möglichkeit, gegen einen ernsthaft als Anspruchsgegner in Betracht kommenden Ersatzpflichtigen Stufen- oder Feststellungsklage zu erheben, nicht erforderlich ist, dass der Berechtigte den Anspruch beziffern kann. Der Schadensersatzanspruch entsteht grundsätzlich einheitlich auch für die erst in Zukunft fällig werdenden Beträge, sobald ein erster Teilbetrag im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden kann (Palandt/Heinrichs, § 199 BGB, Rn. 14). An diesem Grundsatz hat auch die Reform des Verjährungsrechts nichts geändert.
83Für nachträglich auftretende Schadensfolgen (sogenannte Verschlimmerung) gilt dieser Grundsatz der Schadenseinheit nur, wenn sie im Zeitpunkt der Kenntnis vom Erstschaden als möglich voraussehbar waren (BGH NJW 99, 861; Palandt/Heinrichs, a.a.O. Rn. 31). Der Grundsatz der Schadenseinheit gilt damit nicht für Schäden, die nicht, auch nicht vom Fachmann, vorherzusehen waren, sie sind von der allgemeinen Schadenskenntnis nicht erfasst. Für sie beginnt die Verjährung erst, wenn der Geschädigte von der neuen Schadensfolge und dem Kausalzusammenhang mit der pflichtwidrigen Handlung Kenntnis erlangt hat. Diese Problematik steht im engen Zusammenhang mit dem sog. "Dauerschaden". Dauert die schädigende Handlung an oder wiederholt sie sich, oder haben mehrere selbständige Handlungen jeweils Schäden verursacht, so beginnt die Verjährungsfrist entweder nach Ablauf bestimmter Zeitabschnitte für die während dieses Zeitraums eingetretenen Schäden oder wenn sich eine solche Zäsur nicht machen lässt, mit Ende der schädigenden Handlung, bei mehreren schädigenden Handlungen jeweils mit der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis von ihnen.
84Unstreitig und hier auch nicht problematisch ist die Kenntnis des Klägers bzgl. des aktiv betriebenen Abbaus Untertage, sei es durch ein Aufsuchen von Abbaugebieten, den Abbau als solchen oder den Abtransport im Zusammenhang mit dem Abbau. Fraglich ist nun, ob, wie der Kläger meint, hiervon als eigenständige Handlung (als Ausnahme zur Schadenseinheit) das Einstellen der Wasserhaltung nach Einstellung des Abbaus abzugrenzen ist.
85Eine solche Unterscheidung ist hier nicht vorzunehmen, da sich der Untertageabbau und seine Beendigung, welche durch die Einstellung der Wasserhaltung markiert ist, nicht in unterschiedliche Handlungen aufspalten lassen, denen nachfolgende Schäden eindeutig zugeordnet werden können. So ordnet der Kläger die Schäden (über 500 Fotos) weder der eigentlichen Abbautätigkeit oder dem späteren Einstellen der Grundwasserhaltung zu, noch gibt er an, wann sie ihm jeweils erstmals aufgefallen sind. Die Unmöglichkeit einer solchen Abgrenzung dokumentiert sich insbesondere auch an der Tatsache, dass die durch den Abbau Untertage erfolgte Absenkung des Erdniveaus zu charakteristischen Schäden an Gebäuden führen, die u.U. verschlimmert oder vertieft werden, wenn infolge der Einstellung der Wasserhaltung im Anschluss daran die abgesunkene Erdoberfläche wieder ansteigt. Nirgends lässt sich erkennen, auch in den vom Kläger vorgelegten Gutachten nicht, dass die durch den Wiederanstieg des Grubenwassers ggfls. bedingten Schäden gänzlich andere sind als die zuvor durch die Absenkung entstandenen. Schon damals aber war bekannt - und diese Kenntnis hatte auch der Kläger, wie seine jahrelange Korrespondenz belegt -, dass Bergschäden (unabhängig von der sie konkret verursachenden Handlung) sich während und auch nach dem tatsächlichen Einstellen des Bergbaubetriebes weiterentwickeln oder erstmals eintreten können, da die unterirdische bergbaubetriebliche Einwirkung auf die geologischen Verhältnisse fortdauert. Ob dieser weitere Einfluss auf dem Einbruch unterirdischer Stollen, Wassereinbrüchen oder dem Anstieg des Grundwassers beruht, berührt die tatsächlich eingetretene Kenntnis des Klägers von unter seinem Grundstück vorgenommene Bergbauhandlungen und den damit einhergehenden Gebäudeschäden nicht. Es liegt auch kein Fall vor, in dem die durch die Einstellung der Wasserhaltung möglicherweise zusätzlich verursachten Schäden im Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Klägers von den Erstschäden nicht absehbar waren. Es kommt, und dies verkennt der Kläger, nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme von einer neuen, zweiten Schadensursache für das spätestens seit 1999 bekannte, sich ständig erweiternde und verändernde Schadensbild an. Die 1999 vorgenommene Einordnung der Gebäudeschäden als Bergschäden im Sinne des § 114 BBergG im Zusammenhang mit der schadensverursachenden Handlung "Gewinnen von unterirdischen Rohstoffen" machte dem Kläger eine Leistungsklage in Verbindung mit einer Feststellungsklage schon damals möglich.
86Es bleibt damit bei einem einheitlichen Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs und der Kenntnis des Klägers von demselben am 06.08.1999 und damit nach Erhalt des Gutachtens Oswald, welches die aufgetretenen Schäden oder ein Teil derselben eindeutig feststellt und dem Untertagebergbau zugeordnet hat.
87Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 01.10.2009 gibt keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung.
88C.
89Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
90Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10. 711 ZPO.
91Die Revision wird nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO im Hinblick auf die Auslegung zu § 116 BBergG zugelassen.
92Streitwert für die Berufungsinstanz und Beschwer des Klägers: 915.760,40 €