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Die Berufung des Klägers gegen das am 22.08.2007 verkündete Urteil des Einzel-richters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
I.
2Der Kläger begehrt die Rückerstattung seiner Einlage bei der Beklagten, einer in K./Türkei ansässigen Aktiengesellschaft. Die Beklagte war am 31.12.1998 an 24 Gesellschaften beteiligt, wobei es sich in 16 Fällen um Mehrheitsbeteiligungen handelte. 21 der Gesellschaften waren in der Türkei ansässige Aktiengesellschaften. Auf den Geschäftstätigkeits- und Beteiligungsfeststellungsbericht der S. Wirtschaftsprüfungs GmbH vom 06.06.2007 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 04.07.2007) wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
3Im Jahr 1999 übergab der Kläger I. Y., der nach dem Gesellschaftsvertrag Gründungsgesellschafter der Beklagten war, in Duisburg 35.200 DM in bar und erhielt dafür Aktien der Beklagten, deren Übertragung nach § 10 des Gesellschaftsvertrages nur nach Beschluss des Vorstandes möglich war. Später zahlte Y. dem Kläger 5.391 DM aus.
4Der Kläger hat zunächst behauptet, er habe am 01.01.1999 in einem Kaufhaus in Duisburg bzw. in dem früheren Büro der Beklagten in Duisburg-Marxloh I. Y., der im Namen und im Auftrag der Beklagten als Kundenbetreuer aufgetreten sei, sich durch eine Visitenkarte der K. Holding legitimiert und erklärt habe, für die Beklagte tätig zu sein, 36.450 DM ausgehändigt. Später hat er unstreitig gestellt, dass er 35.200 DM an Y. gezahlt und später eine Zahlung in Höhe von 5.391 DM erhalten hat. Er hat vorgetragen, Y. sei weisungsgebundener Mitarbeiter der Beklagten gewesen, der sich bei der ihm obliegenden Kontaktpflege an bestimmte Richtlinien habe halten müssen. Er, der Kläger, habe Y. mitgeteilt, dass er sein Geld gewinnbringend als eine Art "Darlehen" anlegen wolle, woraufhin Y. eine im Sinne des islamischen Zinsverbots glaubenskonforme Beteiligung mit einer jährlichen Rendite von 20 % bzw. 20-25 % versprochen und erklärt habe, der Anlagebetrag könne jederzeit zurückgefordert werden und werde dann nach spätestens 3 Monaten ausgezahlt. Dasselbe habe Y. zahlreichen anderen Anlegern erklärt. Eine derartige Zusicherung ergebe sich auch aus einem in auszugsweiser Übersetzung vorgelegten Schreiben des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten. Er, der Kläger, habe keineswegs nicht börsennotierte Aktien erwerben wollen, die praktisch unveräußerbar seien und nach türkischem Aktienrecht nicht zurückgenommen werden dürften. Der Vorstand der Beklagten habe veranlasst oder bewusst nicht verhindert, dass die Anleger nicht ausreichend aufgeklärt worden seien. Die Auszahlungen an die Anleger hätten nicht aus Erträgen, sondern aus Neuanlagen anderer Kapitalanleger gestammt. Bei dem Vermögen der Beklagten handele es sich um ausländisches Investmentvermögen i.S.d. Auslandsinvestmentgesetzes, weil es ihr maßgebliches Ziel gewesen sei, den Anlegern eine Möglichkeit zur Geldanlage und zur Teilhabe an Kursgewinnen unter Umgehung des Zinsverbots des Korans zu geben. Im Jahre 2002 habe er ein Angebot der Beklagten angenommen, gegen Rückgabe der Vertragsunterlagen sein eingezahltes Geld zurück zu bekommen. Erst durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten am 14.01.2005 habe er Kenntnis von den betrügerischen Machenschaften der Beklagten erlangt.
5Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg gerügt und die Einrede der Verjährung erhoben. Sie hat behauptet, der Kläger habe sich auf Empfehlung anderer Anleger an einen selbstständigen Vermittler gewandt und von ihm am 04.03.1999 für 35.200 DM 640 Anteile erworben. Der Vermittler habe weder eine bestimmte Rendite noch ein Rückgaberecht in Aussicht gestellt, sondern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Gewinne und Verluste einschließlich eines Totalverlustes möglich seien. Sämtliche Vermittler seien geschult und ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sie Interessierte auf die Risiken wie die Möglichkeit des Totalverlustes oder die fehlende Börsennotierung aufgrund des Glaubens hinzuweisen hätten. Das Schreiben ihres Vorstandsvorsitzenden sei nicht an den Kläger gerichtet gewesen, die zitierte Passage sei aus dem Zusammenhang gerissen. Bei "Parallelgesellschaften" habe es tatsächlich die Möglichkeit gegeben, innerhalb bestimmter Frist vor Zeichnung der Aktien den eingezahlten Betrag zurückzuverlangen. Sie habe, wie sich aus dem vorgelegten Geschäftstätigkeits- und Beteiligungsfeststellungsbericht ergebe, ausschließlich in Gesellschaften der K.-Gruppe investiert. Ihre Aktien seien voll werthaltig gewesen und erst im Jahr 2001 durch eine Wirtschaftskrise im Wert gemindert worden. 1998 habe der Kläger aus "Anteilsanpassungen" und bis dahin entstandenen Gewinnen eine Barzahlung in Höhe von 5.391 DM erhalten.
6Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Soweit mit ihr vertragliche Ansprüche verfolgt würden, sei die Klage mangels internationaler Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg unzulässig. Soweit sie auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung gestützt sei, sei sie unbegründet, weil derartige Ansprüche verjährt seien. Der Kläger habe jedenfalls seit 2002 gewusst, dass keine Gewinne ausgeschüttet worden seien.
7Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Rückzahlungsbegehren weiter. Er behauptet, er habe erst durch die Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten am 30.08.2007 Kenntnis von den betrügerischen Machenschaften der Beklagten, dem Verstoß gegen das Auslandsinvestmentgesetz und dem Nichtbestehen eines Rücktrittsrechts erlangt. Entgegen seinem versehentlichen erstinstanzlichen Vortrag habe er nicht im Jahr 2002 ein Angebot der Beklagten erhalten und angenommen, gegen Rückgabe der Vertragsunterlagen sein eingezahltes Geld zurück zu bekommen. Die Parteien hätten einen Darlehensvertrag geschlossen, weil er der Beklagten in Erwartung einer Verzinsung Geld übergeben habe und konkludent auch die Rückzahlung des Betrages vereinbart worden sei. Im Hinblick auf das islamische Zinsverbot werde das Darlehen eher als "eine Art Beteiligung" bezeichnet, da der Zinssatz vom Gewinn abhängig sei. Er habe nicht erkennen können, dass er in Wahrheit nicht börsennotierte Aktien erworben habe, auf deren Besonderheiten er nicht hingewiesen worden sei. Die auf eine professionelle Anlagenwerbung ausgerichtete Tätigkeit des Mitarbeiters der Beklagten indiziere, dass dieser die falschen Angaben mit bedingtem Vorsatz gemacht habe. Da die Beklagte mit Y. institutionalisiert zusammenarbeite, müsse sie sich seine fehlerhaften Aussagen zurechnen lassen. Sie habe die Verletzung der Aufklärungspflicht gesteuert oder zumindest bewusst nicht verhindert. Ihren Organen habe bewusst sein müssen, dass die Einwerbung erheblicher Kapitalmittel nur möglich gewesen sei, weil die Anleger über die näheren Bedingungen der für sie nicht geeigneten Beteiligung im Unklaren gelassen worden seien. Die Beklagte sei eine Investmentgesellschaft; sie habe nicht dargetan, dass sie einen unternehmerischen Einfluss auf die Unternehmen ausübe, deren Beteiligungen sie halte. Aus der Stellungnahme der Wirtschaftsprüfers S. ergebe sich, dass ihr Kapital nach Abzug der Verwaltungskosten komplett für die Unternehmen in den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen habe verwendet werden sollen.
8Der Kläger beantragt,
9unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn 15.241,10 € nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Y. sei weder weisungsgebunden noch in irgendeiner Form mit ihr verbunden gewesen, sondern habe aus freien Stücken als Gesellschafter den Interessenten geholfen. Ein Vorsatz sei nicht schlüssig dargelegt.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die gewechselten Schriftsätze, die überreichten Unterlagen und die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.
14II.
15Die Berufung des Klägers ist zulässig. Den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ist noch genügt, auch wenn mehrere Passagen der Berufungsbegründung ersichtlich nicht das angefochtene Urteil betreffen, sondern aus anderen Verfahren übernommen sind (S. 7: "Vermittler D."; S. 11: "Betrug des Zeugen Ö."). Der Kläger setzt sich jedenfalls mit dem tragenden Grund der angefochtenen Entscheidung, der Annahme des Verjährungseintritts, eingehend auseinander.
16Die Berufung ist aber nicht begründet.
171.
18Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen nicht.
19Für die Entscheidung über die ausdrücklich geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubten Handlungen, die – jedenfalls auch – in Deutschland begangen worden sein sollen, sind die deutschen Gerichte gem. § 32 ZPO international zuständig. Da die Regelungen der EuGVVO im Verhältnis zu der Türkei nicht anwendbar sind und auch sonstige Abkommen über die gerichtliche Zuständigkeit zwischen Deutschland und der Türkei nicht existieren, folgt die internationale Zuständigkeit den Regeln über die örtliche Zuständigkeit gem. §§ 12 ff. ZPO.
202.
21Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger trägt keine Tatsachen vor, aus denen sich nach dem gem. Art. 40 EGBGB anzuwendenden deutschen Recht eine der Beklagten zuzurechnende unerlaubte Handlung ergibt.
22a)
23Ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 KWG besteht nicht, weil die Beklagte für die Veräußerung ihrer eigenen Aktien keiner Erlaubnis nach dem Gesetz über das Kreditwesen in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung bedurfte.
24b)
25Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 2, 8 des bis 31.12.2003 geltenden Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG a.F.).
26Allerdings sind die genannten Vorschriften Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Für eine Schadensersatzpflicht des Vertreibers reicht es aus, dass es im Fall einer Unzulässigkeit des Anteilsvertriebs gem. § 2 AuslInvestmG a.F., die ebenso wie ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht gem. § 7 AuslInvestmG a.F. die zuständige Behörde zu einem Einschreiten im Wege der Vertriebsuntersagung gem. § 8 Abs. 2, 3 AuslInvestmG a.F. verpflichtet hätte, nicht zu den Anteilszeichnungen gekommen wäre (BGH NJW 2004, 3706; OLG Karlsruhe WM 2006, 967; OLG Celle, OLGR Celle 2007, 401; OLG Koblenz WM 2007, 742; OLG Frankfurt WM 2008, 2208).
27Die Aktien der Beklagten sind aber keine Investmentanteile i.S.d. § 1 Abs. 1 AuslInvestmG a.F. Zwar legte § 1 AuslInvestmG a.F. einen erheblich weiteren Begriff des Investmentanteils zugrunde, als dies nach § 1 des bis zum 31.12.2003 geltenden Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG a.F.) der Fall war. Um auch etwaige vom deutschen Recht abweichende rechtliche Gestaltungen zu erfassen, war es nicht erforderlich, dass verbriefte Anteile an einem gesondert angelegten Vermögen vertrieben wurden. Vielmehr war eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angezeigt, die alle denkbaren Gestaltungsformen erfasste, die materiell dem Investment zuzuordnen waren (Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl., § 1, Rn. 26 ff.; Baur in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 19, Rn. 14; Pfeiffer IPRax 2003, 233, 235), so dass durchaus auch Aktien eines Unternehmens, das keine Sondervermögen bildete, Investmentanteile i.S.d. § 1 Abs. 1 AuslInvestmG a.F. sein konnten.
28Entscheidendes Merkmal war das der Anlage in Wertpapieren, verbrieften Forderungen aus Gelddarlehen, Einlagen oder Grundstücken nach dem Grundsatz der Risikomischung, wobei es gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 AuslInvestmG a.F. ausreichte, wenn nicht das Vermögen der Gesellschaft selbst, sondern ein Vermögen, an dem die Gesellschaft beteiligt war, in dieser Weise angelegt war. Eine Anlage nach dem Grundsatz der Risikomischung wurde angenommen, wenn sie in eine Vielzahl der genannten Vermögensgegenstände erfolgte und dies nach der objektiven Gestaltung gerade zum Zweck der Kapitalwertsicherung – sei es durch Minderung von Verlustgefahren, sei es durch Wertsteigerung - geschah (BVerwG NJW 1980, 2482; Baur in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 19, Rn. 18). Die Tatsache allein, dass die verschiedenen Vermögensgegenstände unterschiedliche Risiken trugen, reichte nicht aus; vielmehr musste der Geschäftszweck des Unternehmens gerade auf die Anlage von Geldvermögen und nicht auf andere Zwecke gerichtet sein (BVerwG NJW 1980, 2482; zust. Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl., § 1, Rn. 40 ff.), wobei es teilweise für ausreichend gehalten wurde, dass die Geldanlage zwar nicht der alleinige, aber der im Vordergrund stehende Unternehmenszweck war (so offenbar Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl., § 1, Rn. 47).
29Dies kann weder für die Beklagte noch für die Unternehmen der K.-Gruppe, an denen sie beteiligt ist, festgestellt werden.
30Allerdings geht aus dem Geschäftstätigkeits- und Beteiligungsfeststellungsbericht der S. Wirtschaftsprüfungs GmbH vom 06.06.2007 hervor, dass sie weit überwiegend (das reicht aus, Baur in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., § 19, Rn. 17) an Aktiengesellschaften beteiligt war, also über Beteiligungen in einer der in § 1 Abs. 1 AuslInvestmG a.F. genannten Rechtsformen verfügte.
31Der Senat vermag aber nicht festzustellen, dass die Beklagte mit ihren Beteiligungen ausschließlich oder auch nur in erster Linie die Kapitalwertsicherung erstrebt hätte. Darlegungs- und beweispflichtig dafür ist der Kläger, der aus dem behaupteten Verstoß gegen §§ 2, 8 AuslinvestmG a.F. einen Schadensersatzanspruch herleitet (OLG Bamberg, Urteil vom 07.08.2008 – 1 U 208/07 -); es ist nicht Sache der Beklagten darzulegen, dass sie ihre Beteiligungen nicht zum Zweck der Risikomischung hält, sondern tatsächlich Einfluss auf das Management nimmt (davon gehen das OLG Frankfurt, WM 2008, 2208, Tz. 25, 27, und das OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.11.2008 – 1 U 95/08 -, aus). Tatsachen, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte mit ihren Beteiligungen ausschließlich oder zumindest überwiegend das Ziel der Geldanlage nach dem Prinzip der Risikomischung verfolgt, trägt der Kläger nicht vor. Dagegen spricht, dass die Beklagte nach der Übersicht im Bericht der S. Wirtschaftsprüfungs-GmbH an der überwiegenden Zahl der Gesellschaften zu mehr als 50 % beteiligt war und deshalb notwendigerweise zumindest an den grundlegenden Entscheidungen mitzuwirken hatte. Hinzu kommt, dass es der Beklagten erklärtermaßen darum ging, die Einlagen ihrer Aktionäre unter Beachtung des islamischen Zins- und Spekulationsverbots zu verwenden, was nur sicherzustellen war, wenn sie sich nicht auf die bloße Geldanlage beschränkt hat, sondern entweder selbst operativ tätig geworden ist oder zumindest Einfluss auf die Geschäfte der Unternehmen genommen hat, an denen sie beteiligt war.
32Selbst wenn die Beklagte sich jeglicher Einflussnahme enthalten hätte, würde das allein nicht für die Feststellung ausreichen, sie sei eine Investmentgesellschaft i.S.d. AuslInvestmG a.F. gewesen. Nach dem Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz sollte ihr Kapital nach Abzug der Verwaltungskosten komplett für die Unternehmen in den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen verwendet werden. Trifft das zu, ist sie mit dem Ziel tätig geworden, für die Unternehmen der K.-Gruppe Kapital bei nicht in der Türkei ansässigen Anlegern zu beschaffen, und war damit eine Finanzierungsgesellschaft, die von § 1 Abs. 1 AuslInvestmG a.F. nicht erfasst war (Baur, Investmentgesetze, 2. Aufl., § 1, Rn. 47 f.).
33c)
34Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 831 BGB trägt der Kläger nicht schlüssig vor. Aus seinem Vorbringen ergibt sich nicht, dass ein Verrichtungsgehilfe der Beklagten ihn durch eine unerlaubte Handlung geschädigt hätte.
35Ob der Kläger durch den - erkennbar an die Formulierungen des Urteils des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 28.02.1989 (WM 1989, 1047) angelehnten - Vortrag, Y. sei explizit als Mitarbeiter der Beklagten aufgetreten, die ihm einen regionalen Tätigkeitsbereich eingeräumt habe, wobei Kunden aus dieser Region an ihn verwiesen worden seien und er sich bei der "Kontaktpflege" an bestimmte Richtlinien habe halten müssen, in ausreichender Weise dargelegt hat, dass ihm von der Beklagten eine weisungsgebundene Tätigkeit übertragen war, sie also seine Tätigkeit jederzeit beschränken, untersagen oder nach Zeit und Umfang bestimmen konnte (Palandt-Sprau, BGB, 68. Aufl., § 831, Rn. 5; MünchKommBGB-Wagner, 4. Aufl., § 831, Rn. 10 m.w.N.) und er, auch wenn er selbstständig tätig gewesen sein sollte, allgemein oder jedenfalls im konkreten Fall in ihrem Einflussbereich stand und sich in einer gewissen Abhängigkeit zu ihr befand, kann offen bleiben. Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich nämlich nicht, dass Y. im Zusammenhang mit der Geldanlage des Klägers eine unerlaubte Handlung begangen hätte.
36Der Kläger behauptet unter Beweisantritt, Y. habe ihm die jederzeitige Rückzahlbarkeit der Anlage und eine jährliche Rendite von 20 – 25 % % in Aussicht gestellt, ein Verlustrisiko geleugnet und auf die eingeschränkte Veräußerbarkeit nicht börsennotierter Aktien nicht hingewiesen. Unabhängig von der Frage, ob und ggf. in welchem Umfang Y. Aufklärungspflichten trafen, könnte darin eine unerlaubte Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und/oder gem. § 826 BGB nur liegen, wenn Y. gewusst oder zumindest billigend in Kauf genommen hätte, dass seine Angaben unrichtig bzw. unzureichend waren, oder seine Erklärungen leichtfertig und in Verfolgung eigener Interessen in dem Bewusstsein einer möglichen Schädigung des Klägers abgegeben hätte. Das behauptet der Kläger nicht konkret, sondern trägt lediglich - ohne Beweisantritt - vor, der Vorsatz des Mitarbeiters der Beklagten werde durch die auf eine professionelle Anlagenwerbung ausgerichtete Tätigkeit indiziert. Eine Vermutung für vorsätzliches Handeln kann indes auch für professionelle Anlagenwerber nicht aufgestellt werden, § 282 BGB a.F. ist auf die Haftung wegen unerlaubter Handlung nicht analog anwendbar (BGH WM 2008, 1596). Angesichts der Tatsache, dass bis zum Jahr 2000 unstreitig mehreren Anlegern – einschließlich des Klägers – als Gewinnbeteiligungen deklarierte Beträge ausgezahlt worden sind, Anleger ihre Aktien veräußert und auf Wunsch ihre Einlage zurückerhalten haben, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Y. an die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben geglaubt hat. Ob dies fahrlässig war, ist nur für etwaige vertragliche Ansprüche von Bedeutung, die der Kläger in zutreffender Einschätzung der begrenzten internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte im vorliegenden Rechtsstreit nicht geltend macht.
37d)
38Auch eine von der - durch ihre Organe handelnden - Beklagten selbst begangene unerlaubte Handlung geht aus dem Klagevortrag nicht hervor.
39aa)
40Aus dem Klagevortrag ergibt sich nicht, dass es sich bei der Beklagten um ein von vornherein auf Täuschung angelegtes "Schwindelunternehmen" (BGH WM 1989, 1047) gehandelt hätte. Unstreitig ist sie keine bloße "Briefkastenfirma", sondern an zahlreichen Unternehmen der K.-Gruppe beteiligt, die sich auf den unterschiedlichsten Geschäftsfeldern wirtschaftlich betätigen.
41Der Kläger trägt auch nicht konkret vor, dass die Beklagte sich von Anfang an mit Hilfe eines "Schneeballsystems" finanziert habe. Er verwendet zwar mehrfach diesen Ausdruck und behauptet allgemein und ohne Beweisantritt, die Beklagte habe, um das Schneeballsystem aufrecht zu erhalten, nicht belegte "Gewinnbeteiligungen" an einzelne Anleger in bar ausgeschüttet und die Auszahlungen an die Anleger nicht aus Erträgen, sondern aus Neuanlagen anderer Kapitalanleger geleistet. Das reicht indes nicht aus, um seiner Darlegungslast zu genügen. Der Kläger müsste zumindest zu der wirtschaftlichen Lage der K.-Gruppe in den Jahren vor und zur Zeit seiner Anlage vortragen, wobei neben den jeweils erzielten Gewinnen bzw. Verlusten auch die vorhandenen Vermögenswerte - insbesondere die Beteiligungen an den zahlreichen Unternehmen der K.-Gruppe – sowie das Eigenkapital, die Rücklagen und die Verbindlichkeiten von Bedeutung sein können. Wenn fortlaufend Verluste erwirtschaftet worden und Rücklagen nicht vorhanden gewesen sein sollten, ließe das möglicherweise den Schluss auf ein "Schneeballsystem" zu. Ohne entsprechenden Parteivortrag von Amts wegen einen Gutachter mit der Ermittlung der entscheidungserheblichen Tatsachen zu beauftragen, ist der Senat im Zivilprozess aber nicht befugt.
42bb)
43Die Beklagte hat nicht dadurch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i.s.v. § 826 BGB und/oder einen Betrug begangen, dass ihre Organe es mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz veranlasst oder geduldet hätten, dass Y. – der, auch wenn er zu den Gründungsgesellschaftern der Beklagten gehört haben sollte, nach dem Klagevortrag selbst kein Organ i.S.v. § 31 BGB, sondern weisungsgebundener Mitarbeiter war - den Kläger mit falschen Angaben zur Geldanlage bewogen hätte.
44(1)
45Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass Y. ihm gegenüber objektiv unrichtige Angaben gemacht hat.
46(a)
47Allerdings hat er auch nach dem Vortrag des Klägers nicht den falschen Eindruck erweckt, es werde ein – nicht den Glaubengrundsätzen entsprechender – Vertrag über ein verzinsliches Darlehen geschlossen, sondern hat den "glaubenskonformen Beteiligungscharakter" hervorgehoben.
48(b)
49Y. war auch nicht verpflichtet, den Kläger ungefragt auf die Besonderheiten nicht börsennotierter Aktien hinzuweisen.
50Unstreitig wollte der Kläger börsennotierte Wertpapiere nicht erwerben. Er hat nicht die Geschäftsräume einer Bank oder eines Finanzdienstleistungsunternehmens aufgesucht und auch keine als Börsenmakler auftretende Person beauftragt, sondern Y., den er für einen Mitarbeiter der Beklagten hielt, in einem Kaufhaus oder in dem früheren Büro der Beklagten einen Barbetrag übergeben, den er glaubenskonform anlegen wollte. Nach seinem Vortrag in der Berufungserwiderung kam es ihm wesentlich darauf an, dem islamischen Zinsverbot genüge zu tun, weshalb die Anlage ein Darlehen sein, aber als "eine Art Beteiligung" bezeichnet werden sollte. Der Kläger hat sich also gerade kein - im Hinblick auf die Möglichkeit der Erzielung von Spekulationsgewinnen mit seinen religiösen Grundsätzen ebenfalls nicht zu vereinbarendes - an der Börse gehandeltes Produkt vorgestellt.
51Wusste und wollte er aber, dass er die erworbenen Anteile nicht an der Börse würde veräußern können, musste Y. ihn nicht ungefragt darüber aufklären, welche wirtschaftlichen Konsequenzen dies hatte. Soweit in der Rechtsprechung angenommen worden ist, ein Anleger müsse ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass es bei nicht börsennotierten Aktien keine ordnungsgemäße Kursbildung aus Angebot und Nachfrage gebe und dass die jederzeitige Handelbarkeit solcher Aktien nicht gewährleistet sei (Hanseatisches OLG, OLGR Hamburg 2005, 109; OLG Frankfurt, NZG 2004, 483; OLG München, Urteil vom 24.10.2007 – 20 U 1954/07 -, juris), bezog sich das auf Fälle, in denen ein Beratungsvertrag zustande gekommen, ein unvollständige Angaben enthaltender Prospekt in Umlauf gebracht und/oder ein Börsengang in Aussicht gestellt worden war. Diese Grundsätze können nicht auf Fälle übertragen werden, in denen ein Börsengang aus religiösen Gründen von vornherein nicht beabsichtigt war und in denen eine Anlageberatung weder vereinbart war noch tatsächlich stattgefunden hat. Kommt ein Anleger von sich aus mit dem Wunsch nach einer als "eine Art Beteiligung" bezeichneter glaubenskonformen Anlage auf einen Vermittler zu, hat dieser keinen Anlass zu der Annahme, dass ein Aufklärungsbedarf über die Handelbarkeit nicht börsennotierter Aktien bestehe.
52(c)
53Objektiv falsch waren aber das behauptete Versprechen einer sicheren künftigen jährlichen Rendite sowie die behauptete Erklärung, das eingezahlte Geld werde auf Anforderung nach spätestens 3 Monaten zurückgezahlt. Letzteres gilt auch, wenn es der Beklagten und/oder Y. bis zum Jahr 2000 durchweg gelungen sein mag, innerhalb von 3 Monaten einen Anleger zu finden, der die Aktien des seine Einlage zurückverlangenden Aktionärs übernahm. Die behauptete Erklärung Y. bezog sich nicht lediglich auf die Möglichkeiten des Verkaufs an andere Anleger, sondern auf eine von vorhandenen Übernahmeinteressenten unabhängige Rücknahme durch die Beklagte selbst, die nach dem unstreitigen Parteivortrag durch das türkische Aktienrecht untersagt und von der Beklagten nicht beabsichtigt war.
54(2)
55Eine Beweisaufnahme über die von Y. abgegebenen Erklärungen ist gleichwohl nicht erforderlich, weil nicht festgestellt werden kann, dass etwaige unrichtige Angaben Y. von der Beklagten veranlasst oder zumindest geduldet worden wären.
56(a)
57Die allgemeine Erwägung, den Organen der Beklagten habe bewusst sein müssen, dass die Einwerbung erheblicher Kapitalmittel nur möglich gewesen sei, weil die Anleger über die näheren Bedingungen ihrer Beteiligung im Unklaren gelassen worden seien (OLG Stuttgart, WM 2008, 1368; OLG Düsseldorf, 16. Zivilsenat, Urteil vom 05.12.2008 – I-16 U 23/08), reicht dafür nicht aus. Der Einschätzung, die nicht börsennotierten Aktien der Beklagten seien für Kleinanleger auch unter Berücksichtigung ihrer religiösen Motive schlichtweg kein geeignetes Investment gewesen, vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Es ist durchaus denkbar, dass religiös orientierte Anleger, die die türkische Wirtschaft unterstützen wollen, sich bewusst für eine Investition in ein ihnen bekanntes türkisches Unternehmen entscheiden, auch wenn sie wissen, dass künftige Renditen nicht garantiert werden und sie sich von ihrer Beteiligung nur trennen können, wenn sich außerhalb der Börse ein Übernehmer findet.
58(b)
59Aus dem als Anlage zum Schriftsatz vom 02.05.2007 auszugsweise und mit einer lediglich Abschnitt 15.d) betreffenden Übersetzung vorgelegten Rundschreiben des früheren Vorstandsvorsitzenden der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass dieser veranlasst oder zumindest geduldet hätte, dass die Vermittler unrichtige Erklärungen zur Rückzahlbarkeit der Anlage abgaben. Wann das Schreiben an wen versandt worden ist und ob die in ihm enthaltenen Ausführungen zur Rückzahlung sich auf die Beklagte und nicht auf eine andere Gesellschaft der K.-Gruppe bezogen haben, trägt der Kläger nicht vor.
60(c)
61Der Kläger behauptet zwar, der Vorstand der Beklagten habe veranlasst, dass die gebotene Aufklärung nicht in dem gebotenen Umfang erfolgt sei, und damit bewusst die Möglichkeit fehlender, unvollständiger oder verharmlosender Risikohinweise eröffnet. Beweis tritt er dafür aber nicht an. Aus der unter Beweis gestellten Behauptung, Y. habe anderen Anlegern gegenüber gleichlautende Erklärungen abgegeben, folgt nicht, dass dies durch Organe der Beklagten veranlasst oder geduldet worden ist. Im Berufungsrechtszug stellt der Kläger allein darauf ab, die Beklagte habe Y. eine Tätigkeit eröffnet, die es ihm ermöglicht habe, einen Betrug zu begehen. Tritt der darlegungs- und beweispflichtige Kläger aber keinen tauglichen Beweis an, braucht der Senat der unter Beweis gestellten Behauptung der Beklagten, sie habe die Vermittler zur Aufklärung über die Verkaufsmöglichkeiten aufgefordert, nicht nachzugehen.
62(3)
63Auch ein zumindest bedingter Schädigungsvorsatz eines Organs der Beklagten – auf den es nicht entscheidend ankommt, nachdem bereits ein Veranlassen oder Dulden der von den Vermittlern abgegebenen Erklärungen nicht angenommen werden kann – lässt sich nicht feststellen. Unmittelbaren Beweis für diese innere Tatsache tritt der Kläger nicht an. Die unstreitigen bzw. unter Beweis gestellten äußeren Tatsachen rechtfertigen den Schluss auf einen Schädigungsvorsatz nicht. Der allgemeinen Einschätzung, den Organen der Beklagten habe bewusst sein müssen, dass die Einwerbung erheblicher Kapitalmittel nur möglich gewesen sei, weil die Anleger über die näheren Bedingungen ihrer Beteiligung im Unklaren gelassen worden seien, vermag der Senat sich, wie ausgeführt (s.o. bb) (2) (a)), nicht anzuschließen, zumal eine Pflicht, einen Erwerber ungefragt über die eingeschränkte Fungibilität einer nicht börsennotierten Anlage aufzuklären, zum Zeitpunkt der Anlage in der Rechtsprechung noch nicht angenommen wurde (OLG Bamberg, Urteil vom 07.08.2008 – 1 U 208/07 -). Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Organe der Beklagten angesichts der bis zum Jahr 2000 unstreitig großen Nachfrage nach ihren Aktien gemeint haben, für die Aktien der rückgabewilligen Anleger jederzeit Übernehmer zu finden und daher die behauptete Zusage der Rückzahlung nach 3 Monaten auch weiterhin einhalten zu können. Aus den von dem Bundesgerichtshof entwickelten
64Grundsätzen zu einer Beweiserleichterung bei institutionalisiertem Zusammenwirken von finanzierender Bank und Anlagevermittler ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers nichts anderes.
65Ob es fahrlässig war, sich auf ein Anhalten der guten Nachfrage zu verlassen, ist für die allein der Entscheidung der deutschen Gerichte unterliegende deliktische Haftung, die zumindest bedingten Vorsatz voraussetzt, ohne Bedeutung.
66e)
67Ob etwaige Ansprüche des Klägers verjährt wären, kann danach offen bleiben.
683.
69Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70Der Senat lässt gem. § 543 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Revision zu, weil er bei der entscheidungserheblichen Auslegung eines Tatbestandsmerkmals des § 1 Abs. 1 AuslInvestmG a.F. von der Rechtsauffassung der Oberlandesgerichte Frankfurt und Karlsruhe abweicht, eine Anlage nach dem Grundsatz der Risikomischung liege bereits vor, wenn Beteiligungen an mehreren Unternehmen vorhanden sind und die in Anspruch genommene Gesellschaft nicht darlegt, durch Stellung von Personen für Leitungs- und Aufsichtsfunktionen sowie eine sonstige aktive oder beratende Tätigkeit auf der Managementebene der Zielgesellschaften einen tatsächlichen Einfluss auf das Management auszuüben (OLG Frankfurt, WM 2008, 2208, Tz. 25, 27; OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.11.2008 – 1 U 95/08 -, Abschnitt II.2 der Gründe). Dass das AuslInvestmG a.F. am 31.12.2003 außer Kraft getreten ist, beseitigt das Bedürfnis nach einer höchstrichterlichen Klärung nicht. Die Frage, wann ein Vermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist, wird sich auch künftig in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen, zumal § 2 Abs. 8 des nunmehr geltenden Investmentgesetzes dieses Tatbestandsmerkmal ebenfalls enthält.
71Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.241,10 € festgesetzt.