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Auf die Berufung des Klägers wird das am 31. Oktober 2007
verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts
Duisburg (4 O 227/07) teilweise abgeändert und insgesamt
wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 67.762,50 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 26. Juni 2007 zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils von ihr zu vollstrecken-
den Betrages leistet.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Form einer Bodenrente in Anspruch. Dem Klagebegehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2Im Jahr 2003 war die Zeugin M. O., Ehefrau des Klägers, Eigentümer des ca. 6.950 qm großen, unbebauten Grundstücks Gemarkung D., Flur 1., Flurstück 1..... Dieses Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Beklagten Nr. 2.., der den Bereich als Gewerbegebiet ausweist.
3Am 4. Dezember 2003, eingegangen bei der Beklagten am 5. Dezember 2003, stellte der Kläger einen Antrag auf Bauvorbescheid, mit dem die Genehmigungsfähigkeit in erschließungs- und planungsrechtlicher Hinsicht für einen von ihm geplanten Neubau eines Verbrauchermarktes mit 695 qm Verkaufsfläche auf dem oben genannten Grundstück ausgesprochen werden sollte.
4Am 23. März 2004 trat die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2.. in Kraft. Diese sah vor, die im Bebauungsplan festgesetzte gewerbliche Nutzung für bestimmte Einzelhandelsnutzungen mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten zu beschränken.
5Am 30. April 2004 übertrug die Ehefrau des Klägers den hälftigen Anteil des hier in Rede stehenden Grundstücks auf den Kläger. Die Eintragung des hälftigen Miteigentumsanteils im Grundbuch wurde am 3. Juni 2004 vollzogen.
6Mit Bescheid vom 1. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Bauvorbescheid ab, weil das geplante Bauvorhaben den Festsetzungen der 1. Änderung des Bebauungsplans widerspreche; die Gewerbegebietsfestsetzung im Bebauungsplan enthalte Beschränkungen für bestimmte Einzelhandelsnutzungen, zu denen auch der vom Kläger geplante Betrieb eines SB-Verbrauchermarkts gehöre.
7Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er unter anderem damit begründete, die erste Änderung des Bebauungsplans sei unter Berücksichtigung der vom OVG Münster im Urteil vom 9. Oktober 2003, Az.: 10 a D 76/01 NE, aufgestellten Rechtsgrundsätze nichtig.
8Mit Bescheid vom 6. Juli 2005 (Anlage K 1) wies der Landrat des Kreises W. den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Bauvoranfrage müsse auf der Grundlage des Bebauungsplans beurteilt werden, solange die Nichtigkeit des Bebauungsplans nicht festgestellt worden sei, was nur aufgrund eines Normenkon- trollverfahrens gemäß § 47 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht erfolgen könne.
9Diesen Widerspruchsbescheid ließ der Kläger bestandskräftig werden.
10Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2005 erhob der Kläger beim OVG Münster Normenkon- trollklage, mit der er die Feststellung begehrte, dass die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2.. nichtig sei. Durch Urteil vom 21. Mai 2007 gab das OVG Münster dieser Normenkontrollklage statt.
11Am 15. Juni 2007 wurde der Zeuge C. O. (Sohn des Klägers) als Eigentümer des hier in Rede stehenden Gewerbegrundstücks im Grundbuch eingetragen.
12Am 1.. Juli 2007 stellte die Firma L. einen Bauantrag für einen Supermarkt. Ende November 2007 erhielt sie die Baugenehmigung.
13Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte hätte seinem Antrag auf Bauvorbescheid vom 4. Dezember 2003 spätestens bis zum 24. Januar 2004 entsprechen müssen.
14Deshalb begehrt er für den Zeitraum vom 24. Januar 2004 bis zum 25. April 2007 eine Entschädigung in Höhe einer Bodenrente, wobei er einen Bodenrichtwert von 100,- € je qm sowie eine Verzinsung in Höhe von 6 % zugrunde legt. Außerdem begehrt er Erstattung vorprozessual angefallener Anwaltskosten, die für die außergerichtliche Geltendmachung dieses Entschädigungsanspruchs angefallen seien.
15Demgegenüber mache er keinen Anspruch aus Amtshaftung (§ 839 BGB) geltend.
16Der Kläger hat behauptet, er hätte umgehend einen ordnungsgemäßen Bauantrag gestellt, wenn die Beklagte den Bauvorbescheid erteilt hätte. Denn die Firma P. habe bereit gestanden, um auf dem Grundstück einen Verbrauchermarkt zu betreiben. Mithin habe er sowohl die konkrete Möglichkeit der Nutzung als auch den Nutzungswillen gehabt, das Grundstück für das im Bauvorbescheid vorgesehene Bauvorhaben zu nutzen.
17Der Kläger hat beantragt,
181.
19die Beklagte zu verurteilen, an ihn 135.525,- € nebst Zinsen in
20Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
2121. Mai 2007 zu zahlen;
222.
23die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.190,24 € nebst Zinsen in
24Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 26. Juni 2007 zu zahlen.
25Die Beklagte hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der geltend gemachte Entschädigungsanspruch sei unbegründet, weil der Kläger nicht die konkrete Absicht und die konkrete Möglichkeit dargetan habe, das Grundstück selbst zu bebauen oder zu Bebauungszwecken zu veräußern. Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff scheitere daran, dass durch den Bauvorbescheid nicht unmittelbar in eine eigentumsrechtlich geschützte Rechtsposition des Klägers eingegriffen worden sei. Schließlich scheitere der Anspruch daran, dass der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid nach dem Widerspruchsverfahren keine Klage erhoben habe.
28In Erwiderung hierzu hat der Kläger die Auffassung vertreten, dieser Einwand sei rechtsmissbräuchlich, da der Landrat ihn, den Kläger, im Widerspruchsbescheid auf das Normenkontrollverfahren verwiesen habe. Darüber hinaus habe er mit dem Normenkontrollverfahren schneller ein Urteil über die Unwirksamkeit des Bebauungsplans erstritten, als dies mit einer durch zwei Instanzen geführten Verpflichtungsklage möglich gewesen wäre.
29Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ansprüche aus § 839 BGB seien wegen § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid kein Rechtsmittel eingelegt habe. Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff scheitere daran, dass kein unmittelbarer Eingriff gegeben sei, denn zum einen habe der Kläger gegen den Widerspruch kein Rechtsmittel eingelegt, zum anderen habe ein Bauvorbescheid keinen unmittelbaren Einfluss auf die bauliche Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks; denn gebaut werden könne das Bauvorhaben erst, nachdem eine Baugenehmigung erteilt sei. Vorher sei die mit dem Bauvorhaben bezweckte Nutzungsmöglichkeit des Eigentums noch nicht ausreichend konkretisiert. Sofern er schon vor Erteilung der Baugenehmigung Schäden erlitten hätte, hätte er diese darlegen müssen.
30Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.
31Der Kläger ist der Ansicht, die Bestandskraft des Widerspruchsbescheides stehe dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch nicht entgegen. Wenn er neben der Normenkontrollklage auch Verpflichtungsklage mit dem Ziel erhoben hätte, den Bauvorbescheid zu erhalten, hätte das Verwaltungsgericht diese Verfahren mit Rücksicht auf die Normenkontrollklage gemäß § 94 VwGO ausgesetzt. Jedenfalls wäre spätestens im Berufungsverfahren der Rechtsstreit wegen des laufenden Normenkontrollverfahrens ausgesetzt worden.
32Auch die Auffassung des Landgerichts, die Entscheidung über die Bauvoranfrage habe keine unmittelbaren Auswirkungen auf die bauliche Nutzung des Grundstücks gehabt, gehe fehl. Denn an Grundstücken, die mit einem SB-Markt ohne Sortimentsbeschränkung bauplanungsrechtlich zulässig bebaut werden dürften, hätten alle großen Discounter (A., P., R., L.) ein starkes Interesse. Bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte, die einem SB-Markt entgegenstehen könnten, seien nicht gegeben. Daher wäre der Wert des Grundstücks bereits dadurch angehoben worden, dass die angefragte Bebauung in planungsrechtlicher, erschließungsrechtlicher und stellplatzrechtlicher Hinsicht für zulässig erklärt worden wäre.
33Der Kläger ergänzt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag dahin, er und die Zeugin M. O. hätten sich – wie als solches unstreitig ist - bei der am 29. Mai 2007 erfolgten Grundstücksübertragung auf den Zeugen C. O. den Nießbrauch an einem ideellen Bruchteil von ½-Anteil am Grundstück einräumen lassen.
34Er behauptet:
35Als er den Antrag für den Bauvorbescheid gestellt habe, seien die Zeugin O. und er sich noch nicht schlüssig gewesen, ob sie den Supermarkt selbst bauen oder mit dem Betreiber einen Erbpachtvertrag abschließen würden. Die Firma P. wäre in beiden Fallgestaltungen daran interessiert gewesen, das Grundstück zu nutzen. Deswegen habe er zusammen mit einem Vertreter der Firma P. ein Gespräch mit der Bürgermeisterin der Beklagten über diese Planungen geführt. Zu diesem Zeitpunkt seien er und die Zeugin O. fest entschlossen gewesen, das Grundstück baulich zu nutzen beziehungsweise nutzen zu lassen. Deswegen habe er den Antrag auch im Auftrag der Zeugin O. gestellt. Ein Verkauf sei demgegenüber nicht in Betracht gekommen, weil geplant gewesen sei, dass dieses Grundstück im Wege der Erbfolge auf den Zeugen C. O. habe übergehen sollen. Nachdem sein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid zurückgewiesen worden sei, habe die Firma P. das Interesse an dem Bauvorhaben verloren.
36Nachdem das Urteil des OVG Münster im Normenkontrollverfahren ergangen sei, hätten er und die Zeugin O. sich entschlossen, mit der Firma L. einen Erbbaurechtsvertrag abzuschließen. Aus erbschaftssteuerrechtlichen Überlegungen hätten sie und der Zeuge O. dann jedoch entschieden, das Grundstück zunächst im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Zeugen O. zu übertragen, so dass dieser dann mit der Firma L. den Erbbaurechtsvertrag abschließen könne. Am 25. Juni 2007 habe der Zeuge O. – als solches unstreitig - über das Grundstück für die Dauer von 30 Jahren einen Erbbaurechtsvertrag mit der Firma L. abgeschlossen; der Erbbaurechtszins belaufe sich auf 93.000,- € pro Jahr.
37Erstmals mit Schriftsatz vom 25. März 2008 hat der Kläger seine Klage auch auf Entschädigungsansprüche der Zeugin O. gestützt und behauptet in diesem Zusammenhang, die Zeugin O. habe die ihr zustehenden Entschädigungsansprüche von Anfang an an ihn, den Kläger, abgetreten.
38Er beantragt,
39unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte
40zu verurteilen, an ihn 135.525,- € nebst Zinsen in Höhe von
415 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Mai
422007 sowie weitere 1.190,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5
43Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Juni
442007 zu zahlen.
45Die Beklagte beantragt,
46die Berufung zurückzuweisen.
47Die Beklagte macht sich die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils zu Eigen und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen.
48Soweit der Kläger nunmehr auch Entschädigungsansprüche der Zeugin O. geltend macht, hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.
49Sie meint weiterhin, eine konkrete Absicht und eine konkrete Möglichkeit, das Grundstück selbst zu bebauen oder zu Bebauungszwecken zu veräußern, sei dem Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Es sei nicht erkennbar, dass die Ablehnung des Bauvorbescheides ein Bauvorhaben oder eine sonstige Nutzung des Grundstücks verhindert oder verzögert habe. Schließlich hätte der Kläger gegen die Versagung des Bauvorbescheides klagen müssen. Hätte diese Klage beim Verwaltungsgericht Erfolg gehabt, hätte sie, die Beklagte, gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel eingelegt.
50Im Übrigen tritt die Beklagte den Rechtsauffassungen des Klägers entgegen.
51Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. und C. O.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 30. September 2009 Bezug genommen.
52Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
53E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
54Die zulässige Berufung des Klägers hat im zuerkannten Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
55A.
56Dem Kläger und der Zeugin O. steht gemäß § 39 OBG dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch wegen der Versagung des beantragten Bauvorbescheides zu.
57I.
58Die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheides war eine ordnungsbehördliche Maßnahme, die objektiv rechtswidrig gewesen ist. Aufgrund des Urteils des OVG Münster vom 21. Mai 2007 seht fest, dass die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2.. nichtig ist, so dass die planungsrechtliche Zulässigkeit sich nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2.. richtete. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass der Kläger auf der Grundlage dieses Bebauungsplans einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheides hatte.
59II.
60Diese rechtswidrige Versagung des Bauvorbescheides stellte entgegen der Auffassung des Landgerichts auch einen unmittelbaren Eingriff in das (damalige) Grundeigentum des Klägers und der Zeugin O. dar. Die Auffassung des Landgerichts, ein dahingehender Eingriff entstehe erst bei der Ablehnung eines Bauantrages, ist fehlerhaft. Das Landgericht übersieht, dass die Nutzungsmöglichkeiten integraler Bestandteil des Eigentums sind mit der Folge, dass ein Baugrundstück auch schon dann Baugrundstück ist, wenn noch keine Baugenehmigung erteilt ist, die Baugenehmigung daher die Baulandqualität des Grundstücks nur bestätigt, also das Grundstück gerade nicht erst mit Erteilung der Baugenehmigung zu einem Baugrundstück wird. Folgerichtig hat auch der BGH schon ausgesprochen, dass bereits mit der Versagung einer Nutzungsmöglichkeit durch einen rechtswidrigen Bauvorbescheid in das Grundstückseigentum eingegriffen wird, weil hierdurch dem Grundstück die gemäß Art. 14 GG eigentumsrechtlich bestehende Nutzungsmöglichkeit genommen wird (vgl. BGHZ 125, 258).
61III.
62Mit der Versagung des Bauvorbescheides hat die Beklagte unmittelbar in das Eigentumsrecht des Klägers und der Zeugin O. eingegriffen.
63Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Versagung eines Bauvorbescheides grundsätzlich nur eine gegen den Antragsteller gerichtete Maßnahme ist, so dass Dritte, die selbst keinen Antrag gestellt haben, grundsätzlich von dieser Versagung nur mittelbar betroffen sind. Dies hat seinen Grund darin, dass die Versagung gegenüber einem anderen, der nicht Antragsteller gewesen ist, grundsätzlich keine materielle Bestandskraft im Sinne einer Feststellungswirkung zukommt. Da er somit jederzeit in der Lage gewesen wäre, selbst einen Antrag zu stellen, wird ihm durch die gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene Versagung nichts genommen.
64Dies gilt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht ausnahmslos. Ob der Dritte, der nicht Antragsteller ist, ebenfalls unmittelbar betroffen ist, entscheidet sich nach normativen Gesichtspunkten gemäß dem Schutzzweck der verletzten Amtspflicht. Entscheidend ist insoweit, ob eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten besteht. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof beispielsweise in Fallgestaltungen, in denen der Antragsteller im Auftrag des tatsächlich selbst bauwilligen Grundstückseigentümers den Baugenehmigungsantrag gestellt hat, einen Entschädigungsanspruch dieses Eigentümers bejaht, obwohl er selbst keinen Bauantrag gestellt hatte (vgl. BGHZ 93, 87; BGH WM 1991; BGH NVwZ 1992, 204).
65Nach Auffassung des Senats ist eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Baugenehmigungsbehörde bei rechtswidriger Versagung des Bescheides nur gegenüber dem Antragsteller Amtspflichten verletzt, in der vorliegenden Fallgestaltung geboten. Wenn nämlich – wie hier – der Antragsteller Miteigentümer des Baugrundstücks ist, dann stellt die rechtswidrige Versagung des beantragten Bescheides nicht nur ihm gegenüber, sondern auch den anderen Miteigentümern gegenüber eine Amtspflichtverletzung dar. In dieser Fallgestaltung besteht nämlich zwischen dem Antragsteller und dem anderen Miteigentümer dieselbe Beziehung zu der verletzten Amtspflicht. Der Grund, warum einem Antragsteller, der zugleich auch Eigentümer des Baugrundstücks ist, ein Entschädigungsanspruch zuseht, liegt darin, dass er als Grundstückseigentümer einen letztendlich in seinem Eigentum wurzelnden Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung hat, er mithin mit seinem Baugesuch wirtschaftlich einen Eigentumsanspruch verfolgt. Diese Ausgangslage trifft in gleicher Weise auch auf die Zeugin O. zu, weil der Kläger gemäß § 1011 BGB als Miteigentümer befugt gewesen ist, diesen Eigentumsanspruch auch für die Zeugin als weitere Miteigentümerin geltend zu machen. Wenn ein Miteigentümer ein Baugesuch stellt, dann wird es sich im Regelfall – wie auch hier – so verhalten, dass dieses Baugesuch auf einer zuvor mit dem anderen Miteigentümer getroffenen Absprache beruht, so dass sein Baugesuch einen gemeinsamen gleichgerichteten Nutzungswillen aller Miteigentümer des Grundstücks dokumentiert. Deswegen ist es für jede Baubehörde offenkundig, dass ein Baugesuch eines Miteigentümers im Regelfall auch ein gleichgerichtetes Bauinteresse der übrigen Miteigentümer auch dann zum Ausdruck bringt, wenn diese selbst keinen Antrag gestellt haben. Mithin ist durch die rechtswidrige Versagung einer Baugenehmigung gegenüber einem Miteigentümer gegenüber den übrigen Miteigentümern keine lediglich mittelbare rein wirtschaftliche Betroffenheit gegeben, die als bloßer Schutzreflex auf ihre Miteigentümerinteressen ausstrahlt, vielmehr sind sie in gleicher Weise betroffen wie der Miteigentümer, der den Bauantrag gestellt hat.
66Auch der weitere Grund, der den Bundesgerichtshof bewogen hat, grundsätzlich Entschädigungsansprüche für Dritte, die keinen Bauantrag gestellt haben, abzulehnen, trifft auf die vorliegende Fallgestaltung nicht zu. Im Ausgangspunkt ist es erforderlich, den Kreis der geschützten Dritten eng zu begrenzen, damit sich das Haftungsrisiko der Gemeinden bei rechtswidrig versagten Baubescheiden nicht auf einen für die Gemeinde nicht mehr überschaubaren Kreis anspruchsberechtigter Dritte erstreckt. Deswegen hat der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang zu Recht ausgeführt, dass es nicht angehen kann, dass der Kreis der geschützten Dritten durch vertragliche Absprachen zwischen dem Antragsteller und Dritten erweitert werden kann. Dieser Gesichtspunkt rechtfertigt es im vorliegenden Fall jedoch nicht, einen Anspruch der Zeugin O. zu verneinen, weil hierdurch das Haftungsrisiko der Beklagten nicht vergrößert wird. Sie muss grundsätzlich bei jedem Baugesuch, das ein Grundstückseigentümer stellt, mit Schadensersatzansprüchen des Eigentümers wegen des Substanzeingriffs in das Grundstückseigentum rechnen. Dieser Anspruch vergrößert sich nicht, wenn dieser Anspruch einer Eigentümergemeinschaft zusteht.
67IV.
68Mit Rücksicht darauf, dass § 39 OBG ein gesetzlich normierter Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff ist (vgl. BGHZ 82, 361), ist das Tatbestandsmerkmal "Schaden" im Sinne von Entschädigung auszulegen.
69Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der enteignungsgleiche Eingriff eine Entschädigung für den Substanzverlust des Eigentums gewährt. Wird die Nutzung des Eigentums an einem Grundstück zeitweise entzogen oder behindert, ist der hierdurch bewirkte Substanzverlust regelmäßig durch Zahlung einer Bodenrente auszugleichen. Für die Bemessung der Bodenrente bietet sich der Betrag an, den ein Bauwilliger für die Erlaubnis zeitlicher baulicher Nutzung gezahlt haben würde (Miet-, Pacht- oder Erbbauzins). Die Bodenrente wird sich dabei weitgehend mit einer angemessenen Verzinsung des bei endgültiger Teilenteignung für die entzogene Substanz geschuldeten Kapitals decken.
70Der Entschädigungsanspruch setzt jedoch voraus, dass der Eigentümer während der Sperre die konkrete Absicht und die konkrete Möglichkeit hat, das gesperrte Grundstück entweder selbst zu bebauen oder zu Bebauungszwecken zu veräußern, und dass die Sperre das Bauvorhaben oder eine sonstige Nutzung des Grundstücks verzögert oder verhindert hat (vgl. BGH WM 1992, 1858; BGH NVwZ 1998, 1329; BGH WM 2001, 1959; BGHZ 170, 99; BGHZ 134, 31.; BGH BB 1994, 1315).
71Diese Voraussetzungen sind gegeben.
72Der Kläger und die Zeugin M. O. hatten die konkrete Möglichkeit, ihr Grundstück für den Betrieb des in der Bauvoranfrage näher konkretisierten SB-Verbrauchermarktes zu nutzen. Dieses Merkmal verlangt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass der Anspruchsteller konkret darlegen und beweisen muss, dass er einen seinem Nutzungswillen entsprechenden Nutzungsvertrag bereits abschlussreif ausgehandelt hatte, so dass es nicht darauf ankommt, wie weit die seinerzeit vom Antragsteller geführten Verhandlungen mit der Firma P. gediehen waren. Entscheidend ist allein, dass der Kläger und die Zeugin das Grundstück zum Betrieb eines solchen Verbrauchermarktes auf dem Markt hätten anbieten können. Dass das Grundstück für den Betrieb eines Verbrauchermarktes seinerzeit nachgefragt war, belegt allein schon der Umstand, dass die Firma P. konkretes Interesse gezeigt hatte, einen Verbrauchermarkt auf diesem Grundstück zu betreiben.
73Dem steht nicht entgegen, dass sich die Beklagte zu dem diesbezüglichen Vorbringen des Klägers mit Nichtwissen erklärt hat, denn dieses Bestreiten ist gemäß § 138 ZPO unbeachtlich. Es ist unstreitig, dass der Kläger zusammen mit einem Vertreter der Firma P. vor Stellung der Bauvoranfrage im Mai 2003 mit der Bürgermeisterin der Beklagten ein Gespräch geführt hat, um abzuklären, ob das Grundstück für einen Verbrauchermarkt genutzt werden kann. Mithin ist der Beklagten bekannt, dass die Firma P. seinerzeit konkretes Interesse an einer dahingehenden Nutzung des Grundstücks bekundet hatte.
74Aufgrund des Ergebnisses der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger und die Zeugin O. auch die konkrete Absicht hatten, ihr Grundstück einer Nutzung zum Betrieb eines Verbrauchermarktes zuzuführen.
75Die Zeugen O. haben bekundet, dass der Kläger und die Zeugin O. zum Zeitpunkt der Stellung der Bauvoranfrage beabsichtigten, das Grundstück einerseits für ihre eigene Alterssicherung zu nutzen, sie andererseits aber auch planten, das Grundstück an den Zeugen C. O. zu vererben. Vor diesem Hintergrund hatten sie sie sich erbschaftssteuerlich beraten lassen. Um zu verhindern, dass der Zeuge C. O. Erbschaftssteuer zahlen muss, hatten sie sich entschlossen, das Eigentum am Grundstück zunächst vor Verwirklichung der baulichen Nutzung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Zeugen O. zu übertragen. Damit für diese Übertragung keine Schenkungssteuer anfiel, war es erforderlich, dass zunächst die Zeugin M. O. einen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück auf den Kläger überträgt und der Kläger und die Zeugin sodann das Grundstück auf den Zeugen O. übertragen.
76Ihre eigene Altersversorgung sollte dadurch abgesichert werden, dass die Schenkung des Grundstücks an den Zeugen O. mit der Maßgabe verbunden wird, dass dieser das Grundstück entweder selbst mit einem SB-Verbrauchermarkt bebaut und diesen anschließend vermietet, oder dass er mit einem Betreiber eines Verbrauchermarktes einen Erbbaupachtvertrag abschließt, wobei der Kläger und die Zeugin O. die letztgenannte Möglichkeit bevorzugten, weil der Bau des Supermarktes wegen der erheblichen Kosten ein großes finanzielles Risiko bedeutete. Die Einnahmen aus der Vermietung oder der Erbpacht wollten sie sich durch Bestellung eines Nießbrauchs zu ihren Gunsten sichern, soweit diese für ihre eigene Altersversorgung benötigt werden.
77Diese Aussagen der Zeugen sind glaubhaft. Dass die damaligen Planungen des Klägers und der Zeugin O. in diese Richtung gingen, wird indiziell dadurch bestätigt, dass die Zeugin M. O. noch vor Bescheidung der Bauvoranfrage des Klägers einen hälftigen Eigentumsanteil am Grundstück auf den Kläger übertragen hat und schließlich auch entsprechend dieser Planung das Grundstück tatsächlich einer baulichen Nutzung als Verbrauchermarkt zugeführt worden ist, nachdem das OVG Münster die Änderung des Bebauungsplans für nichtig erklärt hatte und die Beklagte daraufhin die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit dieses Bauvorhabens nicht mehr in Abrede stellte.
78Hierin manifestiert sich der Wille des Klägers und der Zeugin O., das Grundstück auch für sich selbst durch Bebauung mit einem SB-Verbrauchermarkt wirtschaftlich nutzen zu wollen. Dem steht nicht entgegen, dass sie das Eigentum am Grundstück unentgeltlich auf den Zeugen O. übertragen wollten, denn dieser sollte nur das mit einem Nießbrauch belastete Grundstück erhalten, so dass der Kläger und die Zeugin das Eigentum und die damit verbundene wirtschaftliche Nutzung des Grundeigentums nicht vollständig aus der Hand geben wollten. Der bei ihnen verbleibende Nießbrauch als Teil des Grundeigentums und stellt damit eine wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks dar, die ebenfalls den Schutz des Art. 14 GG genießt.
79B.
80Aus der vom Kläger und der Zeugin O. geplanten Nutzung des Grundstücks folgt indes, dass ihnen nur ein Entschädigungsanspruch in Höhe der Hälfte der Bodenrente zusteht, weil sie auch nur die konkrete Absicht hatten, die Hälfte des Ertrages aus der baulichen Nutzung für sich selbst zu behalten, während sie die andere Hälfte an den Zeugen O. verschenken wollten, ihm also diesen Teil der Nutzungen zukommen lassen wollten.
81Weil der Ertragswert des mit einem Verbrauchermarkt bebauten Grundstücks über dem lag, was der Kläger und die Zeugin für ihre eigene Alterssicherung beanspruchen wollten, geht der Senat davon aus, dass sie auch dann nur einen Nießbrauch an einem ½ Anteil behalten hätten, wenn die Beklagte den Bauvorbescheid wie beantragt erteilt hätte. Da der Entschädigungsanspruch dem Grunde nach nur dann besteht, wenn der Antragsteller einen konkreten eigenen Nutzungswillen hat, muss demnach in der hier vorliegenden Fallgestaltung, wo der Kläger und die Zeugin nur die konkrete Absicht hatten, den halben Grundstückswert für sich selbst zu nutzen, der ihnen hierfür zuzubilligende Entschädigungsanspruch ebenfalls auf die Hälfte gekürzt werden. Hinsichtlich des anderen hälftigen ideellen Grundstücksanteils fehlt es an einem eigenen Nutzungswillen, weil insoweit nicht sie, sondern der Zeuge C. O. die Nutzungen des Grundstücks ziehen sollte.
82Die Entschädigungspflicht der Beklagten erstreckt sich auch auf den vom Kläger geltend gemachten Zeitraum.
83Die Entschädigungspflicht beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, zu dem die Nutzungsmöglichkeit durch die rechtswidrige Ablehnung des Antrags tatsächlich beeinträchtigt worden ist und dauert grundsätzlich so lange, bis dieser Eingriff endet (vgl. BGHZ 78, 152). Der Entschädigungsanspruch kann jedoch auch schon zu einem früheren Zeitpunkt beginnen, nämlich dann, wenn die Baugenehmigungsbehörde die Bescheidung des Antrages zunächst schuldhaft hinauszögert und sodann den Antrag rechtswidrig zurückweist. In diesem Fall beginnt die Entschädigungspflicht ab dem Zeitpunkt, zu dem die Baugenehmigungsbehörde bei rechtmäßiger Bescheidung dem Antrag hätte stattgeben müssen.
84Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass dem Bauvorhaben aus der Bauvoranfrage des Klägers zwar formal die Festsetzungen der 1. Änderung des Bebauungsplans entgegen standen. Dieser Bebauungsplan ist jedoch erst am 23. März 2004 in Kraft getreten, und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Bauvoranfrage des Klägers schon längst hätte beschieden sein müssen. Denn das Bauvorhaben stand mit den Festsetzungen des (noch nicht geänderten) Bebauungsplans in Einklang, so dass der Kläger zu Recht reklamiert, dass die Beklagte seinen Antrag innerhalb von sechs Wochen positiv hätte bescheiden müssen. Die Beklagte hat auch keine Umstände aufgezeigt, die sie daran gehindert hätte, innerhalb dieses Zeitraums zu entscheiden, so dass der Senat davon ausgehen muss, dass der Antrag im Januar 2004 entscheidungsreif gewesen ist, die Beklagte indes die Bescheidung hinausgezögert hat, um das Inkrafttreten der Änderung des Bebauungsplans abzuwarten.
85Da die Parteien im April 2007 erfahren haben, dass das OVG Münster die 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2.. für nichtig erklären wird, konnte der Kläger ab diesem Monat erstmals damit rechnen, dass die Beklagte einer erneut gestellten Bauvoranfrage stattgeben wird, so dass der Entschädigungsanspruch sich auch noch auf diesen Monat erstreckt.
86Die vom Kläger begehrte Bodenrente ist der Höhe nach richtig bemessen. Es ist unstreitig, dass das Grundstück in dem hier in Rede stehenden Zeitraum einen Verkehrswert von 695.000,- € hatte. Eine jährliche Bodenrente von 6 % des Verkehrswertes erscheint angemessen. Da dem Kläger und der Zeugin O. jedoch wie dargelegt, nur ein Anspruch auf die Hälfte der Bodenrente zusteht, beläuft sich ihr Entschädigungsanspruch indes nur auf 67.762,50 €.
87C.
88Die hiergegen von der Beklagten erhobenen weiteren Einwände greifen nicht durch.
89I.
90Beim Anspruch auf enteignungsgleichen Eingriff vertritt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass wegen des Vorrangs des Primärrechtsschutzes ein unterlassenes Rechtsmittel ein anspruchsausschließendes Mitverschulden darstellt (vgl. BGHZ 113, 17; BGHZ 125, 258). Im Rahmen des Entschädigungsanspruchs aus § 39 OBG sind dieselben Grundsätze im Rahmen des Mitverschuldens gemäß § 40 Abs. 4 OBG anzuwenden.
91Ein anspruchsausschließendes oder anspruchsminderndes Mitverschulden ist dem Kläger indessen nicht anzulasten. Ohne Erfolg wendet die Beklagte in diesem Zusammenhang ein, der Kläger habe es verabsäumt, die Ablehnung des Bauvorbescheides mit der Verpflichtungsklage anzugreifen.
92In diesem Zusammenhang ist bereits sehr fraglich, ob die Beklagte sich deswegen noch auf ein Mitverschulden überhaupt berufen kann, denn dies erscheint treuwidrig (§ 242 BGB), nachdem sich die Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid eindeutig dahin festgelegt hat, dass der Kläger mit keiner anderen Entscheidung rechnen kann, solange die erste Änderung des Bebauungsplans "in der Welt" ist und sie den Kläger darüber hinaus dahin belehrt hat, er müsse seine Einwände betreffend die Rechtsgültigkeit der 1. Änderung des Bebauungsplans im Wege eines Normenkontrollverfahrens geltend machen. Es erscheint auch fraglich, ob der Kläger das gegen den Bescheid mögliche Rechtsmittel schuldhaft unterlassen hat, nachdem die Widerspruchsbehörde sich im Widerspruchsverfahren geweigert hatte, sich sachlich mit den diesbezüglich vom Kläger vorgebrachten Argumenten auseinander zu setzen.
93Letztendlich können diese Fragen jedoch dahinstehen, weil ein Anspruch nur insoweit ausgeschlossen sein kann, als durch das Rechtsmittel der Zeitraum der Nutzungsbeschränkung verkürzt worden wäre, wobei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig für diese Verkürzung ist. Die Beklagte hat jedoch nicht plausibel und nachvollziehbar dargetan, dass der Kläger vor Ende April 2007 einen positiven Baubescheid in Händen gehabt hätte, wenn er den Ablehnungsbescheid angefochten hätte.
94Die Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers, ein Verwaltungsrechtsstreit mit dem Ziel, einen positiven Bauvorbescheid zu erhalten, hätte genauso lange gedauert wie das Normenkontrollverfahren, nicht substantiiert entgegen getreten.
95In Anbetracht der gerichtsbekannten Verfahrensdauer verwaltungsgerichtlicher Rechtsstreitigkeiten in NRW ist der Vortrag des Klägers plausibel und nachvollziehbar, dass ein verwaltungsgerichtliches Verfahren mit anschließender Nichtzulassungsbeschwerde zum OVG Münster mindestens genauso lange gedauert hätte wie das Normenkontrollverfahren. Die Behauptung der Beklagten, sie hätte ein dem Kläger günstiges erstinstanzliches Urteil des Verwaltungsgerichts hingenommen, steht beweislos im Raum. Schließlich ist die Beklagte auch dem Vortrag des Klägers nicht substantiiert entgegen getreten, wonach das Verwaltungsgericht die Entscheidung über die Verpflichtungsklage bis zur Entscheidung über die vom Kläger erhobene Normenkontrollklage ausgesetzt hätte, weil die Frage der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans vorgreiflich war, da allein hiervon abhing, ob der Verpflichtungsklage stattzugeben war oder die Festsetzungen des Bebauungsplans dem Bauvorhaben des Klägers zwingend entgegen standen.
96II.
97Ohne Erfolg erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung, soweit der Kläger Entschädigungsansprüche der Zeugin O. geltend macht.
98In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob diese Ansprüche zu dem Zeitpunkt verjährt waren, als der Kläger die Abtretung dieser Ansprüche in den Prozess eingeführt hat. Denn der Kläger hat die Entschädigungsansprüche der Zeugin O. bereits mit der Klageschrift vom 4. Juni 2007 rechtshängig gemacht.
99Aus seiner Klagebegründung ergibt sich nämlich, dass er für den reklamierten Zeitraum eine Entschädigung in Höhe der Bodenrente für das gesamte Grundstück begehrt, so dass sein Klageantrag sich von Anfang an auch auf die Entschädigungsansprüche der Miteigentümerin O. erstreckt hat, und zwar unabhängig davon, ob die Zeugin O. zu diesem Zeitpunkt die ihr zustehenden Entschädigungsansprüche tatsächlich schon an den Kläger abgetreten hatte.
100Der Kläger war am 4. Juni 2007 auch berechtigt, den Entschädigungsanspruch der Zeugin im eigenen Namen geltend zu machen und auch insoweit Leistung der Entschädigung an sich zu verlangen. Das folgt aus § 1011 BGB, der bestimmt, dass jeder Miteigentümer allein berechtigt ist, die Ansprüche aus dem Eigentum in voller Höhe geltend zu machen. Mithin war der Kläger von Anfang an aktivlegitimiert, auch den Entschädigungsanspruch der Zeugin O. geltend zu machen, so dass auch der Lauf der Verjährungsfrist für den der Zeugin zustehenden Entschädigungsanspruch durch die Klageerhebung gehemmt worden ist,
101D.
102Die geltend gemachten Nebenforderungen sind ebenfalls nur im zuerkannten Umfang begründet, im Übrigen sind sie unbegründet.
103I.
104Dem Kläger stehen für den Entschädigungsanspruch lediglich Zinsen ab Rechtshängigkeit (also ab dem 26. Juni 2007) zu, weil er die Beklagte zuvor nicht wirksam verzugsbegründend gemahnt hat. Seine vorprozessualen Mahnschreiben vom 11. April 2007 und 8. Mai 2007 enthalten keinen Sachvortrag, der erkennen lässt, ob dem Kläger tatsächlich wegen des abgelehnten Bauvorbescheides ein Entschädigungsanspruch zusteht. Mangels konkreter Darlegung insbesondere zu seinem Nutzungswillen konnte die Beklagte nicht prüfen, ob der Anspruch zu Recht erhoben wurde, so dass es die Beklagte nicht schuldhaft unterlassen hat, die begehrte Entschädigung innerhalb der gesetzten Zahlungsfristen zu zahlen.
105II.
106Da es an einer vorprozessualen verzugsbegründenden Mahnung fehlt, steht dem Kläger auch aus §§ 280, 286 BGB kein Anspruch auf Erstattung seiner hierfür verauslagten vorprozessualen Anwaltskosten zu.
107E.
108Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
109Zugunsten der Beklagten wird die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen.
110Der vorliegende Rechtsstreit ist von grundsätzlicher Bedeutung, weil er die Frage aufwirft, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Dritter, der selbst keinen Bauantrag gestellt hat, gleichwohl eine Entschädigung begehren kann, wenn dieser Bauantrag rechtswidrig abgelehnt wird. Der Senat hat in der vorliegenden Fallgestaltung wie dargelegt einen Entschädigungsanspruch der Zeugin O. bejaht und somit eine bislang vom Bundesgerichtshof noch nicht bestätigte Ausnahme von dem Grundsatz gemacht, so dass die Zulassung der Revision auch zur Rechtsfortbildung geboten ist.
111Streitwert des Berufungsverfahrens: 135.525,00 €.